3. Das käufliche Paradies 62 63 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Religiöse Motive in der Werbung In der Waren- bzw. Werbewelt tauchen sehr häufig religiöse Symbole und Motive auf. Ihr Bedeutungszusammenhang wird kommerziell instrumentalisiert. Der Kauf des beworbenen Produktes verspricht die Einkehr ins Paradies oder den Aufstieg in den Himmel. Um diese Symbolik umzusetzen, bauen Marketingstrategen auf den Bekanntheitsgrad und die Wirkung von Symbolen wie Apfel oder Schlange. Die Werbung bedient sich jedoch nicht nur religiöser Motive, sie bietet mit den beworbenen Produkten sogar eine Art Ersatzreligion an. Sie besetzt die in der Moderne frei gewordene Stelle Gottes mit dem Produkt und versucht so, aus Kunden Marken-Gläubige zu machen. Um manche Marken entsteht tatsächlich eine Art Kult. „Wer zu einer Konsumgemeinschaft gehören will - an Stelle einer Glaubensgemeinschaft - muss die gleiche Marke wählen wie die anderen. Bei Wahl der falschen Marke droht die Exkommunikation.“ So lautet eine von sechs Thesen der beiden katholischen Theologen Hagen Horoba und Andreas Fuchs aus Regensburg. Sie haben unter der Internetadresse www.glauben-und-kaufen.de inzwischen rund 450 Werbeanzeigen aus Zeitschriften gesammelt, die religiöse Motive verwenden. Kirchliche Unterstützung erhalten sie dabei vom Bischöflichen Ordinariat Regensburg, das das Projekt finanziert. Horoba und Fuchs sind überzeugt: „Wie die Religion versucht, durch Vermittlung einer sinnvollen Lebensgestaltung dazu beizutragen, dass das Leben gelingt, so versucht es die Werbung, indem sie dem Kunden suggeriert, dass er nur durch den Kauf, Besitz und Gebrauch eines Produktes erfüllt leben kann.“ 44 Alexander Ebel: Das erste Gebot des Marktes: Religion in der Werbung 64 Würde die Werbung die religiöse Tradition nur vorstellen, wäre das Aufmerksamkeitspotenzial gering. Deshalb verfremdet sie fast immer das religiöse Gedanken- oder Bildgut und würzt es mit sinnlichen und sexuellen Motiven. Die Tatsache, dass die Werbung voller religiöser Motive ist, zeigt, dass unsere Kultur trotz aller Säkularisierung von religiösem Gedankengut geprägt ist.44 Die Marketingfachleute Norbert Bolz, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Essen, und David Bosshart, Trendforscher am Gottlieb Duttweiler-Institut in Rüschlikon bei Zürich, haben Beobachtungen über das Kult-Marketing und „die neuen Götter des Marktes“ angestellt. Sie stellen fest, dass in der postmodernen Gesellschaft Werbung die Funktion von Religion übernimmt. „Sie entfaltet die Spiritualität des Konsums.“ Bolz und Bosshart bemerken, dass die Götter, die aus dem Himmel der Religion verschwunden sind, als Idole des Marktes wieder auftauchen. „Werbung und Marketing besetzen die vakant gewordenen Stellen des Ideenhimmels.“45 Waren bringen neben ihrem Gebrauchswert einen zusätzlichen Gewinn. Als Fetische verkörpern sie die Erfüllung von Sehnsüchten, die über den unmittelbaren Konsum hinaus weisen - das Übersinnliche wird im Konsum als sinnlich greifbar (z.B. Parfum, Kosmetik). Gleichzeitig tritt das Sichtbare, der zweckdienliche Gebrauchswert der Ware, völlig zurück. Anders formuliert, „Im Rahmen der Ästhetisierung des Alltaglebens überwiegt der Ausdruckswert den Gebrauchswert“46. Das bedeutet, dass z.B. Käuferinnen eines Rasierapparates mit dem Namen „Venus“ sich nicht objektiv schöner finden auf Grund der Tatsache, dass ihre Beine nach der Rasur weniger oder keine Haare mehr aufweisen. Die Rasierenden stellen sich vielmehr vor, als gottgleiche Schönheiten an einem paradiesischen Strand entlang zu gehen und für ihre glatten, (im Traum) wohlgeformten Beine bewundert zu werden. 