Supraleitung Versuchsprotokoll (überarbeitet) Sven Issing Sven Gerhard Versuch durchgeführt am 8. März 2005 2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung................................................................................................................ 3 2. Theoretische Grundlagen ....................................................................................... 3 2.1 Der elektrische Widerstand bei tiefen Temperaturen ........................................ 3 2.2 Das kritische Magnetfeld................................................................................... 4 2.3 Der Meissner-Ochsenfeld-Effekt ....................................................................... 4 2.4 Supraleiter 2. Art ............................................................................................... 5 2.5 Der Einfluss der Probengeometrie, Entmagnetisierungsfaktor.......................... 6 2.6 Der Isotopie-Effekt ............................................................................................ 7 2.7 Verschiedene Beschreibungen der Supraleitung .............................................. 7 2.7.1 Die London-Theorie.................................................................................... 7 2.7.2 Überblick über die BCS-Theorie ................................................................. 8 3. Versuchsaufbau...................................................................................................... 9 4. Berechnung des Magnetfeldes der verwendeten Spule ......................................... 9 5. Versuchsdurchführung und Auswertung............................................................... 13 5.1 Eichung des Kohlewiderstandes ..................................................................... 13 5.2 Beobachtung des flüssigen Heliums beim Übergang in den suprafluiden Zustand ................................................................................................................. 15 5.3 Bestimmung des kritischen Magnetfeldes....................................................... 15 5.4 Direkte Bestimmung der kritischen Tempertatur ............................................. 18 6. Literaturverzeichnis .............................................................................................. 19 Anhang A. x-y-Plot zur Bestimmung des krit. Magnetfelds und der krit. Temperatur B. x-y-Plot zur direkten Bestimmung der kritischen Temperatur 3 1. Einleitung Seit der Entdeckung des Effektes der Supraleitung bei sehr tiefen Temperaturen im Jahr 1911 durch Kamerling Onnes wurden enorme Fortschritte auf diesem Gebiet, sowohl auf theoretischer als auch auf praktischer Seite, erzielt. Erst über 40 Jahre später konnte durch die BCS-Theorie das Phänomen zufriedenstellend erklärt werden. Seitdem wurden durch konsequente Materialforschung Hochtemperatursupraleiter entwickelt, die mehr als das 40fache der kritischen Temperatur aufweisen, die seinerzeit Kamerling Onnes feststellte. Auch die kritischen Magnetfelder konnten auf diese Weise enorm erhöht werden. Mit der Messung von beidem, kritischem Magnetfeld sowie kritischer Temperatur am Beispiel von Zinn, beschäftigt sich dieser Praktikumsversuch. 