Embryonen, wissenschaftliche Forschung und

Werbung
DE
EUROPÄISCHES PARLAMENT
Generaldirektion Wissenschaft - Direktion A
STOA – Technikfolgenabschätzung
Themenpapier Nr. 14/2001
EP Nr. 303.112
Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische
Gesetzgebung
Zusammenfassung
können, schien die Möglichkeit von Forschungen, die
eine Entnahme dieser Zellen ermöglichen und die dank
der Technik des Klonens sogar Probleme bei
Transplantationen überwinden könnten, immens.
Trotzdem entdeckte die Wissenschaftsgemeinschaft
1998,
dass
adulte
Stammzellen
dieselben
bemerkenswerten Eigenschaften aufweisen. Daraufhin
entstand erneut eine Debatte über die Notwendigkeit,
Forschungen
an
allen
menschlichen
Zelltypen
durchzuführen. Man darf jedoch nicht vergessen, dass
im Bereich der Forschung die Wissenschaftler zwar
genau wissen, welchen Ausgangspunkt ihre Forschung
hat, sie jedoch nie mit Sicherheit sagen können, ob
diese Forschung auch zum gewünschten Ergebnis führt.
andererseits ist es problematisch, eine Möglichkeit, die
zu neuen Behandlungsmethoden führen könnte, nicht
auszuschöpfen.
Gesetzt der Fall, die Forschung an Embryonen wäre
erlaubt, wirft dies weitere nicht unbedeutende Fragen
auf: Bis zu welchem Entwicklungsstadium dürften
Embryonen
verwendet
werden?
Welche
Art
experimenteller Forschung dürfte betrieben werden und
unter welchen Bedingungen?
Wäre es wirklich ethisch vertretbar, Embryonen nur zu
Forschungszwecken zu erzeugen oder könnten wir uns
darauf beschränken, nur überzählige Embryonen zu
verwenden, die nicht aus einem Kinderwunsch heraus
entstanden sind und ohnehin vernichtet werden? In
Ermangelung einer internationalen Gesetzgebung hat
jedes Land versucht, diese Fragen im Einklang mit seiner
Kultur, seiner Religion, seiner Geschichte und seinen
Ambitionen zu beantworten.
Dieses Arbeitspapier behandelt die Thematik nicht
erschöpfend, sondern bietet vielmehr einen
Gesamtüberblick über die verschiedenen Positionen,
die derzeit im Bereich der Embryonenforschung auf
internationaler Ebene und auf der Ebene der
Mitgliedstaaten vertreten werden. Außerdem zeigt es
die offizielle Haltung der Vertreter der großen
Religionsgemeinschaften auf.
Auch wird zu Vergleichszwecken ein kurzer Überblick
über die Situation in den Vereinigten Staaten
gegeben.
Einleitung
Zwar
verurteilt
die
gesamte
internationale
Gemeinschaft
geschlossen
das
sogenannte
reproduktive Klonen (mit anderen Worten die
Herstellung menschlicher Klone, die zur Zeit vom
wissenschaftlichen Standpunkt aus ein völliges
Desaster wäre), die Meinungen im Hinblick auf die
Genehmigung bzw. das Verbot der Forschung an
menschlichen Embryonen gehen jedoch in den
verschiedenen Ländern weit auseinander. Die Risiken
in Verbindung mit solchen Experimenten sind einerseits
beängstigend (Gefahr der Eugenik, Versachlichung des
Embryos), andererseits werden immense Hoffnungen
in die Möglichkeiten dieser Art von Forschungsarbeit
gesetzt, insbesondere eine signifikante Verbesserung
der Methoden in den Bereichen künstliche Befruchtung
und medizinisch unterstützte Fortpflanzung sowie die
Nutzung des therapeutischen Klonens für die
Neubildung von Organen.
Diese Debatte wird weit über wissenschaftliche und
juristische Fachkreise hinaus geführt, da sie den Sinn,
den wir im menschlichen Leben sehen, in Frage stellt.
Nun steht aber nahezu fest, dass Versuche an
menschlichen Embryonen notwendig wären, wenn wir
die Methoden künstlicher Befruchtung verbessern
wollten, denn es ist schwierig, sich ausschließlich auf
wissenschaftliche Daten zu stützen, die von anderen
Lebewesen stammen. Die Embryonal- oder Stammzellen
(stem cells) könnten zudem für die Entwicklung neuer
Therapieformen oder zur Erprobung neuer Medikamente
von Nutzen sein.
In Bezug auf das therapeutische Klonen ist die Situation
komplexer. Nach dem Aufruhr, den 1997 die Geburt von
Dolly verursacht hatte, und der Entdeckung, dass sich
aus embryonalen Stammzellen alle Zelltypen entwickeln
1. – Beschränkungen auf internationaler
Ebene
1.1 – Erklärungen der UNESCO
Auf internationaler Ebene hat die Organisation der
Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur
und Kommunikation (UNESCO) 1996 offiziell die
Allgemeine Erklärung über das menschliche Genom
und
die
Menschenrechte
(UNESCO,
1998)
verabschiedet.
Die
Erklärung
erwähnt
den
menschlichen Embryo nicht ausdrücklich. Sie enthält
zahlreiche Artikel, in denen die Notwendigkeit betont
wird, in der Genforschung die Menschenwürde zu
respektieren. Die Frage, ob diese Konvention auch den
Themenpapier Nr. 14/2001
1
PE Nr. 303.112 - Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische Gesetzgebung
menschlichen Embryo anzuwenden ist, wird als solche
nicht behandelt. Artikel 11 geht jedoch auf die
Möglichkeit des Klonens von Menschen ein: "Praktiken,
die der Menschenwürde widersprechen, wie das
Klonen von Menschen zu reproduktiven Zwecken, sind
nicht erlaubt."
1999 wurde auf der 30. Sitzung der UNESCOGeneralkonferenz eine Reihe von Leitlinien für die
Umsetzung der Allgemeinen Erklärung über das
menschliche
Genom
und
die
Menschenrechte
veröffentlicht. Aus den Begleittexten zu dieser Erklärung
geht hervor, dass über die Ergebnisse 2002 Bilanz
gezogen wird.
1.2 – Resolutionen der WHO
Auf
der
50.
Weltgesundheitsversammlung
verabschiedete die WHO die Resolution WHA50.37, in
der die Generaldirektion aufgefordert wird, mögliche
Anwendungen des Klonens im Gesundheitsbereich und
deren ethische, wissenschaftliche und soziale Folgen
abzuklären. "Der Haupteinwand gegen die Nutzung des
Klonens von Menschen ist die Tatsache, dass ein solches
Vorgehen im Widerspruch zur Würde des Menschen
steht, dessen Einzigartigkeit und Nichtdeterminiertheit
durch das Klonen verletzt würden" (WHO, 1998).
