Makroökonomik VGR 1 08.10.2007 1 Übersicht 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Einordnung in die VWL Kurzüberblick über die Daten Charakterisierung volkswirtschaftlicher Daten I Definition des BIP Messkonzept Messung Charakterisierung volkswirtschaftlicher Daten II Diskussion Zusammenfassung 2 Einordnung in die VWL z z Volkswirtschaftliche Daten dienen der Beobachtung und Analyse wirtschaftlicher Phänomene und Zusammenhänge Die wichtigste Grösse ist das volkswirtschaftliche Einkommen Î Î z Andere wichtige Grössen Î Î z Messung der Effizienz möglich Messung des Wohlstandes Arbeitslosigkeit (Ausschöpfung des Produktionspotentials) Preise, Löhne: Faktoreinkommen, Knappheit Die Messung kann nicht unabhängig von den unterstellten Modellen erfolgen (d.h. Irrtümer sind eingeschlossen) 3 Reales Bruttoinlandprodukt 1948-2005 (zu Preisen von 2000) Mrd. Fr. 400 Währungskrise Weltwirtschaftskrise 1. Erdölkrise Boom 80er Stagnation 90er 300 2. Erdölkrise 200 100 die „goldenen“ 60er 0 1948 1952 1956 1960 1964 1968 1972 1976 1980 1984 1988 1992 1996 2000 2004 Quelle: BfS, Verknüpfung verschiedener Reihen 4 Reales Bruttoinlandprodukt (1991-2005) Vorjahresveränderung in % Milliarden Fr pro Quartal 5 4 110 3 105 2 1 100 0 -1 95 -2 -3 90 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 Quelle: seco 5 nominelles BIP und reales BIP (1990-2005) Quartalswerte Mio. Fr. 110'000 BIP zu Preisen von 2000 = reales BIP 100'000 90'000 BIP zu laufenden Preisen = nominelles BIP 80'000 70'000 Basisjahr reales BIP 60'000 50'000 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 Quelle: seco 6 BIP-Deflator BIPreal =BIPnom/Preisindex BIP-Deflator = BIP nominal BIP real Î Der BIP-Deflator ist ein Mass für Inflation Î Anteil reiner Preisveränderungen am Wirtschaftswachstum Î Diskussion weiterer Preisindices z.B. privater Konsum im Teil Geld und Inflation. 7 Real vs. Nominal Jahr Anzahl Autos Preis BIP Nominal 2000 10 CHF20,000 CHF200,000 2001 12 CHF24,000 CHF288,000 2002 13 CHF26,000 CHF338,000 Jahr BIP Nominal Preisindex BIP real 2000 CHF200,000 1 CHF200,000 2001 CHF288,000 1,2 CHF240,000 2002 CHF338,000 1,32 CHF260,000 Reales BIP und BIP pro Kopf (1980-2007) Quelle: BfS 9 Verteilung BIP Innerhalb der Schweiz Kaufkraftbereinigtes BIP/Kopf 2004 EU25 = 100 z Schweiz Belgien Dänemark Deutschland Griechenland Spanien Frankreich Irland Italien Luxemburg Ungarn Niederlande Österreich Polen Portugal Finnland Schweden Vereinigtes Königreich Bulgarien Rumänien Türkei Island Norwegen z z z z z z z z z z z z z z z z z z z z z z 130 119 119 111 81 97 108 136 103 241 61 125 124 49 72 111 116 117 32 32 27 125 158 Charakterisierung volkswirtschaftlicher Daten I Zwei wichtige Eigenschaften 1. Bestandes- und Flussgrössen z z Bestandesgrösse: Beobachtung einer Grösse zu einem bestimmten Zeitpunkt (Staatsschuld, private Vermögen) Flussgrösse: Beobachtung einer Grösse innerhalb eines Zeitintervalls (Staatsdefizit, privates Sparen einer Periode) Δ Bestand Fluss = Zeit 12 Übung: Stock oder