Bestimmung der Dissoziationskonstante einer schwachen Säure

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25.04.06
Grundpraktikum Physikalische Chemie
Versuch 6
Bestimmung der Dissoziationskonstante einer schwachen Säure
über die elektrische Leitfähigkeit
Themenbereiche
Elektrischer Widerstand, Ohmsches Gesetz, Impedanz, Molare Leitfähigkeit, Molare
Grenzleitfähigkeit, Dissoziationsgrad, Kohlrausch’sches Gesetz, Ostwald’sches
Verdünnungsgesetz,
Massenwirkungsgesetz,
Beweglichkeit,
Grotthusscher
Mechanismus, Überführungszahl, Leitungsmechanismen, Debye-Hückel-Theorie,
Scheinbare und wahre (thermodynamische) Dissoziationskonstante.
Aufgabe
Bestimmen Sie die Dissoziationskonstante einer schwachen (bis mittelstarken) Säure
durch Messung ihrer Molaren Leitfähigkeit.
Messprinzip
Es werden die elektrischen Widerstände von verschieden konzentrierten Lösungen
der Säure mit Hilfe einer Wheatstone’schen Brückenschaltung gemessen und daraus
die entsprechenden Molaren Leitfähigkeiten Λm bestimmt. Mit der Annahme, dass
der Dissoziationsgrad einer schwachen Säure durch das Verhältnis der Molaren
Leitfähigkeit bei einer bestimmten Konzentration zur Molaren Grenzleitfähigkeit
gegeben ist (α = Λm / Λmo), lässt sich aus den Messdaten bei bekannter Molarer
Grenzleitfähigkeit die Dissoziationskonstante der Säure berechnen. Die Molare
Grenzleitfähigkeit der zu untersuchenden Säure wird Ihnen gegeben (siehe Etikett
auf der Flasche). Sie können diesen Wert aber auch näherungsweise durch eine
Extrapolation aus Ihren eigenen experimentellen Daten bestimmen.
1
Durchzuführende Messungen / Rechnungen
1. Bestimmung der Zellkonstanten
Dazu wird eine 0.01 Molare Kaliumchlorid-Lösung angesetzt.
Die Molare Leitfähigkeit dieser Lösung beträgt:
Λm (25 oC) (0.01 m KCl) = 141.7 cm2/ (mol Ω )
Temperaturabhängigkeit: ∂Λm / ∂TΛm = 2.11 % / K
2. Fünf Messungen mit Säurekonzentrationen im Bereich von ca. 0.1 bis
0.001 mol/L
0.05 / 0.03 / 0.01 / 0.005 / 0.003
3. Auswertung
a) Bestimmung des Dissoziationsgrades bei den fünf verschiedenen
Konzentrationen. Auftragung dieser Werte gegen die Konzentration und
Durchführung einer Regression (bei Excel: Trendlinie einfügen).
b) Bestimmung der Säurekonstante über die ermittelte
Regressionsgleichung.
Vergleich mit Literaturwert.
Empfohlene Literatur
Peter W. Atkins, Physikalische Chemie
Kapitel: Moleküle in Bewegung… à Der Ionen-Transport (ca. 11 Seiten)
Achtung: Ein Präsenzexemplar ist immer in der Bibliothek zum kopieren vorhanden!
Theorie
Der Ohm’sche Widerstand R eines elektrischen Leiters ist der Quotient aus der
Spannung U, die an dem Leiter anliegt, und dem Strom I, der ihn durchfließt:
R=U/I
(Ohm’sches Gesetz)
(1)
Der elektrische Widerstand R eines homogenen Leiters mir einheitlichem Querschnitt
A und mit der Länge l ist:
R = ρ (l /A)
(2)
ρ = spezifischer Widerstand des Leiters in Ω m. Der Kehrwert von R ist die
elektrische Leitfähigkeit 1/R in Ω-1 (Siemens).
Der Kehrwert von ρ ist die spezifische Leitfähigkeit κ des Leiters.
κ = 1 / ρ (Ω-1 m-1)
(3)
2
Für den Vergleich des Leitvermögens von Elektrolytlösungen definiert man die
Molare Leitfähigkeit Λm:
Λm = κ / c (Ω-1 m2 mol-1)
(4)
c = Molare Konzentration des Elektrolyten. Die Molare Grenzleitfähigkeit Λmo ist der
Grenzwert von Λm für c → 0 (unendlich verdünnte Lösung). In diesem Grenzfall ist
die schwache Säure vollständig in Ionen dissoziiert und der Dissoziationsgrad α = 1.
Durch die hohe Verdünnung behindern sich die Ionen nun auch nicht mehr
gegenseitig beim Stromtransport.
