SOsteo 2/2012

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2/2012
P.b.b. 06Z037138M, Benachrichtigungspostamt 1070 Wien, ISSN 2223-0637
SPECTRUM OSTEOPOROSE
KONTINUIERLICHE FORTBILDUNG IM BEREICH DIAGNOSTIK UND THERAPIE DER OSTEOPOROSE
BEWEGUNGS-LEVEL
Die Effekte von „Disuse“
und Training
KNOCHEN-NOXEN
Schlechter Stil:
Alkohol und Rauchen
SONNEN-DILEMMA
Knochenschutz
versus Hautrisiko
Prim. Univ.-Prof.
Dr. Elisabeth Preisinger
Primärprävention
Osteoporose
und Lifestyle
Osteoklasten stoppen, bevor sie
den knochen abbauen 1,2
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Über 1a1tie. ntinnen
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PrOLIa - Starker
Frakturschutz im
gesamten Skelett
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Gelbe Box
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Starker FrakturSchutz
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Fachkurzinformation & Referenzen siehe Seite: 30
Mit dem Plus an kortikaler Wirksamkeit 3
EDITORIAL/VORWORT
Liebe Leserinnen und Leser!
O
steoporose stellt – abgesehen vom
gravierenden individuellen Leid bei
eingetretener Fraktur – mit den Kosten
für Behandlung, Pflege und Rehabilitation aufgrund der erwartbaren demografischen Entwicklung eine der größten Bedrohungen für die Gesundheitsbudgets
der Zukunft dar. Das Heil wäre wie bei
allen chronischen Erkrankungen mit großer sozioökonomischer Krankheitslast in
der Forcierung der Prävention zu suchen.
Dabei ist bei Osteoporose ein entscheidender und nach wie vor heiß diskutierter Punkt, wann mit einer „sekundärpräventiven“ medikamentösen Therapie
vernünftigerweise begonnen werden sollte, da die Vorhersage, welcher individuelle Patient mit Osteoporose-Kriterien eine Fraktur erleiden wird, nach wie vor
mit großen Unsicherheiten behaftet bis
unmöglich scheint. Im konstruktiven
Wettstreit um präzisere Entscheidungsalgorithmen auf Basis validierter Risikofak-
toren stehen wir mit neuen Online-Risikotools vielleicht an einem wichtigen
Wendepunkt. Ein immer umfangreicheres medikamentöses Armentarium stünde ja prinzipiell bereit und würde aufgrund unterschiedlicher Wirkansätze der
Substanzen schon heute eine individuelle Anpassung an unterschiedliche Therapie- und Patientensituationen ermöglichen.
Bleibt noch das große Potenzial der Primärprävention und damit der Verweis
auf den Focus der aktuellen Ausgabe von
„Spectrum Osteoporose“, den Einfluss
der Lebensweise auf den Knochen: eine
Botschaft, die nicht oft und laut genug
getrommelt werden kann – besonders im
Wissen um die nicht gerade berauschende Patientenresonanz zum Therapievorschlag „Lebensstiländerung“.
Für die Betreuung dieses Schwerpunktes
danke ich Prim. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth
Preisinger, die aus hochkompetenter Per-
Univ.-Prof.
Dr. Hans Peter Dimai
spektive der physikalischen Medizin seit
Jahren an vorderster Stelle für eine bessere Awareness und Aufklärung kämpft
– auch als (Mit-)Organisatorin und wissenschaftliche Leiterin von Fixpunkten
im Jahresablauf der osteologischen Weiterbildung wie etwa dem wissenschaftlichen Symposium im Rahmen des Wiener Osteoporosetags, einer im Übrigen
vorbildlich gelungenen Symbiose aus
Patientenveranstaltung und Ärztefortbildung.
Auch den weiteren Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe sei für die praxisbezogenen und hochkarätigen Artikel herzlich gedankt.
Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai
Herausgeber Spectrum Osteoporose
Lifestyle und Knochengesundheit
I
ch freue mich, Ihnen als thematischen
Schwerpunkt der aktuelle Ausgabe des
„Spectrum Osteoporose“ der Einfluss von
Lebensweise und Umfeld auf die Knochengesundheit und Frakturprävention
präsentieren zu dürfen.
Zum Aufbau und zur Erhaltung eines
gesunden Knochens tragen während
des gesamten Lebens körperliche Aktivität, Ernährung, Vitamin D und der Umgang mit Genussmitteln bei. Bei Senioren muss zudem das zunehmende
Sturzrisiko berücksichtigt werden. Insgesamt wird der Knochen als Stütze des
Bewegungsapparats, als Schutz für
wichtige Organe und als Stoffwechselor-
gan von vielen Faktoren beeinflusst.
Mechanisch fördert die Muskelarbeit
gegen die Schwerkraft der Erde in Abhängigkeit der Intensität die Knochenformation. An der Balance zwischen
Knochenabbau und Neubildung sind
ebenfalls das endokrine und metabolische System maßgeblich beteiligt. So
können Zigaretten, Drogen, eine Übermaß an Alkohol, Untergewicht und
weibliche Zyklusstörungen diese Balance negativ beeinflussen. Ein zu geringer
Eiweißkonsum, ein inaktiver Lebensstil
und ein Vitamin-D-Defizit erhöhen insbesondere bei Senioren das Sarkopenieund Sturzrisiko. Barrierefreiheit kann
Prim. Univ.-Prof. Dr.
Elisabeth Preisinger
bei hochgradigem Sturzrisiko dieses reduzieren.
Liebe Leserinnen, liebe Leser, in dieser
Ausgabe werden viele Faktoren angesprochen, die das Frakturrisiko neben
der medikamentösen Therapie stark beeinflussen. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und dass Sie einiges in
die Praxis mitnehmen können.
Mit herzlichen Grüßen
Elisabeth Preisinger
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
3
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Gabriele Jerlich, Verlagsleitung
MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH
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INHALT SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
Seite 3
Editorial
H. P. Dimai
Seite 3
Vorwort
E. Preisinger
FOCUS: OSTEOPOROSE
UND LIFESTYLE
Seite 6
Körperliche Aktivität und
Knochengesundheit
E. Preisinger
Seite 10
Barrierefreiheit und Frakturgefahr
K. Pils
Seite 13
Ernährung als Säule
eines osteoprotektiven Lebensstils
E. Zwettler
Seite 16
Alkohol und Rauchen
als Wegbereiter von Osteoporose
FOTO: SHUTTERSTOCK.COM/SOLARSEVEN
B. Köchl, G. Fischer
Körperliche Aktivität bis ins hohe Alter als tragende Säule der Knochengesundheit
Seite 18
Vitamin D: Sonnenexposition versus
Sonnenschutz
Seite 24
Auch Männer vor osteoporotischen
Frakturen schützen
A. Gruber-Wackernagel, P. Wolf
C. Uhlir
THERAPIE & DIAGNOSTIK
Seite 20
Stadiengerechte Therapie der Osteoporose
A. Zendeli
6
Seite 26
„Wir müssen das Armentarium
auch einsetzen“
Im Interview: P. Pietschmann, Redaktion: P. Lex
Seite 28
Pharma News
Seite 22
Frakturrisiko-Berechnung –
die Qual der Wahl
H. P. Dimai
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT
Herausgeber:
Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai
Wissenschaftliche Beiräte:
Univ.-Prof. Dr. Harald Dobnig
Prim. Univ.-Prof. Dr. Heinrich Resch
Univ.-Doz. Dr. Astrid Fahrleitner-Pammer
Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Wagner
Prim. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Preisinger
IMPRESSUM
Verlag und Medieninhaber: MedMedia Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, A-1070 Wien, Tel.: 01/407 31 11-0; E-Mail: [email protected]. Herausgeber: Univ.Prof. Dr. Hans Peter Dimai. Projektleitung: Verena Maria Kern. Redaktion/Lektorat: Peter Lex. Layout/DTP: Patrick Kloepfer. Coverfoto: Armin Plankensteiner. Print: „agensketterl“ Druckerei
GmbH, Mauerbach. Druckauflage: 9.770 im 1. Halbjahr 2012, geprüft von der Österreichischen Auflagenkontrolle. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift ist zum Einzelpreis von 9,50 Euro
plus Mwst. zu beziehen. Grundsätze und Ziele von SPECTRUM OSTEOPOROSE: Kontinuierliche Fortbildung im Bereich Diagnostik und Therapie der Osteoporose. Allgemeine Hinweise:
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des jeweiligen Autors wieder und fallen in den persönlichen Verantwortungsbereich des
Verfassers. Mit „Freies Thema“ gekennzeichnete Beiträge sind entgeltliche Einschaltungen gem. §26 Mediengesetz und fallen in den Verantwortungsbereich des jeweiligen Auftraggebers. Diese müssen nicht die Meinung von Herausgeber oder Redaktion wiedergeben. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen
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Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet
oder verbreitet werden.
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
5
FOCUS OSTEOPOROSE UND LIFESTYLE
Körperliche
Aktivität und
Knochengesundheit
Prim. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Preisinger
Institut für Physikalische Medizin und
Rehabilitation am Krankenhaus Hietzing mit
Neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wien
[email protected]
O
bwohl kaum sichtbar, bewirkt jede
Muskelkontraktion eine Verformung
des Knochens. Der Knochen wird in Abhängigkeit der Intensität einer einwirkenden Kraft elastisch und plastisch bis zur
Bruchgrenze verformt. Harold Frost hat
mit dem Mechanostat ein Modell beschrieben, welches den Einfluss der Knochenverformung auf das Knochenwachstum, das Modeling, beziehungsweise auf
die gekoppelte Knochenresorption und
Formation, das Remodeling, erklärt.
Mechanostat und
Mechanotransduktion
Der Knochen adaptiert ein Leben lang
seine mechanische Funktion, seine
Struktur und Festigkeit, an die alltäglichen mechanischen Anforderungen.
Zwischen dem Trainingszustand der
Muskeln und dem Knochen besteht ein
linearer Zusammenhang, der jedoch endokrinen und altersbedingten Einflüssen
unterliegt. Die Knochenverformung wird
in µStrain gemessen. Disuse, d. h. eine
Knochenverformung von nur wenigen
oder null µStrain in der so genannten tri-
6
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
vial loading zone, fördert beim Remodeling den Knochenabbau. Die Knochenresorption ist größer als die Formation.
Alltagsaktivitäten mit wiederholt effektiven Knochenverformungen zählen zur so
genannten physiologic loading zone und
erhalten beim Erwachsenen das Gleichgewicht zwischen Resorption und Formation in den Umbauzonen des Knochens, den basalen multizellulären Einheiten (BMUs). Regelmäßiges Training
mit Knochenverformungen, die über der
minimal effektiven liegen, fördert die
Knochenneubildung und wird der overload zone zugerechnet. Bei pathologisch
hoher Krafteinwirkung, in der so genannten pathologic overload zone, kommt es
zur Fraktur und zur Reparatur mit einem
nicht-stabilen Material, dem Geflechtknochen.
Auf zellulärer Ebene, der Mechano­
trans­duktion, kommt vor allem den Osteozyten eine Schlüsselrolle zu. Sie sind
die Mechanosensoren des Knochens,
repräsentieren 95 % der Skelettzellen
beim Erwachsenen und sind über so genannte gap junctions gut vernetzt. Die
Information über eine Knochenverformung erhält der Osteozyt durch Druckveränderungen in der ihn umspülenden
interstitiellen Flüssigkeit. Durch die Vernetzung mit Osteoblasten, Belegzellen,
Osteoklasten und den anderen Osteozyten besteht eine enge Kommunikation
auf chemischer und elektrischer Basis.
Durch die mechanische Stimulation wird
beispielsweise die Sclerostin-Ausschüttung der Osteozyten gehemmt und via
Wnt Signaling die Knochenformation angeregt. Sowohl die endostale als auch
die periostale Knochenformation erfolgen
durch Mechanotransduktion. Durch Vibrationen mit hoher Frequenz (> 30 Hz)
und kleiner Amplitude, durch axiale Gewichtsbelastung, durch dynamisches
Muskelkrafttraining, durch Vibrationen
mit niedriger Frequenz (< 30 Hz) und
hoher Amplitude, durch eine dynamische muskuläre Elektrostimulation oder
durch eine dynamische hydraulische Stimulation mit niedriger Amplitude und
2–3 Hz kann die Knochenformation erhöht werden.1, 2
Mit zunehmendem Alter verschlechtern
sich das Vernetzungssystem der Osteozy-
u Die Stütz- und Schutzfunktion des Skeletts ist die wichtigste mechanische Aufgabe des
­Knochens. Der Knochen adaptiert ein Leben lang seine mechanische Funktion, seine Struktur
und Festigkeit, an die alltäglichen mechanischen Anforderungen.
u Neben der Zunahme an Lebensjahren führt demnach auch ein mangelnder funktioneller
­Gebrauch des Knochens („Disuse“) zur Abnahme der Knochendichte und zu einer erhöhten
Fragilität. Trainingsformen, die regelmäßig eine hohe Knochenverformung bewirken, wie beispielsweise ein Training oder eine Sportart mit Sprüngen oder Gewichten, zeigen dementsprechend eine deutliche Zunahme der lagespezifischen Knochendichte. Derartige Trainingsformen
oder Sportarten festigen den Knochen präventiv.
u Im höheren Alter, bei größerem Sturzrisiko tragen Übungen zur Verbesserung der
Balance, der Reaktionsfähigkeit und Muskelstärke zur Frakturreduktion bei.
ten und damit die Sensitivität für chemische und physikalische Signale.
Immobilität und
Inaktivität (Disuse)
Die Knochenresorption und die wesentlich länger dauernde Knochenformation
laufen im Körper verteilt in so genanten
BMUs ab. Wird dieser als Remodeling
bezeichnete Prozess erhöht, wie beispielsweise bei Immobilisierung, so entsteht eine negative Knochenbalance. Die
Howship’schen Lakunen werden nicht
mehr ausreichend gefüllt. Der Grund dafür liegt nicht alleine im Fehlen der
Schwerkraft, sondern ist vor allem durch
die verminderte oder fehlende Muskelarbeit gegen die Schwerkraft zu suchen.
Dies erklärt auch den Verlust an Knochenmasse in den plegischen Extremitäten nach Schlaganfall, Querschnittläsionen, bei Langzeit-Bettruhe und bei Astronauten.
Durch eine Immobilisation, wie die
Langzeit-Bettruhe, wird nicht allein der
Knochen beeinflusst, sondern auch das
gesamte Herz-Kreislauf- und endokrine
System. Es entwickelt sich eine katabole
Stoffwechsellage mit allen pathophysiologischen Konsequenzen. Bei langer Liegedauer nimmt die Flüssigkeits- und
Elektrolytausscheidung über die Niere
zu. Bereits nach mehr als 2 Tagen Bettruhe beträgt der Plasmaverlust bis zu
10 % und kann bis zu 15 % weiter ansteigen. Die Blutviskosität, der Hämato-
krit, Fibrinogen und das Thromboserisiko
steigen an. Das linksventrikuläre enddiastolische Volumen, die orthostatische
Toleranz und die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) nehmen ab. Insgesamt verändert Immobilität, die fehlende
Bewegung gegen die Schwerkraft, den
Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt beziehungsweise deren Anpassungsfähigkeit an jeglichen Wechsel der Körperposition. Durch die fehlende Stimulation
des Gleichgewichtsorgans und der Propriozeptoren sowie durch die zunehmende Muskelatrophie kommt es zu einem
Verlust der Körperbalance. Die Betroffenen verlieren bis zu 4 % an Körpergewicht, vorwiegend an fettfreier Körpermasse, d. h. Muskelmasse. Nach 4-monatiger Immobilisierung kann die Muskulatur bereits teilweise degeneriert und
bindegewebig verändert sein. Die so genannten Antigravitationsmuskeln, wie
beispielsweise die Waden- und Schienbeinmuskulatur, sind davon besonders
betroffen. Auch psychische Veränderungen wie depressive Stimmungslage und
Rückenschmerzen sind in Zusammenhang mit längerer Bettruhe beschrieben.
