Umgruppierung der politischen Mitte

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Umgruppierung der politischen Mitte
Medienbericht zum 1. SRG SSR Wahlbarometer '03 - erstellt
durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern
Stand Mitte Oktober 2002
Projektteam:
Claude Longchamp, Politikwissenschafter
Lukas Golder, Politikwissenschafter
Luca Bösch, Webmaster/InternetApplikationsdesigner
Monia Aebersold, Projektassistentin
Silvia Ratelband-Pally, Administratorin
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Das Wichtigste in Kürze
Die aktuellen Wahlabsichten
Die Wählerwanderungen
Der politische Standort der Wählerschaften
Die soziologische Herkunft der Wählerschaften
Der Problemhaushalt der BürgerInnen
Die Sachkompetenz der Parteien
Das Image der ParteirepräsentantInnen
Die Aktualitätsfrage: Zusammensetzung des Bundesrats
Die Synthese
Der technische Beschrieb der Befragung Wahlbarometer '03, 1. Welle
Das Wichtigste in Kürze
Das Parteiensystem der Schweiz ist in Bewegung. Elektoral gesehen wachsen die SVP und die SP. Sie
würden, fänden heute Nationalratswahlen statt, WählerInnen-Anteile gewinnen. Verluste gäbe es vor allem
für die CVP, während sich sowohl die FDP als auch die Nicht-Regierungsparteien halten könnten.
Die Parteistärken werden heute stärker als früher durch die Mobilisierung beeinflusst. Dabei zeichnet sich,
wenigstens für den Moment eine erhöhte Beteiligungsabsicht für die kommenden Nationalratswahlen 2003
ab. Es spiegelt sich darin auch die momentane Verunsicherung im Bereich von wirtschaftlichen und
sozialen Fragen. Nutzniesserin der gegenwärtigen Mobilisierung ist namentlich die SP, beschränkt auch die
SVP. Die SVP verstärkt sich auch, weil sie am meisten WechselwählerInnen anzieht. Sie kann dabei alle
Regierungsparteien konkurrenzieren. Das grösste Problem bei der Mobilisierung und bei der
Wechselwählerattraktivität hat die CVP.
Trotz der erhöhten Mobilisierung resultiert die sich abzeichnende Polarisierung der Parteienlandschaft
nicht daraus, dass die rechten oder linken WählerInnen massiv zunehmen würden. Vielmehr entstehen die
sich abzeichnenden Veränderungen durch eine Umgruppierung der politischen Mitte. Die CVP verliert hier
am meisten. Die FDP hält sich hier wie anderswo mehr oder minder stabil, während es die SVP und die SP
sind, die ihre Parteistärken bei BürgerInnen, die sich politisch gemässigt positionieren, verstärkt haben.
Stadt/Land und Schichteinflüsse bestimmen das Wahlverhalten stärker als 1999
Räumlich gesehen finden die grössten Verschiebungen seit 1999 in den Zentren und Agglomerationen statt.
Hier erodiert vor allem die CVP, während sie sich auf dem Land und in den unteren Schichten halten kann.
In der Unterschicht wie auch in den unteren Mittelschichten wächst die SVP rasant an. Verluste gibt es hier
für die FDP und die CVP. Gleiches gilt auch für die RentnerInnen. In den oberen Bildungsschichten konnte
die SP dagegen ihre führende Rolle ausbauen, während sich die FDP in den höchsten Einkommensgruppen
verstärken konnte.
Wirtschaftsentwicklung und sozialpolitische Themen dominant
Einige Ursachen für die Polarisierung der Mitte-WählerInnen können im Problemkatalog der BürgerInnen
geortet werden. Dieser wird durch die skeptische Beurteilung der Wirtschaftsentwicklung, durch die
wachsenden Probleme mit der sozialen Sicherheit resp. dem Gesundheitswesen sowie durch die Asylfrage
bestimmt. Dahinter hat sich der Zustand des öffentlichen Haushaltes als weiterer relativ wichtiger
Problembereich etabliert. Im Vergleich zur Situation vor den beiden letzten Wahlen fällt die geringe
Bedeutung der Europa-Frage resp. die hohe Konzentration auf die innenpolitischen Problemlagen auf.
Dabei zeigen sich recht deutliche sprachregionale Unterschiede. Die Gesundheitsprobleme stehen in der
italienischsprachigen Schweiz ganz oben auf der Problemliste der BürgerInnen. In der deutschsprachigen
Schweiz wird diese Position durch die Asylfrage eingenommen.
SP vor SVP thematisch profilierteste Parteien
Bei den fünf zentralen Erwartungen, welche die BürgerInnen artikulieren, sehen sie die SP und die SVP als
die profiliertesten Parteien. Als Themen der SVP werden die Asylpolitik, die Steuern und die innere
Sicherheit gesehen. Zugeschrieben werden der SP Kompetenzen in sozialpolitischen Fragen, in der EUThematik und der Wirtschaftsentwicklung. Bei den beiden letztgenannten Themen ist die FDP der
anerkannte Gegenpol auf der bürgerlichen Seite. Nur gering ausgeprägt ist das sichtbare Themenprofil der
CVP in den prioritären Bürgererwartungen.
Christiane Brunner vor Ueli Maurer als anerkannteste ParteipräsidentInnen
Wie schon 1999 steht bei der Glaubwürdigkeit der ParteipräsidentInnen Christiane Brunner (SP) an der
Spitze, gefolgt von Ueli Maurer (SVP), der sich dicht hinter ihr etablieren konnte. Etwas zurück folgen die
beiden Neuen unter den Parteipräsidenten, Gerold Bührer (FDP) und Philipp Stähelin (CVP).
Populärste Politikerin in der deutschsprachigen Schweiz ist neu die SP-Nationalrätin Simonetta Sommargua.
In der Romandie ist es weiterhin und mit Abstand Christiane Brunner, und Fulvio Pelli (FDP) ist der neue
Leader in der italienischsprachigen Schweiz.
Die Aktualitätsfrage: Keine Abkehr von der Konkordanz, aber Parlamentswahlen als
Fingerzeig
Unübersehbar ist, dass die Protesthaltung der BürgerInnen angesichts der aktuellen Situation wächst. Dies
drückt sich in einer relativ hohen, weiterhin aber nur minderheitlichen Zustimmung zur SVP-Forderung
nach einer Volkswahl des Bundesrates aus. Dennoch wollen die BürgerInnen die bestehende
Regierungsformel nicht grundsätzlich aufgeben. Sowohl für eine Stärkung der SVP in der Landesregierung
wie auch für einen Ausschluss dieser Partei aus dem Bundesrat votieren nur klare Minderheiten. Gleiches
gilt für die Umgestaltung des politischen Systems der Schweiz. Dem Regierungs- und Oppositionssystem
wird eine deutliche Absage erteilt.
Man kann das auch so deuten: Eine Abkehr von der Konkordanz wünschen sich die Wahlberechtigten
nicht, aber sie erheben deutlich den Finger, wo es ungelöste Probleme gibt, und sie sind auch vermehrt
bereit, die Parteien für ihr Engagement bei der Behandlung der Themen zu belohnen oder zu bestrafen.
Die aktuellen Wahlabsichten
Würde heute schon der neue Nationalrat gewählt, erhielten die Parteien die folgenden WählerInnenAnteile:
Die SVP wäre mit 25 Prozent die stärkste Partei.
Die SP würde an zweiter Stelle liegen und hätte einen WählerInnen-Anteil von 23 Prozent.
Die FDP käme auf 20 Prozent und würde den dritten Platz einnehmen.
An vierter Stelle läge die CVP, die auf 14 Prozent Wähleranteil kommen würde.
Unter den Nicht-Regierungsparteien stünden die Grünen mit 5 Prozent an der Spitze, gefolgt von der
Liberalen Partei (3 Prozent). Alle anderen Parteien würden bei rund einem Prozent oder darunter liegen.
