Gesund + Leben, 10/2010 Ernährungsirrtümern auf der Spur Dass Spinat gar nicht so viel Eisen enthält, wie lange angenommen, wissen heute schon viele Menschen. Doch wie sieht es aus mit all den anderen Gerüchten, die sich hartnäckig um die Ernährung ranken? Elisabeth Mondl hat bei Ernährungsexpertin Mag. Andrea Ficala von „die umweltberatung“ nachgefragt. 1. Wenn man gar nichts isst, nimmt man am schnellsten ab Ist doch logisch: Ich nehme nichts zu mir, also kann ich auch nicht zunehmen. Dünnhungern – geht das denn? Ficala: Der Körper passt sich an die geringe Energieaufnahme an und schaltet auf Hungerstoffwechsel um. Das bedeutet, er verbraucht insgesamt weniger Energie. Sobald man wieder in die alten Ernährungsmuster zurückfällt, legt er Reserven an und man nimmt schneller zu. Diese Radikalkuren sind daher fürs Abnehmen wenig empfehlenswert und führen zu dem bekannten „Jo-Jo-Effekt“. 2. Essen nach 18 Uhr macht dick Ich gehe spät schlafen und habe oft gegen 22 Uhr noch Hunger. Ist es schlimm, das Abendessen so spät zu sich zu nehmen? Ficala: Das Gewicht wird nicht von der Tageszeit der Mahlzeiten bestimmt, sondern von der Gesamtkalorienmenge und wie viel wir davon auch wirklich verbrauchen. Verträgt der Körper es gut, spricht nichts gegen ein spätes Abendessen. Zum Glück, denn in Österreich gibt es die Tendenz, das Abendessen zur Hauptmahlzeit zu machen, da viele Berufstätige erst am Abend Zeit und Muße dafür finden. 3. Eier erhöhen den Cholesterinspiegel Zu meinem Frühstück gibt‘s oft ein weiches Ei. Außerdem mag ich Eierspeise so gern. Mein Cholesterinspiegel ist trotzdem nicht zu hoch. Warum nicht? Ficala: Lange Zeit hatten Eier wegen ihres hohen Cholesteringehalts einen schlechten Ruf – zu Unrecht! Eier enthalten zwar viel Cholesterin, für den Cholesterinspiegel ist das mit der Nahrung aufgenommene allerdings weniger bedeutend als die Qualität der Fette, die man zu sich nimmt. Menschen mit erhöhten Cholesterinwerten sollten hauptsächlich pflanzliche Fette und weniger gesättigte Fettsäuren essen, wie sie in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Wurst oder Butter vorkommen. 4. Vitaminpräparate sind gesund Ich mochte noch nie Vitamine in Tablettenform. Sind sie gesund, brauche ich sie, oder können sie schädlich sein? Ficala: Die Einnahme von hoch dosierten Vitaminpräparaten kann gesundheitsschädlich sein. Statt „Pillen“ ist daher eine gemüsereiche Mischkost aus regionalen und saisonalen Produkten zu empfehlen. Dadurch werden wir mit allen notwendigen Vitaminen und Mineralstoffen versorgt und laufen nicht Gefahr, unserem Körper zu schaden. 5. Kaffee raubt dem Körper Wasser In guten Kaffehäusern gibt’s immer Wasser zum Kaffee. Der soll ja dem Körper Wasser entziehen. Wieso eigentlich? Ficala: Nach aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen ist Kaffee kein „Flüssigkeitsräuber“. Das im Kaffee enthaltene Koffein wirkt harntreibend. Der Körper ist jedoch in der Lage, die erhöhte Wasserausscheidung innerhalb kurzer Zeit durch Gegenregulationsmechanismen auszugleichen, sodass es insgesamt betrachtet zu keinem Flüssigkeitsverlust kommt. 6. Pilze darf man nicht aufwärmen Mmmh, Pilzrisotto oder Pilzsauce mit Semmelknödel. Ich koche immer zu viel, und hab Gesund + Leben, 10/2010 am nächsten Tag noch etwas übrig. Warum sollen Pilze nicht aufgewärmt werden? Ficala: Pilze zählen zu den leicht verderblichen Lebensmitteln. Wenn Sie Pilze richtig zubereiten und lagern, können Sie sie aber ohne Bedenken am nächsten Tag aufwärmen und verzehren. Sämtliche Gerichte, die Sie aufheben, sollten durchgehend auf mindestens 70 Grad Celsius aufgewärmt werden. Mein Tipp: Frisch schmecken Pilze einfach am besten! 