Auf den nachfolgenden Versammlungen wurde diese
Position bestätigt und das Thema steht auch bei der
54. Versammlung wieder auf der Tagesordnung.
(Siehe
Dokumente
der
51.,
52.
und
53.
Weltgesundheitsversammlung.)
1.3 – Europarat
Auf der Ebene des Europarats wird in dem äußerst
umstrittenen Artikel 18 der am 4. April 1997 in Oviedo
unterzeichneten Konvention über Menschenrechte und
Biomedizin (Bioethik-Konvention) bekräftigt, dass
"soweit das Recht Forschung an Embryonen in vitro
zulässt, es einen angemessenen Schutz des Embryos
gewährleistet". Diese Konvention ist das erste
internationale
Rechtsinstrument
mit
bindendem
Charakter, denn sie fordert die Gewährleistung eines
ausreichenden und angemessenen Schutzes für den
Embryo und untersagt ausdrücklich die Erzeugung
menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken sowie
jede Form der Diskriminierung eines Menschen aufgrund
seines genetischen Erbes.
Bisher wurde der Vertrag nur von drei Mitgliedstaaten
ratifiziert und ist noch immer nicht in Kraft getreten.
1.4 – Europäische Union
Trotz der unterschiedlichen Standpunkte zum ethischen
Stellenwert des Embryos und seinem rechtlichen Schutz
im Zusammenhang mit der Forschung, die in den
Gesetzgebungen der europäischen Länder zum Ausdruck
kommen, wurden gemeinsame Grenzen geschaffen. Die
Stellungnahmen der Europäischen Gruppe zu Fragen der
Ethik in den Wissenschaften und den neuen
Technologien (EGE) von November 1998 und November
2000 besagen, dass es zwar Sache eines jeden Landes
ist, die Forschung an menschlichen Embryonen zu
genehmigen oder zu verbieten, die Einführung eines
angemessenen Embryonenschutzes auf nationaler Ebene
jedoch ebenfalls notwendig ist. Dieser Schutz muss
folgende Kriterien erfüllen:
- Die maximal zulässige Frist für die Verwendung von
Embryonen in der Forschung beträgt 14 Tage nach der
Befruchtung des Embryos, außer bei Tiefgefrierung.
- Es ist aufgrund der Risiken inakzeptabel, einen Embryo
in die Gebärmutter einzupflanzen, der zuvor zu
Forschungszwecken verwendet wurde.
- Es muss unbedingt die aus freien Stücken und nach
vorheriger Information erteilte Einwilligung der Person
eingeholt werden, die biologisches Material zur
Herstellung eines Embryos gespendet hat. Die
Meinungsgruppe
zum
Thema
Gewebebanken
(21.07.1998) vertritt die Ansicht , dass auch bei
Forschungen an Stammzellen die aus freien Stücken und
nach vorheriger Information erfolgte Einwilligung des
Empfängers erforderlich ist.
- Es ist verboten, Hybride aus Menschen und Tieren zu
erzeugen und genetische Veränderungen an normalen
Embryonen
vorzunehmen,
die
sich
im
Präimplantationsstadium befinden.
Es
ist
verfrüht,
Embryonen
zu
reinen
Forschungszwecken zu erzeugen, da zur Zeit mit den
überzähligen Embryonen (spare embryos) eine
alternative Quelle zur Verfügung steht.
- Aufgrund des derzeitigen Wissensstandes ist es zum
jetzigen Zeitpunkt verfrüht, Embryonen durch den
Transfer von somatischen Zellkernen (Dolly-Prinzip) für
die Forschung zu therapeutischen Zwecken zu erzeugen.
- Es muss gewährleistet sein, dass die Nachfrage nach
Embryonen und gespendeten Eizellen nicht zu einer
Bürde für die Frauen wird, insbesondere für solche
Frauen, die sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung
unterziehen.
- Es muss gewährleistet sein, dass Personen, die an
klinischen Versuchen beteiligt sind, sowie Spender
geschützt werden.
- Es ist zu gewährleisten, dass der Handel mit
Embryonen, Gewebe toter Feten und Stammzellen
verboten ist.
- Es ist zu gewährleisten, dass eine wissenschaftliche
Kontrolle der Verwendung von Stammzellen sowie eine
strenge
Überwachung
der
Lagerung
und
Rückverfolgbarkeit dieser Produkte erfolgt.
Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 6. Juli 1998 über den Rechtsschutz
biotechnologischer Erfindungen, die in Artikel 6 Absatz 2
Punkt c) festlegt, dass ".....unter anderem als nicht
patentierbar gelten... die Verwendung von menschlichen
Embryonen zu industriellen oder kommerziellen
Zwecken... ".
2 – Nationale
Mitgliedstaaten
Gesetzgebungen
der
2.1 – Irland
Die Situation in Irland ist innerhalb der Europäischen
Union einzigartig. Die Forschung an Embryonen ist durch
die in der Verfassung im Rahmen der 8.
Verfassungsänderung
verankerten
Bestimmungen
implizit verboten. Die Verfassung gesteht dem
"Ungeborenen" das Recht auf Leben zu und setzt dieses
dem Recht auf Leben der Mutter gleich. Irland gehört zu
Themenpapier Nr. 14/2001
2
PE Nr. 303.112 - Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische Gesetzgebung
den fünf EU-Staaten (Irland, Österreich, Deutschland,
Belgien, Großbritannien), die die bereits angesprochene
Konvention über Menschenrechte und Biomedizin nicht
unterzeichnet haben.
2.2 – Österreich
In Österreich ist der Bereich der Embryonenforschung
durch das Gesetz über die Fortpflanzungsmedizin von
1992 geregelt. Der Embryo als solcher wird nicht
definiert, verwendet wird jedoch der Begriff
"entwicklungsfähige Zellen", mit dem die befruchteten
Eizellen und die Zellen, die sich daraus entwickeln,
bezeichnet werden.
Die Forschung an menschlichen Embryonen ist durch
die Gesetzgebung streng eingegrenzt. Das Gesetz
basiert auf dem Grundsatz, dass Reproduktionsmedizin
nur in einer Ehe oder einer stabilen heterosexuellen
Beziehung zu Zwecken der Fortpflanzung zulässig ist
(Bernat, 1996). Das Gesetz schreibt vor, dass
Embryonen nur zur Implantation bei der Frau genutzt
werden können, von der die Eizellen stammen, und
dass keine anderen Verwendungszwecke zulässig sind.
Die Anzahl der Eizellen, die befruchtet werden dürfen,
wird ebenfalls eingeschränkt. Nur Eizellen, die zur
Einpflanzung geeignet sind, dürfen auch befruchtet
werden. Das Spenden von Einzellen oder Sperma ist
ausdrücklich verboten. Das Gesetz erlaubt die
Lagerung von Embryonen bis zu einem Jahr, nach
Ablauf dieses Zeitraums müssen sie vernichtet werden.