2. Theoretische Grundlagen 2.1 Der elektrische Widerstand bei tiefen Temperaturen Der Name „Supraleiter“ deutet schon darauf hin, dass diese Materialen bei sehr tiefen Temperaturen einen verschwindenden Widerstand besitzen. Dies steht im Widerspruch zum „gewohnten“ Verhalten, das Gleichung (1) beschreibt: (1) ρ(T)= ρ0+ ρi(T) Dabei ist ρ0 der temperaturunabhängige Restwiderstand bei T = 0 K, verursacht von Streuung der Leitungselektronen an Störstellen. ρi(T) Beschreibt den temperaturabhängigen Teil, der unterhalb der Debye-Temperatur mit T5 geht und v.a. durch Kleinwinkelstreuung an Phononen verursacht wird und oberhalb der DebyeTemperatur linear mit T ansteigt und aus Streuung an Phononen resultiert. Das Verhalten eines Supraleiters ist in Abb. 1 dargestellt. Deutlich zu sehen ist der Sprung auf quasi unmessbar kleinen Widerstand bei TC, der kritischen Temperatur. Dieser Widerstand liegt mindesten 14 Größenordungen unter dem des normalleitenden Zustands. Abb. 1: Schematische Darstellung des (spezifischen) Widerstands eines Supraleiters in Abhängigkeit der Temperatur 4 2.2 Das kritische Magnetfeld Bringt man einen Supraleiter in ein Magnetfeld, dessen Flussdichte mindestens so groß ist wie die kritische Flussdichte Bc, so bricht die Supraleitung ebenfalls zusammen, auch wenn man sich weiterhin unterhalb von TC befindet. BC hängt von der Temperatur der supraleitenden Probe ab. Der Zusammenhang zwischen Temperatur T und kritischem Feld Bc wird in guter Näherung durch die Gleichung ⎛ T2 B c (T ) = B c , 0 ⎜⎜1 − 2 ⎝ Tc ⎞ ⎟ ⎟ ⎠ (2) beschrieben und ist in Abbildung 2 graphisch dargestellt: Abb. 2: Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen kritischem Magnetfeld Bc und Temperatur bei Supraleitern 1. Art Bc,0 ist dabei das kritische Feld bei T = 0. Bc,0 und Tc sind Materialparameter, für das in diesem Versuch verwendete Zinn gilt (aus [2]): Bc,0 = 30,6 mT und Tc = 3,722K. 2.3 Der Meissner-Ochsenfeld-Effekt Ein weiteres charakteristische Phänomen für einen Supraleiter ist die (bis auf die Eindringtiefe) vollständige Verdrängung eines Magnetfeldes aus dem Supraleiter. Dieser Effekt, der Meissner-Ochsenfeld-Effekt genannte wird, unterscheidet den Supraleiter auch von einem idealen Leiter. Denn während die Möglichkeit für das Eindringen eines Magnetfeldes in einen idealen Leiter vom Zeitpunkt des Übergangs 5 Normmalleiter – Idealleiter abhängt, ist für einen Supraleiter der Endzustand unabhängig vom Prozess gleich, siehe dazu Abbildung 3: Abb. 3: Zur Erklärung des Meissner-Ochsenfeld-Effekts: Ein Supraleiter ist unabhängig vom Prozess ein idealer Diamagnet, siehe Text. Bei einem idealen Leiter fordert das Ohmsche Gesetz: E = ρ ⋅ j . Bei verschwindendem ρ muss also auch E = 0 sein. Zusammen mit der Maxwellgleichung ∇ × E = −B folgt, dass B = 0 gelten muss, sich das Magnetfeld in der ideal leitenden Probe also nicht ändern darf. Somit ist das innere Feld eines idealen Leiters abhängig von der Reihefolge, in der man kühlt und das Magnetfeld an- und abschaltet. Bei einem Supraleiter ist dies nicht der Fall. In seinem Inneren ist das Magnetfeld immer 0, er ist also ein idealer Diamagnet. Das Herausdrängen des Magnetfelds aus dem Supraleiter braucht Energie, was eine anschauliche Erklärung für das Zusammenbrechen des supraleitenden Zustands bei zu hohen Magnetfeldern liefert, denn bei Bc ist der Energieaufwand zu hoch um die Supraleitung aufrecht zu erhalten. 2.4 Supraleiter 2. Art Die obigen Beschreibungen gelten für Supraleiter erster Art. Für sie gilt: Für B < Bc : Supraleitend, Magnetfeld wird vollständig verdrängt. Für B > Bc : Normalleitend, Magnefeld dringt vollständig ein. Supraleiter 2. Art besitzen nun zwei kritische Magnetfelder Bc,1 und Bc,2, wobei Bc,1<Bc,2. Es gilt: 6 Für B < Bc,1: Verhalten wie Supraleiter erster Art, sog. Meissner-Phase. Für Bc,1 < B < Bc,2 : Das Magnetfeld dringt in sog. Flussschläuchen in den Supraleiter ein, es werden also einige Bereiche normalleitend. Dabei ist das eindringende Feld pro Flussschlauch mit dem sog. Flussquant ( φ = h / 2e ) quantisiert. Diesen Zustand nennt man die Shubnikov-Phase. Für den Effekt der widerstandsfreien Stromleitung hat das Entstehen von normalleitenden Bereichen kaum eine Bedeutung, da diese von den supraleitenden Bereichen „kurzgeschlossen“ werden. Für B > Bc,2 bricht auch für Supraleiter 2. Art die Supraleitung zusammen, sie werden normalleitend. Da Zinn ein Supraleiter 1. Art ist, wird im Folgenden auch nur auf solch Supraleiter eingegangen. 