Messtechnik - Fakultät für Informations-, Medien

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Fachhochschule Köln
Fakultät für InformationsMedien- und Elektrotechnik
Institut für Nachrichtentechnik
Scriptum
zur Vorlesung
Messtechnik
Gesamt-Script
Prof. Dr.-Ing. M. Silverberg
Prof. Dr.-Ing. J. Krah
Stand: 05.02.2006
Vorläufige Version!
Änderungen vorbehalten
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Inhaltsverzeichnis
1.
1.1
1.2
1.3
1.4
Einführung
Allgemeine Betrachtungen
Historischer Rückblick
Das SI-System
Messmethoden
2.
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Messabweichungen
Bekannte systematische Messabweichungen
Unbekannte systematische Messabweichungen
Fortpflanzung systematischer Messabweichungen
Zufällige Messabweichungen
Vollständiges Messergebnis
3.
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
Grundlagen der Stochastik
Kombinatorik
Zufallsexperimente
Relative Häufigkeit
Das Laplace-Experiment
Bedingte Wahrscheinlichkeit
Unabhängige Ereignisse
4.
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
Beschreibung statistischer Größen
Zufallsvariable
Verteilungsfunktion und Verteilungsdichtefunktion
Erwartungswert, Varianz und Standardabweichung
Zentraler Grenzwertsatz, Normalverteilung und Gleichverteilung
Stichprobe einer Messgröße
Vertrauensbereich für den Erwartungswert
Fortpflanzung zufälliger Abweichungen
Lineare Regression
5
Elektromechanische und digitale Messgeräte
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
5.8
5.9
Eigenschaften elektrischer Messgeräte
Drehspulmesswerk
Elektrodynamisches Messwerk
Dreheisenmesswerk
Messbereichserweiterung bei Gleichspannungsmessung
Messbereichserweiterung bei Gleichstrommessung
Begrenzerschaltungen mit Dioden
Wechselstrom- und Wechselspannungsmessung
Grundlagen der digitalen Messtechnik
6
Analoge und digitale Oszilloskope
7
Digitale Zeit- und Frequenzmessung
7.1
7.2
7.3
7.4
Logische Grundgatter
Speicherelemente und Zähler
Digitale Zeitmessung
Digitale Frequenzmessung
8
Messanwendungen
2
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8.1
8.2
Widerstandsbestimmung
Messbrücken
3
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1. Einführung
1.1
Allgemeine Betrachtungen
Die Aufgabe der Messtechnik ist die objektive, reproduzierbare und quantitative Erfassung einer
physikalischen Größe:
¾
objektiv:
von den Sinnesorganen des Menschen unabhängig
¾
reproduzierbar:
wiederholbar und reproduzierbar
¾
quantitativ:
mit einer Zahl versehen
Anwendung der Messtechnik in:
¾
Forschung:
zur Entdeckung neuer Phänomene
¾
Produktion:
zur Qualitätssicherung
¾
Medizin:
zur Überwachung von Patienten
¾
Entwicklung:
zur Optimierung der Eigenschaften von Produkten
¾
.......
Der Philosoph Plato ( 427 – 347 v. Chr.):
„Das beste Mittel gegen Sinnestäuschungen ist das Messen, Zählen und Wägen. Dadurch wird die
Herrschaft der Sinne über uns beseitigt. Wir richten uns nicht mehr nach dem sinnlichen Eindruck
der Größe, der Zahl, des Gewichts der Gegenstände, sondern berechnen, messen und wägen sie.
Und das ist Sache der Denkkraft, Sache des Geistes in uns“.
Messung elektrischer Größen:
¾
Spannung
¾
Ladung/Strom
¾
Widerstand, Induktivität, Kapazität
¾
Phasenwinkel
¾
Frequenz
Physikalische Größe = Zahlenwert · Einheit
4
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Aufgaben der elektrischen Messtechnik:
¾
Gewinnung des elektrischen Messsignals
¾
Struktur der Messeinrichtung
¾
Eigenschaften der Signalformen
¾
Übertragung und Verarbeitung der Messsignale
¾
Ausgabe und Darstellung der gewonnenen Informationen
Messung nicht-elektrischer Größen:
Messwert (y)
Messeinrichtung
Sensor
nicht-elektrische
Größe (x)
elektrische Größe
Bild 1.1: Messung nicht-elektrischer Größen
Vorteile der elektrischen Messtechnik:
¾
leistungsarme bis leistungslose Erfassung von Messdaten
¾
hohes Auflösungsvermögen
¾
gutes dynamisches Verhalten
¾
stete Messbereitschaft
¾
bequeme Übertragung über weite Entfernungen
¾
leichte Verarbeitung der Messdaten
5
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1.2
Historischer Rückblick
1799
Schaffung des Urkilogramm und des Urmeter aus Platin, Aufbewahrung der Urnormale im
“Archive de la Rèpublique” in Paris.
