Krebs im Kanton Freiburg

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Krebs im Kanton Freiburg
Kolorektalkrebs
im Kanton Freiburg, Statistikanalysen durchgeführt mit den seit Anfang 2006
erhobenen Daten des Krebsregisters Freiburg.
Nummer 2, September 2013
2
Inhaltsverzeichnis
DANK ...................................................................................................................................................... 5
EINFÜHRUNG ......................................................................................................................................... 7
KONTEXTUELLE DATEN ...................................................................................................................... 9
KOLOREKTALKREBS IM KANTON FREIBURG ................................................................................ 13
ANATOMIE UND LOKALISATIONEN .......................................................................................................... 14
INZIDENZ ............................................................................................................................................. 17
STADIUM BEI DER DIAGNOSE ................................................................................................................ 19
BEHANDLUNGEN .................................................................................................................................. 20
ANZAHL TODESFÄLLE DURCH KOLOREKTALKREBS UND STERBLICHKEIT .................................................. 23
VORZEITIG VERLORENE LEBENSJAHRE .................................................................................................. 24
PRÄVALENZ ......................................................................................................................................... 24
ÜBERLEBEN ......................................................................................................................................... 25
FRÜHERKENNUNG VON KOLOREKTALKREBS .............................................................................. 27
NACHWEIS VON OKKULTEM BLUT IM STUHL ........................................................................................... 27
FRÜHERKENNUNG DURCH OPTISCHE KOLOSKOPIE UND POLYPEKTOMIE .................................................. 27
FRÜHERKENNUNG MIT VIRTUELLER KOLOSKOPIE (BILDGEBUNGSVERFAHREN MIT SCANNER) ................... 28
FRÜHERKENNUNG DURCH DIE SUCHE NACH TUMORMARKERN IM BLUT ODER IM STUHL ........................... 28
FRÜHERKENNUNG DURCH KAPSEL-ENDOSKOPIE DES KOLONS ............................................................... 28
FORSCHUNG........................................................................................................................................ 29
DER BEITRAG DER LABORFORSCHUNG IN DER BETREUUNG VON KOLOREKTALKREBS-PATIENTINNEN UND PATIENTEN .......................................................................................................................................... 29
EIN NEUER ANSATZ DER FRÜHERKENNUNG ........................................................................................... 30
ZU NEUEN PRÄVENTIONS- UND BEHANDLUNGSSTRATEGIEN ................................................................... 30
SCHLUSSWORT .................................................................................................................................. 33
GLOSSAR ............................................................................................................................................. 35
INZIDENZ ............................................................................................................................................. 35
BRUTTO-INZIDENZRATEN ...................................................................................................................... 35
STANDARDISIERTE INZIDENZRATEN ....................................................................................................... 35
TNM-KLASSIFIKATION .......................................................................................................................... 36
T-INDEX .............................................................................................................................................. 36
TNM-STADIUM .................................................................................................................................... 36
BEOBACHTETES ÜBERLEBEN ................................................................................................................ 36
RELATIVES ÜBERLEBEN........................................................................................................................ 36
3
4
Dank
Dr. Camey, verantwortlicher Arzt des Krebsregisters, dankt folgenden Personen für ihren
wissenschaftlichen Beitrag und ihre aktive Mitwirkung an der Abfassung dieses Dokuments:





Prof. Daniel Betticher, Chefarzt der Onkologie HFR Freiburg – Kantonsspital
Dr. Philippe Stadler, Facharzt für Gastroenterologie, Leitender Arzt HFR Freiburg –
Kantonsspital
Prof. Curzio Rüegg, Departement für Medizin, Mathematisch-Naturwissenschaftliche
Fakultät – Universität Freiburg
Dr. Jean-Michel Lutz, Epidemiologe
Rose-Marie Rittener, Geschäftsleiterin der Krebsliga Freiburg
*****
5
6
Einführung
Alljährlich werden in der Schweiz rund 37‘000 neue Krebserkrankungen diagnostiziert. In der
gleichen Zeit verursachen Krebserkrankungen rund 16‘000 Todesfälle. Durchschnittlich
erkrankt eine von drei Personen im Lauf ihres Lebens an Krebs, und rund einer von vier
Todesfällen ist auf Krebs zurückzuführen. Insgesamt werden 30% der Todesfälle bei
Männern und 22% bei Frauen durch Krebs verursacht. Bei den unter 75-Jährigen ist Krebs
die häufigste Todesursache.
In der Schweiz werden die Daten über Krebs, neue Fälle und Todesfälle, in den
Krebsregistern der meisten Kantone erhoben. Diese Daten werden von der nationalen
Koordinationsstelle aller kantonalen Register (Nationales Institut für Krebsepidemiologie und
-registrierung, NICER) ausgewertet, aufbereitet und dem Gesundheitssystem, den
politischen Verantwortlichen sowie der Bevölkerung zur Verfügung gestellt.
Epidemiologische Daten, die in einheitlicher Weise für die Berechnungen von Inzidenz,
Prävalenz und Überlebensrate erhoben werden, sind für die Führung einer
Gesundheitspolitik unverzichtbar.
Diese zweite Ausgabe der jährlichen Publikation des Krebsregisters Freiburg gilt dem Thema
Dickdarmkrebs. Da der Dickdarm in der Hauptsache aus Kolon und Rektum besteht, gilt er
im Dokument insgesamt als ein einziges Organ. Demzufolge sprechen wir von
Kolorektalkrebs.
Nach Brustkrebs bei den Frauen und Prostatakrebs bei den Männern ist Kolorektalkrebs die
zweithäufigste Krebsart in der Bevölkerung.
Im Unterschied zu Brust und Prostata ist der Dickdarm für Vorsorgeuntersuchungen - mit
Stuhlanalyse und Endoskopie zur direkten Untersuchung - leicht zugänglich. Die
Vorsorgeuntersuchung auf Kolorektalkrebs wird zwar nicht systematisch und amtlich
organisiert, ihre Kosten werden aber seit Juli 2013 durch die Krankenversicherer
übernommen.
Dieses Dokument wendet sich vorrangig an die Ärzteschaft, deren Mitglieder uns
regelmässig die Daten von Krebsfällen liefern, an die Kantonsbehörden, welche für die
Krebsbekämpfung über die Ergebnisse des Registers verfügen, sowie an verschiedene
Kreise, die hier wertvolle Informationen über Krebs im Kanton Freiburg finden.
Bei der Lektüre ist im Auge zu behalten, dass die Inzidenzraten das Risiko für eine
Neuerkrankung angeben. In den Tabellen und Grafiken stellen sie die Anzahl Fälle auf
100'000 Einwohnerinnen und Einwohner dar, meistens für ein Beobachtungsjahr, manchmal
für eine mehrjährige Periode.
Wie alle Schweizer Register übermittelt das Krebsregister Freiburg alljährlich seine Daten
anonymisiert an das nationale Register (Nationales Institut für Krebsepidemiologie und
-registrierung, NICER), welches so die gesamtschweizerischen Statistiken erstellen kann. Da
die verschiedenen Schweizer Register nicht alle die gleichen Lieferfristen haben, sind die
Statistiken des NICER gegenüber den kantonsinternen Freiburger Statistiken um ein Jahr im
Rückstand. Deshalb reichen die Tabellen und Grafiken allein für den Kanton Freiburg häufig
bis ins Jahr 2011, wohingegen diejenigen des NICER beim Jahr 2010 enden.
Wir bitten die Leserinnen und Leser in den Überschriften stets zu überprüfen, welche Jahre
betroffen sind.
7
Die nationalen, von NICER und BFS gemeinsam erarbeiteten
Sterblichkeitsstatistiken sind unter folgenden Adressen zu finden:
Inzidenz-
und
http://nicer.org/default.aspx?NavigationID=42
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/fr/index/themen/14/02/05/key/01/02.html
Für die Organisation der Krebsbekämpfung ist ein umfassender, regelmässig aktualisierter
Überblick über den Jetztzustand und die Wirksamkeit der ergriffenen Massnahmen von
zentraler Bedeutung.
Das Krebsregister Freiburg ist ein Bevölkerungsregister mit dem Ziel, alle Krebsfälle zu
erfassen, die in der beobachteten Bevölkerung diagnostiziert werden. Als Bevölkerung
berücksichtigt das Register Freiburg alle Personen, die ihren Hauptwohnsitz im Kanton
Freiburg haben.
Da die Freiburger Bevölkerung stetig wächst1, wird die Zahl der Fälle in den kommenden
Jahrzehnten vermutlich steigen. Das bedeutet aber nicht automatisch einen Anstieg der
Inzidenzrate, denn diese wird durch die Einwohnerzahl korrigiert (Inzidenzrate = Anzahl Fälle
/ 100'000 Einwohner/innen)2.
*****
1
2
http://www.fr.ch/sstat/fr/pub/annuaire_statistique.htm
siehe Glossar
8
Kontextuelle Daten
Unter den Tumorerkrankungen sind vier Lokalisationen besonders häufig (siehe
nachfolgende Tabelle). Am häufigsten sind Brustkrebs bei den Frauen (16.5%) und
Prostatakrebs bei den Männern (16.3%). An dritter und vierter Stelle folgen Kolorektalkrebs
(11%) und Lungenkrebs (10%). Allein diese vier Lokalisationen machen 53% aller invasiven
Tumoren aus.