Training im Liegen: In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass
eine Muskelatrophie während einer
mehrmonatigen Bettruhe durch Training
im Liegen nicht komplett vermieden, jedoch reduziert werden kann. Die Berliner BedRest-Studie hat gezeigt, dass der
Muskelumfang der Wadenmuskulatur
bei gesunden Männern zwischen 20 und
45 Jahren nach drei Monaten Rekonvaleszenz im Anschluss an eine 2-monatigen Bettruhe messbar zunimmt. Durch
ein 2-mal täglich durchgeführtes Training im Liegen mit seitenalternierender
Ganzkörpervibration bis zu 30 Hz in
Kombination mit Widerstandstraining bis
zum Zweifachen des Körpergewichts
und Schnellkrafttraining konnte über eine 2-monatige Phase der Bettruhe bei
gesunden Versuchspersonen ein Verlust
der Knochenmasse vermieden werden.
Wie in einer präklinischen Studie beschrieben, könnte auch eine neuromuskuläre Elektrostimulation (NMES) von 50
Hz täglich 10 Minuten für langzeitig bettlägerige oder plegische Patienten zu einer verbesserten Knochenstruktur führen.1
Körperliche Aktivität
bei Kindern und Jugendlichen
Bis um die Mitte des 3. Lebensjahrzehnts erreichen junge Erwachsene die
maximale Knochenmasse, den überwiegenden Anteil bis etwa um das 19. Lebensjahr. Während des Wachstums, speziell in der prä- und frühpubertären Phase, reagiert die Knochenneubildung auf
körperliche Aktivität wesentlich ausgeprägter als in späteren Lebensphasen. In
einer prospektiv kontrollierten Studie mit
7- bis 9-jährigen Mädchen und Buben
konnte nachgewiesen werden, dass ein
täglich durchgeführtes moderates Training die Knochenneubildung maßgeblich
positiv beeinflusst.3 Dieses „Schultur- u
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
7
FOCUS OSTEOPOROSE UND LIFESTYLE
nen“ beinhaltete Ballspielen, Laufen,
Hüpfen und Klettern und wurde 5-mal
pro Woche mit insgesamt 200 Minuten
Trainingszeit durchgeführt.
Nach der derzeitigen Datenlage ist nicht
sicher geklärt, ob eine hohe peak bone
mass auch eine bessere Knochenqualität
im höheren Alter garantiert. Spekuliert
wird, dass 70-jährige zumindest bis zu
50 % von einer hohen peak bone mass
profitieren könnten. Sehr wahrscheinlich
ist jedoch, dass junge Erwachsene mit
einer hohen peak bone mass längere
Zeit eine deutlich bessere Knochenqualität aufweisen.4
Körperliche Aktivität
beim Erwachsenen
Erwiesen ist, dass vor allem Sportarten
oder Trainingsformen mit hoher Gewichtsbelastung und damit Knochenverformung beim Erwachsenen die Knochenformation fördern. Bei hohen Sprüngen beträgt die Gewichtsbelastung bis
zum 6-Fachen des Körpergewichts und
muss von der Muskulatur abgefedert
werden. Etwas weniger ist die Gewichtsbelastung beim Steppen, Laufen oder
progressiven Widerstandstraining. Jedoch fördern alle derartige Sportarten in
Abhängigkeit der hormonellen Situation
den physiologischen Knochenanbau.
Bei In-vivo-Knochenanalysen weisen Athleten eine deutlich bessere Knochenqualität und eine um 5 % bis 30 % höhere
Knochendichte im Vergleich zu Untrainierten auf. Ausgenommen sind jedoch
Athletinnen mit niedrigem Körpergewicht
und trainingsbedingter Amenorrhö oder
unregelmäßigen Zyklen. Vor allem zu intensives Ausdauertraining kann bei Frauen zur Reduktion an Knochenstärke und
Dichte führen sowie das Frakturrisiko erhöhen.5
Zum Einfluss von Training auf die Frakturrate sind kaum Daten vorhanden. In
einer prospektiven Studie mit postmenopausalen Frauen wurden 10 Jahre nach
einem 2-jährigen Krafttraining für die
Rückenmuskulatur signifikant weniger
Wirbelfrakturen beobachtet.6 Dies lässt
vermuten, dass ein regelmäßig durchgeführtes progressives Widerstandstraining
für die Rückenstreckmuskulatur Wirbel-
8
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
frakturen vorbeugt. Hingegen scheinen
Übungen ohne gezielte Verbesserung
von Muskelkraft oder Leistung bei postmenopausalen Frauen keinen Einfluss
auf die Frakturrate zu haben.7
Ein regelmäßiges Training mit Sprüngen,
Steppen, Laufen und ein progressives
Widerstandstraining von 60–90 % des
Einwiederholungsmaximums hat einen
positiven Effekt auf die Knochendichte.
Dies ist für prä- und postmenopausale
Frauen und für Frauen mit geringer Knochendichte, nicht jedoch für Männer bewiesen.8
Körperliche Aktivität
bei Senioren
Der Sturz ist insbesondere bei Senioren
neben der Knochenstärke nahezu für alle
nicht-vertebralen Osteoporose-bedingten
Frakturen verantwortlich. Empfehlungen
zu Übungs- und Trainingsprogrammen
als überwiegend alleinige Sturzprävention können nur für im eigenen Haushalt
lebende und selbstversorgende Senioren
gegeben werden. Krafttraining, wie progressives Widerstandstraining für die
Beinmuskulatur, Balanceübungen und
Tai Chi reduzieren nachweislich das
Sturzrisiko von Senioren.9 Durch eine regelmäßige Übungsdurchführung mit einem progressiven Übungsaufbau sollen
die Stand- und Gangsicherheit erhöht
und damit auch die Sturzangst verringert
werden.
In einer randomisiert-kontrollierten Studie erhielten Frauen zwischen 60 und
95 Jahren ein standardisiertes Übungsprogramm mit den Trainingskomponenten Gelenkmobilität, axiale Gewichtsbelastung, muskuläre Kraftausdauer, intermuskuläre Koordination, Balance, Geschicklichkeit und Reaktionsfähigkeit.10
Auf hochintensive Trainingsformen, wie
hohe Sprünge, wurde aufgrund des Alters und der höheren Verletzungsgefahr
bewusst verzichtet. Zur Gelenksmobilität
wurden Dehnungsübungen für die Muskulatur, zur axialen Gewichtsbelastung
schnelles Gehen auf dem Platz, Stepping
und repetitiver Zehenstand, zur Kraftausdauer Übungen mit Gewichtswesten,
elastischen Bändern und Hanteln, zur
Balance, Geschicklichkeit und Reakti-
onsfähigkeit Schrittkombinationen, blickkontrollierte Bewegungen, Ballspiele etc.
durchgeführt. Nach 32 Wochen, 2-mal
pro Woche je 60 Minuten, Trainingsdauer mit progressiven Aufbau konnten Verbesserungen bei der Knochendichte, der
Muskelkraft und der Balance registriert
werden.
Eine weitere Studie prüfte den Effekt eines Ganzkörper-Vibrationstrainings auf
die Surrogatparameter Knochendichte,
Muskelkraft und Muskelmasse bei über
70-jährigen Heimbewohnerinnen. Ein
6-monatiges Training auf dem „Power
Plate“ mit 30 Hz bis 40 Hz zeigte im
Vergleich zur Vitamin-D3-Supplementation keinen wesentlichen Vorteil für das
muskuloskelettale System.11
SCHLUSSFOLGERUNG: Die körperliche
Aktivität ist eine wichtige Säule der Knochengesundheit. Basis ist die tägliche
Alltagsaktivität vom Stehen und Gehen
bis zur Haus-, Garten- und beruflichen
Arbeit. Ein zusätzliches Training ist sinnvoll, wenn es an die individuelle Leistungsfähigkeit und die erforderlichen
Trainingsziele angepasst regelmäßig
durchgeführt wird. Nicht zu vergessen ist
dabei der Einfluss der Ernährung, des
Hormonstatus und des allgemeinen Gesundheitszustandes auf die Knochengesundheit. ■
1 Lam H., Qin Y.X.: The effects of frequency-dependent dynamic muscle
stimulation on inhibition of trabecular bone loss in a disuse model. Bone
2008; 43:1093-1100
2 Hu M., Cheng J., Qin Y.X.: Dynamic hydraulic flow stimulation on migration
of trabecular bone loss in a rat functional disuse model. Bone 2012;
51:819-825
3 Löfgren B., Detter F., Dencker M. et al.: Influence of a 3-year exercise
intervention program on fracture risk, bone mass, and bone size in
prepubertal children. J Bone Miner Res 2011; 26:1740-1747
4 Baxter-Jones A.D.G., Kontulainen S.A., Faulkner R.A. et al.: A longitudinal
study of relationship of physical activity to bone mineral accrual from
adolescence to young adulthood. Bone 2008; 43:1101-1107
5 Ackerman K.E., Putman M., Guereca G. et al.: Cortical microstructure and
estimated bone strength in young amenorrheic athletes, eumenorrheic
athletes and non-athletes. Bone 2012; 51:680-687
6 Sinaki M., Itoi E., Wahner H.W. et al.: Stronger back muscles reduce the
incidence of vertebral fractures: a prospective 10 year follow-up of
postmenopausal women. Bone 2002; 30:836-841
7 Preisinger E., Kerschan-Schindl K., Wöber C. et al.: The effect of calisthenic
home exercises on postmenopausal fractures – a long-term observational
study. Maturitas 2001; 40:61-67
8 http://www.dv-osteologie.org
9 Gillespie L.D, Robertson M.C. et al.: Interventions for preventing falls in
older people living in the community. The Cochrane Library 2012, Vol. 9
10 Marques E.A., Mota J., Machado L. et al.: Multicomponent training
program with weight-bearing exercise elicits favourable bone density,
muscle strength, and balance adaptations in older women. Calcif Tissue
Int 2011; 88:117-129
11 Verschueren S.M.P., Bogaerts A., Delecluse C. et al.: The effects of
whole-body vibration training and vitamin D supplementation on muscle
strength, muscle mass, and bone density in institutionalized elderly
women: A 6-month randomized, controlled trial. J Bone Miner Res 2011;
26:42-49s
Fachkurzinformation siehe Seite 30
PASST
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FOCUS OSTEOPOROSE UND LIFESTYLE
u Stürze im häuslichen Umfeld werden durch das Zusammentreffen von sensorischen Einschränkungen, Multimorbidität, Polypharmazie, mangelnder Aufmerksamkeit und „Fallen“ begünstigt.
uDie Frakturgefahr steigt in Abhängigkeit von Muskelkraft, Koordination, Knochendichte und
Knochenqualität.
u Präventionsprogramme müssen daher multifaktoriell angesetzt werden.
uDie Compliance und die Awareness nehmen im Laufe der Zeit ab.
u Regelmäßiges Fragen und therapeutische Angebote durch den Hausarzt und präventive
­Hausbesuche erhöhen die Nachhaltigkeit der angebotenen Maßnahmen.
u Wohnraumadaptierungen tragen zu einem sicheren Umfeld bei.
uIn Langzeitpflegeinrichtungen können ebenfalls einfache Maßnahmen die
PatientInnensicherheit verbessern.
Barrierefreiheit und Frakturgefahr
G
ehstörung, Stürze, Sturzangst und
Frakturen nehmen im höheren Lebensalter signifikant zu. Vor allem die
proximale Femurfraktur führt bei mehr
als der Hälfte der Betroffenen zu Einschränkung von Lebensqualität und Autonomie. Die Mortalität steigt. Es wird
noch immer diskutiert, ob die Entfernung
von Stolperfallen die Zahl der Low-Trauma-Frakturen reduzieren kann.
Sturzrisiko bei Älteren
Ein Sturz ist ein unfreiwilliger und unkoordinierter Bodenkontakt, das Verlassen
eines höheren Niveaus – also auch ein
Hinabgleiten von einem Sessel. Ein Sturz
im engeren Sinn ist nicht mit Bewusstseinsverlust assoziiert.
Was bedeutet Sturzrisiko älterer Menschen, wie erkennt man es? Im Alter
nimmt das Sturzrisiko signifikant zu. Es
fehlen Zahlen über die tatsächliche Zahl
von Stürzen selbstständig lebender älterer Menschen. Stürze werden nicht berichtet. Erst wenn man gezielt danach
fragt oder wenn es zu einer schwerwiegenden Verletzung oder Fraktur kommt,
wird eine vielleicht schon längere Sturzbiografie transparent.
Nach Schätzungen aus der Arbeitsgruppe um Mary Tinetti wird etwa jede 3.
selbstständig lebende sowie jede im Pfle-
10
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
geheim lebende ältere Person 1-mal pro
Jahr stürzen.
Da ein Sturz sowie Sturzangst die wichtigsten Risikofaktoren für weitere Stürze
sind, sollte der Hausarzt, die Hausärztin
zumindest 1-mal im Jahr danach fragen
und die entsprechenden Konsequenzen
ziehen. Entsprechend den Guidelines der
American and British Geriatric Society
wird ein einfacher Algorithmus empfohlen (Abb.).
In der empfohlenen Gehprobe im Rahmes des „Timed up and go Tests“ (TuG)
wird die Muskelkraft der Oberschenkel
sowie der Gluteii grob erfasst, die Fähigkeit zur Aufrichtung und der Ganginitiation gesehen. Das Gangbild zeigt Schrittkadenz, Schrittlänge und -höhe. Das
Umdrehen, Zurückgehen und wieder
Niedersetzen geben Hinweise auf Koordination und Planungsfähigkeit. Da der
TuG mehr als der gemessene Zeitbedarf
ist, empfehle ich allen KollegInnen, diesen Test selbst durchzuführen. Im Be­
obachten der einzelnen Sequenzen werden die individuellen Schwächen und
somit Risiken transparent.
Diese funktionellen und strukturellen Defizite führen zu alltagsrelevanten Einschränkungen, die mit einem erhöhten
Sturzrisiko einhergehen.
Die „Fallen“ der Umgebung werden erst
mit Zunahme der Einschränkungen tatsächlich zu „Fallen“.
Prim. Dr. Katharina Pils
Institut für Physikalische Medizin und
Rehabilitation, SMZ Sophienspital, Wien;
Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft
für Geriatrie und Gerontologie (ÖGGG)
[email protected]
Die Prefrailty und Frailty definieren sich
über die Abnahme der körperlichen Aktivität, ungewollten Gewichtsverlust, allgemeine Erschöpfung und Antriebslosigkeit
sowie verminderte Gehleistung. Dieser
klinische Symptomenkomplex geht nicht
nur mit einer Abnahme der Ressourcen,
sondern auch mit einer erhöhten Vulnerabilität einher. Das Sturzrisiko bekommt
eine andere Dimension – es kann zum
Einstieg in die Inkompetenzkaskade und
langfristig zur Pflegeabhängigkeit führen.
Gibt es Sturzfallen?
Cumming konnte bereits 1999 in seiner
prospektiven Studie eine signifikante
Sturzrisikoreduktion durch ergotherapeu-
Abb.: Assessment-Algorithmus zur Sturzprävention bei Älteren
Bei Kontakt mit einer älteren Person im
Rahmen der medizinischen Versorgung
Fragen zum Sturzscreening:
1. ≥ 2 Stürze in den vergangenen 12 Monaten?
2. akute Sturzanamnese?
3. Gang- oder Gleichgewichtsstörung?
Screening von Sturz und Sturzrisiko
(siehe Fragen zum Sturzscreening)
≥ 1 Frage zum Sturzrisiko positiv
beantwortet
ja
nein
Berichtet die Person von nur einem Sturz
in den vergangenen 12 Monaten?
nein
ja
Untersuchung von Gang und
­Gleichgewicht
ja
Normabweichungen festgestellt?
nein
Indikation für eine zusätzliche
Intervention?
