Messung der Driftgeschwindigkeit von Elektronen in

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Kurzbeschreibung:
Messung der Driftgeschwindigkeit von
Elektronen in Gasen
Versuch Nr. 22 des F-Praktikums
Institut für Physik
Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
WS 2004/05
Betreuer: Alexander Piégsa
Tel.: 39-23664
E-Mail: [email protected]
20. April 2006
Zusammenfassung
In Experimenten der Hochenergiephysik werden Zerfälle kurzlebiger Elementarteilchen studiert, um Auskunft über die fundamentalen
Wechselwirkungen zu erhalten. Die Spuren der geladenen Zerfallsteilchen werden meist mit Hilfe von Drifkammern nachgewiesen. Eine Drifkammer benutzt im Unterschied zur Proportionalkammer zusätzlich
die Zeitinformation zwischen dem Durchgang des geladenen Teilchens
durch den Detektor und der Ankunftszeit der entstandenen Ladungen
am Zähldraht. Ist die Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger hinreichend genau bekannt, kann eine Ortsauflösung von unter 100 µm erreicht werden.
In diesem Versuch wird die Driftgeschwindigkeit von Elektronen in einem Zählgas (Ar−Ch4 ) in Abhängigkeit der elektrischen Feldstärke gemessen. Dazu werden die Ladungsträger gleichzeitig in zwei definierten
Abständen zu einer Proportionalkammer erzeugt. Die Ladungswolken
driften unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes zu dieser Proportionalitätskammer und aus der Differenz der Ankunftszeiten kann bei
bekannten Driftstrecken die Driftgeschwindigkeit bestimmt werden.
1
Inhaltsverzeichnis
1 Themengebiet
3
2 Driftgeschwindigkeit von Elektronen in Gasen
2.1 Bewegung von Elektronen ohne äußeres elektrisches Feld . . .
2.2 Bewegung von Elektronen in einem äußeren elektrischen Feld
4
4
5
3 Versuchsaufbau
3.1 Die Driftkammer . . . .
3.1.1 Das Gehäuse . .
3.1.2 Die Driftstrecke .
3.2 Die Proportionalkammer
3.3 Das Gassystem . . . . .
3.4 Das Lasersystem . . . .
4 Die
4.1
4.2
4.3
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8
9
9
9
11
12
13
Elektronik
14
Die Hochspannungsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Die Ausleseelektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Die Zeitmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
5 Versuchsdurchführung
17
6 Versuchsauswertung
18
2
1
Themengebiet
1. Bewegung von Elektronen in Zählgasen:
(a) Drift in äußeren elektrischen und magnetischen Feldern
(b) Diffusion
(c) Ramsauer-Effekt
(d) Abhängigkeit der Driftgeschwindigkeit von Elektronen von E/p
2. Ionisation in Zählgasen
(a) ionisierende Teilchen
(b) 2-Photonenprozeß
3. UV-Laser
4. Elektronik (TFA, CFD, TDC, ...)
5. Ionisationsmessung
(a) Gasverstärkung
(b) Proportionalkammer
6. Ortsmessung
3
2
Driftgeschwindigkeit von Elektronen in Gasen
Die Driftgeschwindigkeit von Elektronen in Zählgasen ist von besonderem
Interesse für den Hochenergiephysiker. Viele Experimente an großen Beschleunigeranlagen in aller Welt benutzen zum Nachweis der elementaren
Bausteine der Natur Detektoren, deren zentrale Komponente eine Driftkammer bildet. Driftkammern dienen zum Nachweis der geladenen Endprodukte,
die durch Streuung1 oder Vernichtung der Anfangszustände2 erzeugt werden. Die geladenen Teilchen (Protonen, Pionen, Kaonen, Elektronen, Myonen etc.) ionisieren beim Durchdringen der Kammer das Zählgas und hinterlassen einen Schlauch von freien Elektronen. Die freigesetzten Elektronen
bewegen sich aufgrund eines elektrischen Driftfeldes zu den Auslesedrähten.
