Folien - Andreas Ladner

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Politisches System der Schweiz
Die WählerInnen
31.5.2011
Dr. Georg Lutz
Projektleiter Selects (Swiss Electoral Studies)
FORS – Université de Lausanne
Inhalt
1. Theoretische Grundlagen der
Wahlforschung
2. Warum wählen Menschen (nicht)?
3. Warum wählen Menschen eine
bestimmte Partei?
4. Fazit
Der doppelte Entscheid
Beteiligung Ja/Nein
Entscheid für eine Partei/
Kandidierende
Die Selects-Studien
•
•
•
•
•
Selects: Wahlforschungsprojekt seit 1995, 2011 in
der 5. Welle, angesiedelt bei FORS
Zwischen 3000 und 7000 Interviews pro Jahr
2007: 4392 Interviews zwischen 22. Oktober und
dem 5. November 2007.
Kandidatenbefragung 2007: Interviews mit 1707 der
3181 Kandidierenden für National- und Ständerat.
Daten, Informationen verfügbar unter
www.selects.ch
Inhalt
1. Theoretische Grundlagen der
Wahlforschung
2. Warum wählen Menschen (nicht)?
3. Warum wählen Menschen eine
bestimmte Partei?
4. Fazit
Erklärungsgründe für Nicht-Beteiligung
• „Will nicht“. Mangelndes politisches Interesse
• Nicht-Wähler mit geringerem politischen Interesse,
geringere Bedeutung der Politik, geringere
Einbettung in politisch-gesellschaftliche Strukturen
• „Kann nicht“. Mangelnde Ressourcen
• Zusammenhang zu Bildungsgrad, Einkommen,
Geschlecht
• „Wurde nicht gefragt“. Mangelnde Aktivierung
• Mangelnde politische Einbettung, geringere
Parteibindung
Wahlbeteiligung nach politischem Interesse
90
80
sehr interessiert
70
60
eher
interessiert
50
40
eher nicht
interessiert
30
überhaupt nicht
interessiert
20
10
0
1995
1999
2003
2007
Beteiligung nach Bildung
70
obligatorische
Schule, Anlehre
60
50
Berufslehre
40
30
Matur,
Fachhochschule
, Universität
20
10
0
1995
1999
2003
2007
Beteiligung nach Geschlecht und Alter
80
70
60
Männer
50
40
30
Frauen
20
10
0
18-24
25-34
35-44
45-54
55-64
65-74
75+
1971-2007 Beteiligung nach Geschlecht
80
70
70
61
60
50
54
46
44
53
51
50
52
55
46
43
40
42
40
39
37
40
43
Männer
Frauen
30
20
10
0
1971
1975
1979
1987
1991
1995
1999
2003
2007
Teilnahmegründe: Selbstdeklaration
41
Mitbestimmung
23
12
Tradition, Pflicht
39
9
10
Politisches Interesse
Unterstützung einer
Partei/Kandidaten
19
10
Unterstützung eines
politischen Programms
10
7
9
Anderer Grund
12
0
5
10
Deutschschw eiz
15
20
25
30
35
40
Romandie/Tessin
45
Fazit: Warum wählen Menschen (nicht)
• Hauptgrund: Zu geringes politisches Interesse.
Wahlen zu unwichtig, um Informationkosten zu
tragen:
• „Es passiert eh nichts“
• „Es gibt ja noch Abstimmungen“
• „Die Regierung bleibt immer die gleiche“
• Ein Teil überfordert, mangelnde Ressourcen
Inhalt
1. Theoretische Grundlagen der
Wahlforschung
2. Warum wählen Menschen (nicht)?
3. Warum wählen Menschen eine
bestimmte Partei?
1. Sozio-strukturelle Ansätze
2. Sozialpsychologische Ansätze
3. Rationales Wählen
4. Fazit
Soziale und politische Determinanten
des Wahlentscheids
• Erklärungsansätze für den Wahlentscheid
• Sozial-strukturell: Menschen werden in bestimmte
soziale Milieus hineingeboren und wählen deshalb
eine Partei, bzw. wählen oder nicht
• Sozial-psychologisch: Menschen bauen affektive
Bindungen zu einer Partei auf, welche langfristig
den Wahlentscheid erklären
• Rational choice: Man wählt jene Partei, welche den
grössten Nutzen bringt
Der neue Kulturkampf
• Ausgangspunkt: « Arbeiter » wählen nicht SVP, gut verdienende SP.
Warum?
