EUGEN ONEGIN (Jevgenij Onegin) Piotr Iljitsch Tschaikowsky Uraufführung: Moskau 1879; Libretto: Konstantin Schilowski Larina, Gutsbesitzerin – Mezzosopran; Tatjana, ihre ältere Tocher – Sopran; Olga, ihre jüngere Tochter – Mezzosopran; Filipjewena, Amme – Mezzosopran; Eugen Onegin – Bariton; Wladimir Lenski – Tenor; Fürst Gremin – Bass; Ein Hauptmann – Bass; Saretzki – Bass; Triquet, Franzose – Tenor. Auf einem Landgut und in St. Petersburg um 1825. 1. AKT: Auf ihrem Gutshof unterhält sich die Herrin Larina mit der Amme über ihre schöne Jugendzeit. Bauern überreichen einen Erntekranz, fröhliche Lieder erklingen. Während sich Olga, die jüngere Tochter Larinas, unter die Tanzenden mischen möchte, bleibt ihre Schwester, die stille Tatjana, abseits und vertieft sich in die Lektüre eines Buchs. Der Gutsnachbar Lenski, ein schwärmerischer Poet und Verehrer Olgas, kommt mit seinem Freund Eugen Onegin zu Besuch. Das kühle, arrogante Wesen Onegins beeindruckt Tatjana sehr. Er erzählt ihr aus seinem Leben, behandelt das ihm zugetane Mädchen jedoch mit kalter Höflichkeit. In ihrem Schlafzimmer ist Tatjana noch zutiefst beeindruckt von der Begegnung mit dem Fremden, der ihr wie ein Romanheld erscheint. Sie gesteht Filipjewna ihre Zuneigung zu Onegin und schreibt ihm schliesslich einen Brief, in dem sie ihre Gefühle offenbart (Brief-Szene „Puskai pogilabnu ja, no preshde“ / „Und wenn es mein Ende wäre“). Am nächsten Tag trifft Onegin im Park mit Tatjana zusammen. Er dankt förmlich für den Brief und gibt ihr zu verstehen, dass er über ihr Eingeständnis sehr betroffen sei, er könne sie jedoch nicht lieben und tauge nicht für die Ehe. 2. AKT: Zu Tatjanas Namenstag hat Larina einen Hausball veranstaltet, zu dem auch Lenski und Onegin geladen sind. Onegin tanzt mit Tatjana, was von den Einheimischen eifrig beredet wird. Onegin ist verstimmt, dass er sich von Lenski zum Besuch dieses langweiligen Fests überreden liess. Ostentativ macht er Olga den Hof, der das Spiel gefällt und die kokett auf seine Avancen eingeht, was wiederum Lenskis Eifersucht weckt. Nachdem der alte Nachbar Triquet ein Chanson zu Ehren Tatjanas vorgetragen hat (Chanson „A cette fête convies“ / „Zu diesem Fest beschieden“), kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen Lenski und Onegin, die mit Beleidigungen und einer Duellforderung Lenskis gegenüber Onegin endet. Auf freiem Feld wartet Lenski nachdenklich mit seinem Sekundanten auf Onegin, der alsbald erscheint. Beide empfinden die Sinnlosigkeit dieses Duells, doch keiner von ihnen spricht ein versöhnliches Wort. Onegin schiesst und tötet mit dem ersten Schuss seinen Freund. 3. AKT: Nach jahrelanger Abwesenheit ist Onegin heimgekehrt und trifft in einem eleganten St. Petersburger Salon durch Zufall bei einer Ballveranstaltung mit Tatjana zusammen, die den reichen Fürsten Gremin geheiratet hat. Dieser preist Onegin gegenüber das Glück seiner Ehe und stellt ihm Tatjana vor, die den völlig Verwirrten kühl und distanziert verabschiedet. In Onegin erwacht seine einst uneingestandene Liebe zu Tatjana, und er will sie wiedersehen. Im Hause Gremins erwartet Tatjana Onegins Besuch, den er brieflich angekündigt hat. Es kommt zu einer leidenschaftlichen Aussprache, in der Onegin Tatjana beschwört, mit ihm zu kommen. Sie aber erinnert ihn an sein Verhalten damals, als sie ihm ihre Liebe gestanden hatte. Nur weil er sie zurückstiess, habe sie Gremin geheiratet. Mit mühsamer Beherrschung gesteht sie ihm, dass sie ihn immer noch liebe, doch werde sie ihrem Gemahl die Treue bewahren. Verzweifelt stürzt Onegin davon. Über das Werk: Während seiner Zeit am Moskauer Konservatorium wurde Tschaikowsky erstmals mit der Idee konfrontiert, Alexander Puschkins Versroman „Eugen Onegin“ aus dem Jahr 1833 zu vertonen. Tschaikowskys Freund Konstantin Schilowski, ein Journalist und Schriftsteller, verfasste das Libretto nach einem eigenen Rohentwurf des Komponisten. Nach Kritik an der schwachen Handlungsstruktur des Stücks nannte Tschaikowsky das Werk nicht „Oper“, sondern „Lyrische Szenen“. Während der erste Akt noch in Moskau entstand, beendete Tschaikowsky die Komposition des zweiten und dritten Akts in San Remo und schloss die Arbeit am 1. Februar 1878 ab. Zur Musik: Tschaikowskys Musiksprache variiert von lyrischer Beseeltheit bis zu leidenschaftlicher Ekstase im Finale des dritten Akts und zeichnet eindrucksvolle, sensible Porträts aller Protagonisten. Auch ausserhalb Russlands avancierten die „Lyrischen Szenen“ nach Alexander Puschkin zu Tschaikowskys populärster Oper. Wirkung: Die Uraufführung am 17. (29.) März 1879 durch Konservatoriumsstudenten am Moskauer Maly-Theater unter Leitung von Anton Rubinstein hatte keinen Erfolg; erst eine Aufführung im Oktober 1884 am St. Petersburger Marinskij-Theater leitete die bis heute ungebrochene Popularität des „Eugen Onegin“ ein. Im Ausland wurde das Werk erstmals 1888 in Prag unter Leitung des Komponisten, danach auch in Hamburg (unter Gustav Mahler) und London aufgeführt. Auszug aus „Harenberg Opernführer“ ACS - REISEN AG