Gegenüber den Nationalratswahlen 99 ergäbe sich keine Veränderung in der Reihenfolge der sechs
stärksten Parteien. Diese scheint sich nach der Umgruppierung von 1999 stabilisiert zu haben.
Bezogen auf die Prozentwerte selber käme es zu einigen Verschiebungen. Die SVP wäre rund 2,5 Prozent
stärker als bei den letzten Nationalratswahlen. Die SP würde knapp ein Prozent zulegen, während sich die
FDP genau halten könnte. Bei der CVP ergäbe sich ein Verlust von knapp zwei Prozent.
Die Verschiebungen bei den anderen Parteien blieben alle unter einem Prozent WählerInnen-Anteil.
Bewertet man diese Tendenzen, trifft wohl die Kennzeichnung der gemässigten, asymmetrischen
Polarisierung der Parteienlandschaft zu:
Polarisierung, weil die Parteien, die erstarken, an den Polen des politischen Spektrums politisieren;
asymmetrisch, weil das Ausmass der Gewinne bei SVP und SP ungleich sind; und
gemässigt, weil die Veränderungen im Vergleich zu den Verschiebungen zwischen 1995 und 1999
geringer wären.
Nimmt man die wesentlichen Entwicklungen, welche das Wahlbarometer momentan sieht, stimmt dies
auch weitgehend mit den Gewinn- und Verlusterwartungen der Wählenden selber überein. Am positivsten
ist die Erwartungshaltung gegenüber der SVP, leicht positiv ist sie bei der SP, praktisch neutral bei der FDP
und negativ gegenüber der CVP.
Gewinn-und Verlusterwartungen zu den Regierungsparteien
Gewinnen
Gleich bleiben
Verlieren
Keine Einschätzung
Erwartungsindex
(GewinnenVerlieren)
SP '03
28
34
22
16
+6
1. Welle, Okt. '02 (n = 980)
Die Wählerwanderungen
CVP '03
9
32
40
19
-31
FDP '03
16
44
20
20
-4
SVP '03
51
21
12
16
+39
Verschiedene Ursachen können zur Erklärung der aktuell gemessenen Verschiebungen herangezogen
werden.
Erstens liegt die Beteiligungsabsicht bei den Wahlen '03 gegenwärtig über dem Teilnahmewert bei den
Nationalratswahlen 1999. Damals stieg die Beteiligungsquote erstmals seit langem wieder etwas an. In der
momentanen Stimmungslage wäre die Beteiligung an Parlamentswahlen noch höher. Gemäss
Bekundungen in unserer Befragung, läge die Wahlbeteiligung bei knapp der Hälfte.
Individuell gesehen sind die Neuwählenden noch wichtiger. Denn sie werden auch durch jene
kompensiert, die sich nicht mehr beteiligen wollen und durch verstorbene Personen. Konkret zeigt das
Wahlbarometer, dass von den jetzigen Wahlberechtigten 49 Prozent stimmen wollen, 14 Prozent erstmals
(wieder) und 35 Prozent, die auch schon 1999 dabei waren. Mit anderen Worten: 2 von 7 Personen, die
aktuell wählen würden, waren 1999 nicht dabei. Krasser noch sind die Verhältnisse vor allem in der
Romandie. Nur schon diese Grössenangaben zeigen, dass es sich bei den Neumobilisierten bei weitem
nicht nur um die ErstwählerInnen im Alter von 18-21 Jahren handeln kann.
Unter den NeuwählerInnen wollen aktuell 32 Prozent SP wählen. Dies ist deutlich mehr als im Schnitt der
Wählenden insgesamt. Oder anders gesagt: Die aktuell hohe Mobilisierungsbereitschaft mit Blick auf die
Wahlen '03 hilft vor allem der SP. Mit einem Anteil von 23 Prozent folgt die SVP an zweiter Stelle unter
den Neuwählenden. Für sie ist die aktuelle Mobilisierungsbereitschaft neutral. Klar unter
Mobilisierungsschwäche bei NeuwählerInnen leiden die FDP und die CVP. Sie bringen es hier auf 16 resp.
10 Prozent, was ihren WählerInnen-Anteil verringert.
Anders interpretiert heisst das: Bei einer geringeren Wahlbeteiligung - nämlich jener wie 1999 - würden
sich die Anteile verschieben. Die SVP bliebe bei 25 Prozent, die SP würde aber auf 21 Prozent
zurückfallen. Die FDP käme auf denselben Wert und die CVP auf 15 Prozent. Mit anderen Worten: das
relativ gute Abschneiden der SP in der aktuellen Befragung ist mobilisierungsbedingt, während vor allem
die CVP unter der gegenwärtigen Mobilisierungsschwäche leidet.
Zweitens ergeben sich die Veränderungen in den Parteistärken aus den Wechselbewegungen, welche uns
die Wählenden von 1999 bekundeten:
Demnach würde die SVP gegenüber allen Regierungsparteien zulegen, am meisten bei der FDP, am
wenigsten von der SP.
Die SP gewinnt bei ehemaligen FDP-Wählenden und bei den Nicht-Regierungsparteien, vor allem
den Grünen hinzu. Sie hat aber eine negative Bilanz zur CVP.
Herkunft der Wählerstimmen für 2003 aufgrund des Wahlverhaltens 1999 (nur
Teilnehmende 1999 resp. Teilnahmewillige 2003)
SP 99
CVP 99
FDP 99
SVP 99
Andere Parteien 99
Keine Partei
SP '03
88%
1%
5%
3%
11%
4%
CVP '03
4%
85%
1%
0%
1%
2%
FDP '03
2%
3%
82%
6%
4%
5%
SVP '03
4%
9%
10%
88%
4%
0%
1. Welle, Okt. '02 (n = 842)
Die FDP macht etwas Stimmen gut bei ehemaligen SVP Wählenden, allerdings weniger als sie abgibt.
Analoges gilt bei der SP, während die Wechselbilanz zur CVP leicht positiv ist.
Die CVP kann sich einzig gegenüber der SP etwas verstärken. Ansonsten gibt sie vor allem Stimmen
ab, namentlich an die SVP.
Das Wechselwählerverhalten wirkt sich damit weniger eindeutig auf die Parteistärken aus als die
Neumobilisierung. Profiteurin des Wechselwählens ist eigentlich nur die SVP, die vor allem im
Regierungslager volatile WählerInnen von 1999 gewinnt. Würden nur die WählerInnen von 1999 wieder
wählen, ergäbe sich ein Verschiebung von rund 2 Prozentpunkten zugunsten der bürgerlichen Parteien
gegenüber der Vorwahl.
Der politische Standort der Wählerschaften
Die Resultate aus dem Wahlbarometer zeigen im Vergleich zu 1999, dass das Elektorat, das den
Nationalrat wählen würde, sich auf der Links/Rechts-Achse praktisch gleich verteilen würde wie damals. 42
Prozent definieren ihren Standort in der Mitte, je 29 Prozent links oder rechts davon. 1999 überwog durch
die damalige Mobilisierung der Anteil der Rechten unter den Wählenden marginal.
Vergleicht man die Positionen der heutigen Wählerschaften auf der Links/Rechts-Achse mit dem Profil, das
1999 resultierte, kann man folgende Einteilung vornehmen:
Die SVP ist die klare Rechtspartei in der Schweiz. Bei Personen, die sich rechts der Mitte einstufen,
liegt sie an erster Stelle. Sie kommt dort auf 47 Prozent WählerInnen-Anteil. In der politischen Mitte
bringt es die SVP auf 20 Prozent und links der Mitte auf 9 Prozent.
Die FDP ist eine Mitte/Rechts-Partei. In der Mitte rangiert sie mit 30 Prozent WählerInnen-Anteil an
der Spitze. Rechts davon hat sie sich als Nummer zwei mit 24 Prozent etabliert. Links der Mitte
kommt sie auf 3 Prozent.