2.5 Der Einfluss der Probengeometrie, Entmagnetisierungsfaktor Der Zusammenhang zwischen dem inneren (Hi) und dem äußeren (Ha) magnetischen Feld eines Supraleiters ist nach [2] durch folgende Beziehung gegeben: Hi = Ha - nM (3) Dabei ist M die Magnetisierung der Probe und n der Entmagnetisierungsfaktor. Wie oben beschrieben, ist ein Supraleiter ein idealer Diamagnet, d.h. µr = -1 und damit M = -Hi (unter der Bedingung, dass die Probe groß gegen die Eindringtiefe ist, man diese also vernachlässigen kann). Mit (3) ergibt sich also: Hi = 1 Ha 1− n (4) Aus dieser Gleichung ist ersichtlich, dass bei bestimmten Werten von n das innere Feld bereits die kritische Grenze erreichen kann, obwohl das äußere Feld geringer ist, das Feld im Inneren des Supraleiters wird also durch den Entmagnetisierungsfaktor „verzerrt“. Da n von der Geometrie der Probe abhängt, kann dies an bestimmten Stellen der Probe geschehen. Weil aber nicht die gesamte Probe in den normalleitenden Zustand übergehen kann, weil dann Hi = Ha gelten würde und somit das Feld in der Probe unterkritisch wäre, kann man folgern, dass nur bestimmte Bereiche der Probe normalleitend werden. Die Probe „zerfällt“ also in normalleitende und supraleitende Bereiche, den Zustand nennt man zwischenzustand. Der Entmagnetisierungsfaktor n hängt, wie bereits erwähnt, von der Probegeometrie ab und ist im allgemeinsten Fall ein Tensor. Für unendlich lange Zylinder gilt n = 0, d.h. Hi = Ha. Aufgrund der Probengeometrie in unserem Experiment (die Zinkprobe ist ein langer Draht, der auf einen Trovidur-Zylinder aufgewickelt ist), kann man unsere Probe als unendlich langen Zylinder betrachten. Damit wird ein Übergehen in einen Zwischenzustand verhindert und man kann mit einem sehr schnellen Übergang vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand rechnen. 7 2.6 Der Isotopie-Effekt Untersucht man supraleitende Proben verschiedener Isotopen des gleichen Elements, so kommt man auf folgenden Zusammenhang zwischen kritischer Temperatur Tc und Masse des Isotops: (5) M β Tc = const. β ist dabei ein materialspezifischer Parameter. Diese Tatsache lieferte einen ersten Hinweis darauf, dass die Supraleitungseigenschaften auch vom Gitter des beteiligten Festkörpers abhängt. Diese Tatsache wird in der BCS Theorie erklärt, einer quantenmechanischen Theorie zur Erklärung der Supraleitung, siehe unten. Die BCS-Theorie sagt ein β von ½ voraus, was bei vielen Elementen zutrifft. Die Abweichungen vom vorhergesagten Wert resultieren aus der materialabhängigen Zustandsdichte des Phononenspektrums und können erheblich sein (z.B. Uran β = 2,2 und Ruthenium β<0,05). 2.7 Verschiedene Beschreibungen der Supraleitung 2.7.1 Die London-Theorie Die londonsche Theorie ist eine phänomenologische Theorie zur Erklärung des Meissner-Ochsenfeld-Effektes, die 1935 von den Brüdern Fritz und Heinz London vorgeschlagen wurde. Dabei werden die Maxwell-Gleichungen um die 2 London Gleichungen ergänzt: G m G G B = − 2 ∇× j ne G ne 2 G j= E m (6) (7) Zusammen mit den Maxwellgleichungen lässt sich aus (6) folgender Zusammenhang ableiten: G µ ne 2 G (8) ∇2 B = 0 B m D.h. für ein ortsunabhängiges Magnetfeld in einem Supraleiter folgt gezwungenermaßen, dass das Feld B = 0 ist, was den Meissner-Ochsenfeld-Effekt vollständig beschreibt. Außerdem findet man aus (6) und (7) für den Fall einer dünnen supraleitenden Platte, die in positiver x-Richtung unendlich ausgedehnt ist und einem Magnetfeld in zRichtung die Abhängigkeit des Magnetfeldes im Supraleiter von der Eindringtiefe: ⎛ x⎞ B ( x ) = B (0) ⋅ exp⎜ − ⎟ ⎝ Λ⎠ (9) 8 Das Magnetfeld fällt also im Inneren des Supraleiters exponentiell ab. m ist die sog. Londonsche Eindringtiefe, wobei m die Masse des Elektrons Λ= µ0 ne2 ist und n die Anzahldichte der supraleitenden Ladungsträger. 