Hauteffloreszenzen bei Infektionserkrankungen H. Klinker1, P. Langmann1, R. Gillitzer2 1 Medizinische Poliklinik, Standort Luitpoldkrankenhaus, Schwerpunkt Hepatologie/Infektiologie, Universität Würzburg 2 Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universität Würzburg Viele Infektionserkrankungen gehen mit Hauterscheinungen einher. Hierbei ist die Haut entweder Manifestationsort systemischer Infektionen oder selbst primär von einer Infektion betroffen. Als Exanthem (griechisch exantheo: „ich blühe auf“) wird ein generalisierter Hautausschlag bezeichnet. Klassische, exanthematische Kinderkrankheiten sind seit der Einführung umfassender Impfprogramme viel seltener geworden, treten nun jedoch vermehrt bei ungeimpften Erwachsenen auf. Exantheme finden sich darüberhinaus aber auch bei der akuten HIV-Infektion oder der Lues im Stadium II. Nur die korrekte Einordnung der Hautveränderungen kann hier zur frühzeitigen Diagnose und Therapie führen, die Patienten vor jahrelangem weiteren Krankheitsverlauf bewahren und die weitere Übertragung der Infektionen verhindern. Für die Differenzialdiagnose ist die Erkennung der Art der Effloreszenzen (z. B. makulös, papulös, vesikulär) und ihre Verteilung von großer Bedeutung. Neben erregerbedingten Krankheiten ist immer auch an (auto-) immunologische, allergische und paraneoplastische Phänomene zu denken. Auch die Bedeutung der Erfassung lokalisierter Hauteffloreszenzen liegt nicht nur in der fachgerechten Behandlung dieser Veränderungen selbst, sondern häufig mehr in der hierdurch möglichen Aufdeckung systemischer Erkrankungen. Beispielhaft seien die Diagnose eines Diabetes mellitus bei rezidivierenden bakteriellen Hautinfektionen, die Aufdeckung eines malignen Lymphoms bei Herpes zoster oder die Feststellung einer HIV-Infektion bei Auftreten von Mollusca contagiosa genannt. Die folgende Übersicht gibt Informationen zu Epidemiologie, Pathogenese, Klinik, Diagnostik und Therapie von Infektionserkrankungen, die mit generalisierten oder lokalisierten Hauteffloreszenzen einhergehen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den häufigen und/oder für die tägliche Praxis besonders wichtigen Erkrankungen. Teil I beschäftigt sich mit Hauteffloreszenzen bei viralen Erkrankungen, Teil II mit Hauteffloreszenzen bei bakteriellen Erkrankungen, Dermatomykosen und Epizoonosen. 1 Hauteffloreszenzen bei viralen Erkrankungen Einen Überblick über Hauteffloreszenzen bei viral bedingten Erkrankungen gibt Tabelle 1. Inkubationszeit Infektiosität Masern 8 –12 Tage Prodromalstadium bis 5 Tage nach Beginn des Exanthems Röteln 14 – 21 Tage 2 Tage vor bis 5 tage nach Beginn des Exanthems Infektiöse Mononukleo se 10 – 50 Tage 5 Tage vor Beginn der Erkrankung, intermittierende Virusausscheidung lebenslang möglich Varizellen 12 – 21 2 Tage vor bis 5 Tage nach beginn des Exanthems Herpes zoster Reaktivierung einer latenten VZV-Infektion bis zum Eintrocknen der Vesikel Herpes simplexInfektion 3 – 6 Tage bis zum Eintrocknen der Vesikel akute HIVInfektion 4 – 8 Wochen unmittelbar nach der Infektion – lebenslang, Ausmaß abhängig von der Viruslast, parenterale Übertragung Art und Verteilung der Effloreszenzen makulöses, konfluierendes Exanthem, Beginn retroaurikulär, Ausbreitung von kranial nach kaudal kleinfleckiges, wenig konfluierendes Exanthem, Beginn im Gesicht, Ausbreitung kraniokaudal Klinik Komplikationen Fieber, Husten, Konjunktivitis, Photophobie Otitis media, bakterielle Pneumonie, Enzephalitis geringe Allgemeinsymptomatik, retroaurikuläre Lymphknotenschwellungen selten Arthritiden, Otitis; Röteln-Embryopathie! kleinfleckiges Exanthem an Stamm und Extremitäten, vor allem unter Ampicillin-Therapie vesikuläres Exanthem, „Sternenhimmel“, Beteiligung der Mundschleimhaut vesikuläre Effloreszenzen, unilateral, innerhalb eines Dermatoms Kopfschmerzen, Fieber, Halsschmerzen, Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie Fieber, Juckreiz Pancytopenie, Pneumonie, Peri/Myokarditis, spontane Milzruptur Juckreiz, Hyperästhesie (oft noch vor Auftreten der Bläschen!), Schmerzen Brennen, Juckreiz, Spannungsgefühl Superinfektion, Dissemination bei Immunsuppression, postzosterische Neuralgie Herpesenzephalitis, bakterielle Superinfektion Kopf-/Gliederschmerzen, Fieber, Lymphknotenschwellungen