1830
Gauß und Weber definieren “absolute elektrische Einheiten” über die Grundgrößen des
CGS-Systems (Zentimeter, Gramm, Sekunde).
1889
Die erste Generalkonferenz für Maß und Gewicht schafft Ausführungen der Prototypen für
Meter und Kilogramm, die an die Mitgliedstaaten verteilt werden.
1893
Die Einheiten V, A und Ω werden durch empirische Normale dargestellt (Silbervoltmeter,
Quecksilbernormal). Sie werden als “praktische” Einheiten bezeichnet.
1948
Internationale Einführung des MKSA-Systems mit den Grundeinheiten Meter, Kilogramm,
Sekunde, Ampere. Die elektrischen Einheiten werden kohärent an die mechanischen
Einheiten angeschlossen.
1960
Festlegung des “Internationalen Einheitensystems” SI (Système International d` Unites)
durch die elfte Generalkonferenz für Maß und Gewicht.
1969
Das SI-System wird in Deutschland als verbindlich für den geschäftlichen und amtlichen
Verkehr erklärt.
1.3
Das SI-System
Basisgröße
ZeichenBasiseinheit
Zeichen der Basiseinheit
Länge
l
Meter
m
Masse
m
Kilogramm
kg
Zeit
t
Sekunde
s
Stromstärke
I
AmpereA
Temperatur
T
Kelvin
K
Stoffmenge
n
Mol
mol
Lichtstärke
Iv
Candela
cd
Tabelle 1.1: Das SI-System
6
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Die meisten Basisgrößen werden anhand von physikalischen Erscheinungen definiert. Dieses hat
die folgenden Vorteile:
¾
hochgenau
¾
reproduzierbar
¾
zeitinvariant
Definition der Zeit:
Die Sekunde ist das 9 192 631 770fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden
Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133 Cs entsprechenden
Strahlung.
Definition der Länge:
Das Meter ist die Länge der Strecke, die Licht im Vakuum während der Dauer von
1/299 792 458 Sekunden durchläuft.
Definition der Temperatur:
Das Kelvin, die Einheit der thermodynamischen Temperatur, ist der 273,16te Teil der
thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers.
usw.
Abgeleitete SI-Einheiten
Größe
ZeichenEinheit
Leistung
P
Watt
1 W = 1 VA = 1 m2 kg/s3
el. Spannung
U
Volt
1 V = 1 W/A = 1 kg m2/(As3)
el. Widerstand R
Ohm
1 Ω = 1 V/A = 1 kg m2/(A2 s3)
Arbeit
W
Joule
1 J = 1 Nm = 1 VAs = 1 kg m2/s2
Kraft
F
Newton
1 N = 1 kg m/s2
Druck
P
Pascal
1 Pa = 1 N/m2 = 1 kg/(s2 m)
Frequenz
f
Hertz
1 Hz = 1/s
el. Kapazität
C
Farad
1 F = 1 As/V = 1 A2 s4/(kg m2)
Induktivität
L
Henry
1 H = 1 Vs/A = 1 kg m2/(A2 s2)
Ladung
Q
Coulomb
1 C = 1 As
C/m2
1 C/m2 = 1 As/m2
el. Flußdichte D
Einheitenbezeichnung und Beziehung
Tabelle 1.2: Abgeleitete SI-Einheiten
7
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1.4
Messmethoden
Ausschlagmethode:
Messgröße (x)
Messwert (y)
Sensor
Verarbeitung
Ausgeber
Kompensationsmethode:
X′
Sensor
Σ
∆X
Regler
-
Messgröße (x)
XK
Erzeugung der
Kompensationsgröße
Messwert (y)
Ausgeber
Bild 1.2: Messmethoden
Anwendung der Kompensationsmethode wenn:
¾
¾
Messgröße schwer meßbar
und
Kompensationsgröße einfach messbar
8
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2. Messabweichungen
Rückwirkung
Messobjekt
Messgröße (X)
Messwert (Y)
Messeinrichtung
Umwelt; Störungen
Bild 2.1: Ursachen für Messabweichungen
Definition der Messabweichungen:
e = x – xw
(2.1)
e
x – xw
x
erel = ─ = ──── = ── - 1
xw
xw
xw
(2.2)
Zusammenhang zwischen Messgröße und Messwert
y = f (x)
(2.3)
y + ∆y = f (x + ∆x)
(2.4)
Beispiel: Leistungsmessung an einem bekannten Lastwiderstand R
U
=
R
Voltmeter
P = U2/R
(2.5)
Bild 2.2: Leistungsbestimmung durch Spannungsmessung
9
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2.1
Bekannte systematische Messabweichungen
Korrektion
K = - e sys
>>
x korr = x + K
(2.6)
Additive Abweichung:
y
x
Multiplikative Abweichung:
y
x
Bild 2.3: Formen von Messabweichungen
2.2
Unbekannte systematische Messabweichungen
Beispiel: Alterung von el. Bauelementen
¾
In manchen Fällen abschätzbar und bis zu einem gewissen Grad korrigierbar.