Österreich gehört zu den fünf EU-Staaten, die sich
weigern, die Konvention über Menschenrechte und
Biomedizin zu unterzeichnen.
2.3 – Deutschland
1992
wurde
in
Deutschland
das
Embryonenschutzgesetz verabschiedet, eines der
derzeit restriktivsten Gesetze im Bereich der
Embryonenforschung.
Die deutsche Gesetzgebung definiert den Embryo als
"eine befruchtete entwicklungsfähige menschliche
Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an".
Das Verbot der Embryonenforschung stellt eine der
Grundlagen des Gesetzes vom 13. Dezember 1990 dar:
- Die Artikel 1-1-2 und 1-2 untersagen die künstliche
Befruchtung einer Eizelle zu einem anderen Zweck als
einer Schwangerschaft:
- Artikel 2-2 beinhaltet die Sanktionen gegen jeden,
der künstlich bewirkt, dass ein Embryo in vitro
entwickelt
wird,
ohne
eine
Schwangerschaft
herbeiführen zu wollen.
- Artikel 1-1-6 stellt die Entnahme eines Embryos
unter Strafe, wenn diese nicht dem Zweck seiner
Erhaltung dient.
In allen diesen Fällen wird ein Verstoß mit einer Geldoder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet, auch
der Versuch ist strafbar. Das Gesetz untersagt jegliche
Forschung an vorhandenen Embryonen.
Gemäß Artikel 2-1 wird jeder, der "einen menschlichen
Embryo zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden
Zweck verwendet" bestraft. Das Strafmaß ist dasselbe
wie in den weiter oben genannten Fällen.
Das Gesetz verbietet das Klonen von Menschen, was in
Artikel 6 folgendermaßen formuliert ist: "1. Wer
künstlich bewirkt, dass ein menschlicher Embryo mit
der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo,
ein Fetus, ein Mensch oder ein Verstorbener entsteht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft.
2. Ebenso wird bestraft, wer einen in Absatz 1
bezeichneten Embryo auf eine Frau überträgt.
3. Der Versuch ist strafbar."
Artikel 7 stellt die Bildung von Hybriden und Chimären
unter
Strafe.
Das
Strafmaß
entspricht
der
Strafandrohung für das Klonen.
Deutschland lehnt die Unterzeichnung der Konvention
über Menschenrechte und Biomedizin ab. Zahlreiche
politische, religiöse und ökologische Interessengruppen
sowie Behindertenverbände halten sie für nicht
ausreichend restriktiv. Sie befürchten, wie der
katholische Sozialdemokrat Robert Antretter formuliert,
"ein Wiederaufkeimen der Missachtung des Lebens, wie
sie während der Nazizeit praktiziert wurde".
Diese Gruppen verurteilen die in der Konvention
enthaltenen Bestimmungen, die unter bestimmten
Bedingungen Forschungen an Menschen zulassen, die
nicht in der Lage sind, ihre Einwilligung zu erteilen (in
erster Linie Kinder und bestimmte behinderte
Menschen).
2.4 – Finnland
In Finnland trat das Gesetz über die medizinische
Forschung im April 1999 in Kraft. Diese Gesetzgebung
findet auf die Embryonenforschung Anwendung und
definiert den Embryo als "eine durch Befruchtung
entstandene lebende Zellgruppe, die nicht in den
Körper einer Frau eingepflanzt ist". Das Gesetz weist
ausdrücklich darauf hin, dass die Forschung die
Unantastbarkeit der Menschenwürde zu respektieren
hat.
Kapitel 3 des Gesetzes behandelt die Fragen im
Zusammenhang mit der Forschung an menschlichen
Embryonen.
Die Forschung in diesem Bereich kann nur durch
Einrichtungen durchgeführt werden, die eine
entsprechende Genehmigung der staatlichen Behörde
für
medizinisch-rechtliche
Angelegenheiten
(terveydenhuollon oikeusturvakeskus) erhalten haben.
Das Gesetz legt für die Embryonenforschung eine Frist
von 14 Tagen fest. Paragraph 12 fordert eine
Einverständniserklärung.
Für die Embryonenforschung ist die schriftliche
Einwilligung der Erzeuger notwendig. Wird die
Einwilligung
zu
einem
späteren
Zeitpunkt
zurückgezogen, dürfen die Forschungen nicht
weitergeführt werden. Paragraph 13 des Gesetzes
besagt, dass die Erzeugung von Embryonen zu reinen
Forschungszwecken verboten ist. Kein Embryo, der zur
Forschung verwendet wurde, darf danach in die
Gebärmutter eingepflanzt oder nach Ablauf der Frist
von 14 Tagen nach der Befruchtung am Leben
erhalten werden. Das Gesetz schreibt vor, dass die
Embryonen
nach
dem
Verfahren
der
Kryokonservierung bis zu 15 Jahren aufbewahrt
werden dürfen.
Die finnländische Gesetzgebung scheint die Möglichkeit
einer Forschung am Fetus in Erwägung zu ziehen,
jedoch nicht ohne die schriftliche Einwilligung der
schwangeren Frau (Paragraph 14).
Themenpapier Nr. 14/2001
3
PE Nr. 303.112 - Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische Gesetzgebung
Paragraph 15 untersagt ausdrücklich jede Forschung,
die einen Eingriff in die Keimbahn bezweckt, macht
jedoch eine Ausnahme bei Forschungen, die die
Behandlung oder Vorbeugung einer schweren
Erbkrankheit zum Ziel haben.
2.5 – Schweden
In Schweden wird die Embryonenforschung durch zwei
Gesetzestexte geregelt: das schwedische Gesetz von
1988 über die In-vitro-Fertilisation und das Gesetz von
1991 über die Maßnahmen bei Forschungen oder
Behandlungen
unter
Verwendung
befruchteter
menschlicher Eizellen. Das Gesetz von 1988 regelt die
Durchführung der assistierten Reproduktion.
Es erlaubt auch bestimmte Forschungen an
menschlichen Embryonen. Die Forschungen müssen
innerhalb von 14 Tagen nach der Befruchtung
durchgeführt werden und bedürfen der Einwilligung
der Erzeuger. Forschungen, deren Zweck eine
genetische Veränderung des Embryos ist, sind
verboten. Wenn die Forschungsarbeit am Embryo
abgeschlossen ist, muss der Embryo vernichtet
werden. Die Implantation von Embryos, die zu
Forschungszwecken verwendet wurden, in die
Gebärmutter,
ist
ausdrücklich
verboten.
Die
Gesetzgebung von 1991 beschäftigt sich mit der Frage
der Lagerung von Embryonen. Die Zeitdauer, während
der
ein
Embryo
nach
dem
Kyrokonservierungsverfahren aufbewahrt werden darf,
wurde durch eine Änderung des Gesetzes im Jahr 1998
von einem auf fünf Jahre erhöht.