keine gruppiert stehende Bläschen auf gerötetem Grund, Prädilektionsstellen: Perioralregion (HSV I), Genitalregion (HSV II) Masern-/Rötelnähnliches, generalisiertes Exanthem Bakterielle Superinfektion, Varizellenpneumonie, Hepatitis Masern (Morbilli) Das Masern-Virus ist ein RNA-Virus und gehört zur Familie der Paramyxoviren. Der Mensch ist der einzige Wirt. Die Infektion hinterlässt eine lebenslange Immunität. Masern sind ►hochkontagiös. Die Durchseuchung erreicht bei ungeimpften Personen nahezu 100% (17). Die Übertragung erfolgt als Tröpfcheninfektion vor allem während des Prodromalstadiums. Eine saisonale Häufung besteht in den Winter- und Frühjahrsmonaten. Seit Einführung der Masernlebendimpfung im Jahre 2 1967 ist die allgemeine Erkrankungsrate rückläufig, es hat eine Verschiebung von Masernerkrankungen in das junge Erwachsenenalter stattgefunden. In den Ländern der 3. Welt hingegen zählt die Maserninfektion teilweise heute noch zu den häufigsten Todesursachen im Kindesalter. Nach einer Inkubationszeit von 8-12 Tagen kommt es zunächst zu einem ►Prodromalstadium mit katarrhalischen Symptomen. Hierzu gehören hohes Fieber, Schnupfen, trockener Husten und häufig eine ausgeprägte Lichtscheu, die mit einer Konjunktivitis einhergeht. Nach ca. 2-3 Tagen entwickeln viele Patienten die typischen ►Koplik-Flecken, weiße, ca. 1-2 mm große, nicht abwischbare flache, weißliche Papeln mit rotem Hof im Bereich der Wangenschleimhaut gegenüber den unteren Molaren. Daneben zeigt sich am Gaumen ein dunkelrotes Enanthem. Etwa 2-3 Tage nach Auftreten der Koplik-Flecken entwickelt sich das makulopapulöse Masern-Exanthem zunächst retroaurikulär, an der Stirnhaargrenze und Hals. Es breitet sich in den folgenden 3-4 Tagen kaudal über den Rumpf und die Extremitäten aus, neigt zur Konfluation und weist manchmal eine hämorrhagische Komponente auf. Das Allgemeinbefinden ist in der Regel erheblich eingeschränkt. Das Exanthem blasst in der Reihenfolge des Auftretens meistens leicht schuppend ab. Atypische Masern können sich bei Personen, die mit Masern-Totimpfstoff (bis 1967) geimpft wurden, entwickeln. Der Verlauf ist gekennzeichnet durch eine starke sekundäre Immunantwort, klinisch stehen hohes Fieber, Myalgien, schwer verlaufende Pneumonien und ein atypisches, oft hämorrhagisches Exanthem im Vordergrund. Bei Immunsupprimierten kann das Masern-Exanthem völlig fehlen und der Krankheitsbeginn auffallend blande sein. Es entwickeln sich allerdings gehäuft schwere Organkomplikationen in Form einer Riesenzellpneumonie oder MasernEinschlusskörperchen-Enzephalitis. Die Erkrankung endet in bis zu 30% letal. Die häufigste Komplikation der Masern ist die ►Otitis media. Daneben treten ►bakterielle Pneumonien auf. In einer Häufigkeit von einem Fall auf ca. 1.0002.000 Masernerkrankungen entwickelt sich, meist 4-7 Tage nach dem Exanthem, eine akute Enzephalitis. Die Letalität dieser Erkrankung liegt bei etwa 10%, mit zerebralen Residualschäden muss in ca. 20% gerechnet werden. Sehr selten (Häufigkeit etwa 1 zu 1.000.000 Masernerkrankungen) kann es nach einer Latenzperiode von bis zu 15 Jahren zu einer tödlich verlaufenden ►subakut sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) kommen. Hierfür wird die persistierende ZNS-Infektion mit strukturveränderten Masernviren verantwortlich gemacht (13). Klinisch im Vordergrund stehen Verhaltensauffälligkeiten, Bewusstseinsstörungen, Krampfanfälle, Ataxie, Sehstörungen, später eine Spastik aller Extremitäten sowie Verlust kognitiver Funktionen. Eine Masernerkrankung führt häufig zu einer vorübergehenden, oft einige Monate andauernden Suppression der zellulären Immunität, im Hauttest zeigt sich entsprechend eine verminderte Antwort auf Recall-Antigene. Die Diagnose kann unter Berücksichtigung der Impfanamnese und der Epidemiologie in der Regel klinisch gestellt werden. Differentialdiagnostisch kommen andere Virusexantheme, Scharlach und Arzneimittelexantheme in Betracht. ►Masern-spezifische IgM-Antikörper sind 3-5 Tage nach Beginn des Exanthems nachweisbar. Bei geimpften oder immunen Personen lassen sich langfristig IgG-Antikörper nachweisen. Für eine SSPE ist eine ausgeprägte 3 intrathekale Immunantwort mit hohen IgG-Titern gegen alle Strukturproteine mit Ausnahme des M-Proteins