Für eine dreidimensionale Rekonstruktion der Spur des geladenen Teilchens
in der Kammer ist eine genaue Kenntis der Driftgeschwindigkeit der Elektronen unerläßlich.
2.1
Bewegung von Elektronen ohne äußeres elektrisches Feld
Um ein einfaches Modell auszuarbeiten, das die Driftgeschwindigkeit der
Elektronen in Gasen qualitativ beschreibt, betrachten wir eine Gruppe von
freien Elektronen, die an einem einzigen Punkt erzeugt wurden. Die thermische Energie der Elektronen ist maxwell-verteilt und bewirkt, falls kein
äußeres Feldpanliegt, daß sich die Elektronen mit der thermischen Geschwindigkeit u = 2ǫ/m isotrop auseinander bewegen. Aufgrund ihrer geringeren
Masse haben die Elektronen eine um einen Faktor 102 − 103 höher Beweglichkeit als Ionen. Die sich auseinanderbewegenden Elektronen haben im
Mittel ihre ersten Kollisionen mit den Molekülen des Gases auf einer Kugeloberfläche um ihren Erzeugungspunkt. Der Radius dieser Kugel ist über
die mittlere freie Weglänge λ(ǫ) der Elektronen im Zählgas bestimmt. Diese
ist abhängig von dem Wirkungsquerschnitt der Elektronen im Gas und der
Teilchendichte N des Gases :
λ(ǫ) =
1
σ(ǫ)N
(1)
Der Wirkungsquerschnitt variiert nun im Bereich kinetischer Energien
von einigen eV signifikant mit der Energie der Elektronen. In diesem Bereich entspricht die Wellenlänge der Elektronen dem Atomdurchmesser von
1
z.B. Streuung von Elektronen an Positronen bei HERA (Desy)
z.B. Elektronen- und Positronenvernichtung bei LEP (Large electron positron collider)
in Genf
2
4
Edelgasen, was über einen quantenmechanischen Interferenzeffekt zu einer
starken Variation (Verkleinerung) des Wirkungsquerschnittes und somit zu
einer Variation (Vergrößerung) der mittleren freien Weglänge führt. Die Variation des Wirkungsquerschnittes ist in Abb. 1 für Argon gezeigt.
Abbildung 1: Der Wirkungsquerschnitt von Elektronen in Ar in Abhängigkeit von der kinetischen Energie des Elektrons
Der Wirkungsquerschnitt durchläuft ein Minimum (Ramsauerminimum)
und steigt bei größer werdenden Elektronenenergien, wenn die Wellenlänge
der freien Elektronen kleiner als die Elektronenbahnen des Edelgases werden, wieder an. Für Argon liegt das Minimum bei Elektronenenergien von
ca. 0.3 eV. Dies hat ebenfalls Konsequenzen für die Abhängigkeit der Driftgeschwindigkeit von einem äußeren elektrischen Feld (Driftfeld).
2.2
Bewegung von Elektronen in einem äußeren elektrischen
Feld
Ein sich in einem Zählgas bewegendes Elektron wird in einem elektrischen
Feld mit a = eE/m entlang parabolischer Bahnen beschleunigt, bis es an einem Gasatom gestreut wird. Für die Driftgeschwindigkeit vD der Elektronen
kann somit erwartet werden:
5
e
λ
e
E ·τ = E ·
(2)
m
m
u
wobei τ die mittlere Zeit zwischen zwei Stößen ist.