1. Anamnese relevanter Medikamente,
physik. Untersuchung, kognitives und
funktionelles Assessment
2. multifaktorielle Sturzrisiko-Bestimmung
a. Sturzanamnese
b. Medikationen
c. Gang, Gleichgewicht, Beweglichkeit
d. Sehleistung
e. neurologische Einschränkungen
f. Muskelkraft
g. Herzfrequenz und -rhythmus
h. orthostatische Hypotension
i. Füße und Schuhwerk
j. Umgebungsrisiken
ja
nein
Initiierung einer multifaktoriellen Intervention hinsichtlich der
identifizierten Risiken und zur Sturzprävention:
1. Verringerung der Medikationen
2. individuell angepasstes Trainingsprogramm erarbeiten
3. visuelle Einschränkungen (inkl. Katarakt) behandeln
4. Management der orthostatischen Hypotension
5. Management der Herzfrequenz- und Herzrhythmus-Abnormitäten
6. Vitamin-D-Supplementierung
7. Management von Fuß- und Schuhwerkproblemen
8. Anpassungen in der häuslichen Umgebung
9. Patientenaufklärung und -information zur Verfügung stellen
Assessment periodisch wiederholen
Nach: Panel on Prevention of Falls in Older Persons, American Geriatrics Society and British Geriatrics Society:
Summary of the Updated American Geriatrics Society/British Geriatrics Society Clinical Practice Guideline for Prevention of Falls in Older Persons. Article first published online: 13 JAN 2011; DOI: 10.1111/j.1532-5415.2010.03234.x
tische Beratung und Entfernung von „Fallen“ nachweisen. Seine Arbeitsgruppe
beschrieb aber nicht nur die Intervention,
sondern auch die nachhaltige Compliance für die empfohlenen Maßnahmen.
Nach einem Jahr wurden im Rahmen
eines Hausbesuches die ursprünglich
vereinbarten Maßnahmen kontrolliert:
Die Entfernung von freiliegenden Kabeln
sowie die Verwendung einer rutschsicheren Badematte zeigten die beste Nachhaltigkeit. Maßnahmen wie die Entfernung von freiliegenden Teppichen, Verwendung von Licht beim nächtlichen
Gang zur Toilette oder das Tragen stabiler
Schuhe wurden nur mehr von etwa der
Hälfte der TeilnehmerInnen beibehalten.
Stephen Lord betonte 2006 die Komplexität von Sturzrisikofaktoren. Es geht vorrangig um eine Vernetzung von mehren
Aktivitäten zur gleichen Zeit. Es scheint
daher vor allem die weitgehend selbst-
ständigen älteren Menschen zu betreffen, die weder sich selbst noch von den
anderen als besonders gefährdet gesehen werden. In der Sturzanamnese jener
Personengruppe findet sich immer wieder eine Kombination von alt bekannten
Fallen und äußeren Stressoren, wie das
Läuten an der Türe.
Sturzangst
Alice C. Scheffer zeichnet in der Metaanalyse ein Bild, das nicht nur die Genese der
Sturzangst älterer Menschen, sondern
auch ihre Folgen beschreibt. Neben zahlreichen anderen Phänomenen kommt es
auch zu einer Veränderung der sozialen
Verhaltensmuster. Sie diskutiert, dass eine
Analyse vorangegangener Stürze und deren Risikofaktoren zu Adaptierungen im
Umfeld führen können. Allerdings finden
sich keine Daten, ob die Sturzangst zu
einer Reduktion der potenziellen „Fallen“
im Wohnumfeld geführt hat.
Da vorangegangene Stürze meist Auslöser für die Sturzangst sind, ist es immer
wieder erstaunlich, dass die Bereitschaft
für nachhaltige Veränderungen mit zunehmendem Alter gering ist. Schon das
Entfernen freiliegender Teppiche bedeutet für viele Menschen ein Abschiednehmen von ihrem gewohnten Lebensstil
und der Selbstbestimmtheit.
Empfehlungen für
sturzpräventive Maßnahmen
Empfehlungen für weitgehend selbstständig lebende ältere Menschen: In den
Guidelines werden folgende Maßnahmen
mit dem Level A der Evidenz bewertet:
•individuelles Risikoscreening und
Anleitung zu einem den Defiziten und
Ressourcen entsprechenden
u
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
11
FOCUS OSTEOPOROSE UND LIFESTYLE
zum schmerz hart
& zum magen ppi-zart
Trainingsprogramm – besonderer Fokus sollte auf Balance,
Kraft und Gangbild gelegt werden
•Ausdauertraining und Dehnung der zur Verkürzung
neigenden Muskulatur ist zu integrieren
•Tai Chi sowie Bewegungstherapie mit PhysiotherapeutInnen
als langfristige begleitende Maßnahme
•Adaptierung des Wohnumfeldes nach einem individuellen
Beratungsgespräch, im Zweifelsfall kann ein Hausbesuch
hilfreich sein
•Überprüfung der Akzeptanz des empfohlenen Maßnahmen
und der Integration in den Alltag, eventuell können Haus­
besuche die Nachhaltigkeit der Maßnahmen verstärken.
Runde 1
Arthrose
ritis
Rheumatoide Arth
ondylitis
Ankylosierende Sp
Fachkurzinformation siehe Seite 30
Wirksame Schmerztherapie (Naproxen)
und bewährter Magenschutz (Esomeprazol)
fix kombiniert!
In zahlreichen Checklisten werden Stiegenhaus, Eingangsbereich, Nassräume und Küche abgebildet. Neben den strukturellen Mängeln spielt die körperliche Fähigkeit und die Reflexion des individuellen Risikos eine wesentliche Rolle.
Das gilt auch für den Einsatz von Hilfsmitteln: wenn jemand
das Hilfsmittel nicht sicher verwenden kann, steigt das Sturzrisiko trotz oder gerade wegen des Hilfsmittels. Daher sollten
niemals nur Verordnungsscheine mitgegeben werden. Der sichere Einsatz muss durch entsprechend kompetente Berufsgruppen überprüft werden.
Dies gilt auch für protektive Maßnahmen wie Hip-Protektoren
und Inkontinenzprodukte.
GRÜNE BOX!
12
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
ID 3696 09/2012
Naproxen/Esomeprazol
Empfehlungen für ältere Menschen in Langzeitpflegeeinrichtungen mit oder ohne kognitive Einschränkungen: Hier gibt
es keine evidenzbasierten Empfehlungen. Dennoch sollten einfache Regeln wie klare und übersichtliche Raumgestaltung,
Barrierefreiheit, Verwendung von blendfreien Materialien, ausreichende Beleuchtung, Vermeidung von rutschenden Materialen beachtet werden.
Ob der Einsatz von Niederflurbetten das Sturzrisiko reduziert,
kann nicht beantwortet werden. Bei sehr unruhigen PatientInnen kann jedoch das Verletzungs- bzw. das Frakturrisiko reduziert werden. Freiheitsbeschränkende Maßnahme widersprechen modernen Pflegephilosophien und können unter Umständen sogar die Entstehung von Delir und gesteigertem Bewegungsdrang induzieren. Daher ist es sinnvoll, ein Umfeld zu
schaffen, in dem Menschen sich wohl fühlen und somit gesteigerte Aktivität ohne konkretes Ziel reduziert werden kann.
Diese Maßnahmen verstehen sich nur als Ergänzung zu dia­
gnostischen und therapeutischen Maßnahmen der Osteoporose und der internistischen/neurologischen Erkrankungen. ■
Literatur:
- Cumming R. et al.: Home visits by an occupational therapist for Assessment and modification of enviromental
hazards. JAGS 1999; 47:1397-1402
- Di Monaco M. et al.: Adherence to recommendations for fall prevention significantly affects the risk of falling after hip
fracture: post-hoc analyses of a quasi-randomized controlled trial. European Journal of Physical and Rehabilitation
Medicine 2012; 48 (1):9-15Lord St.R. et al.: Home environment risk factors for falls in older people and the efficacy
of home modifications. Age and Ageing 2006; 35-S2
- Panel on Prevention of Falls in Older Persons, American Geriatrics Society and British Geriatrics Society: Summary of
the Updated American Geriatrics Society/British Geriatrics Society Clinical Practice Guideline for Prevention of Falls in
Older Persons. Article first published online: 13 JAN 2011; DOI: 10.1111/j.1532-5415.2010.03234.x
- Perry L. et al.: Completion and return of fall diaries varies with participants’ level of education, first language, and
baseline fall risk. The Journals of Gerontology. Series A, Biological Sciences and Medical Sciences 2012; 67 (2):210-214
- Scheffer A.C. et al.: Fear of falling: measurement strategy, prevalence, risk factors and consequences among older
persons. Age and Ageing 2008; 37:19-24
- Tinetti M.E.: Preventing Falls in Elderly Persons. NEJM 2003; 348 (1):42-49
u Zur Vorbeugung der Knochenbruchkrankheit ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu
empfehlen: mit ausreichend Protein (0,8–1,0 g/kg KG/Tag) und Kalzium (ca. 1.000 mg/Tag),
wenig Kochsalz und Verzicht auf Noxen wie Tabak und übermäßigen Alkoholkonsum.
u Schwachstelle aus osteologischer Sicht sind Vitamin-D-Quellen in der Nahrung: Da die
­UV-Licht-getriggerte körpereigene Vitamin-D-Produktion in unseren Breiten vor
allem im Winterhalbjahr für einen ausreichenden Vitamin-D-Status nicht
ausreicht, ist meistens eine Supplementierung zu empfehlen.
Ernährung als Säule
eines osteoprotektiven Lebensstils
N
ach einem „Nutrition and Bone“Workshop im Jahr 2005 in Genf
fasste Prof. Jean-Philippe Bonjour zusammen: „Jetzt haben wir 20 Jahre intensiv geforscht, um die spezifische Knochendiät zu finden, nur um zu erkennen,
dass die Basis eine allgemeine gesunde
Ernährung ist!“
Keine spezifische „KnochenDiät“ notwendig
Osteoporosevorbeugung ruht auf drei
Säulen: gesunde Ernährung mit ausreichend Kalzium und Protein, Vitamin D
und Bewegung. Auch die präventiven
Maßnahmen zur Erhaltung der allgemeinen Gesundheit beziehen sich auf einen
Lebensstil mit gesunder, ausgewogener
Ernährung und Bewegung. Die Notwendigkeit eines ausreichenden Vitamin-DStatus für eine Vielzahl chronischer Erkrankungen ist derzeit ein heftiges Forschungsgebiet, da die Wichtigkeit eines
suffizienten Vitamin-D-Status (noch)
nicht überall so gut belegt ist wie bei
muskuloskelettalen Erkrankungen.
Es gibt also keine „Knochen-Diät“, keine
„Herz-Diät“, keine „Gefäß-Diät“, keine
„Anti-Krebs-Diät“, keine „Wie-vermeideich-Diabetes-Diät“, sondern eine den allgemeinen Ernährungsempfehlungen* folgende gesunde Ernährungs- und Lebensweise, wo individuell Schwerpunkte gesetzt werden müssen.
Für die Osteoporoseprävention und Osteoporosetherapie (Anmerkung: Basis
jeder spezifischen Osteoporosetherapie
sind Empfehlungen zum Lebensstil!) resultiert daraus die Empfehlung zu:
•Bewegung – vorzugsweise die
Schwerkraft nutzende Aktivitäten wie
Gehen, Laufen, Wandern, Springen,
Hüpfen, Tanzen, alle Ballsportarten,
Gymnastik oder einfach Stiegensteigen! Aber zu diesem Thema können
Sie an anderer Stelle mehr erfahren.
•einem ausreichenden Vitamin-DStatus
•ausgewogener Ernährung
Zentral für die Knochengesundheit: Vitamin-D-Versorgung
Vitamin D ist einerseits ein Nährstoff,
den wir mit dem Essen aufnehmen, andererseits ein Hormon, das in unserem
Körper durch Sonnenlichtaktivierung gebildet wird.
Vitamin-D-Versorgung durch UV-Exposition: Wenn Sie aber nördlich von
Rom leben, ist die Wahrscheinlichkeit,
keinen ausreichenden Vitamin-D-Status
zu besitzen, sehr hoch. Ebenso, wenn
Sie sich nicht täglich mindestens 15
Minuten mit zumindest freien Oberarmen und unverschleiertem Gesicht an
der Sonne aufhalten. Die Vitamin-D-
Dr. Elisabeth Zwettler
Stv. Leiterin des Gesundheitsverbunds der
Wiener Gebietskrankenkasse;
Leitung Fachbereich Osteologie-Endokrinologie der 1. Medizinischen Abteilung im
Hanusch-Krankenhaus und Ludwig-Boltzmann-Institut für Osteologie, Wien
[email protected]
Aktivierung ist abhängig vom Breitengrad (UVB-Strahlen, die die Vitamin-DBildung aus Cholesterol in der Haut
anregen, nehmen an Intensität mit der
Entfernung vom Äquator ab), von der
Höhe (ab 4.000 m Höhe hat man in
unseren Breitengraden auch die Möglichkeit, im Winter Vitamin D zu bilden), vom Alter (die Haut eines jungen
Menschen kann ca. 4-mal soviel Vitamin D produzieren wie die Haut eines
Älteren) und auch vom Auftragen eines
Sonnenschutzmittels (ab Sonnenschutzfaktor 6 sinkt die Vitamin-D-Produktion und ist bei korrekt aufgetragenen Sonnenschutzmitteln zu mehr als
90 % gehemmt).
u
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
13
FOCUS OSTEOPOROSE UND LIFESTYLE
Die Nahrungsquellen für Vitamin D sind
enden wollend. Aal, Sardinen, Hering,
Forellen und Shiitake-Pilze haben einen
guten Vitamin-D-Gehalt, von gekochtem
Lachs müsste man schon ein halbes Kilogramm essen, 2 kg Käse oder 7 Eier,
um die empfohlene Tagesmenge aufzunehmen.
Empfohlene tägliche Zufuhr von Vitamin D über die Ernährung: Im November 2010 hat das Institute of Medicine
(IOM) seine Empfehlungen zu Vitamin D
und Kalzium abgegeben: Kinder ab einem Jahr und Erwachsene bis 70 Jahre
sollen täglich 600 IE (15 mg) Vitamin D3
zuführen, ab 70 Jahren 800 IE. Als sichere obere Grenze wurden 4.000 IE/
Tag festgelegt.
Diese Zufuhrempfehlung ist vielen Expertinnen und Experten auf dem Vitamin
D Forschungsgebiet zu gering. Die International Osteoporosis Foundation (IOF)
ebenso wie die Endocrine Society und
Anfang dieses Jahres auch die deutschösterreichisch-schweizerischen endokrinologischen Gesellschaften (D-A-CH)
empfehlen ab dem 1. Lebensjahr einheitlich 800 IE (20 mg) täglich.
Für Risikogruppen (Alte, Dunkelhäutige,
Übergewichtige und Menschen mit völlig
verhüllender Kleidung) können deutlich
höhere Dosen (bis 2.000 IE oder mehr)
nötig sein.
Ab einem Wert von 50 nmol/l 25-OHVitamin D3 (20 ng/ml) liegt laut IOM ein
suffizienter Vitamin-D-Status vor.
Andere einschlägige Gesellschaften wie
die Endocrine Society empfehlen in ihren
Guidelines einen Wert über 75 nmol/l
(30 ng/ml).
Vitamin-D-Zufuhr in Österreich deutlich unter den Empfehlungen: Die Zufuhr, aber auch der Vitamin-D-Status der
österreichischen Bevölkerungen haben
sich seit der Untersuchung von Kudlacek
et al. Anfang dieses Jahrtausends nicht
gebessert.
Aktuell liegt uns der Österreichische Ernährungsbericht (ÖEB) von September
2012 vor, der in allen Altersgruppen, jedoch am ausgeprägtesten bei den Kindern und Seniorinnen und Senioren (65
und älter) eine tägliche Aufnahme weit
14
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
unter den alten D-A-CH-Empfehlungen
von 5 mg (200 IE) bzw. 10 mg (400 IE)
von 2008 beschreibt.
Dass die endogene Vitamin-D-Produktion diesen Mangel nicht ausreichend
ausgleichen kann, zeigt der erhobene
Vitamin-D-Status: nur 38 % der Mädchen und 44 % der Burschen waren im
wünschenswerten Bereich (von 50
nmol/l oder darüber). Bei den Erwachsenen (18–64 Jahre) haben 40 % der
Frauen und 44 % der Männer einen unzureichenden Status, die Seniorinnen zu
ca. 62 %, die Senioren zu 65 %, wobei
jeweils 20 % einen deutlichen Mangel
(< 25 nmol/l) aufweisen. Hier zeigt sich
auch ein signifikantes West-Ost-Gefälle
mit besserem Status und höherer Vitamin-D-Aufnahme im Westen Österreichs.