Die CVP ist vom Profil her die eigentliche Mitte-Partei. Ihre Anteile rechts und links davon bewegen
sich um 10 Prozent herum. In der Mitte kommt die CVP auf 21 Prozent; sie liegt damit in der Mitte
hinter der FDP.
Die SP ist die Linkspartei par exellence. Links der Mitte holt sie gegenwärtig 60 Prozent der
WählerInnen ab. In der Mitte bringt sie auf 14 Prozent, und rechts davon wird sie aktuell von 2
Prozent gewählt.
Die grösste Veränderung findet aktuell bei Personen statt, die sich in der politischen Mitte sehen. Nicht
mehr die politische Rechte ist mobil wie Ende der 90er-Jahre, sondern die Mitte gruppiert sich vor den
Nationalratswahlen '03 um. Die CVP verliert hier am meisten, die FDP fast nichts. Es legt vor allem die SVP
zu, beschränkt auch die SP.
Da es sich bei den Mitte-WählerInnen um den grössten Markt handelt, sind auch beschränkte
Veränderungen in ihrer Konsequenz nicht zu unterschätzen. 2,5 Prozent Rückgang bei den MitteWählerInnen entspricht rund einem Prozent unter den Wählenden insgesamt.
Die soziologische Herkunft der Wählerschaften
Verschiedene Konfliktlinien prägen das Parteiensystem der Schweiz. Dabei mischen sich traditionelle
Konfliktlinien, die sich aus der Entstehung der Parteienlandschaft und ihrer Fundierung im politischen
System der Schweiz ergeben, mit neuen Elementen. Zu diesen zählt einerseits der Aufstieg der SVP als
Hüterin des nationalkonservativen Wertgedankens, der in verschiedenen Bevölkerungsschichten verbreitet
ist. Als Gegenpol profiliert sich die erstarkte SP als reformistische, aussenorientierte Kraft, welche modern
ausgerichtete WählerInnen aus den urbanen Gebieten vertritt. Bei den verschiedenen eigentlichen
Hochburgen müssen insbesondere die CVP, aber auch die FDP Verluste in Kauf nehmen.
In der aktuellen Situation fällt auf, dass sich die Unterschiede zwischen den Parteien insgesamt oder
zwischen einzelnen Parteien sowohl entlang der Siedlungsart und der Schicht verdeutlichen.
Die CVP und die SP unterscheiden sich in erster Linie entlang dem Stadt/Land-Unterschied Die CVP ist die
ausgesprochene Landpartei, die SP ist die klarste Stadtpartei.
In Landgemeinden kommt die CVP auf 23 Prozent der Stimmen, sie ist damit hinter der SVP die zweite
Partei gesamtschweizerisch. In den Agglomerationen sinkt ihr Anteil aber rapide ab. Im Schnitt der 5
grossen Agglomerationen bringt sie es auf 5 Prozent, im Mittel der übrigen 38 Agglomerationen der
Schweiz wird sie von 14 Prozent gewählt.
In den grossen Agglomerationen ist die SP die stärkste Partei. Sie bringt es hier auf 29 Prozent, 23 Prozent
wollen in den kleinen und mittleren Agglomerationen sozialdemokratisch wählen. Nur 17 Prozent der
LandbewohnerInnen stehen dagegen hinter der SP.
Kaum profiliert ist dagegen der WählerInnen-Anteil der FDP, wenn man auf die Siedlungsart abstellt.
Gering sind die Unterschiede auch bei der SVP.
Die aktuellen Trends werden vor allem im Vergleich zu den Nationalratswahlen 1999 sichtbar:
Die SVP verbessert sich kaum mehr auf dem Land, dafür vor allem aber in den Agglomerationen der
ganzen Schweiz (je +3 Prozent).
Die SP hat sich vor allem in den mittelgrossen Zentren verbessern können (+5 Prozent), verliert aber
tendenziell auf dem Land.
Umgekehrtes findet sich bei der CVP, die auf dem Land eher etwas zulegen kann (+6 Prozent),
während sie in den Agglomerationen erheblich an Terrain einbüsst (-5 Prozent).
Bei der FDP zeigen sich aktuell kaum systematische ersichtliche Veränderungen.
Klar unterscheidet sich das Profil der Parteien auch hinsichtlich sozio-ökonomischer Faktoren wie Bildung
und Einkommen.
Deutlich wird dies vor allem beim Schulabschluss. Die SVP und die CVP sind in den unteren
Bildungsschichten übervertreten. Bei der SVP gilt dies auch hinsichtlich der mittleren Bildungsschichten.
Demgegenüber ist ihre Verankerung bei Personen mit einer weiter führenden Ausbildung recht gering und
für beide Parteien unter ihrem Mittel.
Anders verhält es sich bei der SP und der FDP. Die SP liegt bei höheren Bildungsschichten an erster Stelle.
Bei Leuten mit einer Berufsausbildung bringt es nur mehr auf einen für sie durchschnittlichen Anteil. Bei
der FDP ergibt sich die gleiche Stufung nach Schulabschluss, wenn auch weniger ausgeprägt.
Der klarste Wandel seit 1999 zeigt sich bei der SVP in den unteren Bildungsschichten. Sie legt hier massiv
zu (+16 Prozent), während die Nicht-Regierungsparteien massiv verlieren (-13 Prozent), aber auch die
Anteile bei der FDP (-6 Prozent) und der SP (-3 Prozent) zurückgehen. Ebenfalls verbessern konnte sich die
CVP in diesem WählerInnen-Segment (+6 Prozent).
Einkommensmässig wiederholt sich der Eindruck. In der unteren Mittelschicht kommt die SVP heute auf 36
Prozent WählerInnen-Anteil. Demgegenüber bleibt sie in der oberen Mittelschichten und der Oberschicht
unter ihrem Mittel. Das eigentliche Gegenteil findet sich bei der FDP. Sie kommt in der obersten
ausgeschiedenen Einkommensklasse auf 34 Prozent, bleibt aber in allen anderen unter ihrem
durchschnittlichen WählerInnen-Anteil.
Kaum profiliert ist die Zusammensetzung der SP und CVP-Wählerschaften hinsichtlich des Einkommens.
Alle Einkommensschichten wählen diese Parteien im Mittel.
Gegenüber 1999 ergeben sich dennoch zahlreiche Verschiebungen. Am auffälligsten ist der Gewinn der
SVP in der unteren Mittelschicht. Sie legt hier um 12 resp. um 11 Prozentpunkte zulasten der FDP resp. der
CV zu. Es gewinnt auch die SP in diesem Bereich 4 Prozentpunkte. Die aktuelle Polarisierung ist damit vor
allem ein Phänomen, das sich in den unteren Mittelschichten abspielt.
Die FDP kann sich gegenüber 1999 vor allem in der obersten Einkommensklasse verbessern. Sie verstärkt
sich um 15 Prozentpunkte, während die SVP (-7 Prozent) und die CVP (-5 Prozent) hier zurückgehen.
Gegenüber 1999 ist dies die markanteste Veränderung, welche der FDP mit ihrer Neupositionierung
gelungen ist.
SP und CVP sind nicht nur hinsichtlich der regionalen Zusammensetzung komplementär. Sie ergänzen sich
hinsichtlich der Herkunft ihrer Wählerschaften auch beim Alter. Bei der SP gilt: Ihr Anteil wächst, je jünger
Personen sind. Bei unter 40jährigen kommt sie auf 26 Prozent, bei RentnerInnen auf 17 Prozent. Damit
liegt sie in dieser Wählergruppe noch hinter der CVP, die es auf 18 Prozent bringt. Dafür liegt die CVP bei
den unter 40jährigen mit nur 10 Prozent klar zurück. Ein deutlicher Alterszusammenhang ergibt sich auch
bei der SVP. Je älter die Menschen sind, desto mehr wählen sie diese Partei. Kaum ausgeprägt sind dagegen
die WählerInnen-Anteil der FDP nach Altersklassen.
