Magnetisches Feld und Spule

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Elektrotechnik
Grundlagen
Magnetisches Feld und Spule
Andreas Zbinden
Gewerblich- Industrielle Berufsschule Bern
Inhaltsverzeichnis
1 Magnetisches Feld
1.1 Magnete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Kraftwirkung und Molekularmagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Magnetfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Elektromagnetismus
2.1 Magnetfeld um einen elektrischen Leiter . . . . .
2.2 Der Magnetische Kreis . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Die Durchflutung Θ (Theta) . . . . . . . .
2.2.2 Magnetischer Widerstand RM . . . . . . .
2.2.3 Magnetischer Fluss Φ (Phi) . . . . . . . .
2.2.4 Magnetische Flussdichte B . . . . . . . . .
2.2.5 Magnetische Feldstärke H . . . . . . . . .
2.3 Magnetisierungskennlinie . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Kraftwirkung magnetischer Felder . . . . . . . . .
2.5 Anwendungen der Kraftwirkung in Magnetfeldern
2.5.1 Hall-Sonde . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5.2 Feldplatten . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5.3 Gleichstrommotor . . . . . . . . . . . . .
2.5.4 Schrittmotor . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5.5 Drehspulmesswerk . . . . . . . . . . . . .
2.5.6 Lautsprecher . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5.7 Weitere Anwendungen . . . . . . . . . . .
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3
3
3
4
6
6
7
7
7
8
9
10
12
16
18
18
19
20
20
22
23
23
3 Induktion
25
3.1 Induktionsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2 Anwendungen des Induktionsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1
Inhaltsverzeichnis
3.3
3.4
Wirbelströme . . . . . . . .
3.3.1 Wirbelströme infolge
3.3.2 Wirbelströme infolge
Selbstinduktion . . . . . . .
. . . . . . . .
Induktion der
Induktion der
. . . . . . . .
4 Induktivität
4.1 Zusammenschalten von Spulen
4.2 Die Spule im Gleichstromkreis .
4.3 Gespeicherte Energie . . . . . .
4.4 Spule im Wechselstromkreis . .
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2
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Ruhe . .
Bewegung
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30
30
31
31
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34
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1 Magnetisches Feld
1 Magnetisches Feld
Der Magnetismus lässt sich an seinen Wirkungen erkennen. So zieht ein Magnet Eisenteilchen an. Magnetisierbare Materialien werden als ferromagnetisch bezeichnet.
1.1 Magnete
Abbildung 1: Nachweis der Pole
Abbildung 2: Ein Stabmagnet richtet sich in
Nord-Süd Richtung aus. Das nach
norden zeigende Ende heisst Nordpol, das nach süden zeigende Ende
heisst Südpol
Beim geografischen Südpol liegt der magnetische Nordpol der Erde (68◦ S, 145◦ E).
1.2 Kraftwirkung und Molekularmagnetismus
Ungleiche Pole ziehen sich an, gleichnamige Pole stossen sich ab.
Abbildung 3: Kraftwirkung zwischen Polen
Teilt man einen Stabmagneten, erhält man zwei vollständige Magnete mit Nord- und
Südpol.
3
1 Magnetisches Feld
Abbildung 4: Teilung von Magneten
Diesen Vorgang kann man so lange fortsetzen, bis nur noch Moleküle übrigbleiben. Diese
kleinsten Magnete nennt man Molekularmagnete.
Abbildung 5: Molekularmagnete ausgerichtet → magnetisiert und nicht ausgerichtet →
unmagnetisiert
1.3 Magnetfelder
Unter einem magnetischen Feld versteht man den Raum um einen Magneten, in dem
magnetische Käfte wirken.
Abbildung 6: Festlegung: Feldlinien treten beim Nordpol aus und beim Südpol ein
4
1 Magnetisches Feld
(a) Verlauf der Feldlinien in verschiedenen Formen
(b) Gleichnamige Pole stossen sich ab. Ungleichnamige Pole ziehen sich an.
Abbildung 7: Magnetische Feldlinien
(a) Homogenes Feld im Vakuum
(b) Diamagnetische Materialien schwächen
das Feld (Gold, Kupfer, Blei, Wasser)
(c) Paramagnetische Materialien verstärken das Feld (Alu, Chrom, Zinn)
(d) Ferromagnetische Materialien verstärken das Feld stark (Eisen)
Abbildung 8: Verschiedene Felder
5
2 Elektromagnetismus
2 Elektromagnetismus
2.1 Magnetfeld um einen elektrischen Leiter
(a) Es bildet sich ein Magnetfeld um einen stromdurchflossenen Leiter.
