Zikavirus Infektion – Stellungnahme zu gynäkologisch

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P. Agyeman, C. Staehelin, 160209_v2
Zika
Zikavirus Infektion – Stellungnahme zu gynäkologischgeburtshilflichen Szenarien und bei Verdacht auf neonatale Infektion
Autoren der Infektiologie Inselspital Bern und des Instituts für Infektionskrankheiten (IFIK), Uni Bern:
Dr. med. Cornelia Staehelin (Oberärztin Infektiologie) und Dr. med. Philipp Agyeman (Oberarzt
pädiatrische Infektiologie)
Dr. med. Karolin Aebi-Popp (Research Associate Infektiologie)
Prof. Dr. med. Andri Rauch (Leitender Arzt Infektiologie)
Prof. Dr. med. Stephen Leib (Direktor Institut für Infektionskrankheiten)
Prof. Dr. med. Daniel Surbek (Chefarzt Geburtshilfe und Feto-maternale Medizin)
Prof. Dr. med. Hj. Furrer (Chefarzt Infektiologie)
Allgemeine Bemerkungen
a) Für die Übersicht über Zika-Endemiegebiete mit aktuell aktiver Transmission (derzeit vor
allem Mittel- und Südamerika, Cap Verde, und Inseln im Pazifik), siehe CDC-update auf
http://www.cdc.gov/zika/geo
b) Die Übertragung des Zikavirus erfolgt durch die Tigermücke (vor allem Aedes aegypti, auch
Aedes albopictus)
c) Ungefähr 80% der Infektionen mit dem Zikavirus sind asymptomatisch
d) Inkubationszeit: 2-7 Tage (selten bis 14 Tage beschrieben), falls es zu Symptomen kommt
e) Die Symptomatik ist in der Regel mild (Fieber, häufig auch afebril oder subfebril;
Gelenkbeschwerden; Konjunktivitis; makulo-papulärer, oft auch juckender Hautausschlag)
und dauert wenige Tage bis eine Woche. Eine Häufung von Guillain-Barré Syndrom während
der Epidemie in Französisch Polynesien1 und auch in Mittel- und Südamerika2 wurde
beschrieben. Es sind keine hämorrhagischen Komplikationen wie bei Denguefieber bekannt.
Todesfälle sind äusserst selten. Bisher wurden sieben Todesfälle mit grosser
Wahrscheinlichkeit mit einer Zika-Infektion in Verbindung gebracht. Weitere Abklärungen
sind im Gange3.
Schwangere Frauen haben kein höheres Infektionsrisiko, kein höheres Risiko symptomatisch
zu werden und kein höheres Risiko für einen schweren Verlauf als nicht-schwangere Frauen.
f) Mikrozephalie: Derzeit besteht ein starker örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem
bis zu 20-fachen Anstieg der Mikrozephaliefälle in Brasilien und der neuen Zika-Epidemie. In
wenigen Fällen wurde eine positive Zika-PCR in der Amnionflüssigkeit bei mikrozephalen
Foeten nachgewiesen4. Retrospektiv wurde auch in der Folgeperiode nach der Zikavirus
Epidemie 2013-2014 in Französisch Polynesien ein Anstieg von Mikrozephaliefällen
festgestellt. Eine kausaler Zusammenhang scheint zunehmend wahrscheinlich, ist aber noch
1
http://www.hygiene-publique.gov.pf/IMG/pdf/no13_-_mai_2015_-_zika.pdf
Pan American Health Organization/WHO. Epdemiological Update, 17 January 2016. Neurological syndrome,
congenital anomalies, and Zika virus infection.
http://www.paho.org/hq/index.php?option=com_content&view=article&id=11585&Itemid=41688&lang=en
3
http://ecdc.europa.eu/en/healthtopics/zika_virus_infection/Pages/index.aspx (Rapid Risk Assessment, 10
December 2015. Zika virus epidemic in the Americas : potential association with microcephaly and GuillainBarré syndrome)
4
Ministério de Saúde (Brazil). Microcefalia – Ministério da Saúde (TABNET): Demográficas e Socioeconômicas
http://portalsaude.saude.gov.br/index.php/cidadao/principal/agencia-saude/20805-ministerio-da-saudedivulga-boletim-epidemiologico
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Zika
nicht bewiesen. Festzuhalten ist, dass derzeit in Brasilien eine Mikrozephalierate von
99/100‘000 Lebendgeburten dokumentiert wird, verglichen mit ca. 5/100‘000
Lebendgeburten Anfang 2000. Das Risiko der Entwicklung einer Mikrozephalie nach
dokumentierter Zika-Infektion in der Schwangerschaft ist nicht bekannt.
