als PDF - Tyrolia

Werbung
Treu seinem
Gewissen
Das Zeugnis des Josef Mayr-Nusser
1910–1945
JOSEF INNERHOFER
Treu seinem
Gewissen
Die Drucklegung dieses Buches wurde ermöglicht durch
die Diözese Bozen-Brixen.
BIBLIOGRAFISCHE INFORMATION DER DEUTSCHEN NATIONALBIBLIOTHEK
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar:
http://dnb.d-nb.de
2016
Alle Rechte vorbehalten
© by Athesia AG, Bozen
Design & Layout: Athesia-Tappeiner Verlag
Druck: Athesia Druck, Bozen
ISBN (Athesia) 978-88-6839-242-0
www.athesiabuch.it
[email protected]
ISBN (Tyrolia) 978-3-7022-3580-2
www.tyrolia-verlag.at
[email protected]
Treu seinem
Gewissen
Das Zeugnis des
Josef Mayr-Nusser
1910–1945
Josef Innerhofer
Tyrolia-Verlag · Innsbruck-Wien
Inhaltsverzeichnis
6
Zeittafel
8 Vorwort Ivo Muser, Bischof von Bozen-Brixen:
Er hat uns und unserer Zeit viel zu sagen
13 Ein ehemaliger SS-Soldat bekennt
15
Heimat, Kinder- und Jugendzeit
16 Der Bauernbub vom Bozner Boden
27 Ein lebhafter Schüler
32 Unter dem Joch des Faschismus
36 Religiöser Tiefgang
39 Berufseinstieg und Militärdienst
43
Einsatz für die Mitmenschen
44 Im Dienst der Vinzenzkonferenz »Unsere Liebe Frau vom Moos«
46 Eine neue Konferenz mit Josef als Präsident
50 Sorge um die religiöse Schulung
53 Führer der Katholischen Jugend
64 »Ja, wie der geredet hat!«
69 St. Johann – Heimstatt der Jugend
4
72 Christus, der alleinige Führer
79
Die politische Situation
80 Bittere Entscheidung: gehen oder bleiben?
86 Josef Mayr-Nusser – ein »Dableiber«
89 Mitglied des »Andreas-Hofer-Bundes«
93
Kurzes Ehe- und Familienglück
94 Hildegard Straub – seine Vorgesetzte
101 Ehe und Familie – Quelle natürlichen, geistigen und kulturellen
Lebens
113
Einberufung, Haft und Tod
114 Der Nusserhof von Bomben getroffen
116 Widerrechtlich einberufen
118 Im Viehwaggon nach Konitz
128 Tag der Entscheidung
136 Untersuchungshaft in Konitz
139 Vor dem Untersuchungsrichter in Danzig
142 Einem qualvollen Tod entgegen
147 Sterbegottesdienst in Bozen
152 Die wirkliche Todesursache
153 Josef Mayr-Nussers letzte Ruhestätte
155 Überführung nach Lichtenstern
161
Der lange Weg zur Seligsprechung
5
162 Zum Gedächtnis an Josef Mayr-Nusser
164 »Warum so spät?«
168 Späte Rechtfertigung
176
Bildnachweis
Zeittafel
27. Dez. 1910 Geburt am Nusserhof, Bozner Boden, als viertes von sechs
Kindern
1917–1928 Grund-, Bürger- und Handelsschule in Bozen
25. April 1928– Buchhalter und Kassier bei »Eccel«
20. Dez. 1941
10. April 1931 Erste Einberufung zur Gebirgsartillerie in den Piemont für
18 Monate
Juni 1934 Diözesanführer der männlichen Jugend des »Deutschen
Anteils« der Erzdiözese Trient
10. Febr. 1937 Präsident der neu gegründeten Vinzenzkonferenz »Johann
Nepomuk von Tschiderer«; vorher Mitglied der Vinzenzkonferenz »Unsere Liebe Frau vom Moos« Bozen-Stadt
23. Aug. 1939 Militärdienst in Sardinien bis 14. Dezember 1939
Herbst 1939 Option: Entscheidung fürs Dableiben und Anschluss an
»Andreas-Hofer-Bund« als Hilfe und Schutz für die »Dableiber«
20. Dez. 1940 Dritte Einberufung bis 15. November 1941
1941–1944 Kassier bei »Amonn«
26. Mai 1942 Heirat mit Hildegard Straub, Bozen, Kassiererin bei »Eccel«
und Jugendführerin
1. Aug. 1943 Geburt des Sohnes Albert
5. Sept. 1944 Einberufung zur Waffen-SS und Ausbildung in Konitz
bei Danzig
4. Okt. 1944 Verweigerung des SS-Eides aus religiösen Gründen
und Verhaftung
1. März 1945 In Erlangen »mit militärischen Ehren« (Aussage des Stand-
6
ortpfarrers) begraben
5. April 1945 Offizielle Nachricht, »dass der SS-Mann Josef Mayr … laut
Leichenschauschein an Bronchopneumonie am 24. Februar
1945 um 6 Uhr im Zug auf dem Erlanger Bahnhof verstorben ist«
13. Juni 1948 Gedenktafel in Maria Weißenstein der 44 Heimkehrer aus
Konitz – Inschrift: »Josef Mayr-Nusser † 24. 2. 1945, der
für seinen Glauben das Leben gab«
18. Mai 1949 Einstimmig beschließt der Bozner Gemeinderat, den Weg
zum Nusserhof »Josef-Mayr-Nusser-Weg« zu nennen.