Flussgrösse? Gehalt Vermögen (Reichtum) Investitionen Arbeitslose Produktionsanlagen Produktion Ausgaben Budgetdefizit Zinsen Geldmenge 13 Charakterisierung volkswirtschaftlicher Daten I 2. Volumen und Wert z Wert ist Volumen ausgedrückt in einer einheitlichen Masseinheit, dem Numeraire (z.B. Franken). + 100 t Weizen + 500 Stunden Babysitten = ??? + 8‘000 Fr. Weizen + 10‘000 Fr. Babysitten = 18‘000 Fr. 14 Beispiel Zahlen zum schweizerischen BIP (Mrd. Fr.) nominal 2004 2005 2006P 451'379 463'673 486'178 Quelle:BFS, P=Provisorisch 15 BIP und Wirtschaftskreislauf z Die wichtigste systematische Datensammlung ist die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR). Î Basiert auf dem Konzept des wirtschaftlichen Kreislaufs. Î Wird vom Bundesamt für Statistik (BfS) erstellt. Î Bruttoinlandprodukt (BIP) ist das wichtigste Mass für die gesamtwirtschaftliche Aktivität. 16 BIP und Wirtschaftskreislauf z z Das BIP dient als «einfacher» Wohlstandsindikator einer VW Î Messung der Einkommen bedeutet Messung der Wohlfahrt Î Alternative Messkonzepte des Wohlstands: Î Befragungen Î Versorgung mit Konsumgütern Î Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen Î Freizeit Î Umweltzustand Î Verteilung auf Köpfe / nach sozialen Kriterien etc. Durch einheitliche Statistiken (ESVG 95) kann das BIP zwischen Ländern verglichen werden. 17 BIP Messung Drei Möglichkeiten das BIP zu messen: Î Produktionsansatz: Wertschöpfung, welche die verschiedenen Wirtschaftssubjekte im Verlaufe einer Periode schaffen. Wertschöpfung=Wert Endgut-Wert Vorleistungen Î Einkommensansatz: Bezahlung der Produktionsfaktoren, d.h. Boden, Arbeit und Kapital Î Verwendungsansatz: Wirtschaftssubjekte verwenden ihr verfügbares Einkommen (Konsum und Investitionen) Kreislauf Nr.1: Der Güterkreislauf Gütermärkte Einkauf Waren und Dienstleistungen Produktion von Waren und Dienstleistungen Unternehmen Produktionsinputs BIP = Produktion = Verwendung = Einkommen Märkte der Produktionsfaktoren Haushalte Arbeit, Kapital 19 Kreislauf Nr. 2: Der Einkommen- / Ausgabenkreislauf Gütermärkte Ertrag Konsumausgaben BIP Unternehmen Löhne, Zinsen Gewinne = Produktion = Verwendung = Einkommen Märkte der Produktionsfaktoren Haushalte Einkommen 20 Das Kreislaufprinzip: Güter- und Numerairekreislauf im Gegenstrom Ertrag Konsumausgaben Gütermärkte Produktion von Waren und Dienstleistungen Unternehmen Produktionsinputs Löhne, Zinsen Gewinne Einkauf Waren und Dienstleistungen der wirtschaftliche Kreislauf Märkte der Produktionsfaktoren Haushalte Arbeit, Kapital Einkommen 21 Die drei Möglichkeiten, das BIP zu messen Ertrag Konsumausgaben Gütermärkte = Verwendung der Einkommen = Wert der Produktion BIP Unternehmen = Produktion = Verwendung = Einkommen Haushalte Einkommen = Löhne, Zinsen, Gewinne Löhne, Zinsen Gewinne Märkte der Produktionsfaktoren Einkommen 22 Definition BIP von der Produktionsseite BIP = Wert aller Wertschöpfung, die während einer bestimmten Periode in einen Land produziert werden. Brutto ? Inland ? Produkt ? 