BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 20/12960 20. Wahlperiode 16.09.14 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 08.09.14 und Betr.: Antwort des Senats Gesundheitsgefahr durch kontaminierte Wasserzähler Aktuellen Presseberichten zufolge wurde in einer Charge von Wasserzählern eine Kontamination durch das resistente Bakterium Pseudomonas aeruginosa festgestellt. Da ein Teil der Charge bereits verbaut ist, besteht für die betroffenen Gebäude dringender Handlungsbedarf, um Gefahren für die Bewohner zu minimieren. Jedoch wird weder von HAMBURG WASSER noch von der zuständigen Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz die Notwendigkeit gesehen, die potenziell betroffenen Wasserzähler kurzfristig auszutauschen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Pseudomonas aeruginosa gilt als fakultativ pathogener Erreger, der insbesondere im Zusammenhang mit nosokomialen Infektionen in Krankenhäusern von infektiologischer Bedeutung sein kann. Das Bakterium löst selten schwere Erkrankungen bei gesunden Menschen aus; jedoch sind besonders immungeschwächte beziehungsweise durch andere Grundleiden beeinträchtigte Personen anfällig gegenüber Infektionen. Bezüglich der Übertragung durch kontaminiertes Wasser gilt allgemein, dass der Haupteintragspfad von Pseudomonas aeruginosa der Kontakt mit verletzter Haut und Schleimhäuten ist. In seltenen Fällen ist die Übertragung durch Aerosole möglich. Die Aufnahme (Ingestion) von Trinkwasser stellt bei gesunden Menschen keine bedeutende Ursache für Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa dar (siehe DVGW Energie/Wasser-Praxis 3-2009 Mikrobiologisch-hygienische Aspekte des Vorkommens von Pseudomonas aeruginosa im Trinkwasser). In der Trinkwasserverordnung ist für Pseudomonas aeruginosa im Trinkwasser kein Grenzwert vorgesehen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften von HAMBURG WASSER wie folgt: 1. Wie viele potenziell kontaminierte Wasserzähler wurden bislang verbaut? Darüber liegen HAMBURG WASSER keine Informationen vor. Die Charge, die den kontaminierten Wasserzähler in der Kita in Schenefeld enthielt, umfasste 1.500 Zähler. 2. Wie viele Personen sind von der Kontamination der Wasserzähler potenziell betroffen? HAMBURG WASSER liegen keine Informationen über die Anzahl der Personen vor, die über einen Wasserzähler versorgt werden. Daher können hierzu keine verlässlichen Angaben gemacht werden. Drucksache 20/12960 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode Seit wann ist HAMBURG WASSER beziehungsweise der zuständigen Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz die potenzielle Kontamination der Wasserzähler bekannt und wie hat sie davon erfahren? Am 1. August 2014 wurde HAMBURG WASSER vom Gesundheitsamt Pinneberg über den Verdacht der Verkeimung eines Wasserzählers, der aus dem Lager von HAMBURG WASSER entnommen war, informiert. Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz wurde am 11. August 2014 vom HAMBURG WASSER telefonisch darüber informiert, dass bei der Untersuchung von Hauswasserzählern Pseudomonas aeruginosa nachgewiesen wurde. 4. In welchen Stadtteilen/Quartieren wurden seit dem Bekanntwerden der Kontamination durch HAMBURG WASSER neue Wasserzähler verbaut? Seit Bekanntwerden der Kontaminationen am 12. August 2014 wurden durch HAMBURG WASSER in Bergstedt, Francop, Groß Borstel, Moorburg, Neuenfelde und St. Pauli Wasserzähler der betroffenen Bauart verbaut. 5. Welche Maßnahmen hat HAMBURG WASSER beziehungsweise die zuständige Behörde seit dem Bekanntwerden der potenziellen Kontamination der Wasserzähler unternommen, um die damit einhergehenden Gefahren zu minimieren? Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz hat am 14. August 2014 gegenüber HAMBURG WASSER angeordnet, dass ‐ Pseudomonas aeruginosa in den Untersuchungsumfang der routinemäßigen Leitungsnetzuntersuchung aufgenommen wird und ‐ in allen Einrichtungen, in denen sich immungeschwächte Personen aufhalten (insbesondere Krankenhäuser, Alten- und Pflegeinrichtungen) und in denen Wasserzähler der Chargen eingebaut wurden, bei denen Kontaminationen durch Pseudomonas aeruginosa festgestellt wurden, das Trinkwasser bis zum 13. September 2014 auf Pseudomonas aeruginosa untersucht wird. Dies gilt auch für Einrichtungen zur Kinderbetreuung. ‐ Bis zur abschließenden Klärung der Ursache der Kontamination mit Pseudomonas aeruginosa und deren Beseitigung dürfen keine neuen Wasserzähler, bei denen ebenfalls eine Kontamination zu besorgen ist, in Einrichtungen, in denen sich