45 Kuno Füssel: Einladung ins Paradies. Kult-Marketing über die Geheimnisse der Warenwelt 46 Uwe Böhm/Gerd Buschmann: Religion in der Werbung und Werbung als Religion Immer wieder arbeitet die Werbung mit Anspielungen auf christliche Traditionen und religiöse Symbole. Das Unmögliche wird versprochen, auch wenn es niemand glaubt. Aber offenbar funktioniert das Spiel mit den Bibelworten. Nur ein paar Sekunden widmen wir einem Plakat. In dieser Zeit muss es der Werbung gelingen, unsere Aufmerksamkeit zu wecken. Werbepsychologen haben herausgefunden, dass dies besser funktioniert, wenn die Bilder oder Werbeslogans bei den Betrachtenden eigene Assoziationen wecken. 65 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Werbung hat eine schwierige Aufgabe. Sie soll Menschen dazu bringen, freiwillig etwas zu tun, was sie sonst nicht unbedingt tun würden, nämlich kaufen. Dafür reichen in der heutigen Zeit schlichte Appelle nach dem Motto „Dieses Produkt ist das Beste!“ nicht mehr aus. Vielmehr sollen bei den potentiellen Käufern Wünsche und Sehnsüchte geweckt werden, um die Menschen selbst aktiv werden zu lassen. 47 Nichts ist unmöglich! aus: „Evangelisches Frankfurt“, April 2001 Man kann solche Werbung moralisch verwerflich finden, weil man darin einen Missbrauch christlicher Symbole sehen kann. Man kann es aber auch anders herum betrachten: Es ist erstaunlich, dass dieses Wecken von persönlichen Sehnsüchten mit religiösen und christlichen Anspielungen so gut funktioniert, auch heute noch, in der vielbeschworenen verweltlichten Gesellschaft. Natürlich wird bei dieser Art der Werbung die religiöse Botschaft meistens verzerrt. Erlösung kommt nicht durch schnelle Autos, und das Paradies finden wir nicht, indem wir in ein Parfum aufsprühen oder Lotto spielen. Konsum bringt den Menschen keine Erlösung. Gott (oder Religion) kann man nicht konsumieren.47 Christliche Symbolik bietet weiterhin ein breites Bildreservoir für die Werbung, allen voran das Paradies. Damit werden grundlegende kulturelle Werte unserer Tradition mit dem beworbenen Produkt in Verbindung gebracht. Dies dient der Aufwertung des Produktes und seiner Verbindung mit dem Besonderen und Ersehnten. Durch die Verwendung des religiösen Begriffs „Paradies“ in profanem Kontext entsteht eine erhöhte Aufmerksamkeit. Das Paradies wird zum einen als Produktname oder Slogan verwendet, zum anderen wird durch die Form der Präsentation auf ein Paradies hingedeutet und auf die damit verbundene Teilhabe am Idealzustand bzw. -ort. Durch die paradiesische Inszenierung wird das beworbene Produkt überhöht und mit dem Schein des ersehnten Idealzustandes versehen, indem es remythisiert wird. Werbung will Produkte und Marken emotional konditionieren, Markensymbolik soll Stimmungen kanalisieren. Werbung reichert Produkte und Marken mit langlebigen und intensiven Gefühlen an, veredelt die Produkte, 66 lässt sie wertvoller erscheinen und verleiht ihnen einen psychologischen Mehrwert. Die Werbesymbolik soll ein bestimmtes Lebensgefühl vermitteln. Dahinter verbirgt sich die diffuse Sehnsucht nach einer kitschigen, heilen und heiligen Welt und der Wunsch, dem Alltag eine Dimension des Außeralltäglichen zu verleihen. Zugleich soll die besondere Aura der religiösen Symbole auf das Produkt oder seine Nutzer übertragen werden. „Das Produkt soll gleichsam eine Portion vom Heiligenschein des Religiösen abbekommen und dadurch aufgewertet werden“: Wird das Produkt mit der Aura des Göttlichen und Heiligen umgeben, so wird mit dem Produkt auch die Verheißung erfüllten Lebens verbunden.48 48 