Erfreulich ist, dass sich der Vitamin-DStatus der Seniorinnen und Senioren verglichen mit der Erhebung von 2009
deutlich gebessert hat.
Dies bedeutet, dass häufiger an die notwendige Vitamin-D-Substitution gedacht
wird, die in unseren Breiten im Winterhalbjahr für fast alle Menschen nötig ist.
„schnellen“ Muskelfasern vom Typ 2 in
Anzahl und Durchmesser bewirken. Physiologischerweise nehmen diese Muskelfasern im Alter ab, wodurch häufiger
Stürze auftreten, da sie essenziell zur
Balance und raschen Reaktion beitragen.
Ernährungs­bericht aus
osteologischer Perspektive
Das Fazit des Österreichischen Ernährungsberichts (ÖEB) 2012: Die ÖsterreicherInnen essen immer noch zu fett,
deutlich zu salzig und zu wenig Obst und
Gemüse, dennoch ist der Nährstoffstatus
im Wesentlichen gut.
Übergewicht und Adipositas steigen bei
Kindern und Erwachsenen. Bei den
7–14-jährigen Schulkindern sind 24 %
betroffen. Bei den 18–64-Jährigen sind
es 40 %, wobei mehr Männer übergewichtig sind. Untergewicht ist bei Erwachsenen selten, bei Mädchen jedoch
in 8 %, bei Buben halb so häufig anzutreffen. Bei über 65-Jährigen sind knapp
17 % untergewichtig – ein wesentlicher
Risikofaktor für Osteoporose. Das ÜberWie soll Vitamin D substituiert werden? gewicht nimmt hingegen ab (ein Drittel
Am besten täglich die vermutlich nötige – hier mehr Frauen als Männer).
Dosis (je nach Aufenthalt im Freien, Ernährungsgewohnheiten und weiterem Der Salzkonsum ist in allen Altersstufen
Risikoprofil zwischen 400 IE und 2.000 deutlich zu hoch (mehr als 10 g/Tag, alIE) gemeinsam mit einem fetthaltigen so ca. 2 Teelöffel, wobei als maximale
Essen einnehmen oder das Wochenäqui- Obergrenze 6 g/Tag empfohlen werden).
valent nur 1-mal/Woche.
Dies ist in der Osteoporoseentstehung
Das intermittierende Verabreichen hoher bedeutend, da eine vermehrte KochsalzDosen sollte vermieden werden, da in aufnahme eine verminderte Kalziumaufmehreren Studien (10 Beobachtungsstu- nahme bedingt.
dien und 8 randomisiert-kontrollierte
Studien mit Vitamin-D-Dosen zwischen Die Zufuhr an Protein ist in allen Alters300.000 IE und 600.000 IE) unerwar- stufen zufriedenstellend, was erfreulich
tet erhöhte Sturz- und Frakturraten auf- ist, aber eigenen Erhebungen bei einer
getreten sind.
Kohorte von Patientinnen und Patienten
mit hüftgelenksnaher Fraktur im Jahr
Warum ist Vitamin D so wichtig, wie 2006 widerspricht (Sekundärprävention
wirkt es bei der Knochenbruchkrank- osteoporotischer Frakturen – ein Interheit? Es verbessert die Kalziumaufnahme und intradisziplinäres Modellprojekt im
aus dem Darm und fördert die Minerali- Hanusch-Krankenhaus), wo die Hälfte
sierung des Knochens – also einerseits der durchschnittlich 83-Jährigen einen
eine Wirkung auf den Knochen, anderer- deutlichen Proteinmangel aufwies.
seits hat es eine direkte Wirkung auf die
Muskulatur. Über eigene Vitamin-D-Re- Die Zufuhr von Kohlenhydraten in Form
zeptoren werden Muskelproteine gebildet von Vollkornprodukten, Gemüse, Obst
werden, welche eine Zunahme der und Hülsenfrüchten liegt klar unter der
Empfehlung von 30 g/Tag. Nur die
Schulkinder nehmen 50 % der Energie
durch Kohlenhydrate zu sich, aber leider
durch Zucker, dessen Zufuhr deutlich
über den maximal 10 % empfohlenen
Energieprozent liegt.
Dass eine ausreichende Obst- und Gemüsezufuhr chronische Erkrankungen
vermindern kann, wurde in einer kritischen Review zusammengefasst, die im
Juni 2012 im „European Journal of Nutrition“ publiziert wurde.
Überzeugende Evidenz besteht für Hypertonie, koronare Herzkrankheit und
Schlaganfall. Hohe Wahrscheinlichkeit
für Krebserkrankungen. Möglicherweise
kann ein gesteigerter Obst- und Gemüsekonsum Gewichtszunahme verhindern
und über diesen Weg Diabetes mellitus
Typ 2 verringern. Ebenso nur möglicherweise besteht ein positiver Effekt von hohem Gemüse- und Obstkonsum auf die
Osteoporoseentstehung.
Die Studienergebnisse sind widersprüchlich, in Studien mit hohem Evidenzlevel
konnte bisher keine Frakturreduktion
nachgewiesen werden. Einzelne positive
Surrogatparameter haben aber die Be-
wertung eines „möglichen“ Effekts bewirkt.
Vitamine und Mineralstoffe: Laut ÖEB
ist die Versorgung mit den meisten Vitaminen und Mineralstoffen ausreichend.
Zu den „Risikonährstoffen“ zählen aber:
Vitamin D, Kalzium, Folsäure und Jod.
Grenzwertig ist die Zufuhr von Magnesium und Vitamin A und C und Zink bei
den älteren Menschen. Diese Daten sind
betreffend Osteoporose beunruhigend.
Denn Vitamin D (siehe oben) ist eine der
Grundsäulen der Knochengesundheit.
Kalzium ist für den Menschen essenziell.
Nicht nur für den Aufbau von Knochen
und Zähnen, sondern auch für Stoffwechselvorgänge in den Zellen, Aktivierung von Enzymen, Hormonen und Blutgerinnungssystem.
Erhöhte Homozysteinspiegel (bei Folsäuremangel) sind nicht nur für vaskuläre, neurologische und Nierenerkrankungen bedeutend, sie beeinflussen Knochenentwicklung, Knochenqualität und
das Gleichgewicht im Knochenstoffwechsel.
Bei Vitamin A ist die Studienlage nicht
klar. Sowohl erniedrigte als auch erhöhte
Spiegel beeinflussen die Knochengesundheit negativ.
Vitamin-C- und Magnesium-Mangel beeinträchtigen – vielleicht mediiert durch
Nikotinkonsum – die Knochengesundheit.
Für das essenzielle Spurenelement Zink
wurde ein positiver Effekt auf knochenanabole Vorgänge und die Mineralisierung gezeigt.
ZUSAMMENFASSEND ist zur Vorbeugung der Knochenbruchkrankheit eine
Ernährung den aktuellen Ernährungsempfehlungen* folgend, mit ausreichend
Protein (0,8–1,0 g/kg KG/Tag) und Kalzium (ca. 1.000 mg/Tag), weniger Kochsalzzufuhr unter Beachtung der im ÖEB
berichteten Mangelzustände (Mängel
substituieren!), Beibehaltung eines konstanten Körpergewichts im Normalbereich
(BMI 18,5–24,9), Verzichten auf Noxen
(Tabak, übermäßiger Alkoholkonsum
und andere Drogen) zu empfehlen.
Dies bei einem ausreichenden VitaminD-Status (mindestens > 50 nmol/l) und
ebenso ausreichender Bewegung.
■
*http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Ernaehrung/Empfehlungen/Die_Ern
%C3%A4hrungspyramide_im_Detail_-_7_Stufen_zur_Gesundheit)
O s t e op enie – O s t e op oro s e:
Vorsorge mit Rückgrat!
> Bei Vitamin D- und Kalzium-Mangelzustand
> als Zusatz zur spezifischen Osteoporose-Behandlung
> Österreichs Marktführer im Kalzium/Vitamin D-Markt
*)
OP II kassenfrei
*) IMS, DPMÖ 2011, A12A, Einheiten und Euro
Fachkurzinformation siehe Seite 30
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
15
FOCUS OSTEOPOROSE UND LIFESTYLE
u Osteoporose kommt bei Rauchern und bei Alkoholmissbrauch gehäuft und verfrüht vor, da
beide Substanzen zu Kalziumentzug führen.
uEhemalige Raucher erleiden nahezu doppelt so oft Wirbelbrüche wie Nichtraucher und zeigen
eine deutlich niedrigere Knochendichte. Nikotin führt verfrüht zur Menopause – es wird bei
prämenopausalen Frauen zwar rascher abgebaut, senkt aber auch den Östrogenspiegel.
u Neueste Forschungsergebnisse: Bereits eine kurze, 8-wöchige Abstinenz senkt
bei alkoholkranken Männern das Osteoporoserisiko.
Alkohol und Rauchen
als Wegbereiter von Osteoporose
R
auchen und Alkohol stellen für Personen mit prädisponierenden Charakteristiken besondere Risikofaktoren
für die Entwicklung von Suchterkrankungen dar. Neben bekannt somatischen
Schädigungen wie Neuropathien und
malignen Erkranken wurde die Auswirkung auf den Stützapparat lange unterschätzt. Osteoporose kommt gehäuft und
verfrüht vor, da beide Substanzen zu Kalziumentzug führen.
Epidemiologie: Alkohol, Rauchen
und Osteoporose
Alkoholmissbrauch wird meist bei Jugendlichen vermehrt thematisiert, gehört
aber zu einem der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im Erwachsenenalter (10–15 %). Fast doppelt so hoch ist
die Häufigkeit der Nikotinabhängigkeit,
meist wie Alkohol vergesellschaftet. Eine
besondere Risikogruppe für die Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit ist die
sogenannte „ältere Bevölkerung“. Studien zu „costs and burden of disease“ bei
psychiatrischen Erkrankungen zeigen,
dass Alkoholabhängigkeit mit > 4 % die
fünfthäufigste Erkrankung darstellt.
Geschlechtsdifferenzierende Prävalenzdaten verdeutlichen, dass Frauen – obwohl Männer generell häufiger von psychiatrischen Erkrankungen betroffen sind
– vor allem in der Nikotinabhängigkeit
aufholen und sich die Zahlen zuneh-
16
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
mend annähern. Dadurch steigt
auch die Prävalenz von Osteoporose bei Frauen dementsprechend an. Die allgemeine Lebenszeitprävalenz von Osteoporose liegt bei 11,9 % (17,6 %
bei Frauen, 5,2 % bei Männern).
Die Prävalenzzahlen sind bei Alkoholikern mit 28–52 % deutlich
erhöht. Osteoporose betrifft daher
über 75 Millionen Menschen in
Europa, USA und Japan und
mehr als 4,5 Millionen osteoporosebedingte Frakturen sind in
Europa und den USA prävalent.
Laut Studien sind drei Viertel der
Betroffenen weiblich, ein Viertel
männlich.
Mag. Dr. Birgit Köchl
birgit.koechl@
meduniwien.ac.at
Univ.-Prof.
Dr. Gabriele Fischer
gabriele.fischer@
meduniwien.ac.at
Zentrum für Public Health, Universitätsklinik für
Psychiatrie & Psychotherapie, Medizinische Universität
Wien
Risikogruppe Frauen
Osteoporose ist eine zunächst unmerklich verlaufende Erkrankung, die aber bei
älteren Menschen im Fall von Knochenbrüchen eine hohe Krankheitsbelastung
bedeuten kann und dadurch auch zu
einer dauerhaften Einschränkung der
Mobilität oder sogar einer Immobilisierung führen kann. Typische Merkmale
der Osteoporose sind neben der Abnahme der Knochenmasse eine Verschlechterung der Knochenarchitektur sowie als
Folge eine Abnahme der Knochenstabilität.
Von der häufigsten Art, der sogenannten
primären Osteoporose, sind vor allem
Frauen im postmenopausalen Alter (ab
45.–55. Lebensjahr) betroffen (Schätzungen berichten von ca. 30 % betroffenen Frauen), Männer erst in älteren Lebensjahren. Menopausale Frauen sind
eine besondere Risikogruppe, da sich in
den ersten Jahren nach der Menopause
die Knochenmasse rasch verringert und
die Folge eine schmerzhaften Verformungen der Knochen oder einem erhöhtem
Risiko für Knochenbrüche sein kann.
Nikotin wird bei prämenopausalen Frauen rascher abgebaut, senkt aber auch den
Östrogenspiegel und führt verfrüht zur
Menopause. Da Frauen Nikotin schneller
abbauen, rauchen sie die nächste Zigarette schneller und es werden dadurch mehr
schädliche Substanzen aufgenommen.
Zigaretten mit verhältnismäßig geringem
Nikotingehalt verstärken dieses Phänomen. Dadurch lässt sich auch die in den
letzten Jahren hohe Inzidenz von Bronchuskarzinomen bei Frauen erklären. Da
Nikotinkonsum auch zu einer schnelleren
Alterung der Frau führt, wie einer früheren
Menopause, ist eine frühe Reduktion
empfehlenswert.
Auch bei opioidabhängigen menopausalen Frauen wurde zwischenzeitlich die
Erkrankung Osteoporose als zunehmend
relevante Thematik diskutiert, da auch
diese Population immer älter wird. Betroffene Frauen werden häufig fehldia­
gnostiziert, differenzialdiagnostisch muss
unbedingt abgeklärt werden, ob es sich
um Entzugsbeschwerden oder Osteoporose handelt. Mutmaßungen, dass die
Menopause im Zusammenhang mit psychosozialen Begleitumständen depressive Verstimmungen bedingt, gilt heutzutage längst als falsifiziert, im Gegenteil, die
Frauen profitieren häufig von der zunehmenden Autonomie.
Risikogruppe Männer
Dass ehemalige Raucher nahezu doppelt so oft Wirbelbrüche erlitten und eine
deutlich niedrigere Knochendichte zeigten als Nichtraucher, haben Studien bei
älteren Männern gezeigt. Neuere Studien
berichten, dass Rauchen einen stärkeren
Einfluss auf das Osteoporoserisiko hat
als bislang angenommen, so ist eine verminderte Knochenstabilität auch bereits
bei Rauchern in jungen Jahren be­
obachtbar (ab dem 18. Lebensjahr).
Der Alkoholkonsum ist angeblich nach
50. Lebensjahr eher gering. Es gelten
2–10 % der über 60-Jährigen als alkoholsüchtig, aber nur noch 2–5 % der
über 75-Jährigen. Problematisches Trinkverhalten wird aber oftmals nicht erkannt,
verkannt und falsch diagnostiziert. Die
Alkoholsucht betrifft in stärkerem Ausmaß die männliche Bevölkerungsgruppe,
wobei ab dem 65. Lebensjahr 1,2 % der
Männer und nur 0,27 % der Frauen davon betroffen sind. Dies begründet sich
einerseits darin, dass der Alkohol im Alter
langsamer abgebaut wird und man weniger konsumieren muss und andererseits
durch die Übersterblichkeit. Häufig zu
finden sind in diesem Zusammenhang
chronische Schmerzsyndrome, Multimorbidität und gestörte Schlafmuster sowie
auf der psychosozialen Ebene Verlust der
Autonomie, Verstimmung und Depression sowie ein Fehlen von Perspektiven.
Neueste Forschungsergebnisse berichten, dass bereits eine kurze Abstinenz
das Osteoporoserisiko bei alkoholkranken Männern zwischen dem 21. und
50. Lebensjahr senkt, so ist bereits nach
8-wöchiger Abstinenz eine deutliche Verbesserung des Knochenstoffwechsels erkennbar (Malik P., Gasser R.W., Moncayo R., Kemmler G., Fleischhacker W.,
Alcohol Clin Exp Res 2012). Zudem
konnte festgestellt werden, dass sich körperliche Bewegung positiv auf den Um-
FACT-BOX
• Suchtbehandlung als wachsende Herausforderung des Gesundheitswesens mit hohen
direkten und indirekten Kosten für das Gesundheitssystem.