(b) Feldlinien bei einer stromdurchflossenen Schleife
(c) Feldlinien bei einer stromdurchflossenen Spule. Die Einzelfelder jeder Schleife addieren sich zu einem gemeinsamen, stärkeren Feld.
Abbildung 9: Bewegte Ladung (Strom) ist die Ursache von magnetischen Feldern d.h.
des Magnetismus insgesamt.
6
2 Elektromagnetismus
2.2 Der Magnetische Kreis
(a) Einfacher magnetischer Kreis
(b) Elektrischer Kreis
Abbildung 10: Der magnetische Kreis im Vergleich zum elektrischen Kreis
2.2.1 Die Durchflutung Θ (Theta)
Beim elektrischen Kreis ist die Generatorspannung U0 der Antrieb für den elektrischen
Strom durch den Innenwiderstand Ri und den Lastwiderstand RL .
Beim magnetischen Kreis ist der Antrieb für das magnetische Feld der Strom I welcher
durch die Spule fliesst. Je grösser der Strom, desto grösser das magnetische Feld. Der Kreis
wird also stärker durchflutet (magnetische Durchflutung). Das gleich kann bei gleichem
Strom auch mit der Erhöhung der Windungszahl N erreicht werden. Die Durchflutung
wird auch magnetische Spannung UM genannt.
(1)
Θ = UM = I · N
θ
I
N
magnetische Durchflutung [Θ] = A
Elektrischer Strom
Anzahl Windungen
2.2.2 Magnetischer Widerstand RM
Der magnetische Widerstand ist, wie der elektrische Widerstand, von den Abmessungen
und vom Material abhängig. [RM ] = VAs
Elektrischer Widerstand Rel =
Magnetischer Widerstand RM =
7
%·l
l
=
A
κ·A
(2)
l
µ·A
(3)
2 Elektromagnetismus
%
κ
µ
l
A
2
Spezifischer Widerstand in Ω mm
m
Spezifische Leitfähigkeit in mmm2 Ω
Permeabilität (magnetische Leitfähigkeit) in
Wirksame Länge
Querschnitt
Vs
Am
oder
H
m
(Henry pro Meter)
Die magnetische Leitfähigkeit eines Materials wird also durch die Permeabilität µ angegeben. Materialien mit hoher magnetischer Leitfähigkeit haben grosse µ-Werte.
Bei nichtferromagnetischen Spulenkernen (wie z.B. Luftspulen) wird mit einer magnetischen Feldkonstanten µ0 (Vakuumpermeabilität) gerechnet:
1
−7 H
ε0 · µ 0 = 2
(4)
µ0 = 4π · 10
m
c
Bei ferromagnetischen Spulenkernen gibt ein zusätzlicher Faktor µr an, wieviel mal das
Kernmaterial besser magnetisierbar ist als Vakuum bzw. Luft.
(5)
µ = µ0 · µ r
Material
µr
Vakuum
Luft
Kupfer
Reineisen
Fe-Si-Legierung
Weichmagn.Ferrite
1
≈1
≈1
6000
20000
40000
Zudem setzt sich der gesamte Widerstand aus dem Luftspalt (entspircht beim elektrischen
Kreis RL ) und dem Widerstand des magnetischen Leiters (entspricht beim elektrischen
Kreis Ri ) zusammen.
RM = RM −Luf t + RM −F e
(6)
2.2.3 Magnetischer Fluss Φ (Phi)
Beim elektrischen Kreis treibt die Spannung U0 den Strom I an. Beim magnetischen
Kreis treibt die Durchflutung den magnetischen Fluss Φ an. Der magnetische Fluss kann
als Gesamtheit der magnetischen Feldlinien betrachtet werden.
8
2 Elektromagnetismus
Abbildung 11: Magnetischer Fluss
Φ=
Φ
Θ
RM
(7)
magnetischer Fluss [Φ] = V s
2.2.4 Magnetische Flussdichte B
Die Wirkung eines Magnetfeldes hängt nicht nur von der Zahl der Feldlinien, sondern
auch von ihrer Dichte ab. Je enger die Feldlinien zusammengedrängt sind, desto grösser
wird die magnetische Wirkung. Analog ist es beim elektrischen Stromkreis. Je grösser
die Stromdichte desto grösser z.B. die Erwärmung.