typisch. Der Zellgehalt im Liquor ist niedrig, der Eiweißgehalt allenfalls nur gering erhöht. Die ►Therapie der akuten Masern-Infektion erfolgt symptomatisch, eine spezifische antivirale Behandlungsoption ist nicht bekannt. Bei bakterieller Superinfektion mit entsprechenden Organkomplikationen (Pneumonie, Otitis media) ist eine antibiotische Therapie angezeigt. Bei schweren Verläufen und in Ländern mit hoher Masern-Sterblichkeit empfohlen kommt eine hochdosierte Gabe von Vitamin A in Betracht (7). Zur Prophylaxe einer Masern-Erkrankung steht ein hochwirksamer Lebendimpfstoff zur Verfügung. Die Impfung sollte mit einem Kombinationsimpfstoff (zusammen mit Mumps- und Rötelnimpfstoff = ►MMR-Impfstoff) zwischen dem vollendeten 11. bis 14. Lebensmonat erfolgen, eine zweite MMR-Impfung möglichst frühzeitig mindestens 4 Wochen nach der ersten Impfung (8). Bei etwa 3-5% der Impflinge treten nach ca. 9-12 Tagen ► „Impfmasern“ auf. Hier zeigt sich einige Tage nach dem Auftreten von Prodromalerscheinungen ein masernähnliches, allerdings geringer ausgeprägtes und flüchtiges Exanthem. Durch eine konsequente Masern-Impfung konnten allein in den USA in den letzten 40 Jahren ca. 80 Millionen Masern-Erkrankungen und damit ca. 7.500 Masernbedingte Todesfälle und ca. 25.000 Fälle zerebraler Defektheilungen vermieden werden. Bei ungeimpften Personen, bei Personen mit Immundefekt sowie bei Schwangeren ohne Masernantikörper kann im Falle einer Masern-Exposition bis 6 Tage postexpositionell eine passive Immunisierung mit Normalimmunglobulin durchgeführt werden. Röteln Das Rötelnvirus gehört zu den RNA-Togaviren. Es existiert lediglich ein Serotyp. Die Übertragung des Rötelnvirus erfolgt als ► Tröpfcheninfektion. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 3 Wochen. Rötelnerkrankungen sind nach Einführung der Impfung im Kindesalter seltener geworden, das Manifestationsalter hat sich mehr in das junge Erwachsenenalter verschoben. Die ► Rate seronegativer Frauen im gebärfähigen Alter beträgt in Deutschland ca. 4-7%. Dies bedeutet, dass bei jährlich etwa 800.000 Geburten in Deutschland ca. 40.000 durch eine Rötelninfektion gefährdet sind. Bis zu ► 50% aller Rötelninfektionen (Rubella; German measles) verlaufen symptomlos. Dies ist vor allem im Kindesalter der Fall, während bei Jugendlichen und Erwachsenen ausgeprägtere Symptome auftreten können. Bei letzteren kommt es nach katarrhalischen Prodromalerscheinungen über 2-3 Tage charakteristischerweise zum Auftreten ► dolenter Lymphknoten-schwellungen besonders retroaurikulär und subokzipital. In ca. 50% der Fälle entwickelt sich ein kleinfleckiges papulöses Exanthem, welches sich, meistens mit schmetterlingsförmiger Betonung im Gesicht beginnend und nicht konfluierend, kraniokaudal ausbreitet. Das Allgemeinbefinden ist oft nur wenig beeinträchtigt. 4 Insgesamt seltene, mit zunehmendem Lebensalter aber häufigere Komplikationen stellen Arthritiden, eine Otitis, Enzephalitis oder Peri-Myokarditis dar. Eine wesentliche Gefährdung stellt die Rötelninfektion in der Frühschwangerschaft dar. Die Infektion kann zum Abort oder zu einer ► Embryopathie, in der klassischen Form als Gregg-Syndrom mit Katarakt, Innenohrtaubheit und offenem Ductus arteriosus Botalli, führen. Das Risiko beträgt bei Infektion im ersten Schwangerschaftsmonat ca. 60%, im 2. Monat ca. 25% und im 3. Monat ca. 15% (12). In Anbetracht dieser Komplikationen ist bei einer Rötelninfektion während der Frühschwangerschaft ein Schwangerschaftsabbruch zu erwägen. Bei Auftreten typischer Lymphknotenschwellungen und eines Exanthems kann die Diagnose klinisch gestellt werden. Meistens ist die Klinik allerdings unzuverlässig. Differentialdiagnostisch kommen anderweitige Virusexantheme, Scharlach oder Arzneimittelexantheme in Betracht. IgM-, IgA- und IgG-Antikörper können kurz nach Erkrankungsbeginn bzw. nach Ablauf der 2-3-wöchigen Inkubationszeit nachgewiesen werden. Als Standardverfahren wird der Hämagglutinationshemmtest (HAH) eingesetzt. Ein 4facher Antikörpertiteranstieg bzw. Serokonversion in zwei im Abstand von ca. 10 Tagen gewonnenen Blutproben bestätigt eine frische Infektion. In der Mutterschaftsvorsorge gilt ein HAH-Titer von >1:32 als sicher. Die Behandlung einer Röteln-Erkrankung erfolgt symptomatisch, eine