Febr. 1958 Überführung der Gebeine nach Bozen und Beisetzung
in Lichtenstern/Ritten
27. Okt. 1978 Benennung der Fachakademie für Sozialpädagogik in
Erlangen nach »Josef-Mayr-Nusser-Fachakademie«, heute
in Baiersdorf
1. Juni 1980 Enthüllung einer Gedenktafel Josef Mayr-Nusser in
St. Georgenberg-Fiecht/Unterinntal
Febr. 1984 Benennung der Mittelschule in Vintl nach
»Josef Mayr-Nusser«
8. Aug. 1990 Bildung der »Aktionsgruppe Josef Mayr-Nusser« mit Peter
Egger als Postulator
12. Sept. 2003 Bischof Wilhelm ernennt Josef Innerhofer zum neuen
Postulator und …
27. Febr. 2004 … P. Dr. Alois Hillebrand zum bischöflichen Delegierten
30. Sept. 2005 »Nihil obstat« der Kongregation für die Seligsprechungen
13. Okt. 2005 Segnung des Josef-Mayr-Nusser-Denkmals in der Kirche
von Lichtenstern
15. Febr. 2006 Bischof Wilhelm eröffnet das Seligsprechungsverfahren
in Bozen
19. März 2007 Feierlicher Abschluss des Seligsprechungsverfahrens
in der Diözese Bozen-Brixen
Nov. 2010 Zum 100. Geburtstag sagt Bischof Karl Golser ein Josef-
Mayr-Nusser-Gedenkjahr an
15. Febr. 2013 Positio in Rom an Postulator P. Florio Tessari OFMCap
übergeben
31. Mai 2013 Neuer Postulator P. Carlo Caloni OFMCap
8. Juni 2016 Papst Franziskus erklärt Josef Mayr-Nusser offiziell
als Märtyrer
18. März 2017 Seligsprechung im Dom von Bozen
7
Vorwort Ivo Muser, Bischof von Bozen-Brixen
Er hat uns und unserer Zeit
viel zu sagen
8
Im September 2004 hat mich Bischof Wilhelm Egger beauftragt,
ein theologisches Gutachten zu den Schriften von Josef MayrNusser zu verfassen. Die Lektüre wurde für mich damals zu
einem großen Gewinn und ließ mich etwas erahnen von der
menschlichen und christlichen Größe Josef Mayr-Nussers.
In diesen Schriften begegnet uns ein Mensch, der im Glauben
der Kirche beheimatet ist. Die Briefe, Ansprachen, Vorträge und
Reden zeigen uns einen Christen, der versucht, aus dem Glauben heraus die Welt, die Gesellschaft, den politisch-sozialen
Auftrag der Christen und nicht zuletzt das eigene Leben zu
verstehen und zu deuten. Vor uns steht ein reifer und mündiger
Christ, der sich mit Fragen des Glaubens auseinandersetzt, der
das Verständnis des Glaubens durch Lektüre und Weiterbildung
vertieft und der konsequent darauf hinweist, dass Bekenntnis,
Lebenseinstellung und Lebensführung nicht voneinander zu
trennen sind.
Der Einsatz der Christen hat für ihn seinen theologischen
Grund in der Tauf- und Firmberufung. In einem Artikel in der
»Jugendwacht« vom 15. Jänner 1938 schreibt er: »Ist durch die
Taufe in uns Licht geworden, so sind wir durch die Firmung
Lichtträger geworden, Beauftragte, das Licht leuchten zu lassen, Zeugnis zu geben vom Lichte. … Zeugnis geben ist heute
unsere einzige, schlagkräftigste Waffe. Seltsam genug. Nicht
Schwert, nicht Gewalt, nicht Geld, nicht einmal der Einfluss
geistigen Könnens, geistiger Macht, nichts von all dem ist uns
als unerlässlich geboten, um die Herrschaft Christi auf Erden
aufzurichten. Etwas ganz Bescheidenes und doch viel Wichtigeres hat uns der Herr geboten: Zeugen zu sein.«
In einer Ansprache bei der Sitzung der Katholischen Aktion
am 25. August 1935 spricht er seine Überzeugung aus, dass es
eine Notwendigkeit sei, »den treuen Katholiken unserer Zeit
zu Bewusstsein zu bringen, dass es ihre Pflicht ist, in ihrem
Kreis zu wirken als Apostel des Wortes sowohl als auch der
Tat. Es gilt, jene bereits zur Tradition gewordene Passivität der
Laien zu überwinden, die ganz im Gegensatz zum christlichen
Altertum und Mittelalter sich jeglicher Verantwortung an der
Durchdringung der Welt mit christlichem Geiste enthoben
glaubt. Man hat sich zu sehr daran gewöhnt, sich nur mehr als
Untertan der Kirche zu fühlen und alle Sorgen auf die Hirten
zu werfen«.
