Mikroökonomik B 1. Intertemporale Entscheidung Dennis Gärtner 10. April 2012 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Intertemporale Entscheidung ◮ Literaturangaben: ◮ Varian (2011), Kapitel 10 und 11. ◮ Ausgangspunkt: Konsumententheorie, d.h. Konsumentscheidung über die Zusammensetzung verschiedener Güterbündel. ◮ Alternative Interpretation: Entscheidung über Konsumzeitpunkte (Intertemporale Entscheidungstheorie). ◮ Anwendungen: Investitions- und Sparentscheidungen, Finanz- und Kreditmärkte, Makroökonomie. 2 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Notation ◮ Es gebe T ∈ N verschiedene Zeitperioden. ◮ xt bezeichnet Anzahl an Einheiten eines Gutes in Periode t. ◮ Es wird nur ein (beliebig teilbares) Gut betrachtet, es könnte z.B. stellvertretend für einen Warenkorb stehen. ◮ Der Vektor x = (x1 , x2 , . . . , xT ) ist ein Konsumplan. ◮ Die Konsummenge X beschreibt die Menge aller möglichen Konsumpläne, d.h. es gilt: x ∈ X . X beschreibt die Konsummöglichkeiten eines Konsumenten. ◮ Eigenschaften: X sei eine abgeschlossene, beschränkte und konvexe Teilmenge des RT+ und enthalte 0. ◮ Üblicherweise Einschränkungen beim tatsächlichen Konsum z.B. durch begrenztes Budget ⇒ Budgetmenge. 3 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Budgetmenge ◮ ◮ ◮ ◮ ◮ ◮ Analog zur Konsumententheorie kann Konsument nur solche Konsumpläne wählen, deren Gesamtpreis sein verfügbares Einkommen nicht übersteigen. Preis: pt > 0 bezeichnet den Preis des Gutes in Periode t. Einkommen: mt ist das exogen gegebene monetäre Einkommen eines Konsumenten in Periode t. Formal heisst das, der Konsument kann nur solche Konsumpläne x wählen, die in der Budgetmenge B liegen. B enthält alle xt pt , die kleinergleich dem zum Zeitpunkt t verfügbaren Einkommen sind. B wird davon abhängen, ob Einkommen in Periode t in andere Perioden übertragen werden kann. D.h., welche Instrumente der Kapitalmarkt bereitstellt (z.B. Sparkonten, Kredite, Renten. . . ). 4 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Budgetmenge ohne Kapitalmarkt ◮ Annahme: Ein Kapitalmarkt existiert nicht, PeriodenEinkommen mt kann nur in Periode t ausgegeben werden. ◮ Was ist die Budgetmenge B? ◮ Alle Konsumpläne x, so dass die Kosten das Einkommen in jeder Periode t nicht übersteigen: B = {x ∈ X : p1 x1 ≤ m1 , p2 x2 ≤ m2 , . . . , pT xT ≤ mT }. ◮ Das Optimierungsproblem ist trivial: Falls mehr Konsum besser ist, fällt der optimale Konsumplan mit dem verfügbaren Einkommen zusammen. ◮ Ist dieses Szenario realistisch? 5 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Zwei-Perioden-Fall graphisch Konsum in Periode 2 x2 m2/p2 + (1+r)m1/p2 Anfangs-Einkommen m1 und m2 bestimmen einen Konsumplan x1 = m1 /p1 und x2 = m2 /p2 , der in der Budgetmenge liegen muss. (m1/p1,m2/p2) m2/p2 Budgetmenge B m1/p1 (m2/(1+r)+m1)/p1 Konsum in Periode 1 x1 6 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Zwei-Perioden-Fall graphisch Konsum in Periode 2 x2 m2/p2 + (1+r)m1/p2 Budgetmenge bei Einkommen m1 und m2 ohne Zugang zum Kapitalmarkt: x1 ≤ m1 /p1 und x2 ≤ m2 /p2 . (m1/p1,m2/p2) m2/p2 Budgetmenge B m1/p1 (m2/(1+r)+m1)/p1 Konsum in Periode 1 x1 7 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Budgetmenge mit ‘Sparmarkt’ ◮ Annahme: ein Sparmarkt existiert, in jeder Periode kann zum Zinssatz 1 + r Einkommen für die