Himmelserscheinungen im Mai: Arktur – Roter Riese im Frühlingsdreieck - Sternenhimmel Hintergründe - NZZ.ch NZZ.CH STERNENHIMMEL Himmelserscheinungen im Mai Arktur – Roter Riese im Frühlingsdreieck Von Felicitas Mokler Der Monat Mai begrüsst uns mit den typischen Frühlingskonstellationen. Im Nordwesten steht zu Beginn der Nacht der Fuhrmann bereits tief am Horizont. Weiter im Westen verabschieden sich langsam die Zwillinge. Der Ekliptik in Richtung Osten folgend treffen wir zunächst auf das unscheinbare Sternbild Krebs, schliesslich auf den Löwen mit seinem hellsten Stern Regulus und auf die Jungfrau mit der strahlenden Spica. Höher am Himmel finden wir in südöstlicher Richtung den Bärenhüter Bootes mit Arktur als Hauptstern. An diesen drei auffälligen Sternen können wir uns zu dieser Jahreszeit gut orientieren. Sie bilden das Frühlingsdreieck. Noch weiter im Osten steht Herkules; hinter ihm ziehen bereits die Sommersternbilder Leier und Schwan mit Vega beziehungsweise Deneb aus dem Nordosten herauf. Hoch im Zenit befindet sich derzeit der Grosse Bär, dessen Teil der Grosse Wagen ist. Seite 1 von 3 Himmelserscheinungen im Mai: Arktur – Roter Riese im Frühlingsdreieck - Sternenhimmel Hintergründe - NZZ.ch Sehen wir uns die Sterne ein wenig genauer an, fällt uns auf, dass einige von ihnen farbenfroher zu sein scheinen als andere. So auch Arktur. Er leuchtet auffällig orange. Diese Farbgebung rührt daher, dass er den grössten Teil seiner Energie in einem anderen Spektralbereich als die Sonne abstrahlt. Arktur ist deutlich älter als unser Muttergestirn und hat damit seine besten Zeiten bereits hinter sich. Nachdem er den Wasserstoffvorrat in seinem Zentrum zu Helium verbrannt hat, geht die Wasserstofffusion nun in einer weiter aussen gelegenen Schicht um den Heliumkern herum weiter. Astrophysiker bezeichnen diesen Zustand als Schalenbrennen. Dabei heizt sich der Stern weiter auf, und seine Leuchtkraft steigt an. Da sich aber seine Hülle zur Regulierung des Energiehaushalts ausdehnt, wird seine Atmosphäre nicht heisser, sondern kühlt ab. Die Gesamtleuchtkraft des Sterns nimmt zwar zu, aber die meiste Energie wird im roten und infraroten Wellenlängenbereich abgestrahlt. Der Stern hat die Entwicklungsphase eines Roten Riesen erreicht. Auch die Sonne wird einmal dieses Stadium durchlaufen, wenn sie den Wasserstoff in ihrem Innern aufgebraucht hat. Dann wird es für das Leben auf der Erde ungemütlich, und schliesslich könnte sich die Sternhülle sogar bis über die Erdbahn hinweg ausdehnen. Umgekehrt war Arktur früher wohl der Sonne recht ähnlich. Er besitzt kaum mehr Masse als sie, ist aber inzwischen um das 26-Fache grösser und rund 180 Mal leuchtstärker. Seine Oberflächentemperatur beträgt jedoch nur etwa 4300 Kelvin, die Fotosphäre der Sonne ist dagegen 5800 Kelvin heiss. Der Rote Riese im Bärenhüter ist der hellste Stern auf der nördlichen Himmelshemisphäre und wurde schon in sehr frühen historischen Aufzeichnungen beschrieben. Dennoch stellt er Astronomen noch heute vor manches Rätsel. Zum Beispiel lassen sich bestimmte Merkmale in seinem Spektrum besser erklären, wenn er sich in einem Doppelsternsystem befinden würde. Das wäre zunächst nicht weiter ungewöhnlich, denn gut die Hälfte aller Sterne sind Doppelsterne. Allerdings liess sich bisher keine zweite Komponente beobachten. Eine andere Auffälligkeit ist die schnelle Eigenbewegung von Arktur senkrecht zur Scheibenebene der Milchstrasse. Aufgrund dessen vermuteten manche Astronomen, dass der Stern einer fremden Galaxie entstammen könnte. Gelegentlich gelangen kleinere Zwerggalaxien in die Nähe der Milchstrasse und werden dort durch Gezeitenkräfte auseinandergerissen. Dabei verlieren sie Sterne, die sich der massereicheren Galaxie anschliessen. Als Zeugen solcher Ereignisse lassen sich sogenannte Sternströme beobachten. Das Bewegungsmuster dieser Schwarm-ähnlichen Gebilde weicht von dem jener Sterne ab, die in der Milchstrasse entstanden sind. Auch Arkturus scheint einer solchen Gruppe anzugehören. Ein anderes Kriterium, anhand dessen sich die Herkunft eines Sterns überprüfen lässt, ist seine Zusammensetzung. Denn die Umgebung, in der er sich gebildet Seite 2 von 3 Himmelserscheinungen im Mai: Arktur – Roter Riese im Frühlingsdreieck - Sternenhimmel Hintergründe - NZZ.ch hat, prägt ihm einen bestimmten chemischen Fingerabdruck auf, den er sein Leben lang beibehält. Dies scheint jedoch eher dafür zu sprechen, dass Arktur in der Milchstrasse entstanden ist. Zu guter Letzt ist Arktur so bemerkenswert, dass er auch den Weg in die Science-Fiction-Literatur gefunden hat. ▶ Lauf des Mondes: Den Vollmond finden wir am 4. Mai im Tierkreisbild Waage. Zwei Tage später begegnen sich Mond und Saturn recht nahe am Morgenhimmel. Der abnehmende Halbmond befindet sich am 11. des Monats auf dem Weg vom Steinbock in den Wassermann. Zu Neumond am 18. Mai läuft der Erdtrabant durch den Stier. Der wieder zunehmende Halbmond steht am 25. Mai im Sternbild Löwen nahe Regulus. ▶ Lauf der Planeten: Anfang des Monats herrscht für Merkur die beste Sichtbarkeit des Jahres. Er ist dann in der Abenddämmerung im Westnordwesten aufzufinden. Venus strahlt weiterhin als heller Abendstern im Westen. Mars entzieht sich diesmal unseren Blicken. Jupiter ist der Planet der ersten Nachthälfte und hält sich im Sternbild Krebs auf. Die ganze Nach über beobachten können wir den Ringplaneten Saturn. Er befindet sich im Skorpion. Neptun begibt sich zwar in der zweiten Nachthälfte allmählich über den Horizont, ist jedoch zu leuchtschwach, als dass er ohne Hilfsmittel zu sehen ist. Seite 3 von 3