Schwache Elektrolyte
Schwache Elektrolyte sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Molare Leitfähigkeit
Λm bei hohen Konzentrationen verhältnismäßig klein ist, bei niedrigen
Konzentrationen (zunehmender Verdünnung) jedoch stark ansteigt. Der Grund liegt
in der geringen Dissoziation solcher Elektrolyte bei hohen Konzentrationen.
Die Zunahme der Molaren Leitfähigkeit mit zunehmender Verdünnung ist also eine
Folge des damit ansteigenden Dissoziationsgrades. Bei einem schwachen
Elektrolyten hoher Konzentration ist also nur ein geringer Teil der Moleküle in Ionen
dissoziiert. Bezeichnet man den Dissoziationsgrad mit α, so folgt für die
Gleichgewichtskonzentrationen der Ionen und des undissoziierten Elektrolyten:
AB
Co (1 - α)
⇄
A+ +
α Co
Bα Co
(5)
Die Gleichgewichtskonstante kann durch
K = (α2 Co) / (1 - α)
(6)
ausgedrückt werden. α kann durch den bei der vorhandenen Konzentration des
Elektrolyten gemessen Wert von Λm und Λmo ersetzt werden. Der Dissoziationsgrad
α für eine bestimmte Konzentration ist durch
α = Λm / Λmo
(7)
gegeben. Λm ist die Molare Leitfähigkeit bei dieser Konzentration. Das Ostwald’sche
Verdünnungsgesetz erhält somit durch Einsetzen von (7) in (6) die Form
K = ((Λm / Λmo)2 Co) / (1- (Λm / Λmo))
Durch geschicktes Umformen erhält man
K = (Λm2 Co) / (Λmo (Λmo - Λm))
(8)
3
Die Zellkonstante
Die Leitergeometrie der Messzelle entspricht nicht den Voraussetzungen, die in Gl.
(2) gefordert werden. Das effektive l / A der Zelle lässt sich aber leicht bestimmen,
indem man den Widerstand einer Lösung mit bekanntem ρ misst. Bezeichnet man
diesen bekannten spezifischen Widerstand mit ρo, dann gilt für den Widerstand der
Eichlösung (KCl – Lösung) in der Zelle
Ro = ρo f
f = Ro / ρo
oder
(9)
f ist die Zellkonstante; sie stellt das effektive l / A für diese Zelle dar. Für den
spezifischen Widerstand einer Elektrolytlösung, deren gemessener Widerstand Rx
ist, erhält man
ρx = Rx / f
(10)
Aus Gleichung (3) folgt für die spezifische Leitfähigkeit der untersuchten Lösung
κx = 1 / ρx
(11)
und damit
Λx = 1 / (ρx Cx) = f / (Rx Cx)
(12)
Zur Widerstandsbrückenschaltung
Die nachfolgend beschriebene Brückenschaltung ist geeignet, den unbekannten
elektrischen Widerstand einer Messzelle Rx zu ermitteln. In diesem
Praktikumsversuch geht es darum, die elektrischen Widerstände einer schwachen
Säure bei verschiedenen Säurekonzentrationen, die nacheinander in die Messzelle
eingefüllt werden, zu bestimmen. Dazu wird die Messzelle als einer von vier
Widerständen in eine Brückenschaltung eingebaut. Die Brückenschaltung (siehe
Abb. 1) besteht aus der Parallelschaltung zweier Reihenschaltungen.
Abb. 1.
R1
Rx
Reihe 1
R3
Reihe 2
A
R2
4
Jede der beiden Reihen kann rechnerisch für sich betrachtet werden. In beiden teilen
sich die Spannungen entsprechend den Verhältnissen, in denen die Widerstände
zueinander stehen. Ist der Quotient der Widerstände in Reihe 1 (= Rx : R1) gleich
groß dem Quotienten der Widerstände in Reihe 2 (= R3 : R2), dann ist auch das
Verhältnis der Spannungsabfälle über den Widerständen in den Reihen 1 und 2
gleich.
In diesem Falle besteht zwischen den Punkten A und B keine Potentialdifferenz. Es
kann also auch kein Strom über das Amperemeter fließen. Zu diesem Zustand sagt
man „die Brücke ist abgeglichen“. Für diesen Fall kann man formulieren
Rx : R1 = R3 : R2
(13)
Grundsätzlich kann man durch Verändern eines der vier Widerstände die Brücke
abgleichen.
Zur praktischen Durchführung des Experiments
Abb. 2 zeigt schematisch den Versuchsaufbau zur Messung der elektrischen
Leitfähigkeit einer schwachen Säure.
