12.07.2013 Aufmerksamkeitsstörungen bei Kindern und Jugendlichen 11. Juli 2013 Christian A. Rexroth 1 12.07.2013 2 12.07.2013 3 12.07.2013 4 12.07.2013 3th World Health Summit Berlin, 23. bis 26.10.11 Psychische Störungen – eine „Epidemie“ Einkommensgruppe der Länder Diabetes Herz- / Kreislauf Chron. Lungenerkankungen Hoch 0,9 8,5 1,6 Mittel (hoch) 0,6 4,8 Mittel (niedrig) 0,2 Niedrig Global Krebs Psychische Erkrankungen Gesamt 5,4 9,0 25,5 2,2 2,3 5,1 14,9 2,0 0,9 0,5 1,9 5,5 0 0,3 0,1 0,1 0,3 0,9 1,7 15,6 4,8 8,3 16,3 46,7 Dt. Ärzteblatt (108, Heft 42) 2011, S. 1868 – 1869. 5 12.07.2013 Fallvignetten • Holger, 16 Jahre – – – – Realschule 8. Klasse, chronische Schulvermeidung Aggressiver Ausbruch in der Schule, wirft Stühle, weint seit drei Tagen bizarre Gedanken, Beeinflussungserlebnisse, Selbstgespräche Cannabiskonsum • Clarissa, 13 Jahre – – – – 6. Klasse Gymnasium Seit der 5. Klasse deutlicher Leistungsabfall Selbstverletzung mit scharfen Gegenständen Eltern seit 1 Jahr in Trennung lebend • Peter, 4 Jahre – Starke Verhaltensprobleme im Kindergarten – Unruhig, teils aggressive Verhaltensweisen – Vater in stationärer psychiatrischer Behandlung („Burn-out“), Mutter „am Ende“ Fallvignetten • Holger, 16 Jahre – V. a. schizophrene Psychose – Ggf. drogeninduziert – Stationäre Behandlung indiziert • Clarissa, 13 Jahre – V. a. Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion – Ambulante Diagnostik und Behandlung – Ggf. teilstationäre Behandlung • Peter, 4 Jahre – – – – Psychosoziale Krise Ambulante kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik und ggf. Behandlung Ambulante familientherapeutische Intervention Ggf. Jugendhilfemaßnahmen 6 12.07.2013 Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Regensburg Standorte Fachklinik in Regensburg • 1993 eröffnet • Institutsambulanz (seit 1992) • 3 Stationen (Kinder 6-12 Jahre, Jugendliche 12-16 und ab 16 Jahre) • 2 Tageskliniken (für Kindergarten- bzw. Schulkinder) • insgesamt 42 Behandlungsplätze (28 vollstationär, 14 tagesklinisch) • weitere 12 Betten sind in Planung Außenstelle in Weiden • Institutsambulanz seit 1998 • Tagesklinik mit 12 Plätzen seit 2001 Außenstelle in Cham • Institutsambulanz seit 2006 • Tagesklinik mit 12 Plätzen seit 2007 Außenstelle in Amberg • Institutsambulanz seit 2009 • Betriebsaufnahme Tagesklinik mit 12 Plätzen vorauss. 2. Quartal 2013 Außensprechstunde in Schwandorf • Betriebsaufnahme geplant 7 12.07.2013 KJP: Ein multiprofessionelles Arbeiten • • • • • • • • Ärztlicher Dienst Psychologischer Dienst Sozialpädagogischer Dienst Psychotherapeuten Logopädie Ergotherapie Kunst- und Musiktherapie Motopädie Im stationären Setting: • Arbeitstherapie und Belastungserprobungen • Schule für Kranke Entwicklung der Fallzahlen ambulant (PIA) 8 12.07.2013 Minderjährige und Adoleszente (OPF) Psychische Auffälligkeiten bei Minderjährigen 9 12.07.2013 Versorgungsindex Oberpfalz (KJP) Versorgung im KV-Bereich 10 12.07.2013 Untersuchungsablauf in der Institutsambulanz Anmeldung Erst- / Wiedervorstellung zur multiprofessionellen Untersuchung Explorationsgespräch mit Kind/Jugendlichem Medizinische Diagnostik Anamnesegespräch mit Eltern Psychologische