• Suchterkrankungen zeigen eine Vielzahl psychiatrischer und somatischer Komorbiditäten und sind in der Gesellschaft stark stigmatisiert.
• Alkohol und Tabak sind zelltoxische Substanzen und wirken, wie in zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt, osteoporosefördernd. Der gleichzeitige Konsum beider
Substanzen intensiviert die schädliche Wirkung. Frühe Diagnosestellung und Messungen der Knochendichte empfohlen.
• Präventive Maßnahmen zur Osteoporosevermeidung: Aufnahme von Kalzium (mind. 100
mg/Tag), Vitamin D (mind. 800 mg/Tag),
Sport, gesunde Ernährung sowie das Vermeiden von Rauchen und Alkohol.
• Differenzialdiagnose bei Opioidabhängigkeit:
Entzugsbeschwerden oder Osteoporose bei menopausalen Frauen (häufige Fehldiagnosen!).
bau der Knochen auswirkt, was für Therapieprogramme zusätzliche sportliche
Angebote, auch Physiotherapie, nahelegt. Zu beachten ist hierbei, dass bei
psychisch Kranken die Bereitschaft zu
körperlicher Aktivität jedoch häufig eingeschränkt ist.
EMPFEHLUNG UND AUSBLICK: Eine
möglichst frühe Diagnoseerstellung und
Prävention ist wünschenswert, eine Messung der Knochendichte zu empfehlen.
Alkoholabhängigkeit tritt kaum ohne zusätzliche psychiatrische Komorbidität auf,
daher ist eine zusätzliche Diagnostik dieser Erkrankungen sinnvoll. Eine jahrelange Alkoholabhängigkeit führt zu einem
sozialen Downdrift der Patienten mit einem schlechteren Behandlungszugang.
Zielgruppenspezifische Programme gehören angeboten, wie auch eine Thematisierung des Suchtmusters bei gynäkologischen Untersuchungen, was einer speziellen Sensibilisierung bedarf. Im Bereich
der Nikotinabhängigkeit mögen medikamentöse als auch psychologische Therapieansätze, wie verhaltenstherapeutische
Interventionen, genützt werden.
Speziellere Forschung und die Implementierung von Behandlungsmöglichkeiten
unter Beachtung von Komorbiditäten, Geschlechterrollen und -stereotypen sowie
des Alters werden in Zukunft vermehrt
notwendig sein, um eine optimale, maßgeschneiderte Prävention und Intervention
zu ermöglichen, denn in der Allgemeinbevölkerung sind hohe Prävalenzen von Nikotin- und Alkoholkonsum bekannt. ■
Literatur:
- Brooks J.S., Balka E.B., Zhang C.: The Smoking Patterns of Women in their
Forties: their relationship to later osteoporosis. Psychol Rep 2012; 110
(2):351-362
- Fini M., Giavaresi B., Salamanna F., Veronesi F., Martini L., De Mattei M.,
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SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
17
FOCUS OSTEOPOROSE UND LIFESTYLE
u Aus hautfachärztlicher Sicht ist eine intentionelle Sonnenexposition zur Stimulierung der
­Vitamin-D-Synthese zu hinterfragen, da jede Sonnenexposition, auch eine solche unter der
Sonnenbrandschwelle, zu Hautschäden auf molekularer Ebene führt. Diese Schäden können,
wenn auch teils nach langen Latenzzeiten, zur vorzeitigen Hautalterung und Hautkrebs führen.
uDie alimentäre Vitamin-D-Supplementierung ist aus hautfachärztlicher Sicht
zu bevorzugen.
Vitamin D:
Sonnenexposition versus Sonnenschutz
D
ie Einwirkung ultravioletter (UV)
Strahlung auf die Haut führt zur Synthese großer Mengen an Vitamin D.
Empfehlungen hinsichtlich intentioneller
Sonnenexposition zur Stimulierung der
Vitamin-D-Synthese sind jedoch wegen
möglicher negativer Kurz- und Langzeitfolgen an der Haut zu hinterfragen.
UV-Strahlungs-Dosen führen zur
Lichtalterung (Photoaging) der
Haut, welches den intrinsischen
Alterungsprozess überlagert.
UV-Strahlung und
Vitamin D
Die Einwirkung der Sonnenstrahlung auf die Haut führt nicht nur
UV-Strahlung und Haut
Priv.-Doz. Dr. Alexandra
Univ.-Prof.
zu unerwünschten Kurz- und Gruber-Wackernagel
Dr. Peter Wolf
Die Einwirkung von UV-Strahlung führt Langzeitfolgen, kann aber auch alexandra.wackernagel@ peter.wolf@medunigraz.
dosisabhängig zu akuten und chroni- die Bildung eines Großteils (bis zu medunigraz.at
at
schen Lichtschäden der Haut (Tab. 1; Abb. 90 %) des Bedarfs an Vitamin D Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie,
1 und 2). Auf molekularer Ebene entstehen abdecken. Der klassische Stoff- Medizinische Universität Graz
durch die UV-Strahlung Photoprodukte wechsel des Vitamin D beginnt in
an der DNS und durch Oxidationsprozes- der Haut mit der UVB-induzierten
se freie Radikale, die Zellmembranen, photochemischen Umwandlung von De- UV-Strahlungs-Dosen im Gleichgewicht
Zellkern-DNS, aber auch das Bindegewe- hydrocholesterol (Provitamin D3) zum bleibt, bevor es zu Vitamin D3 isomeribe der Haut schädigen. Die UV-Strahlung thermodynamisch instabilen Prävitamin siert. Nach Bindung an und Transport
des Sonnenspektrums ist ein vollständi- D3 (bei einem spektralen Wirkungsmaxi- durch Trägerproteine finden in Leber und
ges Karzinogen, das als Tumorinitiator mum im UVB-Bereich bei 300 nm), des- Niere zwei Hydroxylierungsschritte statt,
und -Promotor wirkt. Hohe kumulative sen gebildete Menge auch bei höheren wodurch hormonell aktives 1a,25(OH)2D3 (Calcitriol) entsteht. Eine umTab. 1: Folgen der Einwirkung von UV-Strahlung auf die Haut
schriebene und kurzzeitige Sonnenlichtexposition reicht, um physiologisch wirkAkut/subakut
Chronisch
same und angemessene Vitamin-D-Spie• Hautalterung (aktinische Elastose mit
• Sonnenbrand
gel zu gewährleisten. Eine einmalige
Verdickung und/oder Atrophie der Haut)
• Immunsuppression (lokal und systemisch)
Ganzkörperexposition in Badekleidung
• weißer Hautkrebs/„non-melanoma skin
• Bräunung
gegenüber einer minimalen Erythemdosis
cancer“ (aktinische Keratose und spinozel• photoaggravierbare Dermatosen (Lupus
luläres Karzinom; Basaliom)
(MED) – das ist jene UV-Strahlungs-Doerythematodes, Porphyrien, Pityriasis rubra
• m
alignes
Melanom
sis, die eine gerade wahrnehmbare Hautpilaris u. a.)
rötung verursacht – entspricht hinsichtlich
• Photodermatosen (polymorphe Lichtdermatose u. a.)
ihrer Vitamin-D-bildenden Wirkung annä• photoallergische und phototoxische Arzneihernd der oralen Einnahme von 10.000
mittelreaktionen
IE (250 mg) Vitamin D. Deshalb wird der-
18
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
FOTOS: WERNER STIEBER, UNIVERSITÄTSKLINIK FÜR DERMATOLOGIE UND VENEROLOGIE, GRAZ
Abb. 1: Blasiger Sonnenbrand bei einem jungen Mann, welcher als Risikofaktor für die
Entstehung eines malignen Melanoms zu sehen ist, insbesondere – wie im vorliegenden Fall
– bei Vorhandensein zahlreicher Nävuszellnävi. In diesem Fall zeigt sich der Sonnenbrand an
den Hautstellen, welche durch das Tragen eines T-Shirts noch nicht an die Sonnenstrahlung
gewöhnt waren. Eine Amateurtätowierung ist unkenntlich gemacht.
zeit die moderate Exposition von weniger
als 18 % der Körperoberfläche (z. B.
Hände, Arme und Gesicht) 2- bis 3-mal
pro Woche mit einer Dosis im Ausmaß der
Hälfte bis eines Drittels einer MED von
Frühjahr bis Herbst als ausreichend angesehen. Eine MED entspricht in unseren
Breiten im Sommer um die Mittagszeit bei
wolkenlosem Himmel etwa 10 bis 15 Minuten natürlicher Sonnenexposition für
Personen mit Hauttyp I–II bzw. 20–30
Minuten für Hauttyp III–IV.
Sonnenschutz
Neben allgemeinen Maßnahmen stehen
Lichtschutzmittel mit chemischen und/
oder physikalischen UV-Filtern zum Sonnenschutz zu Verfügung (Tab. 2). Während chemische Filter durch Absorption
von UV-Strahlung schützen, schwächen
physikalische UV-Filter (Mikropigmente)
das Licht durch Reflexion, Streuung und
Absorption ab. Die kanzeroprotektiven
Eigenschaften topischer Lichtschutzmit-
tel sind tierexperimentell belegt. Eine
präventive Wirkung von Lichtschutzmitteln gegen Hautkrebs, insbesondere spinozelluläres Karzinom, und Hautalterung
ist aufgrund der vorliegenden Ergebnisse
tierexperimenteller Studien und klinischer Studien beim Menschen zu erwarten, allerdings dürften die entsprechenden Schutzfaktoren beim Menschen unter denen des konventionellen Lichtschutzfaktors liegen.
Abb. 2: Chronischer Lichtschaden der Haut
mit gelblicher Verfärbung und Verdickung der
Haut im Dekolletee einer älteren Person
Lichtschutz einhalten müssen, wie etwa
Patienten mit der genetisch bedingten
Erkrankung Xeroderma pigmentosum,
weisen kaum verminderte Vitamin-DSpiegel auf. Andererseits scheinen Patienten mit bestimmten Photodermatosen
(„Sonnenallergien“) zu verminderten Vi­
tamin-D-Serumspiegeln zu neigen. Wenig ist über die Auswirkung eines konsequenten Sonnenschutzes auf den Vitamin-D-Status gesunder Personen be■
kannt.
Führt Sonnenschutz zu
reduzierten Vitamin-D-Spiegeln?
Menschen, die aufgrund eines hohen
Hautkrebsrisikos einen bedingungslosen
Literatur bei den Verfassern
Tab. 2: Maßnahmen zum Sonnenschutz
• Meiden der Sonne um Mittagszeit (11–15 Uhr Sommerzeit)
• Aufenthalt im Schatten
• 3-H-Regel: Tragen von Hut (breitkrempig), Hemd, Hose
• Verwenden eines Sonnenschutzmittels mit physikalischen und chemischen Filtern
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
19
THERAPIE & DIAGNOSTIK
uMittels DXA-Messung und FRAX-Score kann für jeden Patienten ein individuelles Frakturrisiko
berechnet werden.
u Bisphosphonate sind weiterhin First-Line-Therapie bei der postmenopausalen Frau und beim
Mann. Denosumab, Östrogenrezeptormodulatoren, Parathormon und Strontiumranelat sind
weitere etablierte Optionen.
u Neue therapeutische Ansätze (Phase III): Antikörper gegen Sclerostin und
Kathepsin K.
Update 2012
Stadiengerechte Therapie der Osteoporose
O
steoporose entsteht durch den vermehrten Verlust an Knochenmasse.
Die Festigkeit eines gesunden Knochens
wird durch ein physiologisches Gleichgewicht zwischen An- und Abbau gewährleistet. Ab dem 35. Lebensjahr beginnt
ein Überwiegen der Osteoklastenaktivität
und das Fazit ist eine Verminderung der
mechanischen Belastbarkeit des Knochens durch Ausdünnung der Corticalis
und einer herabgesetzten Strukturqualität der Trabekel im Inneren des Knochens. Der Knochen wird fragil, und mit
fortschreitendem Abbau steigt das Frakturrisiko an.
Risk Assessment
Neben Alter und Geschlecht sind vorangegangene Frakturen, ein niedriges Kör-
Tab. 1: FRAX-Risiko-Score zur Berechnung
des 10-Jahres-Frakturrisikos
• Alter
• Geschlecht
• Gewicht
• Körpergröße
• vorausgehende Fraktur
• Schenkelhalsfraktur bei einem Elternteil
• Alkohol-/Tabakkonsum
• Glukokortikoid-Therapie
• rheumatoide Arthritis
• sekundäre Osteoporose
• Knochenmineraldichte
20
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
pergewicht (Body Mass Index < 20 kg/
m2) und Schenkelhalsfrakturen der Eltern weitere Risikofaktoren. Daneben
führen u. a. auch die regelmäßige Einnahme von oralen Glukokortikoiden von
mehr als 5 mg Prednisolonäquivalent
über einen Zeitraum von 3 Monaten oder
länger, eine antidiabetische Therapie mit
Glitazonen, Protonenpumpenhemmer1
sowie eine Therapie mit Antiepileptika zu
einem erhöhten Frakturrisiko.
Um das Frakturrisiko zu evaluieren, steht
uns heute ergänzend zu bildgebenden
Verfahren wie der Messung der Knochenmineraldichte (BMD) mittels dualer
Röntgenabsorptiometrie (DXA) und der
quantitativen Computertomografie (qCT)
das Fracture Risk Assessment Tool
(FRAX-Tool) zur Verfügung (Tab. 1).
Neben einem T-Score < –2,5 SD wird
zur Indikationsstellung für eine spezifische Osteoporosetherapie die Berechnung des 10-Jahres-Frakturisikos mit
Hilfe des FRAX-Tools herangezogen.
Hierbei wird ein Frakturrisiko über 20 %
als Therapieschwelle angesehen.
Therapeutische Möglichkeiten
Begleitend zur Osteoporosetherapie sind
ein Vitamin-D-Spiegel > 30 ng/ml sowie
eine adäquate Kalziumzufuhr bedeutend. Dabei liegen die empfohlenen Tagesdosen für Kalzium bei 800–1.000
mg und für Vitamin D bei 800 IE. Neben
Ass. Dr. Afrodite Zendeli
II. Medizinische Abteilung, Krankenhaus der
Barmherzigen Schwestern, Wien
[email protected]
präventiven Maßnahmen, wie einer ausreichenden Versorgung mit Kalzium und
Vitamin D sowie regelmäßiger sportlicher
Betätigung, stehen verschiedene Medikamente zur spezifischen Osteoporosetherapie zur Verfügung (Tab. 2).
Ziel der Prävention und Therapie sind die
Verbesserung der Knochenmineraldichte
und die Vermeidung von Knochenbrüchen.
Bisphosphonate werden als First-LineTherapie bei der postmenopausalen Frau
und beim Mann angewendet. Bisphosphonate binden an mineralisierter Knochensubstanz und verhindern das Fortschreiten des Knochenabbaus durch
Apoptose von Osteoklasten. Hierfür stehen unterschiedliche Präparate mit Anwendungsintervallen von 1-mal täglich
bis 1-mal jährlich zur Auswahl.