Dauer von einer Periode angelegt werden. Es gibt keine Kredite. ◮ Falls ein Betrag y in Periode t angelegt wird, steht in Periode t + 1 ein Betrag von (1 + r )y zur Verfügung. ◮ Manchmal wird 1 + r Brutto-Zinssatz und r der Netto-Zinssatz genannt. ◮ Was ist die Budgetmenge B? B = {x ∈ X : p1 x1 ≤ m1 , p2 x2 + (1 + r )p1 x1 ≤ m2 + (1 + r )m1 , . . . , T X t=1 T −t (1 + r ) pt xt ≤ T X (1 + r )T −t mt }. t=1 8 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Zwei-Perioden-Fall graphisch m2/p2 + (1+r)m1/p2 Konsum in Periode 2 x2 -(1+r)p1/p2 Einkommen in t = 1 kann nach t = 2 übertragen werden, aber nicht umgekehrt. (m1/p1,m2/p2) m2/p2 Budgetmenge B m1/p1 (m2/(1+r)+m1)/p1 Konsum in Periode 1 x1 9 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Budgetmenge mit Kapitalmarkt ◮ Annahme: vollständiger Kapitalmarkt, in jeder Periode kann zum Zinssatz 1 + r Einkommen für die Dauer von einer Periode angelegt oder ausgeliehen werden. ◮ Einkommen kann vorwärts und rückwärts durch die Zeit reisen. ◮ D.h., wir haben relative Preise für Periodeneinkommen und können das Lebens-Einkommen in allen Perioden auch in Einkommen in einer beliebigen Periode t ausdrücken. ◮ Z.B. in t = 1 Einkommen: m3 m2 mT y = m1 + + + ... + . 2 1+r (1 + r ) (1 + r )T −1 ◮ y nennt man auch Barwert (Gegenwartswert) des Einkommensstroms m1 , m2 , . . . , mT . 10 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Budgetmenge mit Kapitalmarkt ◮ Nachdem Perioden-Einkommen beliebig in andere Perioden transferiert werden kann, ergibt sich die Budgetmenge zu ( ) T X p2 x2 pT xT mt B = x ∈ X : p1 x1 + + ... + ≤ . 1+r (1+r )T−1 (1+r )t−1 t=1 ◮ Das bedeutet: Der Barwert der Kosten eines Konsumplans x darf den Barwert des verfügbaren Lebenseinkommens nicht übersteigen. ◮ Analogie zur Konsumentscheidung bei mehreren Gütern in einer Periode, falls das Einkommen durch eine Anfangsausstattung an Gütern gegeben ist. Wie dort wird hier das Einkommen endogenisiert. 11 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Zwei-Perioden-Fall graphisch m2/p2 + (1+r)m1/p2 Konsum in Periode 2 x2 -(1+r)p1/p2 (m1/p1,m2/p2) m2/p2 Budgetmenge B Einkommen in t = 1 kann nach t = 2 übertragen werden, und umgekehrt. Budgetmenge bestimmt durch x1 p1 + m1/p1 x2 p2 m2 ≤ m1 + . 1+r 1+r (m2/(1+r)+m1)/p1 Konsum in Periode 1 x1 12 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Präferenzen über intertemporale Konsumpläne ◮ Wie über Güterbündel hat ein Konsument auch Präferenzen über intertemporale Allokation, also Konsumpläne. ◮ Übliche Annahme: die Präferenzen über Konsumpläne eines Konsumenten sind darstellbar durch eine Nutzenfunktion U(x1 , x2 , . . . , xT ). Meist treffen wir folgende Annahmen ◮ ◮ ◮ ◮ konvexe Präferenzen: Für alle Konsumpläne x , x ′ ∈ X ist die Bessermenge {x ′ ∈ X : U(x ′ ) ≥ U(x )} konvex, monotone Präferenzen: in jeder Periode ist mehr Konsum eines Gutes (schwach) besser als weniger. Intuition: Kombination von zwei gleich guten Konsumplänen wird gegenüber jedem der beiden Konsumpläne präferiert. 