Abbildung 12: Magnetische Flussdichte
9
2 Elektromagnetismus
Elektrische Stromdichte J =
I
A
(8)
Magnetische Flussdichte B =
Φ
A
(9)
J
Elektrische Stromdichte in
B
Magnetische Flussdichte in
U
B=
M
Φ
UM
R
= M =
=
A
A
RM · A
A
m
Vs
=T
m2
(Tesla)
UM
UM
=µ·
l
·A
l
µ·A
(10)
2.2.5 Magnetische Feldstärke H
Gleichung 10 zeigt, dass die Flussdichte B nebst von µ noch von der magnetischen Spannung UM und von der Feldlinienlänge l abhängt. Disen Einfluss wird mit der Feldstärke
H berücksichtigt.
Elektrische Feldstärke E =
Magnetische Feldstärke H =
E
Elektrische Feldstärke in
H
Magnetische Feldstärke
U
l
(11)
UM
l
(12)
V
m
A
in m
Daraus folgt für die Flussdichte B:
B =µ·H
(13)
Beispiel 2.1.
Erstellen Sie für die Formelsammlung eine Übersicht aller magnetischen Grössen und
deren mathematischen Zusammenhängen im magnetischen Kreis.
Beispiel 2.2.
Eine Spule eines Elektromagneten mit N 1 = 2000 und I1 = 0,4 A soll neu gewickelt
werden. Dabei soll der neue Strom I2 die Hälfte von I betragen. Gleichzeitig soll die
Kraft des Magneten um 20% erhöht werden. Welche Windungszahl N 2 ist nötig?
10
2 Elektromagnetismus
Beispiel 2.3.
Gegeben ist nebenstehender magnetische Kreis. Schalten Sie alle Wicklungen in Serie, so dass sich die
Magnetfelder unterstützen. Zeichnen Sie in Wicklung 1 die Stromrichtung ein für einen magnetischen
Fluss im Uhrzeigersinn. Die Durchflutung soll 1000 A betragen. Welche
Stromstärke ist erforderlich?
Beispiel 2.4.
Als global agierende, vernetzt denkende und projektbezogen handelnde Elektroniker
schlagen wir eine Brücke von kulinarischen Genüssen über den Zahnarzt bis zum Magnetismus und berechnen an einem Willisauer-Ringli (als Beispiel eines modernen Ringkernes, vergl. Ringkerntrafo) einige magnetische Grössen. Das Willisauer-Ringli werde
gleichmässig mit 100 Windungen Kupferdraht bewickelt. Durch die Wicklung fliesst ein
Gleichstrom I = 0,2 A.
a) Berechnen Sie Θ, RM , Φ und B.
b) Durch Sponsoring wird jedes 100. Willisauer-Ringli aus einem teureren aber noch
härteren Ferritmaterial (µr =8000) hergestellt. Berechnen Sie Θ, RM , Φ und B.
Beispiel 2.5.
Gegeben ist eine Spule auf einem Eisenkern mit Luftspalt. Mittlere Feldlinienlänge im Eisen 25 cm; mittlere Feldlinienlänge
im Luftspalt 1 mm; µr =1000; Windungszahl 2000; A=5 cm2 ; Spulenstrom 0,2 A
Berechnen Sie die
1. Flussdichte
2. Feldstärke im Luftspalt
3. Feldstärke im Eisen
Abbildung 13
11
2 Elektromagnetismus
2.3 Magnetisierungskennlinie
Zur Unterscheidung von verschiedenen Magnetwerkstoffen (z.B. bei einer Harddisk oder
einem Trafokern) dient die Magnetisierungskennlinie. Dabei wird die Stärke des Magnetfeldes, die Flussdichte B in Abhängigkeit der magnetisierenden Grösse, der Feldstärke H
dargestellt.
Magnetisierungskennlinie einer Luftspule
10
B
8
6
4
2
−10
−8
−6
−4
−2
2
−2
−4
−6
−8
−10
12
4
6
8
H
10
2 Elektromagnetismus
Magnetisierungskennlinie einer Spule mit ferromagnetischem Kern
10
B
8
6
4
2
−10
−8
−6
−4
−2
2
−2
−4
−6
−8
−10
13
4
6
8
H
10
2 Elektromagnetismus
(a) Weichmagnetischer Werkstoff
(b) Hartmagnetischer Werkstoff
Abbildung 14: Magnetisierungskennlinien unterschiedlicher Stoffe
• Weichmagnetische Werkstoffe:
– Blechkerne: Dünne, voneinander isolierte Bleche; Trafos, Motoren, Generatoren.
– Pulverkerne: Feines Pulver mit Bindemittel, auch als Massekerne bezeichnet.