Diagnostik Diagnostik Familie und psychosoziale Umgebung Logo-, ErgoMoto- Diagnostik Diagnose(n) Beratung ggf. Therapie Ablauf der Diagnostik • Ersttermin (Eltern, Kind, Untersucher) – Gespräch Eltern / Kind / Arzt / Psychologe – Erste Testung – EEG-Ableitung • 2. Termin (Kind, Untersucher) – Körperliche Untersuchung (Ausschluss organischer Ursachen) – Erhebung des psychopathologischen Befundes – Zweite Testung • „Wartezeit“ (KJP intern) – Auswertung der Befunde – Interne Besprechung der Befunde unter fachärztlicher Supervision – Ggf. Hinzuziehung des Sozialdienstes • Abschlussgespräch (s. Ersttermin) – Besprechung der Ergebnisse – … und Empfehlungen 11 12.07.2013 Diagnostik • Eigen- und Fremdanamnese – Emotionale, kognitive und psychosoziale Entwicklung – Psychosoziale Belastungen (z. B. in der Familie, in der Schule) • Körperliche Untersuchung (Ausschluss organischer Ursachen) – Ärztliche körperliche Untersuchung, Vorbefunde – Laboruntersuchungen (z. B. Ausschluss Substanzmissbrauch, Endokrine Störungen) – Neurologische Untersuchungen einschließlich EEG, z.T. MRT • Psychologische Untersuchung – Exploration – Leistungsdiagnostik (Intelligenzmessung, Teilleistungen) – Verhaltens- und Aufmerksamkeitsdiagnostik – Emotional- und Persönlichkeitsdiagnostik Wichtig: Einbeziehung von Eltern, Erziehern, Lehrern und anderen Betreuungspersonen 12 12.07.2013 Multiaxiales Klassifikationsschema (MAS) Bezeichnung I II III IV V VI Klinisch-psychiatrisches Syndrom (F 0 – F 6, F 84, F 9) Umschriebene Entwicklungsstörungen (F 8 außer F 84) Intelligenzniveau (F 7) Körperliche Erkrankungen (ICD-10 A-Z außer F) Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände Globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Bezirksklinikum Regensburg 13 12.07.2013 ICD-10: Psychische Störung Unter einer psychischen Störung versteht man einen Zustand gestörter Lebensfunktionen, der durch Beginn, Verlauf und ggf. auch Ende eine zeitliche Dimension aufweist und ein Kind oder Jugendlichen entscheidend daran hindert, an den alterstypischen Lebensvollzügen aktiv teilzunehmen und diese zu bewältigen. (Remschmidt 1988) Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Bezirksklinikum Regensburg Achse I – Psychiatrische Diagnosen (1) F0 F1 F2 F3 F4 F5 F6 Organisch bedingte psychische Störungen (z.B. infolge Trauma, Enzephalitis, Tumor, Epilepsie, Stoffwechsel) Substanzinduzierte Störungen (z.B. Tabak, Alkohol, Medikamente) Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen Affektive Störungen (z.B. Manie, Depression, bipolare Störung) Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (z.B. Phobie, Angst, Zwang, PTBS, dissoziative und somatoforme Störungen) Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen (z.B. Essstörungen (Anorexie/Bulimie), Schlaf- und sexuelle Störungen) Persönlichkeitsstörungen 14 12.07.2013 Achse I – Psychiatrische Diagnosen (2) altersbezogene Störungen F 84 F9 Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (z.B. frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom) Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend – Hyperkinetische Störungen (HKS/ADS/ADHS) – Störungen des Sozialverhaltens – Emotionale