2.7.2 Überblick über die BCS-Theorie Mitte der 50er Jahre wurde von Bardeen, Cooper und Schriefer eine quantenmechanische Theorie zur Erklärung der Supraleitung, die BCS-Theorie entwickelt. In ihr wird auch der Tatsache Rechnung getragen, dass der Effekt der Supraleitung nur unter Mitwirkung des Kristallgitters entstehen kann. Grundlage der BCS-Theorie ist die Kopplung zweier Leitungselektronen im Festkörper zu einem sog. Cooper-Paar unter der Wirkung einer (relativ) langreichweitigen attrakiven Kraft zwischen den beiden Elektronen. Um die Ursache dieser Kraft zu verstehen, macht man folgendes Gedankenexperiment: Bewegt sich ein Elektron durch das Kristallgitter, so zieht es die positiv geladenen Atomrümpfe aufgrund der Coulomb-Wechselwirkung an. Diese Anziehung bewirkt eine Verzerrung des Kristallgitters, die aber aufgrund der hohen Trägheit der Atomrümpfe (Masse M) im Vergleich zum Elektron erst einige Zeit nach dem passieren des Elektrons ihren Maximalwert erreicht. Ein zweites Elektron sieht nun diese Verzerrung als positive Ladungsdichte und kann in die vom ersten Elektron so geschaffenen Potentialmulde eintreten, es folgt also der Spur des ersten Elektrons. Der Abstand der beiden Elektronen und damit die Ausdehnung des Cooper-Paars kann auf folgende Weise abgeschätzt werden: aCooper = vElektron ⋅ TPhonon. (10) Setzt man für die Elektronengeschwindigkeit die Fermigeschwindigkeit ein und für die Schwingungsdauer des Phonons TPhonon=2π/ωDebye, so erhält man eine Ausdehnung der Cooper-Paare von ~100 nm. Die Coulombabstoßung ist auf diese Entfernungen praktisch vollständig abgeschirmt und die große Ausdehung hat weitreichende Konsequenzen: Da aus Symmetriebetrachtungen folgt, dass die beiden das Cooper-Paar bildenden Elektronen entgegengesetzten Spin besitzen folgt, dass das so neu entstandene Quasi-Teilchen den Gesamtspin von S=0 besitzt, es ist also ein Boson. Es unterliegt somit der Bose-Verteilung und durch die große Ausdehnung und damit die große Überlappung der Wellenfunktionen ergibt sich, dass sich alle Cooper-Paare in einem Grundzustand befinden können und eine vollständig kohärente Wellenfunktion über den ganzen Festkörper verteilt beschreiben. Da sie dadurch nicht einzeln am Gitter gestreut werden können, ergibt sich daraus die dissipationsfreie Stromleitung, die die Supraleitung ausmacht. Abschließend sei gesagt, dass die theoretisch abgeleiteten Aussagen der BCSTheorie sehr gut mit den experimentellen Ergebnissen übereinstimmen. 9 3. Versuchsaufbau Abbildung 6 zeigt schematisch den für den Versuch verwendeten Glaskryostaten. Die Mäntel 1 und 3 werden vor Versuchsbeginn evakuiert um die Apparatur gegen Wärmeleitung zu isolieren. Im Mantel 2 befindet sich flüssiger Stickstoff zum Vorkühlen. Im Inneren (4) ist die Zinnprobe, ein Kohlewiderstand zur Temperaturmessung, die das Magnetfeld erzeugende Spule, die elektrischen Anschlüsse sowie flüssiges Helium zur Kühlung. Abb. 6: Schematischer Aufbau des im Versuch verwendeten Kryostaten Da es sich um einen Glaskryostaten handelt, kann man die Vorgänge im Inneren gut beobachten. Dies macht es auch möglich den Übergang des Heliums in den suprafluiden Zustand zu beobachten und zu beschreiben (siehe 5.2). Die Zinn-Probe ist ein um einen hohlen Trovidur-Zylinder gewickelter Draht, der so orientiert ist, dass in guter Näherung als sehr langer und dünner Zylinder gesehen werden kann, der parallel zum Magnetfeld steht. Wie unter 2.5 beschreiben wurde, hat dies ein sehr schnelles Übergehen vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand zur Folge, d.h. in einem sehr engen Temperaturbereich. Details zum Aufbau sowie die Beschaltung der einzelnen Geräte findet man in [1] und [2]. 