2.6 – Dänemark
Das Gesetz Nr. 460 vom 10 Juni 1997 über die
künstliche Befruchtung, das am 1. Oktober 1997 in
Kraft trat, legt die Regeln für die medizinisch
unterstützte
Fortpflanzung
und
die
Embryonenforschung fest. Diese Bestimmungen
wurden durch eine Verordnung (vom 17. September
1997) und durch ein Rundschreiben (vom 30.
September 1997) der Gesundheitsbehörde an alle
Ärzte verdeutlicht.
Kapitel 7 des Gesetzes führt als allgemeinen Grundsatz
das Verbot der Forschung und Durchführung von
Versuchen ein, und zwar sowohl an der befruchteten
Eizelle als auch an Keimzellen, die für die künstliche
Befruchtung bestimmt sind. Weiter wird ausgeführt,
dass die Forschung nur dem Zweck dienen darf,
einerseits die Techniken der medizinisch unterstützten
Fortpflanzung
und
andererseits
die
Präimplantationsdiagnostik zu verbessern.
Geforscht werden darf weder an überzähligen
Embryonen, die maximal zwei Jahre aufbewahrt
werden, da die Verordnung das Spenden von
befruchteten Eizellen verbietet, noch an extra zu
Forschungszwecken erzeugten Embryonen. Das
dänische Parlament hat die Konvention des
Europarates über Menschenrechte und Biomedizin
ratifiziert, die "die Bildung von menschlichen
Embryonen zu Forschungszwecken" untersagt.
Geforscht werden darf demnach nur an Embryonen in
vitro vor deren Einpflanzung in die Gebärmutter oder
an Embryonen, die nicht mehr als 14 Tagen zuvor
entnommen wurden (Dauer der Kryokonservierung
nicht
eingeschlossen).
Die
so
entnommenen
Embryonen dürfen nur dann wieder eingepflanzt
werden, wenn sie bei den Forschungsarbeiten nicht
geschädigt worden sind. Alle Forschungsprojekte
müssen durch einen Ethikausschuss genehmigt
werden. Der Handel mit Embryonen ist streng
verboten, ein Import ist jedoch zulässig.
Das Gesetz untersagt ausdrücklich die Erzeugung von
menschlichen Klonen, Chimären und Hybriden.
Darüber
hinaus
verbietet
das
Gesetz
die
Reimplantation von genetisch veränderten Embryonen
sowie von Embryonen, bei denen das Risiko besteht,
sie könnten durch Forschungen geschädigt worden
sein.
2.7 – Belgien
Zwei Gesetzentwürfe werden derzeit untersucht.
Einer betrifft die "Forschung an Embryonen und
Keimzellen". Er wurde am 6.04.2001 beim belgischen
Senat eingereicht und liegt seit 26.04.2001 beim
staatlichen Sonderausschuss für bioethische Fragen.
Der zweite betrifft "den Schutz der Embryonen in vitro".
Er wird zur Zeit vom Senat geprüft.
Der zweite Gesetzentwurf sieht ein vollständiges Verbot
der Bildung von Embryonen zu Forschungszwecken vor.
Belgien gehört zu den fünf europäischen Ländern, die
sich gegen eine Unterzeichnung der Konvention über
Menschenrechte und Biomedizin ausgesprochen haben.
Die Verwendung von überzähligen Embryonen, die nicht
der Erfüllung eines Kinderwunsches dienen, wird jedoch
unter bestimmten Bedingungen erlaubt:
- Die Forschung ist von großem wissenschaftlichen oder
medizinischen Interesse
- Es gibt keine andere Lösung
- Die Forschung findet an einer universitären Einrichtung
statt.
- Für die Forschung haben sowohl der örtliche
Ethikausschuss
als
auch
der
beratende
Bioethikausschuss ihre Genehmigung erteilt.
- Wenn die Spender der Keimzellen ihre Einwilligung
erteilt haben.
- Wenn die Embryonen weniger als zwei Wochen alt
sind.
- Wenn die Embryonen nach Abschluss der
Forschungsarbeiten
zerstört
werden.
Diese
Forschungsarbeiten dürfen weder das Klonen von
Embryos, noch Handlungen zum Zwecke der Eugenik
zum Inhalt haben oder Erwerbszwecken bzw. anderen
Formen der Kommerzialisierung des Embryos dienen.
2.8 – Luxemburg
Erst vor kurzem wurde ein Gesetzentwurf unter dem
Namen 4567 vorgelegt, mit dem eine Regelung für "die
medizinisch unterstützte Fortpflanzung, das heißt die
klinischen und biologischen Praktiken, die eine In-vitroFertilisation, die Einpflanzung von Embryonen und die
künstliche Befruchtung im Mutterleib ermöglichen sowie
jede andere Technik, die denselben Zweck erfüllt und
die Fortpflanzung auf einem anderen als dem
natürlichen Weg ermöglicht" geschaffen werden soll.
Der Gesetzentwurf besagt, dass die Zeugung von
Embryonen zu kommerziellen oder industriellen Zwecken
sowie zu Studien-, Forschungs- oder Versuchszwecken
untersagt ist. Die Verwendung der überzähligen
Themenpapier Nr. 14/2001
4
PE Nr. 303.112 - Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische Gesetzgebung
Embryonen ist mit schriftlicher Einwilligung der Eltern
möglich. Die Studien müssen jedoch medizinischen
Zwecken dienen, dürfen den Embryo nicht schädigen
und bedürfen der Genehmigung durch die "staatliche
Kommission für Medizin und Reproduktionsbiologie". Der
Handel mit Embryonen ist verboten.
2.9 – Griechenland
In Griechenland ist die Embryonenforschung nicht
ausdrücklich gesetzlich geregelt. Vorschriften in dieser
Frage ergehen jedoch durch die allgemeine
Gesundheitsbehörde (Dalla-Vorgia, 1996). 1988
veröffentlichte diese Behörde eine Erklärung, die
praktische Leitlinien für die medizinisch unterstützte
Fortpflanzung aufstellte. Die Embryonenforschung ist
in Griechenland zulässig. Sie kann bis 14 Tage nach
der Befruchtung durchgeführt werden. Für die
Forschung sind die Einwilligung der Erzeuger und die
Genehmigung des verantwortlichen Ethikausschusses
erforderlich. Die Embryonen können für maximal ein
Jahr im Kryokonservierungsverfahren aufbewahrt
werden.
Die
Erklärung
der
allgemeinen
Gesundheitsbehörde empfiehlt, dass überzählige
Embryonen nicht vernichtet, sondern gelagert werden.
sowohl die Lagerung als auch das Spenden von
Embryonen bedürfen einer nach Information erteilten
Einwilligung der Erzeuger vor dem Verfahren der Invitro-Fertilisation. Die Erklärung untersagt ausdrücklich
das Klonen.
