RAPPEN- UND ALPLOCHSCHLUCHT GESCHICHTE Naturdenkmal Rappenloch und Alploch Im Gütle, 6 km vom Bahnhof Dornbirn, liegen zwei der größten Schluchten Mitteleuropas, das Rappenloch und das Alploch. Wohl gibt es in Vorarlberg andere, ähnliche Klammen, doch sind Rappenloch und Alploch durch vorbildliche Weganlagen bequem erschlossen. Eine gute Wegstunde genügt, um die Schluchten bis zur Ebniter Straße hinauf zu durchwandern. Die ersten Anfänge der Erschließung gehen in das Jahr 1862/63 zurück. Bis damals führte in die unwegsame Talschlucht der Dornbirner Ach nur bis zum Gütle ein schlechter Weg, der dem Holztransport diente und zu einem Holzkohlemeiler führte. Franz Martin Hämmerle, der Gründer der bekannten Textilfirma, erkannte den Wert der hier vorhandenen Wasserkräfte für seine Fabrikanlagen und plante auf dem schmalen Areal im Gütle eine Spinnerei. Schon 1862/63 wurde das erste Wuhr, der erste Wasserfall hinter dem Gütle, erstellt. Im Jahr darauf wurde gleich nach Inbetriebnahme der Fabrikanlagen an der Erhöhung der nutzbaren Gefälle gearbeitet. Der Weg war nur bis kurz vor das heutige Rappenloch gangbar. Aber schon 1896 wurde ein kühner Felssteig durch die Schlucht angelegt, damit der "Wassermann" jeden Morgen den Wasserfluss kontrollieren konnte. Zwischen 1897 und 1899 errichtete die Stauweihergenossenschaft, eine Interessensvertretung verschiedener Dornbirner Werksbesitzer, die Stauweiheranlage, die die Ebniter Ach zum Staufensee aufstaute. Dabei wurde die wenige Jahre zuvor neu errichtete Kiessperre mehrere Meter erhöht. Eine 22m hohe, an ihrem Fuß 9 m dicke Staumauer entstand. Zur selben zeit erbaute die Gemeinde Dornbirn auf Vorschlag von Viktor Hämmerle das Kraftwerk Ebensand, sodass Dornbirn elektrisch beleuchtet und die elektrische Bahn Dornbirn-Lustenau (1901) betrieben werden konnte. Vom Wasserschloss wurde das Wasser über Druckrohrleitungen ins Gütle geführt. Es betrieb dort die Turbinen des firmeneigenen Kraftwerks. Heute sind die alten, aus genietetem Eisenblech gefertigten Rohrleitungen bereits zu einem technischen Schaustück geworden: bei Beschädigungen durch Steinschlag oder Rost werden einfach Flicken auf die Schadstellen genietet. Sowohl das Kraftwerk Ebensand (heute im Besitz der VKW), wie auch die "Gütler Turbinen" sind immer noch in Betrieb und liefern wertvolle Energie. 1902 wurde auch das Alploch durch Anlegung eines gesicherten Felsensteiges für den Fremdenverkehr erschlossen, der Verbindungsweg zur neu errichteten Ebniter Straße aber erst später, 1922, fortgeführt. Große Anstrengungen wurden in den 70-er Jahren zur Sanierung des Staufensees unternommen. Während etlicher Jahrzehnte hatte die oft hochwasserführende Ebniter Ach Schlamm und Treibgut auf dem Seeboden abgelagert. Da durch einen Hangrutsch zu Beginn dieses Jahrhunderts der tiefste Durchlass in der Staumauer verlegt worden war, verlandete der See nach und nach. Mit großem Einsatz wurde dieser Grundablass durch Arbeiter der Fa. FM Hämmerle 1977 wieder eröffnet, der See in den folgenden Jahren ausgespült und auf diese Weise gerettet . Heute in Gütle (2004): Die Spinnerei gibt es schon seit über 10 Jahren nicht mehr. Alle Gebäude wurden einer neuen Nutzung zugeführt. Der Hochbau wurde zum Rolls-Royce Museum, welches im Jahre 1999 in dem 150 Jahre alten Gebäudekomplex einer Spinnerei in Dornbirn eröffnet wurde (grösste Rolls-Royce Museum der Welt). Es bietet seinen Besuchern faszinierende Einblicke in die stilvolle Zeit des alten British Empire. Bereits der Eingang ist von eindrucksvollen Kulissen und Exponaten wie z.B. einem Rolls-Royce "Merlin" Motor, der mit seinen 2700 PS das Herz der englischen "Spitfire" Kampfflugzeuge darstellte, umrahmt. Eine funktionstüchtige Rekonstruktion der Werkstatt von Sir F. H. Royce zeigt, wie der Erfinder vor 100 Jahren gearbeitet hat. In der modernen Werkstatt werden noch heute Rolls-Royce restauriert, gepflegt und getestet. In der "Hall of Fame" im 1. OG findet man ausschließlich Fahrzeuge, in denen berühmte Persönlichkeiten wie die "Queen Mum", Diktator Franko, King George V, Malcolm Campbell oder Prinz Ali Khan chauffiert wurden. Gespeist wird im "Tea Room", ganz im Ambiente der britischen Kolonialzeit gehalten. Dort bietet sich auch die Gelegenheit eine Vielfalt von feinen englischen Tees zu geniessen. Das RollsRoyce Museum in Dornbirn ist ein Ort, an dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, und der den Besuch für jung und alt zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lässt. Das Feuerwehrhäuschen wurde zum Krippenmuseum: die Schlosserei und der Flachbau werden von der Firma Fair Play (Messebau) genutzt, die ehemalige Küche wird gerade saniert, der Pferdestall wurde bereits im Jahr 1999 abgebrochen, einzig das Heizhaus und das Gasthaus haben noch Ihre alte Funktion. Es werden zwei Wasserleitungen vom Staufensee durch die Rappenlochschlucht bis zur ehemaligen Spinnerei im Gütle geführt. Eine Hochdruckleitung und eine Niederdruckleitung versorgen das im Keller des Flachbaus installierte Kraftwerk, welches zur Stromerzeugung genutzt wird, mit Wasser (keine Besichtigungsmöglichkeit). Das Wasser wird wieder in die Dornbirner Ach, die Ihren Lauf gleich neben dem Areal hat, geleitet. NAMENSGEBUNG Nicht alle Fragen lassen sich freilich befriedigend beantworten, - jedenfalls nicht die scheinbar so einfachen nach den Namen der Schluchten, die leider in keinen alten Urkunden erklärend belegt sind. Manche denken dabei wohl an die bi uns als "Rappen" bekannten Krähen, - aber die nisten und fliegen draußen, in der Nähe der Äcker und der Menschensiedlungen. Und auch der große Kolkrabe ist vielerorts anzutreffen. Leute mit großer Vorstellungskraft weisen auf Felsengebilde links oben in den Wänden vor dem Tunnel und glauben, dort Gebilde in der Form sich aufbäumender, schwarzer Pferde, also von "Rappen" zu erkenne. Wen solche Deutungen nicht überzeugen, wird sich vielleicht am ehesten des bei uns freilich schon seit Jahrhunderten ausgestorbenen "Waldrappen" erinnern, der einzigen europäischen Ibisart, dem wohl sein bei Feinschmeckern besonders beliebtes, zartes Fleisch zum Verhängnis geworden ist: der Waldrapp pflegt nämlich tatsächlich in solchen einsamen Fels- und Waldschlünden, die dem Kulturland nahe sind, zu wohnen, und sein auffallendes Wesen könnte wohl geeignet gewesen sein, die Aufmerksamkeit unserer Vorfahren auf sich zu ziehen. Noch unklar ist die Herkunft des Namens "Alploch" für den hinteren Teil der Schlucht nach dem Staufensee. Die Verwendung der Schlucht als Weg für den Viehauf- oder Abtrieb zu einer Alpe oder Bergweide ist nicht denkbar. Noch weniger kann die alte Grundbedeutung des Wortes "Alp" für " Berg, Gebirge" inmitten einer ausgedehnten Berglandschaft ausgerechnet für dieses kurze Stückchen des Laufs der Ebniter Ache reklamiert werden. Geben wir es also zu: wir kennen den alten Sinn dieses Wortes nicht. Die wilden Felsschluchten, in die sich die Ebniter Ache am Rand der Dornbirner Berge gesägt hat, sind alljährlich das Wanderziel Zehntausender Menschen. Durch ähnliche Klammen brechen auch andere Seitenflüsse des Alpenrheins in das Haupttal durch, aber keine Schlucht ist so gut erschlossen