Gerd Buschmann: Religiöse und biblische Motive in der Werbung Religion ist und bleibt ein wichtiges Element der alltäglichen Kommunikation, wenn auch die Sprache sich von der der institutionalisierten Religion, also der Kirchen, zunehmend abkoppelt. Wenn Religion in der Werbung überhaupt nicht mehr vorkäme, würde das bedeuten, dass sie in der Lebenswelt der Menschen keine Bedeutung mehr hätte. „Fast 40 Prozent der religiösen Motive aus dem christlichen Sektor spielen dabei auf das Paradies an“ (Gerd Buschmann). Das Paradiesspektrum in der Werbung richtet sich nach den angestrebten Wirkungen. Dabei treten vor allem Lebensgefühl, Genuss, Exotik, ferne Länder, Erotik, Sexualität und Action, also die Erlebnisparadigmen in den Vordergrund, aber auch Familie, Freunde und Ökologie werden zusätzlich thematisiert. Die Darstellung weicht von biblisch oder religiös tradierten Vorstellungen ab, denn es geht nicht um das Jenseits, sondern darum, das Paradies hier und jetzt ohne die Aufgabe des Lebens, das wir jetzt führen, zu bekommen. Es gleicht also eher einem Schlaraffenland, das denjenigen, die das Leben genießen wollen, Verführungen, Erlebnis, und Luxus verheißt.49 49 Andreas Mertin: Alle Werbung ist (nur) ein Gleichnis. Zur Arbeit mit Werbung im Religionsunterricht aus: Schönberger Hefte 1/1996, S. 23-32 Ich habe mich bei den folgenden Beispielen im Wesentlichen auf die Paradiesdarstellung in der Waren- und Werbewelt konzentriert, von den direkten Anspielungen auf das biblische Paradies bis zum konkret bezeichneten Paradies. 67 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Paradiesische Warenwelt Kampagne 2004 Key Visuals Quellen: www. esteelauder.com, www. esteelauder.de Kampagne 2004 Key Visual Quellen: www. esteelauder.com, www. esteelauder.de Beyond Paradise for woman von Estée Lauder Beyond Paradise for man von Estée Lauder Das Frauenparfum „Beyond Paradise“ von Estée Lauder soll laut Slogan einen Rausch der Sinne herbeiführen. Meer und exotische Blumen sollen einen paradiesischen Zustand kennzeichnen. Die Frau tritt alleine auf und bildet eine Einheit mit der Natur. Sie präsentiert den übergroßen Parfumflakon durch eine expressiv-demonstrative Geste auf Gesichtshöhe. Das Parfum „Beyond Paradise“ für den Mann verspricht laut Slogan ein Abenteuer der Sinne. Der Mann bildet eine Einheit mit der Natur, wobei Abenteuer und Sinnlichkeit vorherrschen. Durch die liegende, nackte Frau kommt auch der erotische Aspekt zum Tragen, der durch die optische Überschneidung der beiden Körper verdeutlicht wird. Zu einem paradiesischen Ort gehört für einen Mann wohl unbedingt eine Frau dazu, während beim Pendant die Frau völlig eigentständig auftritt. Der Name „Beyond Paradise“ („Jenseits des Paradieses“) zeigt auf, dass es hierbei um einen Ort oder Zustand geht, der wohl sogar noch idealer als das Paradies zu sein scheint, was eigentlich die Grenzen der Vorstellungskraft sprengt. 68 69 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Produktpalette von Naomi Campbell Paradise Passion Paradise Passion von Naomi Campbell Exotik und Sinnlichkeit soll der Duft „Paradise Passion“ verkörpern. Das berühmte Topmodel Naomi Campbell präsentiert sich mit bloßem Oberkörper vor einem Hintergrund mit einer überdimensionalen rosafarbenen Blüte. Die dominierenden Farben Türkis und Pink stehen für exotische Pflanzen, die dunkle Haut von Naomi Campbell unterstreicht die Exotik, die hier für das Paradies steht. Der Name „Paradise Passion“ („Paradies-Leidenschaft“) hat eindeutig auch einen erotischen Aspekt, der durch den nackten Körper der Frau unterstrichen wird. Kampagne 2005 