Die gleiche Verteilung findet sich in den Statistiken aller von uns geprüften Register, sowohl
in der Schweiz als auch in den europäischen Nachbarländern.
Aufteilung der im Krebsregister Freiburg verzeichneten invasiven Tumorfälle, Jahre 2006 bis 2011, nach
Geschlecht und Hauptlokalisationen
Organe
Prostata
Brustdrüse
Kolon, Rektum
Lunge, Bronchien, Trachea
Harnblase
Blutbildende und retikuloendotheliale Systeme
Mundhöhle und Pharynx
Cervix uteri
Corpus uteri
Ovar
Niere
Magen
Pankreas
Leber und intrahepatische Gallengänge
Ösophagus
Schilddrüse
Gehirn und Zentralnervensystem
Lymphknoten
Hoden
Andere oder unbekannte Lokalisationen
Larynx
Weichteilgewebe
Dünndarm
Pleura
Sonstige männliche Genitalorgane
Gallenblase und Gallenwege
Sonstige endokrine Drüsen
Knochen und Gelenkknorpel
Obere Atemwege
Herz und Mediastinum
Anus
Auge und Augenanhangsgebilde
Thymus
Sonstige Harnorgane
Sonstige weibliche Genitalorgane
Plazenta
Total
Männer
Frauen
Total Fälle
%
1319
7
521
511
357
252
161
0
0
0
134
115
113
103
102
48
96
90
74
57
51
28
27
23
22
20
14
12
12
9
7
7
2
1
0
0
4295
0
1322
339
287
88
209
57
379
156
126
60
68
96
24
19
108
106
87
0
65
6
36
25
1
0
25
8
8
0
2
22
4
2
1
51
2
3789
1319
1329
860
798
445
461
218
379
156
126
194
183
209
127
121
156
202
177
74
122
57
64
52
24
22
45
22
20
12
11
29
11
4
2
51
2
8084
16.32%
16.44%
10.64%
9.87%
5.50%
5.70%
2.70%
4.69%
1.93%
1.56%
2.40%
2.26%
2.59%
1.57%
1.50%
1.93%
2.50%
2.19%
0.92%
1.51%
0.71%
0.79%
0.64%
0.30%
0.27%
0.56%
0.27%
0.25%
0.15%
0.14%
0.36%
0.14%
0.05%
0.02%
0.63%
0.02%
100%
%
kumuliert
16%
33%
43%
53%
59%
64%
67%
72%
74%
75%
78%
80%
83%
84%
86%
88%
90%
92%
93%
95%
95%
96%
97%
97%
97%
98%
98%
98%
99%
99%
99%
99%
99%
99%
100%
100%
9
In der Schweiz ist Krebs nach den kardiovaskulären Krankheiten die zweithäufigste
Todesursache in der Gesamtbevölkerung. In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen steht
er in der Schweiz bei beiden Geschlechtern sogar an erster Stelle.
3
Das Auftreten einer Krebserkrankung hat eine wahrscheinliche Änderung der
Lebenserwartung zur Folge. Um die (beobachtete) Lebensdauer nach dem Alter, in dem die
Diagnose gestellt wurde, mit der (theoretischen) Lebenserwartung in der allgemeinen
Bevölkerung desselben Alters zu vergleichen, verwendet man den Begriff des «Überlebens»
(englisch survival). Ist die Überlebenszeit kürzer, spricht man von vorzeitig verlorenen
Lebensjahren. Ist sie gleich lang oder länger, spricht man von Heilung, denn die erkrankte
Person hat in diesem Fall die gleiche Lebenserwartung wie die übrige Bevölkerung.
Die Differenz zwischen der beobachteten und der theoretischen Lebensdauer bedeutet die
Anzahl der verlorenen potenziellen Lebensjahre.
Die Berechnung kann anhand der Lebenserwartungswerte der WHO erfolgen, hierfür müsste
man aber die Werte ausfindig machen, welche zum Zeitpunkt der Geburt jeder Patientin,
jedes Patienten gültig waren.
Das BFS verwendet für alle Fälle das Durchschnittsalter von 70 Jahren. Dieses
Durchschnittsalter von 70 Jahren ist eine internationale Norm, die den Vergleich zwischen
Ländern mit unterschiedlicher Lebenserwartung ermöglicht.
Man kann auch das Rentenalter heranziehen, um die Anzahl der verlorenen potenziellen
Jahre erwerbstätigen Lebens zu errechnen.
Aus der BFS-Statistik geht hervor, dass bei Frauen maligne Tumorerkrankungen,
insbesondere Brust- und Lungenkrebs, die Hauptursache für die verlorenen potenziellen
Lebensjahre sind.
3
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/fr/index/themen/14/02/04/key/01.html
10
Verlorene potenzielle Lebensjahre (VPL), für beide Geschlechter und für eine durchschnittliche
4
Lebenserwartung von 70 Jahren .
2007
2008
2009
2010
VPL 1)
%
Rate 2)
VPL 1)
%
Rate 2)
VPL 1)
%
Rate 2)
VPL 1)
%
Rate 2)
Alle Todesursachen
119'644
100.0
3'382.3
117'271
100.0
3'256.5
118'682
100.0
3'243.9
110'920
100.0
2'964.2
Bösartige Tumoren
34'817
29.1
955.7
34'640
29.5
931.2
33'793
28.5
898.2
33'258
30.0
861.6
Männer
davon:
Magen
1'568
1.3
42.2
1'453
1.2
38.9
1'485
1.3
38.6
1'460
1.3
36.7
Dickdarm
2'035
1.7
55.2
1'843
1.6
48.2
1'980
1.7
51.8
2'148
1.9
55.1
Lunge
9'105
7.6
245.9
8'680
7.4
228.7
7'818
6.6
202.0
8'215
7.4
208.2
Brust
48
0.0
1.3
25
0.0
0.7
23
0.0
0.6
45
0.0
1.1
Prostata
970
0.8
25.9
890
0.8
23.1
953
0.8
24.5
1'023
0.9
25.6
Alle Todesursachen
66'910
100.0
1'902.9
64'301
100.0
1'782.7
63'804
100.0
1'762.2
64'202
100.0
1'732.7
Bösartige Tumoren
30'275
45.2
832.4
27'958
43.5
740.3
29'212
45.8
776.4
30'401
47.4
791.3
19.9
Frauen
davon:
Magen
950
1.4
25.5
803
1.2
21.1
823
1.3
21.7
785
1.2
Dickdarm
1'598
2.4
43.0
1'443
2.2
37.8
1'270
2.0
33.2
1'365
2.1
35.2
Lunge
5'055
7.6
136.0
4'773
7.4
124.7
5'233
8.2
135.7
5'370
8.4
136.5
Brust
6'870
10.3
183.2
7'703
12.0
202.2
7'215
11.3
186.1
7'645
11.9
195.4
Gebärmutterhals
663
1.0
17.6
635
1.0
16.8
528
0.8
13.3
695
1.1
17.9
Stand der Daten : 20.08.2012
1) Verlorene potenzielle Lebensjahre zwischen dem 1. und 70. Lebensjahr
2) Altersstandardisierte Rate pro 100‘000 Einwohner, europäische Standardbevölkerung
Diese verlorenen potenziellen Lebensjahre bedeuten hohe Kosten. Für die Schweiz wurden
diese Kosten nicht errechnet, hingegen geschah dies andernorts, insbesondere in
Frankreich5.
Frankreich verzeichnete im Jahr 2002 bei beiden Geschlechtern insgesamt 16‘133 Todesfälle infolge von Kolorektalkrebs, was einen Produktionsverlust von insgesamt 1,25 Milliarden
Euro bedeutete.
Rechnet man diese Zahlen mit einer einfachen Verhältnisgleichung auf die Schweiz um, wo
im Jahr 20106 1‘177 Todesfälle infolge von Kolorektalkrebs gezählt wurden, so ergibt sich ein
theoretischer jährlicher Produktionsverlust von insgesamt 91 Millionen Euro, somit 109
Millionen Schweizer Franken.
*****
4
Office fédéral de la statistique, Statistique des causes de décès © OFS - Encyclopédie statistique de la Suisse
Analyse économique du coût du cancer en France. Institut National du Cancer, mars 2007, page 64-65. www.ecancer.fr
6
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/fr/index/themen/14/02/05/key/02/05.html
5
11
12
Kolorektalkrebs im Kanton Freiburg
Kolorektalkrebs trifft beide Geschlechter. Die in situ Kolorektalkarzinome werden meistens
durch Koloskopie entfernt, hingegen sind die invasiven Karzinome schwerwiegender und
stellen manchmal, je nach Krankheitsstadium zum Zeitpunkt der Diagnose, die
Lebensprognose in Frage. Im Folgenden berücksichtigen wir nur das invasive
Kolorektalkarzinom. Von 2006 bis 2011 haben wir insgesamt 767 Fälle registriert, davon 305
bei Frauen und 462 bei Männern.
