Das Zähwerden des Weines

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Aus dem Weinkeller
4/2010
Das Zähwerden des Weines
Andreas Putti, Versuchszentrum Laimburg
D
as Zähwerden oder Lindwerden
des Weines ist ein verhältnismäßig harmloser Weinfehler, da er in den
allermeisten Fällen behoben werden
kann. Durch eine Viskositätserhöhung
sind die Weine dickflüssig bis schleimig und können beim Ausgießen ölig
wirken und Fäden ziehen. Zäh gewordene Weine weisen sehr oft einen erhöhten Gehalt an flüchtiger Säure auf.
Erreger und Ursache
Die Erreger dieses Weinfehlers sind
Milchsäurebakterien. Untersuchungen
haben gezeigt, dass einige Milchsäurebakterien (Pediococcus und Leuconostoc-Arten) Zucker in viskositätserhöhende Polysaccharide umwandeln
können. Dabei wird aus Glucose,
Fructose, Saccharose und Maltose ein
Komplex aus Glucose und Mannose
mit Ribonukleinsäuren und Protein
gebildet (Schleim). Vor allem die Polysaccharid-Bildung aus Glucose ist für
das Zähwerden verantwortlich. Fructose können nur weniger säuretolerante
Arten wie Leuconostoc mesenteroides
subsp. lactorum, Leuconostoc infrequens und Leuconostoc blayaisense
zu Levan polymerisieren. Die Fähigkeit
zur Bildung von Polysacchariden ist
weit verbreitet. Selbst Essigsäurebakterien, verschiedene Hefestämme und
Schimmelpilze bilden Schleime. Leuconostoc mesenteroides und Leuconostoc dextranicum sowie Oenococcus
oeni können ebenfalls Schleim bilden.
Der wichtigste Schleimbildner im Wein
ist jedoch Pediococcus damnosus. Pediococcus damnosus gehört wie Lactobacillus zur Familie der Lactobacillaceae. Die Zellen sind rund und haben
einen Durchmesser von 0,36 – 1,43
µm. Sie kommen meist paarweise
oder in Tetraden vor. Ab einer Zellzahl
von 106 – 5 x 106 Kokken/ml wird ein
Wein beginnend bis deutlich zäh.
Die Schleimbildung beginnt bevorzugt
am Boden des Fasses, wo der Hefetrub liegt. Dort befinden sich die abgestorbenen Hefezellen, welche die
Vermehrung der Bakterien fördern.
Am Fassboden ist die Nährstoffversorgung für die Bakterien optimal und
der höhere pH-Wert begünstigt das
Wachstum.
Vermeidung
Dieser Weinfehler tritt verstärkt in
Jungweinen auf, die nach der Gärung
nicht ausreichend aufgeschwefelt
wurden. Bei nicht geklärten oder nicht
aufgefüllten Weinen und bei säureoder alkoholarmen Weinen tritt das
Zähwerden ebenfalls häufig auf.
Die Krankheitskeime werden meist
mit dem Traubenmaterial in den Keller
gebracht. Zum Glück kann die Keimzahl der schädlichen Mikroorganismen
bereits im Vorfeld verringert werden.
Einerseits durch eine starke Entschleimung des Mostes (mindestens 12
Stunden), andererseits durch gezielten Schwefeleinsatz. Wird darauf ge-
Pediococcus damnosus.
achtet, dass der Jungwein schnell geklärt wird und einen konstant hohen
Gehalt an freien SO2 hat (mindestens
30 mg/L), ist die Gefahr des Zähwerdens sehr gering. Um die Gefahr
bei säure- und alkoholarmen Weinen
frühzeitig zu bannen, ist der Verschnitt
mit säure- und alkoholreichen Weinen
ratsam.
Die frühzeitige Erkennung dieses
Weinfehlers gelingt nur durch eine
Probennahme aus dem unteren Bereich des Fasses, denn dort beginnt
die Vermehrung der Bakterien. So
können schnell geeignete Gegenmaßnahmen getroffen werden, um den
Verderb zu verhindern.
Behandlung
Eine leichte Zähigkeit des Weines, der
noch keine erhöhte flüchtige Säure
oder andere Verderbserscheinungen
aufweist, verschwindet durch eine
kräftige Schwefelung. Dadurch werden auch die Erreger ausreichend
gehemmt. Da sich mit fortlaufender
Dauer auch flüchtige Säure bildet, ist
eine schnelle Behandlung des Weines
ratsam. Zähgewordene Weine werden am besten über ein Sieb, Reißrohr oder eine Brause geführt und
mit einem Besen, Pumpe oder Rotor
durchmischt. Durch die Belüftung und
die mechanische Beanspruchung wird
der Schleim wörtlich „zerschlagen“.
Anschließend sollte der Wein stark
geschwefelt werden. Nachdem sich
der Trub abgesetzt hat, ist es ratsam,
den Wein zu filtrieren. Dabei sollte
die kleinstmögliche Porengröße verwendet werden, um die Bakterien zurückzuhalten. Wie bei allen Weinfehlern gilt auch hier, sauberes Arbeiten
und regelmäßige Kontrolle bieten den
größten Schutz.
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