4. Berechnung des Magnetfeldes der verwendeten Spule Das zum Messen der kritischen Flussdichte nötige Magnetfeld wird durch eine Spule aus Kupferdraht erzeugt, deren Geometrie und Abmessungen Abbildung 8 zeigt. Im Versuch wird der Strom durch die Spule gemessen und das daraus resultierende Magnetfeld (besser: die magnetische Flussdichte) über folgende Formel aus [2] berechnet: B( I Spule ) = µ 0 ⎛ r + r 2 + L2 a ln⎜ a 2 2 ⎜ 10(ra − ri ) ⎝ ri + ri + L 2πNI Spule ⎞ ⎟ ⎟ ⎠ (11) 10 Zu den Bezeichnungen siehe Abbildung 8. Abb. 8: Abmessungen der verwendeten Kupferspule nach [1] Mit der aus [1] entnommenen Windungszahl N = 4865 errechnet sich aus (11) ein Umrechnungsfaktor von Strom auf Flussdichte von B T = 0.0481497 I A Um nun im Folgenden die Gültigkeit von (11) zu überprüfen, betrachtet man eine einzelne Leiterschleife: Abb. 9: Skizze zur Berechnung des Magnetfeldes in einer stromdurchflossenen Leiterschleife Aus Symmetriegründen besitzt das Feld auf der x-Achse nur eine Komponente in xRichtung, die sich nach dem Biot-Savart-Gesetz errechnen lässt: B x ( x0 ) = µ0 I 2 ⋅ (x R2 2 0 + R2 ) 3/ 2 (12) Die in unserem Versuch verwendete Spule stellt man sich nun als viele aneinandergereihte Einzelschleifen nach Abbildung 9 vor und addiert diese auf. Dazu ist zu beachten, dass die Spule nicht nur aus einer Schicht Wicklungen entlang der xAchse besteht, sondern auch Windungen übereinander liegen, also in y-Richtung. Um die einzelnen Feldstärken richtig aufsummieren zu können, muss man wissen, wie viele Schleifen sich in x-Richtung befinden (Nx) und wie viele übereinander liegen (also in y-Richtung, Ny). Dazu benutzt man, dass die gesamt Windungszahl konstant ist: N = Nx⋅Ny = 4865. Aus geometrischen Betrachtungen erhält man Nx/Ny = 2L/(ra-ri). Mögliche Werte für Nx und Ny zeigt Tabelle 1: 11 Graph 1 2 3 dx /⋅10-4m 5,45 4,81 6,09 dy /m ⋅10-3m 1,18 1,34 1,06 Nx 286 324 256 Ny 17 15 19 N 4862 4860 4864 Nx/Ny 16,8 21,6 13,5 Tab. 1: Anzahl der für die Simulation angenommenen Wicklungen in x- und yRichtung sowie der Abstand er Wicklungen Laut Angabe sollte Nges = 4865 und Nx/Ny = 2L/(ra-ri) = 15,5 sein. Den Abstand der Wicklungen in x-Richtung (dx) und in y-Richtung (dy) erhält man dabei daraus, dass die Abmessungen der Spule trotz unterschiedlich angenommener Wicklungszahen konstant bleiben müssen, also: dx = Ny Nx , dy = 15,6cm 2,01cm Wenn man nun beachtet, dass alle Leiterschleifen, die in x-Richtung neben der ersten liegen um den Abstand dx verschoben sind, und der Radius der Schleifen, die in y-Richtung auf die erste Schicht gewickelt wurden um den Abstand dy größer wird, kann man die einzelnen Schleifen aufsummieren. Es ergibt sich folgende Doppelsumme: B( x) µ0 = I 2 (d y ⋅ n y + R ) 2 Nx Ny ∑∑ ((d nx ny y ⋅ n y + R ) 2 + ( d x ⋅ nx + x ) 2 ) (13) 3/ 2 Mit Hilfe von Mathematica kann man die Summen nun ausführen und Plotten. Abbildung 10 zeigt das Ergebnis: 0.05 0.04 0.03 0.02 0.01 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 Abb. 10: Ergebnis der numerischen Berechnung des Magnetfeldes mittels Mathematica. Der Wert x=0 bezeichnet die Spulenmitte, die durchgezogene waagrechte Linie ist der aus (11) berechnete Wert. Der Graph 1 ist dabei der fein gestrichelte, 2 der grob gestrichelte und 3 der mit der durchgezogenen Linie. 12 Wie man sieht ist das numerische ermittelte Magnetfeld geringer als das durch Formel (11) berechnete. Dies ist wahrscheinlich auf die Näherungen zurückzuführen, die in Formel (11) gemacht wurden. Um ein Maß für die Inhomogenität des Magnetfelds über den Bereich zu bekommen, in der die Probe sitzt (Probelänge 5 cm), schätzt man diese folgendermaßen ab: B(0) B (2,5cm) − 0.0399254 T/A - 0.0394605 T/A I I = = 1,16% B(0) 0.0399254 T/A I Die Inhomogenität de Magnetfelds beträgt über die Länge der Probe gesehen als etwa 1,2%. Zur Berechnung wurde dabei die numerische Ableitung des Zusammenhangs zwischen Magnetfeld und Strom nach Gleichung (13) verwendet. 