Vor uns steht ein überzeugter und überzeugender Christ,
der Stellung bezieht und Farbe bekennt. Klarer Bezugspunkt
seiner Spiritualität und seiner Aufforderung zum Bekenntnis
und zum christlichen Einsatz ist Christus selber und – wie er
sich ausdrückt – seine »Königsherrschaft unter den Menschen«:
Für ihn kommt alles darauf an, Christus als Herrn und König
anzuerkennen. So sagt er bei einer Sitzung der Katholischen
Aktion am 23. Oktober 1935: »Nur wenn der Einzelne, das
Individuum, Christus als seinen Herrn anerkennt, wird es
auch die Gesellschaft tun, die jeweils so denkt und handelt,
wie der überwiegende Teil ihrer Einzelglieder denkt und handelt. … Christus soll herrschen nicht nur in den Einzelnen und
in den Familien, Christus soll herrschen auch in den Staaten,
im öffentlichen Leben!«
Als eine reife Frucht seiner Glaubensüberzeugung können
vor allem die Briefe gelten, die Josef Mayr-Nusser aus Konitz
an seine Frau Hildegard richtet. Im Brief vom 27. September
1944 steht ein Christ vor uns, der ringt um seine vom Glauben
getragene Entscheidung und der sich durchringt zu einem persönlichen Glaubensbekenntnis gegenüber einem antichristli-
9
10
chen und menschenverachtenden System. Er schreibt: »Dass ich
Dich, treueste Gefährtin, durch mein Bekenntnis im entscheidenden Moment vielleicht auch noch in zeitliches Unglück
stürze, das nagt am schwersten an meinem Herzen. Dieses
Bekennenmüssen wird sicher kommen, es ist unausbleiblich,
denn zwei Welten stoßen aufeinander. Zu deutlich haben sich
Vorgesetzte als entschiedene Verneiner und Hasser dessen
gezeigt, was uns Katholiken heilig und unantastbar ist. Bete
für mich, Hildegard, damit ich in der Stunde der Bewährung
ohne Furcht und Zögern so handle, wie ich es vor Gott und
meinem Gewissen schuldig bin.«
Josef Mayr-Nusser hat uns und unserer Zeit viel zu sagen. Er
ist nicht nur derjenige, der den Eid auf Adolf Hitler verweigert
hat. Er ist einer, der die christliche Identität gepflegt und gelebt
hat. Ich verstehe diese unbequeme Gestalt, die uns mit einem
dunklen und für viele leidvollen Kapitel unserer Geschichte
konfrontiert, vor allem als einen glaubwürdigen und konsequenten Zeugen, der dem eigenen Gewissen folgt; einem Gewissen,
das sich ausrichtet am Evangelium und an der Lehre der Kirche.
Er ist ein Mann, der aus der biblischen Überzeugung handelt,
dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen. Und
jetzt dürfen wir mit Überzeugung bekennen: Josef Mayr-Nusser
hat im Sinn eines menschenverachtenden und menschenvernichtenden Systems verloren, in den Augen Gottes aber hat er
gewonnen!
Viele Menschen haben ihren Beitrag geleistet, der jetzt einmündet in die große Freude und Dankbarkeit, dass wir diesen überzeugenden, konsequenten und glaubwürdigen Zeugen als Seligen unserer Kirche verehren dürfen: als Märtyrer,
als Vorbild, als Mahner, als Fürsprecher bei Gott. Postulator
DDDr. Peter Egger hat in den 1990er Jahren den Anstoß zum
Seligsprechungsverfahren gegeben und ist den Spuren Josef
Mayr-Nussers bis nach Polen nachgegangen. Dr. Josef Innerhofer
hat mit großem Fleiß, mit Kompetenz und mit dem nötigen
Durchhaltevermögen den Prozess weitergeführt und an seinen
Erfolg geglaubt. Beide verdienen den Dank der Diözese.
Ich hoffe und bete, dass die menschlichen und christlichen
Werte, die Josef Mayr-Nusser gelebt hat und für die er gestorben
ist, unter uns lebendig werden – gerade heute.
Ivo Muser,
Bischof von Bozen-Brixen
Bozen, am Hochfest der Apostel Petrus und Paulus, 29. Juni 2016
Ein ehemaliger SS-Soldat
bekennt
»Josef Mayr-Nusser starb für Christus, des bin ich mir sicher.
Ich bin überzeugt, dass ich 14 Tage mit einem Heiligen gelebt
habe, der für mich heute ein großer Fürbitter bei Gott ist«,
dies schrieb der ehemalige SS-Mann Fritz Habicher Jahrzehnte
später in einem Brief an die Witwe Hildegard Mayr. Habicher
war einer der Wachmänner, die den Gefangenentransport im
Februar 1945 von Buchenwald nach Dachau begleiten sollten.