Gegenüber 1999 kommt es bei den RentnerInnen zur massivsten Verschiebung. Die SVP legt hier um 10
Prozentpunkte zu, während FDP und SP je 5 Prozentpunkte verlieren.
Bezüglich des Geschlechts gibt es nur zwei erwähnenswerte Unterschiede in der aktuellen
Parteienlandschaft. Die SVP wird von Männern stärker gewählt als von Frauen, während die SP bei den
Frauen (26 Prozent) besser abschneidet als bei den Männern (21 Prozent). Es bestätigen sich damit die
Eigenheiten in der geschlechtspolitischen Zusammensetzung der Parteienlandschaften, wie sie sich 1999
schon gezeigt haben.
Auch konfessionell bleibt das meiste erhalten. Die CVP führt bei den Katholiken; sie repräsentiert aber auch
hier nur mehr 30 Prozent. Und sie ist bei den Protestanten noch schlechter vertreten, als sie es 1999 war (3 Prozent). Gewachsen ist bei den Katholiken vor allem die SVP (+5 Prozent), während sich die SP bei
Protestanten (+5 Prozent) verstärkt hat.
Ziehen wir eine Zwischenbilanz:
Die SVP verbessert sich gesamtschweizerisch, weil sie bei den RentnerInnen zulegt und in den
unteren Mittelschichten WählerInnen gewinnt. Rückläufig ist sie dafür in den oberen
Einkommensklassen. Sie hat damit das ideale Profil einer Volkspartei.
In der SP formiert sich der politische Gegenpol vor allem über die oberen Bildungsschichten im
urbanen Gebiet. Sie profitiert ebenfalls etwas von der Polarisierung der unteren Mittelschichten. Sie
wird damit immer mehr die eigentliche Stadtpartei.
Bei der FDP gibt es gleichzeitig zwei Bewegungen: Sie wächst in den oberen Einkommensklassen
und ist dort die führende Partei geworden. Dafür verliert sie in der breiten Mittelschicht an
Verankerung. Mit ihrer Neupositionierung nach den Nationalratswahlen 99 hat sie weniger vom
Profil einer Volkspartei, mehr aber von jenem einer liberalen Elitepartei.
Die CVP konnte sich durch die Neupositionierung Mitte Legislatur im konservativen, ländlich und
sozial tiefen Milieu halten. Gleichzeitig verliert sie aber im städtischen Leben und in den unteren
Mittelschichten an Bedeutung. Nicht gelungen ist ihr die Öffnung zur überkonfessionellen
Wertepartei.
Der Problemhaushalt der BürgerInnen
Vier Themenbereiche prägen das Problembewusstsein der BürgerInnen, soweit sie von der Politik
Lösungen erwarten. Sie stammen überwiegend aus dem Bereich der Sozial- und Gesundheitspolitik,
reflektieren die aktuelle Wirtschaftslage und beziehen sich auf das Asylwesen.
Gefragt nach dem prioritären Thema, das die Politik lösen sollte, rangiert die Wirtschaftsentwicklung an der
Spitze. Verbunden wird sie vor allem mit der wachsenden Arbeitslosigkeit. 27 Prozent nennen dieses
Themenfeld an erster oder zweiter Stelle, wenn man sie auf das dringendste Problem anspricht.
An zweiter Stelle folgen gleich auf die Zukunft der Altervorsorge, die Asylfrage und die Schwierigkeiten mit
den Krankenkassenprämien. Sie sind für je 24 Prozent der Wahlberechtigten das zentrale Problem, bei dem
sie von der Politik Lösungen erwarten.
Auf den weiteren Plätzen rangieren Steuern und Finanzen, die Umwelt, die neue Armut,
gesellschaftspolitische Fragen, die europäische Integration und die persönliche Sicherheit.
Vergleicht man die Top-Liste der Bevölkerungsprobleme von heute mit jener im Vorwahljahr zu den
Nationalratswahlen 1999 ergeben sich zwei Veränderungen: Die Europa-Frage ist als Spitzenthema
verschwunden, dafür nehmen die Probleme mit dem Gesundheitswesen neu einen Spitzenplatz ein. Das
Problem des Zusammenlebens verschiedener Kulturen in der Schweiz hat sich zudem auf das Asylwesen
zugespitzt, während die generelle Überfremdungsfrage in den Hintergrund gerückt ist.
Konzentriert man sich auf die fünf prioritären Themen von heute, ergeben sich diverse Unterschiede nach
Landesteilen. So nimmt in der italienischsprachigen Schweiz das Gesundheitsthema die Spitzenposition
ein. Die Romandie unterscheidet sich von der deutschsprachigen Schweiz vor allem durch die Bedeutung,
welche der Flüchtlingsfrage beigemessen wird. In der französischsprachigen Schweiz rangiert das
Asylthema nur an vierter Stelle, während es in der deutschsprachigen Schweiz am häufigsten als ungelöstes
Problem erwähnt wird.
Parteibezogen variieren die Spitzenthemen nicht stark; unterschiedlich sind aber die Gewichtungen an der
Spitze: Gleich wie die Bevölkerung setzen die Wählerschaften von FDP und SP die Arbeitslosigkeit an die
Spitze, gefolgt von der Frage nach der Altersvorsorge. Unterschiede zwischen den Parteien in den
politischen Prioritäten gibt es bei der Umwelt resp. Asylfrage. Ersteres ist nur für die SP-Wählerschaften
relevant, letzteres für die FDP. Akzentuierter fällt die Prioritätensetzung bei der SVP aus. Probleme mit dem
Asylwesen rangieren an erster Stelle. Sonst gleicht sich die Abstufung dem Bevölkerungsschnitt an. Die
CVP-Wählerschaft setzt die Prioritäten bei Asylfragen wiederum etwas moderater an. Sie rangiert aber vor
allem die Wirtschaftsfragen geringer. Dafür beschäftigt sie sich besonders stark mit der Altersvorsorge und
mit den Krankenkassenprämien.
Prioritäre Probleme der Wählerschaften
Priorität SP
CVP
FDP
SVP
1.
Arbeitslosigkeit/WirtschaftsAHV und SozialArbeitslosigkeit/WirtschaftsAsylwesen
entwicklung
versicherungen
entwicklung
2.
AHV und SozialKrankenkassenprämien/
AHV und SozialArbeitslosigkeit/W
versicherungen
Gesundheitswesen
versicherungen
entwicklun
3.
Krankenkassenprämien/
Asylwesen
Krankenkassenprämien/
AHV und Soz
Gesundheitswesen
Gesundheitswesen
versicherung
4.
Umwelt
Arbeitslosigkeit/WirtschaftsAsylwesen
Krankenkassenp
entwicklung
Gesundheitsw
5.
Steuern und öffentliche
Steuern und öffentliche
Steuern und öffentliche
Steuern und öffe
Finanzen
Finanzen
Finanzen
Finanzen
1. Welle, Okt. '02 (n = 980)
Die Sachkompetenz der Parteien
In welchem Masse können sich die Parteien auf diesen Themen profilieren? Die Frage nach der
zugeschriebenen Kompetenz der Parteien gibt hier die Antwort. Wir konzentrieren uns dabei auf die
gleichen 10 Problembereiche, welche die Bevölkerung favorisiert, stellen aber bei der Bewertung der
Parteien nur auf jene ab, die an den Wahlen '03 teilnehmen wollen.
Das erste Ergebnis entspricht der Erwartung, die man haben kann, wenn man die Parteigebundenheit der
SchweizerInnen kennt: Genau die Hälfte der Personen, welche ein Problem nennen, schreibt keiner Partei
einen eindeutig vorrangigen Sachverstand zu. Sie erwarten quer zu den Parteien Lösungen oder können die
Parteien zu wenig mit einem bestimmten Programm in Verbindung bringen.