HF-Technik
– Ferritkerne: Gesinterte Metalloxyde mit hohem elektrischem und kleinem magnetischen Widerstand. Hochwertige HF-Spulenkerne
• Hartmagnetische Werkstoffe: Hart, spröde. Formgebung durch Pressen vor dem
Sintern. Haftmagnete, Fernsehmagnete, Motoren und Generatoren, Kupplungen.
– Hartferrit Magnete
– Metallische Magnete: hohe Festigkeit, kleine Temperaturabhängigkeit. Messgeräte, Zähler, Lautsprecher, Mikrophone, Motoren und Generatoren.
– Seltenerd Magnete: Rohstoffe sind seltene Erden und Kobalt. Grosse Magnetkraft, sehr spröde. Magnete für Kleinmotoren und Lautsprecher.
14
2 Elektromagnetismus
(a)
(b)
Abbildung 15: Magnetisierungskennlinien von Elektroblechen und Grauguss
15
2 Elektromagnetismus
Beispiel 2.6.
Gegeben ist eine Spule mit N = 400 und l = 0,2 m. Berechnen und bestimmen Sie die
Flussdichten bei den Stromstärken 0,1 A, 0,4 A und den Materialien El.Blech V350-50A
und VM111-35
Beispiel 2.7.
Begründen Sie die Relative Permeabilität eines Magnetmaterials.
Beispiel 2.8.
In einer Luftspule werde der Magnetisierungsstrom verdoppelt. Dabei steigt die magnetische Flussdichte um 0,314 mT. Welche Feldstärke herrscht nach der Stromerhöhung?
Beispiel 2.9.
Gegeben ist eine Spule mit quadratischen Kernabmessungen gemäss Abbildung 13 mit
einer Länge aussen von 100 mm und einer Länge innen von 60 mm. Der Luftspalt ist 1 mm.
µr = 800, Stromstärke 0,1 A, Flussdichte 18 mT. Wie gross ist die Windungszahl?
Beispiel 2.10.
Gegeben ist eine Spule mit Luftspalt. Mittlere Feldlinienlänge im Eisen 35 cm, mittlere
Feldlinienlänge im Luftspalt 0,8 mm, µr =1000, A = 6 cm2 , Windungszahl 1200, magnetischer Fluss Φ =0,5 mV s. Gesucht ist der Strom durch die Spule.
2.4 Kraftwirkung magnetischer Felder
Stromdurchflossene Leiter werden im Magnetfeld abgelenkt (Lorentzkraft, Motorprinzip).
(a)
(b)
Abbildung 16: Wirkungsweise der Ablenkung eines stromdurchflossenen Leiters in einem
Magnetfeld.
Wird anstelle eines Einzelleiters eine Spule verwendet, erhöht sich die Ablenkkraft (Beispiel Elektromotor).
16
2 Elektromagnetismus
F =N ·B·l·I
F
B
N
l
I
(14)
Ablenkkraft in Newton N
Vs
Magn. Flussdichte in m
2
Windungszahl (Faktor)
wirksame Leiterlänge in m
Strom in A
Abbildung 17: Kraftwirkung zwischen parallelen, stromdurchflossenen Leitern
Für kleine Leiterdurchmesser im Verhältnis zum Leiterabstand gilt:
F =
F
l
a
I1
I2
µ0 l
· · I1 · I2
2π a
Kraft zwischen parallelen Leitern in N
Leiterlänge in m
Leiterabstand in m
Strom im Leiter 1 in A
Strom im Leiter 2 in A
17
(15)
2 Elektromagnetismus
Abbildung 18: Kraftwirkung zwischen Dauermagneten und Elektromagneten
F =
F
B
A
1
· B2 · A
2 · µ0
(16)
Kraft zwischen Magnetpolen in N (gilt auch für gleichnamige Pole)
Vs
Flussdichte in der Luft in m
2
Fläche des Luftspaltes in m2
2.5 Anwendungen der Kraftwirkung in Magnetfeldern
2.5.1 Hall-Sonde
Bringt man ein rechteckiges, dünnes, leitendes Plättchen, welches in seiner Längsrichtung
von Strom durchflossen wird so in ein Magnetfeld, dass die Feldlinien senkrecht auf der
Fläche des Plättchens sind, dann werden die Elektronen infolge der Lorenzkraft durch
das Magnetfeld abgelenkt. Auf der einen Seite des Plättchens reichern sich Elektronen
an und auf der anderen Seite gibt es eine Verarmung an Elektronen. Dadurch entsteht
die Hallspannung.