Griechenland ist einer der drei EU-Staaten, die die
Konvention über Menschenrechte und Biomedizin
unterzeichnet und ratifiziert haben.
2.10 – Italien
Es gibt keine definitiv geltende spezielle Gesetzgebung
zur Embryonenforschung. Das Thema wird jedoch im
Rahmen der Gesetzgebung zur medizinisch unterstützten
Befruchtung untersucht. Eine ganze Reihe von
Gesetzesvorschlägen wurden eingereicht, darunter das
Gesetz S.2433 "Embryonenschutz", das seit dem 21. Juni
2000 geprüft wird.
Wie dem auch sei, aufgrund des Fehlens gesetzlicher
Regelungen finden Empfehlungen des staatlichen
Bioethikausschusses Anwendung. Als mögliche Quelle
embryonaler Stammzellen dürfen ausschließlich die
überzähligen Embryonen verwendet werden, und zwar
ausschließlich zu Forschungszwecken. Außerdem wurde
die Regierung zur Einführung eines breitangelegten
Studienprogramm über die Potenziale der menschlichen
Stammzellen verpflichtet. Am 21. März 1997 gab die
Regierung bekannt, dass sie das Klonen von Menschen,
die Erzeugung von Hybriden und Chimären sowie den
Eingriff in die Keimbahnen (Geschlechtszellen) ablehnt.
2.11 – Frankreich
Die Bioethikgesetze vom 29. Juli 1994 sind noch in
Kraft. Normalerweise hätten sie 1999 überarbeitet
werden sollen, die Revision wurde jedoch auf 2001
verschoben. Die revidierten Gesetze werden aufgrund
der Rückverweisungen zwischen den beiden Kammern
des Parlaments bestenfalls im Jahr 2002 in Kraft
treten. Der Gesetzentwurf wird dem Ministerrat Ende
Mai oder Anfang Juni 2001 vorgelegt.
Zur Zeit ist die Forschung an menschlichen Embryonen
nur dann erlaubt, wenn sie einen direkten Vorteil für
den betreffenden Embryo bietet, um seine Chancen für
eine erfolgreiche Implantation zu erhöhen, oder wenn
sie durch die Weiterentwicklung der Kenntnisse über
Physiologie und Pathologie der menschlichen
Fortpflanzung zu einer Verbesserung der Techniken
der medizinisch unterstützten Fortpflanzung beiträgt.
Die Gesetzgebung schreibt eine Frist von sieben Tagen
für die Durchführung von Forschungsarbeiten am
Embryo vor und legt außerdem ein Zeitlimit von fünf
Jahren für die Kryokonservierung von Embryonen fest.
Das Gesetz zählt eine Reihe spezifischer Verbote im
Bereich der Embryonenforschung auf. Darunter fallen:
das Klonen, die Erzeugung von Hybriden oder
Chimären,
Ektogenese,
Parthenogenese,
Keimbahngentherapie, die Erzeugung von Embryonen
zu Forschungszwecken, eugenische Versuche.
Die
Revision
sieht
eine
Genehmigung
des
therapeutischen Klonens sowie die Verwendung
überzähliger Embryonen für die Arbeit an neuen
Behandlungsmethoden
auf
der
Grundlage
von
Stammzellen vor.
Geplant
ist
außerdem
die
Einrichtung
einer
übergeordneten Kontroll- und Überwachungsinstanz, die
für die Bereiche menschliche Fortpflanzung, Forschung
in der Entwicklungsbiologie und der prädiktiven Genetik
verantwortlich ist.
2.12 – Spanien
Das Gesetz 35/1988 vom 22. November 1988 über die
Techniken der assistierten Reproduktion untersagt die
künstliche Befruchtung zu anderen Zwecken als der
Reproduktion, verbietet jedoch nicht die Forschung an
Präembryonen.
Das
Gesetz
35/1988
unterscheidet
zwischen
Präembryo, Embryo und Fetus:
Der
"Präembryo"
(oder
Embryo
im
Präimplantationsstadium) definiert die befruchtete
Eizelle vor der Organbildungsphase, was den ersten 14
Tagen entspricht, die zwischen der Befruchtung und
der Einnistung in die Gebärmutter liegen.
- Der Begriff "Embryo" (oder Embryo nach der
Implantation in den Mutterleib) wird während der
Organbildungsphase
verwendet,
die
ungefähr
zweieinhalb Monate dauert und sich an das
präembryonale Stadium anschließt.
- Das Wort "Fetus" ist im darauffolgenden
Entwicklungsstadium anzuwenden.
Kapitel VI des Gesetzes über die Verstöße und
Strafbestimmungen
wurde
durch
das
Grundlagengesetz 10/1995 vom 23. November 1995
geändert. Durch Letzteres wurde außerdem in Band II
des Strafgesetzbuchs ein Abschnitt V mit dem Titel
"strafbare Handlungen im Zusammenhang mit
genetischen Manipulationen" eingefügt.
Ein zweites Gesetz, das Gesetz 42/1988 vom 28.
Dezember 1988 legt fest, unter welchen Bedingungen
das Spenden und die Verwendung von Embryonen
(also nach dem 14. Tag) sowie von Zellen, Gewebe
oder Organen dieser Embryonen möglich ist.
Themenpapier Nr. 14/2001
5
PE Nr. 303.112 - Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische Gesetzgebung
Das spanische Parlament hat die Konvention des
Europarats über Menschenrechte und Biomedizin
ratifiziert.
Beim Präembryo müssen unabhängig vom Zweck der
Forschung bestimmte Bedingungen erfüllt werden:
- Die Forschung an Präembryonen in vivo oder an
abgetriebenen Präembryonen ist verboten;
- Die Forschung ist verboten, wenn sie auch an Tieren
durchführbar ist;
- Die schriftliche Einwilligung der Eltern oder der
Spender muss eingeholt werden;
- die in vitro befruchtete Eizelle darf nicht länger als 14
Tage am Leben erhalten werden;
- die Forschung muss in zugelassenen Einrichtungen
durch qualifiziertes Personal und unter Kontrolle der
öffentlichen Gewalt erfolgen.
Je nachdem, ob der Präembryo lebensfähig, nicht
lebensfähig oder tot ist, können die Forschungszwecke
unterschiedlicher Natur sein.
Die Forschung an lebensfähigen Präembryonen muss
einen
diagnostischen,
therapeutischen
oder
präventiven Zweck erfüllen und darf das genetische
Erbgut, soweit es keine Anomalie aufweist, nicht
verändern.
Die Forschung an nicht lebensfähigen Embryonen ist
zu rein wissenschaftlichen, durch das Gesetz
festgelegten Zwecken zulässig.
