Stellungnahme des kfd-Präsidiums zu einigen ethischen Fragen der

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Stellungnahme des kfd-Präsidiums zu einigen ethischen Fragen der Bio- und
Repoduktionstechnologie
Das Präsidium der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) nimmt in
seiner Verantwortung für den größten katholischen Frauenverband Stellung zur
ethischen Bewertung der Präimplantationsdiagnostik, der In-Vitro-Fertilisation,
der Herstellung embryonaler Stammzellen und des therapeutischen und
reproduktivenKlonens, und bekräftigt damit die in den Leitlinien `99 der kfd
enthaltene Forderung:
"Die Entscheidungen über die Grenzen bio- und gentechnologischer Forschung
sowie der Entwicklung, Anwendung und Vermarktung ihrer Ergebnisse müssen
demokratisch und nach ethisch begründeten Kriterien erfolgen; gleichzeitig sind
wirksame Strukturen für die Kontrolle zu schaffen"
Fragen der Bio- und Reproduktionsmedizin, der Präimplantationsdiagnostik sowie
der Gewinnung von Stammzellen und des therapeutischen oder reproduktiven
Klonens berühren Grundfragen menschlichen Lebens. Damit werden große
Hoffnungen im Hinblick auf Behandlung und Prävention von Krankheiten geweckt
und zugleich Ängste davor ausgelöst, dass gentechnologische Forschung unser
Menschenbild, unsere sozialen Beziehungen und unsere Gesellschaft grundlegend
verändert. Die kfd ist verpflichtet, sich in die gesellschaftliche Debatte um diese
Fragen einzubringen: Frauen sind von reproduktionsmedizinischen Maßnahmen
gesundheitlich und seelisch anders betroffen als Männer. Das Lebens- und
Erfahrungswissen von Frauen muss in die ethische Bewertung der Bio- und
Gentechnologie und in die Erarbeitung rechtlicher Schutzstandards einfließen. Als
katholische Frauen berufen wir uns auf das biblische Menschenbild, wenn wir uns
zu ethischen Fragen äußern.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Deshalb lehnt die kfd es grundsätzlich ab,
Menschen nach ihrer Nützlichkeit, Einsatzfähigkeit oder Tauglichkeit zu bewerten.
Jede und jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (GG Art. 2)
und zwar in jeder Phase des Lebens.
Menschliches Leben beginnt mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle,
es entwickelt sich als Mensch, nicht zum Menschen. Das gilt sowohl für künstlich
gezeugte als auch für im Mutterleib heranwachsende Embryonen, die daher in
gleicher Weise geschützt werden müssen. Deswegen sind Selektionsmaßnahmen
durch Präimplantationsdiagnostik sowie die Fremdnutzung menschlicher Embryonen
zur Forschung, wie im Fall des therapeutischen Klonens, abzulehnen.
Das Präsidium der kfd spricht sich für die Beibehaltung des Verbots der
Präimplantationsdiagnostik (PID) aus und fordert die Bundesregierung auf, sich
dafür einzusetzen, dass dieses Verbot international durchgesetzt wird. Als besonders
gewichtige Gründe für das Verbot sind zu nennen: Der legitime Wunsch nach einem
Kind wird durch die Anwendung der PID auf den Wunsch nach einem gesunden Kind
verengt. Ziel der PID ist, künstlich gezeugte Embryonen auf genetisch bedingte
Merkmalsveränderungen zu untersuchen und im Zweifelsfall zu töten. Nicht die
Abwägung verschiedener moralischer Rechte im direkten Konflikt steht im
Vordergrund, sondern eine Entscheidung über menschliches Leben aufgrund von
"Gesundheits-" und "Krankheitsmerkmalen". Eine solche Qualifizierung menschlicher
Embryonen zieht unabsehbare Folgen für das Zusammenleben von behinderten und
nichtbehinderten Kindern und Erwachsenen nach sich. Die Ablehnung der PID steht
außerdem nicht in einem Wertungswiderspruch zur rechtlichen Regelung des
Schwangerschaftsabbruchs: Zu unterscheiden ist zwischen einer im Verlauf einer
Schwangerschaft unvorhersehbar eintretenden Konfliktsituation und einer vorsätzlich
herbeigeführten und von vornherein vorentschiedenen Handlungsalternative im
Labor. Darüber hinaus schalten sich bei Anwendung der PID Expertinnen und
Experten in die Entscheidung eines Paares bzw. einer Frau über das Kind ein, die
dabei ihre eigenen Wertungskriterien in den Entscheidungsprozess einbringen.
Voraussetzung für verschiedene reproduktionsmedizinische Verfahren wie die PID ist
die In-Vitro-Fertilisation (IVF). Bei der Diskussion um Verfahren der Bio- und
Reproduktionsmedizin gerät aus dem Blick, dass schon die IVF, wegen der
vorausgehenden hormonellen Stimulierung der Eierstöcke, für Frauen einerseits
schwere gesundheitliche Risiken in sich birgt und dass sie andererseits eine geringe
Erfolgsquote a ufweist, so dass die IVF ethisch fragwürdig ist. Viele Frauen richten
ihre Energien über Jahre auf die IVF-Zeugung eines Kindes aus. Dabei geraten
Alternativen zur biologischen Elternschaft aus dem Blick. Das Präsidium der kfd sieht
das Leid von Paaren, die sich ein leibliches Kind wünschen, die aber die Anlage zu
einer schweren Behinderung oder einer Erbkrankheit befürchten. Es setzt sich für
den Aufbau des bestmöglichen Beratungs- und Informationsangebots für diese
Paare ein, und zwar über die Möglichkeiten und Gefahren der künstlichen
Befruchtung, über andere Wege zur Erfüllung des Kinderwunsches (etwa durch
Adoption oder die Annahme von Pflegekindern) wie auch über Möglichkeiten und
Grenzen der Pränataldiagnostik. Dabei müssen neben reproduktionsmedizinischen
Fragen auch ethische, psychologische, soziale und rechtlichte Fragen besprochen
werden. Der Wunsch nach eigenen, gesunden Kindern ist kein Ziel, das den Einsatz
aller Mittel rechtfertigen kann. Schließlich ist zu bedenken, dass der individuelle
Kinderwunsch von Frauen in einem gesellschaftlichen Kontext entsteht, in dem der
Wert einer Frau nach wie vor über die biologische Mutterschaft mit definiert wird. Die
kfd möchte Frauen, die ungewollt kinderlos sind, ermutigen, den Sinn ihres Lebens
auch in anderen Bereichen zu suchen.