Abbildung 19: Halleffekt beim n-Leiter
18
2 Elektromagnetismus
UH =
UH
I
B
s
RH
RH · I · B
s
(17)
Hallspannung in V
Strom durch das Plättchen in A
Vs
Flussdichte in m
2
Leiterdicke in m
3
Hallkoeffizient in mC
2.5.2 Feldplatten
Feldplatten sind magnetisch steuerbare Widerstände z.B. aus Indiumantimonid-Nickelantimonid
(InSb-NiSb), deren Beeinflussbarkeit auf dem Halleffekt beruht. Die das Plättchen durchlaufenden Ladungsträger werden durch die Einwirkung eines äusseren transversalen (querlaufend) Magnetfeldes seitlich abgelenkt.
Das InSb enthält Nadeln aus NiSb, die eine sehr gute Leitfähigkeit aufweisen. Die Nadeln
werden bei der Herstellung ausgerichtet. Ohne äusseres Magnetfeld beträgt der Widerstandswert einer Feldplatte einige Ohm bis einige kOhm.
Abbildung 20: Funktionsweise von Feldplatten
Unter dem Einfluss eines äusseren Magnetfeldes werden die Ladungsträger abgedrängt (wie beim HallSensor). Die Strombahnen verlaufen von einer Nadel
zur anderen in schrägen Bahnen. Die Nadeln selber leiten elektrisch sehr gut. Unterschiedliche Ladungsträgerdichten gleichen sich innerhalb der Nadeln aus; deshalb die zickzackför-mige Bewegung. Mit zunehmender
Flussdichte wird die Ablenkung und damit die Weglänge immer grösser. Eine Längenvergrösserung bedeutet
eine Erhöhung des elektrischen Widerstandes. Der Widerstandswert nimmt mit steigender Flussdichte B zu.
Abbildung 21: Kennlinie einer Feldplatte
19
2 Elektromagnetismus
2.5.3 Gleichstrommotor
Abbildung 22: Gleichstrommotor
Die Drehzahl n verläuft ungefähr proportional zur angelegten Spannung U. Daher lässt sich der Motor gut
über die Spannung steuern:
Abbildung 23: Kennlinie n = f (U ) eines Gleichstrommotor
2.5.4 Schrittmotor
Im Gegensatz zum Gleichstrommotor dreht der Schrittmotor nicht kontinuierlich, sondern in kleinen Einzelschritten. Er lässt sich sehr gut direkt aus digitalen Schaltungen
ansteuern. Durch Vorgabe der Taktimpulszahl ist eine schrittgenaue Positionierung ohne
Rückmeldung möglich.
Schrittmotoren werden mit Gleichspannung betrieben. Um einen Schritt auszuführen,
muss ein Spulensystem der Statorwicklung des Motors umgepolt werden. Dazu dienen
Transistoren als Schalter; sie übernehmen die Funktion eines Stromwenders.
20
2 Elektromagnetismus
Durch zyklisch wechselndes Ein- und Ausschalten der Statorwicklung wird der permanentmagnetische Rotor schrittweise gedreht. Das Ein- und Ausschalten der
Wicklungen übernimmt dabei eine Elektronik. Diese Schaltung (als IC erhältlich) muss an die Wicklungsauslegung angepasst sein. Man unterscheidet prinzipiell
folgende Ansteuerungen:
Abbildung 24: 2-Phasen PM-Schrittmotor (Permanent-Magnet)
Abbildung 25: Schrittmotoransteuerungen
21
2 Elektromagnetismus
Beispiel 2.11.
Die in Abbildung 24 eingezeichneten Stromrichtungen durch N1 und N2 gelten als positiv.
Geben Sie die Stromrichtungen für N1 und N2 für einen ganzen Umgang des Rotors im
Uhrzeigersinn:
Ausgangssituation
1. Schritt
2. Schritt
3. Schritt
4. Schritt
N1
N2
+
+
Ein weiterer Schrittmotortyp ist der sog. Reluktanz-Schrittmotor. Ein weichmagnetischer
Rotor mit zahnförmigem Umfang wird von je zwei gegenüberliegenden Spulen bewegt.
Der Rotor richtet sich auf die Statorzähne aus weil dort der geringste magnetische Widerstand ist (Reluktanz). Da immer zwei Spulenpaare aktiv sind, wird auch hier von einem
2-phasen Schrittmotor gesprochen.
Abbildung 26: 2-phasen Reluktanz-Schrittmotor
Werden zwei Rotoren welche hintereinander und um einen halben Zahn versetzt auf einer
Welle montiert sind, spricht man von einem Hybrid-Schrittmotor. Damit können für eine
Umdrehung 50 bis 2000 Schritte realisiert werden.
