Arbeitsstelle Regionale Geschichtskulturen am Institut für Geschichte der Fakultät IV - Call for Papers Ehrregime: Akteure, Netzwerke und Praktiken lokaler Ehrungen im 19. und 20. Jahrhundert Tagung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg vom 27.-28. Juni 2014 Seit dem 19. Jahrhundert verleihen Städte, Dörfer und Gemeinden Personen und Gruppen vermehrt eine besondere „Ehre“, meist durch die Benennung von Straßen, Plätzen, (Funktions-)Gebäuden wie Schulen und Kasernen, das Setzen von Denkmälern und Gedenktafeln sowie durch das Verleihen von Medaillen und Siegeln, durch Eintragungen im Buch der Stadt oder durch die Verleihung von Ehrenbürgerschaften und Ehrengräbern. Die Tagung möchte solchen Prozessen lokaler Ehrungen als „Ehrregime“ in Deutschland und Europa nachspüren. Wir freuen uns über Referentinnen und Referenten, die neue Forschungen zum Zusammenhang von Ehre und Erinnerung, Vergangenheitsbezügen und Zukunftserwartung, sozialen Räumen und Topographien, vorgestellten Gemeinschaften und lokalen Identitäten an Fallbeispielen oder in vergleichender Perspektive präsentieren. Die Vorträge könnten einen oder mehrere der folgenden vier Aspekte aufgreifen, mit denen Ehrregime als Untersuchungsgegenstand greifbar werden: 1. Ehrregime als Aushandlungsprozess: Ehrungen sind das Ergebnis gesellschaftlicher Aushandlungen. Insofern ist Regime nicht mit Herrschaft im umgangssprachlichen Sinne gleichzusetzen. Vielmehr meinen Ehrregime einen oft konfliktreichen Kommunikationsprozess zwischen unterschiedlichen Akteuren über soziale Normen und kommunale Machtverhältnisse. Der Ehrung geht daher eine Verständigung über soziale Bedürfnisse, gemeinsame Vergangenheitsbezüge und Zukunftserwartungen der ehrenden Gemeinschaft voraus, die dem oder der Geehrten eine gesellschaftlich anerkannte Ehre verleiht. 2. Ehrungen als soziale Praxis: In gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen prägen sich Regeln und Rituale, Zeremonien und Liturgien, Semantiken und Symbole für Ehrungen aus. Diese bilden Rahmenbedingungen für Praktiken von Ehrungen, die Teilnahme an der Inszenierung und Teilhabe an der Gemeinschaft verspricht. Diese Beobachtung weist darauf hin, dass Praktiken des Ehrens im 19. und 20. Jahrhundert vor dem Hintergrund des Entstehens lokaler (Medien-)Öffentlichkeiten zu erkunden sind. Insofern bedarf auch der Wandel von Praktiken besonderer Aufmerksamkeit, der neuen Machtstrukturen und Wertvorstellungen ebenso geschuldet sein kann wie gegenwärtigen Kriegs- und Krisenphänomenen. 3. Akteure von Ehrungen: Konkrete Gestalt erhalten solche Aushandlungsprozesse durch den Fokus auf Akteure und Akteursgruppen, von denen Ehrungen initiiert, vorangetrieben, hinterfragt oder verhindert werden. Auf der Tagung sollen daher einzelne Personen ebenso wie gesellschaftliche Gruppen oder Parteien mit ihren unterschiedlichen Motiven und Mitsprachemöglichkeiten am Ehrregime sowie ihre Vernetzungen diskutiert werden. 1 4. Soziale Funktionen von Ehrungen: Die Motive verschiedener Akteure lassen sich mit sozialen Funktionen von Ehrungen erklären. Ehrregime zielen auf Identitätsbildung durch Inklusion und Exklusion, indem sie einen (Groß-)Teil der Gesellschaft ansprechen, einen anderen hingegen ausschließen sollen. Sie streben eine Homogenisierung und Normierung sozialen Verhaltens an, indem spezifische Tätigkeiten oder Eigenschaften geehrt werden. Ehrungen stiften Kontinuität, indem sie Traditionen und Entwicklungslinien betonen sowie Zukunftserwartungen vor dem Hintergrund gemeinsamer Erfahrungen entwerfen. Sie können zudem der politischen Argumentation und Legitimation dienen, indem sich Akteure qua Ehrungen in der Öffentlichkeit positionieren und Politiken legitimieren. Der Untersuchungszeitraum der Vorträge sollte im 19. und 20. Jahrhundert liegen, wobei Ausblicke in frühere Epochen möglich sind. Obgleich ein Schwerpunkt auf geschichtswissenschaftlichen Vorträgen liegen wird, können auch Forschungen anderer Disziplinen (Kultur-, Sozial- und Literaturwissenschaften, Ethnologie, Kunstgeschichte, Stadtplanung, Architektur etc.) Berücksichtigung finden. Wir bitten um Zusendung eines kurzen Vortragsvorschlags (im Umfang von nicht mehr als fünfhundert Wörtern) sowie um ein Kurz-CV der/s Vortragenden per Mail ([email protected] oder [email protected]) bis zum 15. September 2013. Der Workshop wird vom 27. bis 28. Juni 2014 in Oldenburg stattfinden. Er wird organisiert von der Arbeitsstelle Regionale Geschichtskulturen (www.regionale-geschichtskulturen.de) am Institut für Geschichte der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und geleitet von Dietmar von Reeken und Malte Thießen (beide Oldenburg). Fahrt- und Übernachtungskosten der Vortragenden können übernommen werden. 2