spezifische antivirale Therapie existiert nicht. Besonders zur Verhütung von Rötelninfektionen im Rahmen einer Frühschwangerschaft kommt der ► aktiven Immunisierung eine Bedeutung zu. Die Rötelnimpfung mit einem Lebendimpfstoff wird in der Regel als Kombinationsimpfung mit Masern- und Mumpsimpfstoff zwischen dem vollendeten 11. und 14. Lebensmonat erstmalig durchgeführt. Eine Boosterimpfung soll nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission so früh wie möglich, sie kann bereits 4 Wochen nach der ersten Impfung erfolgen. Bei der Jugendgesundheitsuntersuchung ist sicherzustellen, dass alle Jugendlichen zwei MMR-Impfungen erhalten haben. Nach Exposition einer nicht immunen Schwangeren kann innerhalb von 5 Tagen nach der Exposition die Gabe von Rötelnimmunglobulin erwogen werden, welches die Infektion der Schwangeren modifizieren, eine solche und damit auch die pränatale Infektion jedoch nicht sicher verhindern kann. Infektiöse Mononukleose Das Epstein-Barr-Virus als Erreger der infektiösen Mononukleose ist ein weltweit vorkommendes Virus aus der Gruppe der Herpes-Viren (doppelsträngige DNAViren). Die Übertragung des Epstein-Barr-Virus erfolgt in der Regel durch engen Kontakt mit Speichel („kissing disease“). Nach Infektion epithelialer Zellen des Pharynx und der Speicheldrüsen können Viruspartikel wahrscheinlich noch über Jahre ausgeschieden werden. Die ► Durchseuchung steigt im Kindes- und Jugendalter steil an und erreicht bei Erwachsenen fast 100%. Das Krankheitsbild der infektiösen Mononukleose tritt als Erstmanifestation einer EBV-Infektion altersabhängig auf. In den ersten beiden Lebensjahren verläuft die 5 Infektion fast immer asymptomatisch, die Manifestationsrate steigt dann bis auf ca. 60% bei Jugendlichen an. Manifestationsgipfel ist das junge Erwachsenenalter. Es erfolgt zunächst die Infektion der Epithelien der Mundhöhle, im weiteren Verlauf sind B-Lymphozyten die entscheidenden Zielzellen. Nach einer ► Inkubationszeit von 10-50 Tagen treten zuerst Prodromi in Form von Kopfschmerzen, Fieber und Abgeschlagenheit auf. Das typische Krankheitsbild wird dann bestimmt durch eine ► exsudative Tonsillitis mit weißlichen bis graugelben Belägen und einer schmerzhaften (Lexikon 20) ► Lymphadenopathie, insbesondere zervikal. Häufig besteht daneben eine ►Hepatitis mit deutlich erhöhten Transaminasen sowie eine manchmal ausgeprägte ► Splenomegalie (14). Selten kommt es zu einer spontanen Milzruptur. In etwa 10% der Fälle tritt ein ► Masern- oder Rötelnähnliches Exanthem im Bereich des Gesichtes, der Extremitäten und des Stammes auf. Unter einer Therapie mit Ampicillin (gegeben unter der Annahme einer bakteriellen Angina tonsillaris) beträgt die Häufigkeit des Exanthems nahezu 100% ► („Ampicillin-Exanthem“). Die Dauer einer infektiösen Mononukleose ist sehr variabel von einigen Tagen bis zu vielen Wochen. Die Rekonvaleszenz ist oft geprägt von ausgesprochener Müdigkeit und Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Ein ätiologischer Zusammenhang einer persistierenden oder reaktivierten EBVInfektion zum chronic fatigue syndrome, der zunächst diskutiert worden war, konnte in mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen nicht bestätigt werden (15). Patienten mit HIV-Infektion und fortgeschrittenem Immundefekt (T-Helferzellen < 200/µl) entwickeln nicht selten als Ausdruck einer EBV-Infektion eine ►orale Haarleukoplakie (4). Hierbei handelt es sich um weißliche, verruciforme, teils konfluierende, nicht abstreifbare Schleimhautveränderungen, die besonders im Bereich der Zunge auftreten. Die Läsionen enthalten replizierendes Epstein-BarrVirus in epithelialen Zellen. Selten können Panzytopenien, Enzephalitiden, Pneumonien oder Peri-/Myokarditiden auftreten. Zu einer spontanen Milzruptur kommt es in 0,2% der Fälle. Eine Assoziation einer EBV-Infektion besteht ferner zu ► lymphoproliferativen Erkrankungen. Das Burkitt-Lymphom kommt vor allem bei Kindern in Zentralafrika vor, das Nasopharynxkarzinom bei Erwachsenen in Afrika und besonders in Südchina. Bei erworbener Immundefizienz, z. B. bei fortgeschrittener HIV-Infektion oder nach Organtransplantation, treten gehäuft EBV-assoziierte B-Zell-Lymphome auf. Bei vollausgebildetem klinischen Bild der Mononukleose ist die Diagnose