Abstrahiert man vom Einzelthema, kennt die SP die meisten Nennungen als kompetenteste Partei. Im
Schnitt der Probleme wird sie von 17 Prozent genannt. Als zweites Folge die SVP mit 14 Prozent
Nennungen. Die FDP bringt es auf 8 Prozent, und die CVP auf 4 von Hundert. Die anderen Parteien
bewegen sich insgesamt in dieser Grössenordnung.
Gliedert man die Themen nach ihrer Wichtigkeit, stehen sich in der Frage der Arbeitslosigkeit zwei etwa
gleich starke Lager gegenüber. 19 Prozent sehen den Sachverstand bei der Problemlösung namentlich bei
der SP angesiedelt. 14 Prozent favorisieren die FDP, wenn es um die Wirtschaftsentwicklung geht, und 10
Prozent bevorzugen hier die SVP.
Etwas deutlicher auf die bürgerliche Seite tendieren die heute Mobilisierbaren, wenn es um die Sicherung
der AHV geht. 29 Prozent ziehen eine der drei bürgerlichen Parteien vor. Dabei hat die SVP die
Themenführung auf der rechten Seite übernommen. Mit 17 Prozent bringt sie es alleine auf einen
vergleichbaren Wert wie die SP, die bei 19 Prozent der WählerInnen an der Spitze steht.
Klar rechts gerichtet ist der zugeschriebene Sachverstand, wenn es um die Asylfrage geht. Wie kein anderes
Thema wird dieses der SVP zugeordnet. 35 Prozent bevorzugen diese Partei, wenn es um Probleme des
Asylwesens geht. Auf Seiten der SP sind dies gerade 11 Prozent. CVP und FDP werden von je 5 Prozent als
erste Partei genannt.
Wie bei der Arbeitslosigkeit polarisiert ist die Situation im Gesundheitsbereich. 18 Prozent bevorzugen die
SP, 19 Prozent eine der bürgerlichen Parteien. In diesem Lager sind SVP und FDP praktisch gleich auf.
Steuern und Finanzen sind wieder bürgerlich dominiert. Der SVP wird von 20 Prozent am meisten
Sachverstand zugeschrieben, der FDP von 14 Prozent. Der generelle SP-Standpunkt wird hier noch weniger
geteilt als in der Asylfrage.
Speziell ist die Situation beim sechsten Problembereich, der Umweltfrage. Dies ist und bleibt die einzige
Domäne, wo mit den Grünen eine Nicht-Regierungspartei am ehesten als profiliert gilt.
Eigen sind die Verhältnisse auch bei der EU-Frage. An erster Stelle rangiert die SP, während auf bürgerlicher
Seite vor allem die Stimme der FDP Anerkennung findet. Faktisch ist dies der einzige Problembereich, wo
die FDP klar vor der SVP rangiert.
Bei Fragen der Neuen Armut wie auch generell bei gesellschaftspolitischen Themen führt wiederum die SP
vor allen bürgerlichen Parteien. Ganz anders sind die Verhältnisse bei der persönlichen Sicherheit, die
ganz von der SVP beherrscht wird.
Das Image der ParteirepräsentantInnen
Christiane Brunner ist die bekannteste und akzeptierste Politikerin unter den ParteipräsidentInnen. 57
Prozent stufen sie als glaubwürdig ein, womit sie vor den drei Parteipräsidenten der bürgerlichen Parteien
rangiert. Sie polarisiert aber auch teilweise, ist sie doch für 17 Prozent der Wahlberechtigten ausgesprochen
nicht glaubwürdig. Noch stärker polarisierend wirkt unter den Parteipräsidenten Ueli Maurer. 43 Prozent
halten ihn für glaubwürdig, und 20 Prozent (+1 Giaccobo) denken umgekehrt über ihn. Christiane Brunner
und Ueli Maurer haben damit (in beschränktem Masse) ein Profil einer KonfliktpolitikerIn: Sie sind bekannt
und geachtet, auch wenn nicht alle ihre Standpunkte teilen.
Weniger profiliert erscheinen die beiden Neuen unter den ParteipräsidentInnen. Gerold Bührer, der FDPLeader, bringt es dabei auf 44 Prozent Bekanntheit und 33 Prozent Glaubwürdigkeit. Bei Philipp Stähelin,
dem CVP-Präsidenten, lauten die Werte 42 und 30 Prozent. Fasst man auch diesen Typ zusammen, kann
man beide Präsidenten als typische Repräsentanten neuer Personen sehen, die auf der nationalen Bühne
auftreten: häufiger unbekannt, etwas weniger anerkannt, aber auch kaum polarisierend.
Die Gründe für die höhere Polarisierung bei Christiane Brunner und bei Ueli Maurer haben mit deren
Funktion als PräsidentInnen von Flügelparteien in der politischen Landschaft zu tun. Es gilt nämlich, dass
das Mass der Unglaubwürdigkeit steigt, je weiter weg sich die Partei im Links/Rechts-Spektrum befindet. So
ist die SP-Präsidentin für 31 Prozent der SVP-Wählenden unglaubwürdig, für 28 Prozent der Personen, die
FDP wählen würden, und für 18 Prozent der CVP-Wählerschaft. Ueli Maurer schneidet besonders bei der
SP schlecht ab (39% unglaubwürdig), und etwas besser bei der FDP resp. CVP. Hier fällt allerdings als
einzige Unregelmässigkeit die relativ hohe Ablehnung bei der FDP-Wählerschaft auf.
Image der ParteipräsidentInnen nach Wählerschaften
SP
glaubwürdig
weder/noch
unglaubwürdig
CVP
glaubwürdig
weder/noch
unglaubwürdig
FDP
glaubwürdig
weder/noch
unglaubwürdig
SP
glaubwürdig
weder/noch
unglaubwürdig
Christiane Brunner
Philipp Stähelin
Gerold Bührer
Ueli Maurer
80%
5%
5%
28%
9%
7%
40%
9%
10%
31%
9%
39%
54%
11%
18%
48%
5%
1%
41%
4%
5%
37%
9%
21%
53%
13%
28%
41%
7%
7%
58%
8%
3%
40%
10%
34%
45%
13%
31%
37%
10%
7%
39%
10%
6%
77%
7%
3%
1. Welle, Okt. '02 (n = 980)
Bezieht man sich auf das "Heimspiel" der ParteipräsidentInnen, ist Christiane Brunner bei der Wählerschaft
ihrer Partei sehr bekannt und weitgehend unbestritten. Dies gilt im Wesentlichen auch für Ueli Maurer.
Gerold Bührer und Philipp Stähelin sind dagegen auch in der Wählerschaft ihrer eigenen Partei weniger
bekannt, um auf die gleichen Werte zu kommen. Beide haben namentlich in der Romandie ein
Bekanntheitsproblem.
Stellt man auch auf die übrigen SpitzenrepräsentantInnen der Parteien ab, erweitert sich der Fächer der
parteibezogenen Imageträger. Sinnvollerweise muss man hier jedoch auf die Bekanntheit und Beliebtheit
nach Sprachregionen abstellen. Zu diesem Zweck haben wir in einer Vorbefragung mit einer offenen Frage
die Bekanntheit von PolitikerInnen getestet. Daraus haben wir für jede Sprachregion eine Auswahl
getroffen, die mehr als 10 Personen enthielt. In der Folge sind die Resultate für die 10 bekanntesten
PolitikerInnen je Sprachregion aufgeführt.