¾
Wenn vollständig unbekannt:
>>>
Behandlung wie zufällige Messabweichungen
10
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2.3
Fortpflanzung systematischer Messabweichungen
Taylor-Reihe (1-dimensionaler Fall):
f (1) (x0)
f (2) (x0)
f (n) (x0)
f (x) = f (x0) + ──── · (x – x0) + ──── · (x – x0) 2 + ... + ──── · (x – x0) n + Rn
1!
2!
n!
(2.7)
Abbruch nach Term 1. Ordnung:
f (x) ≈ f (x0) + f (1) (x0) · (x – x0)
mit
(2.8)
x0 = xw
f (x)
f (x)
f (xw)
x
xw
x
Bild 2.4: Linearisierung im Arbeitspunkt
ex = x – xw
(2.9)
ey = y – yw
(2.10)
f (x) = f (xw) + f (1)(xw) · (x – xw)
(2.11)
y
yw
ey = f (1) (xw) · ex
ex
(2.12)
11
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2-dimensionaler Fall:
y = f (x1, x2)
(2.13)
∂f (x1w, x2w)
∂f (x1w, x2w)
f (x1, x2) = f (x1w, x2w) + ───────── · (x1 – x1w) + ───────── · (x2 – x2w)
∂x1
∂x2
(2.14)
n-dimensionaler Fall:
y = f (x1, x2, ..., xn)
(2.15)
n
∂f
ey = ∑ ─── · exi
i=1 ∂xi
(2.16)
Regeln für die Fehlerfortpflanzung:
Addition von Messwerten
y = x1 + x2
ey = ex1 + ex2
(2.17)
ey = ex1 – ex2
(2.18)
ey = x2 · ex1 + x1 · ex2
(2.19)
Subtraktion von Messwerten
y = x1 – x2
Multiplikation von Messwerten
y = x1 · x2
erel y = erel x 1 + erel x 2
(2.20)
Division von Messwerten
x1
y = ──
x2
1
x1
ey = ── · ex1 - ── · ex2
x2
x2 2
erel y = erel x 1 - erel x 2
(2.21)
(2.22)
12
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2.4
Zufällige Messabweichungen
Diese:
¾
entstehen durch nicht beherrschbare, nicht determinierte Einflüsse (z. B.:
Rauschen)
¾
sind nicht vorausbestimmbar
¾
führen bei Mehrfachmessung zu einer Streuung oder zu einem sogenannten
unsicheren Messergebnis
¾
lassen sich sehr schwer oder gar nicht von unbekannten systematischen
Messabweichungen trennen
¾
werden mit Werkzeugen der Statistik behandelt (Zufallsgrößen)
13
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2.5
Vollständiges Messergebnis
Systematische Messabweichungen
Zufällige Messabweichungen
(reproduzierbar)
(nicht reproduzierbar)
Bekannte
systematische
Messabweichungen
Unbekannte systematische
Messabweichung
(wertmäßig bekannt)
(wertmäßig nicht bekannt)
Korrigierbare
Messabweichung
Messergebnis
Nicht korrigierbare Messabweichung
+
-
Messunsicherheit
(korrigiert)
Bild 2.5: Vollständiges Messergebnis
14
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3
Grundlagen der Stochastik
3.1 Kombinatorik
Die Berechnung der Wahrscheinlichkeit von Ereignissen läuft auf die Berechnung der Mächtigkeit von
Mengen hinaus. Oft handelt es sich bei diesen Mengen dabei um Mengen, welche in der Kombinatorik
bereits bekannt sind. Im folgenden Abschnitt werden daher einige Grundmengen der Kombinatorik
dargestellt, genau definiert und aufgezeigt, in welchem Zusammenhang sie auftreten.
3.1.1 Permutationen ohne Wiederholung
Bei Permutationen ohne Wiederholung geht es um das Anordnen von n Dingen, die mit den Zahlen
1, 2, ...., n nummeriert sind.
Permutation (ohne Wiederholung) mit n = 4:
{{1, 2, 3, 4}, {1, 2, 4, 3}, {1, 3, 2, 4}, {1, 3, 4, 2}, {1, 4, 2, 3}, {1, 4, 3, 2}, {2, 1, 3, 4},
{2, 1, 4, 3}, {2, 3, 1, 4}, {2, 3, 4, 1}, {2, 4, 1, 3}, {2, 4, 3, 1}, {3, 1, 2, 4}, {3, 1, 4, 2},
{3, 2, 1, 4}, {3, 2, 4, 1}, {3, 4, 1, 2}, {3, 4, 2, 1}, {4, 1, 2, 3}, {4, 1, 3, 2}, {4, 2, 1, 3},
{4, 2, 3, 1}, {4, 3, 1, 2}, {4, 3, 2, 1}}
3.1.1.1 Satz: Für die Menge Ω aller Permutationen ohne Wiederholung von n Dingen gilt
Beispielsweise lassen sich 50 Bücher, wegen 50!, auf etwa 3.04141 x 1064 verschiedene Arten anordnen.
