Briefkopf Zusammenfassung des Studienprotokolles Titel des Gesuchs: Therapieoptimierungsstudie in der Primärtherapie des frühen Hodgkin Lymphoms: Therapiestratifizierung mittels FDG-PET Protokoll-No.: HD 16 Gesuchsteller: (Prof. / PD) Dr. med. xxx Weitere Mitarbeiter/Innen: xxx Gesuchversion/Datum: xxx/dd.mm.2010 Hintergrund der Studie: Das Hodgkin Lymphom (eine Krebserkrankung des lymphatischen Systems) ist eine der am besten behandelbaren Krebserkrankungen des Erwachsenen und in den meisten Fällen heilbar. Da aber noch nicht alle Patienten mit dieser Erkrankung geheilt werden können und zudem die Behandlung oft mit Nebenwirkungen und Langzeitfolgeschäden einhergeht, wird zur Zeit versucht, die Therapie hinsichtlich ihrer Wirkung weiter zu verbessern und vor allem die Nebenwirkungen zu reduzieren. Mit dieser wissenschaftlichen Studie wurde ein neuer Behandlungsansatz entworfen, der eine Verbesserung der derzeitigen Standardtherapie zum Ziel hat. Die Standardtherapie besteht in zwei Zyklen Chemotherapie gemäss dem ABVD Schema (Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin) und einer zusätzlichen Strahlentherapie. Die Grösse des Strahlenfeldes und die Dosis der Strahlentherapie konnte aufgrund vieler Studien, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden, immer weiter verkleinert und reduziert werden. Die Strahlentherapie gehört aber immer noch zur Standardtherapie. Ziel ist, Nebenwirkungen der Therapie durch Weglassen der Strahlentherapie zu senken, und die Wirksamkeit trotzdem auf dem Stand der Standardtherapie zu halten. Hypothese: Insgesamt soll die Nichtunterlegenheit des experimentellen Armes (2 Zyklen ABVD mit oder ohne Bestrahlung) im Vergleich zum Standardarm (2 Zyklen ABVD plus 20 Gy Bestrahlung) bezüglich des primären Endpunktes (PFS) nachgewiesen werden. Ziel dieser Studie: Ziel der Studie ist eine weitere Individualisierung der Therapie für Patienten mit Hodgkin Lymphom in frühen Stadien. Hierzu wird eine FDG-PET-Untersuchung nach zwei Zyklen Chemotherapie (ABVD) durchgeführt. Im Standardarm erfolgt für alle Patienten eine anschliessende Strahlentherapie. Im experimentellen Arm wird abhängig vom Ansprechen auf die Therapie entschieden, ob eine Weiterbehandlung im Rahmen einer Strahlentherapie erfolgt oder nicht. Nur die Patienten, die ein nicht ausreichendes Therapieansprechen zeigen, werden anschliessend bestrahlt. Patienten mit einem guten Ansprechen erhalten keine Strahlentherapie. Hierdurch soll die Toxizität der Therapie ohne Verschlechterung der Therapieergebnisse verringert werden. Weitere Ziele sind das progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich beider Arme, der Nachweis, dass eine alleinige Chemotherapie im Vergleich zur kombinierten Chemo- und Radiotherapie in Bezug auf PFS nicht unterlegen ist, und Verifizierung, dass durch die PET ein Risikokollektiv identifiziert wird. Sonstige Endpunkte in der Auswertung sind Gesamtüberleben (OS), Spättoxizitäten der Therapie und Sekundärneoplasien. Primärer Endpunkt: Progressionsfreies Überleben Sekundäre Endpunkte: Komplette Remissionsrate Gesamtüberlebenszeit Anteil der Patienten mit gutem / unzureichendem Ansprechen auf 2 Zyklen ABVD Spätfolgen der Therapie Sekundärneoplasien Protokollsynopsis 2/4 Studiendesign: Phase III, multizentrisch, randomisiert Standardarm: 2 Zyklen ABVD + 20 Gy - Bestrahlung Experimenteller Arm: 2 Zyklen ABVD für alle Patienten, danach Stratifizierung anhand FDG-PET. Für PET-positive Patienten: + 20 Gy - Bestrahlung, für PET-negative Patienten: Therapieende. Die Patienten werden nach Einschluss in die Studie entweder in den Standardarm oder in den experimentellen Arm randomisiert. Die Studiendurchführung erfolgt zunächst verblindet, d.h. der behandelnde Arzt wird nicht