Anerkannteste PolitikerIn (ausserhalb der BundesrätInnen) in der deutschsprachigen Schweiz ist Simonetta
Sommaruga. 65 Prozent der Deutschschweizer WählerInnen halten sie für glaubwürdig, und nur 6 Prozent
denken Gegenteiliges. Unbekannt ist die KonsumentInnenschützerin nur einem Viertel der Wählenden. An
Bekanntheit übertroffen wird sie in der deutschsprachigen Schweiz nur noch von Christoph Blocher,
Christiane Brunner und Ueli Maurer. Mehr als Sommaruga polarisieren aber diese PolitikerInnen in der
Deutschschweiz deutlich stärker. Dies gilt am stärksten für Christoph Blocher, der für 56 Prozent
glaubwürdig politisiert, für 30 Prozent aber unglaubwürdig ist.
An fünfter Stelle bei der Bekanntheit wie auch der Glaubwürdigkeit steht in der deutschsprachigen Schweiz
Franco Cavalli. Es folgen Christine Beerli, Gerold Bührer, Philipp Stähelin und Brigitta Gadient. Sie
komplettieren in der genannten Reihenfolge die Top-Ten-Liste der PolitikerInnen in der deutschsprachigen
Schweiz.
In der Romandie sind die meisten PolitikerInnen deutlich weniger bekannt, die gilt weitgehend auch für die
Romand-e-s, die in verstärktem Masse als KantonsvertreterInnen wahrgenommen werden, aber keine
sprachregional hohe Bekanntheit haben.
Top-gesetzt ist in der Romandie die Genfer Ständerätin Christiane Brunner. Neu ist ihr Herausforderer aber
Christoph Blocher, der sein Image in der französischsprachigen Schweiz deutlich aufgebessert hat.
Ähnliches gilt auch für Franco Cavalli, dem ehemaligen Fraktionspräsidenten der SP. Dahinter folgt die
übrige welsche Politprominenz mit schon einigem Abstand: als Erster folgt Claude Ruey (Präsident der
Liberalen), vor Pierre-Yves Maillard (SP), Patrice Mugny (Grüne) Jean-Michel Cina (CVP), Michèle Berger
(FDP) und Jean Fattebert (SVP). In diesem Feld rangiert auch noch SVP-Parteipräsident Ueli Maurer, der in
der Romandie vor den beiden anderen bürgerlichen Parteipräsidenten liegt.
Ganz anders fällt das Image der SpitzenpolitikerInnen in der italienischsprachigen Schweiz aus. Die
Vertreter des Kantons Tessin sind praktisch allen Wahlberechtigten bekannt, und sie werden über die
Parteigrenzen hinweg auch anerkannt. Bei geringer Abstufung steht momentan Fulvio Pelli an der Spitze,
gefolgt von Filippo Lombardi, Franco Cavalli und Flavio Maspoli. Wichtigste Gemeinsamkeit mit der
Romandie ist: Bekanntester und auch anerkanntester Politiker ausserhalb der eigenen Sprachregion ist
zwischenzeitlich Nationalrat Christoph Blocher.
Fast man die Ergebnisse zusammen, ist Christoph Blocher die wichtigste politische Figur ausserhalb des
Bundesrates und der ParteipräsidentInnen. 91 Prozent der Wahlberechtigten kennen das Aushängeschild
der SVP. Für eine knappe Mehrheit ist er glaubwürdig, für knapp ein Drittel nicht. Mit diesem Profil bleibt
er der wichtigste Konfliktpolitiker des Landes. An ihm scheiden sich die politischen Gemüter, wie an
niemand anderem. Immerhin: Im Vergleich zu 1999 hat Christoph Blocher damit seine Position als
Politiker verbessert: Er ist noch bekannter geworden und er hat sein Image als Person in allen
Sprachregionen aufwerten können. Mit diesem Profil bleibt er auch der wichtigste Konfliktpolitiker des
Landes.
Die Aktualitätsfrage: Zusammensetzung des Bundesrats
Die Aktualitätsfrage im Wahlbarometer wird in jeder Welle anders gestellt. Diesmal ergab sie sich von
alleine, stehen doch Bundesratswahlen an. Dabei wird seitens der SVP nicht nur die personelle
Zusammensetzung der Landesregierung zur Diskussion gestellt, sondern auch die parteipolitische.
Angegriffen wird damit die Zauberformel, welche die Bestellung des Bundesrats parteipolitisch regelt. Trotz
Wähleraufschwung bei der SVP und verbessertem Image der Spitzen-repräsentantInnen der Partei, setzen
die Wahlberechtigten insgesamt der SVP in dieser Frage eine Grenze:
Nur 32 Prozent sind für einen zweiten Sitz der SVP im Bundesrat. Genau die Hälfte lehnt das ab. Ganz
anders beurteilt das nur die Wählerschaft der SVP. 80 Prozent wünschen sich eine Doppelvertretung ihrer
Partei im Bundesrat. Ihnen stehen aber 81 Prozent der SP-Wählenden und je 65 Prozent der CVP- resp.
FDP-Wählenden gegenüber.
Noch unpopulärer wäre allerdings eine Landesregierung ohne SVP. Dies lehnen 72 Prozent der
Wahlberechtigten ab. Der hauptsächliche Grund ergibt sich aus der Ablehnung des Regierungssystems, das
damit verbunden wäre. Sind doch nur gerade 25 Prozent für ein Konkurrenzsystem mit klaren Regierungsund Oppostionsrollen. Wenn die Wahlberechtigten demnach an den Grundfesten des politischen Systems,
das nach der Konkordanz aufgebaut ist, nicht rütteln wollen, heisst das nicht, dass sie mit allem
einverstanden sind. Am besten sichtbar wird die aktuell eher kritische Stimmungslage, wenn man sich nach
der Akzeptanz der Volkswahl des Bundesrates erkundigt. Angesichts der Wirtschaftsentwicklung, dem
Problemhaushalt der BürgerInnen, dem umstrittenen Entscheid zur Altersrente und der
Abstimmungsniederlage in der jüngsten Volksabstimmung überrascht es nicht, dass mit 44 Prozent eine
starke Minderheit für die Volkswahl des Bundesrates ist, und nur noch 48 Prozent dagegen votieren.
Die Synthese
Das Wahlbarometer hat sich das Ziel gestellt, ein zuverlässiges Informationssystem zum Prozess der
Meinungsbildung zu etablieren. Dabei folgt die Untersuchungsreihe, die bis zum Wahltag am 19. Oktober
2003 fortgesetzt werden soll, der klassischen Frage der Wahlforschung: Wer wählt wen warum? Direkte
Prognosen sind nicht zu erwarten, denn Wahlbefragungen sind nicht mehr als Momentaufnahmen. Erst in
der Folge von vergleichbaren Momentaufnahmen entsteht ein Eindruck über den Prozess der
Meinungsbildung, der eine Prognose zulässt.
Die vorliegende Momentaufnahme ist eine Bestandesanalyse vor dem Wahlkampf zu den National- und
Ständeratswahlen 2003. Sie wurde gemacht, bevor bekannt ist, wie die Angebote für die Besetzung der
Parlamentssitze aussehen; bevor das klimaprägende Umfeld der Wahlen definiert ist; und bevor die
Wahlkämpfe der Parteien und KandidatInnen gewirkt haben. Sie bestimmt damit nur die Ausgangslage zu
den Wahlen '03. Eine Prognose zum Wahlergebnis ist dies ausdrücklich nicht. Allenfalls kann man aus
dem Vergleich der jetzigen Ausgangslage mit jener ein Jahr vor den Nationalratswahlen 1999 Schlüsse
ziehen:
Vergleich der Ausgangslagen für die Parteien im Wahlbarometer '99 / '03
SP
FDP
SVP
CVP
Grüne
Oktober 2002
Oktober 1998
Ergebnis 1999
23%
20%
25%
14%
4%
23%
21%
15%
14%
3%
22.5%
19.9%
22.5%
15.9%
5.0%
Entwicklung im
Wahljahr
Stabil
Leichte Verluste
Starke Gewinne
Leichte Gewinne
Leichte Gewinne
Im Wahljahr 1999 konnte die SVP erheblich zulegen. Das Wahlbarometer 99 ging damals von erheblichen
Gewinnen innert 12 Monaten aus, die durch das effektive Ergebnis sogar noch leicht übertroffen wurden.
