44 Marketing & Verkauf Messeverkauf Wann-Fragen sind Wunderfragen und liefern wertvolle Informationen Viele Unternehmen nutzen Messen, um neue Produkte zu präsentieren, neue Kundengruppen kennenzulernen oder einfach, um mehr zu verkaufen. Messen sind in der Theorie für Verkäufer eine ideale Plattform, denn viele Besucher sind potenzielle Käufer. Die Praxis sieht leider anders aus. Dirk Reuter Fast alle Verkäufer bzw. ihre Unternehmen erzielen nicht den gewünschten Erfolg auf der Messe. Die Frage nach dem Warum steht im Raum und kann einfach beantwortet werden: sie haben Gegenspieler. Erstens ist es die Zeit und zweitens sind es Gesprächspartner, die zuhören, aber nicht kaufen. Diese Einschränkungen haben an der Messe eine viel höhere Bedeutung als im «normalen» Verkauf. Auf einer Messe muss alles schnell, effizient und vor allem «ansprechend» ablaufen. Es geht darum, am Ende des Tages so viel wie möglich verkauft, terminiert oder für die Zukunft angebahnt zu haben. Und vor allem geht es auch darum, möglichst schnell die Spreu vom Weizen zu trennen. An Messen werden viel zu viele und zu lange Gespräche mit Personen geführt, die nicht kaufen werden. Hoffnungsvolles Szenario Der Messetermin steht, der Standplatz ist reserviert und die unterschiedlichsten Vorbereitungen wurden getroffen. Auf dieser Messe will man den Erfolg. Man hat ein massgeschneidertes Standkonzept geplant und umgesetzt. Die Messebesucher bekommen etwas geboten und sollten beeindruckt sein. Herr Bergmann, einer der Top-Verkäufer seiner Fir- KMU-Magazin Nr. 9, November 2010 ma, ist hoch motiviert. Es kann losgehen, er ist bereit für den Kunden. Die Tore öffnen sich und die Besucher strömen herein. Die Messe ist dieses Jahr gut besucht und Herrn Berg- manns Firma hat extra Werbung gemacht. Er freut sich schon auf fantastische Umsätze und grosse Folgegeschäfte. Das neue Standkonzept greift, denn es sind immer ausserge- Den Nutzen klar formulieren Nutzen ist nicht gleich Vorteile oder Produkteigenschaft. Dies wird von vielen Verkäufern verwechselt. Eigenschaften oder Vorteile können zum Beispiel bei einer Bohrmaschine sein: ■■ hohe Drehgeschwindigkeit, ■■ geräuscharm, ■■ Anschluss für Staubsauger usw. Der Nutzen ist hingegen ein präzises, sauberes Loch in der Wand. ■■ Was fehlt einem potenziellen Kunden, wenn er mein Produkt nicht kauft? Mit den Nutzen werden Bedürfnisse befriedigt. Die Grundbedürfnisse lassen sich in die fünf Kategorien Profit, Sicherheit, Ansehen, Komfort und Freude einteilen. Um sich die Nutzen eines Produkts bewusst zu machen, kann man sich folgende Fragen in Bezug auf diese fünf Kategorien beantworten: ■■ Was Um die Nutzen eines Produkts treffend und klar zu formulieren, ist es hilfreich, sich folgende Fragen zu stellen und die Antworten in einer Liste zu notieren: ■■ Was haben potenzielle Kunden mit meinem Produkt vor? ■■ Wozu wollen oder können potenzielle Kunden mein Produkt benutzen? ■■ Warum hat mein Produkt entsprechende Eigenschaften? hat ein Kunde davon? Folgen hat es für den Kunden, wenn er das Produkt nicht hat? ■■ Warum soll ein Kunde bei mir und nicht beim Mitbewerber kaufen? ■■ Welche Folgen hat es für einen Kunden, wenn er woanders kauft? ■■ Warum sollte ein Kunde heute kaufen und nicht zu lange warten? ■■ Was könnte in Richtung «Schmerz» eintreten, wenn ein Kunde länger mit dem Kauf wartet? ■■ Welche Marketing & Verkauf 45 Auf einer Messe gilt es, einem Interessenten in kürzester Zeit den Nutzen des Produkts zu erklären und sofort zu testen, ob der Interessent wirkliches Kaufinteresse hat oder nicht. wöhnlich viele Besucher am Stand. Herr Bergmann geht wie gewohnt auf die Leute zu und nimmt sich, wie meist in seinen Verkaufsgesprächen, viel Zeit, um sein Produkt zu zeigen und zu erklären. Es sind über den Tag viele interessierte Menschen am Stand gewesen, und mit vielen von ihnen konnte Herr Bergmann Gespräche führen. Als nach einem anstrengenden Tag die Tore der Messe schliessen, wird Bilanz gezogen. Herr Bergmann ist gespannt, hat er doch den ganzen Tag aktiv geredet und freut sich nun auf das Ergebnis. Enttäuschendes Ergebnis Unterm Strich hat er einen Verkauf getätigt, drei weitere Gespräche geführt, aus denen Anzeige Für eine persönliche Finanzberatung brauchen Sie Ihr Geschäft nicht aus den Augen zu lassen. Wir beraten Sie, wann und wo immer Ihr Geschäft es verlangt: sogar abends und samstags bei uns oder bei Ihnen und telefonisch jederzeit rund um die Uhr. Mehr unter 0848 848 848, 24-Stunden-Service, 365 Tage im Jahr oder via www.postfinance.ch Besser