einfach zu stellen. Differentialdiagnostisch kommen anderweitige Pharyngotonsillitiden (Streptokokken-infektionen, Diphtherie, Plaut-Vincent-Angina), Lymphadenopathien (Toxoplasmose), Hepatitiden oder wegen des auffälligen Blutbildes auch hämatologische Erkrankungen (Leukosen) in Betracht. Im Blutbild zeigt sich häufig eine Leukozytose mit deutlicher Lymphozytose. Typisch sind im Ausstrichpräparat große, aktivierte, atypische Lymphozyten ► („Pfeifferzellen“). Die serologische Diagnose einer EBV-Infektion erfolgt über den Nachweis von Antikörpern gegen virales Kapsidantigen ((VCA-IgM, -IgA, IgG). Meist erst im späteren Verlauf der Infektion lassen sich Antikörper gegen EBV-nukleäres Antigen (EBNA) nachweisen. 6 Der früher häufiger verwendete Nachweis heterophiler Antikörper („Paul-BunnellTest“) ist bei milden Verläufen und besonders bei Kindern häufiger falsch negativ. Die Behandlung der infektiösen Mononukleose erfolgt symptomatisch, eine kausale antivirale Therapie steht bislang ebenso wie eine Impfprophylaxe nicht zur Verfügung. Varizellen, Herpes zoster Neben dem Herpes-simplex-Virus 1 und 2 ist das Varizella-Zoster-Virus (VZV) das dritte humanpathogene Alpha-Herpesvirus. Das einzige bekannte Erregerreservoir des VZV ist der Mensch. Das Virus ist weltweit verbreitet. Varizellen sind besonders kontagiös, der ► Kontagionsindex liegt bei fast 1,0. Die Übertragung erfolgt aerogen („Windpocken“). Die Häufigkeit von Varizellen steigt bereits im Kleinkindesalter stark an. Die Inzidenz von Varizellen wird in Deutschland auf ca. 700.000 pro Jahr geschätzt. Über 95% der Erwachsenen sind seropositiv. In der Erwachsenenmedizin haben VZV-Infektionen selten als Primärinfektionen bei Seronegativen, überwiegend als Reaktivierungen bei Immunsupprimierten eine Bedeutung. Die exogene Primärinfektion mit VZV führt zum Krankheitsbild der Varizellen, die endogene Reaktivierung zum Herpes Zoster („Gürtelrose“). ► Varizellen: Nach Erstkontakt treten nach durchschnittlich 14 Tagen uncharakteristische Prodromi, wenige Tage später ein juckendes, vesikuläres Exanthem und Fieber auf. Der Bläscheninhalt ist zunächst klar, trübt dann ein, schließlich verschorft die Läsion. Charakteristisch ist das polymorphe Bild der Hauteffloreszenzen mit zeitgleichem Auftreten in verschiedenen Entwicklungsstadien ► („Heubnersche Sternkarte“. Dies stellt einen entscheidenden Unterschied zur Pockenerkrankung dar. Die Hauteffloreszenzen beginnen in der Regel am Stamm und im Gesicht und können sich dann auf andere Regionen einschließlich des behaarten Kopfes und der Schleimhäute ausbreiten. Bei kleineren Kindern ist der Verlauf in der Regel gutartig, ältere Patienten zeigen oft ein schwereres Krankheitsbild. Besonders bei Neugeborenen und immungeschwächten Patienten kann sich ein komplizierter Krankheitsverlauf entwickeln. Häufigste Komplikation ist die ► bakterielle Superinfektion, meistens durch Staphylokokken. Vor allem bei Erwachsenen ist mit dem Auftreten einer ► Varizellenpneumonie (bis ca. 20%) zu rechnen. Tachypnoe, Husten und Fieber sind wichtige Hinweise. Klinisch und radiologisch ergibt sich das Bild einer atypischen Pneumonie. Selten sind zentralnervöse Komplikationen, Myokarditiden oder Hepatitiden. ► Perinatale Varizellen können bei einer Varizelleninfektion der Mutter 5 Tage vor bis 2 Tage nach der Geburt entstehen. Der Verlauf ist meistens sehr schwer, die Letalität liegt bei ca. 30%. ►Herpes zoster: Nach dem Erstkontakt mit dem Varizella-Zoster-Virus persistiert das Virus in den Spinalganglien. Bei einer Reaktivierung, für die besonders ältere und immuninkompetente Personen gefährdet sind, kommt es zum Herpes zoster. 