Key Visual Quelle: www.naomi-paradise-passion.de 70 71 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Pacific Paradise von Escada Sommer, Sonne, Spaß und Lebensfreude soll der Duft „Pacific Paradise“ von Escada verkörpern. Eine Gruppe gestylter, junger und multikultureller Menschen, die tanzen und und Spaß haben, präsentiert sich - wie auch der Flakon in Übergröße - vor einer Kulisse mit türkis-blauem Wasser und klarem blauen Himmel. Körperkult, Luxus und Ausgelassenheit stehen hier für das Paradies. Der Name „Pacific Paradise“ („Pazifisches Paradies“) steht einerseits für die Ferne und Weite des Paradieses, scheint aber doch lokalisierbar und damit erreichbar zu sein. Kampagne 2006 Key Visual, Motiv 3 Quelle: www. escada.de 72 Kampagne 2006 Key Visual, Motiv 2 Quelle: www. escada.de 73 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Venus Divine Paradise von Gillette Sommer, Urlaub, Traumstrände und ein weiblicher, makelloser Körper mit glatter Haut sollen hier das Paradies kennzeichnen. Erneut ist der Hintergrund von türkis-bauem Wasser und klarem blauen Himmel geprägt. Das Instrument, das einen ins Paradies führen soll, ist ein Rasierer in Pink. Kampagne 2005 Key Visual Quelle: www. procterandgamble.de 74 Rasierapparat mit Verpackung Quelle: www.procterandgamble.de 75 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Touch of Paradise von Artdeco Die Produktlinie “Touch of Paradise“ ist eine Kollektion der KosmetikFirma Artdeco für Frühjahr/Sommer 2006. Mit rosa-violetten und grünblauen Schminkfarben soll man vom Paradies berührt werden. Kampagne 2006 Key Visual Infoblatt, Cover 76 Produktlinie „Touch of Paradise“ Quelle: www. artdeco.de 77 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Pineapple Paradise Shampoo von Drunken Cockatoo Das Shampoo „Pineapple Paradise“ („Ananas-Paradies“) ist Teil der Körperpflege-Produktlinie von Drunken Cockatoo, bei der allgemein exotische Früchte als Thema auftreten. Tropen, Exotik und der Duft von Früchten drücken hier das Paradies aus. Produkteinführung 2005 Key Visuals der Marke Drunken Cockatoo Quelle: www.drunkencockatoo.com 78 79 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Kampagne 2005 Key Visual „Be delicious“ for women and men, Quelle: www.dkny.com links: Kampagne 2004 Key Visuals „Be delicious“ for women rechts: Kampagne 2005 Key Visuals „Be delicious“ for men Quelle: www.dkny.com 80 DKNY Be Delicious for women and men Der Apfel ist das zentrale Thema bei diesem Duft. Die Marke DKNY steht für Donna Karen New York. Da der New Yorker Stadtteil Manhattan auch als „The Big Apple“ bezeichnet wird, steht der Apfel auch als Symbol für diese Metropole. Das Adam und Eva Motiv wird beim Key Visual des Parfums „Be Delicious“ („sei lecker“) aufgegriffen und modern interpretiert. Der Moment des Sündenfalls wird hier zur Verführung und zur körperlichen Anziehung umgedeutet. Die zeitliche Produkteinführung entspricht der Abfolge der Geschichte in der Bibel. Eva biss zuerst in den Apfel und gab ihn danach Adam; das Parfum für die Frau ist zuerst auf dem Markt erschienen, ein Jahr später erfogte die Produkteinführung für den Mann. 81 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Otto Kern Parfums Die Parfums von Otto Kern stellen durch das Key Visual den Garten Eden, das Paradies vor dem Sündenfall, dar. Die Adam und Eva Bildnisse in der Kunst waren eindeutig die Vorlagen für das Werbemotiv. Besonders die Motive von Lucas Cranach d. Ä. wurden fast eins zu eins übernommen. Der Bildaufbau und die Darstellung der Manschen wurden beinah kopiert. Einen entscheidenden Unterschied gibt es dabei: die Schlange, die sich um den Baum herum windet, fehlt bei der modernen Umsetzung. Die Rückkehr ins Paradies soll also ermöglicht werden ohne ein Anzeichen für Gefahren. Kampagne 2006 Key Visual auf Postkarte mit Gewinnspiel 82 Lucas Cranach d. Ä. Adam und Eva, unbekannt Lucas Cranach d. Ä. Adam und Eva, 1531 Lucas Cranach d. Ä. Adam und Eva, 1533 83 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Paradies Creme von Dr. Oetker Paradies Creme von Dr. Oetker in 7 verschiedenen Sorten Der Genuss von Puddingcreme kennzeichnet hier das Paradies, an dem man durch Verrühren von Milch und Pulver teilhaben kann. Die verschiedenen Sorten zeigen geschmackliche Vielfalt und Abwechslung. Das Schlemmen wie im Schlaraffenland heißt teilhaben am Paradies. 84 85 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Paradise von Frische in 4 verschiedenen Sorten Paradise von Frische Frisch gepresste Säfte sollen durch deren Konsum ins Paradies führen. Auch hier steht der Genuss für paradiesische Zustände. Der Apfelsaft verweist durch den Apfel auf das ursprüngliche Paradies. Die anderen Säfte stammen aus Früchten, die im mitteleuropäischen Raum nicht heimisch sind. Hier wird das Paradies durch Exotik ausgedrückt. 86 87 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Paradies bei dm: Filmmaterial und Filmentwicklung Kleinbildfilme im Vorteispack, Einwegkameras und eine Filmentwicklung bietet der Drogeriemarkt dm als „Paradies“-Marke an. Der Name soll Assoziationen wecken mit Aufenthalten in paradiesischem Umfeld, also vor allem mit Urlaub und Abenteuer. So wird auch das Abholen von langweiligen Pflichtfotos zum Event. Paradies Filmentwicklung bei dm Infotafel und Einwurfsbox 88 Paradies Unterwasser- und Einwegkameras Paradies-Film im Sechser-Vorteilspack 89 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Anzeige von Toto Lotto Unendliche Weite und unberührte Natur stehen in dieser Anzeige für das Paradies. Durch das Schild „Paradise Bay“ wird das Paradies eindeutig lokalisiert und wird auf der Erde als erreichbar dargestellt. Die Nähe zum paradiesische Ort schein mit viel Glück und Geld ralisierbar zu sein. Paradise Bay gibt es aber tatsächlich auf der Erde, und zwar in der Antarktis, wo die Temperaturen nicht gerade paradiesisch sind. Paradise Bay in der Antarktis Quellen: www.planeterde.de/Members/ wrichter/Bilderserie_Forschungsschiffe/ Paradise_Bay_Antarctic/view, www.awi-bremerhaven.de Lotto-Anzeige, Quelle: TV Spielfilm, November 2005 90 91 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Anzeige von Playboy „Welcome to man‘s paradise“, lautet der Slogan dieser Anzeige. Erotik und Sexualität wird in dieser Anzeige als paradiesisch dargestellt und verspricht die Erfüllung männlicher Phantasien und Träume. Das Paradies ist hier nur für eine bestimmte Gruppe, nämlich nur für die Männer, bestimmt. Ähnliche Paradiesvorstellungen liefert die muslimische fundamentalistische Heilslehre, gemäß derer den Gläubigen als Belohnung Jungfrauen im Paradies in Aussicht gestellt werden. Eine bildliche Darstellung wäre allerdings moralisch verwerflich. Playboy-Anzeige, Quelle: Zeitschrift TV Spielfilm, November 2005 92 93 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Paradiesische Firmen Sonnenparadies M3, 9a 68161 Mannheim 94 Das Paradies findet sich natürlich nicht auf den Fliesen zwischen Mülleimer und Kabinen, sondern einmal im wohligen Gefühl unter der elektrischen Sonne, zum andern in der Illusion der Mehrung der eigenen Schönheit. Sonnenparadies innen 95 Das käufliche Paradies Feinkost Paradies Seckenheimerstraße 100 68165 Mannheim 96 Das käufliche