13 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Konvexe Präferenzen graphisch x2 Indifferenzkurve Besser-Richtung x U(tx+(1-t)x') > U(x) = U(x') Jede positive Mischung der Konsumpläne x und x ′ liegt in der Bessermenge von x. ‘Ausgewogene’ Konsumpläne werden präferiert. x' x1 14 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Optimale intertemporale Konsumentscheidung ◮ Analog zur Konsumententheorie maximiert der Konsument seinen Nutzen über alle Konsumpläne in der Budgetmenge: max U(x) s.d. x ∈ B. x∈X ◮ Unter monotonen Präferenzen und vollständigem Kapitalmarkt ist das Optimierungsproblem max U(x) s.d. x∈X T X t=1 T X pt xt mt = . (1 + r )t−1 (1 + r )t−1 t=1 ◮ Bezeichne die Lösung dieses Problems mit x ∗ . ◮ Graphisch: x ∗ ist Tangentialpunkt von Budgetmenge und Indifferenzkurve. 15 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Konsum in Periode 2 Zwei-Perioden-Fall graphisch Optimaler Konsumplan x ∗ ist Tangentialpunkt von Budgetgerade Bg und Indifferenzkurve I. I Bg m2 m x* x*2 m1 x*1 Wenn x1∗ > m1 /p1 , dann ist der Konsument in t = 1 Kreditnehmer. Konsum in Periode 1 (Vereinfachende Annahme in der Graphik: p1 = p2 = 1.) 16 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Optimale intertemporale Konsumentscheidung ◮ Form von U(x) = U(x1 , . . . , xT )? ◮ Übliche Annahme: Exponentielles Diskontieren U(x) = u(x1 ) + δu(x2 ) + δ2 u(x3 ) + . . . + δT −1 u(xT ). ◮ δ ist der Diskontfaktor, mit dem zukünftiger Nutzen bewertet wird. ◮ δ misst Ungeduld eines Konsumenten: je höher δ, desto wichtiger ist dem Konsumenten zukünftiger Konsum im Vergleich zu gegenwärtigem Konsum. ◮ Vorteil dieser Formulierung: Verhalten des Konsumenten ist konsistent über die Zeit. 17 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Optimale intertemporale Konsumentscheidung ◮ ◮ ◮ Optimierungsproblem mit zwei Perioden: p2 x2 m2 = m1 + . max u(x1 ) + δu(x2 ) s.d. p1 x1 + x1 ,x2 1+r 1+r 1 x1 )+m2 Aus der Budgetgleichung folgt x2 = (1+r )(m1 −p . p2 Einsetzen ergibt die Bedingung erster Ordnung u ′ (x1 ) = (1 + r ) ◮ ◮ p1 ′ δ u (x2 ) p2 ⇔ u ′ (x1 ) (1 + r )p1 = . ′ δ u (x ) p2 | {z 2 } GRS12 Das bedeutet, der Grenznutzen einer Einheit zukünftigen Konsums entspricht genau dem Grenznutzen einer Einheit gegenwärtigen Konsums zum Preis (1 + r ) pp12 . Bedingung erster Ordnung auch hinreichend? 18 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Veränderung des Zinssatzes ◮ Was passiert bei Änderung des Zinssatzes 1 + r ? ◮ Die Kosten für Kreditaufnahme bzw. die Erträge aus Ersparnissen verändern sich. ◮ D.h. der Preis für zukünftigen Konsum verändert sich im Vergleich zum Preis für gegenwärtigen Konsum. Dadurch verändert sich die Budgetmenge: ◮ ◮ ◮ Bei einer Zinssenkung kommen kreditfinanzierte Konsumpläne hinzu, ersparte fallen weg. Bei einer Zinserhöhung fallen kreditfinanzierte Konsumpläne weg, ersparte kommen hinzu. 19 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Konsum in Periode 2 Komparative Statik im Zwei-Perioden-Fall graphisch Ausgangssituation: Optimale intertemporale Konsumentscheidung x ∗ bei Einkommen m und Zinssatz 1 + r1 . K ist Kreditnehmer in t = 1. x** −(1 + r1 ) pp12 m x* B(r2) B(r1) Konsum in Periode 1 20 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Komparative Statik im Zwei-Perioden-Fall graphisch Konsum in Periode 2 Zinssatz erhöht sich auf r2 > r1 . Neue Budgetgerade ist Drehung der alten um m. −(1 + r2 ) pp12 x** x ∗ ist nicht mehr in der Budgetmenge enthalten. m x* B(r2) B(r1) Konsum in Periode 1 21 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Komparative Statik im Zwei-Perioden-Fall graphisch Konsum in Periode 2 Optimaler