Von einer leichten Zunahme im Wahljahr ging das damalige Wahlbarometer bei der CVP aus, während der
FDP geringe Verluste durch die Trends im Wahljahr vorausgesagt wurde. Beides traf schlussendlich ein.
Schliesslich wurde auch das Resultat der SP richtig vorhergesehen.
Die Voraussagen können aber auch nicht einfach mechanistisch auf die Situation vor den Wahlen 2003
übertragen werden, denn sie waren das Produkt der Evaluierung des Wahlkampfgeschehens, das viele
Eigenheiten kannte: Erinnert sei nur an den Doppelrücktritt der beiden CVP-Bundesräte samt
Mobilisierungsschub für die Partei, der daraus entstand; an den Kosovo-Krieg, der Mitte im Wahljahr
ausbrach und die Flüchtlingsfrage zuoberst auf die politisch-mediale Agenda setzte; an den Zwist der FDP
rund um die Wohneigentums-Initiative, die sie aus finanzpolitischen Überlegung ablehnte; an die
überraschende Wende bei der SVP bei den Zürcher Kantonsratswahlen; an die Niederlage der Linken und
der CVP bei der Mutterschaftsversicherung; an den stark personalisierten Wahlkampf, bei dem die Medien
die Ereignisse bestimmten; an den Rechtsextremismus-Vorwurf gegenüber der SVP und an den "Blocher"Brief nur zwei Wochen vor den Wahlen, der die Schlussmobilisierung bestimmte.
Was die nächsten 12 Monate an Vergleichbarem bringen werden, weiss niemand. Man kann jedoch
versuchen, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten.
Der wichtigste Unterschied besteht in der Ausgangslage für die SVP. Sie war vor den Wahlen 1999 nur die
viertgrösste Bundesratspartei. Ihr gelang dann aber der spektakuläre Sprung an die Spitze der Parteien,
wenn man sie an der elektoralen Stärke misst. Ob sich das nochmals wiederholen lässt, kann man mit
einem Fragezeichen versehen. Vielmehr dürfte die Interpretation stimmen, dass die SVP sich auf dem
neuen Niveau gefestigt hat. Das Wahlbarometer legt dabei nahe, dass sie namentlich bei den oberen
Einkommensschichten wieder Richtung FDP verliert. Sie verstärkt ihren Wähleranteil rechts der Mitte auch
nicht mehr. Wenn sie weiterhin gewinnt, hat dies andere Gründe, vor allem ihr Erstarken bei MitteWählerInnen und in der unteren Mittelschicht.
Die Ausgangslage im Wahlbarometer ist bei den anderen Regierungsparteien vergleichbar. Einzig die FDP
startet mit einem kleinen Rückschlag gegenüber 1998. Dafür legt das erste Wahlbarometer nahe, dass sie
sich mit ihrem neuen wirtschaftsliberalen Kurs rechts der Mitte halten kann, dass sie bei jüngeren
BürgerInnen zulegt, dafür aber in der unteren Mittelschicht und bei RentnerInnen an WählerInnen verliert.
Das Kernproblem der FDP wird sein, ihre wirtschaftsliberale Visitenkarte als Trumpf einsetzen zu können,
dort wo sie aber noch eine Volkspartei mit verschiedenen weltanschaulichen Schattierungen ist, nicht
gleich viel oder mehr zu verlieren.
Die CVP startet 2002 im Wahlbarometer genau am gleichen Ort wie 1998. Damals konnte sie aber
schrittweise zulegen, zuerst durch die Bundesratswahlen, dann durch die Schlussmobilisierung. Beides ist
aktuell nicht mehr so sicher. Zudem hat sich die Symptomatik der Probleme verändert. Halten kann sie ihre
Wählerschaft im rechtskonservativen Lager, bei RentnerInnen und bei Personen mit ganz geringem
Verdienst. Doch erodiert sie zwischenzeitlich in der Mitte, vor allem im urbanen Gebiet, wo die
ParteigängerInnen in verschiedenste Richtungen diffundieren. Bei den Protestanten geht die Kurve nicht
wunschgemäss nach oben, sondern bewegt sich auf tiefem Niveau sogar leicht nach unten. Die CVP dürfte
bei den Wahlen 2003 an der Frage ihrer Doppelvertretung im Bundesrat scheitern oder erstarken.
Die SP kann ihren Wahlkampf mit dem gleichen WählerInnen-Anteil lancieren wie schon 1998. Der
Unterschied besteht aber darin, dass sie mit der SVP diesmal einen politisch klaren Widersacher
bekommen hat, mit dem sie kaum zusammenarbeiten kann. Selber hat sie sich nach links bewegt und hält
dort ihren Anteil unter den Wählenden gut. Von der Polarisierung in der Mitte profitiert sie nach Verlusten
anfangs der Legislatur wieder ein wenig. Entscheid ist bei der SP heute wohl, wie gut sie mobilisieren kann.
Unter den Neuwählenden, die sich in der gegenwärtigen Stimmungslage bei Parlamentswahlen äussern
würden, führt diese Partei. Nur dies beschert ihr den aktuell guten Prozentsatz bei den Wahlumfragen.
Wichtig wird also hier sein, wie stark sie diesen Schwung nach den deutschen Bundestagswahlen und dem
EMG-Referendum ins Wahljahr mitnehmen kann, oder wie stark sie unter dem allgemeinen
Demobiliserung der Linken in vielen europäischen Ländern leidet, wo es zu einer rechtskonservativen
Revolte gekommen ist.
Damit sind wir auch beim wesentlichen Punkt zur Analyse der Ausgangslage. Die wichtigste Veränderung,
die sich im ersten Wahlbarometer '03 der SRG SSR idée suisse abzeichnet, ergibt sich aus der für
schweizerische Wahlen hohen Mobilisierungsbereitschaft. Trifft dies zu, würde die einfachste Prognose bei
Parlamentserneuerung widerlegt, wonach die Beteiligung normalerweise sinkt. Das muss 2003 nicht mehr
der Fall sein. 1999 stabilisierte sie sich erstmals auf einem tiefen 40-er Wert, und verschiedene kantonale
Wahlen haben gezeigt, dass die Beteiligung auch wieder kräftig steigen kann. Entscheidend ist dabei, in
welchem Klima die Wahlen stattfinden. Je polarisierter sie sind, desto eher steigt die Beteiligung, was die
Pole begünstigt und das Zentrum benachteiligt. Je geringer die Polarisierung ausfällt, desto eher kommt es
an den Rändern der politischen Landschaft zu Demobilisierung und desto eher haben Mitte-Parteien eine
Chance, die Wahlen zu gewinnen.
Die aktuelle Situation ist nicht frei von solchen Polarisierungen. Die Entwicklung der Wirtschaft hat die
Aussichten der BürgerInnen getrübt. Der Problemhaushalt hat sich denn auch entsprechend verschoben
und wird klar durch die innenpolitischen Schwierigkeiten im Bereich der sozialen Sicherheit, der
Arbeitslosigkeit und des Gesundheitswesens bestimmt. Hinzu kommt die zyklische Aktualität der Asylfrage,
die in jüngster Zeit für die stärksten Polarisierungen bei europäischen Wahlen gesorgt hat. Neu ist, dass die
Polarisierung nicht mehr nur eine Phänomen ist, das BürgerInnen links und rechts der Mitte politisiert,
sondern dass sie diese Mitte gleich selber trifft und entlang der sozialen Schichtung WählerInnenBewegungen auslöst. Das prägt dann auch den Eindruck, den man im aktuellen Wahlbarometer zur
Befindlichkeit der Nation ein Jahr vor den Wahlen gewinnt. Darum heisst der Titel auch: Umgruppierung
der politischen Mitte.