40 deutsche Soldaten waren in Danzig wegen Fahnenflucht zum
Tode verurteilt und zur Hinrichtung ins Konzentrationslager
Buchenwald gefahren worden. Im Viehwaggon gab es weder
Wasser, noch Nahrung, noch Heizung. Einige Gefangene konnten die verriegelten Türen der Waggons aufbrechen und fliehen.
Deshalb, und weil die Russen bereits in der Nähe waren, wurde
der Transport mit einer Wachmannschaft ausgerüstet und nach
Dachau umgeleitet. Josef Mayr-Nusser sollte dort nie ankommen, da er in Erlangen am 24. Februar 1945 an den Folgen seiner
»Sonderbehandlung« in Danzig vorzeitig starb.
Fritz Habicher kannte Josef kaum. Er wusste nur, dass er
aus Bozen stammte und dort eine Frau und einen Sohn hatte.
Erst durch den Fernsehfilm »Keinen Eid auf diesen Führer« des
Jesuiten Reinhold Iblacker aus München, der Ende der 1970er
Jahre im ORF ausgestrahlt wurde, erfuhr Habicher, wer dieser
Mayr wirklich war und weshalb er den SS-Eid verweigert hatte.
So schrieb er einen Brief an die Witwe, durch die man in Südtirol erstmals erfuhr, wie Josef gestorben war. Vorher meinte
man, er sei in Erlangen auf dem Bahnhof in einem Viehwaggon
vergessen worden und verhungert.
13
Beeindruckt war der SS-Mann von der Geduld, mit der
Josef all die Strapazen klaglos ertragen hat. Er berichtete von
Josefs Freundlichkeit und Dankbarkeit, wenn man ihm in seiner Schwäche half. In Buchenwald hatte man die Wache auf
diesen Mayr besonders aufmerksam gemacht. Er sei einer der
schlimmsten, der nicht nur Volk und Führer, sondern auch
Frau und Kind im Stich gelassen habe. Dass er bei den Verhören in Danzig gefoltert worden war, konnte man aus dem jämmerlichen Zustand, in dem er sich befand, schließen, obgleich
er wenige Monate vorher noch kerngesund war. Zum obigen
abwertenden Urteil passte auch nicht Josefs geduldiges, liebevolles Benehmen. Nie klagte er, niemanden beschuldigte er, war
aber dankbar für jede Hilfe, die man ihm anbot.
14
Heimat,
Kinder- und
Jugendzeit
Der Bauernbub
vom Bozner Boden
Josef, allgemein Pepi genannt, wurde am 27. Dezember 1910
auf dem Nusserhof am Bozner Boden, einem Stadtteil in der
nordöstlichen Peripherie der Stadt, als viertes von sechs Kindern – fünf Buben und ein Mädchen – geboren. Der Vater, Jakob
Mayr, starb im September 1915 an der Südfront bei Görz an der
Cholera. Franz, der jüngste Sohn, kam erst nach dem Tod des
Vaters zur Welt. Die Mutter Maria entstammte dem bekannten Bozner Geschlecht der Mumelter. Maria Luise ThurmairMumelter, Autorin vieler Kirchenlieder im Gotteslob, war eine
Der Nusserhof am Bozner Boden, wie er nach der Bombardierung
im Zweiten Weltkrieg wiederhergestellt wurde
16
Der Nusserhof heute; im Vordergrund der Eisack, rechts die Kampiller Brücke
17
18
nahe Verwandte. Seine Mutter war eine fröhliche, tiefreligiöse
Frau und besaß ein großes Herz für die Armen, was auch ihn
geprägt hat. Auf dem Nusserhof am Bozner Boden wurden mithilfe von zwei Knechten und einem Fütterer Wein und Obst
angebaut sowie auch Vieh gezüchtet.
Doch die faschistischen Machthaber enteigneten Stück für
Stück der Gründe rund um den Hof, wobei nur die Hälfte ihres
Schätzungswertes bezahlt wurde. Die Weinberge mussten der
Erweiterung des Bahnhofsgeländes weichen. Das Haus wurde im
Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe so schwer beschädigt,
dass die Familie Anfang Oktober 1943 ins Zisterzienserinnenkloster Mariengarten nach St. Pauls in Eppan auswich, wo ein
Onkel Kaplan war. Nach dem Krieg sollte der Nusserhof enteignet werden, um einer Großmarkthalle und anderen Betrieben
Platz zu machen. Doch im Gedenken an Josef Mayr-Nusser sah
man davon ab und stellte den Hof sogar unter Denkmalschutz.
Josefs Neffe Heinrich betreibt heute auf dem Hof mit Erfolg
biologischen Weinbau. Das Anwesen ist heute ein Erbhof.