Störungen des Kindesalters (z.B. Trennungsangst) – Elektiver Mutismus – Bindungsstörungen – Ticstörungen – Ausscheidungsstörungen (Enuresis/Enkopresis) – Fütterstörungen Achse II – Entwicklungsstörungen F8 Entwicklungsstörungen (außer F 84) – Sprechen und Sprache – Schulische Fertigkeiten • Lesen und Schreiben • Rechnen – Motorische Funktionen 15 12.07.2013 Achse III – Intelligenzniveau (1) Laure: Achse III – Intelligenzniveau (2) 16 12.07.2013 Achse IV – Körperliche Krankheiten A00-B99 C00-D48 D50-D89 E00-E90 F00-F99 G00-G99 H00-H05 I00-I99 J00-J99 K00-K93 L00-L99 M00-M99 N00-N99 O00-O99 P00-P96 Q00-Q99 R00-R99 S00-T99 X60-X84 U00-Z99 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten Neubildungen (beispielsweise Tumore u.Ä.) Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten Psychische und Verhaltensstörungen Krankheiten des Nervensystems Krankheiten des Auges und Ohres Krankheiten des Kreislaufsystems Krankheiten des Atmungssystems Krankheiten des Verdauungssystems Krankheiten der Haut und der Unterhaut Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes Krankheiten des Urogenitalsystems Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben Angeb. Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien Symptome, abnorme klinische und Laborbefunde, anderenorts n.n.k. Verletzungen, Vergiftungen, bestimmte Folgen äußerer Ursachen Vorsätzliche Selbstbeschädigung Faktoren für Morbidität und Mortalität, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen Achse V 1. Abnorme intrafamiliäre Beziehungen 2. Psychische Störung, abweichendes Verhalten oder Behinderung in der Familie 3. 4. Inadäquate oder verzerrte intrafamiliäre Kommunikation Abnorme Erziehungsbedingungen 5. Abnorme unmittelbare Umgebung 6. Akute, belastende Lebensereignisse 7. Gesellschaftliche Belastungsfaktoren 8. Chronische Belastungen im Zusammenhang mit Schule oder Arbeit 9. Belastende Lebensereignisse infolge Verhaltensstörungen oder Behinderungen des Kindes (Disharmonie zw. Erwachsenen, feindliche Ablehnung, Misshandlung, sex. Missbrauch) (psychische Störung Elternteil) (unzureichende Aufsicht, Steuerung oder Erfahrung) (Erziehung in Institution, abweichende Elternsituation) (neue Familienmitglieder, sexueller Missbrauch) (Migration) (Streitbeziehungen mit Mitschülern, Sündenbockzuweisung durch Lehrkräfte) (Institutionelle Erziehung) 17 12.07.2013 Achse VI Einschätzung der psychischen, sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit Beziehungen zu – Gleichaltrigen innerhalb und außerhalb der Familie (Geschwister, Freunde…) – Erwachsenen innerhalb und außerhalb der Familie (Eltern, Lehrer…) – Freizeitgestaltung, Hobbys – Schulisches bzw. berufliches Fortkommen – Lebenspraktische Fertigkeiten (auch Mitarbeit im Haushalt) Neun Stufen der Ausprägung: 1. und 2. Herausragende bzw. mäßige soziale Funktionen 3. – 6. Leichte, mäßige, ernsthafte sowie ernsthafte und durchgängige soziale Beeinträchtigung 7. Funktionsunfähig in den meisten Bereichen 8. und 9. Schwere und durchgängige bzw. tiefe und durchgängige soziale Beeinträchtigung Psychiatrisch-psychotherapeutische Maßnahmen (Auswahl) • Beratung - Eltern (Elterngruppen) - (Kinder) / Jugendliche - Externe Ärzte und Therapeuten - Schulen / Jugendhilfe • Psychotherapeutische Verfahren – einzeln / in der Gruppe - Verhaltenstherapie - Tiefenpsychologisch fundiert / Spieltherapie - Psychoanalytisch - Systemische und Familientherapie • Gruppentherapie - Für Kinder (ADHS, SOKO…) • Pharmakotherapie 18 12.07.2013 Weitere mögliche Unterstützungen (Auswahl) • Freie Hilfen - Nachhilfeunterricht • Schulische Hilfen - Beratungslehrkräfte - Ggf. Hort - MSD - Nachteilsausgleich (Legasthenie) - Schulsozialarbeit - Schulpsychologischer Dienst • Jugendhilfe - Beratung - Gruppenangebote - Ambulante Hilfen (Erziehungsbeistand, SPFH) - Teilstationäre Hilfen (HPT) - Stationäre Hilfen (heilpädagogische / therapeutische Gruppen) Konzentrationsstörungen als Symptom einer emotionalen Belastung / Störung Beispiel: Depressive Symptomatik 19 12.07.2013 Depression: Häufigkeit – Vorurteile Depressionen… • „… kennt doch jeder!“ • „… sind keine richtige Krankheit!“ • Beruhen auf persönlichem Versagen „Reiß Dich doch zusammen“ • „Bei Kindern gibt´s doch gar keine Depressionen • Psychotherapie / Psychiatrie ist nur etwas für „Psychos“ Depression: Häufigkeit – Zahlen Allgemein: • Lebenszeitprävalenz 12-17 % Altersabhängigkeit: • Kinder und Jugendliche allgemein - Vorschulkinder - Grundschulkinder - 12-17-Jährige • Erwachsene - Junge Erwachsene - Männer - Frauen 1,8 % <1% 2% 14 % 10-20 % 10 % 25 % 20 12.07.2013 Depression: Häufigkeit und allgemeine Kennzeichen • Erkrankungsrisiko steigt mit dem Alter • Geschlechtseffekt: nach der Pubertät überwiegend bei Frauen (2:1) • Bei Kindern ist ein untypisches Erscheinungsbild der Depression im Vergleich zu Erwachsenen eher die Regel als die Ausnahme • Die präpuberale Depression zeigt sich oft als maskierte Depression mit z.B. Störungen im Sozialverhalten, Aggressivität, Lernstörungen, Enuresis und Enkopresis • Im Jugendalter weitgehend Annäherung an Depressionskriterien, wie sie für Erwachsene formuliert wurden • Verlauf bei Jugendlichen schneller als bei Erwachsenen • Bis zu 40 % bei chronisch oder lebensbedrohlich kranken Kindern • 70-80 % aller betroffenen Kinder und Jugendlichen bleiben unbehandelt Depression: Klinische Kennzeichen • Affektstörung: – Gedrückte Stimmung und Traurigkeit – Freudlosigkeit – Angst • Antriebsstörung: – Verminderter Antrieb und Aktivität (Agitiertheit oder Hemmung) – Interessen- oder Freudeverlust – Ermüdbarkeit • Kognitiven Störungen: – Konzentrationsstörungen – Formale Denkstörungen (Denkhemmung oder –verlangsamung, Unschlüssigkeit, Unentschlossenheit) – Zukunftsangst – Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls – Grübeln, Selbstvorwürfe – Gedanken an Tod und Selbstmord, selbstschädigendes Verhalten 21 12.07.2013 Depression: Klinische Kennzeichen • Auf der körperlichen Ebene (Somatisches Syndrom) – Schlafstörungen (Ein-, Durchschlafstörungen, frühmorgendliches Erwachen, Morgentief) – Appetitverlust (oder –steigerung) mit entsprechender Gewichtsveränderung – Libidoverlust – Vegetative Beschwerden (Kopf-, Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen) Beachte: altersabhängige Besonderheiten… Depression … im Kleinkindalter (1-3 Jahre) • • • • • • • • Wirkt