2 Mögliche Veranstalter: alle Lehrenden mit erziehungswissenschaftlichen Professuren Modul 6 Erziehungswissenschaftliche Diskurse I Teilmodul 6.1 Diskurs: Exklusion und Inklusion SWS Credits Leistungsnachweise 2 3 Aktive Mitarbeit, Studienleistungen, Referat und Hausarbeit Kurztext: Im Seminar wird der Inklusions- und Exklusionsgedanke auf die verursachenden gesellschaftlichen Quellen „gesellschaftliche Parallelentwicklungen (Parallelgesellschaft)“, „Pluralisierung von Lebenslagen“, „fiskalische Notlagen der öffentlichen Haushalte“, „soziale Ungleichheit“ und „Armut“ zurückgeführt, welche die Reproduktion des sozialen Gesamtgefüges und ihre Steuerungslogiken vor Legitimationsprobleme stellen. Auf diese Entwicklung gab es Mitte der 1990er Jahre seitens der Wissenschaft zwei zentrale, reflexiv orientierte Reaktionen. Luhmann thematisierte das Verhältnis von Exklusion und Inklusion aus systemtheoretischer Sicht, um über den Terminus Inklusion (statt Integration) die ökonomischen und politischen Systemspezifitäten aufrecht erhalten zu können, während Habermas das Verhältnis von Inklusion und Exklusion im Rahmen seiner Theorie des kommunikativen Handelns als gesellschaftliche Teilhabe bzw. „Einbeziehen“ auslegte. Beiden Autoren geht es dabei um die Frage, mit welchen Konzepten gesellschaftliche Dysfunktionalitäten zu vermeiden sind. Was dabei jedoch als Dysfunktionalität betrachtet wird, ist äußerst different und beruht auf den je spezifischen erkenntnisleitenden Interessen der beiden Autoren. Einzelne wissenschaftliche Disziplinen oder Teildisziplinen haben nun den aufgeworfenen Fragenkomplex aufgegriffen und suchen nach Lösungen der oben benannten Steuerungsprobleme im Rahmen eines Inklusions-/Exklusionskonzeptes. Ein solches Konzept versteht sich dabei als Paradigma im Sinne Kuhns. Es ist insofern noch nicht durch eine instrumentelle Logik unterlegt. So beschäftigen sich erziehungswissenschaftliche Teildisziplinen (Elementarpädagogik, Grundschulpädagogik, Berufs- und Wirtschaftspädagogik, Sozialpädagogik, Heil- und Sonderpädagogik) mit der Thematik zwecks disziplinär-gesellschaftlicher Verortung, weil dem Bildungssystem als Institution und der Sozialen Arbeit als Handlungsfeld die Befriedung der gesellschaftlichen Konfliktlagen zugeschreiben wird. Ob dies gelingen kann, hängt sicherlich auch von der zu entwickelnden wissenschaftlichen Expertise ab, auf die das Seminar in erkenntnisleitender Absicht zielt. Wie also müssen erziehungswissenschaftliche Fragestellungen ausgearbeitet sein, die berechtigt einen Beitrag zur gesellschaftlichen Problemlösung beitragen wollen. 3 Thematischer Aufbau des Seminars: Lfd. Inhaltlicher Bezug: Methodische Elemente: Nr. 1 Einführung in den Gesamtzusammenhang Einführender Vortrag des Seminars und Erörterung der Fragestellung Zeitbedarf 2 2 Präsentation von Texten zum Themenkomplex „Parallelwelten und Plurale Lebenswelten“ einschl. emp. Materialien Auswertung der Literatur durch Studierende und Vortrag 2 3 Präsentation zentraler theoretischer Ansätze zum Themenkomplex „Soziale Ungleichheit und Armut einschl. emp. Materialien “ Auswertung der Literatur durch Studierende und Vortrag 2 4 Vortrag: New Public Management Vortrag durch Lehrende 2 5 Habermas und Luhmann und ihre Bezüge zu den Nr. 1-4. Vortrag durch Studierende 2 6 Begriffskritiken und ihre Begründungen Vortrag durch Studierende 2 7 Internationale Beiträge zum Diskurs Vortrag durch Studierende 2 8 Diskurse in der Elementarpädagogik Vortrag durch Studierende 2 9 Diskurse in der Grundschulpädagogik Vortrag durch Studierende 2 10 Diskurse in der Sozialpädagogik Vortrag durch Studierende 2 11 Diskurse in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik Vortrag durch Studierende 2 12 Diskurse in der Heil- und Sonderpädagogik Vortrag durch Studierende 2 13 