Tab. 2: Medikamentöse Therapie bei Osteoporose, Stand Herbst 2012
Denosumab: Bei Patientinnen, die als
Versager der First-Line-Therapie einzustufen sind oder eine eingeschränkte
Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance <
30 ml/min) aufweisen, und bei Männern
nach Hormonablation bei Prostatakarzinom bietet Denosumab, ein vollhumaner
monoklonaler Antikörper gegen den
RANK-Liganden eine gut verträgliche Alternative. RANKL wird von Osteoblasten
produziert und hat einen positiven Effekt
auf die Bildung, Aktivität und das Überleben der Osteoklasten. Durch die Unterbrechung der RANKL/RANK-Interaktion
wird die Bildung, die Funktion und das
Überleben der Osteoklasten inhibiert und
somit die Knochenresorption im kortikalen und im trabekulären Knochen vermindert. In der Zulassungsstudie an
7.868 Frauen konnte eine signifikante
Senkung des Frakturrisikos für vertebrale
und nicht-vertebrale sowie Hüftfrakturen
nachgewiesen werden.2
Selektive Östrogenrezeptormodulatoren
(SERM) stellen eine weitere Gruppe der
antiresorptiven Therapeutika dar. Raloxifen ist bei Frauen zur Prävention und
Behandlung der postmenopausalen Osteoporose indiziert. Raloxifen empfiehlt
sich aber auch wegen des positiven Einflusses auf das Brustgewebe insbesondere bei Patientinnen, die neben der diagnostizierten Osteoporose ein hohes Risiko für die Entwicklung eines Mammakarzinoms besitzen.3 In der frühen
Menopause wird selten eine Osteoporose
diagnostiziert, weswegen besonders hier
eine Prävention unerlässlich ist.4
Parathormon: Während bei antiresorptiver Therapie primär ein Fortschreiten der
Osteoporose verhindert und erst sekundär ein Zuwachs an Knochendichte beobachtet wird, bewirkt eine pulsatile
1-mal tägliche subkutane Gabe von Parathormon (PTH) durch Stimulation der
Osteoblasten den anabolen Effekt am
Knochen und führt zu einem raschen
Zuwachs des Trabekelvolumens5 und
folglich zu einer deutlichen Verbesserung
der Knochenmikroarchitektur vor allem
an der Wirbelsäule. PTH 1-34 und PTH
1-84 sind für einen Behandlungszeit-
Antiresorptive Substanzen
Osteoanabole Substanzen
Osteoanabol-anti­resorptive
Substanzen
Bisphosphonate
- Alendronat (Fosamax®)
- Risendronat (Actonel®)
- Ibandronat (Bonviva®)
- Zoledronsäure (Aclasta®)
Parathormon
- 1-34-PTH-Analogon
Teriparatid (Forsteo®)
- 1-84-PTH-Analogon
Parathyroidhormon (Preotact®)
Strontiumranelat
(Protelos®)
RANKL-AK
- Denosumab (Prolia®)
Selektive Östrogen-­
Rezeptor-Modulatoren
- Raloxifen (Evista®)
raum von maximal 24 Monaten bei Patienten mit einem sehr hohen Frakturrisiko, der kortisoninduzierten Osteoporose
oder bei ungenügendem Ansprechen auf
eine antiresorptive Therapie zugelassen.
Um den Erhalt der neu gewonnenen
Knochenmasse zu gewährleisten, ist eine Sequenz- oder Kombinationstherapie
mit einer antiresorptiven Substanz empfehlenswert.6
Bei Strontiumranelat handelt es sich
um ein Medikament mit dualem Wirkmechanismus. Es verfügt sowohl über
einen anabolen als auch einen antiresorptiven Effekt und ist zur Behandlung
der postmenopausalen Osteoporose zugelassen. 5-Jahres-Daten zeigten eine
Reduktion des Frakturrisikos für vertebrale Frakturen um 31 %, für nichtvertebrale Frakturen um 27 % und für Hüftfrakturen um 24 %.7 Kontraindiziert ist
das Präparat bei Patienten mit venösen
Thrombosen in der Anamnese.
Eine Sonderstellung hat die Glukokortikoid-induzierte Osteoporose, da es unter Kortisoneinnahme zu einem raschen
Verlust der Knochendichte kommt.
Empfohlen werden eine Basistherapie
mit Vitamin D und Kalzium sowie kurzfristige Knochendichtemessungen in
12-monatigen Abständen. In Abhängigkeit der geplanten Dauer der Steroidmedikation kann ein Beginn mit einer spezifischen Osteoporosetherapie schon bei
Vorliegen einer Osteopenie erfolgen.8
Hierfür zugelassen sind Bisphosphonate
und Parathormon-Analoga.
Neue Wirkprinzipien
in klinischer Erprobung
Große Hoffnungen gründen sich zurzeit
auf der Erforschung eines neuen Antikörpers gegen Sclerostin. Sclerostin ist ein
physiologischer Hemmer übermäßiger
Knochenneubildung. Entdeckt wurde
dieser Antikörper bei Patienten mit VanBuchem- und Sclerosteosis-Syndrom.
Eine Hemmung der Sclerostin-Expression scheint einen neuen therapeutischen
Ansatz in der Behandlung der Osteoporose zu bilden. Erste Ergebnisse des Phase-III-Programms werden Ende 2015
erwartet.9
Ein weiterer viel versprechender Wirkstoff, der sich derzeit in der klinischen
Phase III befindet, ist Odanacatib. Ein
reversibler Kathepsin-K-Inhibitor, der gezielt die Aktivität der Osteoklasten hemmt
und dabei nur geringfügigen Einfluss auf
die Knochenformationsmarker nimmt,
wodurch die Knochenneubildung begünstigt wird.10 Kathepsin K wird von
Osteoklasten gebildet und spielt eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der
Osteoporose. 5-Jahres-Daten einer Phase-II-Studie zeigten unter Therapie mit
Odanacatib einen Anstieg der Knochenmineraldichte im Vergleich zur Placebogruppe sowohl an der Wirbelsäule als
auch an der Hüfte.11 ■
1 Abrahamsen B. et al., Arch Inter Med 2011; 171 (11):998-1004
2 Cummings S.R., San Martin J., McClung M.R. et al., NEJM 2009;
361:756-65
3 Hadji P., Lippuner K., Concin H., Scharla S., Birkhäuser M.,
Fahrleitner-Pammer A., Stute P., Finkenstedt G., Resch H., Minne H.W.,
Ringe J.D., Dimai H.-P., Ziller V., Journal für Mineralstoffwechsel 2011; 18
(1), 48-54
4 Birkhäuser M., De Geyter C., Finkenstedt G., Hofbauer L., Meier C., Scharla
S., Stute P., Ziller V., Hadji P., Journal für Mineralstoffwechsel 2012; 19
(1):42-46
5 Lempert U.G., Minne H.W., Scharla S.H., JBMR 1989; 4:S410
6 Muschitz C. et al., JBMR 2012; doi: 10.1002/jbmr.1716
7 Seeman E., Boonen S., Borgström F., Vellas B., Aquino J.P., Semler J.,
Benhamou C.L., Kaufman J.M., Reginster J.Y., Bone 2010
8 Bröll J. et al., ÖÄZ (Suppl.), Dez 2011
9 UCB and Amgen Initiate Sclerostin Antibody Phase 3 Program in Patients
With Postmenopausal Osteoporosis, Apr. 4, 2012; vgl. http://www.amgen.
com/media/media_pr_detail.jsp?releaseID=1679935
10 Meier C., Kraenzlin M.E., Osteologie 2011; 20:211-216
11 Langdahl B. et al., JBMR 2012; DOI 10.1002/jbmr.1695
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
21
THERAPIE & DIAGNOSTIK
u Zur Beurteilung des Frakturrisikos stehen derzeit 3 unterschiedliche, von ihrem Grundkonzept
nur bedingt vergleichbare Online-Berechnungs-Tools zur Verfügung.
u FRAX® und QFracture® geben Auskunft über das individuelle absolute Frakturrisiko einer P
­ erson,
®
®
wobei FRAX ausschließlich das 10-Jahres-Frakturrisiko, QFracture immerhin das Frakturrisiko
von 1–10 Jahren inkludiert. Weder FRAX noch QFracture® verbinden die Berechnung des
Frakturrisikos mit einer direkten Therapieempfehlung.
uDer Therapie-Algorithmus Osteoporose (DVO) weist zwar in Zahlen kein
absolutes individuelles Frakturrisikos aus, stellt aber letztlich eine Empfehlung
zur Verfügung, ob behandelt werden sollte oder nicht.
Online-Tools in der Osteoporosediagnostik
Frakturrisiko-Berechnung – die Qual der Wahl
K
rankheitsspezifische Leitlinien können unterstützend in der Risikoerfassung und/oder der Therapieentscheidung
eingesetzt werden. In Bezug auf das
Krankheitsbild der Osteoporose bedeutet
dies, dass zum einen das Knochenbruchrisiko einer Einzelperson erfasst
und zum anderen eine Empfehlung hinsichtlich Prophylaxe- oder Therapieeinleitung ableitbar sein sollte.
Knochendichte und T-Score
Knochendichte (T-Score) als Grundlage
der Therapieentscheidung: Basierend
auf der im Jahr 1994 publizierten Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) können Personen auf Basis einer
mittels DXA-Methode durchgeführten
Knochendichtemessung einer der folgenden diagnostischen Kategorien zugeordnet werden: a) normal, b) Osteopenie, c)
Osteoporose und d) manifeste Osteopo-
rose (im Falle prävalenter Fragilitätsfrakturen). Die Differenzierung in die genannten Kategorien erfolgt hierbei durch
einen Parameter, welcher als T-Score
bezeichnet wird und welcher das Ergebnis der Knochendichtemessung als Standardabweichung vom mittleren Normwert einer gesunden Population junger
Erwachsener ausdrückt. Diese diagnostischen Kategorien stellen auch gleichzeitig die Basis für die Indikation zur Einleitung einer Osteoporosetherapie dar (Tab.).
Die WHO-Empfehlung sieht vor, dass
postmenopausale Frauen mit einem TScore von ≤ –2,5 als „osteoporotisch“ zu
diagnostizieren und auf jeden Fall zu behandeln sind. Darüber hinaus ist aus der
Tab. ableitbar, dass postmenopausale
Frauen mit Osteopenie zumindest einer
Prophylaxe zugeführt werden sollten.
Keine Berücksichtigung individueller Risikofaktoren: Einer der wesentlichen
Tab.: Diagnostische Kategorien nach WHO (1994) anhand der Knochendichte
Diagnostische Kategorie
T-Score DXA-Messung*
Empfehlung
Normal
> –1,0
keine Maßnahmen
Osteopenie
–1,0 bis –2,5
Prophylaxe wenn RF (Risikofaktoren nicht definiert)
Osteoporose
≤ –2,5
Behandlung
schwere (manifeste) Osteoporose
≤ -2,5 + ≥ 1 Fragil.-FX
Behandlung
* für weiße, postmenopausale Frauen
22
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai
Klinische Abteilung für Endokrinologie und
Stoffwechsel, Universitätsklinik für Innere
Medizin, Graz; Vizerektor für Studium und
Lehre der Medizinischen Universität Graz
[email protected]
Gründe, warum gerade ein T-Score von
≤ –2,5 als Schwellenwert für die Diagnose einer Osteoporose definiert wurde, war
die Erkenntnis, dass rund 30 % aller
postmenopausalen Frauen weißer Ethnizität unterhalb dieses Schwellenwertes liegen und das Lebenszeitrisiko dieser Frauen, eine osteoporotische Fraktur zu erleiden, ebenfalls rund 30 % beträgt. Anders
ausgedrückt, die Entscheidung, ob eine
postmenopausale Frau eine Osteoporosebehandlung erhalten sollte oder nicht,
basiert auf der Schätzung eines durchschnittlichen Lebenszeitfrakturrisikos, ohne Berücksichtigung individueller Risikofaktoren, welche das absolute (individuelle) Risiko erheblich nach oben oder auch
nach unten abweichen lassen könnten.
Mit zunehmender Kenntnis von Risikofaktoren, welche das individuelle Frakturrisiko beeinflussen, ging die Entwicklung und Publikation von BerechnungsTools zur Erfassung des individuellen
absoluten Frakturrisikos einher.
a
b
c
Populationsspezifisches
FRAX®-Tool
Ein Online-Berechnungs-Tool, welches
gemeinsam mit der WHO auf Basis zahlreicher Metaanalysen von Risikofaktoren, der populationsspezifischen Frakturinzidenz sowie Mortalität entwickelt
wurde, findet seit mehreren Jahren weltweit unter der Bezeichnung FRAX® breite internationale Anwendung.
Zur Berechnung des individuellen
10-Jah­res-Frakturrisikos finden neben
dem Geschlecht, dem Alter sowie fakultativ dem Ergebnis einer Knochendichtemessung mittels DXA mehrere klinische
Risikofaktoren Eingang. Als Berechnungsergebnis wird das absolute 10-JahresFrakturrisiko angezeigt, ohne jedoch eine
Empfehlung hinsichtlich Therapieindikation zur Verfügung zu stellen. Tatsächlich
wäre die Therapieentscheidung auf Basis
einer nationalen Kosten-Nutzen-Rechnung sinnvoll, welche derzeit aber nur für
einige wenige Staaten zur Verfügung
steht.
Risikotest und Therapie-­
Algorithmus des DVO
Unabhängig vom FRAX®-Tool wurde von
Seiten des Dachverbandes Osteologie
(DVO) ein Werkzeug zur Erfassung des
absoluten (individuellen) 10-JahresFrakturrisikos entwickelt, und ähnlich
dem FRAX® online kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die Berechnung verläuft
de facto 2-stufig.
In Stufe 1 (Osteoporose-Risikotest) wird
festgestellt, ob ein ausreichend hohes
absolutes Frakturrisiko vorliegt, um über-
Abb.: Darstellung der Berechnungsergebnisse von a) FRAX®, b) DVO-Algorithmus und
c) QFracture®
haupt eine weitere Abklärung einschließlich Labor und gegebenenfalls eine Osteodensitometrie durchzuführen. Beträgt
oder überschreitet das errechnete
10-Jahres-Frakturrisiko 20 %, so ist eine
weitere Abklärung einschließlich Labor
und gegebenenfalls Osteodensitometrie
indiziert.
Therapie-Algorithmus Osteoporose: Die
Ergebnisse der weiterführenden Abklärung finden in einem ebenfalls online zur
Verfügung stehenden Tool (sog. Therapie-Algorithmus Osteoporose) Berücksichtigung und ermöglichen dem User
danach eine Entscheidung zu fällen, ob
behandelt werden sollte oder nicht.
Dieser Algorithmus berücksichtigt klinische Risikofaktoren, welche zumindest
teilweise im FRAX® keine Berücksichtigung finden. Zu diesen Faktoren zählen
u. a. das Sturzrisiko selbst, Immobilität,
subklinischer Hyperkortisolismus u. a.
Die Knochendichte-Messergebnisse können sowohl von Femur- als auch LWSRegion verwendet werden. Die so errechnete Therapieschwelle wurde allerdings
empirisch mit einem 30%igen 10-Jahres-Frakturrisiko definiert, was aus Sicht
zahlreicher Expertinnen und Experten
aus unterschiedlichen Gründen inadä­
quat hoch erscheint. Auch werden keine
populationsspezifischen Merkmale wie
Frakturinzidenz, Mortalität etc. berücksichtigt.
Britisches QFracture®-Tool
Last but not least steht seit wenigen Monaten ein weiteres Online-Berechnungstool zur Verfügung, welches von einer
britischen Arbeitsgruppe unter der Bezeichnung QFracture® (http://www.qfracture.org/) entwickelt und publiziert wurde. Analog zu den beiden oben genannten Verfahren stellen die Basis für die
Berechnung des individuellen absoluten
Frakturrisikos die klassischen Risikofaktoren dar, welche durch eine größere Anzahl weniger gut gesicherter Risikofaktoren ergänzt wird. Ein Knochenmineraldichte-Ergebnis findet darin keine Berücksichtigung. Auch liegen derzeit keine
populationsspezifischen Berechnungsoptionen vor.
Bemerkenswert ist jedoch die durchaus
sinnvolle Option, das individuelle absolute Frakturrisiko für einen Zeitraum von
1–10 Jahren berechnen zu können. Dies
scheint insbesondere dort sinnvoll, wo
die noch zu erwartende Lebensdauer der
untersuchten Person unterhalb von 10
Jahren liegt. Eine direkte Empfehlung,
ob behandelt werden sollte oder nicht,
stellt dieses Tool nicht zur Verfügung. ■
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
23
THERAPIE & DIAGNOSTIK
u Das Risiko osteoporotischer Frakturen im fortgeschrittenen Lebensalter ist für Männer nicht
wesentlich geringer als für Frauen.
u Zoledronsäure verringert das Risiko von Männern für eine neue morphometrische Fraktur im Zeitraum von 24 Monaten um 67 %.