Es wird angenommen, daß der Energiegewinn des Elektrons zwischen
zwei Stößen gleich dem Energieverlust beim Stoß ist, sodaß sich eine konstante Driftgeschwindigkeit einstellen wird, d.h. es gilt:
vD ∼
eE · (vD τ ) = Λ(ǫ) · ǫ
(3)
wobei ǫ die Gesamtenergie des Elektrons und Λ(ǫ) der beim Stoß verlorene
Energiebruchteil ist. Für eine Abschätzung, welche Driftgeschwindigkeit sich
in Abhängigkeit vom elektrischen Driftfeld einstellt, wird diese Gleichung
bzgl. der Driftgeschwindigkeit umgestellt3 . Division durch die mittlere Lebensdauer liefert:
Λ(ǫ) · ǫ · u
λ(ǫ)
eE · vD =
(4)
Wird vereinfachend für die Geschwindigkeitsverteilung der Elekronen eine δ-Funktion angenommen, d.h. ǫ = 21 mu2 , so folgt:
eE · vD ≈
Λ(ǫ) · m · u3
2λ(ǫ)
(5)
Substitution von u aus Gleichung (2) liefert:
vD (E, ǫ) ∼
Λ(ǫ) 1
2
2
!1
eE
· λ(ǫ)
·
m
2
(6)
Diese Driftgeschwindigkeit vD hängt vom elektrischen Feld E, von der mittleren freien Weglänge λ und vom Energieübertrag Λ an das Gas ab. Für λ
und Λ werden Potenzgesetze angenommen, die nur von der Energie und den
reellen Parametern m und n abhängen4 :
Λ(ǫ) = ǫm
und λ(ǫ) = ǫ−n
(7)
3
Gleichung (2) beschreibt, daß die Driftgeschwindigkeit zwischen zwei Stößen linear mit
dem angelegten Feld ansteigt. Sie macht aber keine Aussage darüber, welche konstante
Driftgeschwindigkeit sich einstellt.
4
m ist in diesem Fall also nicht die Elektronenmasse, sondern eine reelle Zahl.
6
Eleminiert man in Gleichung (6) die Energie ǫ über die Beziehung5 ǫ ∼
2
(E/vD ) 2n+1 , so erhält man für Gleichung (6) folgende Abhängigkeit der
Driftgeschwindigkeit vom elektrischen Feld E:
vD ∼ E (m+1)/(m+2n+2)
(8)
Im Bereich niedriger Feldstärken E, unterhalb des Ramsauerminimums,
steigt die mittlere freie Weglänge mit ansteigender Elektronenenergie ungefähr linear an, d.h. n ≈ −1 (siehe Abb. 1). Für die Driftgeschwindigkeit
erhält man damit:
vD ∼ E (m+1)/m
(9)
Aus einem raschen Anstieg der Driftgeschwindigkeit in diesem Bereich folgt,
daß m klein und positiv sein muß. Bei Energien oberhalb des Ramsauerminimums ist n ≈ +1 und damit:
vD ∼ E (m+1)/(m+4)
(10)
Der Anstieg der Driftgeschwindigkeit sollte in diesem Bereich nur noch sehr
langsam vorangehen. Ein solches Verhalten ist für die Driftgeschwindigkeit
in Argon und anderen Edelgasen beobachtet worden.
Bei dem in diesem Versuch benutzten Zählgas handelt es sich um eine Mischung aus 90% Argon und 10% Methan. Bei Beimischung von molekularen
Gasen (wie z.B. Methan) tragen im Energiebereich von 0.1 eV bis 1 eV inelastische Stöße wesentlich zum Gesamtwirkungsquerschnitt bei, da nun im
Gegensatz zum atomaren Gas auch Vibrations- und Rotationszustände des
molekularen Gases angeregt werden können. Der Energieübertrag Λ wird bei
diesen elastischen Stößen sehr groß. Oberhalb der maximalen Schwingungsenergie ǫmax fällt der Energieübertrag dann ungefähr reziprok zur Energie ǫ
ab:
ǫmax
(11)
ǫ
In diesem Energiebereich gilt somit m ≈ −1, so daß die Driftgeschwindigkeit
konstant wird. Fällt der Energieübertrag noch stärker mit der Energie ab,
d.h. m < −1, so wird die Driftgeschwindigkeit mit ansteigendem Driftfeld
sogar kleiner. Dieses Verhalten ist für die Driftgeschwindigkeit in ArgonMethan-Gemischen beobachtet worden (Abb. 2).