Trotz des frühen Todes des Vaters hatte die Familie ihr Auskommen. Maria, die Nusserbäuerin, war eine tüchtige Frau,
die trotz der vielen kleinen Kinder und der schwierigen Zeiten
mithilfe einiger Verwandter den Hof mit Erfolg weiterführte.
In ihrer Jugend lebte sie ein Jahr bei einer Familie am Nonsberg im Trentino, um Italienisch zu lernen, wie das damals
bei vielen Südtiroler Schülern – meist im Austausch – üblich
war. Das kam ihr nach dem Ersten Weltkrieg, als Südtirol zu
Italien kam, sehr zugute, als sich viele Italiener in den 1930er
Jahren am Bozner Boden ansiedelten. Sie sang gerne und hatte
trotz ihrer täglichen Sorgen als junge Witwe immer einen guten
Humor. Die Gastfreundschaft wurde auf dem Nusserhof großgeschrieben. Viele Bettler fühlten sich dort wie zu Hause. Keiner wurde ohne Gabe weggeschickt. Die Kraft für ihren Alltag
holte sich die Nusserbäuerin im Gebet und bei der heiligen
Messe, die sie trotz der vielen Arbeit keinen Tag ausließ. In
Die Angestellten des Nusserhofes bei einer wohlverdienten Jause; mit dabei
Maridl (links) und Pepis Bruder Georg (rechts)
der Familie herrschte ein gesunder religiöser Geist, in dem das
tägliche Morgen- und Tischgebet ebenso gepflegt wurden wie
der gemeinsame Abendrosenkranz.
Zu Jakob, dem ältesten Bruder, Jahrgang 1908, hatte Pepi ein
besonderes Vertrauensverhältnis. Dieser besuchte das Gymnasium der Franziskaner in Bozen und hatte nach dem Anschluss
Südtirols an Italien die Matura erstmals fächerübergreifend in
italienischer Sprache abgelegt. Anschließend studierte er an
der Universität »La Sapienza« in Rom und promovierte 1930
zum Doktor der Naturwissenschaften und Chemie. Noch im
selben Herbst begann er das Theologiestudium in Trient und
wurde 1934 zum Priester geweiht. Im September desselben
Jahres wurde er Professor im Knabenseminar Johanneum in
19
20
Gruppenbild der Festgesellschaft anlässlich der Primiz des ältesten Nussersohnes Jakob im Mai 1934; in der Mitte Jakob mit Primizbraut, rechts daneben
die Mutter, dahinter Josef
21
Dorf Tirol ober Meran, »wo man schon sehnsüchtig auf einen
Naturkundelehrer wartete«, wie der ehemalige Direktor Johann
Kollmann bezeugt. »Herr Jakobus« unterrichtete nicht nur
Naturwissenschaften in allen Klassen, sondern auch andere
Fächer, denn er war vielseitig gebildet. Zudem erteilte er den
Kindern der Bergschule Muth oberhalb von Dorf Tirol Religionsunterricht. Ab 1943 hielt er jedes Wochenende Gottesdienste
in Kaltenbrunn am Eingang ins Fleimstal, wo er als Seelsorger
hochgeschätzt war. Seine Schüler haben sein umfangreiches
Wissen immer wieder bestaunt, sein Wohlwollen sehr geschätzt
und seine Güte weidlich ausgenutzt. Herr Jakobus starb in der
Klinik der Barmherzigen Schwestern Martinsbrunn bei Meran
an Herzversagen am Sonntag, dem 18. März 1990, wobei er kurz
vorher noch konzelebriert hatte. Er war ein großer Beter, hatte
ein offenes Herz für notleidende Menschen und stand Josef
beratend zur Seite. Am Tag vor dessen Einberufung haben sich
beide Brüder in Kaltenbrunn getroffen und überlegt, wie sich
Josef weiterhin verhalten solle.
22
Letztes Bild mit dem Vater,
die Mutter legt ihre rechte Hand auf Pepi.
23
Die Nusserfamilie mit Bild des 1915 verstorbenen Vaters im Hintergrund
Die sechs Nusserkinder von links: Jakob (* 1908), Toni (* 1909), Pepi (* 1910),
Georg (* 1912), Maridl (* 1913), Franz (* 1915)
24
25
Die Nussermutter mit ihren fünf Kindern; Pepi vorne links, daneben Georg und
Toni; gleich dahinter stehend Jakob, links die Tochter Maridl
26
Auf der Veranda des Nusserhofes mit Freunden der Familie
Ein lebhafter Schüler
Pepi war ein aufgewecktes Kind und der Liebling des Kindermädchens. Obwohl gesund und kräftig, ließ ihn die Mutter erst
1917, also mit fast sieben Jahren, einschulen, da er Ende des
Jahres 1910 geboren war. Sie hatte mit der Früheinschulung des
zweiten Sohnes Toni schlechte Erfahrungen gemacht.