7 Typisch sind vesikuläre Hauteffloreszenzen, die unilateral, innerhalb eines Dermatoms auftreten und oft mit Schmerzen einhergehen. Am häufigsten sind die Dermatome T3 – L3 betroffen, Manifestationen mit eigenen Bezeichnungen sind der ►Zoster ophtalmicus und der ►Zoster oticus. Vor allem bei Erwachsenen verursacht ein Zoster häufig erhebliche Schmerzen, die die Gabe potenter Analgetika notwendig machen. Gefürchtet ist die ►postzosterische Neuralgie, die nach Abheilen der Hauteffloreszenzen über Jahre bestehen kann. Bei Immunsupprimierten können sich aberrierende Bläschen bis hin zum disseminierten Zoster entwickeln. Diese Krankheitsverläufe sind nicht selten lebensbedrohlich. In der Regel bereitet die Diagnose von Varizellen oder Herpes zoster bei typischem klinischen Bild keine Schwierigkeiten. Bei Zweifeln (z. B. locotypischer Herpes simplex rezidivans) oder in ausgewählten Fällen kann ein direkter ►Virusnachweis aus Bläscheninhalt mittels PCR (Polymerase-chain-reaction) oder direktem Immunfluoreszenztest erfolgen. Serologisch kann die Diagnose durch den Nachweis von IgG- oder IgM- bzw. IgA-Antikörpern gestellt werden. Unkomplizierte Varizellen werden bei immunkompetenten Patienten symptomatisch behandelt. Hierzu zählen neben sorgfältiger Hautpflege (cave: Hautirritation durch zu häufiges Waschen!) juckreizhemmende Externa. Bei komplizierten Verläufen oder gefährdeten Patienten ist eine antivirale Therapie mit Aciclovir indiziert, die parenteral erfolgen sollte. Der Herpes zoster wird antiviral behandelt, da hierdurch die Abheilung beschleunigt werden kann, daneben günstige Effekte bezüglich der Schmerzsymptomatik erzielt werden. Es wird Aciclovir oral eingesetzt, wegen der deutlich besseren Bioverfügbarkeit ist allerdings Valaciclovir (Prodrug zu Aciclovir) zu bevorzugen. Daneben stehen mit Famciclovir und Brivudin weitere oral applizierbare ►Virostatika zur Verfügung. Brivudin wird wegen der nur einmal täglichen Einnahme vor allem im ambulanten Bereich häufig eingesetzt. Bei Patienten mit Immunsuppression muss Aciclovir parenteral verabreicht werden. In der häuslichen Umgebung sind spezifische Maßnahmen für Kontaktpersonen nicht notwendig. In der Klinik sollten Patienten mit Varizellen oder Herpes zoster strikt isoliert werden. Eine gezielte Impfprävention mit attenuierten Lebendvakzinen ist für seronegative, besonders gefährdete Personengruppen wie immunsupprimierte Patienten zu empfehlen (3). Im Falle einer Exposition von Personen aus diesen Risikogruppen sollte eine passive Immunisierung mit VZV-Immunglobulin erfolgen. Dies gilt auch für seronegative Schwangere, die kurz vor der Geburt inkubiert oder exponiert wurden. Herpes simplex Virus-Infektionen Herpes simplex Viren (HSV) sind umhüllte DNA-Viren aus der Familie der Herpesviridae. Es werden zwei Varianten, ►HSV Typ 1 und 2, unterschieden. Beide Virusvarianten sind weltweit verbreitet. HSV wird von Mensch zu Mensch durch Haut- und Schleimhautkontakte übertragen. 8 Die ►Primärinfektion mit HSV 1 erfolgt bereits häufig im Kindesalter. Meistens verläuft die Infektion asymptomatisch, bei symptomatischer Primärinfektion entwickelt sich nach einer Inkubationszeit von 3-6 Tagen eine mit schwerem Krankheitsgefühl einhergehende fieberhafte Gingivostomatitis („Mundfäule“) mit regionaler Lymphadenopathie. HSV 2-Infektionen manifestieren sich überwiegend im Bereich der Genitalschleimhaut. Das Virus ist weniger verbreitet als HSV 1, die Übertragung erfolgt im Jugend- oder Erwachsenenalter. Über einen axonalen Transport in sensiblen und autonomen Nerven kommt es bereits frühzeitig zur Infektion der zugehörigen Ganglienzellen. Hier etabliert sich eine latente Infektion mit der Möglichkeit von ►endogenen Reaktivierungen, was zum neuerlichen axonalen Auswandern von Viren in die Peripherie mit asymptomatischer Virusvermehrung in der Haut bzw. Schleimhaut (Rekurrenz) oder zum klinisch manifesten Herpes simplex rezidivans (Rekrudeszenz) führen kann. In der Regel entstehen Rezidive eines Herpes simplex immer wieder im selben Bereich. Prädilektionsstellen sind die Perioralregion (HSV 1) sowie die Genital- und Analregion (HSV 2). Es zeigen sich gruppiert stehende Bläschen auf gerötetem Grund, oft geht den Hautveränderungen ein Brennen, Jucken oder Spannungsgefühl voraus. Vom klinischen Bild her lassen sich diese Effloreszenzen nicht von einem initialen Herpes zoster unterscheiden. Eine besondere Verlaufsform einer Herpes simplex Infektion stellt das ►Ekzema herpeticatum dar. Es handelt sich um eine generalisierte HSV-Infektion der Haut bei Patienten mit atopischem Ekzem mit meist in den ekzematisierten Arealen, auch disseminiert auftretenden, z. T. konfluierenden Bläschen und Erosionen sowie Krusten aufgrund staphylogener Sekundärinfektion. Gefürchtet ist die Manifestation einer Herpesenzephalitis (16). Diese ist die häufigste Ursache einer sporadischen, akuten