Gesamtzahl neuer Fälle von invasivem Kolorektalkarzinom im Kanton Freiburg, nach Altersklasse und
Jahr, bei Männern und Frauen, sowie insgesamt
Total
Frauen
Männer
Altersklassen
2011
0
1
2
2
3
25
24
26
22
4
Total
0
1
6
7
43
121
191
205
172
21
FR
Total
73
82
81
84
73
69
41
48
50
57
69
40
114
130
131
141
142
109
767
Jahresdurchschnitt
0.00
0.17
1.00
1.17
7.17
20.17
31.83
34.17
28.67
3.50
127.83
0.0% 0.1%
0.8%
0.9%
5.6% 15.8% 24.9% 26.7% 22.4% 2.7%
100.0%
Jahre
0-9
60-69
70-79
2006
0
0
0
0
1
2007
0
0
0
0
6
11
26
20
14
1
15
24
18
19
0
2008
0
0
0
0
6
11
22
24
17
1
2009
0
0
2
1
6
12
21
21
19
2
2010
0
0
2011
0
0
0
1
4
11
20
24
13
0
1
1
1
14
19
17
14
2
2006
0
0
0
0
2
10
8
16
5
0
2007
0
0
0
1
3
3
12
14
12
3
2008
0
0
1
0
4
6
7
16
15
1
2009
0
0
1
0
2
6
15
13
19
1
2010
0
0
0
2
6
11
12
13
17
8
2011
0
1
1
1
2
11
5
9
8
2
2006
0
0
0
0
3
21
34
36
19
1
2007
0
0
0
1
9
18
36
32
31
3
2008
0
0
1
0
10
17
29
40
32
2
2009
0
0
3
1
8
18
36
34
38
3
2010
0
0
0
3
10
22
32
37
30
8
Prozentsatz
10-19 20-29 30-39 40-49 50-59
80-89 90-99
13
Verteilung der Fälle von invasivem Kolorektalkarzinom, nach Altersklasse, Geschlecht und insgesamt
Gesamtzahl invasiver Kolorektal Neubildungen, nach Geschlecht
2006 à 2011
250
200
150
100
50
0
0-9
10-19
20-29
30-39
Alle Fälle
40-49
50-59
60-69
Männer
70-79
80-89
90-99
Frauen
Anatomie und Lokalisationen
Bei 4% der Kolorektalkarzinome ist die Lokalisation nicht bezeichnet. Sie stellen Tumoren
dar, deren Lokalisation nicht genau bestimmt werden konnte oder die sich an der
Schnittstelle zweier verschiedener Lokalisationen befinden. Die übrigen 96% verteilen sich
nach der folgenden Tabelle.
Verteilung der Tumoren nach den anatomischen Einheiten des Kolons
Lokalisation
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
%
Coecum
13%
Appendix
3%
Kolon ascendens
8%
Kolon Flexura hepatica
3%
Kolon transversum
4%
Kolon Flexura lienalis
3%
Kolon descendens
3%
Kolon sigmoides
27%
Rectosigmoid
10%
Rectum
23%
Festzustellen ist, dass die Tumoren mehrheitlich die beiden Enden des Dickdarms betreffen:
13% das Coecum und fast 60% den distalen Abschnitt (Colon sigmoideum +
rektosigmoidaler Übergang + Rektum).
14
Wir konnten ferner feststellen, dass die Verteilung der Tumoren nach der Lokalisation auch
in Berücksichtigung der Bösartigkeit demselben Schema folgt.
Häufigkeit der Fälle nach der Lokalisation in Kolon und Rektum
Lokalisation
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Karzinom in situ
Invasives Karzinom
7%
0%
1%
3%
3%
0%
3%
43%
4%
32%
14%
2%
9%
3%
4%
3%
3%
26%
10%
23%
5%
4%
Coecum
Appendix
Kolon ascendens
Kolon Flexura hepatica
Kolon transversum
Kolon Flexura lienalis
Kolon descendens
Kolon sigmoides
Rectosigmoid
Rectum
Dickdarm, nicht genau
beschriebene Lokalisation
Die Analyse des histologischen Typs der Tumoren zeigt ein deutliches Überwiegen des
Adenokarzinoms mit mehr als 78% der Fälle.
Verteilung der Fälle nach histologischem Tumortyp
Histologischer Typ
%
Adenokarzinom o.n.A
78.2%
Adenokarzinom muzinöses
6.3%
Adenokarzinom in tubulo-villösem Adenom
4.0%
Adenokarzinom tubuläres
1.6%
Karzinoidtumor
1.6%
Karzinom neuroendokrines, o.n.A
1.4%
Siegelringzellkarzinom
0.9%
Andere histologische Formen
3.0%
Histologie unbekannt
3.0%
Die «übrigen histologischen Typen» sind viel seltenere Tumoren des Kolonrahmens, wie
Lymphom, Melanom, Sarkom usw., und hauptsächlich bei unter 40-jährigen Personen
anzutreffen.
Man kann die kolorektalen Tumoren auch nach Stadium bei der Diagnosestellung einteilen
(siehe Glossar). Diese Stadien reichen vom Stadium in situ bis zum Stadium IV (am
weitesten fortgeschrittenes Stadium mit Fernmetastasen). Einigen Fällen (39) wird bei der
Diagnose kein Stadium zugeteilt, entweder weil das Stadium nicht bestimmt werden konnte
oder weil es sich um «Borderline»-Tumoren handelt, deren Bösartigkeit ungewiss ist.
15
Verteilung der Fälle nach Stadium bei der Diagnosestellung
Verteilung der Fälle nach Stadium bei der Diagnose (in % das Total)
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
Ohne stadium
(N = 39)
is
I
II
III
(N = 75)
(N = 148)
(N = 213)
(N = 199)
Stadium bei der Diagnose (Anzahl Fälle)
IV
(N = 186)
Berücksichtigt man nur die invasiven Karzinome und beachtet das Stadium bei der Diagnose
entsprechend der Lokalisation, so erhält man das unten stehende Ergebnis. Auch hier ist die
Verteilung ziemlich gleich, unabhängig vom Stadium, und stimmt immer mit den
vorhergehenden Tabellen überein.
Häufigkeit der invasiven Fälle, nach Lokalisation in Kolon und Rektum, und nach Stadium bei der
Diagnosestellung
Lokalisation
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Coecum
Appendix
Kolon ascendens
Kolon Flexura hepatica
Kolon transversum
Kolon Flexura lienalis
Kolon descendens
Kolon sigmoides
Rectosigmoid
Rectum
Dickdarm, nicht genau
beschriebene Lokalisation
Stadium bei der Diagnosestellung
I
II
III
IV
4%
16%
15%
18%
4%
2%
1%
1%
1%
12%
10%
11%
1%
4%
3%
3%
1%
5%
4%
6%
2%
3%
3%
3%
1%
1%
4%
4%
32%
23%
24%
24%
13%
9%
13%
9%
39%
22%
20%
15%
2%
3%
3%
6%
16
Diese Verteilung bleibt sehr ähnlich, wenn man alle Stadien zusammengenommen, die
Lokalisation bezüglich Altersklassen untersucht, mit einer leichten Zunahme der Lokalisation
im aufsteigenden Kolon ab dem 60. Altersjahr.
Häufigkeit der Fälle nach Lokalisation in Kolon und Rektum und nach Altersklassen
Altersklassen
Lokalisation
10-19
Coecum
20-29 30-39 40-49 50-59
3
Appendix
2
1
3
Kolon ascendens
70-79
80-89
90-99
26
25
4
3
11
30
2
1
1
1
4
3
6
9
24
22
4
1
6
7
7
1
2
6
4
9
8
1
Kolon Flexura hepatica
Kolon transversum
60-69
Kolon Flexura lienalis
1
1
4
6
7
4
1
Kolon descendens
1
2
3
2
5
4
2
Kolon sigmoides
1
10
31
59
51
37
1
Rectosigmoid
1
3
19
22
19
16
1
2
13
34
42
45
30
1
3
4
9
6
5
Rectum
Dickdarm, nicht genau
beschriebene Lokalisation
1
Inzidenz7
Brutto-Inzidenzrate (Anzahl Fälle / 100‘000 Einwohner/innen) des invasiven Kolorektalkarzinoms bei
Männern, nach Altersklasse und Jahr, Kanton Freiburg
20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 75-79 80-84
85+
2006
0.00
0.00
0.00
0.00
8.84
0.00
35.57
114.47
117.68
336.35
321.46
252.25
420.61
558.21
2007
0.00
0.00
0.00
0.00
17.45
47.92
11.46
164.02
212.07
197.36
260.96
349.65
722.02
151.75
2008
0.00
0.00
0.00
0.00
26.07
36.94
54.95
62.63
164.61
184.13
278.98
537.82
503.27
433.53
2009
11.15
0.00
0.00
9.80
0.00
44.40
42.42
98.60
120.47
241.09
147.46
454.40
544.82
619.83
2010
0.00
0.00
0.00
9.93
8.80
25.84
40.79
84.69
131.75
144.46
236.80
475.29
340.80
327.87
Brutto-Inzidenzrate des invasiven Kolorektalkarzinoms bei Frauen, nach Altersklasse und Jahr, Kanton
Freiburg
20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54
7
55-59
60-64 65-69 70-74
75-79 80-84
85+
2006
0.00
0.00
0.00
0.00
18.24
0.00
62.23
66.68
75.94
60.74
183.65
236.22
124.77
0.00
2007
0.00
0.00
0.00
9.61
0.00
40.62
12.13
13.23
72.00
135.14
158.59
157.77
153.19
326.90
2008
11.66
0.00
0.00
0.00
8.86
29.10
47.03
39.42
13.89
110.03
134.11
235.11
245.47
250.39
2009
11.17
0.00
0.00
0.00
8.81
9.33
56.31
12.98
67.82
138.96
131.38
155.40
338.98
271.90
2010
0.00
0.00
10.91
9.91
8.85
45.17
21.66
126.71
26.76
130.76
194.68
101.96
214.79
532.70
siehe Glossar
17
Jährliche standardisierte Inzidenzraten (CH), im schweizerischen Vergleich
FR
2006
2007
2008
2009
2010
55.86
63.33
62.02
60.84
52.51
Lateinische
Lateinische
Schweiz FR
Schweiz
Schweiz
Schweiz
Männer
Frauen
62.27
61.87 31.76
47.57
49.86
68.45
64.73 35.78
50.93
47.15
63.39
61.08 37.38
47.74
45.51
62.76
56.94 39.66
43.63
44.50
63.19
58.13 49.11
44.93
40.98
Fälle / 100'000 Einwohner
Vergleich der standardisierten Inzidenzraten
(CH) bei Männern
80.00
60.00
40.00
20.00
0.00
2006
FR
2007
2008
2009
Lateinische Schweiz
2010
Schweiz
Fälle / 100'000 Einwohner
Vergleich der standardisierten Inzidenzraten
(CH) bei Frauen
80.00
60.00
40.00
20.00
0.00
2006
FR
2007
2008
2009
Lateinische Schweiz
2010
Schweiz
Wir stellen fest, dass die Inzidenzraten bei den Männern gleich hoch sind wie die
schweizerischen Inzidenzraten (lateinische Schweiz und Schweiz insgesamt). Bei den
Frauen liegt vermutlich eine ungenügende Registrierung der Kolorektal-Krebsfälle in den
ersten drei Tätigkeitsjahren des Registers vor. Die Jahre 2009 und 2010 zeigen eine
Annäherung an die Inzidenzraten der übrigen Schweiz.