Als lebhaftes Kind fiel es Pepi schwer, beim Unterricht still
zu sitzen. Herr Zangerl, sein Lehrer, verstand aber keinen Spaß
und schrieb ins Schulheft, die Eltern sollten ihn zur Strafe
über die Mittagszeit unter Hausarrest stellen. Doch der »Missetäter« wollte sich diese Strafe ersparen, sagte daheim nichts
und machte die geforderte väterliche Unterschrift selber mit
einem undefinierbaren Schnörkel. Dem Lehrer schien dieser
Schnörkel doch etwas eigenartig, und er erkundigte sich beim
Bruder Jakob, ob die Unterschrift wirklich vom Vater stamme.
Zu seinem Erstaunen erfuhr er, dass der Vater bereits seit zwei
Jahren tot war. Geschickt wusste sich Pepi aus dieser peinlichen
Situation herauszuschwindeln, hatte aber in der Folge stets ein
gutes Verhältnis zu seinen Lehrern. Er besaß einen angenehmen
Charakter und war ein guter Schüler. Als gewandter Sportler
verstand er sich besonders gut mit dem Turnlehrer. Vor allem
war er ein passionierter Eisläufer. Oft drehte er bei Mondschein
auf dem Eislaufplatz im Eisack neben dem Nusserhof, damals
die einzige Eisfläche in Bozen, seine Runden.
Darüber hinaus wanderte er gerne. Mit seinem Bruder Jakob
hat er so manchen Berg und Gletscher bestiegen. Es ging ihm
dabei nicht um Leistung. Er wollte die Natur erleben, zu der
er ein inniges Verhältnis hatte wie auch zu den Tieren. Besonders der Haushund am Nusserhof hatte es ihm angetan. Jakob
erinnerte sich später: »Wenn wir als Buben zum Spaß den
27
Schulausflug: Pepi, mittlere Reihe, mit Stock
28
Hund aufeinander hetzten, hat dieser immer mich gebissen
und nicht ihn.«
In der Schule war Josef fleißig und vielseitig interessiert, aber
kein Streber. Mit Freude vertiefte er sich in die Literatur und
las, was ihm in die Hände kam. Schillers »Glocke« rezitierte er
auswendig. Seine Liebe aber galt vor allem der Astronomie. Oft
beobachtete er am Abend vor dem Schlafengehen die Sterne am
Himmel, wie später ein Bekannter bestätigte. Er war überdurchschnittlich intelligent und sehr belesen. Doch gab er mit seiner
umfassenden Allgemeinbildung nie an. Aufmerksam verfolgte
er die Ereignisse in der Welt.
Sein elastischer Gang verriet auch rhythmisches Gespür.
Von seiner Mutter mochte er die musikalische Begabung geerbt
haben, wobei seine schöne Tenorstimme auffiel. Deshalb rieten Bekannte der Mutter, ihren Sohn zum Sänger ausbilden zu
lassen. Doch sie wollte davon nichts wissen.
Die praktische Arbeit auf dem Hof lag Josef weniger. Er
hatte – wie man zu sagen pflegt – zwei linke Hände. Deshalb
besuchte er nach der Pflichtschule die Bürger- und Handelsschule der Stadt und bereitete sich auf eine Büroarbeit vor. Pepi
hätte auch gerne wie sein Bruder Jakob studiert. Doch erlaubten
es die finanziellen Verhältnisse der Familie nicht.
Gerne wanderte er in seiner Freizeit über Südtirols Wiesen und Almen.
29
30
31
Pepis Abschlusszeugnis der Handelsschule Anfang August 1927
Unter dem Joch
des Faschismus
32
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet Tirols südlich des
Brenners am 10. September 1919 im Friedensdiktat von SaintGermain-en-Laye gegen den erklärten Willen der ansässigen
Bevölkerung Italien zugesprochen. Während durch diese Teilung
Tirols die Diözese Brixen einen Großteil ihres Gebietes, das
jenseits des Brenners lag, verlor, blieb die Diözese Trient gebietsmäßig unverändert. Zu ihrem sogenannten »Deutschen Anteil«
zählten die Dekanate Bozen, Neumarkt, Kaltern, Sarnthein,
Klausen, Kastelruth, Lana, Meran, Passeier und Schlanders. Im
Jahre 1929 wurde Trient in Erinnerung an das Konzil von Trient
im 16. Jahrhundert zur Erzdiözese erhoben.
Der italienische König Viktor Emanuel III., Ministerpräsident Giovanni Giolitti und Außenminister Tommaso Tittoni
versicherten nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages
wiederholt, dass ihre liberale Regierung die angestammte Sprache und Kultur der Südtiroler respektieren werde. Doch alle
ihre Erklärungen und Versprechungen wurden von der wachsenden nationalistischen Euphorie der italienischen Bevölkerung
weggewischt. Nachdem am 28. Oktober 1922 die Faschisten
in Italien an die Macht gekommen waren, begann für Südtirol eine schwere Zeit. Am 21. Jänner 1923 wurde das Land
mit dem Trentino zur Provinz »Venezia Tridentina« vereinigt,
an deren Spitze ein Präfekt in der Hauptstadt Trient stand.