Tote Präembryonen können zu wissenschaftlichen,
diagnostischen
oder
therapeutischen
Zwecken
verwendet werden, jedoch mit der Einschränkung,
dass sie nicht von Abtreibungen stammen dürfen.
Die Embryonen und Feten können, sofern sie tot oder
nicht
lebensfähig
sind,
zu
diagnostischen,
therapeutischen, pharmakologischen, klinischen oder
chirurgischen
sowie
zu
Untersuchungsund
Forschungszwecken
unter
genau
festgelegten
Bedingungen verwendet werden, die den Bedingungen
für Forschungen am Präembryo sehr ähnlich sind
(Einwilligung der biologischen Eltern oder des
Empfängers eines embryonalen Zell-, Gewebe- oder
Organtransplantats im Vorfeld und nach vorheriger
Information; es darf kein Erwerbszweck verfolgt
werden; der Embryo oder Fetus muss aus der
Unterbrechung einer Schwangerschaft stammen;
anerkanntes qualifiziertes medizinisches Team).
Das spanische Strafgesetzbuch untersagt das Klonen
von Menschen. In Artikel 161-2 heißt es: "wer
identische menschliche Wesen durch Klonen oder
durch andere eine Selektion der Rasse bezweckende
Verfahren" erzeugt, wird mit einer Freiheitsstrafe
zwischen einem und fünf Jahren, sowie mit einer
Suspendierung von seinen beruflichen Aktivitäten für
einen Zeitraum zwischen sechs und zehn Jahren
bestraft.
Die staatliche Kommission für medizinisch unterstützte
Fortpflanzung, die die Kontrollinstanz für das Gesetz
35/1988 ist, kritisiert in ihrem ersten Tätigkeitsbericht
(3(*)) 1998 diesen Artikel und schlägt vor, die
Zulassung des Klonens zu anderen Zwecken als der
Fortpflanzung zu erlauben.
Das Gesetz 35/1988 missbilligt die Erzeugung von
Chimären oder Hybriden und stellt sie unter Strafe.
2.13 – Portugal
In Portugal existiert ebenso wie in Italien keine
Gesetzgebung zu diesem Thema. 1997 erklärte jedoch
der staatliche Ethikrat für Biowissenschaften, dass das
Klonen menschlicher Wesen aufgrund der damit
verbundenen
Probleme
im
Hinblick
auf
die
Menschenwürde, das menschliche Gleichgewicht und das
Leben in der Gesellschaft ethisch nicht vertretbar sei und
verboten werden muss.
1998 wurde dem Parlament im Rahmen der
Gesetzgebung über die medizinisch unterstützte
Fortpflanzung ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt und
von auch gebilligt. Das Gesetz trat jedoch nicht in Kraft,
da der Staatspräsident von seinem Vetorecht Gebrauch
machte. Trotz alledem scheint die Embryonenforschung
aber weiterhin nicht durchführbar zu sein.
2.14 – Niederlande
Der Gesetzentwurf für ein Embryonengesetz vom
26.09.2000 besagt, dass die Verwendung von
Embryonen, die weniger als 15 Tage alt sind, zu
Forschungszwecken
möglich
ist,
wenn
diese
Forschungen die In-vitro-Fertilisation (IvF) oder andere
im Gesetz aufgeführte Bereiche betreffen. Benötigt wird
die aus freien Stücken und nach vorhergehender
Information erteilte, für einen bestimmtem Zeitraum
geltende und jederzeit widerrufbare Einwilligung des
Spenders der Gameten oder Embryonen. Spenden nach
dem Tod sind zulässig, wenn ein schriftlicher Nachweis
über die Zustimmung des Verstorbenen vorliegt.
Das Gesetz untersagt die Erzeugung von Embryonen zu
Forschungszwecken, außer in Fällen, in denen die
Forschung den Erwerb neuer Erkenntnisse auf dem
Gebiet der Unfruchtbarkeit, der Techniken für die
künstliche Befruchtung, angeborener Krankheiten oder
der Transplantationsmedizin zum Ziel hat.
Trotzdem wird der Verwendung überzähliger Embryonen
Vorrang eingeräumt. Auch der Fetus kann in einigen
Sonderfällen verwendet werden. Artikel 24 des
Gesetzestextes untersagt das Klonen, die Modifizierung
der Keimbahnen, die Entwicklung von Hybriden oder
Chimären über den 14. Tag hinaus und deren
Einpflanzung in eine Gebärmutter sowie die Implantation
eines menschlichen Embryos in Tiere oder umgekehrt.
2.15 – Großbritannien
Das 1992 geänderte Gesetz von 1990 über die
menschliche Befruchtung und Embryologie regelt die
medizinisch unterstützte Fortpflanzung und legt die
Bedingungen fest, unter denen die Forschung an
menschlichen
Embryonen
möglich
ist.
Diese
gesetzlichen Bestimmungen werden durch den
Ehrenkodex der Human Fertilisation and Embryology
Authority (HFEA) ergänzt, die für die Überwachung der
Einhaltung des Gesetzes von 1990 zuständig ist.
Diesem Gesetz zufolge regelt der Kodex, der zuerst
vom Gesundheitsminister und dann vom Parlament
genehmigt werden muss, die Vorgehensweisen des
Fachpersonals, das über eine Zulassung der HFEA
verfügen muss, bei der medizinischen Behandlung und
in der Forschung.
Das Gesetz untersagt jede Verwendung des Embryos
nach der Bildung des Primitivstreifens, dessen
Themenpapier Nr. 14/2001
6
PE Nr. 303.112 - Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische Gesetzgebung
Entstehung ab dem 14. Tag nach der Befruchtung als
definitiv
gilt,
wobei
jedoch
die
Zeit
der
Kryokonservierung nicht mit berücksichtigt wird.
Außerdem
bedürfen
laut
Gesetz
alle
Forschungsprojekte der Zustimmung der HFEA und der
Erzeuger, wobei diese Zustimmung für einen Zeitraum
von drei Jahren gilt.
Der Ehrenkodex der HFEA fordert, dass für die
Forschungsprojekte die Zustimmung eines örtlichen
Ethikausschusses eingeholt werden muss. Für
Einrichtungen des staatlichen Gesundheitswesen ist
der Ethikausschuss des Bezirks (district) zuständig,
während sich private Einrichtungen entweder an den
Ethikausschuss des Bezirks wenden oder ihren eigenen
Ausschuss bilden können, wobei im letztgenannten Fall
die durch den Kodex der HFEA aufgestellten
Vorschriften bezüglich der Unabhängigkeit eingehalten
werden müssen.
Das Gesetz erläutert außerdem die Zielsetzungen, auf
die die Forschung an Embryonen beschränkt bleiben
muss:
- Verbesserung der Techniken zur Behandlung von
Unfruchtbarkeit
- Verbesserung der Diagnostik von angeborenen
Krankheiten
- Verbesserung des Kenntnisstandes für die Ursachen
von Fehlgeburten
- Entwicklung effizienterer Befruchtungstechniken.