3.1.2 Permutationen mit Wiederholung
Bei Permutationen mit Wiederholung geht es um das Anordnen von n = n1 + n2 + ... + nk Dingen,
welche mit den Zahlen
nummeriert sind. Dinge, welche die gleiche Nummer zugewiesen bekommen, sind dabei als identisch
anzusehen.
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Eine Permutation (mit Wiederholung) mit n = 5; k1 = 2; k2 = 1; k3 = 2 ergibt:
{{1, 1, 2, 3, 3}, {1, 1, 3, 2, 3}, {1, 1, 3, 3, 2}, {1, 2, 1, 3, 3}, {1, 2, 3, 1, 3}, {1, 2, 3, 3, 1},
{1, 3, 1, 2, 3}, {1, 3, 1, 3, 2}, {1, 3, 2, 1, 3}, {1, 3, 2, 3, 1}, {1, 3, 3, 1, 2}, {1, 3, 3, 2, 1},
{2, 1, 1, 3, 3}, {2, 1, 3, 1, 3}, {2, 1, 3, 3, 1}, {2, 3, 1, 1, 3}, {2, 3, 1, 3, 1}, {2, 3, 3, 1, 1},
{3, 1, 1, 2, 3}, {3, 1, 1, 3, 2}, {3, 1, 2, 1, 3}, {3, 1, 2, 3, 1}, {3, 1, 3, 1, 2}, {3, 1, 3, 2, 1},
{3, 2, 1, 1, 3}, {3, 2, 1, 3, 1}, {3, 2, 3, 1, 1}, {3, 3, 1, 1, 2}, {3, 3, 1, 2, 1}, {3, 3, 2, 1, 1}}
3.1.2.1 Satz: Für die Menge Ω aller Permutationen mit Wiederholung von jeweils n1, n2, ..., nk
identischen Dingen gilt
Die Buchstaben des Wortes SEEREISE lassen sich wegen 8!(/4!2!1!1!) auf 840 verschiedene Arten
anordnen.
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3.1.3 Kombinationen ohne Wiederholung
Bei Kombinationen ohne Wiederholung geht es um das Auswählen von k ≤ n Dingen aus n Dingen,
welche mit den Zahlen 1, 2, ..., n nummeriert sind, wobei jedes einzelne Ding höchstens einmal
ausgewählt werden darf (Ziehen ohne Zurücklegen) und wobei die Reihenfolge, in der diese Auswahl
erfolgt, keine Bedeutung hat.
Kombination (ohne Wiederholung) mit n = 6 und k = 3:
{{1, 2, 3}, {1, 2, 4}, {1, 2, 5}, {1, 2, 6}, {1, 3, 4}, {1, 3, 5}, {1, 3, 6}, {1, 4, 5}, {1, 4, 6},
{1, 5, 6}, {2, 3, 4}, {2, 3, 5}, {2, 3, 6}, {2, 4, 5}, {2, 4, 6}, {2, 5, 6}, {3, 4, 5}, {3, 4, 6},
{3, 5, 6}, {4, 5, 6}}
3.1.3.1 Satz: Für die Menge Ω aller Kombinationen ohne Wiederholung von k aus n Dingen gilt:
Beim Lotto „6 aus 45“ gibt es wegen 45!/(39!6!) genau 8145060 verschiedene Möglichkeiten für einen
Sechser.
3.1.4 Kombinationen mit Wiederholung
Bei Kombinationen mit Wiederholung geht es um das Auswählen von k ≤ n Dingen aus n Dingen,
welche mit den Zahlen 1, 2, ..., n nummeriert sind, wobei jedes einzelne Ding auch mehrmals
ausgewählt werden darf (Ziehen mit Zurücklegen) und wobei die Reihenfolge, in der diese Auswahl
erfolgt, keine Bedeutung hat.
Die Kombination (mit Wiederholung) mit n = 4 und k = 3:
{{1, 1, 1}, {1, 1, 2}, {1, 1, 3}, {1, 1, 4}, {1, 2, 2}, {1, 2, 3}, {1, 2, 4}, {1, 3, 3}, {1, 3, 4},
{1, 4, 4}, {2, 2, 2}, {2, 2, 3}, {2, 2, 4}, {2, 3, 3}, {2, 3, 4}, {2, 4, 4}, {3, 3, 3}, {3, 3, 4},
{3, 4, 4}, {4, 4, 4}}
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3.1.4.1 Satz: Für die Menge Ω aller Kombinationen mit Wiederholung von k aus n
Dingen gilt:
3.1.5 Variationen ohne Wiederholung
Bei Variationen ohne Wiederholung geht es um das Auswählen von k ≤ n Dingen aus n Dingen, welche
mit den Zahlen 1, 2 ...., n nummeriert sind, wobei jedes einzelne Ding höchstens einmal ausgewählt
werden darf (Ziehen ohne Zurücklegen) und wobei die Reihenfolge, in der diese Auswahl erfolgt,
wesentlich ist.