18
Im Kanton Freiburg besteht ein Unterschied zwischen den Inzidenzraten, liegen doch
diejenigen der Frauen durchschnittlich unter jenen der Männer. Diese Differenz ist ebenso
gross, wie sie in der internationalen Fachliteratur beobachtet wurde.
Die jährlichen Inzidenzraten sind sensibel bezüglich der Variationen der Anzahl Fälle pro
Jahr. Es wird interessant sein, nach 15 Jahren Datenerhebung, erneut Vergleiche zu
Inzidenzraten anzustellen, die über Intervalle von fünf Jahren hinweg berechnet werden.
Dies wird es ermöglichen, den Einfluss der jährlichen Variationen der Anzahl Fälle zu
minimieren.
Stadium bei der Diagnose
Ausser der Anzahl Fälle und ihrer Verteilung auf die Altersklassen ist es von Interesse, den
Schweregrad der Fälle bei der Diagnosestellung zu untersuchen. Dieser Schweregrad hat
einen direkten Einfluss auf die Wahl der Behandlungen und die Überlebenszeit.
Der Schweregrad eines Falls kann durch das Stadium des Tumors beim Zeitpunkt der
Diagnose festgestellt werden. Das Stadium ergibt sich aus der TNM8-Klassifikation, nach
einer Kodierung mit den Buchstaben T, N oder M, entsprechend den klinischen und
pathologisch anatomischen Daten von jedem Fall. Der Schweregrad nimmt mit jedem der
Stadien I - II - III und IV zu, wobei das Stadium IV den höchsten Schweregrad bezeichnet9.
Verteilung der invasiven Kolorektal-Krebsfälle (2006-2011), nach Stadium am Inzidenzdatum, in jeder
Altersklasse
250
200
Stadium IV
150
Stadium III
Stadium II
100
Stadium I
50
0
10-19
8
9
20-29
30-39
40-49
50-59
60-69
70-79
80-89
90-99
TNM, Classification of Malignant Tumours, International Union Against Cancer (UICC), siehe Glossar
siehe Glossar
19
Wir haben dann die Freiburger Kolorektal-Krebsfälle mit denjenigen verglichen, die bei
NICER registriert sind, wobei die NICER-Fälle die Kantone ZH, GR, GL, FR, VS und GE
umfassen. Wir haben die Verteilung der Fälle nach dem Stadium bei der Diagnosestellung
untersucht.
Verteilung der Fälle nach Stadium bei Diagnosestellung, Vergleich FR - Schweiz
35.0%
35.0%
30.0%
30.0%
25.0%
25.0%
20.0%
20.0%
15.0%
15.0%
10.0%
10.0%
5.0%
5.0%
0.0%
0.0%
I
II
Männer (CH)
III
IV
Männer (FR)
I
II
Frauen (CH)
III
IV
Frauen (FR)
Wir stellen fest, dass sich die Kurven bei den Frauen decken, wohingegen es bei den
Männern im Kanton Freiburg 5% weniger im Stadium III gibt, dafür 5% mehr im Stadium IV.
Behandlungen
Gewöhnlich wird der Fall jeder Patientin und jedes Patienten nach der Diagnosestellung bei
einem multidisziplinären Kolloquium vorgestellt, wo die verschiedenen Therapien
beschlossen werden (operative Resektion, präoperative Strahlen-/Chemotherapie,
postoperative Chemotherapie, usw.).
Die Behandlungen und Protokolle folgen zwar mehrheitlich den internationalen
Empfehlungen, müssen aber manchmal für Patientinnen und Patienten besonderen
Umständen angepasst werden.
In den folgenden Tabellen sind die Fälle ohne Behandlung Personen, die jegliche
Behandlung abgelehnt haben, oder Personen in fortgeschrittenem Krankheitsstadium, die
vor der Einleitung einer Therapie gestorben sind.
Wir haben die Häufigkeit der Abweichungen von den internationalen Empfehlungen
untersucht. Dabei handelt es sich um folgende zwei Ausnahmen:
1. Patientinnen und Patienten im Stadium III oder IV, die keine Chemotherapie
erhielten:
Wir haben 385 Fälle gefunden, davon
 erhielten 31 keine Behandlung
 erhielten 78 keine Chemotherapie, wohingegen 276 eine erhielten
2. Patientinnen und Patienten mit einem Tumor des Rektums im Stadium II oder
III, die keine neoadjuvante Strahlen-/Chemotherapie erhielten:
Wir haben 84 Fälle gefunden, davon
 erhielten 3 keine Behandlung
 erhielten 28 keine neoadjuvante Strahlen-/Chemotherapie, wohingegen 53
eine erhielten
20
Wir stellen fest, dass eine Mehrheit der Fälle den internationalen Empfehlungen folgt. Jedoch
war es nicht möglich, die Ursache der abweichenden Fälle zu untersuchen, denn die hierfür
benötigen Informationen gehören nicht zu den vom Register erhobenen Daten.
Anschliessend haben wir versucht sämtliche Behandlungen kondensiert darzustellen, und
zwar für alle beim Krebsregister Freiburg verzeichneten Kolorektal-Krebsfälle.
Die verwendeten Codes sind:
A = Chirurgie (endoskopisch oder invasiv)
B = Strahlen-/Chemotherapie
C = Strahlentherapie
D = Chemotherapie
Y = Hormontherapie
Die Analyse der Datenbank zeigt folgende Ergebnisse:
Die Buchstaben sind in chronologischer Reihenfolge angeordnet.
Chronologie der Behandlungen nach der Erstbehandlung
Patient(inn)en ohne Behandlung
Patient(inn)en mit chirurgischer Erstbehandlung
Total
Patient(inn)en mit Strahlen-/Chemotherapie als Erstbehandlung
Total
Patient(inn)en mit Strahlentherapie als Erstbehandlung
Total
Patient(inn)en mit Chemotherapie als Erstbehandlung
Total
Anzahl Fälle
65
394
186
13
10
8
4
2
2
1
1
1
622
55
33
10
4
2
1
105
4
3
1
8
47
6
2
2
1
1
1
60
Behandlung(en)
A
AD
AB
ABD
ADA
ADC
AC
ADAD
ABA
ACD
ADY
BAD
BA
B
BD
BAB
BDA
CA
C
CD
D
DA
DC
DCD
DAD
DADC
DCA
21
Interessiert hat uns auch die durchschnittliche Frist zwischen dem Zeitpunkt der
Diagnosestellung und dem Beginn der Erstbehandlung.
Um den Durchschnitt nicht zu verfälschen, haben wir die wenigen Fälle mit einer Frist von
mehr als 100 Tagen nicht berücksichtigt. Solche sehr lange Fristen betreffen Patientinnen
und Patienten, die eine Behandlung zunächst abgelehnt haben, oder polymorbide Personen
oder solche, die schon wegen eines anderen Tumors in Behandlung sind.
Es ergab sich Folgendes:
Frist (in Tagen) zwischen Diagnose und Beginn der Erstbehandlung
Durchschnittsfrist in
Tagen zwischen
Diagnose und Beginn
der Erstbehandlung
Erstbehandlung
Anzahl Fälle
Keine Behandlung
65
Chirurgie
256
354
12
0
21
>100
Strahlen-/Chemotherapie
102
3
42
>100
Strahlentherapie
8
38
Chemotherapie
57
3
24
>100
Die Patientinnen und Patienten mit einer chirurgischen Erstbehandlung und einer
Durchschnittsfrist von 0 Tagen sind entweder Fälle endoskopischer Ablation oder
notfallmässig aufgenommene und operierte Fälle. Andere Fälle mit einer Frist von 0 Tagen
gibt es nicht, unabhängig von der Art der Erstbehandlung.