Konsumplan ist nun x ∗∗ . Zinserhöhung bewirkt Konsumverlagerung von Periode 1 nach 2; x** hier so stark, dass K Kreditgeber wird. m x* B(r2) B(r1) Konsum in Periode 1 22 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Veränderung des Zinssatzes ◮ Im graphischen Beispiel bewirkt die Zinserhöhung, dass zukünftiger Konsum billiger wird und der Konsument den gegenwärtigen Konsum einschränkt. ◮ Muss der gegenwärtige Konsum immer sinken, wenn der Zinssatz steigt? ◮ Um diese Frage zu beantworten, können wir die Slutsky-Gleichung benutzen. ◮ Zur Erinnerung: Die Slutsky-Gleichung besagt, dass die Nachfrage-Änderung nach einem Gut im eigenen Preis sich in Substitutionseffekt und Einkommenseffekt aufteilen lässt. ◮ Der Substitutionseffekt ist der Preisänderung entgegengesetzt. 23 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Veränderung des Zinssatzes ◮ ◮ Eigener Preis: Preis für eine Einheit x1 ist p1 (1 + r ) gemessen in monetärem Einkommen in Periode 2. Slutsky-Gleichung formal: ∂x1∗ ∂x1h ∂x1∗ m1 ∗ = + − x1 , ∂p1 (1+r ) ∂p1 (1+r ) p1 ∂m | {z } | {z } | {z } |{z} (?) (−) (?) (+) Nachfrageänderung = Substitutions- + Einkommenseffekt ◮ ◮ ◮ Einkommenseffekt: Änderung von 1 + r wirkt auf Einkommen m1 und Konsum x1 , Nettoeffekt ist entscheidend. Falls Zinssatz steigt und Konsum ein normales Gut: Substitutionseffekt ist negativ und Einkommenseffekt positiv. D.h. Kreditnehmer werden ihren gegenwärtigen Konsum verringern, Kreditgeber könnten ihn auch erhöhen. 24 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Konsum in Periode 2 Slutsky-Gleichung im Zwei-Perioden-Fall graphisch x** Ausgangssituation: optimale intertemporale Konsumentscheidung x ∗ bei Einkommen m und Zins r1 . Konsument ist Kreditgeber. x* m EE B(r2) SE xh1 x** 1 x*1 m1 B(r1) Konsum in Periode 1 25 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Konsum in Periode 2 Slutsky-Gleichung im Zwei-Perioden-Fall graphisch x** Zinserhöhung auf r2 > r1 , neue Budgetgerade ist Drehung der alten um m. x* m EE B(r2) SE xh1 x** 1 x*1 m1 B(r1) Konsum in Periode 1 26 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Konsum in Periode 2 Slutsky-Gleichung im Zwei-Perioden-Fall graphisch x** Substitutionseffekt x1h − x1∗ : Budget wird so angepasst, dass der alte Nutzen gerade erreicht wird, ergibt x1h . x* m EE B(r2) SE xh1 x** 1 x*1 m1 B(r1) Konsum in Periode 1 27 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Konsum in Periode 2 Slutsky-Gleichung im Zwei-Perioden-Fall graphisch x** Neuer optimaler Konsumplan x ∗∗ bei r2 ergibt Einkommenseffekt x1∗∗ − x1h . Gesamteffekt x1∗∗ − x1∗ = SE + EE . x* m EE B(r2) SE xh1 x** 1 x*1 m1 B(r1) Konsum in Periode 1 28 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Inflation ◮ ◮ ◮ ◮ ◮ ◮ Preis des Konsumgutes in Periode t ist gegeben mit pt . D.h. Güterpreise können im Zeitablauf steigen (Inflation) oder sinken (Deflation). Bezeichne die Preissteigerung von einer Periode t auf p Periode t + 1 mit 1 + π = pt+1 . t Wir nennen π die Inflationsrate. Für jede Einheit des Konsumsgutes, die in t gespart wird, erhält man in t + 1 pt 1+r ≡ 1+ρ (1 + r ) = pt+1 1+π Einheiten des Gutes. Wir nennen ρ den Realzinssatz und r den Nominalzinssatz. 