• Zwei zentrale Konfliktlinien
• Sozio-ökonomischer Konflikt (links-rechts)
• Kultureller Konflikt Öffnung/Integration und TraditionKonsveratismus
Integration und gesellschaftliche Offenheit
SP
Grüne
Kultureller Konflikt
Sozio-kulturelle
Spezialisten
Selbständige
Technische
Spezialisten
Kader/Manager
Mehr Staat
Bürofachangestellte
FDP
Mehr Markt
CVP
Gew erbetreibende
Dienstleistungsangestellte
Arbeiter/
Angestellte
Produktion
SVP
Traditionalism us und Konservatism us
Sozio-ökonomischer Konflikt
Der Wahlentscheid 2007 nach Alter
40
35
SVP
30
25
FDP
20
CVP
15
SP
10
5
Grüne
0
18-24
25-34
35-44
45-54
55-64
65-74
75+
Parteinnähe und Wahlentscheid
Wähler mit Bindung zur eigenen Partei 1995 bis 2007
70
SVP
60
50
FDP
40
CVP
30
SP
20
GPS
10
0
1995
1999
2003
2007
Quelle: Selects
Wahlentscheid 2007 im Vergleich zum Wahlentscheid
des Vaters (Quelle: Selects 2007)
Partei gewählt 2007
Partei die der
Vater gewählt
hat
SVP
FDP
CVP
SP
Grüne
SVP
37
5
3
6
11
FDP
20
52
14
22
23
CVP
14
17
66
20
16
SP
13
12
8
33
19
Grüne
0
0
0
1
5
Andere Partei
4
9
2
5
12
War nicht
stimmberechtigt
5
2
2
5
8
Ausländische Partei
2
2
2
4
4
Wählte nicht
6
2
2
4
2
Total
100
100
100
100
100
N
358
233
207
278
129
Die Wandel der Parteienlandschaft 1995/2007
1995
2007
100%
100%
15 19 16
21 18 22
20
5
14
4
16
11
7
17
Grüne
25 31
5
14
22
SP
7
80%
28 19
25
47
11
Grüne
SP
28 25
Rechts
9
8
7
6
74 71
FDP
42
24
6
SVP
7
3
7
1
3
3
22
2
26
65
20
1
19
22 30
59 54
FDP
0%
Mitte
3
2
1
Links
0%
69
20%
14
16
Übrige
CVP
40%
24
4
4
2
10
3
7
SVP
19
Re 9
ch
ts
24
11
5
7
8
31
8
2
6
CVP
24
20%
5
9
27
7
32
50
5
4
26
23
Li
nk
s
57
10
37
64
57
9
15
11
60%
50 23
40%
2
7
6
60%
25
10
e
4
18
12
28 28
4
11
13
11 10 13 14
16
16
itt
37
80%
6
Übrige
M
29
17
Wichtigste Themen im Wahlkampf 2007
2007 nach Parteientscheid
Total
SVP
FDP
CVP
SP
Grüne
Immigration, Ausländer, Asyl
26
40
22
21
21
16
Sozialwerke, soziale Sicherheit
16
12
15
15
21
17
Umwelt, Energie, Klima
15
5
12
16
22
36
Kriminalität, Sicherheit
9
17
8
6
2
2
Politisches System, Parteien,
Politiker
7
4
6
9
9
6
Arbeitsmarkt
6
4
6
10
6
4
Europäische Integration
4
2
3
4
3
2
Gesundheitspolitik
3
2
7
4
5
4
Finanzen und Steuern
3
4
4
3
1
1
12
10
18
14
10
12
100
100
100
100
100
100
1940
562
303
281
382
185
Andere
Total
N
Glaubwürdigkeit: Welche Partei ist am kompetentesten,
das wichtigste Problem zu lösen?
100%
90%
3
2
3
1
2
7
7
8
80%
3
8
6
6
6
Andere
21
7
GPS
70%
59
60%
SP
58
50%
44
89
64
40%
CVP
30%
7
20%
26
FDP
3
1
6
5
1
3
SVP
SP
Grüne
27
10%
19
0%
SVP
FDP
CVP
Partei gewählt
Extreme Parteien – moderate Wählerschaft
• Ansatz: Vergleich der ideologischen Positionierung der Wählerschaft
und der Eliten (Kandidierenden) im politischen Raum
• Zwei-dimensionaler Politikraum: sozio-ökonomischer Konflikt und
kultureller Konflikt
• Auf beide Achsen ist die Polarisierung unter den politischen Eliten
sehr viel ausgeprägter als jene der Wählerschaft
• Allerdings mit Unterschieden:
• Bei den Eliten ist die Polarisierung auf der sozio-ökonomischen
Konfliktlinie grösser als auf der kulturellen Konfliktlinie
• Bei der Wählerschaft ist die Polarisierung auf dem kulturellen Konflikt
grösser als auf dem sozio-ökonomischen Konflikt
Die Positionierung der Eliten und
der Wählerschaft im politischen Raum
1
Wähler
Eliten
Grüne
0.5
Kulturelle Dimension
FDP
SP
0
-1
-0.5
0
0.5
-0.5
SVP
-1
Wirtschaftliche Dimension
1
Warum Personen extreme Parteien wählen
• Klassisches Wahlverhalten: Parteien wählen jene
Parteien, die ihnen ideologisch am nächsten stehen
• Kompensatorisches Wählen: Wähler sind sich bewusst,
dass Parteien ihre Parteiprogramme nicht durchsetzen
können, sondern Kompromisse eingehen müssen, da sie
keine Mehrheit haben werden
• Durch die Wahl extremer Parteien erhofft man sich eine
Verschiebung politischer Entscheide in die gewünschte
Richtung
Der fundamentale Wandel des
Parteiensystems in der Schweiz
Zwischen 1919 und 1990er Jahren ausserordentliche
Stabilität des Parteiensystems in der Schweiz.
Ab 1990 fundamentaler Wandel,
an fünf Punkten festzumachen:
1.
2.
3.
4.
Abnehmende Bedeutung traditioneller Milieus
Konzentration der rechten Wählerschaft in der SVP
Polarisierung der Parteienlandschaft
Nationalisierung von Kampagnen und politischen
Spaltungen
5. Instabile Regierungszusammensetzung: Konkordanz
im Stress
Ausblick auf die kommenden Wahlen
• Der prängende Konflikt in der Schweiz ist zur Zeit nicht
mehr ein sozio-ökonomischer Konflikt, sondern ein neuer
kultureller Konflikt
• Wähler sind auch bereit, Parteien zu wählen, die
ideologisch deutlich extremer sind als sie selber
• Davon profitieren SVP und Grüne, weil sie Gegenpole
dieser Achse einnehmen, SP und FDP können sich
schlecht behaupten
• Wahlen 2011: Entscheidend für die Parteien wird sein,
auf welcher Konfliktdimension sich der Wahlkampf
abspielt: Vor allem CVP und FDP mit unklarer
Positionierung.
• Regierungszusammensetzung als Mobilisierungsfaktor
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