Extrakt: Erziehungswissenschaftliche Teildisziplinen im Vergleich Lehrgespräch 2 14 Abschlussdiskurs – Formulierung von Hypothesen Diskurs 2 4 Methodische Anlage: Der Themenschwerpunkt eins hat einführenden Charakter. Er stellt das Seminar in den Kontext der aktuellen Diskussion. In den Themenschwerpunkten 2 bis 4 werden die gesellschaftlichen Referenzprozesse als wissenschaftliche Diskurse und empirische Praxis vorgestellt und erörtert, wie und warum sie die Fragestellung der Inklusion hervorbringen. Die philosophisch-soziologische Reflexion auf diese Diskurse wird sodann in den Texten von Habermas und Luhmann gespiegelt mit Blick auf die von den Autoren präferierte Vorstellung von Problemlösung. Die Themenschwerpunkte 6 und 7 stellen bedenkenswerte Relationierungen her, die vor möglichen Denk-Kurzschlüssen bewahren können. Die Themenschwerpunkte 8 bis 12 nehmen sich dann zentral des Inklusionsdiskurses in den Erziehungswissenschaften an. Hier gilt es herauszuarbeiten, welche Konzepte von Inklusion und Exklusion warum präferiert werden und wie diese an die erziehungswissenschaftliche Theoriebildung rückangebunden werden. Die Arbeit in den Themenbereichen 13 und 14 dienen der weiteren Theoriebildung. Erwerbbare Kompetenzen: Fachkompetenzen Studierende Sozialkompetenzen Studierende Selbstkompetenzen Studierende greifen auf Wissensbestände im Themenfeld Soziale Ungleichheit, Pluralisierung, Individualisierung, Armut und Parallelwelten zurück und können diese referieren, beurteilen darauf bezogene theoretische Konzepte und Ansätze im Hinblick auf ihre Nutzbarkeit für den pädagogischen Diskurs, greifen auf Wissensbestände im Themenfeld erziehungswissenschaftliche Inklusionsforschung zurück und können diese reproduzieren und kritisch kommentieren, identifizieren Problemzonen bzw. Widersprüche des Diskurses, sind befähigt, am wissenschaftlichen Diskurs teilzunehmen, generieren neue Fragestellungen im Feld. wirken in Diskussionen über Inklusion und Exklusion argumentativ und zielführend mit, tragen bei zur Vertretung sozialer Interessen, können am gesellschaftlichen Diskurs über Teilhabe differenziert teilnehmen. reflektieren über ihre Bezugsnormen beim Beobachten und können das diesbezügliche Selbstbild kritisch präsentieren, können Maßstäbe beim Urteilen relativieren, vergewissern sich über Fragen ihres Handelns und können Nebenwirkungen einschätzen. 5 Sinnvolle Kombinationen dieses Teilmoduls mit anderen Teilmodulen zu einem Gesamtmodul 6: Teilmodul 6.1 6.2 Heterogenität Weiteren Modulen des Studiengang Insbesondere den erziehungswissenschaftlichen Diskursen II 6.4 Soziale Ungleichheit und mit 6.3 Gender Empfohlene Literatur: Amrhein, Bettina (2011): Inklusion in der Sekundarstufe: Eine empirische Analyse. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, Julius. Balz, Hans-Jürgen; Benz, Benjamin; Kuhlmann, Carola (Hrsg.) (2012): Soziale Inklusion als Grundlage Sozialer Arbeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften Bertschi, Stefan (2010): Im Dazwischen von Individuum und Gesellschaft. Topologie eines blinden Flecks der Soziologie. Bielefeld: transcript-verlag. Bosch, Aida 2010): Konsum und Exklusion. Eine Kultursoziologie der Dinge. Bielefeld: transcript-verlag. Bourdieu, Pierre; Passeron, Jean-Claude (1971): Die Illusion der Chancengleichheit. Untersuchungen zur Soziologie des Bildungswesens am Beispiel Frankreichs. Stuttgart. Ernst Klett Verlag. Bude, Heinz, Willisch (Hrsg.) (2006): Das Problem der Exklusion. Ausgegrenzte, Entbehrliche, Überflüssige. Hamburg: Hamburger Edition HIS Verlagsgesellschaft. Bude, Heinz, Willisch (Hrsg.) (2008): Exklusion. Die Debatte über die „Überflüssigen“. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): (2008): Lebenslagen in Deutschland. 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