22
Anzahl Todesfälle durch Kolorektalkrebs und Sterblichkeit
Anzahl Todesfälle durch Kolorektalkrebs, Kanton Freiburg, 2006-2011, nach Altersklasse, Geschlecht und
insgesamt
120
100
80
60
40
20
0
20-29
40-49
50-59
Total
60-69
Männer
70-79
80-89
90-99
Frauen
Anhand der Anzahl Todesfälle infolge von Kolorektalkrebs und der Bevölkerungszahlen lässt
sich die Sterblichkeitsrate bei Kolorektalkrebs berechnen. Diese wird durch die Anzahl der
auf diese Krebsart zurückzuführenden Todesfälle auf 100‘000 Einwohnerinnen und Einwohner ausgedrückt.
Die Sterblichkeitsraten bei Kolorektalkrebs im Kanton Freiburg decken sich mit denjenigen,
welche das Bundesamt für Statistik (BFS) im Jahr 2011 in einer Studie über
Krebserkrankungen in der Schweiz zwischen 1983 und 2007 veröffentlichte.
23
Vorzeitig verlorene Lebensjahre
Wir haben alle Kolorektal-Krebsfälle berücksichtigt, in denen die Personen vor dem Rentenalter verstarben, d.h. vor 64 Jahren bei Frauen und 65 Jahren bei Männern.
Die Differenz zwischen Todesalter und Rentenalter ergibt die Anzahl der verlorenen Jahre
des Erwerbslebens.
Im Kanton Freiburg erfassten wir für die Jahre 2006 bis 2011 38 vorzeitige Todesfälle bei
Männern (vor dem 65. Altersjahr) und 16 Fälle bei den Frauen. Dies ergibt einen Gesamtverlust von 435 Erwerbsjahren.
Verwendet man das Berechnungskriterium des BFS (internationale Norm), wonach die
Differenz zwischen dem Todesalter und dem Alter von 70 Jahren berücksichtigt wird, so
erhält man eine Gesamtzahl von 795 verlorenen Lebensjahren. Rechnet man wie die WHO,
indem man zwischen dem Todesalter und der durchschnittlichen Lebenserwartung
unterscheidet (in diesem Fall 80 Jahre), so ergibt sich eine Gesamtzahl von 2‘005
verlorenen Lebensjahren.
Festgelegt definiertem
Prävalenz
„In der Epidemiologie ist die Prävalenz ein Messwert für den Gesundheitszustand
einer Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Für eine bestimmte Krankheit wird
sie berechnet, indem man die Anzahl der Krankheitsfälle, die zu einem bestimmten
Zeitpunkt in einer Bevölkerung auftreten (unabhängig davon, ob sie schon früher oder
erst vor Kurzem diagnostiziert worden sind), zur Gesamtbevölkerung in Beziehung
setzt. Die Prävalenz wird im Allgemeinen als Rate ausgedrückt“10
Da das Krebsregister Freiburg seine Tätigkeit erst Anfang 2006 aufnahm, werden die vor
diesem Zeitpunkt diagnostizierten Kolorektal-Krebsfälle nicht berücksichtigt.
Im Übrigen ist das letzte vollständig kodierte Jahr das Jahr 2011 (2012 wird derzeit noch
kodiert), und das letzte Datum der Überprüfung des Status der Patientinnen und Patienten ist
der 01.01.2012.
Untersucht haben wir daher den Anteil der Patientinnen und Patienten mit Kolorektalkrebs
seit Anfang 2006, die am 01.01.2012 noch am Leben waren (diese Zahl umfasst geheilte
Patientinnen und Patienten und solche, die sich in Remission oder in Behandlung befinden).
Von den registrierten Kolorektal-Krebsfällen waren am 01.01.2012 noch 573 am Leben. Dies
ergibt für die Gesamtbevölkerung des Kantons Freiburg zum gleichen Zeitpunkt (284'668
Einwohner/innen) eine Prävalenz von 201 auf 100'000.
Diese Ergebnisse liegen mit Sicherheit unter der realen Prävalenz, denn unsere
Berechnungen berücksichtigten nicht die Fälle, die vor 2006 diagnostiziert wurden und
Anfang 2012 noch am Leben waren. Die Ergebnisse werden daher in der nächsten
Publikation über Kolorektalkrebs verfeinert.
10
http://fr.wikipedia.org/wiki/Prévalence
24
Überleben
Das Überleben kann auf zwei verschiedene Arten dargestellt werden: beobachtetes oder
relatives Überleben (siehe Glossar)
Da unsere Instrumente uns derzeit nur die Berechnung des beobachteten Überlebens
ermöglichen, ist die Kurve des Kantons Freiburg mit der Kurve des 2005-2009 von NICER
beobachteten Überlebens zu vergleichen (blau gestrichelte Linie).
Relatives und beobachtetes Überleben der Kolorektal-Krebsfälle für die Schweiz, von 1995 bis 1999 und
11
von 2005 bis 2009 . NICER-Daten für die ganze Schweiz
Beobachtetes Überleben der Kolorektal-Krebsfälle im Kanton Freiburg, von 2006 bis 2011
0.50
0.25
0.00
Survie cumulée
0.75
1.00
Colon-Rectum 2 sexes combinés (n=730)
0
11
1
2
Années
3
4
5
« Trends in Colorectal Cancer Survival in Switzerland » NICER, Bulletin Suisse du cancer, Mars 2012, page 51
25
Man sieht, dass die beiden Kurven des beobachteten Überlebens (blau gestrichelte Linie in
der NICER-Grafik) für den jüngsten Zeitraum deckungsgleich sind und leicht über 0.50 bis 5
Jahren liegen. Das Überleben der Kolorektal-Krebsfälle im Kanton Freiburg stimmt somit mit
demjenigen überein, welches von NICER für die ganze Schweiz errechnet wurde.
Beobachtetes Überleben der invasiven Kolorektal-Krebsfälle im Kanton Freiburg, nach Stadium bei der
Diagnose und für jedes Geschlecht (N = 730)
1.00
Colon-Rectum Femmes (n=283)
0.75
0.25
0.50
Survie cumulée
0.60
0.40
0.00
0.20
0.00
Survie cumulée
0.80
1.00
Colon-Rectum Hommes (n=447)
0
1
2
Années
stade I (N=96)
stade III (N=111)
3
4
5
stade II (N=123)
stade IV (N=117)
0
1
2
Années
stade I (N=43)
stade III
(N=87)
3
4
5
stade II (N=87)
stade IV (N=66)
Die Überlebensanalyse in Abhängigkeit vom Stadium bei der Diagnose zeigt einmal mehr ein
deutlich besseres Überleben bei den Frühstadien, jedoch ohne merkliche Differenz zwischen
den beiden Geschlechtern.
*****
26
Früherkennung von Kolorektalkrebs
Dr. Philippe Stadler
Facharzt für Gastroenterologie
Leitender Arzt HFR Freiburg – Kantonsspital
Mehr als 90% der kolorektalen Krebserkrankungen entwickeln sich aus benignen
Wucherungen (Polypen), die infolge mehrerer Mutationen zu einem Karzinom degenerieren.
Die Entwicklung von normaler Schleimhaut hin zum Karzinom dauert durchschnittlich zehn
Jahre. Die Früherkennung von Kolorektalkrebs ist besonders wirksam, denn wir können
heute Polypen erkennen und abtragen, bevor sie das Karzinomstadium erreichen.
Die heutigen Früherkennungsverfahren bestehen im Nachweis von okkultem Blut im Stuhl, in
der optischen Koloskopie mit Polypektomie, der virtuellen Koloskopie, der Suche nach
Tumormarkern in Stuhlgang oder Blut, der Visualisierung des Kolons durch
Kapselendoskopie.
Nachweis von okkultem Blut im Stuhl
Mit diesem einfachen und kostengünstigen Früherkennungsverfahren, das von der
Hausärzteschaft häufig angewandt wird, werden in absoluten Zahlen die meisten Polypen
und Karzinome entdeckt. Aufgrund seiner ungenügenden Sensibilität (bis zu 50% der
Karzinome im Frühstadium bleiben bei diesem Test unbemerkt) und seiner mangelnden
Spezifizität (fälschlich positive Resultate bedingen zahlreiche Koloskopien) empfiehlt es sich
aber nur als erstes Massen-Früherkennungsmittel, wenn eine Koloskopie abgelehnt wird.
Mehrere Studien haben indessen einen Rückgang der Sterblichkeit dank dieser
Früherkennungsmethode aufgezeigt. Wenn man alle zwei Jahre bei den 50- bis 65-jährigen
Individuen dreimal nach okkultem Blut im Stuhl sucht, erweisen sich 30% der getesteten
Personen zumindest einmal als positiv und müssen sich in der Folge einer Koloskopie
unterziehen. Dies läuft schlussendlich auf ein «Screening» von 30% der Bevölkerung hinaus.
Das heisst mit dem Nachweis von okkultem Blut im Stuhl kann die Ärzteschaft in vielen
Fällen zunächst zögernde Patientinnen und Patienten für eine Koloskopie motivieren.
