Rückblick auf 20 Jahre AVID - Deutsche Veterinärmedizinische

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Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft e.V.
Arbeitskreis für veterinärmedizinische Infektionsdiagnostik (AVID)
Vorstand: Schliephake (Stendal), Gaede (Stendal), Kühn (Leipzig), Schirrmeier (Insel Riems) und
Böttcher (Vorsitzender, München)
Umsetzung der Biostoffverordnung in der Virologie
Günter Thalmann
LAVES – Veterinärinstitut Oldenburg
Prof. Dr. G. Thalmann, Philosophenweg 38, 26121 Oldenburg
Tel: 0441-9713800, Fax: 0441-9713814
guenter.thalmann@laves,niedersachsen.de
Die Biostoffverordnung vom 27.01.1999 konkretisiert allgemeine Schutzvorschriften des
Arbeitsschutzgesetzes branchenübergreifend für alle Beschäftigten bei Tätigkeit mit biologischen
Arbeitstoffen. Hierzu gezählt werden Mikroorganismen, einschließlich gentechnisch veränderter
Mikroorganismen, Zellkulturen und humanpathogene Endoparasiten, die beim Menschen Infektionen,
sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können.
Es wird zwischen gezielter und nicht gezielter Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen unterschieden.
Gem. Biostoffverordnung hat der Arbeitgeber vor Aufnahme entsprechender Tätigkeiten eine
Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Hierzu zählt insbesondere die Einstufung der biologischen
Arbeitsstoffe (s. auch TRBA 450). Entsprechend ihres Infektionspotentials werden die biologischen
Arbeitsstoffe in vier Risikogruppen eingeteilt. Risikogruppe 1 enthält biologische Arbeitsstoffe bei
denen unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen Erkrankungen hervorrufen und Risikogruppe 4
solche, die schwere Erkrankungen beim Menschen hervorrufen, für die Beschäftigten eine große
Gefahr darstellen, eine Verbreitung sehr befürchten lassen und für die eine wirksame Vorbeuge oder
Behandlung nicht möglich ist.
EU-weit verbindliche Einstufungen biologischer Arbeitsstoffe der Risikogruppen 2-4 enthält Anhang III
der Richtlinie 2000/54/EG in Verbindung mit den jeweils gültigen Änderungs- und
Anpassungsrichtlinien. Die Biostoffverordnung bildet den rechtlichen Rahmen, konkrete
Empfehlungen für die sehr unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche bleiben technischen Regeln (TRBA)
vorbehalten, die vom eigens eingesetzten Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) erarbeitet
werden.
Die Einstufung der Viren in Risikogruppen enthält z. B. die TRBA 462. Für den Umgang mit Erregern
der einzelnen Risikogruppen gelten Sicherheitsmaßnahmen entsprechender Schutzstufen. Die
festzulegenden Schutzmaßnahmen ergeben sich aus den Einstufungen der biologischen Arbeitsstoffe
in Risikogruppen, der Zuordnung der Schutzstufen und der Bewertung der tätigkeitsbezogenen
Gefährdungen einschließlich der Gefährdungen, die durch sensibilisierende und toxische Wirkungen
der Stof-fe bedingt sind. Hierbei haben bauliche und technische Schutzmaßnahmen grundsätzlich
Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen. Auf Grundlage der Gefährdungsbewertung sind
erforderliche Hygienemaßnahmen festzulegen und geeignete Schutzausrüstungen und -kleidungen
zur Verfügung zu stellen. Aktualität der Einstufungen und Wirksamkeit der ergriffenen
Schutzmaßnahmen sind regelmäßig zu überwachen.
In der TRBA 100 sind die Schutzmaßnahmen für gezielte und nichtgezielte Tätigkeiten mit
biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien ausgewiesen. Auf Grundlage der Gefährdungsbewertung
sind arbeitsbereichs- und stoffbezogene Betriebsanweisungen zu erstellen, die die Grundlage für
durchzuführende Unterweisungen der Beschäftigten bilden.
Erstmalige Durchführungen von gezielten Tätigkeiten mit Erregern der Risikogruppen 2-4 sind
mindestens 30 Tage vor ihrer Aufnahme den zuständigen Behörden anzuzeigen.
Die Beschäftigten sind vor Aufnahme der Tätigkeit und dann in regelmäßígen Abständen
arbeitsmedizinisch zu untersuchen und zu beraten. Die zuständigen Arbeitsmediziner und die
Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind in den Prozess der Gefährdungsbeurteilung und des Ergreifens
von Schutzmaßnahmen intensiv einzubeziehen.
In den veterinärvirologischen Laboratorien der Diagnostikeinrichtungen werden in der Regel bis zur
Identifizierung des Erregers Untersuchungsmaterialien in nicht gezielter Tätigkeit bearbeitet. Bei
weitergehender Charakterisierung handelt es sich dann in der Regel um gezielte Tätigkeiten. Bei nicht
gezielter Tätigkeit ist das mögliche Spektrum an biologischen Arbeitsstoffen zu ermitteln und
abzuschätzen sowie eine Zuordnung zu entsprechenden Risikogruppen zu prüfen. Unter
Berücksichtigung der Eigenschaften der Erreger sollten dann Abschätzungen des Infektionsrisikos
und Zuordnungen der Tätigkeiten zu Schutzstufen erfolgen.
Die Einstufung biologischer Arbeitsstoffe und hier auch der Viren erfolgt in der Regel auf
Speziesebene. In Einzelfällen kann auch eine abweichende Einstufung von Subspezies, definierten
Varietäten oder Stämmen erforderlich sein. Bei Auftreten neuer Viren bzw. Veränderung von
Erregereigenschaften kann es auch innerhalb der Spezies zu Veränderungen der Einordnungen
kommen. Beispiele hierfür sind die hochpathogenen aviären Influenzaviren innerhalb der Influenza-AViren und die SARS-Erreger innerhalb der humanen Coronaviren.
Weiterhin können Subspezies neue geographische Verbreitungsgebiete erobern und dort u. U. andere
Subspezies verdrängen, wie es neuerdings bei Hantaviren in Deutschland berichtet wird, wo das
Puumala-Virus (90 % der Erkrankungen) durch das mit höherem Risiko behaftete Dobrava-BelgradeVirus Konkurrenz erhalten hat. Zum Schutz der Bearbeiter sind Untersuchungsverfahren anzustreben,
die die Arbeit mit infektiösem Material auf ein Minimum reduzieren und weitgehend automatisiert
erfolgen.
Bei gentechnischen Arbeiten besonders häufig verwendete Spender- oder Empfängerorganismen, bei
Viren z. B. Vaccinia Virus, sind nach Gentechnik-Sicherheits-verordnung ebenfalls Risikogruppen
zugeordnet (s. auch TRBA 310).
Spezielle Maßnahmen zum Schutze der Beschäftigten vor Infektionen durch BSE/TSE-Erreger sind in
TRBA 602 und entsprechende Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit TSE-assoziierten Agenzien in
diagnostischen und Forschungslaboratorien in TRBA 602 dargestellt.
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