Neue Studie: Anti-Fraktur-Wirksamkeit von 1-mal jährlich als i. v. Infusion
verabreichter Zoledronsäure (Aclasta®) bei männlicher Osteoporose
Auch Männer vor osteoporotischen
Frakturen schützen
Redaktion: Dr. Claudia Uhlir
D
aten zur männlichen Osteoporose
sind im Vergleich zu jener der Frau
rar. Dabei sind Frakturen bei Männern im
fortgeschrittenen Lebensalter ein wesentliches Gesundheitsproblem. Das Risiko
osteoporotischer Frakturen im fortgeschrittenen Lebensalter ist für Männer
nicht wesentlich geringer als für Frauen.1
Darüber hinaus ist die Mortalität nach
osteporotischen Frakturen bei Männern
sogar höher als bei Frauen.2
Placebo
Zolendronsäure
relatives Risiko: 0,33
(95%-KI, 0,16–0,70)
5 –
4,9 %
(28/574)
4 –
relatives Risiko: 0,32
(95%-KI, 0,12–0,88)
3 –
2,8 %
(16/574)
2 –
1,6 %
(9/553)
1 –
0,9 %
(95/553)
–
–
0 –
24 Monate
(primärer Endpunkt)
–
Anteil der Patienten mit ≥ 1 neuen morphometrischen Fraktur
6 –
Bisher gab es zum Effekt von Osteoporosetherapien bei Männern keine adäquat
designten Studien mit dem primären
Endpunkt (vertebrale) Frakturen. Die
überwiegende Anzahl an Studien zur
Wirksamkeit einer medikamentösen Therapie bei Männern involviert klassische
Surrogatmarker wie etwa Knochenumsatzmarker und/oder Knochendichte.
Diese Lücke schließt nun die vor kurzem
erfolgte Publikation der ersten randomi-
12 Monate
(sekundärer Endpunkt)
sierten, kontrollierten prospektiven Studie mit primärem Endpunkt (vertebrales)
Frakturrisiko.3 Eingeschlossen waren
1.199 Männer im Alter zwischen 50
und 85 Jahren mit primärer oder Hypogonadismus-bedingter Osteoporose. Sie
erhielten im Abstand von 12 Monaten
eine intravenöse Infusion von Zoledron­
säure 5 mg oder Placebo.
Es zeigte sich, dass Zoledronsäure das
Risiko für eine neue morphometrische
Fraktur im Beobachtungszeitraum von
24 Monaten gegenüber der Kontrollgruppe um 67 % verringerte (1,6 % vs.
4,9 %; p = 0,002). Patienten unter Zoledronsäure wiesen weniger moderate
bis schwere vertebrale Frakturen auf
(p = 0,03) und verloren weniger an Körpergröße (p = 0,002). Es bestand auch
ein Trend hinsichtlich einer geringeren
Rate klinischer Frakturen zugunsten Zoledronsäure. Die Knochendichte war in
der Zoledronsäure-Gruppe signifikant
höher und die Knochenumbaumarker signifikant niedriger (p jeweils < 0,05).
Die Mortalitätsrate und die Rate schwerer unerwünschter Ereignisse waren in
beiden Gruppen vergleichbar.
■
Nach: Boonen S. et al., N Engl J Med 2012; 367:1714-23
Abb.: Zoledronsäure verringert das Risiko von Männern für neue morphometrische
Wirbelfrakturen
24
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
1 Waterloo S. et al., BMC Musculoskelet Disord 2012 Jan 17; 13:3. doi:
10.1186/1471-2474-13-3
2 Haentjens P. et al., Ann Intern Med 2010; 152 (6):380-90
3 Boonen S. et al., N Engl J Med 2012; 367:1714-23
s einzige
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ACLAST isphosphonat in
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der Grün
Fachkurzinformation siehe Seite 30
®
*) IND = Neuer EKO Text seit 1.7.2011:
Patientinnen und Patienten mit Knochenbruchkrankheit (Osteoporose) mit hohem Frakturrisiko oder
vorhergegangenen Frakturen nach inadäquatem Trauma. Bei M. Paget des Skeletts: Erstverordnung und
Kontrollen durch entsprechende Fachabteilung
AT1204033011 Datum der Erstellung: 03/2012
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SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
25
THERAPIE & DIAGNOSTIK
u Hauptanliegen der ÖGKM ist die Förderung der wissenschaftlichen Austausches und der osteologischen Forschung in Österreich.
u Ein zukunftsträchtiger Forschungsfokus beschäftigt sich vor dem Hintergrund des „Inflammagings“ mit den immunologischen Aspekten der Osteoporose beim älteren Menschen.
u In der Therapiepipeline befinden sich ein antikatabol wirksamer Kathepsin-KInhibitor und ein Sclerostin-Antikörper mit knochenanabolem Potenzial.
Der ÖGKM-Präsident zur Zukunft der Osteoporosetherapie
„Wir müssen das Armentarium auch einsetzen“
W
ir haben bereits ein gutes Armentarium und werden ein noch besseres bekommen, aber das müssen wir
dann auch einsetzen – und da ist sicherlich noch viel zu tun, auch von der
Aware­ness und der Ausbildung der KollegInnen her“, umreißt ao. Univ.-Prof. Dr.
Peter Pietschmann als Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Knochen
und Mineralstoffwechsel (ÖGKM) im Interview die aktuelle Ausgangsposition
mit Blick auf die zukünftige Bewältigung
der Volkskrankheit Osteoporose.
SPECTRUM OSTEOPOROSE: Welche
Zielsetzungen verfolgt die ÖGKM, welche Aktivitäten sind für die Zeit Ihrer
Präsidentschaft geplant?
ao. Univ.-Prof. Dr. Peter Pietschmann:
Für uns als wissenschaftliche Gesellschaft ist natürlich eine wesentliche Zielsetzung die Förderung der wissenschaftliche Tätigkeit in Österreich. Ein besonderes Anliegen ist uns dabei, auch für
den wissenschaftlichen Nachwuchs
neue Akzente zu setzen, sehr konkret etwa mit einem beim diesjährigen Osteoporose Forum in St. Wolfgang erstmals
vergebenen Stipendium, dem Felix-Bronner-Dissertationspreis. Eine schon traditionelle Einrichtung ist der Herbert-Czitober-Forschungspreis, mit dem seit 1996
herausragende Publikationen prämiert
werden. Wir unterstützen darüber hinaus
junge KollegInnen bei ihrer Kongresstätigkeit, um wissenschaftliche Projekte zu
präsentieren. Angedacht ist auch, aus
26
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
unseren Fortbildungsveranstaltungen,
die den neuen Stand des Wissens updaten, für die jüngeren KollegInnen ein fixes Curriculum zu entwickeln.
In unseren Aufgabenbereich zur Förderung des kollegialen Austausches fällt
auch die Organisation von Tagungen und
Kongressen. Ein Highlight im spezifisch
wissenschaftlichen Sinn ist die alle
3 Jahre und heuer wieder in Wien stattfindende „International Conference on
Progress in Bone and Mineral Research“
– der im Rahmen dieser Veranstaltung
vergebene, hoch dotierte „International
Research Prize“ richtet sich allerdings
eher an die fortgeschritteneren, etablierten KollegInnen. Mit dieser Tagung ist
auch unsere ÖGKM-Herbsttagung 2012
und ein von Frau Professor Enikö Kallay
organisiertes Symposium zum Calciumsensing Receptor kombiniert. Eher an
den klinisch tätigen Arzt richtet sich das
alljährliche Osteoporose Forum St. Wolfgang – eine sehr gut etablierte Fortbildungsveranstaltung; wir haben heuer
das 20-Jahre-Jubiläum gefeiert.
Als wichtige Aufgabe betrachten wir die
Vertretung der ÖGKM in den internationalen osteologischen Gesellschaften –
auch um bei der Erarbeitung internationaler Richtlinien gestaltend Einfluss nehmen zu können – etwa über die Beteiligung von ÖsterreicherInnen beim
Dachverband Osteologischer Gesellschaften (DVO). An der jährlich stattfindenden Osteologie-Tagung aller deutschsprachigen osteologischen Gesellschaf-
ao. Univ.-Prof. Dr. Peter Pietschmann
Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung, Medizinische Universität Wien;
Präsident der Österreichischen Gesellschaft
für Knochen und Mineralstoffwechsel
(ÖGKM)
[email protected]
ten sind wir regelmäßig mit zwei Sitzungen vertreten.
Selbstverständlich können wir unsere
Kompetenz federführend bei der Entwicklung einschlägiger österreichischer
Expertenstatements und Konsensusmeetings einbringen.
In Ihrer eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit als Grundlagenforscher beschäftigen Sie sich intensiv mit der Beziehung zwischen dem Knochen und dem
Immunsystem – was verspricht man
sich von diesem Ansatz?
Wir arbeiten hier am Institut in einem
Setting mit sehr starken immunologischen Gruppen. Ein spezieller Forschungsschwerpunkt betrifft derzeit die
Osteoporose beim älteren Menschen unter dem immunologischen Aspekt. Das
FOTO: SHUTTERSTOCK/VIDEODOCTOR
Phänomen „Inflammaging“ – ein relativ
junger, erst 2000 vom Italiener Claudio
Francesci geprägter Begriff – beschreibt,
dass Altern mit einem proinflammatorischen Status assoziiert ist: Man kann
z. B. sehr konstant nachweisen, dass
Adhäsionsmoleküle und proinflammatorische Zytokine im Alter hinaufreguliert
sind. Ich habe mich auch im Rahmen
einer Kooperation mit dem LBI für Altersforschung mit Immunphänomenen im
Alter und deren Beitrag zur Osteoporose
beschäftigt. So werden etwa in Regionen
mit viszeraler Adipositas oder ebenso
durch Fettansammlung im Knochenmark
selbst – „Bone Marrow Adiposity“ – proinflammatorische Zytokine wie TNF-a,
IL-1 oder IL-6 verstärkt exprimiert, die in
weiterer Folge RANKL, den zentralen
Mediator der Osteoklastogenese, hinaufregulieren.
Parallel und den osteoanabolen Schenkel
betreffend, wissen wir aus experimentellen Alternsmodellen, dass proinflam­
matorische Zytokine überdies RUNX2,
einen zentralen Osteoblasten-Transkriptionsfaktor, deutlich hinunterregulieren –
auch dies ist ein molekulares Indiz für
Altersosteoporose als immunologische
Erkrankung.
Natürlich spielen das Sexualhormondefizit oder Vitamin-D-Defizienz ungeschmälert eine prominente Rolle, jedoch gibt es selbst hier Verbindungen
zur Immunologie: Pacifici etwa hat
schon in den 1980ern gezeigt, dass
Monozyten von östrogendefizienten
Frauen mehr proinflammatorische Zytokine produzieren.
Zuletzt haben mit Denosumab erstmals
gezielte Therapien Eingang in die Osteoporosetherapie gefunden. Gibt es vergleichbar Innovatives in der Pipeline?
In den letzten Jahren waren therapeutisch durchaus Fortschritte zu verzeichen. Mittelfristig erwarten wir die Zulassung für einen Inhibitor von Kathepsin K, einer Protease, die eine wichtige
Funktion beim Abbau der organischen
Knochenmatrix durch den Osteoklasten
innehat – also dem Mechanismus nach
eine antikatabole Substanz wie Denosumab oder Bisphosphonate. Die Phase-II-Studien sind durchaus vielverspre-
chend, Phase-III-Studien sind im Laufen.
Eine weitere Substanz mit Zulassungschancen ist ein Antikörper gegen Sclerostin, ein zentrales Molekül der Knochenturnover-Regulation.
Publiziert
wurden schon viele tierexperimentelle
Knock-out-Modelle zu Sclerostin. Besonders spannend dabei ist, dass wir
hier eine anabole Substanz in den
Startlöchern haben. In einer Phase-IStudie, welche im „Journal of Bone Mineral Research“ publiziert wurde, konnte gezeigt werden, dass eine einmalige
Antikörperinjektion die Knochenformation sehr deutlich stimulieren kann.
Osteoporose wird aufgrund der demografischen Perspektive als unausweichliches ökonomisches Katastrophenszenario für die Zukunft dargestellt. Was
muss passieren, um dies zu verhindern?
Wir werden noch lernen müssen, wie wir
Osteoporosepatienten im langjährigen
Krankheitsverlauf optimal zu versorgen
haben, sie werden wahrscheinlich mehrere Präparate in ihrem Patientenleben
bekommen müssen.
Weiters müssen wir noch intensiv daran
arbeiten, jene Patienten zielsicherer zu
identifizieren, die eine medikamentöse
Therapie brauchen. Leider sind viele der
Patienten mit klassischen Frakturen nach
wie vor unterversorgt – weil noch immer
die größte Zahl der Menschen mit Osteoporose weder diagnostiziert noch therapiert ist. Hier gibt es bereits neue Dia­
gnose-Tools wie etwa den FRAX, die über
die Knochendichte hinaus präzisere Informationen für eine individuelle Therapieentscheidung liefern sollen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Peter Lex
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
27
PHARMA-NEWS
Vimovo® (Naproxen + Esomeprazol)
Verbesserung der Compliance: Ein Problem des effektiven Magenschutzes bei Gabe von NSAR ist die Compliance.1 Eine
Lösung für dieses Compliance-Problem bietet Vimovo® als Fixkombination von 500 mg Naproxen und 20 mg Esomeprazol
(als Magnesiumtrihydrat) in einer Tablette. Durch die Fixkombination eines PPI mit dem NSAR genügt eine Tablette zur
gleichzeitigen Schmerzbehandlung und Ulkusprophylaxe, was
zu einer Verbesserung der Compliance führen kann und dem
Patienten gegenüber den Einzelverordnungen auch noch einen
ökonomischen Vorteil durch die Halbierung der Rezeptgebühr
bringt.
Während Esomeprazol sofort freigesetzt wird, erfolgt die Freisetzung von Naproxen mit einer gewissen Verzögerung.
Vimovo® ist gleich wirksam wie magensaftresistentes Naproxen alleine und verringert das Risiko für die Entwicklung von
Magenulzera bei gleichzeitiger Verwendung von Acetylsalicylsäure ASS im Vergleich zu magensaftresistentem Naproxen von
28,4 % auf 3,0 % (p < 0,001) bzw. ohne gleichzeitige ASSEinnahme von 22,2 % auf 6,4 % (p < 0,001)2.
Indikationen:
• Symptomatische Behandlung von Arthrose, rheumatoider
Arthritis und ankylosierender Spondylitis bei Patienten, bei
denen Naproxen in geringer Dosis oder anderer NSAR als
nicht ausreichend erachtet werden und die ein Risiko für
ID 3769 10/2012
Schmerzbehandlung und
­Ulkusprophylaxe gleichzeitig
durch NSAR induzierte gastrische und/oder duodenale Ulzera haben.
• Schübe von Osteoarthritis, RA oder ankylosierender Spondylitis können mit Vimovo® behandelt werden.
• Nicht zur akuten Schmerzbehandlung (verzögerte Freisetzung von Naproxen).
Vimovo® ist in der Grünen Box gelistet und somit frei verschreibbar.
1 Bolten W., Orthopedic Research and Reviews 2010; 2:75-84
2 Dhillon S., Drugs Aging 2011; 28 (3):237-248
Weitere Informationen:
AstraZeneca Österreich Gmbh
Mag. Andrea Spanlang
Tel.: 01/711 31-438
E-Mail: [email protected]
www.astrazeneca.at
Die original Quartalsspritze bei postmenopausaler Osteoporose
Bonviva® seit 1. Oktober 2012
in der Grünen Box
D
ie i. v. Quartalsspritze Bonviva® (Ibandronsäure) zur Behandlung der postmenopausalen Osteoporose befindet sich
seit 1. Oktober 2012 in der Grünen Box des Erstattungskodex
und ist damit frei verschreibbar. Bonviva® war das erste in der
EU zugelassene i. v. Bisphosphonat zur Behandlung postmenopausaler Osteoporose. Die Genehmigung durch die europäischen Behörden erfolgte 2006. Seit diesem Zeitpunkt steht das
Originalpräparat Bonviva® 3-mg-Injektionslösung in einer Fertigspritze Osteoporosepatientinnen zur Verfügung.