Λ(ǫ) ∼
Aus Gleichungen (2) und (7) folgt u ∼ Eǫ−n /vD und mit ǫ = 12 mu2 folgt die Behauptung.
5
7
Abbildung 2: Driftgeschwindigkeit von Elektronen in Argon/Methan in
Abhängigkeit vom Quotient aus elektrischem Feld und Druck E/P
3
Versuchsaufbau
Für die Messung der Driftgeschwindigkeit der Elektronen wird eine Driftkammer benutzt, die sich in eine Driftstrecke und eine Proportionalkammer,
die zum Nachweis der im Driftraum freigesetzten Elektronen dient, unterteilt. Die Erzeugung der freien Elektronen im Driftraum erfolgt durch die
Ionisation von Verunreinigungen (z.B. aromatische Kohlenwasserstoffe) im
Zählgas mittels eines Stickstofflasers (337 nm).
Durch ein optisches System wird der Laserstrahl in zwei Strahlen gleicher Intensität aufgespalten, die an unterschiedlichen Stellen der Driftkammer mit verschiedenem Abstand zur Proportionalkammer freie Elektronen
erzeugen. Diese werden durch ein angelegtes homogenes Driftfeld E (max.
8
800 V/cm) zu der Proportionalkammer bewegt (Driftstrecke max. 37 cm)
und dort nachgewiesen. Aus der Kenntnis des Laufzeitunterschiedes der beiden Elektronenwolken und des räumlichen Abstandes der Erzeugungsorte
kann die Driftgeschwindigkeit berechnet werden.
Der räumliche Abstand ist aus dem experimentellen Aufbau bekannt;
der Laufzeitunterschied wird gemessen. Aufgabe des Experimentes ist es,
die Driftgeschwindigkeit der Elektronen in Abhängigkeit der Driftfeldes E
zu bestimmen.
Die einzelnen Komponenten des Systems werden im folgenden ausführlicher beschrieben.
3.1
3.1.1
Die Driftkammer
Das Gehäuse
Die Proportionalkammer und die Driftstrecke befinden sich in einem zweiteiligen zylindrischen Gehäuse aus Edelstahl (Abb. 3), das 70 cm hoch ist und
einen Durchmesser von 21 cm besitzt. Es schließt Kammer und Driftstrecke
vakuumdicht gegen die Umgebung ab.
Der untere Teil des Gehäuses besteht aus einem 8 cm hohen Topf, der die
Proportionalkammer mit dem Signaldraht enthält. Für die Spannungsversorgung der Proportionalkammer ist an dem Topf eine vakuumdichte SHVBuchse angebracht.
Darüber befindet sich die Driftstrecke, die vom Topf getragen wird. Um
das Zählgas an verschiedenen Stellen der Driftstrecke ionisieren zu können,
sind im Oberteil des Gehäuses 12 Flansche im Abstand von jeweils 10
cm angeschweißt, von denen sich jeweils zwei gegenüber befinden und die
Lasereintritts- und Austrittslöcher enthalten. Die Laserstrahlen treten durch
Quarzfenster, die mit Metallringen befestigt und abgedichtet sind, in die
Kammer ein und aus.
3.1.2
Die Driftstrecke
Zur Erzeugung eines homogenen elektrischen Feldes werden 37 kreisförmige Edelstahlplatten mit 8 cm Durchmesser benutzt. Diese werden mit Teflonringen, die auch zur Isolation der einzelnen Platten dienen, auf einem
konstanten Abstand von 1 cm gehalten. Die Gesamtlänge der Driftstrecke
beträgt 37 cm. Die Platten sind jeweils über 5 MΩ miteinander vebunden.