Die Haltung des Faschistischen Großrates in Rom zu Südtirol war ganz durch den Nationalisten und Faschisten Ettore
Tolomei geprägt. Am 15. Juli 1923 verkündete er im Bozner
Stadttheater ein Programm, das als »Provvedimenti per l’Alto
Adige« (Maßnahmen für das Oberetsch) bezeichnet wurde.
Dieses Italienisierungsprogramm umfasste alle Aspekte des
Lebens einer Volksgruppe und sollte in den folgenden Jahren
schrittweise durchgeführt werden.
Hauptziel war die möglichst rasche und totale Ausmerzung
der deutschen Sprache und Kultur. Die traditionsreiche Tiroler
Gemeindeautonomie wurde beseitigt, das deutsche Schulwesen unterdrückt und Italienisch einzige Unterrichtssprache
wie auch ausschließliche Amts- und Gerichtssprache. Staatliche Amtsbürgermeister und Gemeindesekretäre ersetzten die
gewählten Einheimischen. Die deutschen Beamten wurden entlassen oder in südliche italienische Provinzen versetzt. Gezielt
33
34
hat man die Südtiroler weitgehend aus dem öffentlichen Leben
verdrängt. Die faschistische Unterdrückungspolitik sah auch
die ausschließliche Verwendung der von Tolomei erfundenen
italienischen Orts- und Flurnamen vor. Der Name Tirol durfte
nicht mehr aufscheinen. Die offizielle Bezeichnung für das
Gebiet vom Brenner bis Salurn lautete nun Alto Adige. Wie das
Land selbst, so sollten auch die Bewohner nur noch italienische
Namen tragen. Die zwangsweise Italienisierung der deutschen
Namen musste jedoch wegen der massiven ausländischen Proteste eingestellt werden. Doch die Grabsteine durfte man nur
noch in italienischer Sprache beschriften. Auch optisch sollte
Südtirol ein italienisches Gesicht bekommen, indem man alte
Kulturdenkmäler zerstörte oder entfernte und faschistische
Denkmäler wie das Siegesdenkmal in Bozen errichtete.
Am 2. Jänner 1927 wurde eine eigene Provinz Bozen errichtet, mit dem Ziel, die »Feinarbeit« der faschistischen Politik
aufs Äußerste voranzutreiben. In Bozen residierte nun ein eigener Präfekt. Das Bozner Unterland und das Fassatal aber blieben
bei der Provinz Trient.
Da die faschistische Italienisierungspolitik sich am passiven
Widerstand der Südtiroler festbiss, begann die Regierung in den
1930er Jahren, die Zuwanderung und Ansiedlung italienischer
Familien massiv zu fördern. Dazu wurde im Süden von Bozen,
wo intensive Obst- und Weinbaukultur betrieben wurde, eine
Industriezone geschaffen – die Grundstücke für diese Industriezone und die Errichtung entsprechender Wohnviertel für die
Zuwanderer weit unter dem tatsächlichen Wert wurden dabei
enteignet.
Die Südtiroler fühlten sich behandelt wie ein Kolonialvolk.
Die deutsche und die ladinische Bevölkerung leistete in dieser
aussichtslos scheinenden Lage zähen passiven Widerstand. Die
katholische Jugend hatte sich im Deutschen Anteil der Erzdiözese Trient unter ihrem geistlichen Assistenten, Josef Ferrari,
zu einer straffen Organisation, der »Katholischen Aktion« (KA),
Der Jugendseelsorger Josef
Ferrari hatte Pepi zu seinem
engsten Mitarbeiter erwählt
und übte auf seine religiöse
Entwicklung großen Einfluss
aus.
entwickelt. Sie pflegte auch die angestammten Traditionen,
insbesondere die deutsche Sprache und Kultur. Doch wurden
manche Jugendliche gleichzeitig in die faschistischen Jugendorganisationen gezwungen.
Parallel zur kirchlichen Jugendarbeit hatten sich ab 1923
auch andere Jugendformationen entwickelt, hauptsächlich aus
studentischen Kreisen, um der Unterdrückung des deutschen
kulturellen Lebens gegenzusteuern. Die Machtübernahme der
NSDAP im Jänner 1933 bewirkte bei diesen eine grundlegende
Änderung in Richtung nationalsozialistischer Weltsicht. 1933
kam es zur Gründung der Bewegung »Südtiroler Heimatfront«,
die ab 1934 »Völkischer Kampfring Südtirol« (VKS) genannt
wurde. Die Bozner Norbert Mumelter und vor allem Peter
Hofer, der spätere Gauleiter, bauten in kürzester Zeit eine
straffe und schlagfertige Organisation auf, die zielstrebig die
Jugend und auch ältere Bevölkerungsschichten zu gewinnen und
zu betreuen suchte. Zwischen dem VKS mit seiner nationalsozialistischen Ideologie und der christlich geprägten KA kam
es dann zu Spannungen, auf die Josef Mayr-Nusser in seinen
Vorträgen als Verbandsobmann vor der Jugend immer wieder
hinwies.