29 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Inflation ◮ Der nominale Zinssatz r gibt den monetären Zinsertrag an, während ρ den Zinsertrag in Güter-Einheiten angibt. ◮ Zusammenhang: 1 + r = (1 + ρ)(1 + π), r −π ρ= ≈ r − π. 1+π 30 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Barwert ◮ Bewertung von zukünftigem Einkommen? ◮ Zum Beispiel zwei beliebige Einkommensströme m = (m0 , . . . , mT ) und m′ = (m0′ , . . . , mT′ ). ◮ Annahme: vollständiger Kapitalmarkt, Zinssatz für eine Periode ist 1 + r und bleibt konstant über alle Perioden. ◮ Einfache Methode, um m und m′ zu vergleichen: Den Wert beider Zahlungsströme in einer vorgegebenen Periode t zu vergleichen. ◮ Der Barwert ist der Wert in der ersten Periode t = 0: BW (m) = m0 + m1 m2 mT + + ... + . 1+r (1 + r )2 (1 + r )T 31 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Barwert & Zukunftswert ◮ Der Wert eines Einkommenstroms in einer Periode t > 0 ist ein Zukunftswert: ZWt (m) = (1+r )t m0 +(1+r )t−1 m1 +. . .+(1+r )t−T mT . ◮ Falls BW (m) > BW (m′ ), dann ◮ gilt dasselbe für alle Zukunftswerte ZWt (m) > ZWt (m′ ), t = 1, 2, . . . , T , und ◮ wird jeder Konsument mit monotonen Präferenzen (d.h. mehr Konsum ist besser) m gegenüber m′ vorziehen. 32 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Addieren von Einkommensströmen ◮ Ihr ursprünglicher Einkommensstrom sei m = (m0 , m1 , . . . , mT ). ◮ Nun komme ein Strom (z.B. hinzugekaufte Anleihe) von m′ = (m0′ , m1′ , . . . , mT′ ) hinzu. ◮ Wie hoch ist der Barwert des Netto-Stromes m + m′ ? m1 + m1′ m2 + m2′ + + ··· 1+r (1 + r )2 = BW (m) + BW (m′ ). BW (m + m′ ) = (m0 + m0′ ) + 33 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Barwert einer ewigen Rente (Annuität) ◮ Betrachten wir eine unendliche Folge von gleich hohen Auszahlungen m, z.B. aus Landwirtschaft (Auszahlung jeweils am Periodenende). ◮ Kann man auch diesen (Haushalts-)Einkommensstrom mittels Barwertes bewerten und vergleichen? ◮ Bei konstantem Zinssatz 1 + r ergibt sich der Barwert zu m m m BW (m)=0 + + + + ... 2 1+r (1+r ) (1+r )3 1 m m m + BW (m) = m+ + + ... = . 2 1+r 1+r 1+r (1+r ) ◮ Also ist der Barwert der ewigen Rente m: BW (m) = m . r 34 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Beispiel ◮ Angenommen Sie erhalten das Angebot, 10 Euro sofort zu bekommen und dafür den Rest des Semesters (11 Wochen) pro Woche 1 Euro zurückzuzahlen. ◮ Zahlungsstrom: m = (10, −1, −1, −1, −1, −1, −1, −1, −1, −1, −1, −1). ◮ Ist das ein gutes Geschäft? ◮ Dispokredit hat Zinssatz von ca. 1% im Monat, also etwa 0, 25% pro Woche. ◮ Barwert: BW (m) = 10 − 11 X t=1 ◮ 1 = −0, 84. (1, 0025)t Angebot impliziert Zinssatz von mehr als 1, 7% pro Woche. 35 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Wertpapiernachfrage ◮ Finanzinstrumente darstellbar als handelbare Zahlungsströme der Art (m0 , m1 , . . . , mT ). ◮ Beispiele: m0 m1 m2 ... mT −1 mT Raten-Kredit: ++ − − − − − Anleihe: −− + + + + ++ ◮ Falls Kapitalmarkt vollständig mit Zinssatz 1 + r , sind Zahlungsströme anhand ihrer Barwerte vergleichbar. BW (m′′ ) > BW (m′ ) ⇒ Budgetmenge unter m′′ enthält jene unter m′ strikt ⇒ Jeder Konsument mit streng monotonen Präferenzen zieht m′′ gegenüber m′ strikt vor. ◮ Man sagt: m′′ dominiert m′ . ◮ 36 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Arbitrage ◮ Annahme: Zahlungsstrom m eines Wertpapiers dominiert den eines anderen m′ . Was folgt für die Wertpapiernachfrage? ⇒ m′ wird nicht nachgefragt. ◮ Angenommen Konsumenten können Zahlungsströme auch verkaufen (man denke z.B. an Kredite). ◮ Was halten Sie von folgendem Plan: Zahlungsverprechen m′ abgeben und Einkommensstrom m akzeptieren. ◮ Barwert dieses Planes: BW (m) − BW (m′ ) > 0, egal ob BW (m) positiv oder negativ. ◮ D.h. jeder Konsument wird gleichzeitig m nachfragen und m′ anbieten, sooft wie möglich. ◮ Also können m und m′ nicht beide gehandelt werden. 