g) Stillen: Eine positive Zikavirus PCR wurde in der Muttermilch von infizierten Frauen
dokumentiert5. Allerdings waren die entsprechenden Viruskulturen negativ. Eine Zikavirus
Transmission über die Muttermilch kann zur Zeit nicht ausgeschlossen werden. Im
entsprechenden Artikel wurden die Neugeborenen kurz vor der Geburt infiziert und erlebten
- trotz Stillen - einen komplikationslosen Verlauf. Die bisherigen Berichte von ZNSEntwicklungsstörungen beziehen sich nur auf den intrauterinen Verlauf, es liegen bislang
keine Berichte über postnatale Entwicklungsstörungen vor. Deshalb wird aufgrund der
sonstigen Vorteile des Stillens aktuell, gemäss CDC-Guidelines, nicht vom Stillen abgeraten6.
h) Diagnostik:
a. Serokonversion für die spezifische Zikavirus Serologie IgM meist 5-7 Tage nach
Symptombeginn. IgG-Serokonversion nach 2 Wochen. Die Serologie wird derzeit noch ans
Bernhard Nocht Institut in Hamburg geschickt, eine in-house Serologie wird erarbeitet.
Zeit bis zum Resultat der Serologie: derzeit 1 Woche. Sobald der Test in-house verfügbar
ist, wird sich dies verkürzen.
b. Kreuzreaktionen: im Dengue Rapid Test kann eine isolierte IgM – Bande auftreten.
Kreuzreaktionen mit der Gelbfieber- oder Japanische Encephalitis Impfung können
vorkommen, sind aber so schwach, dass sie meist als Kreuzreaktionen interpretiert und
entsprechend im Befund ausgewiesen werden können.
c. PCR-Diagnostik
i. Virämie nur sehr kurz(2-5d nach Symptombeginn) und, wenn nachgewiesen, tief.
ii. Im Urin wurde hingegen Virus-Ausscheidung schon wenige Tage (und praktisch
zeitgleich zur Virämie) nach Symptombeginn und bis 10-21 Tage danach
dokumentiert. Im Sperma ist eine Ausscheidung bislang bis 17 Tage nach
Symptombeginn dokumentiert. Längere Ausscheidungsstudien sind bis dato nicht
vorhanden. Die PCR im Urin wird z. Z. noch extern versendet , weshalb die Zeit bis
zum Erhalt der PCR-Resultate ca. 3 Arbeitstage beträgt. Eine in-house PCR wird
derzeit im IFIK zusammen mit dem Labor Spiez erarbeitet.
iii. Speichel bei Kindern: bis 10 Tage nach Symptombeginn
d. Diagnostik am Abend (> 18 Uhr) oder Wochenende
Die Serumprobe kann problemlos im Kühlschrank gelagert werden. Das EDTA Blut (für
PCR) sollte jedoch unzentrifugiert maximal 24h im Kühlschrank gelagert werden. D.h.
zwischen Samstag 11 Uhr und Sonntag 14 Uhr macht eine Nabelschnurblutentnahme /
venöse Blutentnahme keinen Sinn, da die Probe eventuell nicht verwertbar ist.
5
Besnard M, Lastère S, Teissier A, Cao-Lormeau VM, Musso D. Evidence of perinatal transmission of Zika virus, French
Polynesia, December 2013 and February 2014. Euro Surveill. 2014;19(13):pii=20751. Available online:
6
Staples JE, Dziuban EJ, Fischer M, et al. Interim Guidelines for the Evaluation and Testing of Infants with Possible
Congenital Zika Virus Infection — United States, 2016. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2016;65:63–67.
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Praktischer Hinweis bei klinischem Verdacht auf eine aktuelle aktive Zika-Infektion
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Bei Fragen im Bereich Gynäkologie/Geburtshilfe, mit primärem Fokus auf das Zikavirus:
Serumröhrchen (5ml genügen) und Urin (min. 5ml) abnehmen  Durchführung des DengueSchnelltestes (erste Hinweise noch am gleichen Tag möglich) und der Zika-Antikörper, sowie
PCR auf Zika im Urin. Weiteres gemäss Rücksprache mit Infektiologie.
bei Reiserückkehrern sind die ko-zirkulierenden Viren (Dengue- und Chikungunyaviren)
mitzuberücksichtigen: separater diagnostischer Algorithmus Infektiologie und IFIK.