traurig Ausdrucksarmes Gesicht Erhöhte Irritabilität Gestörtes Essverhalten Schlafstörungen Selbststimulierendes Verhalten: „Jactatio capitis“, exzessives Daumenlutschen, genitale Manipulation Auffälliges Spielverhalten, reduzierte Kreativität und Ausdauer, keine Lust zum Spielen Mangelnde Phantasie 22 12.07.2013 Depression … im Vorschulalter (3-6 Jahre) • • • • • • • • Trauriger Gesichtsausdruck Verminderte Gestik und Mimik Leicht irritierbar und äußerst stimmungslabil Mangelnde Fähigkeit sich zu freuen Introvertiertes Verhalten, aber auch aggressives Verhalten Vermindertes Interesse an motorischen Aktivitäten Essstörungen bis zu Gewichtsverlust/-zunahme Schlafstörungen, Alpträume, Ein- und Durchschlafstörungen Depression … bei Schulkindern bis zur Pubertät • • • • • Verbale Berichte über Traurigkeit Schon suizidale Gedanken Befürchtungen, dass Eltern nicht genügend Beachtung schenken Schulleistungsstörungen Agitiertheit und aggressives oder dissoziales Verhalten 23 12.07.2013 Depression … im Pubertäts- und Jugendalter • • • • • • • • • • • Vermindertes Selbstvertrauen Apathie, Reizbarkeit Verstärkung vorhandener phobischer oder zwanghafter Symptome Konzentrationsmangel, Grübelneigung Leistungsstörungen Gereiztheit und Aggressivität Stimmungsschwankungen psychosomatische Störungen Motorische Unruhe Kriterien der depressiven Episode Substanzmissbrauch Depressive Symptome als… … Vorläufer oder Auslöser anderer psychischer Störungen … Symptome einer anderen psychischen Störung … Folge einer psychischen Störung oder körperlichen Erkrankung 24 12.07.2013 Konzentrationsstörungen als Symptom einer emotionalen Belastung / Störung Beispiel: ADHS und ADS Klinisches Erscheinungsbild (ICD-10) 3 Kardinalsymptome Situationsunabhängigkeit Beginn < 7. Lebensjahr Unaufmerksamkeit Überaktivität Impulsivität Dauer > 6 Monate resultierende Beeinträchtigung 25 12.07.2013 Subtypisierung ICD-10 Hyperkinetische Störungen (HKS) HKS Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1) DSM-IV AufmerksamkeitsdefizitHyperaktivitätsstörung (dt. ADHS, engl. ADHD) gemischter Typ (314.01) ADHS (ADHD) primär hyperaktiv-impulsiver Typ (314.01) ADHS (ADHDPH) primär unaufmerksamer Typ (314.00) ADS (ADHDPI) „Zappelphilipp“ „Träumerchen“ Unspezifisch: F90.8 und F90.9 (ICD-10), 314.9 (DSM-IV) Epidemiologie Daten zur Prävalenz schwanken in Abhängigkeit von der/m • zugrunde liegenden Klassifikationsschema • der Art der Stichprobe • dem verwendeten Diagnoseverfahren • der Berücksichtigung des psychosozialen Funktionsniveaus Mittlere Prävalenz hyperkinetischer Störungen (bevökerungsbasierte Stichproben) DSM-IV ICD-10 2-7 % 1-2 % Kinder- & Jugendsurvey Robert-Koch-Institut Berlin (2004) 3.9 % 26 12.07.2013 Epidemiologie Geschlechterverteilung ♂ : ♀ = 3:1 – 9:1 ADHS - Geschlechtsspezifische Unterschiede ♂ ♀ mehr vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ mehr vorwiegend unaufmerksamer Typ Kernsymptomatik stärker ausgeprägt (?) stärkere intellektuelle Beeinträchtigung (?) mehr externalisierende Symptome mehr internalisierende Symptome Altersspezifische Symptomatik der ADHS Säugling Vorschule • Regulations- • verringerte Störungen • InteraktionsStörungen