wie das Rappenloch, keine bietet einen geschichtlichen Vergangenheit unserer Heimat. Die Stadt Dornbirn erhält die Wege in den Schluchten, was nach jedem Winter, nach Steinschlag, Windwurf und Schneerutsch viel Geld kostet. Dennoch ist der Eintritt frei. GEOLOGIE Reizvoll kontrastieren in der Umgebung von Dornbirn schroffe, aus der breiten Schwemmlandebene des Rheintals aufsteigende Felswände (Steinbrüche) mit den milderen, sanfter geformten Höhen oberhalb von Schwarzach und Bildstein. Seit der Tertiärzeit steigt das junge Faltengebirge der Alpen in großen Hebungsphasen auf. Nördlich der eigentlichen alpinen Gesteine wird ein Streifen von Ablagerungsgesteinen des Alpenvorlandes (die Molasse) noch mitverfaltet. Von der „Flyschzone“ aus, von Norden, führt das Rappenloch als tiefer Einschnitt in die ersten Hartgesteine der Alpen hinein. Das Kalkgestein gehört zusammen mit den Mergeln zur großen geologischen Einheit des „Helvetikum“. Die ursprünglich waagrecht gebildeten Gesteine sind steilgestellt und zerbrochen. Weiter drinnen im Tal, an der Ebniter Straße, gibt übersichtliche Schulbeispiele für großartige Gesteinsfalten. Sie lassen den gebirgsbildenden Schub noch gut erkennen. Vorerst aber scheint die Anordnung der Schichten wirr: Zur Faltung hinzu ist nämlich auch die gebirgsbildende Zerbrechung des Gesteins, sind Klüfte und Verwerfungen gekommen. Wo sich zwei Gesteinspakete gegeneinander reibend bewegt haben, bildeten sich glatte Felsflächen. Langgezogene Striemen geben die Verschiebungsrichtung an („Harnische“, unmittelbar beim ersten Wasserfall auf der linken Wegseite). Viele verschiedene Gesteine bauen das Gebirge dieser Gegend auf. Sie gehören alle zu den sogenannten Mergeln (tonhaltige, dünnschichtige, sehr leicht verwitternde, in sich stark verfaltete, zerbrochene, dunkle Gesteine) oder sind Kalk (ein sehr reines, hartes, widerstandsfähiges Gestein, das die eigentlichen, hellgrauen Felswände bildet). Alle entstanden in der Kreidezeit (Jüngeres Erdmittelalter). Als Schlamm am Boden von urtümlichen Meeren gebildet, sind sie zwischen 100 und 130 Jahrmillionen alt. Als große Besonderheit kann ein mächtiger Granitblock am Beginn des Rappenlochs (bei der Brücke zum Holzlagerplatz) betrachtet werden. Dieser „Exotische Block“ war in der Kreidezeit an einer wüstenhaften Küste schon seit dem Erdaltertum gelegen und zu einem wohlgerundeten Block verwittert. Dann war dieser schöne, grobkristalline Block – ähnliches Gestein ist heute in den gesamten Alpen nirgends zu finden – ins Meer gestürzt. In Mergelgestein eingelagert, wurde er erst durch Verwitterung und Abtragung durch die Ach vor ganz kurzer Zeit, in der Nacheiszeit, wieder freigelegt (Naturdenkmal). Im Kalkgestein sind Versteinerungen häufig. Sie erzählen von ihrer Entstehung im Meer. An vielen Stellen kann man im Rappenloch Querschnitte von Muscheln erkennen, Längs- und Querschnitte von Korallenästen sind etwas seltener. Ein sehr schöner, fossilreicher Block befindet sich beim ersten Wasserschloss. Am reichsten an Versteinerungen ist aber eine nur wenige Meter mächtige Bank von Grünsandstein, die an manchen Stellen der Ebniter Straße den Kalk überdeckt. Direkt am Eingang des Alplochs liegt sie auf der anderen Bachseite frei. Weil das Kalkgestein von Mergeln sowohl unter- als auch überlagert wird, erreichte die Ebniter Ach bei ihrem Einschneiden sehr unterschiedliche Wirkungen: Der verhältnismäßig harte, wiederstand- fähige Kalk wurde nur in engen, nahezu senkrechten oder sogar überhängenden Klammen durchschnitten. Die weichen Mergel wurden jedoch zu beckenartigen