über die Armzuteilung informiert. Erst nach zwei Zyklen ABVD-Chemotherapie und anschliessender FDG-PET-Untersuchung wird entblindet. Patienten im Standardarm werden unabhängig vom Ergebnis der FDG-PET bestrahlt. Im experimentellen Arm erhalten die Patienten, bei denen sich ein positiver Befund in der FDG-PET zeigt, ebenfalls eine Bestrahlung. Patienten mit einem negativen PET-Befund hingegen werden nicht bestrahlt. Durch dieses Konzept wird eine Minimierung der therapiebedingten Toxizität bei gleichbleibender Therapieeffektivität angestrebt. Ein- und Ausschlusskriterien Versuchspersonen: Hodgkin Lymphom, Stadium CS (PS), IA (ausser LPHD), IB, IIA, IIB ohne einen der folgenden Risikofaktoren: grosser Mediastinaltumor (≥ 1/3 des max. Thoraxquerdurchmessers); Extranodalbefall; hohe BSG (≥ 50 mm/h bei A-Symptomen, ≥ 30 mm/h bei B-Symptomen); 3 oder mehr befallene Lymphknotenareale Wichtige Einschlusskriterien: Histologisch gesicherte Erstdiagnose eines Hodgkin Lymphom Patient ist therapienaiv in Bezug auf HL Alter 18-75 Jahre Vorliegen der selbst und schriftlich erteilten Einwilligung zur Studienteilnahme Normale Organfunktion (ausser HL bedingt) Wichtige Ausschlusskriterien: Vor- oder Begleiterkrankungen, die eine protokollgerechte Therapie nicht erlauben HL als Mischtumor (sog. Composite Lymphoma) maligne Tumorerkrankung in den letzten 5 Jahren (Ausnahmen siehe Protokoll) Schwangerschaft, Stillen Mangelnde Compliance Teilnahme an einer anderen interventionellen Prüfung, die mit der vorliegenden Prüfung interagieren könnte Studienablauf (Untersuchungen studienspezifisch/-unspezifisch) Untersuchungen vor der Behandlung Erhebung der Krankengeschichte körperliche Untersuchung Labordiagnostik (Blutentnahme), Untersuchung auf mögliche Viruserkrankungen wie Hepatitis B, Hepatitis C und HIV Überprüfung der Diagnose der entnommenen Gewebeproben Knochenmarkbiopsie (eine Punktion von Knochengewebe) Überprüfung von Organfunktionen: Elektrokardiogramm, Echokardiogramm, Lungenfunktionsprüfung, Ermittlung der Schilddrüsen-, Herz- und Fortpflanzungsfunktion Röntgenaufnahmen des Brustraumes Computertomographien (CT) von Hals, Brustbereich und Bauchregion, evt. Ultraschalluntersuchung des Halses oder des Bauchraumes oder eine Kernspintomographie (MRI) falls nötig. Bei Frauen im gebärfähigen Alter: Schwangerschaftstest Untersuchungen während der Behandlung Wöchentliche Blutuntersuchungen zur Bestimmung von Laborparametern nach Beendigung der Chemotherapie und nach Abschluss der Strahlentherapie: Überprüfung des Behandlungserfolges (Restaging) durch körperliche Untersuchung, Blutuntersuchungen, Protokollsynopsis 3/4 Röntgenuntersuchungen und Computertomographien aller ursprünglich betroffener Organe oder Lymphknoten. Untersuchungen nach der Behandlung vierteljährlich, später halb- und dann in jährlichen Abständen: körperliche Untersuchung Blutbildkontrolle Röntgen- sowie Ultraschall-Untersuchungen CT-Untersuchungen (abhängig vom Befund nach der Chemotherapie) Nachuntersuchungen zu eventuellen Langzeitfolgeschäden: EKG, Echokardiographie, Lungenfunktion, Zyklusanamnese, ggf. Samenzellenkontrolle, Kontrolle von Laborwerten der Herz-, Schilddrüsen und Fortpflanzungsfunktion Die aufgelisteten Untersuchungen gehen in Umfang und Häufigkeit nicht über das Mass hinaus, das auch ausserhalb der Studien zur Anwendung käme. Studienmedikamente: Die in HD16 eingesetzten Medikamente Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin sind für die Behandlung des Hodgkin Lymphoms zugelassen und in vielen Studien erprobt. Statistisches Auswertungskonzept: Randomisierung: zentral, Minimierungsmethode (Pocock), stratifiziert nach Klinik, Alter, Geschlecht, BSymptomatik, Befallslokalisation (supra-/infradiaphragmal), RF initialer