Wer welche Partei wählt – und warum

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12 BlickPolitik/Wirtschaft
MONTAG 2. JULI 2007
Grüne gehen am meisten
Exklusiv-Umfrage zum Wählerverhalten
BERN. Nur jeder fünfte Wähler
bleibt seiner Partei während Jahren
treu. Die treuesten Fans hat die CVP.
Grüne wechseln am häufigsten.
Beständig, konstant, stabil:
So das Image der Eidgenossenschaft. Der Eindruck
trügt, zumindest was die
Stabilität der Wähler angeht.
37 Prozent der Stimmbürger haben in den letzten
acht Jahren mindestens ein
Mal ihre Sympathie für eine
Partei gewechselt. 29 Prozent sind sich nicht sicher,
ob sie ihrer bisherigen Partei nochmals ihre Stimme
geben wollen. Auf gut
Deutsch: Zwei Drittel aller
Wähler sind Wackelkandidaten. Das zeigt die Langzeitbefragung «Leben in der
Schweiz» der Uni Neuenburg (s. Box «Haushalt-Panel» unten rechts; BLICK berichtete). Demnach gab bei
der neuesten Befragungswelle Ende 2006 nur noch
jeder Fünfte an, die ganzen
acht Jahre der gleichen Partei treu gewesen zu sein.
Weniger drastisch sind
die Zahlen nur für den Zeitraum von der letzten Wahl
2003 bis 2006. Was verständlich ist, denn je länger
der Zeitraum, desto wahrscheinlicher ein Politwechsel. Aber die Grundtendenz
ist gleich: Die Wählerwanderungen sind zahlreich.
Auf die treuesten Wähler kann die CVP bauen. Sie
konnte seit 2003 74 Prozent
ihrer Wähler halten. Die Abwanderer ziehen ziemlich
gleichmässig auf alle Seiten
des Politspektrums.
Am meisten Fremdgänger müssen die Grünen verkraften: Nur 58 Prozent ihrer Wähler von 2003 wollen
sie wieder wählen. Jeder
fünfte Grün-Wähler von damals will jetzt SP wählen. Die
Grünen sind nach wie vor
eine klassische Protestpartei: Sie gewinnen schnell
Wähler, aber verlieren sie
auch wieder.
Die SP hingegen ist sehr
stabil: 73 Prozent wollen ihr
wieder die Stimme geben.
Am meisten verliert sie mit
7 Prozent an die Grünen.
SVP und FDP sind sich
sehr ähnlich. Beide können
knapp zwei Drittel ihrer
Wähler behalten. Nur wandern mehr von der SVP zur
FDP als umgekehrt. Die FDP
verliert sogar mehr Wähler
an die CVP als an die Konkurrenz von rechts.
Wanderungen von ganz
links nach ganz rechts oder
umgekehrt kommen hingegen fast nicht vor, wenigstens nicht seit 2003. Wenn
Wähler auf ein anderes
Pferd setzen, dann auf eines
aus einem verwandten politischen Stall.
Wählerströme 2003–2006
SVP
FDP
CVP
SP
Grüne
keine/andere
SVP
64%
9%
3%
3%
1%
20%
FDP
5%
65%
6%
5%
1%
18%
CVP
3%
4%
74%
3%
2%
14%
Grüne keine/andere
SP
2%
0%
6%
3%
1%
7%
2%
1%
5%
73% 21%
7%
7% 58%
4%
71%
13% 19%
QUELLE SCHWEIZER HAUSHALT-PANEL
VO N S I M O N S P E NG L E R
LESEBEISPIEL (senkrecht): 64% der SVP-Wähler bleiben ihrer
Partei treu, 9% wechseln zur FDP, 3% zur CVP, 3% zur SP, 1%
zu den Grünen und 20% zu einer andern oder keiner Partei.
Wer welche Partei wählt – und warum
BERN. Wer wählt welche Partei? Weshalb gerade diese Partei und weshalb nicht eine andere?
Auch diese Wähler-Profile untersuchten die Forscher der Uni Neuenburg.
Männer wählen eher
SVP als Frauen. Katholiken wählen sie weniger
als Protestanten. Und
das Alter der SVP-Wähler spielt eine geringe
Rolle. Es sind immer
noch die altbekannten
Themen, die die Wahl
beeinflussen: EU, Ausländer, Familie. Wer
denkt, dass Kinder unter arbeitenden Müttern leiden, wählt eher
SVP.
FAZIT
EU, Ausländer und das
Familienbild sind entscheidend für die Wahl
der SVP.