Über die Widerstandskette wird ein gleichmäßiger Spannungsabfall zwischen
den einzelnen Platten erreicht und somit ein homogenes elektrisches Feld erzeugt. Die unterste Platte liegt auf Erdpotential, an die oberste Platte wird
9
Abbildung 3: Aufbau der Driftkammer
10
negative Hochspannung angelegt. Es können Spannungen bis 30 kV erzeugt
werden, was einer Driftfeldstärke von 810 V/cm entspricht.
Eine kreisförmige Öffnung von 1.6 cm Durchmesser in den Platten erlaubt es den freigesetzten Elektronen, zu der Proportionalkammer zu driften.
3.2
Die Proportionalkammer
Die freigesetzten Elektronen bewegen sich entlang der elektrischen Driftfeldlinien zum unteren Teil der Driftkammer, wo sie mit einer Proportionalkammer nachgewiesen werden. Diese besteht aus zwei parallelen Edelstahlplatten
(80×46 mm2 ), die als Kathoden dienen, und einem zwischen den Platten befindlichen Signaldraht (Durchmesser 40 µm), der als Anode dient (Abb. 4).
Die Platten werden von zwei Macorblöcken gehalten, auf denen sich auch
die Klemmvorrichtung zur Befestigung des Signaldrahtes befindet.
Abbildung 4: Aufbau der Proportionalkammer
In der Nähe des Signaldrahtes ist das elektrische Feld umgekehrt proportional zum radialen Abstand vom Draht. Bei hoher Spannung (ca. 1850
V) ist der Energiegewinn der driftenden Elektronen in der Nähe des Drahtes
so hoch, daß sie über Ionisation des Zählgases weitere Elektronen freisetzen.
Es bildet sich eine Townsendlawine aus. Im sogenannten Proportionalbereich ist die Anzahl der am Draht gesammelten Elektronen proportional zu
der Anzahl der ursprünglich freigesetzten Elektronen. Der Proportionalitätsfaktor wird Gasverstärkung genannt, diese ist abhängig von der Dicke des
Drahtes, der Signaldrahtspannung und der Zusammensetzung des Zählgases.
11
Der Spannungsimpuls am Zähldraht wird aber nicht von den Elektronen erzeugt, sondern wird von den sich vom Draht fortbewegenden positiven Ionen
influenziert.
3.3
Das Gassystem
Um die Driftkammer mit dem Zählgas P10 (90 % Argon, 10 % Methan)
zu füllen, wird ein Gassystem im Durchflußbetrieb benutzt. Dazu befindet
sich am oberen Ende des Driftkammergehäuses der Gaseinlaß, der über ein
Kupferrohr mit der Gasflasche verbunden ist. Ein Ventil an der Gasflasche
reguliert den Gasdurchfluß, er sollte ungefähr 10 cm3 /min betragen. Das Gas
verläßt die Kammer über eine mit Vakuumpumpenöl gefüllte Gaswaschflasche; dies verhindert, daß Luft von außen in den Gaskreislauf eindringen
kann (Abb. 5).
Abbildung 5: Das Gassystem
12
3.4
Das Lasersystem
Der verwendete Stickstofflaser emittiert gepulstes ultraviolettes Licht mit
einer Wellenlänge von 337 nm. Die Pulsrate kann am Lasergehäuse eigestellt werden, sollte jedoch nicht verändert werden. Der Stickstofflaser ionisiert6 gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten der Driftkammer das Zählgas
(Abb. 6).