37 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Arbitrage ◮ Allgemein: Falls sich durch geschicktes Kombinieren verschiedener Zahlungsströme mit Sicherheit ein positiver Barwert erreichen lässt, nennt man dies eine Möglichkeit für Arbitrage. ◮ Wir erwarten, dass für alle Wertpapiere, die tatsächlich gehandelt werden, keine solche Arbitragemöglichkeit existiert (Arbitragefreiheit). ◮ Tatsächlich sorgen beispielsweise Hedge-Fonds für Arbitragefreiheit auf Kapitalmärkten. ◮ Theoretische Implikation: Alle sicheren Zahlungsströme, die gehandelt werden, müssen den gleichen Barwert haben! ◮ Annahme dabei: keine Transaktionskosten. 38 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Diskussion ◮ Intertemporale Konsumentscheidung entspricht Wahl zwischen Gütern “Konsum heute” und “Konsum morgen”. ◮ Gängige Annahme: Präferenzen der Form T X δt u(xt ). U(x1 , . . . , xT ) = t=0 ◮ δ nennt man Diskontfaktor, kann als Geduld interpretiert werden: ◮ ◮ δ < 1: zukünftiger Konsum wird niedriger bewertet als heutiger, δ > 1: zukünftiger Konsum wird höher bewertet als heutiger. 39 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Diskussion ◮ Wichtige Eigenschaft dieser Präferenzen: δ ist konstant über die Zeit (exponentielles Diskontieren). ◮ Vorteil: Optimale Konsumpläne sind konsistent. Grenzrate der Substitution zwischen Periode 1 und 2: dx2 ∂U(x1 , . . . , xT )/∂x1 u ′ (x1 ) GRS12 = − = = dx1 dU=0 ∂U(x1 , . . . , xT )/∂x2 δu ′ (x2 ) ◮ ◮ ◮ ◮ Grenzrate der Substitution zwischen Periode 2 und 3: δu ′ (x ) u ′ (x ) GRS23 = 2 ′ 2 = ′ 2 = GRS12 . δu (x3 ) δ u (x3 ) Optimierungsproblem sieht in jeder Periode “gleich” aus. Falls Realzinssatz 1 + ρ = 1/δ, wird im Optimum in allen Perioden gleich viel konsumiert (da GRSt,t+1 = (1 + ρ)). 40 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Beispiel: Zeitinkonsistenz von Präferenzen ◮ Sie können in einer der nächsten 3 Wochen ins Kino. ◮ Wert der Filme xt (gemessen in Geldeinheiten der jeweiligen Periode): xt Film 1 3 Film 2 8 Film 3 24 ◮ Wenn Sie diese Woche nicht ins Kino gehen, können Sie sich nächste Woche nochmals zwischen Film 2 und 3 entscheiden. ◮ Präferenzen 1 (‘exponentielles Diskontieren’): 2 3 U(x) = x1 + 12 x2 + 12 x3 + 12 x4 + · · · ◮ Präferenzen 2 (‘hyperbolisches Diskontieren’): 1 1 U(x) = x1 + 14 x2 + 4 x3 + 4 x4 + · · · 41 / 42 Mikro B - 1.1 Intertemporale Entscheidung Intro Budgetmenge Präferenzen und Entscheidung Inflation Barwert Wertpapiernachfrage Diskussion Beispiel: Zeitinkonsistenz von Präferenzen ◮ Präferenzen 1: U(x) = x1 + 12 x2 + Film 1 Film 2 Film 3 ◮ xt 3 8 24 U(x) in Woche 1 3 4 6 Präferenzen 2: U(x) = x1 + 14 x2 + xt U(x) in Woche 1 Film 1 3 3 Film 2 8 2 Film 3 24 6 1 2 x3 2 + 1 3 x4 2 + ··· U(x) in Woche 2 – 8 12 1 4 x3 1 + 4 x4 + · · · U(x) in Woche 2 – 8 6 → Präferenzen 2 sind zeitinkonsistent: Sie wollen diese Woche lieber in Film 3 als 2, nächste Woche sehen Sie das anders! 42 / 42