immungeschwächte Personen aufhalten (insbesondere Krankenhäuser, Alten- und Pflegeeinrichtungen) sowie in Einrichtungen zur Kinderbetreuung verbaut werden. Der Termin 13. September 2014 für den Abschluss der Untersuchung in Einrichtungen mit sensiblen Personen kann nicht gehalten werden, da HAMBURG WASSER nicht über die erforderlichen Adressdaten verfügte und diese erst erhoben werden mussten. Die Probenentnahmen werden zurzeit vorgenommen. Da für Pseudomonas aeruginosa kein Grenzwert für Trinkwasser in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) festgelegt ist, wurde von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz nach § 9 Absatz 6 TrinkwV ein bis zum 31. Dezember 2014 befristeter Grenzwert von 0 Pseudomonas aeruginosa pro 100 ml festgelegt. Am 19. August 2014 wurde die Prüfanlage für Wasserzähler bei HAMBURG WASSER geprüft. HAMBURG WASSER setzt die angeordneten Maßnahmen um und hat darüber hinaus mit einer intensiven Chargenkontrolle der gelieferten und der im Lager befindlichen Wasserzähler begonnen. 6. Aus welchen Gründen hält die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz den Austausch potenziell kontaminierter Wasserzähler für nicht erforderlich? Der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz liegen keine positiven Befunde im Trinkwasser aus dem Leitungsnetz oder einer Trinkwasser-Installation vor. Es ist nicht nachgewiesen, ob und in welchem Umfang kontaminierte Wasserzähler zu einer Belastung im Trinkwasser führen. Der Austausch von Wasserzähler kann eine mögliche Maßnahme sein, um eine kontaminierte Trinkwasser-Installation zu sanieren. 2 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode Drucksache 20/12960 Pseudomonas aeruginosa kann durch verschiedene Quellen in eine TrinkwasserInstallation eingetragen werden und eine mögliche Kontamination hängt entscheidend vom technischen Zustand der Trinkwasser-Installation ab. Ein Eintrag dieser Bakterien kann bei Bauarbeiten am Rohrnetz, bei Arbeiten an bestehenden oder beim Errichten einer neuen Trinkwasser-Installation erfolgen oder direkt durch Kontamination an der Wasserentnahmestelle erfolgen. Durch den normalen Betrieb und die damit verbundene Spülung stellt Pseudomonas aeruginosa in der Regel in diesen Anlagen kein Problem dar. 7. Wie viele Wasseranalysen auf eine Kontamination durch das Bakterium Pseudomonas aeruginosa wurden seit dem Bekanntwerden der Belastungen durchgeführt? Wie viele Wasseranalysen wurden dabei von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz angeordnet? Wer hat die dadurch entstehenden Kosten zu tragen? Bis zum 09. September 2014 wurden 83 Wasseranalysen durchgeführt, die von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz angeordnet wurden. Die Kosten werden von HAMBURG WASSER getragen. 8. Welche Maßnahmen plant der Senat, um zukünftig vergleichbare Kontaminationen zu verhindern beziehungsweise diese frühzeitig zu erkennen und die damit einhergehenden Gefahren zu minimieren? Über den Länderarbeitskreis Umweltbezogener Gesundheitsschutz (LAUG) wurde die festgestellte Kontamination den anderen Bundesländern, dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Umweltbundesamt bekannt gemacht. Auf der Sitzung am 22./23. September 2014 wird Hamburg über den Sachstand berichten und sich dafür einsetzen, dass bei der Prüfung und Eichung von Wasserzählern die hygienische Sicherheit von Bauteilen, die in eine Trinkwasser-Installation eingesetzt werden, gewährleistet ist. Nach Ansicht der zuständigen Behörde sind die festgestellten Kontaminationen ein bundesweites Problem und daher ist eine aktive Beteiligung der Bundesbehörden und der Fachverbände erforderlich. HAMBURG WASSER hat folgende, systematische Maßnahmen eingeleitet: HAMBURG WASSER überprüft systematisch seinen Lagerbestand an Wasserzählern. Der Hersteller der betroffenen Wasserzähler hat auf Veranlassung von HAMBURG WASSER seine Produktion überprüft und mit zusätzlichen Desinfektionseinrichtungen ausgestattet, um eine Verkeimung der produzierten Wasserzähler zu verhindern. Die von HAMBURG WASSER eingekauften Wasserzähler werden einer zusätzlichen Wareneingangskontrolle unterzogen. In Abstimmung mit der Gesundheitsbehörde wechselt HAMBURG WASSER keine Wasserzähler in sensiblen Installationen, wie zum Beispiel Kindertagesstätten oder Krankenhäusern. Darüber hinaus überprüft HAMBURG WASSER alle ermittelten sensiblen Installationen, in denen seit Jahresanfang Wasserzähler getauscht wurden, auf Pseudomonaden. Diese Untersuchung wird innerhalb der nächsten Wochen abgeschlossen. 3