Weitungen ausgeräumt. Mehrfach traf die Ach bei ihrem Lauf durch die Faltenzüge auf Kalkgestein. Es sind jene Stellen , die heute landschaftliche Höhepunkte bilden: Der erste Wasserfall, der Bereich vom Wasserschloss bis zum Ausgang der Klammstrecke unterhalb der Straßenbrücke, das Alploch (und die Schaufelschlucht höher obern an der Ebniter Straße). Die bewaldeten „Mergelbecken“ liegen zwischen diesen Abschnitten. Die Abtragungsleistung des fließenden Wassers ist somit in den „weichen“ Mergelstrecken um ein Vielfaches größer als in den Kalkklammen. Alljährlich entstehen aus der Zerkleinerung des Mergels gewaltige Schlammengen, die von der Ach mitgerissen werden. Wo das Wasser aber ruhig ist – im künstlich gestauten Staufensee – wird der Schlamm abgelagert. Oft muss der See durch Öffnen der Stausperre ausgespült werden, wenn er nicht verlanden soll. Die Leistungen des fließenden Gebirgsbaches im Kalkgestein lassen Eleganz und Kraft ahnen. Rasch, um einige Zentimeter alljährlich, schneidet sich das geschiebeführende Wasser in die Tiefe. Jeder Kluft und Unebenheit folgend, nützt es das große Gefälle zu einer nahezu ununterbrochenen Folge kleiner Wasserfälle. An deren Grund schaffen die aufprallenden Wassermassen vor allem bei Hochwasserverhältnissen runde Hohlformen. Große Felstöpfe (Kolke), deren Wände vom drehenden Wasser wie poliert erscheinen. Klamm- und Kolkbildung sind im unteren Abschnitt des Alplochs am schönsten zu sehen, weil das Gestein hier wenig gestört ist und die Schichten beinahe senkrecht stehen. In nur 10.000 Jahren, also nacheiszeitlich, ist diese ganze Erosionsleistung der Ebniter Ach geschehen und verhalf Dornbirn zu seiner größten Naturattraktion. Während der letzten Eiszeit lag die Erdoberfläche noch in Höhe der Straßenbrücke über dem Rappenloch. Erst oberhalb davon sind Gletscherablagerungen (Moränen) vorhanden, stellenweise in großer Menge. In einigen Bereichen, vor allem am Staufenspitzhang hoch über dem Rappenloch, werden die nicht verfestigten eiszeitlichen Schottermassen aus steilen Hanglagen in Runsen und Rinnen zu Tal geschwemmt. Wildbachverbauungen bemühen sich, dagegen anzukämpfen und den umliegenden Wald zu erhalten. An der Ebniter Straße begegnen wir mehrmals schützenden Verbauungen, großen, die Bachsohle haltenden Mauern. Am Ende der letzten Eiszeit, als draußen im Rheintal noch der abschmelzende Riesengletscher lag, der lokale Ebnitergletscher aber schon zurückgewichen war, füllte ein Stausee große Teile des Tales: Der Rheintalgletscher war seine natürliche „Staumauer“. Im See sanken die feinen Trübstoffe ab und bildeten Lagen fetten Lehms. Am Weg vom Staufensee zum Karren sind sie stellenweise erhalten, auch dort am Weg aus dem Alploch zur Straße hinauf, wo das Buchenwäldle beginnt. Dieser Wald bedeckt die groben Trümmer eines Bergsturzes, der auf dem Staulehm liegt (und also noch jünger sein muss). Dennoch haben sich in die Flanken seiner Kalkblöcke durch chemische Lösung bereits wieder tiefe Rinnen („Karren“) eingeschnitten. Die Erschließung der Klammen, Steilhänge und Schluchten ist ungemein schwierig. Für die Nutzung durch den Menschen hatten sie wenig Wert. Deshalb blieb eine naturnahe Erholungslandschaft erhalten, die zum guten Teil aus dem Vegetationstyp des Schluchtenwaldes besteht: In diesen schattigen, feuchten Gebieten stocken abwechslungsreiche Nadelwälder (nur auf der Sonnenseite mit Buchen durchmischt), in denen die sonst so seltene Eibe noch häufig ist. Als typische Art des Schluchtenwaldes wächst hier auch die eigenartige Hirschzunge, der einzige geschützte Farn der Alpen.