Die CVP unterscheidet
sich in einem Merkmal
von den übrigen Parteien: im Katholizismus. Die
Religion spielt immer
noch eine grosse Rolle.
Unter den CVP-Wählern
sind 73 Prozent Katholiken. Bei den Wählern
der anderen Parteien
sind es lediglich 32 Prozent. Wenn der Vater
politisch schon rechts
stand, wird die Wahrscheinlichkeit erhöht,
CVP zu wählen.
Die FDP ist eine Männer-Partei. Männer
wählen sie mehr als
Frauen. FDP-Wähler
sind eher älter und Religion und Sprachregion
spielen keine Rolle. Keine Steuererhöhungen
für Reiche und ein klares Ja zur Atomenergie
sind die wichtigsten
Triebfedern für die
Wahlentscheidung für
die FDP, neben dem EUBeitritt.
FAZIT
Steuern und Atomenergie sind entscheidend.
Der wichtigste Grund,
CVP zu wählen ist
weiterhin die Religion.
FAZIT
Jüngere wählen eher
SP als Ältere. Staatsangestellte stimmen häufiger für die SP als für
die anderen Parteien.
Katholische Wähler sind
untervertreten. Ja zu
höheren Steuern für
Reiche und zu einer Erhöhung der Sozialabgaben sind wahlentscheidend. Wer denkt, dass
Kinder unter arbeitenden Müttern leiden,
wählt signifikant weniger häufig SP.
Frauen wählen eher Grün
als Männer. Unter den
grünen Wählern sind 62
Prozent Frauen. Die Grünen sind vor allem bei den
Jungen beliebt. In der
Westschweiz sind sie
besser vertreten als in
der Deutschschweiz. Die
wichtigsten Faktoren für
eine Wahl der Grünen
sind nach wie vor die Umweltthemen: So auch der
Ausstieg aus der Kernenergie. Die Grünen sind
klar links positioniert.
FAZIT
FAZIT
Die SP ist beliebt bei den
Staatsangestellten.
Umweltthemen sind
entscheidend.
G E O RG E S W Ü T H R I C H
MONTAG 2. JULI 2007
Wahlkampf:
Die Trümpfe
der Parteien
fremd
Die SVP lancierte in Liestal
eine Ausschaffungs-Initiative. Ausländer, die eine
schwere Straftat begehen
oder Sozialmissbrauch betreiben, sollen ausgewiesen
werden. Die Initiative ist
zeitlich auffallend gut mit
Bundesrat Christoph Blochers Grossveranstaltung
vom Freitag über Jugendgewalt koordiniert. Das kann
wohl kein Zufall sein.
FOTO KEYSTONE
SP Milliarden für
Rentner & Kinder
Was ist der Haushalt-Panel?
Normale Umfragen sind immer nur Momentaufnahmen zu einer ganz bestimmten Fragestellung. Das Schweizer Haushalt-Panel «Leben in der Schweiz» ist
ganz anders und viel aussagekräftiger.
Über Jahre hinweg werden immer wieder
die gleichen Personen zu verschiedensten
Aspekten des alltäglichen Lebens befragt:
Politik, Freizeitverhalten, Bildung, Familie,
Beziehungen, Arbeit, Gesundheit und vieles
mehr. So lassen sich Verhaltens- und Einstellungs-Veränderungen über einen längeren Zeitraum verfolgen.
Die Panel-Befragungen werden seit 1999
durchgeführt. Für die jüngste Befragung
wurden total 6660 Einwohner der Schweiz
befragt. Für die Auswertung der politischen
Fragen wurden aber nur die Wahlberechtigten berücksichtigt (5656 Antworten).
S I M O N S P E NG L E R
HAUSHALT-PANEL
X
An ihrem «Sozialgipfel» in
Olten lancierte die SP eine
«Solidaritätsabgabe»
von
fünf Prozent auf Dividenden, um höhere AHV-Renten, höhere Kinderzulagen
und den Abbau des IV-Schuldenbergs zu finanzieren.
Man rechnet mit Einnahmen von drei Milliarden
Franken: Mit einer Milliarde
sollen die AHV-Renten um
50 Franken erhöht werden.
Mit der zweiten Milliarde
die Kinderzulagen um ebenfalls 50 Franken erhöht werden. Die restliche Milliarde
soll in die Sanierung der IV
gesteckt werden.