Enzephalitis. Die Erkrankung wird weit überwiegend durch HSV 1 verursacht. Gelegentlich kommt es 3 bis 10 Tage nach dem Auftreten herpetiformer Hauteffloreszenzen zur Entwicklung eines ►Erythema exsudativum multiforme. Diese Veränderungen sind nicht unmittelbar virusinduziert, sondern beruhen auf einer allergischen, mit einer Vasculitis einhergehenden Reaktion. Die Hauteffloreszenzen können sehr eindrucksvoll disseminiert auftreten und mit erheblichem Krankheitsgefühl einhergehen. Die Diagnose einer HSV-Infektion erfolgt klinisch anhand der typischen Hauteffloreszenzen, eine erregerspezifische Diagnostik ist in der Regel nicht notwendig. Ein Virusnachweis kann aus Abstrichmaterialien oder Bläscheninhalt durch Anzüchtung oder Antigennachweis erfolgen. Im Liquor wird die PCR eingesetzt. Serologische Untersuchungen sind nur bei Primärinfektionen aussagekräftig. Bei allen komplizierten Herpes simplex-Manifestationen ist eine systemische antivirale Therapie mit Aciclovir, ggf. parenteral, angezeigt. Die Behandlung des Herpes simplex rezidivans erfolgt in der Regel mit die Bläschen austrocknenden Externa (z. B. Zn-Paste), eine lokale Therapie mit Nukleosidanaloga ist nur vor Auftreten der Bläschen effektiv. Eine spezifische Impfprophylaxe steht noch nicht zur Verfügung. 9 HIV-Infektion Bei einem Teil der Patienten mit HIV-Infektion entwickelt sich innerhalb von wenigen Wochen nach der Infektion eine ►akute HIV-Krankheit. Meistens ist die Symptomatik unspezifisch und geht mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit und gelegentlich Lymphknotenschwellungen einher (9). Am ehesten erinnert das Krankheitsbild an einen grippalen Infekt oder eine infektiöse Mononukleose. Entscheidend ist, überhaupt an die Möglichkeit einer frischen HIV-Infektion zu denken (Anamnese!). Wegweisend kann insbesondere ein Masern-/Röteln-ähnliches Exanthem sein, welches allerdings nur bei einem kleinen Teil der Patienten auftritt. Auf die zahlreichen Hauterscheinungen bei etablierter, fortgeschrittener HIVInfektion, oft Ausdruck opportunistischer Erkrankungen, kann im Rahmen dieses Artikels abgesehen vom Kaposi-Sarkom nicht eingegangen werden. Eine Übersicht findet sich bei (10). Infektion mit dem Humanen Herpesvirus 8 Infektionen mit dem Humanen Herpesvirus 8 stellen einen wichtigen Kofaktor des HIV-assoziierten ►Kaposi-Sarkoms dar (2). Das von Chang et al 1994 entdeckte Virus (Synonym: KSHV = Kaposi-Sarkomassoziiertes Herpesvirus) kommt weltweit vor. Seine DNS-Sequenzen können in nahezu allen Kaposi-Sarkomen nachgewiesen werden. Der Nachweis von HHV-8 in peripheren Blutzellen von HIV-Infizierten ist für die Betroffenen mit einem erhöhten Risiko verbunden, im Verlauf der HIV-Infektion mit fortschreitender Immundefizienz an einem Kaposi-Sarkom zu erkranken (11). Ein wesentlicher Infektionsweg für HHV-8 ist sicherlich Sexualkontakt, wahrscheinlich spielen allerdings noch andere Übertragungswege eine Rolle. Das Kaposi-Sarkom stellt einen von den Gefäßendothelien ausgehenden hyperplastischen Tumor dar. Das klinische Erscheinungsbild ist vielfältig. Typisch ist ein multifokales Auftreten. Weit überwiegend sind die Haut und/oder die Schleimhäute (einschließlich des Magen-Darm-Traktes) betroffen. Selten ist ein Organbefall, z. B. der Lunge. Die typische Kaposi-Effloreszenz ist von rötlicher bis bräunlich-livider Farbe aufgrund von Ansammlungen von Erythrozyten in den Gefäßlakunen in oberflächlichen bzw. tiefen Hautschichten. Die Effloreszenz kann im Hautniveau liegen oder erhaben sein. In der Therapie des Kaposi-Sarkoms steht seit der Etablierung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) Mitte der 90er Jahre die antivirale Therapie ganz im Vordergrund. Hierunter wird häufig eine Regression der Läsionen beobachtet, was in erster Linie mit der Verbesserung des Immunstatus (und nicht mit einem direkten antiviralen Effekt auf HHV-8) zusammenhängen dürfte. Außer in Kaposi-Sarkomen kann HHV-8 auch in besonderen Formen des ►malignen B-Zell-Lymphoms und in der multizentrischen Variante der ►Castleman-Erkrankung nachgewiesen werden. Eine spezifische antivirale Therapie der HHV-8-Infektion ist bislang nicht möglich. 