Die meisten der von der HFEA genehmigten Projekte
betreffen den ersten Punkt.
Das Gesetz sieht jedoch vor, dass durch eine spätere
Regelung eventuell weitere gesetzlich zulässige
Zwecke
hinzukommen
können.
In
ihrem
Tätigkeitsbericht für das Jahr 1999 schlägt die HFEA
dem Gesundheitsminister vor, die im Gesetz genannten
Forschungszwecke
um
die
Entwicklung
von
Behandlungsmethoden für Stoffwechselkrankheiten
sowie von Zell- oder Gewebstherapien zu ergänzen.
Ganz allgemein soll die Forschung dazu beitragen,
weitere Kenntnisse über Krankheiten zu gewinnen und
Fortschritte bei der Erzeugung und Entwicklung von
Embryonen zu erzielen, wobei die Genehmigung von
Forschungsarbeiten durch kein anderes Motiv zu
rechtfertigen ist.
Die Forschung kann sowohl an überzähligen, durch
ihre Erzeuger gespendeten Embryonen durchgeführt
werden, als auch an speziell zu diesem Zweck
hergestellten Embryonen. Ein Embryo, an dem
wissenschaftliche Forschungen durchgeführt wurden,
darf jedoch nicht wieder eingepflanzt werden.
Das derzeit geltende Gesetz untersagt lediglich die
Substitution des Zellkerns einer Embryonalzelle durch
einen Zellkern, der der Zelle eines Menschen oder
eines Embryos entnommen wurde. Sie erlaubt also das
Klonen durch den Transfer von Zellkernen, wenn der
Transfer vor der Befruchtung stattfindet, ebenso wie
das Klonen durch Spaltung. Die HFEA untersagt jedoch
deren Verwendung zu Zwecken der Fortpflanzung und
behält sich das Recht vor, Genehmigungen für
Forschungen an Embryonen zu erteilen, die durch
Spaltung entstanden sind.
Die HFEA ist der Ansicht, dass Klonen zu
therapeutischen
Zwecken
vielversprechende
Forschungsperspektiven bietet. Die britische Regierung
verkündete jedoch am 19. April ihre Entscheidung, das
Klonen menschlicher Wesen gesetzlich zu verbieten.
Artikel 3 und 4 des Gesetzes verbieten die Erzeugung
von Hybriden und Chimären.
3
–
Positionen
Religionsgemeinschaften
der
großen
Die Religionsgemeinschaften reagieren mehr oder
weniger dogmatisch auf die Fortschritte der
Wissenschaft. "Wenn ein Embryo eine Seele besitzt,
dann bedeutet das den Übergang vom biologischen zum
menschlichen Leben und jede Verletzung seiner
Unversehrtheit wird als Verbrechen betrachtet. Wenn er
nicht lebt, bleibt das Verbot zwar bestehen, der Verstoß
ist jedoch weniger schwerwiegend", fasst René
Frydman, französischer Genetiker und Autor von "Dieu,
la Médecine et l'Embryon" (Gott, die Medizin und der
Embryo) (Verlag Odile Jacob, Paris 1997) zusammen.
Die römisch-katholische Kirche ist die einzige, die "den
Embryo ab seiner Zeugung als Mensch anerkennt", und
folglich jede Forschung unter Verwendung von
Embryonen verurteilt.
Die Positionen der orthodoxen Christen ähnelt sehr stark
der Ansicht des Vatikans.
Für den Islam und das Judentum zählen hauptsächlich
der Respekt vor der Abstammung und der Zeitpunkt, an
dem der Embryo ein eigenes Leben erhält.
Basierend auf dem Koran einerseits und dem Talmud
andererseits, erhält der Embryo am 40. Tag und für
manche Moslems erst am 120. Tag eine Seele. Moslems
und Juden sind demnach im Allgemeinen der Ansicht,
dass bis zu diesem Zeitpunkt jegliche Forschungen
durchgeführt werden dürfen. Klonen ist bei Moslems
generell verboten, im Judentum jedoch nicht vollständig
ausgeschlossen. Die evangelischen Christen sind
allgemein offener gegenüber dem Fortschritt der
Genetik. Die reformierten Kirchen befürworten die
Embryonenforschung unter der Voraussetzung, dass sie
strengen Regeln unterliegt. Der Buddhismus betrachtet
nach Aussagen des Dalai Lama zu diesem Bereich die
gesamte Thematik neutral.
4 – Hinweis auf die Situation in den
Vereinigten Staaten
In den USA erregt die Kontroverse über Vorschriften
für die Forschung an menschlichen Embryonen seit
langem die Gemüter. Zwei unterschiedliche Ansätze
entwickelten sich parallel zueinander. Durch die
öffentliche
Hand
finanzierte
Forschungen
an
menschlichen Embryonen sind äußerst restriktiv
reglementiert. Im privatwirtschaftlichen Bereich
durchgeführte Forschungen unterliegen in den meisten
Fällen hingegen gar keinen Vorschriften (nur ein
Fünftel der Staaten verfügt über eine Gesetzgebung in
diesem Bereich). Die Debatte über Vorschriften für den
Bereich der Forschung dauert an.
5 – Schlussfolgerungen
Das größte Problem für das Europa der Zukunft wird der
Umgang mit den eigenen Widersprüchen und inneren
Themenpapier Nr. 14/2001
7
PE Nr. 303.112 - Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische Gesetzgebung
Spannungen sein, um ein Gleichgewicht zu finden und
internationale Glaubwürdigkeit zu erlangen. Die
Europäische Union mit ihren zahlreichen kulturellen
Unterschieden hat bereits begonnen, sich unter
Wahrung der Identität der einzelnen Mitgliedstaaten auf
gemeinsame Positionen zu einigen. Sie hat jedoch auch
die Pflicht, starken Einfluss auf die internationale
Gemeinschaft auszuüben, damit auf dieser Ebene eine
Harmonisierung der Vorschriften stattfindet, durch die
der Begriff des menschlichen Wesens, wie ihn die EU
definiert, bewahrt wird. So könnten einige Länder zu
Rückzugsgebieten für wenig rühmliche wissenschaftliche
Projekte werden und die Bemühungen der gesamten
Gemeinschaft zunichte machen. Zur Zeit versuchen
mindestens vier "Möchtegern-Kloner" den Mangel an
Harmonisierung der Vorschriften auf internationaler
Ebene auszunutzen. Es handelt sich hier um den
amerikanischen Physiker Richard Seed, den Guru einer
kanadischen Sekte mit Sitz in den USA, Raël, der über
ein geheimes Wissenschaftler-Team verfügen soll; den
weitaus ernster zu nehmenden Professor Zavos, ein
zypriotischer
Grieche
mit
amerikanischer
Staatsbürgerschaft,
ehemaliger
Professor
für
Fortpflanzungsphysiologie, der einem internationalen
privaten Konsortium angehört; sowie den italienischen
Fertilisationsspezialisten Antinori, der eine Technik
entwickelt hatte, um eine 63jährige Frau nach der
Menopause wieder fruchtbar zu machen. Wenn solche
skrupellosen Menschen ihre Ziele erreichten, wäre das
eine Katastrophe für das Ansehen der EU, das dadurch
starken Schaden erleiden würde (zwei dieser
Wissenschaftler sind Europäer), aber auch eine
Katastrophe vom medizinischen und wissenschaftlichen
Standpunkt aus.