2.5.5 Drehspulmesswerk
Drehspulmesswerke messen den arithmetischen Mittelwert.
22
2 Elektromagnetismus
Abbildung 27: Drehspulmesswerk
2.5.6 Lautsprecher
Abbildung 28: Tauchspulenlautsprecher
2.5.7 Weitere Anwendungen
Relais, Reedrelais, Schützenspule
23
2 Elektromagnetismus
Beispiel 2.12.
Bei einem dynamischen Lautsprecher bewegt sich die Schwingspule in einem ringförmigen Luftspalt, dessen Flussdichte 0,85 T beträgt. Sie besitzt 80 Windungen von 40 mm
mittlerem Durchmesser und wird von 150 mA durchflossen. Berechnen Sie die auf die
Schwingspule wirkende Kraft.
Beispiel 2.13.
Durch einen Kurzschlussstrom wirkt auf zwei stromführende Sammelschienen mit 16 cm
Abstand und 2,5 m Länge eine Kraft von 2000 N. Welchen Wert hat der Kurzschlussstrom?
Beispiel 2.14.
Eine Hall-Sonde wird zur Messung der Flussdichte in einem Luftspalt eingesetzt. Bei
einem Hallstrom von 0,1 A wird eine Hallspannung UH von 0,5 mV gemessen. Daten der
3
Hall-Sonde: RH = 0,5 · 10−6 mC ; Dicke 0,1 mm. Berechnen Sie die Flussdichte.
Beispiel 2.15.
Das Joch soll eine totale Last (Joch plus
Last) von 10 kg heben. Kern und Joch sind
aus dem Material V350-50A. Welcher Spulenstrom ist erforderlich?
24
3 Induktion
3 Induktion
3.1 Induktionsgesetz
Abbildung 29: Spannungserzeugung durch Bewegen eines Stabmagneten in einer Spule
Wird in einer Leiterschleife eine Magnetfeldänderung herbeigeführt, tritt ein Stromfluss
auf. Ist die Leiterschleife offen, kann eine Spannung U0 gemessen werden (Generatorprinzip).
Die Grösse der induzierten Spannung hängt von
• der Flussdichte B
• der Bewegungsgeschwindigkeit v und
• der wirksamen Leiterlänge l sowie
• der Anzahl Leiter N ab.
Als Formel für die durch induktion der Bewegung erzeugte Spannung gilt:
U0 = B · v · l · N
25
(18)
3 Induktion
Die Polarität der induzierten Spannung
und somit die Stromrichtung im geschlossenen Stromkreis kann mit der Generatorregel (rechte Hand Regel) ermittelt werden.
Abbildung 30: Stromrichtung beim Generator
Beim Generator rotiert eine Leiterschleife (oder eine Spule) um eine
Drehachse. Hier muss die Geschwindigkeit v in zwei Komponenten zerlegt werden. Gerechnet wird dann
mit der horizontalen Geschwindigkeit
Abbildung 31: Geschwindigkeit beim Generator
Befindet sich der Stabmagnet weit ausserhalb der Spule, wird sie von keinen Feldlinien
durchsetzt Fluss Φ = 0. Wird der Magnet ganz in die Spule ge-schoben, wird sie von
allen Feldlinien durchsetzt Fluss Φ = maximal. So entsteht die Flussänderung ∆Φ.
Es soll der Zusammenhang zwischen der Flussänderung ∆Φ und der induzierten Spannung U0 untersucht werden:
1. Einfluss der Flussänderung ∆Φ
26
3 Induktion
2. Einfluss der Zeitdifferenz ∆t
3. Einfluss der Windungszahl N der Spule
4. Beziehung zwischen Ursache und Wirkung:
Allgemeines Induktionsgesetzt:
27
3 Induktion
3.2 Anwendungen des Induktionsgesetzes
(a) Tauchspulmikrofon
(b) Membranmikrofon
(c) Transformator
Abbildung 32: Anwendungen des Induktionsgesetzes
Beispiel 3.1.
∆Φ
∆t
Der Strom I1 in der Primärspule in Abbildung 32c sei sinusförmig. Zeichnen Sie Φ = f (t)
und U2 = f (t). (Annahme: es tritt keine Sättigung des Kerns auf)
1
1
0.5
0.5
U2
Φ
Trafo: Grundlage ist das allgemeine Induktionsgesetz: U0 = −N
0
−0.5
−1
0
−0.5
0
2
4
6
8
10
−1
0
2
4
t
6
t
(a)
(b)
28
8
10
3 Induktion
1
1
0.5
0.5
U0 in V
Φ in mVs
Beispiel 3.2.