10 Infektionen durch humane Papillomviren (HPV) Infektionen mit verschiedenen HPV-Typen manifestieren sich als Warzen der verhornenden Haut und Schleimhäute einschließlich des Kehlkopfes. HP-Viren befallen immer nur das Epithel, nicht aber die darunter liegenden perfundierten Strukturen. Von den über 80 verschiedenen HPV-Typen können ca. 30 genitoanale Infektionen hervorrufen und zählen neben Chlamydien und Herpesviren zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten (5, 6). In den meisten Fällen liegt eine latente Infektion mit alleinigem Nachweis von HPVDNA vor. So liegt die Inzidenz bei der am häufigsten betroffenen Altersgruppe von 15. bis 45 Jahren bei 10%. Klinisch/morphologisch sichtbar wird die HPV-Infektion bei 1-2% dieser Altersgruppe. Klinisch manifestiert sich eine Infektion mit HPV 6 und 11 im Genitalbereich durch Feigwarzen bzw. spitze Condylome ► (Condylomata acuminata), während ►Penis-, Vulva- und Analkarzinome mit dem Genom von HPV 16,18,31,33,35 assoziiert werden. Bei den durch HPV 6/11 (sog. „low-risk-HPV-Typen“) verursachten Condylomen handelt es sich um teils spitzkegelige, filiforme Papeln, teils bis zu zentimetergroße Tumore im weiteren Genitoanalbereich (Penis, Vulva, Analbereich, perinal, perineal und inguinal). Aber auch Infektionen mit HPV-Typen, die normalerweise Fingerwarzen verursachen (HPV 1,2,4), können sich im Genitalbereich unter dem Bild der Feigwarzen manifestieren. Bei geringer Manifestation, d.h. vereinzelter kleiner Papeln im Genitoanalbereich sind Condylome meist asymptomatisch. Störend und klinisch symptomatisch werden diese Feigwarzen durch Befall der Urethra oder analem und perianalem Befall und damit verbundenen hygienischen Problemen. Eine beetartige Aussaat von Condylomen oder das vorliegen größerer Tumore sollte daran denken lassen, die Immunsituation des Patienten (iatrogene Immunsuppression, Infekt-assoziierte Immunsuppression/HIV-Infektion) abzuklären. Häufig kommt es nach Sistieren einer immunsuppressiven Therapie zum spontanen Verschwinden der Condylome. Von gewisser forensischer Bedeutung ist das Auftreten von Warzen bei Kindern im Genitoanalbereich und sollte immer Anlass geben, einen sexuellen Mißbrauch auszuschließen. Dabei sollte allerdings mit psychologischem Fingerspitzengefühl ermittelt werden, da auch Autoinocculationen bei vorhandenen Fingerwarzen im Genitalbereich Warzen verursachen können. Aufgrund der sexuellen Übertragbarkeit und der im mittleren und höheren Lebensalter bestehenden Gefahr der malignen Entartung, sollten alle klinisch manifesten Läsionen entfernt werden. Allem voran sollte der Patient über die Übertragbarkeit informiert und die verschiedenen ► Therapieoptionen erläutert werden. Im Vordergrund steht sicherlich die chrirurgische, thermische oder Laser-unterstützte Abtragung. Sog. Selbsttherapieverfahren können durch die lokale Anwendung unter Berücksichtigung der Kontraindikationen (Schwangerschaft, keine Anwendung an Schleimhäuten, Patienten mit Immunsuppression) von Podophyllotoxin-Lösung/Creme, ImiquimodCreme oder Interferon-ß-Gel erfolgen. Begleitend sollte der Partner des Patienten klinisch untersucht und gegebenenfalls mitbehandelt werden. 11 Molluscum Contagiosum Virus (MCV) Das zu den Pockenviren zählende, streng epidermotrope MCV verursacht die klinisch meist leicht zu diagnostizierenden ► Dellwarzen (1). Der Name Dellwarze ist eine treffende Beschreibung der rosa-gelblich-glasigen Papeln, die bei größeren Papeln eine typische zentrale Eindellung zeigen, die durch die histologisch charakterisierten Molluscum-Körperchen (Virus-befallene Epidermiszellen) verursacht wird. Wie der Name bereits impliziert, handelt es sich um eine ansteckende Dermatose, die insbesondere im Kindesalter und bei HIV-Infizierten auftritt. Gerade bei HIVInfizierten und Immunsupprimierten imponieren teils große Papeln mit miliarer Aussaat, gelegentlich auch in untypischer Lokalisation (Gesicht). Unter den Kindern werden meistens diejenigen mit Neigung zu atopischen Erkrankungen und damit einhergehend trockener Haut befallen. Ein wesentliche Therapie ist deshalb neben der ► mechanischen Entfernung (Abtragung mit scharfem Löffel), teilweise unter lokaler Anästhesie, ein durch Autoinokkulation verursachtes Rezidiv durch vorbeugende konsequente Rückfettung des Integuments zu vermeiden. Literatur 1. 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