Der technische Beschrieb der Befragung Wahlbarometer '03, 1. Welle
Das Wahlbarometer '03 basiert in erster Linie auf einer Reihe von Repräsentativ-Befragungen.
Wir haben hierzu folgendes Untersuchungsdesign gewählt: Vor den Nationalratswahlen '03 finden 5
Befragungen statt, die untereinander vergleichbar sind. Gewährleistet wird der Vergleich durch konstant
gehaltene Fragebogen, durch eine einheitliche Erhebungsart, durch Beständigkeit in der
Stichprobenbildung sowie durch identische Auswertungen der Daten.
Der Fragebogen
Der Fragebogen ist nach den übergeordneten Fragestellungen aufgebaut. Er enthält Fragen gemäss den
allgemein definierten Fragestellungen. Soweit sinnvoll, wurden identische Fragen wie 1999 verwendet. Für
die Auswahl der Personen wurde eine Vorbefragung mit einer offenen Frage nach der Bekanntheit von
Personen bei gezogen. Der fertig entwickelte Fragebogen wurde einem Pretest unterzogen und
abschliessend von der SRG SSR idée suisse explizit bewilligt. Mit Ausnahme der Aktualitätsfrage werden
alle Vorgaben in der Frageform wie auch den Antwortkategorien konstant gehalten. Sollte dies aus
äusserem Grund nicht sinnvoll sein, werden wir dies erkenntlich machen und auf Zeitvergleiche
verzichten.
Die Datenerhebung
Die Interviews werden auf der hauseigenen, webgesteuerten Telefonbefragungsanlage durchgeführt. Im
Einsatz waren 44 instruierte BefragerInnen des GfS-Forschungsinstituts. Damit realisierte jede(r ) BefragerIn
im Schnitt 45 Interviews. Die Arbeit wurde durch den Befragungsdienst des GfS-Forschungsinstituts
kontrolliert und durch eine externe Stelle supervisiert. Die Befragung fand zwischen dem 31. September
und dem 10. Oktober statt. Die Interviews dauerten im Schnitt rund 8 Minuten. Sie wurden als eigene
Befragung durchgeführt.
Die Stichprobe
Die Stichprobenbildung basiert auf der CD-Rom der Swisscom. Daraus wurde je Sprachregion eine
systematische Zufallsauswahl an Telefonhaushalten ermittelt. Die Zielstichprobe betrug 1470
Wahlberechtigte in der deutschsprachigen Schweiz, 420 in der französischsprachigen Schweiz und 210
Wahlberechtigte in der italienischsprachigen Schweiz.
Diese wurden im vorgesehenen Befragungszeitraum kontaktiert und wenn möglich gleich befragt.
Innerhalb der Haushalte wurde die Zufälligkeit der Personenauswahl durch ein eigenes Zufallsverfahren
gewährleistet. Haushalte, die nicht auf Anhieb kontaktiert werden konnten, wurden zu verschiedenen
Tageszeiten maximal 6 Mal erneut kontaktiert. Realisiert wurden schliesslich 2004 Interviews, wovon 1401
in der deutschsprachigen Schweiz, 403 in der Romandie und 200 in der italienischsprachigen Schweiz.
Die Auswertung
Die ermittelten Daten wurden in einem ersten Schritt aufgrund der zahlreichen Erfahrungen des GfSForschungsinstituts mit politischen Befragungen plausibilisiert. Verwendbar waren danach 2004 Interviews.
Die Designgewichtung mit einer Übervertretung der italienischsprachigen Schweiz wurde für
gesamtschweizerische Auswertungen rückgängig gemacht. Die Ergebnisse wurden in der Folge aufgrund
der Rückerinnerungsfragen für das Wahlverhalten 1999 je Sprachregion gewichtet. Damit stimmen die
Grössenordnungen zur Beteiligung und zu den Wähleranteilen mit 1999 überein. Auswertungen zu den
Parteistärken basieren ausschliesslich auf den Wahlberechtigten, die bekunden, an der kommenden Wahl
sicher teilnehmen zu wollen. Die Befragtenzahl liegt dabei bei rund 1000. Auswertungen zu Einstellungen
der Wahlberechtigten insgesamt beruhen auf allen Befragten.
Bei sprachregionalen Auswertung haben wir die Werte aufgrund der ursprünglichen Stichprobe mit
Übergewichtungen der Sprachregionen erstellt.
Durchführendes Institut
Summiert man obige Kriterien, hängt die Vergleichbarkeit von Wahlbefragungen auch vom
durchführenden Institut ab. Wir raten deshalb nur zu Vergleichen, die auf Trends aus sind, unter den
Wahlbefragungen des GfS-Forschungsinstituts, Politik und Staat, Bern. Trendaussagen aufgrund von
Vergleichen von Umfragen verschiedener Institute sind problematisch. Verglichen werden können aber
Umfrageserien mit Umfrageserien als Ganzes.
Der statistische Stichprobenfehler
Die gewählte Stichprobengrösse erfolgt in erster Linie, um Angaben zu den Parteistärken für die grossen
und mittelgrossen Parteien machen resp. um bestimmte Untergruppen der Wahlberechtigten analysieren zu
können.
Der Stichprobenfehler ergibt sich aus der Tatsache, dass nicht alle Wahlberechtigten befragt wurden,
sondern nur eine Stichprobe daraus. Der statistische Stichprobenfehler resultiert dabei aus der absoluten
Zahl der Befragten und der Verteilung des Wertes, der interessiert. Es gilt:
Je grösser die Stichprobe, desto geringer der statistische Stichprobenfehler.
Je kleiner eine Partei (oder eine andere Grösse, die interessiert) desto kleiner der Stichprobenfehler
(bei konstanter Stichprobengrösse).
Maximale Fehlerquoten aufgrund des statistischen Stichprobenfehlers
Partei von 20%
Partei von 5%
Partei von 1%
N=2000 Befragte (z.B.
Wahlberechtigte)
max. +/- 1.8%
max. +/- 1.0%
max. +/- 0.6%
N=1000 Befragte (z.B.
Teilnehmende)
max. +/- 2.5%
max. +/- 1.4%
max. +/- 0.6%
Die hier angegebenen Werte verstehen sich als maximale Abweichung, die aus der Stichprobenbildung
resultiert.
Momentaufnahme und Prognose
Wahlbefragungen sind Momentaufnahmen. Sie geben wieder, wie die aktuellen Wahlabsichten verteilt
sind. Darin spiegeln sich längerfristige Entwicklungen in den WählerInnen-Bindungen und kurzfristige,
mehr klimatische Momente. Beides auseinander zu halten, ist nicht einfach. Es ist vor allem mittels EinmalBefragungen kaum möglich! Sinnvoller ist es deshalb, Wahlbefragungen als Serien zu machen, und aus
wiederkehrenden Trends Entwicklungen abzuleiten. Nur auf dieser Basis sind Wahlbefragungen auch ein
Prognoseinstrument. Der Schluss, aus einer Befragung weit vor der Wahl, schon das Ergebnis zu kennen, ist
falsch. Bekannt wird damit die Ausgangslage, in der sich der kommende Wahlkampf abspielen wird.
Musterbeispiel für Kurzangabe in den Medien
SRG SSR Wahlbarometer '03 - erstellt durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in der ganzen Schweiz.
Erhebungsmethode: CATI (Computerunterstützte Telefoninterviews).
Befragungszeitraum: 30. September - 10. Oktober.
Stichprobengrösse: 2004, sprachregional gewichtet, reine Zufallsauswahl.
Statistischer Stichprobenfehler: + / - 1.8 Prozent.
SWISS INTERVIEW Richtlinien:
www.polittrends.ch/abstimmungen/naechste-abstimmungen/meinungsbildung/swiss-interview
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