13 5. Versuchsdurchführung und Auswertung 5.1 Eichung des Kohlewiderstandes Wie oben erwähnt, wird ein Kohlewiderstand benutzt, um die Temperatur der Probe zu bestimmen. Dieser befindet sich dazu in unmittelbarer Umgebung der Probe, um evtl. Temperaturgradienten im He-Bad aus der Messung zu eliminieren, siehe dazu auch den Versuchsaufbau in [2]. Da der Widerstand nach jedem Aufwärmen seine innere Struktur ändert, kann man keine entgültige Abhängigkeit des Widerstandswertes von der Temperatur angeben, sondern er muss nach jedem Aufwärmen des Kryostaten geeicht werden. Dies soll im folgenden geschehen. Nach [1] werden dazu zwei verschiedene Verfahren angewandt: Zum Einen wurde während des Abkühlens eine Wertetabelle (Tabelle 2) mit Widerstandwerten in Abhängigkeit der Temperatur aufgenommen. Die eigentliche Messgröße war dabei der Spannungsabfall am Widerstand, da dieser aber über den ganzen Versuch aus einer Konstantstromquelle mit 10 µA gespeist wurde, lässt sich mit dem ohmschen Gesetz, RWid = UWid/IWid leicht der Widerstand errechnen. Uwid/mV Rwid p/Torr T/K 3,50 3,54 3,57 3,58 3,59 3,62 3,65 3,68 3,72 3,75 3,78 3,82 3,86 3,90 3,94 3,98 4,02 4,05 4,16 4,30 4,45 4,63 4,83 5,07 350,00 354,00 357,00 358,00 359,00 362,00 365,00 368,00 372,00 375,00 378,00 382,00 386,00 390,00 394,00 398,00 402,00 405,00 416,00 430,00 445,00 463,00 483,00 507,00 761,25 742,50 727,50 720,00 712,50 697,50 682,50 667,50 652,50 637,50 622,50 607,50 592,50 577,50 562,50 547,50 532,50 525,00 487,50 450,00 412,50 375,00 337,50 300,00 4,22 4,19 4,17 4,16 4,15 4,13 4,10 4,08 4,06 4,03 4,01 3,99 3,96 3,93 3,91 3,88 3,86 3,84 3,78 3,71 3,63 3,54 3,46 3,36 Uwid/mV 5,36 5,72 6,17 6,97 7,20 7,78 8,13 8,53 8,78 9,03 9,30 9,61 9,95 10,36 10,84 11,36 11,90 11,99 12,53 12,67 12,84 13,01 13,28 13,36 Rwid 536,00 572,00 617,00 697,00 720,00 778,00 813,00 853,00 878,00 903,00 930,00 961,00 995,00 1036,00 1084,00 1136,00 1190,00 1199,00 1253,00 1267,00 1284,00 1301,00 1328,00 1336,00 p/Torr 262,50 225,00 187,50 130,00 120,00 100,00 90,00 80,00 75,00 70,00 65,00 60,00 55,00 50,00 45,00 40,00 35,00 34,00 33,00 32,00 31,00 30,00 28,50 28,00 T/K 3,26 3,15 3,02 2,79 2,74 2,64 2,58 2,52 2,49 2,45 2,42 2,38 2,34 2,29 2,25 2,20 2,14 2,13 2,12 2,11 2,09 2,08 2,06 2,05 Tab. 2: Daten zur Eichung des Kohlewiderstands. Der fett gedruckte Wert ist der Siedepunkt (4,22K) des He. 14 Die zweite Möglichkeit die Temperaturabhängigkeit des Kohlewiderstand zu eichen ist den Siedepunkt sowie den λ-Punkt des Heliums zu benutzen und eine exponentielle Abhängigkeit nach der Formel ⎛γ ⎞ R (T ) = α ⋅ Exp ⎜ ⎟ ⎝T ⎠ (14) anzunehmen. Dies ist gerechtfertig, weil sich der Kohlewiderstand bei den tiefen Temperaturen, die ja während der Messung herrschen, wie ein Halbleiter verhält und damit eine exponentielle Abhängikeit seines Widerstands von der Temperatur zeigt (nach [1]). Es wurden also folgende Gleichungen aufgestellt: ⎛ γ ⎞ ⎟⎟ RSP (T ) = α ⋅ Exp⎜⎜ ⎝ TSP ⎠ und ⎛γ Rλ (T ) = α ⋅ Exp⎜⎜ ⎝ Tλ ⎞ ⎟⎟ ⎠ (15) (16) Für den Siedepunkt (SP) wurde der Wert aus Tabelle 2 und für den λ-Punkt den Literaturwert (aus [6]), Tλ = 2,18 K eingesetzt. So erhält man 2 Gleichungen für 2 Unbekannte, nämlich α und γ, deren Lösung ergibt: α = 99,46 Ω, γ = 5,309 K. Des weiteren wurde nach der ersten Methode an die ganzen Messpunkte aus Tabelle 2 eine Funktion, die ebenfalls die Form von (14) hat angefittet. Die Ergebnisse beider Methoden zeigt Abbildung 11: Abb. 11: Messwerte zur Eichung der Temperaturmessung. Die durchgezogene Linie ist der Fit an alle Messwerte, die gestrichelte zeigt die nach (15), (16) berechnete Kurve. 