Spieldauer und -Intensität • Probleme in der Gruppe • feinmotorische Schwierigkeiten • Verzögerung der Blasenund Mastdarmkontrolle Schule • Ablenkbarkeit • Lernschwierigkeiten • niedriges Selbstbewusstsein • soziale Ungeschicklichkeit • Verhaltensprobleme • impulsives Verhalten Adoleszenz Erwachsener • Schulprobleme • mangelnde Alltagsorganisa• Lernprobleme tion • geringes • schwierige Bildungsniveau • Demotivation • Unfälle • ungewollte Schwangerschaft • Substanzmissbrauch • Stimmungslabilität • Suizidversuche • • • • berufliche Integration erhöhtes Unfallrisiko partnerschaftliche Konflikte Erziehungsprobleme Drogenabhängigkeit 27 12.07.2013 Verlauf ~1/3 Drei VerlaufsTypen Residualstadium ~1/3 ~1/3 Ursachen Genetik Remission bis zur Adoleszenz (meist Abnahme der Hyperaktivität und Persistenz der Aufmerksamkeitsstörung) Persistenz der ADHS (oft mit zusätzlichen komorbiden Erkrankungen) Prozesse Ebenen Neurotransmitterstörungen Neurobiologie: Transmittersysteme Gehirnmorphologie Neuronale Aktivität Neurophysiologie Neuropsychologische Störungen Neuropsychologie Verhaltenssteuerung ADHS-Symptome Symptome Negative Interaktionen Interaktionen Komorbide Symptome Komorbidität Prä- und perinatale Risikofaktoren (Nahrungsmittel?) Ungünstige psychosoziale Bedingungen 28 12.07.2013 Multimodale Behandlung (Leitlinien der DGKJPP) • • • • Aufklärung und Beratung (Psychoedukation) Elterntraining und Interventionen in der Familie (Familientherapie) Interventionen in Kindergarten/Schule Kognitive Therapie - Selbstinstruktionstraining (→ impulsiv-unorganisiertes Verhalten) - Selbstmanagement (→ Modifikation des Problemverhaltens) • Verhaltenstherapie - Kontingenzmanagement (Verstärkersysteme) - Tagesstrukturierung • • Pharmakotherapie (Neurofeedback, Diät...) • Ergänzend: - Soziales Kompetenztraining Einzel- und/oder Gruppenpsychotherapie Übungsbehandlungen (Teilleistungsschwächen) Pharmakotherapie (Aggression, Tics) Pharmakotherapie Substanzklasse Wirkstoff Präparate Tabletten Stimulanzien Dopamin- & NoradrenalinAgonisten Methylphenidat (MPH) NoradrenalinWiederaufnahmeHemmer schnellwirksam [IR] Equasym® Medikinet® Ritalin® RetardKapseln Equasym retard® Medikinet retard® Ritalin LA® Concerta® verzögert wirksam [ER] [BtMVV] Generikum (Ratiopharm, Hexal, Tad) Amphetamin Saft oder Kapseln (AMP) Keine Fertigsubstanz, Rezeptur in Apotheke Atomoxetin Hartkapseln (ATX) Strattera® BtMVV = Betäubungsmittelverschreibungsverordnung IR = Immediate Release ER = Extended Release 29 12.07.2013 Settings in der KJP Der größte Teil der kinder- und jugendpsychiatrischen Störungen lässt sich ambulant behandeln. Indikation zu teilstationärer Behandlung in Tageskliniken bei • intensiven heilpädagogischen und • psychotherapeutischen Maßnahmen, wenn • vollstationäre Aufnahme nicht angezeigt bzw. • Aufenthalt in Familie wünschenswert Indikation zu stationärer Aufnahme ergibt sich meist aus • Schwere und • Chronifizierung der Störung, • Selbst- oder • Fremdgefährdung • Einer aus therapeutischen Gründen notwendigen Trennung von der Familie (Fehlen geeigneter ambulanter Behandlungsangebote) Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit [email protected] 30