Die Variation (ohne Wiederholung) mit n = 4 und k = 3 ergibt:
{{1, 2, 3}, {1, 3, 2}, {2, 1, 3}, {2, 3, 1}, {3, 1, 2}, {3, 2, 1}, {1, 2, 4}, {1, 4, 2}, {2, 1, 4},
{2, 4, 1}, {4, 1, 2}, {4, 2, 1}, {1, 3, 4}, {1, 4, 3}, {3, 1, 4}, {3, 4, 1}, {4, 1, 3}, {4, 3, 1},
{2, 3, 4}, {2, 4, 3}, {3, 2, 4}, {3, 4, 2}, {4, 2, 3}, {4, 3, 2}}
3.1.5.1 Satz: Für die Menge Ω aller Variationen ohne Wiederholung von k aus n Dingen gilt:
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3.1.6 Variationen mit Wiederholung
Bei Variationen mit Wiederholung geht es um das Auswählen von k ≤ n Dingen aus n Dingen, welche
mit den Zahlen 1, 2 ...., n nummeriert sind, wobei jedes einzelne Ding auch mehrmals ausgewählt
werden darf (Ziehen mit Zurücklegen) und wobei die Reihenfolge, in der diese Auswahl erfolgt,
wesentlich ist.
Die Variation (mit Wiederholung) mit n = 4 und k = 3 ergibt:
{{1, 1, 1}, {1, 1, 2}, {1, 1, 3}, {1, 1, 4}, {1, 2, 1}, {1, 2, 2}, {1, 2, 3}, {1, 2, 4}, {1, 3, 1},
{1, 3, 2}, {1, 3, 3}, {1, 3, 4}, {1, 4, 1}, {1, 4, 2}, {1, 4, 3}, {1, 4, 4}, {2, 1, 1}, {2, 1, 2},
{2, 1, 3}, {2, 1, 4}, {2, 2, 1}, {2, 2, 2}, {2, 2, 3}, {2, 2, 4}, {2, 3, 1}, {2, 3, 2}, {2, 3, 3},
{2, 3, 4}, {2, 4, 1}, {2, 4, 2}, {2, 4, 3}, {2, 4, 4}, {3, 1, 1}, {3, 1, 2}, {3, 1, 3}, {3, 1, 4},
{3, 2, 1}, {3, 2, 2}, {3, 2, 3}, {3, 2, 4}, {3, 3, 1}, {3, 3, 2}, {3, 3, 3}, {3, 3, 4}, {3, 4, 1},
{3, 4, 2}, {3, 4, 3}, {3, 4, 4}, {4, 1, 1}, {4, 1, 2}, {4, 1, 3}, {4, 1, 4}, {4, 2, 1}, {4, 2, 2},
{4, 2, 3}, {4, 2, 4}, {4, 3, 1}, {4, 3, 2}, {4, 3, 3}, {4, 3, 4}, {4, 4, 1}, {4, 4, 2}, {4, 4, 3},
{4, 4, 4}}
3.1.6.1 Satz: Für die Menge Ω aller Variationen mit Wiederholung von k aus n Dingen gilt:
19
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3.2 Zufallsexperimente
Der Begriff Zufallsexperiment
3.2.1 Definition: Unter einem Zufallsexperiment versteht man einen in der realen Welt
ablaufenden Vorgang, bei dem ein nicht vollständig vorhersehbarer Ausgang (Realisierung) aus
einer Menge von möglichen Ausgängen realisiert wird.
Einfache Beispiele für diesen zentralen Begriff, sind
•
•
•
•
das n-malige Würfeln mit k Würfel;
das n-malige Werfen von k Münzen;
das Ziehen mit Zurücklegen von k Kugeln aus einer Urne mit n Kugeln;
die Ziehen ohne Zurücklegen von k Kugeln aus einer Urne mit n ≥ k Kugeln.
Soll ein Zufallsexperiment näher untersucht werden, so muss zuerst geklärt werden, was man als dessen
mögliche Ausgänge ansieht.
Beim einmaligen Werfen einer Münze werden dies offenbar die beiden Ausgänge "Zahl" und "Adler"
sein. Besteht das Zufallsexperiment jedoch im Ziehen einer Kugel aus einer Urne mit fünf roten und
drei schwarzen Kugeln, so ist schon nicht mehr so offensichtlich, was man unter einem möglichen
Ausgang versteht. Es ist zwar naheliegend, die beiden Realisierungen "eine rote Kugel wurde gezogen"
und "eine schwarze Kugel wurde gezogen" als die beiden möglichen Ausgänge anzusehen.