7. Zitrusfrüchte sind besonders reich an Vitamin C Ich möchte Vitamin C zu mir nehmen, um meine Immunabwehr zu stärken. Orangen kommen aber meist von weit her. Wo ist es noch enthalten? Ficala: Viele Zitrusfrüchte enthalten hohe Dosen an Vitamin C, aber auch heimisches Obst und Gemüse ist prall gefüllt mit dem wichtigen Vitamin! Das Gute daran: Produkte, die nicht weit transportiert werden müssen, ersparen uns Abgase und Lärm und durften außerdem länger reifen. Das heißt, sie schmecken intensiver und haben den vollen Gehalt an Nährstoffen. Gute Vitamin-C-Quellen sind beispielsweise schwarze Johannisbeeren, Erdbeeren, Hagebutten und Äpfel. Im Winter sind Kraut, Schwarzwurzeln und Kohl hervorragende Vitamin-Spender. 8. Light-Produkte helfen beim Abnehmen Kann man mit Light-Produkten abnehmen? Ich verbinde damit immer nur Geschmacksreduzierung und Zuckerersatzstoffe. Das hört sich ungesund an. Ficala: Zum Abnehmen sind Light-Produkte leider nur bedingt geeignet. Egal ob kalorienreduziert, fettarm, mit wenig Zucker oder mit Süßstoff als Zuckerersatz: Der Mensch neigt dazu, von Light-Produkten eine größere Menge zu essen als normalerweise. Fehlen Zucker und Fett als Geschmacksträger, macht das Essen noch dazu weniger Spaß. 9. Salz treibt den Blutdruck nach oben Wenn ich koche, vergesse ich die meiste Zeit aufs Salzen. Meine Mutter isst deshalb nicht gerne, was ich koche. Allerdings finde ich, sie salzt zu viel. Wie viel Salz ist gesund? Ficala: Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Salzaufnahme und erhöhtem Blutdruck ließ sich bisher in Studien nicht herstellen. Salz steht aber gemeinsam mit anderen Faktoren wie Übergewicht, Rauchen, zu viel Alkohol und zu wenig Bewegung weiterhin in Verdacht, Bluthochdruck zu begünstigen. Die Reaktion des menschlichen Körpers auf Salzzufuhr scheint aber sehr individuell zu sein. Die Empfehlung lautet: Salz in Maßen, nicht in Massen, mit maximal 6 g Speisesalz pro Tag. 10. Margarine ist gesünder als Butter Kalte Butter auf ein Brot streichen ist ein Kraftakt! Da kaufe ich doch lieber Margarine im Supermarkt. Gesünder soll sie auch sein. Stimmt das? Ficala: Diese Frage lässt sich nicht so eindeutig beantworten. Beide Streichfette haben Vor- und Nachteile. Butter ist ein reines Naturprodukt und hat einen unverkennbaren Geschmack. Butter enthält allerdings größere Mengen an Cholesterin. Pflanzenmargarine wird aus flüssigen Pflanzenölen gewonnen und enthält daher gesündere, nämlich ungesättigte Fettsäuren. Margarine enthält aber auch Transfettsäuren, die im Fetthärtungsprozess entstehen und die negativ auf den Fettstoffwechsel wirken. Eine Studie im Auftrag der AK Wien ergab, dass der Anteil an Transfettsäuren in einer handelsüblichen Pflanzenmargarine im Durchschnitt weniger als ein Prozent im Verhältnis zu allen anderen Fettsäuren beträgt. Somit kann der Verzehr von Margarine als gesundheitlich unproblematisch beurteilt werden. Folgt man den aktuellen Ernährungsempfehlungen, so soll man allgemein an Streichfett sparen. Als Richtwert gilt eine tägliche Menge von etwa 10 g Streichfett, das entspricht etwa zwei Kaffeelöffeln.