Früherkennung durch optische Koloskopie und Polypektomie
Die seit 1.7.201312 im Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung
aufgenommene optische Koloskopie ist die von den schweizerischen und ausländischen
Facharztgesellschaften empfohlene Technik erster Wahl. Zwei neuere Kohortenstudien
haben aufgezeigt, dass die Sterblichkeit durch Kolorektalkrebs in der untersuchten Gruppe
nach Ablauf von zehn Jahren um 30% zurückgegangen ist.
Im Kanton Freiburg werden jährlich nahezu 7‘500 Koloskopien durchgeführt, davon fast
5‘000 bei über 40-Jährigen. Im Jahr 2011 erreichten 4‘500 Einwohnerinnen und Einwohner
dieses Kantons das 50. Altersjahr. Der Anteil der über 40-jährigen Bevölkerung, der sich
zumindest einmal einer Koloskopie unterzogen hat (die eine Hälfte zu rein präventiven
Zwecken, die andere wegen Verdauungsstörungen und zu Kontrollzwecken) kann auf 30%
geschätzt werden.
12
http://www.admin.ch/opc/fr/official-compilation/2013/1925.pdf, http://www.admin.ch/opc/de/officialcompilation/2013/1925.pdf
27
Alljährlich erkranken nahezu 200 Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons an einem
Kolorektalkarzinom. Die medizinische Behandlung eines Karzinoms kostet durchschnittlich
80‘000 Franken pro Fall. Dies macht für den Kanton Freiburg jährlich 16 Millionen Franken
aus, was dem Preis für mehr als 20‘000 Koloskopien entspricht, oder drei bis vier
Koloskopien pro Individuum. Somit ist die Vorsorgeuntersuchung mit Koloskopie
kostengünstiger für die Versicherungen als die medizinisch-chirurgischen Behandlungen von
Kolorektalkrebs! Vom Gewinn an Überlebensjahren und der Wahrung der Erwerbsfähigkeit
ganz zu schweigen.
Früherkennung mit virtueller Koloskopie (Bildgebungsverfahren mit
Scanner)
Die durchschnittlich mässige Akzeptanz der optischen Koloskopie (beschwerliche
Vorbereitung, Unannehmlichkeiten bzw. Schmerzhaftigkeit der Untersuchung) begünstigte
die Suche nach erträglicheren Verfahren wie etwa der virtuellen Koloskopie. Mit dieser
werden aber Polypen, die kleiner als 10 Millimeter sind, nur schlecht und platte
Veränderungen gar nicht erkannt. Die nötige Vorbereitung und die Unannehmlichkeiten der
Untersuchung sind mit denjenigen einer standardmässigen optischen Koloskopie
vergleichbar. Wird ein Polyp entdeckt, so muss eine optische Koloskopie mit Polypektomie
durchgeführt werden. Die Facharztgesellschaften empfehlen die virtuelle Koloskopie nur
dann, wenn eine optische Koloskopie nicht möglich ist. Darüber hinaus sind die Kosten der
virtuellen Koloskopie höher. In Anbetracht der unterdurchschnittlichen Erkennung von
Läsionen von weniger als 10 Millimetern muss der Zeitabstand zwischen zwei
Untersuchungen auf fünf Jahre verkürzt werden.
Früherkennung durch die Suche nach Tumormarkern im Blut oder im
Stuhl
Diese Methode bedeutet einen Fortschritt gegenüber der Suche nach okkultem Blut im
Stuhlgang, jedoch bleiben Risiko-Polypen und Karzinome dabei noch unentdeckt. Wird im
Moment nicht empfohlen.
Früherkennung durch Kapsel-Endoskopie des Kolons
Die Patientin oder der Patient schluckt eine Minikamera, die das Innere des Kolons
fotografiert. Dieses Verfahren ist zwar viel versprechend, befindet sich im Moment aber noch
im Auswertungsstadium. Die Methode wird derzeit nicht empfohlen.
28
Forschung
Departement für Medizin
Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät – Universität Freiburg
Die Erforschung des Kolorektalkarzinoms (KRK) sowohl durch klinische als auch durch
Grundlagenforscherinnen und -forscher hat viel zum Verständnis der grundlegenden, weit
über das KRK selbst hinausreichenden Mechanismen der Kanzerogenese beigetragen. Dies
dank vier typischer Merkmale dieser Krebsart.
Erstens: Dem Kolorektalkarzinom geht in der Regel die Bildung benigner Veränderungen der
Schleimhaut voraus. Es handelt sich um Adenome, die in der Folge häufig zu Krebs
degenieren. Dank Endoskopie und Chirurgie sind diese Gewebe leicht zugänglich. Die
Forschung hat es sodann ermöglicht, Genmutationen zu identifizieren und ihnen eine Rolle
in der Krebsentstehung zuzuweisen.
Zweitens: Es gibt familiär vererbbare Kolorektalkrebs-Syndrome (wie etwa die familiäre
adenomatöse Polypose, das Lynch-Syndrom oder das Peutz-Jeghers-Syndrom). Diese sind
mit nur 5% Erkrankungsfällen zwar selten, ermöglichten aber die Identifizierung mehrerer
Genmutationen, die für diese Karzinome verantwortlich und auch in sporadischen (nichtfamiliären) Formen des KRK auftreten.
Drittens: Das KRK schreitet in Etappen fort, welche durch die pathologische Anatomie klar
definiert sind. Die Erforschung dieser Progression ermöglichte es die grundlegende Idee,
dass die Anhäufung von Mutationen im Genom ein wesentlicher Mechanismus der
Tumorentstehung ist, zu validieren (1) (Abbildung 1).
Viertens : Die Assoziierung des KRK mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie
z.B. Colitis ulcerosa trug dazu bei, die Rolle von Entzündungen und weiterer assoziierter
Ereignisse (wie die Tumorangiogenese) in der Tumorentwicklung, der Infiltration und der
Metastasierung aufzuzeigen.
Der Beitrag der Laborforschung in der Betreuung von KolorektalkrebsPatientinnen und -Patienten
Die Grundlagenforschung und die translationale Forschung haben viel zur besseren
Betreuung der Patientinnen und Patienten mit KRK beigetragen.
Beispielsweise ermöglicht der Nachweis hereditärer Mutationen von Genen, wie etwa des
APC-Gens oder von DNA-Mismatch-Repair, die Identifizierung von Hochrisikopersonen in
Familien mit KRK-Vergangenheit.
Die Entdeckung der Rolle des EGF-Rezeptors (Epidermal Growth Factor Receptor), der
Nachweis von aktivierenden KRAS-Mutationen sowie die Entwicklung verschiedener
Inhibitoren dieses Signalwegs ermöglichten die Entwicklung von Therapien, die den
verschiedenen Patientinnen und Patienten besser angepasst sind (personalisierte
Therapien).
Die Identifizierung von entzündungsfördernden Enzymen und Molekülen wie etwa COX-2
eröffnete neue Präventionsperspektiven, insbesondere bei Hochrisikopatientinnen und
-patienten wie etwa bei familiärer adenomatöser Polypose. Leider kommt die langfristige
Verwendung nichtsteriodaler Entzündungshemmer (non steroidal antiinflammatory drugs,
NSAID) bei Personen mit schwachem KRK-Risiko (d.h. für mehr als 95% der Bevölkerung)
nicht in Frage, da die Langzeitanwendung von NSAID das Risiko kardiovaskulärer
Komplikationen erhöht (2).
29
In unserem Labor haben wir ein Gen identifiziert, MAGI1, das durch die NSAID induziert und
für ihre antikanzerösen Wirkungen verantwortlich ist. 3). Dieses Gen könnte alternativ zu den
NSAID für die KRK-Prävention oder -behandlung ins Visier genommen werden.
Die Entdeckung des VEGF als bedeutsamster angiogener Wachstumsfaktor ermöglichte die
Entwicklung von Antiangiogenese-Medikamenten wie Avastin. Die Kombination von Avastin
mit Chemotherapie verbessert deren Wirksamkeit, wenn auch der Nutzen eher bescheiden
bleibt.
Ein neuer Ansatz der Früherkennung
Die Früherkennung präkanzeröser Läsionen (Adenome) oder von Karzinomen bis zum
Stadium II ermöglicht die Heilung von 95 respektive 80% der Patientinnen und Patienten. Die
beiden durch gross angelegte Studien validierten Früherkennungsansätze bestehen im
Nachweis von Blut im Stuhl (z.B. Hämocculttest) und der visuellen endoskopischen
Exploration. Zwar können diese Methoden Leben retten, jedoch stossen sie an Grenzen
bezüglich ihrer Anwendung (nur 20% der Gesamtbevölkerung unterziehen sich der
Endoskopie) und ihrer Sensibilität (beim Hämocculttest liegt die Aufdeckungsquote für
Adenome <2 cm nur bei 20%). Andere nichtinvasive Tests wie der Nachweis onkogener
Mutationen im Stuhl oder im Blut (z.B. von APC oder K-Ras) sind in Entwicklung, doch
derzeit noch wenig zuverlässig (4).