Der folgende Fluss Φ durchsetzt eine einfache Leiterschleife. Zeichnen Sie U0 = f (t).
0
−0.5
−1
0
−0.5
0
2
4
6
t in ms
8
−1
10
0
2
(c)
4
6
t in ms
8
10
(d)
Beispiel 3.3.
In einer Spule mit 600 Windungen trete folgender magnetische Fluss auf. Zeichnen Sie
U0 = f (t).
0.6
0.4
U0 in V
Φ in mVs
20
0
0.2
−20
0
0
10
20
30
t in ms
40
50
(e)
0
10
20
30
t in ms
(f)
29
40
50
3 Induktion
3.3 Wirbelströme
3.3.1 Wirbelströme infolge Induktion der Ruhe
Abbildung 33: Wirbelstromentstehung infolge Strom- bzw. Flussänderung
Das Wechselfeld führt im Eisenkern zu Wirbelströmen infolge des Induktionsgesetztes.
Diese erwärmen den Kern → ist unerwünscht.
Abhilfe: Kern aus gegenseitig isolierten Blechen (Dynamobleche). Zusätzlich werden die
Bleche zur Erhöhung des Widerstandes mit Silizium legiert.
In der HF-Technik verwendet man Ferritkerne welche aus feinem Eisenpulver und Isoliermaterial gepresst werden verwendet.
Die Wirbelstromverluste sind quadratisch zur Frequenz und quadratisch zur Flussdichte.
Sie sind stark vom Werkstoff abhängig. Anwendung:
Abbildung 34: Bei Induktionsöfen wird das Schmelzgut durch Wirbelströme erwärmt.
30
3 Induktion
3.3.2 Wirbelströme infolge Induktion der Bewegung
Abbildung 35: Wirbelstrombremse
Wie bei einem Drahtleiter entstehen auch hier in der Platte durch Induktion der Bewegung Spannungen und damit Ströme, die wegen ihres scheinbar ungeordneten Verlaufes
Wirbelströme genannt werden. Diese sind so gerichtet, dass ihre Magnetfelder der Ursache entgegenwirken und die Bewegung bremsen.
3.4 Selbstinduktion
Abbildung 36: Selbsinduktionsspannung durch Einschalten- bzw. Ausschalten einer Spule
Beim Abschalten einer Spule entsteht kurzzeitig eine viel grössere Spannung als vorher
angelegt war.
Beim Einschalten einer Gleichspannung an eine Spule steigt der Strom nur verzögert auf
seinen Endwert an.
Die Selbstinduktionsspannung ist stets so gerichtet, dass sie der Änderung des Stromes
entgegenwirkt.
U0 = −L
∆I
∆t
L: Induktivität in H
31
(19)
4 Induktivität
4 Induktivität
Die Baudaten einer Spule und des Eisenkerns fasst man zusammen als die Induktivität L. Sie ist massgebend für die Höhe der Selbstinduktionsspannung. Die Einheit der
Induktivität L ist das Henry H. [L] = H
Eine Spule hat die Induktivität 1 H, wenn eine gleichmässige Stromänderung von 1 A je
Sekunde in ihr die Spannung 1 V induziert: 1 H = 1 VAs
Abbildung 37: Bauteilsymbol für Spulen nach IEC
Spule im Stromkreis:
Nach dem Induktionsgesetz wird in der Spule eine Spannung induziert welche der Ursache
entgegenwirkt.
∆I
U0 = −L
∆t
Abbildung 38: Eine Induktivität induziert bei jeder Stromänderung eine Gegenspannung
um den Energiezustand des magn. Feldes aufrecht zu erhalten.
Induktivitäten treten überall in Erscheinung, wo Ströme Magnetfelder auf- und abbauen.
Nebst Spulen besitzen z.B. auch Leiter und Bauelemente kleine Induktivitäten, die sich
allerdings erst bei hohen Frequenzen auswirken.
32
4 Induktivität
Abbildung 39: Einige Bauformen von Spulen
Wie bereits erwähnt, ist die Induktivität einer Spule abhängig vom Kern (magnetischer
Widerstand) und von der Wicklung. Sie lässt sich mit folgender Formel berechnen:
L = N2 ·
AL =
1
RM
mit Gleichung 3 wird
L = N2 ·
A · µ 0 · µr
l
(20)
(21)
(22)
L = N 2 · AL
N
RM
l
µ
AL
A · µ0 · µr
l
Windungszahl
Magnetischer Widerstand in VAs
mittlere Feldlinienlänge
Permeabilität
Spulenkonstante; magn. Leitwert
33
4 Induktivität
Beispiel 4.1.