Funktionsprinzip des Versuchsaufbaus
Abb. 2
5
Die Messzelle wird mit der zu messenden schwachen Säure gefüllt. Danach werden
die Elektroden der Messzelle (an Rx), der Wechselspannungsgenerator und der
Kopfhörer an die Brückenschaltung angeschlossen (Siehe Abb. 3).
Die Brückenschaltung wird vom Wechselspannungsgenerator mit einer
Wechselspannung versorgt, deren Frequenz auf ca. 2 kHz eingestellt ist. Es wird
keine Gleichspannung benutzt, da sonst eine Polarisierung der Elektroden und eine
Elektrolyse der Lösung erfolgen könnte. Eine Verfälschung der Messergebnisse wäre
die Folge. Darüber hinaus kann nur eine Wechselspannung mittels Kopfhörer
wahrgenommen werden.
Durchführung
Zuerst wird der Schalter S1 in die Stellung „Brücke abgleichen“ gebracht.
An die Buchsen für R1 wird eine Widerstandsdekade angeschlossen, aus der man
beliebige Widerstandsgrößen auswählen kann. Um beim Abgleichen der
Brückenschaltung ein möglichst scharf ausgeprägtes Minimum des Brückenstromes,
bzw. der Lautstärke im Kopfhörer zu erhalten (siehe Abb.3), wäre es ideal, wenn R1
exakt gleich groß dem Zellenwiderstand Rx wäre. Je schärfer das Minimum ist, umso
genauer lässt sich das Verhältnis R2/R3 am Potentiometer einstellen. Da aber der
Zellenwiderstand Rx nicht bekannt ist (er wird ja durch die Messung erst bestimmt),
kann man alternativ auch die Widerstände R2 und R3 gleich groß einstellen
(Messgerät benutzen) und dann „grob“ den Widerstand der Widerstandsdekade R1
so lange variieren, bis der Ton im Kopfhörer möglichst leise geworden ist.
Die Feineinstellung erfolgt nun mit dem Potentiometer (Drehknopf mit Skala), mit
dem das Verhältnis von R2/R3 eingestellt werden kann (siehe Abb.3). Das
Potentiometer wird so lange variiert, bis die beiden Punkte gefunden werden, an
denen die Lautstärke im Kopfhörer merklich ansteigt. Diese Werte werden auf der
Skala am Potentiometer abgelesen. Der Mittelwert der beiden Werte kann nun
errechnet und am Potentiometerknopf eingestellt werden. Der im Kopfhörer
wahrzunehmende Ton hat dann seine geringste Lautstärke bzw. ist gar nicht mehr zu
hören. Dies ist dann gegeben, wenn der Stromfluss durch den Brückenzweig, und
damit durch den als Amperemeter fungierenden Kopfhörer, Minimal bzw. Null wird.
Ist die Brücke abgeglichen, darf die Stellung des Potentiometers nicht mehr
verändert werden, bis die Widerstände R2 und R3 ausgemessen sind. Um diese zu
messen wird Schalter S1 in die Stellung „R2/R3 messen“ gebracht. An die beiden
Buchsen (R2….R3 Ausgang) schließt man ein Ohmmeter an und kann nun durch
entsprechendes Umschalten des Schalters S2 alternativ die Widerstände R2 und R3
am Ohmmeter ablesen. Mit der von Ihnen selbst getroffenen Wahl des Widerstandes
R1 an der Widerstandsdekade sind nun drei der vier Widerstände in der
Brückenschaltung bekannt, sodass der vierte noch unbekannte Widerstand Rx der
Messzelle, mit Hilfe der Formel
Rx = (R3 R1) / R2
errechnet werden kann.
6
Abb. 3
Veränderung der Kopfhörerlautstärke beim Variieren des Potentiometers R2/R3
Die Widerstände R2 und R3 sind Bestandteil eines Potentiometers, dessen
Gesamtwiderstand ca. 10 KOhm beträgt. (Der Kurvenverlauf gilt für den Fall, dass R1
gleich groß wie Rx ist).
Lautstärke
Ton wird deutlich lauter
Ton wird deutlich lauter
Hörschwelle
0K
5K
Potentiometer-Skala
10K
Abb. 4
Praktisch ausgeführte Verdrahtung der Widerstandsbückenschaltung
Rx : R1 = R3 : R2
S1 = Dreifacher EIN/AUS-Schalter
Rx = (R1R3) / R2
S2 = Zweifacher Umschalter
7
Grundpraktikum Physikalische Chemie – Universität Kassel
Fragen und Aufgaben zum Versuch:
Bestimmung der Dissoziationskonstante einer schwachen Säure
über die elektrische Leitfähigkeit
Zum Experiment
1. Erklären Sie die Funktionsweise einer Wheatstone’schen Brücke. Leiten Sie
die Bedingung für Brückenabgleich her.