Wir haben einen Ansatz gewählt, wonach wir die Reaktion der inflammatorischen Zellen
beim Vorliegen eines Adenoms oder Karzinoms untersuchen. Durch eine molekulare
Genexpressionsanalyse der weissen Blutkörperchen haben wir nachgewiesen, dass
Patientinnen und Patienten, die Träger von Adenomen oder Karzinomen sind, ein anderes
Genexpressionsprofil als gesunde Personen haben.
Mit einer prospektiven klinischen Studie mit mehr als 1‘400 Patient/inn/en und gesunden
Individuen haben wir nachgewiesen, dass durch diesen Test namens COLOX mit einer
Sensibilität von 89%, 80% der KRK und 51% der Adenome (≥1 cm) entdeckt werden
können. Nach einem positiven Test wird eine Endoskopie mit Biopsie vorgeschlagen, um das
Ergebnis zu validieren und die weitere Behandlung zu planen.
Im Ausgang unserer Forschungen wurde der COLOX-Test in einem Start-up-Unternehmen
entwickelt (Diagnoplex ; www.diagnoplex.com), und dürfte ab 2014 in der Schweiz verfügbar
sein.
Zu neuen Präventions- und Behandlungsstrategien
Über die Verbesserung der Früherkennung hinaus ist es äusserst wichtig, die adjuvanten
Behandlungen und die Behandlung metastasenbildender Karzinome zu verbessern. Dank
der Grundlagen- und der translationellen Forschung konnten in den letzten Jahren mehrere
Möglichkeiten identifiziert werden.
- Fokussierung der «Stammzellen». In mehreren Krebsfällen, auch beim KRK, wurden
Tumorzellen entdeckt, die in der Lage sind, den Behandlungen zu widerstehen und die
Bildung von Metastasen zu initiieren. Man nennt diese Zellen «Tumorstammzellen» oder
«krebsinitiierende Zellen». Herausgefunden wurden sodann spezifische Marker für die
intestinalen Stammzellen (Lgr5 und Lgr6). Ihre Verwendung als therapeutisches Ziel bei
Krebs befindet sich in der Studienphase (5).
- Entzündungshemmung. Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass die Einnahme
von NSAID das KRK-Risiko senkt (präventive Wirkung) und eine adjuvante therapeutische
Wirkung hat (2). Die Forschungen zielen derzeit auf ein besseres Verständnis der
Schlüsselmechanismen ab, auf welche diese Vorteile zurückzuführen sind, um
30
anschliessend sicherere Medikamente zu entwickeln. Das in unserem Labor entdeckte
Molekül MAGI1 ist ein viel versprechendes therapeutisches Ziel (3).
- Immuntherapie. Neuere Studien haben aufgezeigt, dass die Präsenz von Lymphozyten T
CD3pos im KRK mit einem besseren Überleben assoziiert ist (6). Diese Beobachtung
veranlasst zur Annahme, man sollte das Immunsystem stimulieren, um den Tumor besser
angreifen zu können. Studien darüber sind in Arbeit.
- Neue Molekularziele. In den letzten Jahren wurden neue molekulare Ziele entdeckt,
darunter VEGF, Raf und der EGF-Rezeptor. Inhibitoren wurden entwickelt und werden
klinisch verwendet. Andere Moleküle, die in die Metastasierung des Kolorektalkrebses
impliziert sind, namentlich die Signalwege Wnt und cMet werden als neue Therapieziele
erforscht.
Abschliessend ist zu sagen, dass die Erforschung des KRK weit gehend zu einem besseren
Verständnis der molekularen Onkogenese-Mechanismen beigetragen hat, während die
Experimental- und die translationelle Forschung die Entwicklung neuer Therapien ermöglicht
haben. Mehrere neue Zielmoleküle werden derzeit erforscht. Ein aus unseren Forschungen
hervorgegangener nichtinvasiver Früherkennungstest wird bald in der Schweiz verfügbar
sein.
Dank dieser Fortschritte dürfte es mittelfristig möglich sein, die KRK-Prävention undBehandlung zu verbessern und demzufolge die Sterblichkeitsrate schrittweise zu senken.
Abbildung 1. Mutationenanhäufung beim Kolorektalkrebs. Der Kolorektalkrebs zeichnet
sich durch die progressive Anhäufung von Mutationen infolge einer genomischen Instabilität
vom chromosomalen Typ (85% der Fälle) oder Mikrosatelliteninstabilität (15% der Fälle) aus.
Die in beide Mechanismen implizierten Gene unterscheiden sich, aber das Endergebnis ist
dasselbe. Bei der Progression werden auch Gene des Stromas (gesundes Gewebe, das den
Tumor umgibt) aktiviert.
31
Akronyme :
APC
β-CAT
DCC
MMR
TGFBRII
COX-2
VEGF
K-RAS
adenomatosi poliposi coli
beta catenin
deleted in colon cancer
mismatch repair
transforming growth factor beta receptor II
cyclooxygenase-2
vascular endothelial growth factor
kirsten RAS oncogene.
Bibliografische Angaben
(1) The multistep nature of cancer. Vogelstein B, Kinzler KW. Trends Genet. 1993. 9(4):13841
(2) The role of anti-inflammatory drugs in colorectal cancer. Wang D, DuBois RN. Annu Rev
Med. 2013; 64:131-44
(3) Identification of MAGI1 as a tumor-suppressor protein induced by cyclooxygenase-2
inhibitors in colorectal cancer cells. Zaric J, Joseph JM, Tercier S, Sengstag T, Ponsonnet L,
Delorenzi M, Rüegg C. Oncogene. 2012. 5;31(1):48-59
(4) Colorectal cancer screening: practice guidelines. Lieberman D. Dig Dis. 2012;30 Suppl
2:34-8
(5) Lgr5 and Lgr6 as markers to study adult stem cell roles in self-renewal and cancer.
Leushacke M, Barker N. Oncogene. 2012 Jun 21;31(25):3009-22
(6) Type, density, and location of immune cells within human colorectal tumors predict
clinical outcome. Galon J, Costes A, Sanchez-Cabo F, Kirilovsky A, Mlecnik B, LagorcePagès C, Tosolini M, Camus M, Berger A, Wind P, Zinzindohoué F, Bruneval P, Cugnenc
PH, Trajanoski Z, Fridman WH, Pagès F. Science. 2006. 313(5795):1960-4
*****
32
Schlusswort
Prof. D. Betticher
Chefarzt der Onkologie HFR Freiburg – Kantonsspital
Vizepräsident der Krebsliga Freiburg
Der Kolorektalkrebs steht, nach dem Brust- und Prostatakrebs, an zweiter Stelle der
häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen und Männern (50.81/100’000/ Jahr 2010). Da das
Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Diagnose 68 Jahre beträgt, stellt dieser Tumor ein
erhebliches volksgesundheitliches Problem dar. Die Krankheit verursacht eine starke
Verkürzung der Lebenserwartung und bewirkte für die Jahre 2006-2011 einen finanziellen
Verlust von rund 435 Jahre erwerbstätigen Lebens für den Kanton Freiburg.
Der Kolorektalkrebs beginnt meistens in einem gutartigen Stadium, mit der Entstehung eines
Polypen, der durch Koloskopie oder dem Nachweis von okkultem Blut im Stuhl diagnostiziert
werden kann. Er kann vor der Erscheinung eines invasiven Karzinoms behandelt werden.
Kohortenstudien, Vergleiche verschiedener Personengruppen, haben die Wirksamkeit einer
koloskopischen Früherkennung, die einen Rückgang der Sterblichkeit um rund 16% bewirkt,
klar nachgewiesen. Die Krebsliga Schweiz empfiehlt deshalb die Vorsorgeuntersuchung eine Koloskopie oder die Untersuchung des Stuhls auf okkultem Blut - ab dem 50. Altersjahr.
Seit Juni 2013 übernimmt die Krankenversicherung die Kosten dieser Vorsorgeuntersuchung.
Gemäss den Daten des Krebsregisters wird im Kanton Freiburg der Kolorektalkrebs bei den
Männern später erkannt als in den übrigen Kantonen: Gegenüber dem Schweizer
Durchschnitt werden 5% mehr erst im fortgeschrittenen Stadium (mit Metastasenbildung)
diagnostiziert. Eine kurative Behandlung solcher Patienten ist nicht mehr möglich.
Demzufolge sind Anstrengungen bezüglich einer vermehrten Information nötig, damit die
Patienten beim Auftreten der ersten Symptome ihren behandelnden Arzt aufsuchen und die
entsprechenden Untersuchungen durchführen lassen.
Die Zahlen des Registers zeigen, dass die Behandlungen im Durchschnitt innert drei
Wochen nach der Diagnosestellung eingeleitet wurden. Diese Frist ist akzeptabel, wenn man
bedenkt, dass das therapeutische Vorgehen mit verschiedenen Spezialisten im Rahmen
eines multidiszipliären Kolloquiums (= Tumorboard) festgelegt werden muss. An diesen
Kolloquien nehmen unter anderem Spezialisten der Fachbereiche Gastroenterologie,
Pathologie, Radiologie, Chirurgie, Onkologie und Radio-Onkologie teil. Aufgrund der
Vorgeschichte der einzelnen Patienten, ihrer Komorbiditäten, der Aggressivität des Tumors
und seines Stadiums, wird die von den verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten am
besten geeignete Behandlung beschlossen: radikale Resektion des Tumors, neoadjuvante
(=präoperative) Strahlen-/Chemotherapie, adjuvante (=postoperative) Chemotherapie oder
palliative Behandlung. Seltenere Tumoren (zum Beispiel neuroendokrinen Typs) werden
gezielt behandelt und allenfalls einem Zentrum vorgestellt, das sich eigens mit dieser
Pathologie befasst (z. B. metabolische Therapie (DOTATOC) an der Universitätsklinik
Basel).