Das Präsidium der kfd stellt sich gegen eine weitgehende Medikalisierung der
Schwangerschaft. Intensive Untersuchungen an Ungeborenen prägen einen
vorwiegend medizinischen Umgang mit schwangeren Frauen und machen sie so
abhängig von den Erklärungen und Deutungen von Expertinnen oder Experten, die
Eltern bei ihrem Wunsch nach einem gesunden Kind zu beraten suchen. Die
Selbstverantwortung gerade von schwangeren Frauen ist weiter zu fördern und zu
unterstützen. So muss es zur Routine der vorgeburtlichen Diagnostik gehören, dass
Frauen entscheiden, welche Untersuchungen sie vornehmen lassen. Insbesondere
müssen schwangere Frauen vor den invasiven Untersuchungen
(Chorionzottenbiopsie, Amneozentese, Nabelschnurpunktion) über die
gesundheitlichen Risiken, die sie für das Kind eingehen, informiert werden und
hinsichtlich möglicher Konsequenzen aus den Untersuchungsergebnissen qualifiziert
beraten werden: Da es kaum Therapien an Ungeborenen gibt, wird bei vielen
Krankheitsdiagnosen Frauen der Abbruch der Schwangerschaft nahegelegt. Dies
kommt Eltern bzw. Frauen in ihrem Wunsch nach einem gesunden Kind entgegen
und bedeutet faktisch eine "Eugenik von unten".
Die kfd befürwortet medizinische Forschung, die darauf zielt, Krankheiten zu
heilen. Der Respekt vor der Menschenwürde setzt der Freiheit der Forschung
ethische Grenzen, die eines gesetzlichen Schutzes bedürfen. Die freiwillige und die
gesetzlich verpflichtende Respektierung dieser ethischen Grenze behindert die
Innovationskraft der Forschung unserer Auffassung nach nicht, da die Verlagerung
des forschenden Interesses auf andere Therapiefelder angeregt wird. Mit
Behauptungen, diese Forschung diene der Verbesserung des
Wirtschaftsstandortes Deutschland, dürfen keine politischen Entscheidungen
erzwungen werden, die ethische Grenzen überschreiten.
Weil die Würde des Menschen in jeder Phase des Lebens unantastbar ist, lehnt das
Präsidium der kfd die Herstellung embryonaler Stammzellen aus sogenannten
"überzähligen Embryonen" ab. Es fordert eindeutige rechtliche Regelungen, die auch
den Import von im Ausland gewonnenen embryonalen Stammzellen verbieten. Die
Erforschung adulter Stammzellen wird befürwortet. Auszuschließen ist jede
Lockerung des Embryonenschutzgesetzes, die verbrauchende Embryonenforschung
erlaubt sowie die Verwendung von Embryonen zuläßt, die nicht darauf ausgerichtet
ist, eine Schwangerschaft zu erzielen. Mit Entschiedenheit spricht sich die kfd gegen
therapeutisches und reproduktives Klonen aus.
Niemand darf zu Präimplantations- und Pränataldiagnostik oder zu Genanalysen vor
Abschluss eines Versicherungs- oder Arbeitsvertrages gezwungen werden. Das
Wissen um die genetische Disposition eines Menschen muss datenrechtlich
geschützt, es darf nicht wirtschaftlich ausgebeutet werden.
Die kfd stellt sich den Fragen, wie tatsächliches Leid, unvermeidbare Krankheit
und Behinderung individuell und gesellschaftlich besser akzeptiert werden
können. Jede Frau und jeder Mann hat ein Recht auf "gesundheitliche
Unvollkommenheit," weil es keine Garantie auf ein Leben ohne körperliche, seelische
oder geistige Einschränkungen geben kann. Es gehört zu den humanitären Pflichten
unserer Gesellschaft, dass sie Rahmenbedingungen schafft, die es Eltern
erleichtern, ein krankes oder behindertes Kind zu akzeptieren. Die dazu notwendigen
materiellen und sozialen Hilfen müssen rasch und unbürokratisch geleistet werden,
und behinderten Menschen ist Integration und gesellschaftliche Partizipation zu
ermöglichen. Wir dürfen unser Menschenbild nicht dahingehend verändern, dass wir
nur noch leistungsfähige Menschen ohne Beeinträchtigungen akzeptieren, weil
Menschen mit Beeinträchtigungen die Solidargemeinschaft zu viel kosten könnten.
Die Geburt eines behinderten Kindes darf nicht zur Frage der persönlichen Schuld
einer Frau oder eines Arztes/einer Ärztin gemacht werden. Das Arzthaftungsrecht ist
demzufolge zu verändern.
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