2. Warum benutzt man bei der Messung eine Wechselspannung?
3. Erklären Sie, warum der Summton im Kopfhörer trotz Brückenabgleichs
manchmal nicht verschwindet.
Zur Theorie (wichtige Übung für die Klausur am Ende des Praktikums)
1. Wie lautet das Coulomb’sche gesetzt in SI-Einheiten?
2. Definieren Sie die Begriffe elektrisches Potential und elektrische Feldstärke.
Wie hängen sie zusammen? Was versteht man unter dem Begriff elektrische
Spannung?
3. Definieren Sie die Begriffe spezifische elektrische Leitfähigkeit, spezifischer
elektrischer Widerstand, Molare Leitfähigkeit, Ionenbeweglichkeit, starker und
schwacher Elektrolyt.
4. Sind die folgenden Aussagen richtig:
a)
Das elektrische Feld einer kugelflächenförmigen Ladungsverteilung
ist proportional zum Quadrat des reziproken Abstandes vom
Ladungsmittelpunkt.
b)
Das
elektrische
Potential
im
Raum
innerhalb
der
kugelflächenförmigen Ladungsverteilung ist unabhängig von der
Ladung.
c)
Das elektrische Potential auf einem elektrisch leitenden Körper ist
überall gleich, wenn keine Ladungsbewegung (Strom) erfolgt.
d)
Die spezifische elektrische Leitfähigkeit eines Stoffes hängt von der
Geometrie des Stoffes ab.
e)
Mit zunehmender Verdünnung der Lösung eines starken
Elektrolyten nimmt deren spezifische elektrische Leitfähigkeit ab,
ihre Molare Leitfähigkeit nimmt zu.
8
5. Welche Beobachtung lässt auf der Addierbarkeit der Molaren ionischen
Leitfähigkeiten zur Berechnung der Molaren Leitfähigkeit eines Elektrolyten
schließen?
6. Wie hängt die Ionenbeweglichkeit mit der Molaren Leitfähigkeit eines
Elektrolyten Zusammen?
7. Warum haben Kaliumionen in wässriger Lösung eine höhere Beweglichkeit als
Natriumionen, obwohl das Verhältnis der Kristallionenradien RK+ / RNa+ > 1 ist?
8. Von welchen zwei Faktoren hängt die spezifische elektrische Leitfähigkeit
eines Stoffes bei gegebener Temperatur ab?
9. Eine konstante Kraft wirke auf einen Körper. Welche Art Bewegung erfährt er
a)
reibungsfrei
b)
in einem viskosen Medium
10. Wie kann man die Reibungskraft eines kugelförmigen Körpers mit der
Geschwindigkeit v in einem viskosen Medium berechnen?
11. Ein ionisiertes Gas nennt man Plasma. Beschreiben Sie das Verhalten des
elektrischen Stromes beim Anlegen einer elektrischen Spannung an zwei
Elektroden, zwischen denen sich einmal eine Elektrolytlösung, das andere Mal
ein Plasma befindet.
12. Was bedeutet anschaulich die Angabe, in einer Lösung von HCl habe das H+Ion die Überführungszahl t+ = 0.8 und das Cl--Ion die Überführungszahl t- =
0.2?
13. Wie groß ist die Summe aller Überführungszahlen der Ionen in einer Lösung?
14. Zeigen
Sie
dass
zwischen
der
Beweglichkeit
u
und
dem
Diffusionskoeffizienten D eines Ions der Zusammenhang u = eZD/kT besteht?
15. Was versteht man unter dem Begriff Ionenstärke?
16. Erklären Sie anhand der Debye-Hückel Theorie die Rolle der Ionenstärke bei
Prozessen und Zuständen elektrolytischer Lösungen.
17. Warum nimmt bei der konduktometrischen Titration einer starken Säure mit
einer starken Base die spezifische elektrische Leitfähigkeit bis zum Erreichen
des Neutralpunktes ab und danach wieder zu?
18. Die Ionenbeweglichkeit von Na+ in wässriger Lösung bei 25 oC hat den Wert
uNa+ = 5.19 * 10-4 cm2/(Vs). Welche Strecke legen Natriumionen unter den
genannten Bedingungen im Mittel in einem elektrischen Feld von 100 V/cm in
1 Minute zurück?
19. Was sind Halbleiter?
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20. Vergleichen Sie die Temperaturabhängigkeit der elektrischen Leitfähigkeit von
metallen, Halbleitern und Elektrolytlösungen.
Anmerkung: Diese Fragen wurden von Herr Bausch erstellt und wurden nicht nach
Schwierigkeitsgrad geordnet. Nanos sollten alle Fragen beantworten können.
Biologen und LA sollten etwa 3/4 der Fragen beantworten können.
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