Gynäkologisch-geburtshilfliche und neonatologische Szenarien:
1. Rückkehr einer bereits schwangeren Frau aus einem ZikaEndemiegebiet mit aktuell aktiver Transmission (s. oben)
bei alleinigem Nachweis einer Zika-Infektion während der Schwangerschaft ohne sichtbare Hinweise
auf eine Infektion des Feten im Ultraschall Vorgehen gemäss der Richtlinien der CDC:
http://www.cdc.gov/mmwr/volumes/65/wr/mm6502e1.htm
Empfohlen wird bei allen Frauen – symptomatisch oder nicht – ein Schwangerschaftsultraschall
gemäss folgendem Algorithmus.
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Kommentar:
- Eine Serologie bei asymptomatischen Frauen, bei denen im Ultraschall weder eine fetale
Mikrozephalie noch intrakranielle Kalzifikationen dokumentiert ist, ist nicht indiziert.
- Das Risiko für eine Zika-bedingte Schädigung des ungeborenen Kindes ist aktuell nicht
bekannt; nicht jede Infektion in der Schwangerschaft führt zu einer Mikrozephalie des
Kindes. Verlaufskontrollen im Ultraschall alle 2-4 Wochen sind sinnvoll, um Veränderungen
frühzeitig zu erkennen oder ggf. eine Amniocentese zu planen.
- Ein Schwangerschftsabbruch wegen fetaler Mikrocephalie ist gemäss Strafgesetzbuch
verboten, dies ist gegen die schweizerische Gesetzgebung. Ein Schwangerschaftsabbruch
jenseits der 12. SSW ist lediglich bei einer schweren medizinischen, psychischen oder
seelischen Belastung einer schwangeren Frau straffrei respektive unter Umständen indiziert.
Zudem ist die Variabilität der neonatalen und pädiatrischen Entwicklungsstörung bei
Mikrocephalie gross und abhängig vom Schweregrad der eigentlichen Hirnschädigung.
2. Paar mit Kinderwunsch und kürzlicher Reise in Zika-Endemiegebiet mit
aktuell aktiver Transmission
Eine Ausscheidung des Virus über Samenflüssigkeit ist gut dokumentiert. Bisher sind zwei sexuelle
Transmissionen des Zikavirus dokumentiert 7,8. In ersterem Fall berichtete der aus Westafrika
zurückkehrende Mann über eine vorgängige Hämatospermie (11-14 Tage nach Rückkehr aus dem
Endemiegebiet, bzw. Tage 5-9 nach Symptombeginn). Ein Nachweis des Virus in der Samenflüssigkeit
wurde damals nicht versucht, hingegen war der Titeranstieg diagnostisch. In einem anderen
Fallbericht – allerdings ohne dokumentierte Transmission an Sexualpartner – wird über den PCRNachweis des Zikavirus im Sperma bei einem Mann mit Hämatospermie und klinischen Symptomen
vereinbar mit Zika-Infektion berichtet9. Die Hämatospermie trat ca. 14 Tage nach ersten Symptomen
auf. PCR-Untersuchungen des Spermas über längere Zeitspannen wurden nicht unternommen.
Die sexuelle Transmission scheint epidemiologisch eine bedeutend geringere Rolle zu spielen als die
Übertragung durch Aedes-Mücken. Gegenwärtige Empfehlung: Durchführung einer Serologie
frühestens 14 Tage nach letzt-möglichem Infektionszeitpunkt.
 Falls diese negativ ist, gibt es keine Einschränkungen bezüglich ungeschütztem
Geschlechtsverkehr .
 Falls diese positiv ist empfiehlt es sich, die Inkubationszeit und die Mindestzeit der potentiellen
Ausscheidung über den Urogenitaltrakt abzuwarten (10+21d  = ein Monat). Um eine gewisse
Sicherheitsmarge zu gewährleisten im Hinblick auf mögliche neue Daten zur Dauer der
Virusausscheidung im Urin/Sperma etc. empfehlen wir derzeit bei Personen mit einer positiven
Zika-Serologie, für eine geplante Konzeption zwei Menstruationszyklen nach der Rückkehr aus
dem Endemiegebiet abzuwarten. Zum Schutz eines seronegativen Partners wird die Benutzung
eines Kondoms empfohlen für die erwähnte Dauer.