Es wäre aber auch denkbar, die acht Kugeln vor der Ziehung zu nummerieren (etwa die roten Kugeln
mit den Nummern 1,2,3,4,5 und die schwarzen Kugeln mit den Nummern 6,7,8) und dann von den acht
möglichen Ausgängen "die Kugel mit der Nummer 1 wurde gezogen", …, "die Kugel mit der Nummer
8 wurde gezogen" zu reden.
Sobald geklärt ist, was man als die möglichen Ausgänge eines Zufallsexperiments ansieht, ordnet man
jedem dieser Ausgänge in bijektiver Weise ein Element ω einer Menge Ω mit einer leicht zu
überschauenden mathematischen Struktur zu und unterscheidet in Zukunft nicht mehr zwischen dem
Ausgang und dem diesem Ausgang zugeordneten Element.
3.2.2 Definition: Die Menge Ω nennt man den Ereignisraum des Zufallsexperiments. Teilmengen A,
B, ... von Ω nennt man Ereignisse. Einelementige Teilmengen {ω} von Ω nennt man
Elementarereignisse. Man sagt "das Ereignis A tritt ein", wenn ein Ausgang ω aus der Menge A
realisiert wird.
Das Auffinden eines geeigneten Ereignisraums stellt einen (wichtigen und keineswegs trivialen) ersten
Schritt bei der Erstellung des mathematischen Modells eines Zufallsexperiments dar.
20
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Beispiel: Einmaliges Werfen eines Würfels
Ereignisraum Ω
2
3
1
6
5
Elementarereignis ω
4
Ereignismenge B
Ereignismenge A
Bild 3.2.1: Illustration von Ereignisraum, Ereignismenge und Elementarereignis
Die Summe der Elementarereignisse stellt den Ereignisraum bereits vollständig dar. Es lassen sich nun als
Ausgang dieses Zufallsexperimentes beliebige Ereignisse definieren, wie zum Beispiel:
¾
Das Ereignis tritt ein, wenn die Zahl 5 gewürfelt wird. Dieses ist dann ein Elementarereignis, da
die Ereignismenge nur aus dem Element 5 besteht.
¾
Das Ereignis tritt ein, wenn eine ungerade Zahl gewürfelt wird. Dieses entspricht der Menge A.
¾
Das Ereignis tritt ein, wenn eine gerade Zahl gewürfelt wird. Dieses entspricht der Menge B.
Der Begriff Wahrscheinlichkeit (nach N. Kolmogorov)
Nachdem geklärt ist, mit welchem Ereignisraum Ω das gegebene Zufallsexperiment beschrieben wird,
wollen wir nun den Ereignissen A (A sei eine Teilmenge von Ω) in geeigneter Weise eine
Wahrscheinlichkeit P[A] zuordnen. Die Wahrscheinlichkeit P[A] eines Ereignisses A ist dabei ein Maß für
die Tendenz, mit der dieses Ereignis A eintritt.
3.2.3
Definition: Eine Abbildung P, welche jedem Ereignis A (als Teilmenge von Ω) eine reelle Zahl
P[A] zuordnet und dabei die drei Eigenschaften
1) P[Ω] = 1(sicheres Ereignis)
2) für alle Ereignisse A ist P[A] ≥ 0
3) für endlich oder abzählbar unendlich viele paarweise disjunkte Ereignisse A1, A2, ... gilt
besitzt, nennt man ein Wahrscheinlichkeitsmaß (kurz W-Maß) auf dem Ereignisraum Ω.
21
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Es lässt sich leicht zeigen, dass W-Maße die folgenden elementaren Eigenschaften besitzen:
3.2.4
Satz: Ist P ein W-Maß auf dem Ereignisraum Ω, so gilt:
a) P[{ }] = 0 (leere Menge)
b) für beliebige Ereignisse
ist
c) für beliebige Ereignisse
mit
ist
d) für beliebige Ereignisse
mit
ist
e) für beliebige Ereignisse
ist
3.2.5 Satz: Jedes W-Maß P auf einem endlichen oder abzählbar unendlichen Ereignisraum Ω ist durch
Angabe der Wahrscheinlichkeiten der Elementarereignisse P[{ω}] bereits vollständig bestimmt.
Speziell gilt dabei für alle
Vom Gesichtspunkt der Mathematik aus lässt sich ein Zufallsexperiment vollständig durch
¾ einen die möglichen Realisierungen charakterisierenden Ereignisraum Ω und
¾ ein W-Maß P auf Ω, mit dem der dieses Zufallsexperiment steuernde Zufall modelliert wird
beschreiben.
Man nennt das Paar (Ω , P) deshalb ein
mathematisches Modell dieses Zufallsexperiments.
22
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3.3 Relative Häufigkeit
Wird ein Zufallsexperiment oft wiederholt, so ist das dabei erzeugte Datenmaterial nicht mehr
überschaubar. Meistens ist man an diesem konkreten Datenmaterial selbst aber gar nicht interessiert.