Bulk, Albumin; einphasige Studie mit Parallelgruppen-Design für Nichtunterlegenheitsfragestellungen und Unterschiedstest für Überlebenszeiten; Auswertung der primären Zielvariablen PFS: Logrank-Test bei Nichtunterlegenheitshypothese und bei Unterschiedshypothese für zensierte Überlebenszeiten auf dem Niveau α=5% (zweiseitiges Konfidenzintervall) Begründung der Patientenzahl: Bei einer Rekrutierungsdauer von 5 Jahren und einer anschliessenden Nachbeobachtungszeit von weiteren 5 Jahren lässt sich die Nichtunterlegenheit für den Fall gleicher Hazards mit 80% Power nachweisen, wenn insgesamt mindestens 1018 Patienten (d.h. pro Arm mindestens 509 Patienten) randomisiert werden. Dieser Patientenzahl entsprechen QSxN=120 Ereignisse für den Nichtunterlegenheitstest. Risiken/ Belastungen/Unannehmlichkeiten: Chemotherapie: Häufig ist ein Verlust des Kopfhaares zu beobachten. Nach Ende der Therapie wachsen die Haare wieder nach. Insbesondere an den Therapietagen kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen. Diesem kann medikamentös gut entgegengewirkt werden. Ebenfalls können Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Fieber, grippeähnliche Symptome, Hautausschlag, Schleimhautentzündungen im Mund-, Rachen-, Speiseröhrenbereich und allergische Reaktionen auftreten. Darüber hinaus kann es zu Organstörungen z.B. an Lunge, Niere, Rückenmark, Nerven, Leber, Herz, der Fortpflanzungsorgane sowie am Knochenmark kommen. Diese Schäden sind jedoch selten. Bestimmte Medikamente können zu Kribbeln und Pelzigkeitsgefühl meist in den Händen und Füssen führen. Auch der Verdauungstrakt kann in Form von Durchfällen/Verstopfung in Mitleidenschaft gezogen werden. Während der gesamten Dauer der Chemotherapie können verstärkt Infektionen auftreten. Dieses gilt insbesondere in der Zeit zwischen Tag 5 und 12 nach Beginn des jeweiligen Chemotherapiezyklus, wenn es zum vorübergehenden Abfall der Leukozytenzahl (weisse Blutkörperchen) kommt. Die Erniedrigung roter Blutkörperchen kann zu Belastungsatemnot und allgemeiner Müdigkeit führen. In Einzelfällen können Bluttransfusionen notwendig werden. Fieber sollte grundsätzlich abgeklärt werden, da es lebensgefährlich werden kann. Strahlentherapie: Für die Strahlentherapie des Resttumors ist von geringen Nebenwirkungen auszugehen. Unmittelbar nach der Bestrahlung sind gelegentlich Schleimhautveränderungen und Schluckbeschwerden zu beobachten, selten kommt es zu Hautreaktionen. Sehr selten kommt es in der Folge der Strahlentherapie zu Spätschädigungen in Form einer Lungenfibrose (narbiger Umbau des Lungengewebes mit Beeinträchtigung der Atmung), Schädigungen des Herzens sowie Sekundärneoplasien (Zweittumoren). Protokollsynopsis 4/4 PET: Eine PET-Untersuchung wird zwar mithilfe eines radioaktiven Arzneimittels (mit Fluor-18 radioaktiv markierten Zuckern) durchgeführt, jedoch ist die Strahlung dieses Medikaments sehr kurzlebig. Nach wenigen Stunden ist die Radioaktivität bereits zum Grossteil zerfallen, sodass keine lang dauernde Bestrahlung besteht. Die Strahlenbelastung bei der PET-Untersuchung ist für Patienten geringer als bei einer CT-Untersuchung. Spätfolgen: Darüber hinaus ist die Behandlung mit dem Risiko von Spätfolgen belastet. Durch die eingesetzte Chemound Strahlentherapie ist das Risiko von Sekundärneoplasien (Zweittumoren) wie Leukämien und soliden Tumoren erhöht. Ausserdem können langfristige Spätfolgen noch Monate bis Jahre nach dem Abklingen von akuten Nebenwirkungen an Herz, Lunge und Geschlechtsorganen auftreten. Referenzen: Dies ist eine Studie der Deutschen Hodgkin Studiengruppe (GHSG) und der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Engert. In der Schweiz wird die Studie von PD Dr. med. Andreas Lohri (Kantonsspital Liestal) geleitet.