Viele Forscher, wie beispielsweise Ian Wilmut vom Roslin
Institute in Edinburgh, der "Vater" des berühmten
Schafs Dolly oder der Genetiker Rudolf Jaenish vom
Massachusetts Institute of Technology verurteilen die
Verantwortungslosigkeit, menschliche Wesen klonen zu
wollen. Nach einer Schätzung des Mediziners Simon Best
wären ungefähr 1.000 schwangere Frauen notwendig,
um mit Erfolg einen lebensfähigen Klon herzustellen.
Denn zur Zeit weisen alle geklonten Tiere die
verschiedensten Missbildungen auf.
Vom geopolitischen Standpunkt aus und unter dem
Blickwinkel des zukunftsorientierten Handelns hat die EU
die Pflicht, auf der Höhe der Zeit zu bleiben und
gegenüber
technologischen,
wirtschaftlichen
und
gesellschaftlichen Entwicklungen, die im Pazifikraum
explosionsartige Geschwindigkeit annehmen und dabei
sind, die Kräfteverhältnisse zu verändern, glaubwürdig
zu bleiben. Australien und Japan sind beispielsweise auf
dem Gebiet der Forschung sehr aktiv.
Nur Europa scheint finanziell und intellektuell in der Lage
zu sein, diese Herausforderung im Hinblick auf den Block
USA/Kanada zu bewältigen. Die westliche Welt darf sich
nicht mehr nur anpassen, wie sie das zwei Jahrhunderte
lang getan hat. Sie ist vielmehr gezwungen, sich
angesichts der Komplexität der Herausforderungen des
neuen Jahrtausends zu verändern – Herausforderungen,
die sie selbst bewirkt hat.
Staat
Gesetz
Forschung
Frist
Österreich
Gesetz über die
Fortpflanzungsmedizin
Embryonenschutzgesetz,
1992
nein
/
1 Jahr
Definition des Embryos
zugunsten des Embryos
/
nein
Jede verbrauchende
Forschung verboten
ja,+ Genehmigung durch einen
Ethikausschuss
nein
14
Tage
/
2 Jahre + Einwilligung
nur an entnommenen
Embryonen
per Verfassung verboten
14
Tage
14
Tage
14
Tage
14
Tage
14
Tage
15 Jahre
ja
14
Tage
ja
Verwendung überzähliger
Embryonen
ja, mit Zulassung und
therapeutischer Zielsetzung
ja, mit Einwilligung
7 Tage
5 Jahre, jährliche
Erneuerung
5 Jahre
Überarbeitung des Gesetzes
für 2001 geplant
Klonen ist verboten, Definition
eines "Präembryos"
trotz allem keine Forschung
möglich
Erzeugung von Embryonen ist
möglich
Verbot des Klonens, Definition
des Embryos
Deutschland
Dänemark
Gesetz N460, 1997
Irland
8. Verfassungsänderung
Finnland
ja, mit Zulassung und Einwilligung
Belgien
Gesetz über medizinische
Forschung, 1999
Gesetz 1988:711 Gesetz
1991:115
2 Gesetzentwürfe
Luxemburg
Gesetzentwurf
ja, mit Einwilligung
Griechenland
Italien
Ethikausschuss
ja
Schweden
Eingereichter
Gesetzentwurf /
Ethikausschuss
Frankreich Bioethikgesetz 1994,94654
Gesetz über unterstützte
Spanien
Fortpflanzung, 1988
Portugal Veto des Präsidenten zum
Gesetzentwurf
Niederlande "Embryonen"-Gesetz vom
26.09.2000
Gesetz über die In-vitroGroßFertilisation, 1990
britannien
ja, mit Einwilligung
ja, mit Einwilligung
nein
ja, mit Einwilligung
ja, mit Einwilligung
14
Tage
/
14
Tage
14
Tage
Lagerung
/
5 Jahre
ja
ja
ja
/
unterschiedliche Dauer
je nach Einzelfall
5 Jahre oder 10 Jahre
bei Zustimmung
Anmerkungen
keine Erzeugung von
Embryonen
verboten sind alle genetischen
Veränderungen
Verwendung überzähliger
Embryonen
Embryo darf nicht geschädigt
werden
Verwendung überzähliger
Embryonen
Anhang: Übersicht über die Vorschriften im Bereich der Embryonenforschung in der Europäischen Union
Themenpapier Nr. 14/2001
8
PE Nr. 303.112 - Mai 2001
Embryonen, wissenschaftliche Forschung und europäische Gesetzgebung
Verfasser: Frédéric GAMALERI unter der Leitung von
Graham CHAMBERS, STOA
Die
im
vorliegenden
STOA-Themenpapier
geäußerten
Meinungen
entsprechen
nicht
zwangsläufig der offiziellen Haltung des
Europäischen Parlaments.
Direktion A
Abteilung Industrie,
Forschung, Energie Umwelt
und STOA
Europäisches Parlament
L-2929 LUXEMBURG
Fax: (352) 4300 27718
oder:
Rue Wiertz 60
B-1047 BRUXELLES
Fax: (+32) 2 2844980
Bibliografie
Abschlussbericht der STOA, Juli 2000 "Die ethischen
Auswirkungen der Forschung an menschlichen Embryonen"
Populärwissenschaftliche Zeitschrift EUREKA, März 2001
"L'embryon, le savent et la loi" (Embryo, Wissenschaftler und
Gesetz)
Presseschau der Zeitung "Libération" und der französischen
Presseagentur AFP im Internet
Dossier über die Genetik des "UNESCO-Kurier", September
1999
Websites der Parlamente aller Mitgliedstaaten der
Gemeinschaft und der europäischen und nationalen
Ethikkommissionen.
Unser Dank gilt
Marta Kirejczyk, Assistenzprofessorin
Dr. Paula Martinho Da Silva, europäische Gruppe zu
Fragen der Ethik
Dokumentar Jensen Steffen und Kollegen
Herrn Gordon Lake, Europäisches Parlament
Themenpapier Nr. 14/2001
9
Herunterladen