Das Krebsregister Freiburg erfasst die Daten bezüglich Diagnose und Therapien, sowie die
Daten über die Entwicklung der Krankheit (Rezidiv und Tod). Festzustellen ist, dass die
Patienten in der Mehrheit der Fälle eine Therapie erhielten, die den internationalen
Empfehlungen entspricht (z.B. Strahlen-/Chemotherapie vor der Resektion eines
Rektalkarzinoms
mit
Lymphknotenbefall,
adjuvante
Chemotherapie
bei
lokal
fortgeschrittenem Kolonkarzinom, Stadium III). Diese Daten sind äusserst wichtig, denn sie
ermöglichen es, die Qualität des Gesundheitsversorgungsnetzes unseres Kantons zu
33
überprüfen. Dank der multidisziplinären Therapien verbessert sich das derzeit bei etwa 50%
(50.26) liegende Überleben von Kolorektalkrebs nach Ablauf von fünf Jahren, für alle
Stadien. Dies entspricht dem Schweizer-Durchschnitt.
Die Qualität der erteilten Therapien und Pflegeleistungen sowie die Entwicklung neuer
Medikamente (gezielte Therapie, die sich auf die Zellwucherung und/oder das Kapillarnetz
richtet) sind von grundlegender Bedeutung, damit jeder Patient von neuen Behandlungen,
wenn möglich im Rahmen eines klinischen Forschungsprotokolls, profitieren kann. Eine
grosse Anzahl von Molekülen, die aus der Molekularuntersuchung des Kolorektalkrebses
hervorgegangen sind, befinden sich derzeit in den «Pipelines» der Pharmafirmen. Diese
neuen Substanzen sind viel versprechend und werden zweifellos ein besseres Überleben
von Kolorektalkrebs-Patienten ermöglichen. Eine erneute Analyse der Kolorektalkrebs-Daten
unseres Registers in 5 bis 10 Jahren wird Vergleiche in Bezug auf die Früherkennung
(höhere Inzidenz der Frühstadien?) und allenfalls bezüglich einer besseren medikamentösen
Therapie (längere Überlebensdauer?) ermöglichen.
Wir danken den Patienten, die sich mit der Registrierung ihrer Daten einverstanden erklärt
haben, sowie der Ärzteschaft, den Spitalzentren und Laboratorien, welche uns die Daten
geliefert haben. Ohne die Analyse dieser Daten und ihrer Ergebnisse wäre es unmöglich, die
Versorgungsqualität zu überprüfen und den Gesundheitsbehörden zuverlässige Daten zu
übermitteln. Dies aber ist wesentlich für die richtigen Entscheide in Bezug auf die
Krebsprävention und die Bereitstellung einer ausreichenden gesundheitlichen Infrastruktur.
*****
34
Glossar
Inzidenz
Die Inzidenz (oder Inzidenzrate) ist die Anzahl neuer Fälle einer beobachteten Pathologie
über einen bestimmten Zeitraum und für eine bestimmte Bevölkerung. Sie ist eines der
wichtigsten Kriterien für die Beurteilung der Häufigkeit und Schnelligkeit, in der eine
Pathologie auftritt.
Brutto-Inzidenzraten
Isoliert betrachtet sagt die Anzahl der Fälle wenig aus. Die Zahl der Fälle muss auf die
Grösse der betroffenen Population umgerechnet werden. Da sich die Bevölkerung nicht
gleichmässig auf die Altersklassen verteilt, werden die Inzidenzraten für jede einzelne
Altersklasse errechnet. Die Altersklassen werden in sechs Gruppen zusammengefasst (0-19
Jahre, 20-49, 50-59, 60-69, 70-79 und 80+). Somit kommt man zu repräsentativeren
Ergebnissen in Bezug auf die Risiko-Altersgruppen.
Die Brutto-Inzidenzrate einer Altersklasse errechnet sich wie folgt:
Anzahl Fälle in der Altersklasse
------------------------------------------------ X 100’000
Anzahl Personen in der Altersklasse
Die Berechnung erfolgt alljährlich, denn die Zahl der Fälle variiert ebenso wie die
Bevölkerung.
Zwar vermitteln die Bruttoraten eine Vorstellung von der Situation im Kanton, doch
ermöglichen sie keine Vergleiche mit der Situation ausserhalb des Kantons.
Standardisierte Inzidenzraten
Stellen wir uns vor, dass die Brutto-Inzidenzrate einer Altersklasse weit über derjenigen liegt,
die für gewöhnlich andernorts festgestellt wird. Für eine solche Differenz wären zwei
Erklärungen möglich: Entweder handelt es sich um eine grössere Anzahl Fälle mit einer
Population gleicher Grösse oder um die gleiche Anzahl Fälle mit einer kleineren Population.
In beiden Fällen erhöht sich die Inzidenzrate.
Um uns gesamthaft mit anderen Regionen vergleichen zu können, müssen wir
standardisierte Inzidenzraten berechnen. Diese Raten werden auf eine Bevölkerung
standardisiert, deren Verteilung nach Altersklassen klar definiert ist (Schweiz, Europa, Welt
oder andere).
Im Rahmen unserer Studie wurden die Standardraten für die gesamte Bevölkerung
berechnet und nicht mehr nach Altersklasse. Diese geben die Anzahl Krebsfälle wieder (auf
100'000 Einwohner/innen), die wir in Anbetracht der im Kanton registrierten Krebsfälle zu
erwarten hätten, wenn die Bevölkerung wie in der Referenzpopulation auf die Altersklassen
verteilt würde.
35
TNM-Klassifikation13
Die TNM-Klassifikation ist ein internationales System, entwickelt durch den französischen
Chirurgen Pierre Denoix am Institut Gustave-Roussy, zwischen 1943 und 1952, um
Krebserkrankungen nach ihrer anatomischen Ausdehnung zu klassifizieren. Mehrere
Revisionen wurden veröffentlicht, die letzte und siebte Ausgabe im Jahr 2009.
Die drei Buchstaben T, N und M stehen für die anatomische Ausdehnung und das Verhalten
des
Primärtumors
(T),
das
Fehlen
bzw.
Vorhandensein
von
regionären
Lymphknotenmetastasen (N für Englisch node) und für das Fehlen bzw. Vorhandensein von
Fernmetastasen (M). Jedem Buchstaben wird ein Koeffizient zugeordnet. Von ihrem Prinzip
her berücksichtigt diese Klassifikation nur klinische Daten und wird nur auf
Tumorerkrankungen angewandt, die noch nicht behandelt worden sind.
Der Buchstabe « T » steht für den Primärtumor. Er reicht von T0 (wenn keine Anzeichen des
Primärtumors vorliegen) bis zu T4 (weit ausgebreiteter Tumor). Diese Einteilung hängt von
der Grösse der Tumorausdehnung ab (Maximaldurchmesser der Läsion) und von der
direkten Ausdehnung auf benachbarte Organe und Strukturen (Haut, Gefässe, Nerven,
Knochen, usw.).
Der Buchstabe « N » reicht von N0 bis N3 und steht für das Fehlen bzw. Vorhandensein von
regionären Lymphknotenmetastasen.
Der Buchstabe « M » erscheint als M0, wenn keine Anzeichen von Fernmetastasen
bestehen, oder als M1, wenn Fernmetastasen vorhanden sind, unabhängig von ihrer
Lokalisation und Anzahl.
T-Index
Der T-Index der TNM-Klassifikation ermöglicht die Einteilung von Tumoren nach ihrer Grösse
und ihrem Infiltrationsgrad. Die Hauptkategorien von T für kolorektale Tumoren sind:





Tis : Carcinoma in situ : intraepithelial oder Befall der Lamina propria
T1 : Tumor infiltriert die Submukosa
T2 : Tumor infiltriert die Muscularis propria
T3 : Tumor infiltriert in die Subserosa oder in nicht peritonealisiertes perikolonisches
oder perirektales Gewebe
T4 : Tumor infiltriert direkt in andere Organe oder Strukturen und/oder perforiert das
viszerale Peritoneum
- T4a : Tumor perforiert das viszerale Peritoneum
- T4b : Tumor infiltriert direkt in andere Organe und/oder Strukturen
TNM-Stadium
Je nach Tumorlokalisation ermöglicht die Kombination der drei Fixpunkte T, N und M die
synthetischere Ermittlung eines Stadiums (von I bis IV).
Beobachtetes Überleben
Die Berechnung des beobachteten Überlebens berücksichtigt nur den Zeitintervall zwischen
Diagnosestellung und Tod.
Relatives Überleben
Die Berechnung des relativen Überlebens erfolgt aufgrund eines Berichtigungsfaktors, der
dem allgemeinen Sterberisiko für jedes Alter entspricht. Das relative Überleben drückt den
direkt mit der berücksichtigten Krankheit verbundenen Anteil des Überlebens aus, d. h. alle
anderen Todesursachen ausgeschlossen.
13
http://fr.wikipedia.org/wiki/Classification_TNM
36
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