23 Ertrag Gütermärkte Konsumausgaben = Wert der Produktion BIP Unternehmen Löhne, Zinsen Gewinne = Produktion = Verwendung = Einkommen Märkte der Produktionsfaktoren Haushalte Einkommen 24 BIP = Wert aller Wertschöpfung ... z z z Wert = Marktwert der Güter, d.h. die Bewertung der Güter durch Kauf/Verkauf Messung durch Marktwert entspricht Prinzip der Outputmessung Falls kein Markt (und damit kein Marktwert) für die Güter existiert, wird einer unterstellt: Î Î Î z Leistungen der öffentlichen Verwaltung Inputmessung für bestimmte öffentliche Dienstleistungen (innere, äussere Sicherheit) Eigenmietwert Ausnahmen: öffentliche Güter, freie Güter/Schlechts 25 BIP = Wert aller Wertschöpfung ... z z Vorteile der Bewertung zu Marktpreisen Î Einfachheit Î «Objektivität», Ehrlichkeit Î Knappheitssignal Nachteile Î Î z Private DL (P2P) nicht bzw. unterbewertet, z.B.: Kinderaufzucht Allgemein: Externalitäten bleiben unberücksichtigt Trotz der Nachteile gilt: Es gibt nichts besseres. 26 BIP = Wert aller Wertschöpfung ... z z z z Alle produzierten Güter erfassen. Auch Güter, die nicht auf Märkten gehandelt werden Î Öffentliche Dienstleitungen,... (siehe oben) Schattenwirtschaft (teilweise) Nicht erfasst werden: Î Do-it-yourself Produktionen, Kochen, Putzen, Kinder aufziehen u.s.w. Î Handel mit illegalen Drogen 27 BIP = Wert aller Wertschöpfung ... z z z Wertschöpfung=Güter-Vorleistungen Güter = Waren und Dienstleistungen. Sowohl die CDs einer Musikgruppe als auch die verkauften Konzerteintrittskarten. 28 BIP = Wert aller Wertschöpfung ... z Die Zwischengüter (=Vorleistungen) werden nicht gezählt, um zu vermeiden, dass das gleiche Gut zwei mal gezählt wird. Gütermärkte Unternehmen Zwischengüter 29 BIP = Wert aller Wertschöpfung ... Beispiel: Erdbeeren in Erdbeerkonfitüre Inputs Output Maschinen 4 t Erdbeerkonfitüre Marktwert 8‘000 Fr. Arbeit 2 t Erdbeeren Marktwert 2‘000 Fr. Wert der Produktion - Wert Zwischenprodukte = Bruttowertschöpfung 10‘000 Fr. 2‘000 Fr. 8‘000 Fr. 30 BIP = Wert aller Wertschöpfung ... Brutto weil inklusive Investitionsgüter Inland ? Produkt ? 31 BIP = Wert aller Wertschöpfung, die während einer bestimmten Periode ... z BIP wird jährlich und quartalsweise (drei monatlich) gemessen. z BIP ist eine Flussgrösse Wert BIP = Zeit 32 BIP = Wert aller Wertschöpfung, die während einer bestimmten Periode in einen Land ... z z z Die Produktion einer Coca-Cola Abfüllanlage in der Schweiz gehört zum schweizerischen BIP. Der Auftritt einer englischen Musikgruppe in der Schweiz gehört zum schweizerischen BIP. Die Produktion von Nestlé im Ausland gehört nicht zum schweizerischen BIP. Brutto weil inklusive Investitionsgüter Inland Produkt weil im Inland 33 BIP = Wert aller Wertschöpfung, die während einer bestimmten Periode in einen Land produziert werden. z Transaktionen mit schon bestehenden Gütern gehören nicht zum BIP: Î (privater) Verkauf eines Gebrauchtwagens Î Kauf / Verkauf von Aktien (ausser den Kommissionen der Banken = Bezahlung der Dienstleistung Handel) Brutto weil inklusive