FDP Atomkraft
soll Klima retten
Die FDP will nun auch noch
in der Klimapolitik punkten, allerdings mit anderen
Vorzeichen. In Zug verabschiedeten die FDP-Delegierten ein Klima-Positionspapier. Hauptforderung: Rascher Bau eines neuen
Atomkraftwerks. Der Bundesrat soll die Bevölkerung
in einer Kampagne objektiv
über die Notwendigkeit eines neuen AKWs überzeugen. Abgeschmettert wurde
der Vorschlag, die kantonalen Motorfahrzeugsteuern
durch eine Abgabe auf Treibstoffverbrauch zu ersetzen.
G E O RG E S W Ü T H R I C H
FOTO SWISS/IMAGES
BERN. Langsam
kommt WahlkampfStimmung auf! Einen
ganzen Strauss von populären Massnahmen
warfen drei Parteien
am Wochenende in die
politische Arena.
SVP Straffällige
Ausländer raus
Ergebnisse im Detail auf www.blick.ch
BlickPolitik/Wirtschaft 13
Dank ausländischen Reisegruppen gehts Bergbahnen und Gaststätten blendend.
Tourismus-Branche im Hoch
Teurer Euro – das
passt den Bergbahnen
LUZERN. Schlechtes Wetter
hin oder her. Hoteliers und
Bergbahn-Betreiber reiben
sich die Hände. Die Touristen
kommen in Scharen – mit bärenstarken Euros im Sack.
Dass unser Land schön ist, wissen
die Europäer längst. Aber so schön
billig war die Schweiz seit Jahrzehnten nicht. Da müssen sie einfach
kommen. Auch wenn die berühmten Alpen wolkenverhangen sind
und sogar wenn es schüttet.
Kein Wunder jammert niemand
aus der Tourismusbranche. Dies
zeigt eine BLICK-Umfrage.
«Vom Januar bis März lagen wir
noch 40 Prozent unter den Erwartungen», meldet Peter Pfenniger, Direktor der Rigi-Bahnen. «Der April
lag 85 Prozent darüber. Mai und Juni
liegen genau im Vier-JahresSchnitt.» Dies vor allem dank ausländischen Reisegruppen.
Die fahren auch massenweise
auf das Jungfraujoch – Regenwetter
hin oder her. «Wir liegen gegenüber
dem durchschnittlich gut gelaufenen Vorjahr im Plus», freut sich Marketingleiter Hans Zurbuchen.
Auch die Walliser reiben sich die
Hände. «Der Mai war etwas schwächer als im Vorjahr. Dafür hob uns
der Juni wieder ins Plus», sagt Helmut Biner von der Gornergrat-Bahn.
Die renovierte Schatzalp-Bahn in
Davos erlebt einen solchen Andrang,
dass Bahn und Panoramarestaurant
bis 23 Uhr in Betrieb bleiben. «So wie
es aussieht, wird der Juni der stärks-
te Sommer-Monat der letzten fünf
Jahre», frohlockt Verwaltungsratspräsident Pius App.
Grossansturm auch auf den Säntis. «Unser Geschäftsverlauf ist zurzeit überdurchschnittlich gut – ja
sogar ausgezeichnet. Wir haben etwa fünf Prozent mehr Fahrgäste als
im Vorjahr», sagt Geschäftsführer
Bruno Vattioni. Und freut sich, dass
nicht nur immer mehr einheimische, sondern auch immer häufiger
englisch und spanisch sprechende
Gäste sowie Asiaten auf den Säntis
fahren.
Die steilste Zahnradbahn der
Welt führt auf den Pilatus und konnte in diesem Jahr ihren Betrieb so
früh aufnehmen wie seit 33 Jahren
nicht mehr.
«Mit dem ersten Halbjahr sind
wir sehr zufrieden. In allen Geschäftsbereichen (Bahnen, Hotels,
Gastronomie, Merchandising und Freizeitanlagen) liegen die Zahlen über
dem Budget», sagt Direktor André
Zimmermann. Die Bahn allein hat
dank mehr Gruppen aus Europa
und Übersee vier Prozent mehr Fahrgäste als im Vorjahr.
Die positiven Zahlen der Bergbahnen decken sich mit jenen der
Hotellerie. «Im April 2007 haben die
Logiernächte um 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Der
Anstieg ist vor allem auf die ausländischen Gäste zurückzuführen», sagt
Nora Fehr von «hotelleriesuisse».
Ganz klar also: Für den Tourismus
in der Schweiz ist es gut, wenn der Euro
ein Teuro ist.
N I K L AU S WÄC H T E R
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