IK Ökonomische Entscheidungen und Märkte LVA LVA-Leiterin: Elisabeth Christen Einheit 9: Die Analyse von Wettbewerbsmärkten (Kap. 9) Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 1 Was bisher geschah! Kapitel 1 und 2: Beschreibung des Marktes mittels Angebots- und Nachfragefunktion Kapitel 3 und 4: Herleitung der Nachfragefunktion Kapitel 6, 7 und 8: Herleitung der Angebotsfunktion =⇒ Kapitel 9: Bewertung von Marktergebnissen und staatlichen Eingriffen Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 2 Märkte und Wohlfahrt Fragestellung: Ist die zum Gleichgewichtspreis produzierte und konsumierte Menge zu klein, zu groß oder gerade richtig? Instrument: Mit der Wohlfahrtsökonomik kann bestimmt werden, wie die Allokation (Verteilung) von Ressourcen die Wohlfahrt einer Gesellschaft beeinflusst? Ergebnis: Generell maximiert die Ressourcenallokation des freien Marktgleichgewichts den Gesamtnutzen (Wohlfahrt) der Gesellschaft und ist als effizient zu betrachten. Warum? =⇒ Vorteil der Konsumenten (Konsumentenrente) und der Produzenten (Produzentenrente) ist maximal! Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 3 Die Konsumentenrente Definition: Die Konsumentenrente (KR) ist die Differenz zwischen dem Betrag, den der jeweilige Konsument für eine Gut zu zahlen bereit ist (marginale Zahlungsbereitschaft) und dem tatsächlich bezahlten Preis −→ aufsummiert über alle Konsumenten. Interpretation: Die Konsumentenrente ist der gesamte Nettovorteil, den die Konsumenten über den von ihnen für ein Gut bezahlten betrag hinaus erzielen −→ Aggregierter Nettovorteil der Konsumenten! Graphisch: Entspricht der Fläche unterhalb der inversen Nachfragekurve PD (Q) und oberhalb des Marktpreises P, begrenzt durch die Gleichgewichtsmenge. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 4 Die Zahlungsbereitschaft (graphisch) Abbildung: Die Konsumentenrente ist die Differenz zwischen der Zahlungsbereitschaft und dem zu bezahlenden Preis. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 5 Die Zahlungsbereitschaft des Individuums Die Nachfragekurve Q(P ) . . . . . . gibt an, wieviele Einheiten eines Gutes zum jeweiligen Preis nachgefragt werden. Die inverse Nachfragekurve P (Q) . . . . . . gibt an, wieviel ein Konsument maximal bereit ist, für die jeweilige Menge eines Gutes zu bezahlen. . . . kann als Kurve der marginalen Zahlungsbereitschaft interpretiert werden. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 6 Die Konsumentenrente (graphisch) Abbildung: Die Konsumentenrente entspricht der gesamten Fläche unterhalb der inversen Nachfragekurve und oberhalb des Preises (begrenzt durch die Menge). Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 7 Die Berechnung der Konsumentenrente 1. Möglichkeit: Flächenberechnung mittels graphischer Darstellung: Fläche des Dreiecks −→ nur bei linearer Nachfragekurve möglich! KR(Q0 , P 0 ) = [PD (0) − P 0 ] ∗ Q0 2 2. Möglichkeit: Flächenberechnung mittels Integralrechnung: 0 0 Z Q0 KR(Q , P ) = PD (Q)dQ − P 0 Q0 0 Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 8 Die Produzentenrente Definition: Summe der Differenz zwischen dem Marktpreis eines Gutes und den Grenzkosten der Produktion über alle von einem Unternehmen (bzw. Markt) produzierten Einheiten. Interpretation: Die Produzentenrente (PR) ist der gesamte Nettovorteil, den die Produzenten aus der Produktion und dem Verkauf von Einheiten eines Gutes, mit Produktionskosten geringer als der Marktpreis erzielen können −→ Aggregierter Nettovorteil der Produzenten! Graphisch:Entspricht der Fläche oberhalb der inversen Angebotskurve PS (Q) und unterhalb des Marktpreises P, begrenzt durch die Gleichgewichtsmenge. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 9 Die Produzentenrente (graphisch) Abbildung: Die Produzentenrente entspricht der gesamten Fläche oberhalb der inversen Angebotskurve und unterhalb des Preises (begrenzt durch die Menge). Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 10 Die Kosten eines Unternehmens Die Angebotskurve Q(P ) . . . . . . gibt an, wieviele Einheiten eines Gutes zum jeweiligen Preis angeboten werden (entspricht den Grenzkosten). Die inverse Angebotskurve P (Q) bzw. M C(Q) . . . . . . gibt an, wieviel einem Unternehmen die jeweilige Menge eines Gutes kostet. . . . kann als Kurve der Grenzkosten interpretiert werden. Am vollkommenen Wettbewerbsmarkt sprechen wir von der kurzfristigen Angebotskurve (die langfristige ist horizontal)! Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 11 Die Berechnung der Produzentenrente 1. Möglichkeit: Flächenberechnung mittels graphischer Darstellung: Fläche des Dreiecks −→ nur bei linearer Angebotskurve möglich! P R(Q0 , P 0 ) = [P 0 − PS (0)] ∗ Q0 2 2. Möglichkeit: P R(Q) = R(Q) − V C(Q) −→ Die Fläche unterhalb der MC-Kurve entspricht den VC. 3. Möglichkeit: Flächenberechnung mittels Integralrechnung: P R(Q0 , P 0 ) = P 0 Q0 − Z Q0 PS (Q)dQ 0 Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 12 Die Nettowohlfahrt Definition: Summe der Differenz zwischen dem Betrag, den der jeweilige Konsument für ein Gut zu zahlen bereit ist und den Grenzkosten der Produktion dieses Gutes über alle Konsumenten und Unternehmen aufsummiert. Interpretation: Die Nettowohlfahrt (NW) ist der gesamte Nettovorteil bzw. Nutzen den die Produzenten und die Konsumenten aus ihrer Marktteilnahme erzielen. −→ Aggregierter Nettovorteil der Gesellschaft! Graphisch: Entspricht der gesamten Fläche zwischen der inversen Nachfragekurve und der inversen Angebotskurve begrenzt durch die Gleichgewichtsmenge. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 13 Die Nettowohlfahrt (graphisch) Abbildung: Die Nettowohlfahrt entspricht der gesamten Fläche zwischen der inversen Nachfragekurve und der inversen Angebotskurve (begrenzt durch die Menge). Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 14 Die Berechnung der Nettowohlfahrt 1. Möglichkeit: Flächenberechnung mittels graphischer Darstellung: Fläche des Dreiecks −→ nur bei linearen Funktionen möglich! N W (Q0 , P 0 ) = KR(Q0 , P 0 ) + P R(Q0 , P 0 ) Nur bei linearer Angebots- und Nachfragekurve möglich! Nur wenn der Preis, den die Konsumenten bezahlen, dem Preis, den die Produzenten erhalten, entspricht −→ keine Verzerrung durch Steuern! 2. Möglichkeit: Flächenberechnung mittels Integralrechnung: N W (Q0 , P 0 ) = Z Q0 [PD (Q) − PS (Q)]dQ 0 Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 15 KR, PR und NW - Beispiel Beispiel QD (P ) = 8 − 43 P QS (P ) = −2 + 2P KR, P R, N W = ??? Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 16 Die Effizienz des Marktgleichgewichts Werden in einem freien Marktgleichgewicht die Ressourcen effizient verteilt? Freie Märkte teilen das Güterangebot jenen Konsumenten zu, die es gemessen an ihrer Zahlungsbereitschaft - am höchsten bewerten. Freie Märkte teilen die Güternachfrage jenen Produzenten zu, die mit den niedrigsten Kosten produzieren. Die produzierte und konsumierte Menge im Marktgleichgewicht führt zur maximalen Nettowohlfahrt. Umverteilung kann die Nettowohlfahrt nicht erhöhen. Das Ergebnis ist effizient! Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 17 Die Effizienz des Marktgleichgewichts (graphisch) Abbildung: Die Summe aus KR und PR entspricht der NW und ist maximal. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 18 Die Renten bei ineffizient geringer Produktion Abbildung: Die Zahlungsbereitschaft des marginalen Konsumenten PD liegt über den Grenzkosten des marginalen Anbieters PS ; daher entsteht ein Nettowohlfahrtsverlust. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 19 Die Renten bei ineffizient hoher Produktion Abbildung: Die Zahlungsbereitschaft des marginalen Konsumenten PD liegt unter den Grenzkosten des marginalen Anbieters PS ; daher entsteht ein Nettowohlfahrtsverlust. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 20 Anwendungen Vergleich von Marktformen (vollkommener Wettbewerb, Monopol, . . . ) Wohlfahrtseffekte von Höchst- und Mindestpreisen Wohlfahrtseffekte von Steuern Wohlfahrtseffekte von Handelsliberalisierung, Zöllen, Subventionen Umverteilungseffekte von wirtschaftspolitischen Maßnahmen (Gewinner, Verlierer) Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 21 Die Bewertung von Markteingriffen Ohne (staatliche) Markteingriffe kaufen und verkaufen die Konsumenten und Produzenten zum herrschenden Marktpreis (NW maximal). Wirtschaftspolitische Maßnahmen ändern die freien Marktergebnisse und somit auch die Wohlfahrt. Diese Marktinterventionen bringen zumeist sowohl Gewinner als auch Verlierer hervor, wobei die Verluste idR größer sind als die Gewinne. Die Bewertung der (staatlichen) Marktinterventionen erfolgt durch die Messung der Veränderung der KR, der PR bzw. der NW im Vergleich zum nichtregulierten Wettbewerbsmarkt. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 22 Wohlfahrtswirkung eines Höchstpreises Abbildung: Wohlfahrtswirkung eines Höchstpreises Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 23 Erläuterungen zur Abbildung Veränderung der KR: Teil der Konsumenten ist bessergestellt, da Pmax < P ∗ (+A). Andere Konsumenten sind schlechter gestellt, da sie das Gut nicht mehr kaufen können (−B). Veränderung der PR: Alle Produzenten verlieren: diejenigen die im Markt bleiben verlieren (−A) und jene, die aus dem Markt austreten, verlieren (−C). Veränderung der NW: Ist der Gewinn der Konsumenten größer als der Verlust der Produzenten? ∆KR + ∆P R = (A − B) + (−A − C) = −B − C. −→ Der Höchstpreis führt zu einem Nettowohlfahrtsverlust. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 24 Wohlfahrtswirkung eines Höchstpreises - Beispiel Beispiel QD (P ) = 8 − 43 P QS (P ) = −2 + 2P =⇒ Q∗ = 4, P ∗ = 3, KR = 6, P R = 4 Einführung eines Höchstpreises von P M AX = 2 KR, P R, N W ??? Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 25 Wohlfahrtswirkung eines Mindestpreises Abbildung: Wohlfahrtswirkung eines Mindestpreises Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 26 Erläuterungen zur Abbildung Veränderung der KR: Alle Konsumenten verlieren: diejenigen, die im Markt bleiben verlieren (−A) und jene, die aus dem Markt ausscheiden, verlieren (−B). Veränderung der PR: Teil der Produzenten ist bessergestellt, da Pmin > P ∗ (+A). Andere Produzenten sind schlechter gestellt, da sie das Gut nicht mehr produzieren können (−C). Veränderung der NW: Ist der Gewinn der Produzenten größer als der Verlust der Konsumenten? ∆KR + ∆P R = (−A − B) + (A − C) = −B − C. −→ Der Mindestpreis führt zu einem Nettowohlfahrtsverlust. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 27 Ausnahmen bestätigen die Regel Da die Summe aus KR und PR im Gleichgewicht des Wettbewerbsmarktes maximal ist, ist dieser effizient und keine (staatliche) Intervention notwendig. Liegen jedoch marktversagende Umstände vor (Preise senden falsche Signale an die Konsumenten und Produzenten), so ist das Gleichgewicht des Wettbewerbsmarktes ineffizient! −→ Staatliche Markteingriffe können bei Vorliegen von Marktversagen durchaus notwendig und gerechtfertigt sein. Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 28 Gründe für Marktversagen Externe Effekte: Kosten oder Nutzen, die durch die Produktion oder durch den Konsum entstehen und nicht über den Marktpreis abgegolten werden (z. B.: Umweltverschmutzung, Lärmbelästigung). Informationsasymmetrie: Konsumenten sind nicht vollständig über die Eigenschaften eines Gutes informiert und können keine nutzenmaximierende Konsumentscheidung treffen (z. B.: gentechnisch veränderte Inhalte in Lebensmitteln). Öffentliche Güter: Güter, die durch die Eigenschaften ’Nicht-Ausschließbarkeit’ und ’Nicht-Rivalität’ gekennzeichnet sind, wodurch das Problem des „Free-Riding“ entsteht (z. B.: Straßenbeleuchtung). Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 29 Fragen??? Märkte und Wohlfahrt IK WS 2010/2011 30