15 Der Fit liefert außerdem die Parameter (mit Fehler): α = (100,70 ± 9,82) Ω, γ = (5,347 ± 0,028) K. Da der Fit an alle Messwerte aus Tabelle 2 den genaueren Wert ergeben müsste, da sich dabei statistische Fehler besser herausmitteln, wird im folgenden der zweite Parametersatz für α und γ verwendet. Vor allem die schwierige Bestimmung des λPunktes des Heliums kann als große Fehlerquelle für die zweite Methode, die Errechnung aus dem Siedepunkt und dem λ-Punkt, angenommen werden. Denn aufgrund der vielen Siedeblasen im Stickstoff war die Sicht auf das Helium während des Übergangs alles andere als gut. Dies wird auch ein Grund sein, warum der gemessene λ-Punkt bei 34 Torr liegt und damit um fast 12% vom Literaturwert (38,55 Torr) abweicht, also wesentlich mehr als die Ungenauigkeit der Druckmessung von 3% (aus [1]). Da im folgenden die Temperatur aus der Messung des Spannungsabfalls am Widerstand bestimmt wird, also nach der Formel (14) nach T aufgelöst, kann man den relativer Fehler in der Temperaturmessung abschätzen. Nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz gilt: 2 ⎛ ∂T ⎞ ⎛ ∂T ⎞ σ T = ⎜ ⎟ σ 2α + ⎜⎜ ⎟⎟ σ γ2 ⎝ ∂α ⎠ ⎝ ∂γ ⎠ 2 (17) Setzt man die durch den Fit gegebenen Werte für die Fehler in α und γ ein und wendet man dies auf alle Widerstandwerte an, so erhält man einen maximalen Fehler von 6%. Im folgenden sollen alle Temperaturwerte mit einem Fehler von 6% abgeschätzt werden. 5.2 Beobachtung des flüssigen Heliums beim Übergang in den suprafluiden Zustand Bei ca. 40 Torr beruhigte sich die Oberfläche des Heliums. Es stiegen auch keine weiteren Blasen mehr auf und man konnte kein Sieden mehr beobachten. Leider war die Beobachtung durch das heftige Sieden des Stickstoffs behindert. 5.3 Bestimmung des kritischen Magnetfeldes Als nächstes soll das kritische Magnetfeld für Zinn bei verschiedenen Temperaturen bestimmt werden. Durch Extrapolation auf ein kritisches Magnetfeld von 0 T kann so auch die Sprungtemperatur errechnet werden. Mit der Messung wurde begonnen, nachdem sich durch längeres Abpumpen die Apparatur genügend stark abgekühlt hatte. Es wurde dann die Pumpleistung gedrosselt, damit sich die Probe wieder langsam erwärmte. Während des Erwärmens wurden verschiedene Magnetfeldstärken an die Probe gelegt und der Übergang vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand beobachtet. Dazu wurde die 16 Stromstärke durch die Spule langsam zwischen –600 mA und +600 mA mit Hilfe eines Dreiecksgenerators durchgefahren und auf dem x-y-Schreiber sowohl der Spannungsabfall an der Probe (y-Achse) als auch der Spulenstrom (x-Achse) aufgezeichnet. Der Spulenstrom wurde dabei nicht direkt gemessen, sondern der Spannungsabfall über einen 1 Ω Widerstand. Der Maßstab der x-Achse betrug 0,05V/cm , der der y-Achse 0,5 V/cm. Die so aufgenommenen Kurven befindet sich im Anhang (Anhang A) diese Protokolls. Dabei ist als Fehlerquelle vor allem das schlechte Stabilisieren der Temperatur bei sehr tiefen Drücken zu nennen. Denn da eine Messung eine gewisse Zeit dauerte, war es vor allem bei tiefen Temperaturen sehr schwierig, die Pumpleistung so zu drosseln, dass der Druck und damit die Temperatur über die gesamte Messung konstant blieb. Das scheint auch der Grund zu sein, warum man verschiedene Werte für das Magnetfeld bei Übergang Supraleiter-Normalleiter und umgekehrt erhält, sowie für verschiede Stromrichtungen (+ I und – I). Denn bei höheren Temperaturen, als man den Druck leichter stabilisieren konnte, verschwinden die verschiedenen Äste der Messung fast vollständig, was man auf dem Graphen (Anhang A) gut erkennt. Wir behalfen uns damit, dass wir den Widerstandswert am Anfang und am Ende der Messung notierten und den Mittelwert bildeten. Auch aus den verschiedenen Magnetfeldern einer Messung wurde der Mittelwert genommen. Zur Umrechnung vom Spulenstrom in das Magnetfeld wurde Gleichung (11) herangezogen (siehe dazu Abschn. 