Investitionsgüter Inland Produkt weil im Inland weil neue Produktion 34 BIP von der Produktionsseite (nominal 2000) in Mio. Fr. in % des BIP Land-, Forstwirtschaft + Bau + Industrie + Dienstleistungen, Handel 9’951 42‘663 228‘128 459‘514 2.5 10.5 56.3 113.3 = Gesamte Produktion – Vorleistungen + div. Abgaben 740‘256 –357‘713 22‘988 182.5 –88.2 5.7 = Bruttoinlandprodukt 405‘503 100.0 Quelle: BfS, provisorisch Güter, die in weniger als einem Jahr in der Produktion verbraucht werden 35 Wertschöpfung Umsatz + selbsterstellte Anlagen und Eigenverbrauch - Mehrwertseuer und Rabatte +/-Lagerveränderung = Wert des Outputs des Unternehmens Wert des Outputs - Wert der Inputs = Wertschöpfung des Unternehmens Wertschöpfung = Einkommen der Produktionsfaktoren 36 Wertschöpfung einiger Branchen (Mio. Fr. nominal 2004) % Anteil der Branchen Land- u. Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei, Fischzucht BruttoVorBruttoVorleitstungen an produktionswert leistungen wertschöpfung Bruttorpod.-wert 13'427 7'561 5'866 56.3 233'946 150'721 83'225 64.4 Baugewerbe 49'848 25'516 24'332 51.2 Handel und Reparatur 90'370 31'939 58'431 35.3 Gesundheits- und Sozialwesen 37'447 11'337 26'109 30.3 Industrie, verarbeitendes Gewerbe Quelle: BfS, provisorisch 37 Wertschöpfung nach Branchen 2004 Quelle: BfS, provisorisch 38 Bruttowertschöpfung nominal nach Branchen 1990-2004 Quelle: BfS 39 Probleme bei der Bestimmung des Werts der Produktion z z z z öffentliche Verwaltung Î kein Marktwert ⇒ wird mit Kosten gemessen (Inputmessung) Banken Î nur ein Teil der Bankdienstleistungen wird durch Kommissionen bezahlt Î „unterstellter Produktionswert“ = Nettokapitalertrag Versicherungen Î Produktion = Prämien – Versicherungsleistungen Externalitäten Î Aktivitäten, die Werte zerstören, können das BIP erhöhen 40 Frage z z z Entwicklung eines neuen Computers mit Î Produktionskosten von einem Viertel der bisherigen Computer (⇒ Marktpreis: ¼) Î gleicher Rechenleistung. Wenn gleich viele Computer produziert werden, fällt das BIP! Wie ist das möglich? 41 Fragen z z Wieso “Brutto”-”Inland”-”Produkt”? Weil die Abschreibungen nicht herausgerechnet werden! Î Idee: Investitionen = Abschreibungen Î Netto- und Bruttobetrachtung führen über die Zeit zum selben Ergebnis! 42 Hausaufgabe z Wie gross ist der Anteil des Militärs / der Landesverteidigung am BIP der Schweiz? Î Wie messen??? Î Wie gross in CHF? Î Wie hat er sich in der Zeit entwickelt? z Wie gross ist der Anteil in den USA? 43 Zusammenfassung BIP und Wirtschaftskreislauf I z Volkswirtschaftliche Daten dienen der Beobachtung und Analyse Î z z Es ist zwischen Wert und Volumen sowie Fluss- und Bestandsgrössen zu unterscheiden Das BIP ist die wichtigste vw Grösse Î Î Î z Wohlstandsindikator Mass für Effizienz international vergleichbar Das BIP wird auf der Basis des Kreislaufprinzips gemessen Î z liefern Entscheidungshinweise Es existieren drei Messmöglichkeiten: Produktion, Einkommen, Verwendung Die Messung des BIP ist nicht perfekt, aber z.Z. ohne Alternative 44