Abbildung 6: Das Lasersystem
Aus den Laufzeitunterschieden der freigesetzten Elektronen kann die
Driftgeschwindigkeit berechnet werden. Der Laserstrahl wird hierzu nach
Passieren einer Blende mit einem Strahlenteiler in zwei etwa gleich intensive
6
Die Photonenenergie des Laserlichts ist Eγ = 3.68 eV. Die Ionisierungspotentiale von
Argon bzw. Methan liegen jedoch bei 15.8 eV bzw. 12.6 eV. Die emittierten Photonen sind
also nicht in der Lage, das eigentliche Zählgas zu ionisieren. Stattdessen werden freie Elektronen durch Ionisation von “Verunreinigungen“ (z.B. aromatische Kohlenwasserstoffe) im
Zählgas erzeugt. Diese Ionisation erfolgt über einen 2-Photonenprozeß, d.h. das erste Photon hebt das Elektron zunächst in einen angeregten Zustand und erst ein weiteres Photon
ist nun in der Lage, das angeregte Elektron aus der Atomhülle freizusetzen. Aufgrund
dieses 2-Photonenprozesses ist die Anzahl der freigesetzten Elektronen proportional zum
Quadrat der Energiedichte des Laserstrahls.
13
Strahlen aufgespalten. Der untere Strahl fällt durch die unterste Öffnung
des Gehäuses in die Driftkammer ein und verläßt diese wieder an der gegenüberliegenden Seite. Dieser Strahl wird außer zur Ionisation in der Driftkammer zum Erzeugen der zeitlichen Fenster, mit denen die Ausgangssignale
der Proportionalkammer in Koinzidenz sein müssen, und zum Triggern des
Oszilloskops benutzt. Hierzu wird eine Diodenschaltung verwendet, die die
Laserpulse in Spannungssignale wandelt (Abb. 7).
1 MΩ
Trigger
0.1 µF
K
Laser
A
+
Diode
1.5 V Batterie
−
Abbildung 7: Diodenschaltung zur Erzeugung des Triggersignals
Das so erzeugte Ausgangssignal passiert anschließend einen Diskriminator und startet dann die Zeitfenster.
Der vom Strahlenteiler reflektierte Strahl wird von einem Spiegel durch
eine der oberen Öffnungen des Gehäuses in die Driftkammer gelenkt. Eine
Linse dient zur Fokussierung des Strahls in die Kammer und zur Variation seiner Energiedichte. Die Linse sollte immer so justiert werden, daß die
Signale des oberen und des unteren Strahls die gleiche Pulshöhe aufweisen.
Das Sytem aus Linse und Ablenkspiegel ist vertikal verschiebbar, um den
oberen Strahl durch verschiedene Öffnungen des Gehäuses führen zu können
und somit unterschiedliche Driftlängen zur Verfügung zu haben.
4
4.1
Die Elektronik
Die Hochspannungsversorgung
Die Proportionalkammer wird über ein BNC-Kabel mit dem Versorgungsgerät (Oltronix) verbunden und bei einer Spannung von +1850 V betrieben. Um Spannungsspitzen zu vermeiden, darf die Einstellung der Span14
nung nicht ruckartig geschehen. Die Driftstrecke wird mit einem Netzgerät
(Heinzinger) mit Spannungen von bis zu 10 kV betrieben.
4.2
Die Ausleseelektronik
Die zum Signaldraht driftenden Elektronen erzeugen in dessen Nähe weitere
Elektronen. Ein ladungsempfindlicher Vorverstärker (Canberra 2006), über
den auch die negative Hochspannung an den beiden Edelstahlplatten der
Proportionalkammer gelegt wird, koppelt die auftretenden Pulse kapazitiv
aus, integriert sie und wandelt sie in Spannungspulse um, deren Amplituden
proportional zur Gesamtladung der erzeugten Ladungsträger sind. Die zwei
zu einem Laserpuls gehörenden Spannungspulse sind noch nicht getrennt,
sondern addieren sich zu einer Spannungskurve auf, die einen sogenannten “pile-up“ Effekt aufweisen. Zum Trennen der Signale wird der Time
Fractional Amplifier (Ortec 474 TFA) verwendet. Dieser trennt und invertiert die beiden ursprünglich positiven Pulse und sollte so eingstellt werden,
daß die Pulse etwa gleiche Amplituden aufweisen. Die zwei negativen Pulse
könnten im Prinzip als Start- bzw. Stopsignal für die Zeitdifferenzmessung
benutzt werden, jedoch ist die Zeitdifferenz zwischen dem Start- und Stoppuls abhängig von der Pulshöhe der Eingangssignale. Um dies zu vermeiden,
wird ein Constant Fraction Discriminator (Ortec 934 CFD) benutzt, der
für alle negativen Eingangssignale, deren Pulshöhe eine bestimmte Schwelle überschreiten, ein negatives Ausgangsignal definierter Breite (∼200 ns)
und Amplitude (−0.8 V) liefert, dessen Generierung relativ unabhängig von
der Pulshöhe des Eingangssignals ist. Somit ist der zeitliche Abstand zweier Ausgangssignale des CFD’s (in erster Näherung) unabhängig von den
Pulshöhenschwankungen der Eingangssignale.