Vielmehr möchte man oft nur wissen, mit welchen relativen Häufigkeiten die einzelnen Realisierungen
dieses Zufallsexperiments auftreten. Außerdem möchte man diese relativen Häufigkeiten sowohl
tabellarisch als auch graphisch veranschaulichen.
3.3.1 Definition: Wird ein Zufallsexperiment mit Ereignisraum Ω (etwa durch Simulation) oft
wiederholt, so nennt man für jedes Ereignis A die reelle Zahl
die relative Häufigkeit von A. Dabei beachte man, dass die relative Häufigkeit eines Ereignisses A von
der vorliegenden Versuchsreihe abhängt und sich damit von Versuchsreihe zu Versuchsreihe ändert.
Näherungsweise Ermittlung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses durch dessen relative
Häufigkeit
Die relative Häufigkeit eines Ereignisses A wird sich zwar von Versuchsreihe zu Versuchsreihe ändert,
mit zunehmender Anzahl von Wiederholungen aber einem Wert nähern, den man als die theoretische
Wahrscheinlichkeit P[A] dieses Ereignisses interpretieren kann. Wie viele Wiederholungen dabei
notwendig sind, damit die (durch Simulation) experimentell bestimmbare relative Häufigkeit H[A] von
der theoretischen Wahrscheinlichkeit P[A] um weniger als eine vorgegebene Schranke abweicht, wird
durch die folgende Faustregel beschrieben:
3.3.2 Faustregel: Soll die theoretische Wahrscheinlichkeit P[A] eines Ereignisses A durch die relative
Häufigkeit H[A] näherungsweise bestimmt werden, wobei der Fehler kleiner als 10-k sein soll, so sind
dazu etwa n = 102k Wiederholungen erforderlich.
23
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Das Histogramm
Ein Histogramm ist die graphische Darstellung der Häufigkeitsverteilung von Messwerten. Man geht
dabei von den nach Größe geordneten Daten aus und teilt den gesamten Bereich der Stichprobe in k
Klassen auf. Diese müssen nicht notwendig gleich breit sein.
Über jeder Klasse wird ein Rechteck errichtet, dessen Fläche gleich der klassenspezifischen Häufigkeit
ist.
Ist die Fläche des Rechtecks gleich der absoluten Häufigkeit, wird das Histogramm absolut genannt,
wenn die relativen Häufigkeiten verwendet werden, wird es entsprechend als relativ oder normiert
bezeichnet.
Anwendung finden Histogramme in der beschreibenden Statistik und in der Bildverarbeitung.
Beispiel: Relatives Histogramm zur Altersverteilung
%
Alter
0-20
20-40
40-60
60-80 80-100 100-120 Jahre
Bild 3.1: Histogramm zur relativen Altersverteilung in der Bevölkerung
24
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3.4 Das Laplace-Experiment
Eine wichtige Klasse von Zufallsexperimenten sind die sogenannten Laplace-Experimente:
3.4.1 Definition: Unter einem Laplace-Experiment versteht man ein Zufallsexperiment mit endlich
vielen möglichen Ausgängen ω1, ω2, ..., ωn, bei dem auf Grund von geometrischen oder physikalischen
Symmetrieüberlegungen alle Elementarereignisse {ωi} gleich wahrscheinlich sind.
Beispiele für Laplace-Experimente sind
• das (mehrfache) Werfen einer (homogenen) Münze bzw eines (homogenen) Würfels;
• das Ziehen von (bis auf ihre Farbe gleichartigen) Kugeln aus einer Urne;
• das Ziehen von (gleichartigen) Losen aus einer Urne;
• das zufällige Verteilen von Spielkarten auf mehrere Spieler.
Damit ist klar:
3.4.2 Satz: Besitzt ein Laplace-Experiment den Ereignisraum Ω = { ω1, ω2, ..., ωn}, so ist das
Wahrscheinlichkeitsmaß P auf Ω mit
ein geeignetes Modell für den dieses Zufallsexperiment steuernden Zufall.
25
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3.5 Bedingte Wahrscheinlichkeit
Vor allem dann, wenn man es mit mehrstufigen Zufallsexperimenten zu tun hat, kommt dem Begriff der
bedingten Wahrscheinlichkeit eine bedeutende Rolle zu. Die bedingte Wahrscheinlichkeit ist die
Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses A unter der Bedingung, dass ein Ereignis B bereits
vorher eingetreten ist.
Es wird geschrieben als P(A|B), der senkrechte Strich ist als „unter Voraussetzung“ zu lesen und wie folgt
zu verstehen: Wenn man das Ereignis B voraussetzt, ist die Wahrscheinlichkeit für das Ereignis A
gegeben durch P(A|B), es handelt sich also nicht um eine (logische) Bedingung für A.
Wenn A und B beliebige Ereignisse sind, und P(B) > 0 ist, dann gilt
P(A|B) = P(A ∩ B)/P(B)
(3.5.1)
Es ist P(A ∩ B) die Verbundwahrscheinlichkeit, d. h. die Wahrscheinlichkeit, dass A und B gemeinsam
auftreten.