Paradies Frisches Gemüse und Spezialitäten aus Nahost als paradiesische Genusserfüllung. Feinkostparadies innen 97 Das käufliche Paradies Frisuren Paradies Waldhofstraße 1 68169 Mannheim 98 Das käufliche Paradies Auch hier lockt göttliche Schönheit. Frisurenparadies innen 99 Das käufliche Paradies Bikers Paradise Waldhofstraße 82 68167 Mannheim 100 Das käufliche Paradies Abenteuer und Freiheit innerhalb der Stadtgrenzen. Empfangstheke im Bikers Paradise 101 Das käufliche Paradies Schmuck Paradies Hauptstraße 135 69117 Heidelberg 102 Das käufliche Paradies Ein wahres Schlaraffenland der Schmuckauswahl. Schmuckparadies innen 103 Das käufliche Paradies Schuh-Paradies Mannheimer Straße 10 68723 Schwetzingen 104 Das käufliche Paradies Hier werden Frauenherzen höher schlagen. Schuh-Paradies innen 105 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Paradiesisches Internet www.computer-paradies.de Das Internet bietet eine Fülle von Paradiesen an. Für jede Zielgruppe oder Angelegenheit gibt es das passende Paradies. Dabei werden die alltäglichsten Dinge als Paradies bezeichnet, was sich schon am Namen der jeweiligen Internetadressen zeigt. Es scheint, als ob man einem beliebigen Ort oder Produkt den Beinamen „Paradies“ geben könnte, da es bei den banalsten Dingen in Kombination auftritt. Während die in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellte Produktund Markenwerbung bestimmte Themen, Symbole und Vorstellungen ansprechen, kennen die Paradiesbezüge im World Wide Web weder Regeln noch Grenzen. Schlicht jede denkbare Internetseite wird als Paradies deklariert. Dabei wird auch der Paradiesgedanke oft nicht durch die Gestaltung unterstützt. Allein die Bezeichnung „Paradies“ soll hier den gewünschten Effekt herbeiführen. Die Wünsche und Bedürfnisse der Internet-Surfer stehen dabei stets im Vordergrund. Und diese sind nur allzu banal: Nahrung, Elektronik, Hobbywelt, soziale Kontakte und Vergnügen sind nur einige der Verheißungen, die auch in den religiösen Paradiesvorstellungen maßgeblich in Erscheinung treten. www.anfaenger-paradies.de Es wird vor allem suggeriert, das Paradies, wie es sich der Einzelne auch immer vorstellt, sei in den schier unbegrenzten Weiten des Internets zu finden. Im folgenden gibt es einige Webseiten als Screenshots zu sehen, die beispielhaft zeigen, dass sich das Paradies im Internet durch alle Sparten hindurch zieht. 106 107 Das käufliche Paradies 108 Das käufliche Paradies www.filz-paradies.de www.kuerbis-paradies.de www.kreuzstichparadies.de www.rattenparadies.com 109 Das käufliche Paradies 110 Das käufliche Paradies www.elektro-paradies.de www.das-brautparadies.de www.kamin-paradies.de www.peruecken-paradies.de 111 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies www.rammelparadies.de 112 www.sm-utensilien.de 113 Das käufliche Paradies Das käufliche Paradies Diese Webseite ist einzigartig, weil sie als eine der wenigsten die tatsächliche, tradierte Bedeutung des Ausdrucks „Paradies“ aufgreift. Das Weiterleben findet im Virtuellen Internet statt auf einem virtuellen Friedhof. Das Internet überdauert das menschliche Leben. www.paradies-friedhof.de 114 115 Anhang 116 117 Literatur Eva Maria Borer: Der Adam und Eva Report. Historische Wurzeln der biblischen Genesis Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1986 Heinrich Krauss: Das Paradies. Eine kleine Kulturgeschichte Verlag C.H. Beck, München 2004 Kurt Flasch: Eva und Adam. Wandlungen eines Mythos Verlag C.H. Beck, München 2004 Helmut Uhlig: Die Sumerer. Volk am Anfang der Geschichte Bertelsmann Verlag, München 1976 Michael Roaf: Weltatlas der alten