Auch diese so erzeugten Signale werden nicht direkt als Start- bzw. Stopsignale benutzt, sondern zur Ausschließung von Störimpulsen auf eine Koinzidenzeinheit gegeben. Nur für den Fall, daß die Signale vom CFD innerhalb
eines vorher eingestellten zeitlichen Fensters (Gate) an der Koinzidenzeinheit ankommen, erzeugt diese Einheit Ausgangssignale, die nach Durchlaufen einer weiteren Diskriminatoreinheit und einer Timer Unit den Zeitmesser
starten und stoppen7 .
Die Gates werden durch die oben beschriebenen, vom Laser erzeugten
Diodensignale generiert. Jedesmal wenn der Laser gepulst hat, also wenn in
der Driftkammer Ionisation stattgefunden hat, startet das Diodensignal die
erste Timing Unit, mit deren Potentiometern die zeitliche Breite und relative
7
Der Diskriminator und die Timing Unit werden benötigt, um Signale mit für die
ECL-nach-TTL Wandlung des TDC (Xilinx) geeigneter Breite zu erzeugen.
15
Signal
Trigger−Diode
VV
VV
TFA
CFD
Diskr.
Timer
t1
Timer
Trigger Oszi
t2
Koin−
zidenz
Start−
Diskr.
Diskr.
5 µs
5 µs
Stopfenster
PC
11
0
00
1
0
1
TDC
Xilinx
Abbildung 8: Aufbau der Ausleseelektronik
16
Timer
t4
Timer
Timer
Timer
fenster
t3
zeitliche Verschiebung des Startfensters eingestellt werden. Dieses Fenster
muß klein genug gewählt werden, um eventuelle Störsignale zu vermeiden
und wirklich nur mit dem ersten Kammerpuls in Koinzidenz zu sein. Die
Endmarkierung des ersten Fensters startet eine weitere Timing Unit, mit
der sich das zweite Fenster für den zweiten Kammerpuls einstellen läßt.
Abb. 8 zeigt das Schaltbild.
4.3
Die Zeitmessung
Die Zeitmessung geschieht mit einem Time to Digital Converter (TDC).
Dieser besteht im wesentlichen aus einem ECL-TTL-Wandler und einem
FPGA (Field Programmable Gate Array), eine programmierbare Logikeinheit der Firma Xilinx. In dem FPGA ist ein 16-bit Zähler realisiert. Der
Zähler wird mit dem Startsignal aus der Koinzidenzeinheit gestartet und
erhöht seinen binären Wert mit jedem Taktzyklus des TDC-boards um eine
Einheit. Die Taktung des Boards ist durch den eingebauten Quarzkristall
bestimmt und liegt bei 20 MHz. Dies bedeutet, daß der Zähler alle 50 ns
seinen Wert um eine Einheit erhöhen kann, bis er durch das Stopsignal aus
der Koinzidenzeinheit gestoppt wird. Durch die Taktung des FPGA ist die
Genauigkeit in der Zeitmessung somit auf 50 ns beschränkt. Der FPGA
speichert den binären Wert der Zählzyklen zwischen Start und Stop, bis er
über den Parallel-port des angeschlossenen PC ausgelesen wird. Die auf dem
PC installierte Software übersetzt den ausgelesenen binären Wert in einen
dezimalen Zeitwert und trägt diesen in ein Datenfeld sowie in ein Histogramm ein. Die Entwicklung des Histogramms kann direkt auf dem Monitor
beobachtet werden.