4). Die aus dem Graphen des x-y-Schreibers abgelesenen Werte sind in folgender Tabelle wiedergegeben: T in K 2,02 2,04 2,05 2,12 2,22 2,36 2,46 2,79 3,07 3,36 3,56 3,67 Bc in mT 26,48 26,24 25,33 24,80 24,32 22,77 20,22 15,55 11,51 6,64 3,51 1,11 Tab. 3: Kritisches Magnetfeld in Abhängigkeit der Temperatur Abbildung 12 zeigt die Daten geplottet und mit einem Fit nach Gleichung (2): 17 Abb. 12: Kritisches Magnetfeld in Abh. der Temperatur. Die durchgezogene Linie ist ein Fit nach Gleichung (2), die gestrichelte die nach (2) theoretisch erwartete mit den Literaturwerten. Aus dem y-Achsenabschnitt (also bei T = 0) lässt sich nun das kritische Magnetfeld Bc,0 für Zinn bestimmen und aus dem x-Achsenabschnitt (also ohne B-Feld) die kritische Temperatur. Der Fit liefert: Bc,0 = (37,0 ± 2,6) mT, Literaturwert : 30,6 mT Tc = (3,72 ± 0,22) K, Literaturwert : 3,722 K Für den Fehler in der Temperatur wurden die oben schon abgeschätzten 6% verwendet. Für den Fehler im B-Feld wurde die Ablesegenauigkeit aus dem Plot des x-y-Schreibers verwendet, die zu 4% abgeschätzt wurde. Da aber auch der Fehler der Temperaturmessung das gemessene Magnetfeld verfälscht, wie aus Gleichung (2) ersichtlich wird, wurden beide relativen Fehler nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz miteinander verrechnet: ⎛σI = ⎜ Spule ⎜I Bc ⎝ Spule σB c 2 2 ⎞ σ ⎛ ⎞ T ⎟ + 4⎜ ⎟ ⎟ ⎝T ⎠ ⎠ (18) Man erhält einen Fehler von 7% für das kritische Magnetfeld. Der Fehler durch den Fit wurde dabei nicht berücksichtigt, da der Fehler der Fitparameter wesentlich kleiner ist als die Ungenauigkeiten in der Temperaturmessung und der Ablesegenauigkeit. 18 Während der Wert für die kritische Temperatur sehr gut mit dem Literaturwert übereinstimmt, weicht das ermittelte kritische Magnetfeld leider sehr stark ab und stimmt auch innerhalb der Fehlergrenzen nicht mit dem Literaturwert überein. Vergleicht man in Abb. 12 die ermittelte mit der theoretisch erwarteten Kurve aus den Literaturwerten, so legt das die Vermutung nahe, dass eine systematische Abweichung gerade bei tiefen Temperaturen vorliegt. Ein Grund dafür könnte das oben beschriebene Problem der Stabilisierung des Druckes sein. 5.4 Direkte Bestimmung der kritischen Tempertatur Um die kritische Temperatur direkt bestimmen zu können, wurde die Probe nach der Messung in 5.3 wieder unter die Sprungtemperatur abgekühlt. Wieder wurden die Daten mit dem x-y-Schreiber aufgenommen, diesmal wurde jedoch der Spannungsabfall am Widerstand (und damit die Temperatur der Probe) gegen den Spannungsabfall an der Probe aufgetragen. Der Maßstab der x-Achse betrug 0,1 mV/cm , der der y-Achse 0,5 V/cm. Das Ergebnis ist in Anhang B zu finden. Außerdem wurde in Abbildung 13 der vom x-y-Schreiber aufgetragene Plot digitalisiert und mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms die Skalen eingefügt: Abb. 13: Plot der Probenspannung über der Spannung am Widerstand zur direkten Bestimmung der kritischen Temperatur Tc. Als Übergangspunkt wurde dabei die halbe Höhe des Spannungssprungs an der Probe genommen. Mit dem oben diskutierten Fehler in der Temperaturmessung erhält man: Tc = (3,73 ± 0,22) K, was sehr gut mit dem Wert aus 5.3 und dem Literaturwert übereinstimmt. 19 6. Literaturverzeichnis [1] Prof. Dr. E. Batke: Fortgeschrittenenpraktikum SS 2005 [2] Betz, Prüfung für das Lehramt an Gymnasien, 1973 [3] Ibach, Lüth, Festkörperphysik, 3. Aufl., Springer 1990 [4] Kittel, Festkörperphysik, 12. Aufl., Oldenbourg 1999 [5] Vorlesungsskript Prof. Dr. Geurts, Universität Würzburg, WS 04/05