Kulturen. Mesopotamien. Geschichte, Kunst, Lebensformen Christian Verlag, München 1991 Klaus H. Börner: Auf der Suche nach dem irdischen Paradies. Zur Ikonographie der geografischen Utopie Verlag Jochen Wörner, Frankfurt 1984 118 Der Spiegel Nr. 23/ 3.6.06 Artikel „Die Suche nach dem Garten Eden“ www.zdf.de Wunderbare Welt: Der Garten Eden. Auf den Spuren der Genesis Sendung vom 07.03.2005 Johann Figl: Tod und Auferstehung, Gerichts- und Paradiesvorstellungen im Islam Handbuch Religionswissenschaft, Innsbruck/Göttingen 2003 John Berger: Sehen. Das Bild in der Welt der Bilderwelt Rowohlt 1974 Alexander Ebel: Das erste Gebot des Marktes: Religion in der Werbung Ausgabe vom 08-23.02.2003 www.sonntagsblatt-bayern.de Kuno Füssel: Einladung ins Paradies. Kult-Marketing über die Geheimnisse der Warenwelt, März 2000 www.phil.uni-sb.de Lexikon religiöser Grundbegriffe. Judentum, Christentum, Islam Adel Theodor Khoury (Herausgeber) Verlag Styria, Graz, Wien, Köln 1987 Uwe Böhm/Gerd Buschmann: Religion in der Werbung und Werbung als Religion www.mediamanual.at Das große Bibellexikon. Band 1 und 3 R. Brockhaus Verlag, Wuppertal, Zürich 1989 Nichts ist unmöglich! „Evangelisches Frankfurt“, April 2001 Bibellexikon Herbert Haag (Herausgeber) Benzinger Verlag Einsiedeln, Zürich, Köln 1956 Gerd Buschmann: Religiöse und biblische Motive in der Werbung Deutsches Pfarrerblatt, 1999 Herders Neues Handlexikon Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 1987 Andreas Mertin: Alle Werbung ist (nur) ein Gleichnis. Zur Arbeit mit Werbung im Religionsunterricht Schönberger Hefte 1/1996 Der Brockhaus: Religionen. Glauben, Riten, Heilige Verlag F.A. Brockhaus, Mannheim 2004 Bernhard Lang, Colleen McDannel: Der Himmel.Eine Kulturgeschichte des ewigen Lebens Frankfurt am Main 1990 Hausbibel. Altes und neues Testament Verlag Herder, Freiburg 1981 www.rpi-virtuell.net/arbeitsbereiche/artothek/ museum2/paradies www.glauben-und-kaufen.de 119 Bildverzeichnis Manfred Wundram, Erich Hubala: Neue Belser Stilgeschichte. Band V. Renaissance und Manierismus, Barock und Rokoko, Belser Verlag, Stuttgart, Zürich 1985 Zeitschrift TV Spielfilm, November 2005 www.procterandgamble.de www.artdeco.de www.artcyclopedia.com www.drunkencockatoo.com www.artrenewal.org www.dkny.com Hans Belting: Hieronymus Bosch, Garten der Lüste Prestel Verlag 2002 www.commons.wikimedia.org Albrecht Dürer, Aquarelle und Zeichnungen Essay: John Berger Benedikt Taschen Verlag, 1993 www.reproarte.com/kunstwerke www.planeterde.de www.kunstbilder-galerie.de www.awi-bremerhaven.de www.anfaenger-paradies.de www.gemaelde-webkatalog.de www.computer-paradies.de www.uni-leipzig.de/ru/bilder Paul Gauguin: Das verlorene Paradies Museum Volkwang Essen; Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie Ausstellungskatalog, DuMont Buchverlag Köln, 1998 www.filz-paradies.de www.online-media.uni-marburg.de www.kreuzstich-paradies.de www.kunstmuseumbasel.ch www.kuerbis-paradies.de www.museum-braunschweig.de Janis Mink: Marcel Duchamp, Kunst als Gegenkunst Taschen Verlag 2001 www.rattenparadies.com www.metmuseum.org www.elektro-paradies.de www.museothyssen.org Ingo F. Walther / Rainer Metzger: Marc Chagall, Malerei als Poesie Taschen Verlag 1999 www.kamin-paradies.de www.wga.hu www.das-brautparadies.de www.corbis.com Marc Chagall, Bilder zur Bibel Prestel Verlag, München, London, New York 2000 www.peruecken-paradies.de www.esteelauder.com www.rammelparadies.de Gilles Néret: Peter Paul Rubens, Der Homer der Malerei Taschen Verlag 2004 www.naomi-paradise-passion.de www.sm-utensilien.de www.escada.de www.paradies-friedhof.de 120 121