7
Foy BD, Kobylinski KC, Chilson Foy JL, Blitvich BJ, Travassos da Rosa A, Haddow AD, et al. Probable non-vector-borne
transmission of Zika virus, Colorado, USA. Emerg Infect Dis. 2011 May;17(5):880-2.
8
http://www.dallascounty.org/department/hhs/press/documents/PR2-216DCHHSReportsFirstCaseofZikaVirusThroughSexualTransmission.pdf
9
Musso D, Roche C, Robin E, Nhan T, Teissier A, Cao-Lormeau VM. Potential sexual transmission of Zika virus. Emerg Infect
Dis. 2015 Feb. http://dx.doi.org/10.3201/eid2102.141363
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3. Paar mit Kinderwunsch in Fertilitätsbehandlung und kürzlicher Reise in
Zika-Endemiegebiet mit aktuell aktiver Transmission
 Falls die Fertilitätsbehandlung verschoben werden kann, empfiehlt sich gemäss Punkt 2
vorzugehen.
 Als Mindestabstand kann frühestens 2 Wochen nach Rückkehr eine Serologie bei den Partnern
mit Rückkehr aus dem Endemiegebiet durchgeführt werden. Falls diese negativ ist, kann die
Fertilitätsbehandlung begonnen/fortgesetzt werden. Falls die Serologie positiv ist, soll beim
entsprechenden Partner eine PCR im Urin /bzw. im Sperma durchgeführt werden. Weiteres
Vorgehen gemäss Rücksprache mit der Infektiologie (Daten zur Dauer der Ausscheidung über
Sperma /Urin werden erwartet).
 Sind konkrete Fertilitätsbehandlungen nicht verschiebbar, und bereits unmittelbar nach einer
Reise in ein Zika-Endemiegebiet mit aktuell aktiver Transmission geplant, wird empfohlen, beim
Ehepaar (sofern beide im Endemiegebiet gewesen) eine Zikavirus PCR im Urin (Frau) und im
Sperma (Mann) vorzunehmen. Bei negativer PCR ist eine replikative Zika-Infektion, welche auf
den Embryo übertragen werden könnte, sehr unwahrscheinlich. Der negative prädiktive Wert
dieser Untersuchung ist allerdings derzeit noch nicht etabliert. In dieser Situation mit einer
zeitlichen Dringlichkeit hat eine Serologie keine Konsequenzen. Der serologische Nachweis einer
stattgehabten Zika-Infektion ohne PCR-Nachweis wird als Seronarbe interpretiert. Die
Fertilitätsbehandlungen können begonnen/fortgesetzt werden.
4. Vorgehen bei Verdacht auf kongenitale Zikavirus-Infektion
Wir verweisen auf die Interimsrichtlinien der CDC: http://www.cdc.gov/zika/hc-providers/index.html
Empfohlen wird eine Zikavirusdiagnostik beim Neugeborenen falls:
- beim Neugeborenen intrauterin oder bei der Geburt eine Mikrozephalie (< P3 für das
Gestationsalter) oder intrakranielle Verkalkungen festgestellt wird UND die Mutter sich
während der Schwangerschaft in einem Land mit Zikavirus-Zirkulation (siehe oben) aufhielt.
- bei der Mutter während der Schwangerschaft eine Zikavirus-Infektion mikrobiologisch
bestätigt wurde (auch bei inkonklusiven Testresultaten).
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die optimale Nachweismethode einer kongenitalen Zikavirus-Infektion
nicht etabliert, deswegen ist sowohl der serologische, wie auch molekulargenetische Nachweis beim
Kind empfohlen:
- Die Blutentnahme erfolgt idealerweise direkt aus dem Nabelschnurblut, sonst innerhalb der
ersten 2 Lebenstage beim Kind
- Serumprobe (absolute Mindestmenge falls BE beim Kind 1ml Vollblut)
- EDTA-Probe (absolute Mindestmenge falls BE beim Kind 1.5ml Vollblut)
- Bei bereits intrauterin grossem Verdacht auf eine Zikavirus-Infektion bei der Mutter sollten
zusätzliche Gewebe (Nabelschnur, Plazenta) für die Diagnostik asserviert werden.
- Andere Ursachen einer Mikrozephalie/ intrakraniellen Verkalkungen (z.B. TORCH-Infektionen)
müssen gesucht werden.
Falls eine kongenitale Zikavirus-Infektion diagnostiziert wird, sollten Follow-up Kontrollen in
Rücksprache mit der Kinderneurologie Inselspital erfolgen.
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