28
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
Weitere Informationen:
Roche Austria GmbH
Mag. Philip Bode
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1211 Wien
KWIZDA PHARMA
Innovatives Kalzium-Vitamin-D3-Supplement
M
ehr Vitamin D3 und ausreichend, aber nicht zu viel Kalzium“ lautet das aktuelle Credo von Osteoporose-Spezialisten, Gynäkologen und Allgemeinmedizinern zur Basistherapie
bei Osteoporose. Prim. Dr. Peter Bernecker in empfahl in seinem Vortrag am diesjährigen Osteoporose-Forum in St. Wolfgang1 eine tägliche Dosis von 1.000–1.200 IE Vitamin D , um
einen Serumspiegel von > 24 ng/ml (gemessen als 25[OH]D)
als Basis einer spezifischen medikamentösen OsteoporoseTherapie zu erhalten.
Mit der Entwicklung eines innovativen Kalzium-Vitamin-D3Präparats, welches sowohl die erhöhte Menge von 1.000 IE
Vitamin D3 (= 25 μg) als auch 500 mg Kalzium2 pro Tablette
bietet, reagierte das österreichische Familienunternehmen
Kwizda Pharma auf die neuen Anforderungen3. Die Einnahme
nur einer Tablette pro Tag unterstützt den täglichen Mehrbedarf
an Kalzium und Vitamin D3 von Osteoporose-Patienten.
Um zusätzlich die Compliance zu verbessern, wurde „CALCIUM – Vitamin D3 KWIZDA“ in eine besondere galenische Form
gebracht. Die Patienten können selbst entscheiden, ob sie die
innovative Tablette mit Orangengeschmack lieber schlucken
(die Einzeltablette kann auch leicht geteilt werden) oder kauen
möchten. Zudem erleichtern die handliche Packungsabmes-
sung sowie die einfache Einmal-Gabe pro Tag kostengünstig
den Therapiealltag der Patienten.
Die neuen „CALCIUM – Vitamin D3 KWIZDA“-Tabletten zum
Schlucken oder Kauen werden der Alendronsäure INTerpharm
seit Jahresbeginn als Supplement beigepackt.
1 Prim. Peter Bernecker, Satellitensymposium, 20. Osteoporoseforum St. Wolfgang; 10. Mai 2012
2 additiv zu dem mit der Nahrung aufgenommenen Kalzium
3 Holick M.F. et al.: Evaluation, treatment and prevention of Vitamin D Deficiency: an endocrine society clinical practice
guideline. J Clin Endocrinol Metab 2011 July; 96 (7):1911-30
Weitere Informationen:
Kwizda Pharma GmbH, Dr. Margot Tschapka
Tel.: 05 99 77-30387, Fax: 05 99 77-30320
www.kwizda.at
Syk- und JAK-Inhibitoren bei rheumatoider Arthritis
Die Zukunft der Therapie der rheumatoiden Arthritis könnte den Syk- und JAK-Inhibitoren gehören. Mit diesen Substanzen wird erstmals intrazellulär in die Pathologie der RA eingegriffen.
S
elbst bei Ausschöpfung aller derzeit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten kann bei einem Teil der Patienten mit
rheumatoider Arthritis (RA) immer noch keine zufrieden stellende Krankheitskontrolle erzielt werden. Für sie und auch für
Patienten, bei denen es unter längerfristiger Biologika-Therapie
zu einem Wirkverlust kommt, werden dringend Substanzen mit
neuen Wirkmechanismen benötigt. Zu den Hoffnungsträgern
zählen Syk- und JAK-Inhibitoren.
Syk-Inhibitoren: Syk (Spleen tyrosine kinase) ist ein intrazelluläres, zytoplasmatisches Enzym, das die Signalübertragung in
einer Vielzahl von Immunzellen mediiert. Syk-inhibierende
Substanzen haben, wie im Tierexperiment gezeigt, starke antiinflammatorische Wirkungen. Der Syk-Inhibitor Fostamatinib
hat sich in zwei placebokontrollierten Studien bei Patienten
nach Methotrexat-(MTX)-Versagen als wirksam erwiesen.1, 2
Eine weitere Studie zu Fostamatinib untersuchte Patienten mit
aktiver RA nach Biologika-Versagen. Hierbei war Fostamatinib
gemessen am ACR-20-Response (primärer Endpunkt) Placebo
nicht überlegen.3
JAK-Inhibitoren: JAK (Januskinasen) spielen eine wichtige
Rolle in der zytokininduzierten Signaltransduktion. Der am
breitesten untersuchte JAK-Inhibitor Tofacitinib, dessen Zulassungsverfahren bereits läuft, hat sich in Phase-III-Studien sowohl in der Monotherapie als auch in Kombination mit konventionellen DMARDs (Disease-modifying Antirheumatic Drugs)
nicht nur nach Versagen von DMARDs, sondern auch von Biologika als wirksam erwiesen.4–8 Auch zu den JAK-Inhibitoren
GLPG06349, Baricitinib10 und VX-50911 liegen bereits positive
Ergebnisse aus Phase-II-Studien vor.
1 Weinblatt
M.E. et al., Arthritis Rheum 2008; 58:3309-18; 2 Weinblatt M.E. et al., N Engl J Med 2010; 363:1303-12;
M.C. et al., Arthritis Rheum 2011; 63:337-45; 4 Fleischmann R. et al., Arthritis Rheum 2010; 62 (12):3841;
5 van Vollenhoven R.F. et al., Arthritis Rheum 2011; 63 (Suppl. 10):S153; 6 van der Heijde D. et al., Arthritis Rheum
2011; 63 (Suppl. 10):2592; 7 Kremer J. et al., Ann Rheum Dis 2011; 70 (Suppl. 3):170; 8 Burmester G. et al., Arthritis
Rheum 2011; 63 (Suppl. 10):S279; 9 Vanhoutte F. et al., EULAR 2012, OP0263; 10 Keystone E. et al., EULAR 2012,
Abstract LB0005; 11 http://www.vrtx.com/current-projects/drug-candidates/vx-509.html
3 Genovese
SPECTRUM OSTEOPOROSE 2/2012
29
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Aclasta 5 mg Infusionslösung.
QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG: Eine Flasche mit 100 ml Lösung enthält 5 mg Zoledronsäure (als
Monohydrat). Jeder ml der Lösung enthält 0,05 mg Zoledronsäure (wasserfrei), entsprechend 0,0533 mg Zoledronsäuremonohydrat. Sonstige Bestandteile: Mannitol, Natriumcitrat, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Behandlung der Osteoporose • bei postmenopausalen Frauen • bei Männern mit einem erhöhten Risiko für Frakturen, einschließlich bei Patienten mit einer kürzlich erlittenen niedrig-traumatischen Hüftfraktur. Behandlung der Osteoporose in
Zusammenhang mit einer systemischen Langzeit-Glukokortikoid-Therapie • bei postmenopausalen Frauen • bei Männern mit einem erhöhten Frakturrisiko. Behandlung von Morbus Paget des Knochens bei Erwachsenen. Gegenanzeigen:
- Überempfi ndlichkeit gegen den Wirkstoff, andere Bisphosphonate oder einen der sonstigen Bestandteile - Patienten mit
Hypokalzämie (siehe Abschnitt 4.4) - Schwere Nierenfunktionsstörung mit einer Kreatinin-Clearance von < 35 ml/min
(siehe Abschnitt 4.4) - Schwangerschaft und Stillzeit (siehe Abschnitt 4.6) INHABER DER ZULASSUNG: Novartis Europharm Limited, Wimblehurst Road, Horsham, West Sussex, RH12 5AB, Vereinigtes Königreich Pharmakotherapeutische
Gruppe: Arzneimittel zur Behandlung von Knochenerkrankungen, Bisphosphonate, ATC-Code: M05 BA 08 VERSCHREIBUNGSPFLICHT / APOTHEKENPFLICHT: Rp, apothekenpfl ichtig. Informationen betreffend Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkung mit anderen Mitteln, Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. Stand der Information: 02/2012.
Alendronsäure „Interpharm“ 70 mg einmal wöchentlich-Tabletten.
2. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Eine Tablette enthält 70 mg Alendronsäure (als NatriumalendronatTrihydrat). Jede Tablette enthält 142.64 mg Lactose-Monohydrat. 4.1. Anwendungsgebiete: Therapie der postmenopausalen Osteoporose. Alendronsäure vermindert das Risiko für Wirbel- und Hüftfrakturen. 4.3. Gegenanzeigen: Erkrankungen des Ösophagus und andere Faktoren, welche die ösophageale Entleerung verzögern, wie Strikturen oder Achalasie.
Unfähigkeit, für mindestens 30 Minuten aufrecht zu stehen oder zu sitzen. Überempfindlichkeit gegenüber Alendronsäure oder einem der sonstigen Bestandteile. Hypokalzämie. Liste der sonstigen Bestandteile: Mikrokristalline Zellulose,
Lactose-Monohydrat, Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat. Inhaber der Zulassung: Interpharm ProduktionsgmbH, 1160 Wien. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Wirkstoffgruppe: Pharmakotherapeutische Gruppe: Arzneimittel zur Behandlung von Knochenerkrankungen, Bisphosphonate. ATC-Code: M05BA04.
Stand der Information: 09/2012. Weitere Informationen zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen, Überdosierung entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
CAL-D-VITA® – Kautabletten. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Eine Kautablette enthält Kalzium 600 mg
als Calciumcarbonat 1500 mg, Colecalciferol (Vitamin D3) 400 I.E. (äquivalent zu 10 Mikrogramm) Sonstige Bestandteile: Aspartam (E 951) 6 mg, Saccharose 3 mg, Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
Liste der sonstigen Bestandteile: Mannitol, Povidon, Talkum, Magnesiumstearat, Aspartam (E 951), Wasserfreie Citronensäure, Aromastoff (Orangenaroma), α-Tocopherol, Nahrungsfette, Fischgelatine, Maisstärke, Saccharose; Pharmakotherapeutische Gruppe: Mineralstoffe ATC-Code: A12AX; Anwendungsgebiete: Korrektur von kombinierten Vitamin D- und
Kalziummangelzuständen bei älteren Patienten. Vitamin D- und Kalzium-Supplementierung als Zusatz zu einer spezifischen Osteoporosebehandlung bei Patienten, bei denen ein kombinierter Vitamin D- und Kalziummangel diagnostiziert
wurde oder ein hohes Risiko für solche Mangelzustände besteht. Gegenanzeigen: Hyperkalzämie, schwere Hyperkalzurie,
Nierensteine, Langzeitimmobilisation in Kombination mit Hyperkalzurie und/oder Hyperkalzämie, Hypervitaminose D,
Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder einen der sonstigen Bestandteile. Inhaber der Zulassung: Bayer Austria
Ges.m.b.H, Herbststraße 6-10, 1160 Wien Verschreibungs-/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig; Weitere
Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln
und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit und Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. Stand der Information: Oktober 2007.
Prolia® 60 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze.
Qualitative und Quantitative Zusammensetzung: Jede Fertigspritze enthält 60 mg Denosumab in 1 ml Lösung (60 mg/ml).
Denosumab ist ein humaner monoklonaler IgG2-Antikörper, der mittels rekombinanter DNA-Technologie in einer Säugetierzelllinie (CHO) hergestellt wird. Sonstige Bestandteile mit bekannter Wirkung: Jeder ml der Lösung enthält 47 mg
Sorbitol (E420). Liste der sonstigen Bestandteile: Essigsäure 99%, Natriumhydroxid (zur pH-Wert Einstellung; der Acetatpuffer wird durch Mischen von Essigsäure mit Natriumhydroxid gebildet), Sorbitol (E420), Polysorbat 20, Wasser für
Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko. Prolia® vermindert signifikant das Risiko für vertebrale, nicht-vertebrale und Hüftfrakturen. Behandlung von Knochenschwund im Zusammenhang mit Hormonablation bei Männern mit Prostatakarzinom mit erhöhtem
Frakturrisiko. Prolia® vermindert bei Männern mit Prostatakarzinom unter
Hormonablationstherapie signifikant das Risiko für vertebrale Frakturen. Gegenanzeigen: Hypokalzämie, Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder
einen der sonstigen Bestandteile. Pharmakotherapeutische Gruppe: Mittel zur
Behandlung von Knochenerkrankungen – Andere Mittel mit Einfluss auf die
Knochenstruktur und die Mineralisation, ATC-Code: M05BX04. Inhaber der
Zulassung: Amgen Europe B.V., 4817 ZK Breda, NL, Vertreter in Österreich:
Amgen GmbH, 1040 Wien. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezeptund apothekenpflichtig. Stand der Information: April 2012. Weitere Angaben zu
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, besonderen Warnhinweisen und
Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen
Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit
sowie zu Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. Referenzen: 1. Boyle WJ et al. Nature 2003; 423: 337–342. 2. Kostenuik PJ et al. Current Opinion in Pharmacology 2005, 5:618–625. 3. Boyd S et
al. Bone 2011; 48 (Suppl 2):182, #PP264-T 4. Cummings SR et al. N Engl J
Med. 2009 Aug 20;361(8):756-6. 5. Data on file, Amgen. * signifikante Frakturreduktion an allen gemessenen Stellen
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Copolymer (1:1) Dispersion, Methyl-para-hydroxybenzoat E218*, Polydextrose, Polysorbat 80, Propyl-para-hydroxybenzoat E216*, Natriumdodecylsulfat,
Titandioxid E171, Triethylcitrat. Drucktinte: Hypromellose, Eisenoxid E172
(schwarz), Propylenglycol. *Diese Konservierungsmittel sind in einer Filmbeschichtungs-Mischung enthalten und sind im Endprodukt nur in sehr geringen,
nicht-funktionellen Dosierungen enthalten. ANWENDUNGSGEBIETE: Symptomatische Behandlung von Arthrose, rheumatoider Arthritis und ankylosierender Spondylitis bei Patienten mit Risiko zur Entstehung von gastrischen und/
oder duodenalen Ulcera, die durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
hervorgerufen werden können, und bei welchen eine Behandlung mit geringeren Dosierungen Naproxen oder anderer NSAR als nicht ausreichend erachtet
wird. GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegen Naproxen, Esomeprazol,
substituierte Benzimidazole oder einen der sonstigen Bestandteile. Asthma,
Urticaria oder allergische Reaktionen, in Folge der Anwendung von Acetylsalicylsäure oder anderen NSAR in der Krankengeschichte. Drittes Trimester der
Schwangerschaft. Schwere Leberfunktionsstörungen (z. B. Childs-Pugh C).
Schwere Herzinsuffizienz. Schwere Nierenfunktionsstörungen. Aktive peptische Ulzerationen (gastrointestinale Effekte Naproxen). Gastrointestinale
Blutungen, zerebrovaskuläre Blutungen oder andere Blutungsstörungen (Hämatologische Effekte). Vimovo darf nicht gemeinsam mit Atazanavir und Nelfinavir angewendet werden. INHABER DER ZULASSUNG: AstraZeneca Österreich GmbH, Schwarzenbergplatz 7, A-1037 Wien. VERSCHREIBUNGSPFLICHT/
APOTHEKENPFLICHT: Rezept- und apothekenpflichtig. Stand: 09/2012. Informationen zu den Abschnitten besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und
sonstige Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen
sowie den Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation
(z.B. Austria Codex) zu entnehmen.
Der neue Short Cut:
Auf einen Blick das Wesentliche erfasst.
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Bei rheumatoider Arthritis werden über
JAK-Signalwege pro-inflammatorische
Proteine (z.B. Zytokine und Chemokine)
stimuliert, die zu anhaltender Entzündung
1, 2
und Gelenkzerstörung beitragen.
ZYTOKIN
ZELLME
INAKTIVE
JAK
REZEPTOR
AKTIVIERTE
JAK
PHOSPHAT
AKTIVIERTE
STATS
ZELLKERN
AKTIVIERTE
IMMUNZELLE
Fachkurzinformation siehe Seite 30
Erfahren Sie mehr über die
Rolle der JAK-Signalwege
bei rheumatoider Arthritis
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MBRAN
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