Ein Spule soll ein L von 1 mH haben. Die Spulenkonstante ist AL = 0,2 · 10−6
Windungszahl ist erforderlich?
Vs
A .
Welche
4.1 Zusammenschalten von Spulen
Serieschaltung
Parallelschaltung
L = L1 + L2 + ... + Ln
(23)
1
1
1
1
+
+ ... +
=
L
L1 L2
Ln
(24)
4.2 Die Spule im Gleichstromkreis
Folgende Schaltung soll simuliert werden:
Abbildung 40: Schema zur Simulation von Ein- und Ausschaltvorgang (P ER = 100 µs,
P W = 50 µs, V 2 = 1 V)
• Stellen Sie in zwei Fenstern dar (mit Ausdruck): I(L1) = f (t) und V (L1) = f (t)
• Vergrössern Sie nacheinander die Zahlenwerte von L1 und R1. Was beobachten Sie?
• Studieren und begründen Sie die Diagramme
• Von welchen Grössen sind die Ein- und Ausschaltzeiten abhängig, wie lauten die
entsprerchenden mathematischen Zusammenhänge?
4.3 Gespeicherte Energie
Eine stromdurchflossene Spule reagiert beim Ausschalten mit einer Selbstinduktionsspannung, unter Umständen mit einem Schaltfunken. Dies zeigt, dass in der stromdurchflossenen Spule eine bestimmte Energie gespeichert ist.
34
4 Induktivität
Wird eine Spule an eine Konstantspannungsquelle angeschlossen, reagiert sie mit einer
Selbstinduktionsspannung welche den Strom linear ansteigen lässt. Mit dieser Ausgangslage lässt sich die gespeicherte Energie berechnen:
W =
W
L
I
1
· L · I2
2
Energie in W s
Induktivität in H
Strom in A
Beispiel 4.2.
Problem beim Schalten induktiver Lasten:
Abbildung 41: Schalten induktiver Lasten
35
(25)
4 Induktivität
Beispiel 4.3.
Der Elektromagnet in Abbildung 41 sei ein Relais und habe ein L = 0,1 H und einen
R = 40 Ω. Mit welcher Abfallverzögerung muss gerechnet werden, wenn das Relais erst
bei 15% des Spulenstromes abfällt. Welche Energie ist in der Spule gespeichert? Welche
Leistung nimmt die Spule maximal auf?
Beispiel 4.4.
Eine Spule wird von einem Strom I = 2,5 A durchflossen und hat dabei eine Energie
W = 625 mJ gespeichert. Welchen Wert hat die gespeicherte Energie, wenn der Strom
halbiert wird?
Beispiel 4.5.
Der Schalter S sei während 100 ms eingeschaltet und während 100 ms ausgeschaltet. Zeichnen Sie untereinander U0 = f (t),
IL = f (t) und UL = f (t).
4.4 Spule im Wechselstromkreis
Abbildung 42: Spule im Wechselstromkreis
36
4 Induktivität
Liniendiagramm
Zeigerdiagramm
u, i
2
u
5
10
15
20
t [ms]
25
i
−2
Der Wechselstrom I erzeugt in der Spule eine Selbstinduktionsspannung U s, welche nach
der Lenz’schen Regel der Ursache entgegenwirkt. Die Spule widersetzt sich dem Wechselstromfluss mit einem sogenannten induktiven Blindwiderstand XL.
Eine Spule mit L = 100 mH ist an einen Wechselstromgenerator angeschlossen. Mit
Hilfe der Kurve I = f (t) soll der Maximalwert der Selbstinduktionsspannung der Spule
ermittelt werden. Daraus kann dann der Blindwiderstand berechnet werden:
1
i in mA
0.5
0
−0.5
−1
0
0.2
0.4
0.6
t in ms
37
0.8
1
Literatur
Beispiel 4.6.
Zeichnen Sie im gleichen Diagramm die beiden Funktionen
1. XL = f (f ) für L = 100 mH und f = 0 Hz bis f = 1000 Hz
2. XC = f (f ) für C = 2,7 µF und f = 0 Hz bis f = 1000 Hz
X in Ω
600
400
200
0
0
200
400
600
f in Hz
800
Literatur
[1] Meister, Heinz: Elektrotechnische Grundlagen. Vogel Buchverlag, 2005
38
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