35
Religiöser Tiefgang
36
In seinen Reifejahren machte Josef einen starken inneren Wandel mit. Aus dem lebhaften Kind wurde ein ruhiger, eher wortkarger junger Mann, der viel hinter den Büchern saß. In dieser
Zeit begann auch sein religiöser Tiefgang. Sein priesterlicher
Freund Josef Ferrari beschreibt ihn als einen jener »seltenen
Menschen, die ihre Erholung nicht in lärmender Unterhaltung
suchen. Die freie Zeit und der Sonntag gehörten der eigenen
Fortbildung. Zu seiner Lieblingslektüre gehörte die damals
bekannte Zeitschrift für Religion und Kultur ›Die schönere
Zukunft‹.« Neben Werken über Naturwissenschaften und Astronomie las Josef nun vornehmlich religiöse Literatur. Unter
den zeitgenössischen Schriftstellern vertiefte er sich in die
Werke des damals sehr bekannten Philosophen und Kulturkritikers Theodor Haecker (1879–1945).
Dass er »sehr belesen« war, bestätigten wiederholt Zeugen
bei der Vernehmung zum Seligsprechungsverfahren. Thomas
von Aquin war seine Lieblingslektüre, dann Thomas Morus
und natürlich die Bücher von Romano Guardini über die heilige Messe. Thomas von Aquin (1225–1274), der große mittelalterliche Denker, gab ihm einen tiefen Einblick in die christliche Weltordnung und bestimmte sein Weltbild.
Besonders beeindruckten ihn die Briefe des englischen Märtyrers Thomas Morus (1478–1535), die dieser aus dem Gefängnis
geschrieben hatte. Morus hatte sich aus Gewissensgründen
geweigert, dem englischen König den Suprematseid zu leisten.
Deshalb wurde er des Hochverrats angeklagt und hingerichtet.
Nicht weniger bewunderte Josef den Tiroler Freiheitskämpfer
Peter Mayr, wie Josefs Bruder Jakob berichtete: »Als wir einmal
beim Wirtshaus an der Mahr südlich von Brixen vorbeikamen,
das dem Freiheitskämpfer Peter Mayr gehört hatte, fragte mich
37
In seinen Reifejahren machte Josef einen starken inneren Wandel mit.
Aufnahme Ende der 1920er Jahre auf der Stadelterrasse des Nusserhofes
Pepi: ›Steht dieser Peter Mayr nicht eigentlich über einem Märtyrer?‹ Peter Mayr opferte das Leben, um eine Lüge, also eine
lässliche Sünde, zu vermeiden, während es bei den Märtyrern
um den Glauben, also um eine schwere Sünde ging. Daraus
sieht man, wie hoch Pepi diesen Mann einschätzte.«
Auch der Mexikaner P. Miguel Pro SJ, der für seinen katholischen Glauben im Jahre 1927 ohne gerichtliches Verfahren
erschossen wurde, hat ihn stark beeindruckt. Josef brachte ein
Foto dieses Märtyrers zu einer Jugendführerschulung der KA
nach Lana mit, wo es im Versammlungsraum einen Ehrenplatz
erhielt.
Bekannte erinnern sich an Pepi als »einen feinen, fast vornehmen Mann« mit großer Ausstrahlung, die Respekt einflößte.
Er war stets freundlich, ja gütig, aber ernst und schweigsam. Zu
den Mädchen zeigte er sich zurückhaltend, aber stets taktvoll
im Benehmen.
Josef verdankte seine Entwicklung nicht zuletzt seinen klugen geistlichen Beratern. Mit seinem Bruder Jakob verstand er
sich besonders gut. Auf dem Nusserhof und bei seiner Familie
fand er nach der Arbeit Zeit und Ruhe, seine Anlagen und Interessen zu pflegen. Vor allem prägte ihn die Gemeinschaft der
KA mit ihrem Diözesanassistenten Josef Ferrari. Diese Gemeinschaft förderte die Entfaltung seiner spirituellen Neigung und
seiner natürlichen Begabungen.
38
Berufseinstieg
und Militärdienst
Nach Besuch der Handelsschule arbeitete Josef kurze Zeit bei
der Bozner Möbelfirma »Führer«, ehe er am 25. April 1928
als kaufmännischer Angestellter beim bekannten Textilgeschäft »Eccel« unter den Bozner Lauben einstand. Dort war er
kurz in der Buchhaltung tätig, wurde aber bald darauf Kassier.
Die Firmenleitung wie auch seine Mitarbeiter schätzten ihn.
»Sein Auftreten war bescheiden, sein Äußeres stets gepflegt
und seine Kleidung immer in bester Ordnung. Er war immer
fein gekämmt, sauber angezogen mit Krawatte. Er war ein
›signore‹«, so das Urteil einer Mitarbeiterin, »am Arbeitsplatz
Josef als kaufmännischer Angestellter bei der Firma Eccel
39
Herunterladen