begleitet. KMU-Magazin Nr. 9, November 2010 46 Marketing & Verkauf vielleicht ein Folgegeschäft werden könnte, und sieben Visitenkarten von möglichen Interessenten gesammelt. Die Enttäuschung ist gross. Wie konnte das passieren? Er hat doch den ganzen Tag so kommuniziert wie sonst auch, und im Verkauf ist er einer der Besten. Genau hier liegt ein grosses Verbesserungspotenzial. Die Investition und der Vorbereitungsaufwand sind gross. Daher gilt es, sein Verkaufsverhalten so anzupassen, dass die Messe zum vollen Verkaufserfolg werden kann. Das bedeutet, dass mit den Gegenspielern «Zeit» und «Gesprächspartner, die zuhören, aber nicht kaufen» so umgegangen wird, dass am Ende des Tages gute Ergebnisse erreicht werden. Worauf also kommt es bei einer Messe an? Was will man erreichen? Ab- gesehen von Spezialfällen lauten die Ziele einer Messe: Umsatz, sammeln von Adressen, anbahnen von Folgegeschäften und die Vorbereitung grösserer Aufträge. genen Waren und Dienstleistungen in eine Meinungsfrage verpackt. Zum Beispiel: «Was meinen Sie zu (markantem Nutzen)?» Oder: Zuerst markanten Kundennutzen sagen und dann: «Wie klingt das in Ihren Ohren?». Produktives Vorgehen Meinungsfragen werden nicht mit Ja oder Nein beantwortet. Man erhält immer mehr Informationen. Wenn die Antwort positiv ist, lässt sich gleich die Kaufbereitschaft testen. Zum Beispiel: «Ab wann möchten Sie diese ‹Nutzen› haben?» Wann-Fragen sind Wunderfragen und es gibt viele Variationen, wie man sie stellen kann. Mit ihnen gibt sich der Gesprächspartner zu erkennen. Er gibt entweder einen Zeitpunkt an oder er bringt Einwände. So ist man schon nach einer Minute beim Thema Abschluss. Bei den einen wird das Gespräch konkret und man kann sofort oder später (Anbahnung) Richtung Abschluss marschieren, oder man merkt, dass man nicht den richtigen Gesprächspartner hat. Auf einer Messe gilt es, die Fähigkeit zu besitzen, einem Interessenten innerhalb kürzester Zeit den Nutzen des Produkts zu erklären und sofort zu testen, ob derjenige wirkliches Kaufinteresse hat oder nicht. Ist er kein potenzieller Kunde, sollte sich der Verkäufer auf positive Art von ihm lösen, um den nächsten Interessenten ansprechen zu können. Wie funktioniert das am wirkungsvollsten? Messebesucher kann man gut ansprechen, indem man den Nutzen der ei- Mein persönlicher Messekodex 1. Ich bin ½ Std. vor Messebeginn am Stand und stelle mich auf den Tag ein. Mut zur Wann-Frage 2. Ziele und Erwartungen stecke und überprüfe ich täglich. 3. Ich schätze alle Besucher, sie erhalten von mir den ganzen Tag mein Bestes. 4. Ich bin aktiv und gehe auf die Kunden zu. 5. Mein Erscheinungsbild ist optimal. 6. Ich glaube an mich, unser Produkt und an unsere Firma. 7. Meinen Kollegen helfe ich so weit es geht aus. 8. Privatgespräche führe ich nur vor Messebeginn oder nach Messeschluss. 9. Ich postiere mich stehend an der richtigen Stelle. 10. Ich verhalte mich am Abend so, dass ich am Morgen topfit und erfolgreich bin. 11. Nach jedem Kunden räume ich den Platz kurz auf. Wenn die Antwort auf die Meinungsfrage nicht positiv ist, kann die nächste Frage gestellt werden: «Worauf legen Sie dann Wert?» Schon ist der Verkäufer mittendrin, Bedürfnisse und Wünsche abzuklären und hat noch keine Minute dafür gebraucht. Hat man sich ein Bild über die Bedürfnisse und Wünsche gemacht, lässt sich die Kaufbereitschaft wie vorher beschrieben testen. Eine weiter leicht abgeschwächte Frage ist: «Wann ist das ein Thema für Sie?» Oder: «Ab wann möchten Sie denn davon profitieren?» Es braucht nur die Fähigkeit, den Nutzen kurz und markant zu formulieren, und den Mut, bei positiven Antworten eine konkrete Wann-Frage zu stellen. Richtig angewendet, kann damit der Erfolg auf einer Messe enorm gesteigert werden. Kontakt 12. Wir sind gemeinsam ein Team. Wir motivieren uns gegenseitig. Dirk Reuter KMU-Magazin Nr. 9, November 2010 men und die Regeln durchlesen. Stetig prüfen, welche Regeln sich noch besser umsetzen lassen. Die Erkenntnisse sogleich umsetzen. Umgang mit dem Messekodex: Die zwölf Regeln an der Messe immer griffbereit halten. Die Karte zwischendurch immer mal wieder hervorneh- Leiter Marketing Umberto Saxer Training AG Hertizentrum 6, 6303 Zug Tel. 052 368 01 87 [email protected] www.umberto.ch ShoppingTour für Chefeinkäufer. Erbeuten Sie wertvolle Kontakte und wichtige Eindrücke über die ganze Palette der Zulieferindustrie. Am Schweizer Branchentreffen in Basel. VE t e O k c M i T & CK A n –1 P e | s s X e DE O 3M R P | ch e t s s i w S 16. – 19. November 2010 | Messe Basel www.swisstech2010.com