5
Versuchsdurchführung
Durch das Einstellen verschiedener Driftspannungen soll die Driftgeschwindigkeit von Elektronen im Zählgas P10 (10 % Methan, 90 % Argon) für
Driftfelder im Bereich von 0 bis 270 V/cm (d.h. von 0 bis 10 kV, in Schritten von ca. 500 V) vermessen werden.
Zu Beginn müssen die Kammern und der Stickstofflaser in Betrieb genommen werden. Zunächst wird die Argon/Methanflasche geöffnet. Die
Driftkammer arbeitet im Durchflußbetrieb (10 cm3 /min). Der Gasfluß ist so
einzustellen, daß ca. alle 2 s eine Gasblase aus der Gaswaschflasche entweicht.
Die Hochspannung wird auf 1850 V eingestellt, hierbei ist darauf zu achten,
daß das Einstellen langsam und gleichmäßig geschieht, um Spannungsspitzen
17
zu vermeiden. Für den Laser wird die externe Spannungsversorgung (Oltronix) benötigt, um die Funkenkammer im Laserkopf zu zünden. Die Spannung
darf 400 V nicht übersteigen. Nach Einschalten des Lasers sollten die beiden Laserstrahlen an den Austrittslöchern zu beobachten sein. Nun wird die
Driftspannung an die Kammer angelegt, und mit einem Oszilloskop können
die Kammersignale am Verstärker bzw. CFD beobachtet werden. Zu einem
besseren Verständnis der einzelnen elektronischen Bauteile sollen die jeweiligen Ausgangssignale beobachtet und skizziert werden. Zu jeder im Bereich
von 0 bis 10 kV in Schritten von ca. 500 V eingestellten Driftfeldspannung
müssen nun die zeitlichen Fenster in Koinzidenz mit den Start- bzw. Stopsignalen gebracht werden. Die vom TDC gemessen Driftzeiten können dann
auf dem Monitor beobachtet und nach Aufnahme von etwa 1000 Meßwerten
abgespeichert werden.
6
Versuchsauswertung
1. Aus den für verschiedene Driftspannungen erhaltenen Driftzeitverteilungen wird der Mittelwert und der Fehler (σ der Verteilung) der Driftzeit bestimmt. Daraus wird die Driftgeschwindigkeit in Abhängigkeit
der Driftfeldspannung berechnet und graphisch aufgetragen.
2. Das Maximum der Kurve wird bestimmt, indem man einen geeigneten
Wertebereich um das Maximum auswählt und durch diese Daten eine
Parabel anpaßt. Das χ2 der Anpassung ist zu bestimmen. Was sagt
der berechnete Wert von χ2 über die Qualität der Anpassung aus?
3. Tragen Sie die gemessene Kurve in einem doppel-logarithmischen Diagramm auf. Unterscheiden und diskutieren Sie die verschiedenen Bereiche. Bestimmen Sie für beide Bereiche den Exponenten α des elektrischen Feldes (vD ∼ E α ) .
18
Literatur
[1] K. Kleinknecht, Detektoren für Teilchenstrahlung, B.G. Teubner, (1984)
[2] R. Heinz, Messung von Driftgeschwindigkeiten unter besonderer
Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit, Diplomarbeit Mainz,
(1987)
[3] Anna Peisert, Fabio Sauli, Drift and Diffusion of Electrons in Gases:
A Compilation, CERN 84-08
[4] Philip R. Bevington, Data Reduction and Error Analysis for the Physical Sciences, McGraw-Hill Book Company
19
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