Ferner gilt:
P(A ∩ B) = P(A|B) · P(B) = P(B|A) · P(A)
(3.5.2)
Durch Umformung entsteht das „Bayes-Theorem“
P(B|A) · P(A)
P(A|B) = ———————
(3.5.3)
P(B)
Gleichnung (3.5.3) kann folgendermaßen interpretiert werden:
P(Ursache|Ereignis) · P(Ereignis)
P(Ereignis|Ursache) = ——————————————
(3.5.4)
P(Ursache)
Der Satz von Bayes erlaubt das Umkehren von Schlussfolgerungen. Die Berechnung von
P(Ereignis|Ursache) ist häufig einfach, aber oft ist eigentlich P(Ursache|Ereignis) gesucht, also ein
Vertauschen der Argumente.
26
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Anwendungsgebiete für den Satz von Bayes sind:
¾
Medizin: Von einem oder mehreren positiven medizinischen Testergebnissen (Ereignisse,
Sympome einer Krankheit) wird auf das Vorhandensein einer Krankheit (Ursache) geschlossen.
¾
Informatik: Bayes-Filter – Von charakteristischen Wörtern in einer E-Mail (Ereignis) wird auf die
Eigenschaft Spam (Ursache) geschlossen.
¾
Qualitätsmanagement: Beurteilung der Aussagekraft von Testreihen.
Sind nur bedingte und bedingende Wahrscheinlichkeiten bekannt, ergibt sich die totale
Wahrscheinlichkeit von A aus:
P(A) = P(A|B) · P(B) + P(A|Bc) · P(Bc)
(3.5.5)
Wobei Bc das Komplement von B bezeichnet.
3.6 Unabhängige Ereignisse
3.6.1 Definition: Es sei P ein W-Maß auf dem Ereignisraum Ω.
a) Die beiden Ereignisse A, B heißen unabhängig, falls gilt
b) Die Ereignisse A1, A2 heißen paarweise unabhängig, falls für alle i ≠ k gilt
c) Die Ereignisse A1, A2 heißen vollständig unabhängig, falls für jede Auswahl von k
paarweise verschiedenen Ereignissen Ai1, Ai2 ... Aik stets gilt
27
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4.
Beschreibung statistischer Größen
4.1 Zufallsvariable
Definition: Eine Zufallsvariable ist eine Funktion, die Ereignissen (Realisierungen) eines
Zufallsexperiments reellen Zahlen zuordnet.
u(t)
uo
t
Bild 4.1: Gleichspannung u0 überlagert durch ein Störsignal.
Klassen von Zufallsvariablen:
¾ Quantitative Variablen
-
Diskrete Variablen
•
•
•
-
Anzahl der Punkte beim Intelligenztest
Augenzahl beim Würfeln
Schuhgröße
Stetige Variablen
•
•
•
Gewichte von Personen
Widerstandswert
Rauschspannung
¾ Qualitative Variablen
-
dichotome Variablen [2 Kathegorien]
•
-
Ja/Nein
polynome Variablen [mehrere Kathegorien]
•
Deutscher, Franzose, .....
28
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X: Ei → X(Ei) ε R
(4.1)
Ω
ω
B
R
Bild 4.2: Veranschaulichung einer Zufallsvariablen
Zufallsvariablen werden mit großen lateinischen Buchstaben bezeichnet, deren Realisierungen mit kleinen
lateinischen Buchstaben.
4.2 Verteilungsfunktion und Verteilungsdichtefunktion
Stetiger Fall:
Beschreibung der Verteilung der Werte einer stetigen Zufallsgröße X:
F(x) = Prob(X ≤ x)
Verteilungsfunktion
(4.2)
dF(x)
f(x) = ———
dx
Verteilungsdichtefunktion
(4.3)
bzw.
x
F(x) = ∫ f(t) · dt
-∞
(4.4)
29
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Verteilungsdichtefunktion
f(x)
x
a
b
Verteilungsfunktion
F(x)
1
F(b)
F(a)
x
a
b
Bild 4.3: Verteilungsfunktion und Verteilungsdichtefunktion für den stetigen Fall
Die Verteilungsfunktion F(x) ist monoton nicht fallend.
∞
F(x → ∞) = ∫ f(t) · dt = 1
-∞
(4.5)
F(x → - ∞) = 0
(4.6)
b
Prob(a < x ≤ b) = F(b) – F(a) = ∫ f(x) · dx
a
(4.7)
30
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Diskreter Fall
Beschreibung der Verteilung der Werte einer diskreten Zufallsgröße X:
F(x) = Prob(X ≤ x) = ∑ P(X = xi)
i:xi ≤ x
Verteilungsfunktion
(4.8)
f(xi) = P(X = xi)
Verteilungsdichtefunktion
(4.9)
P(X = xi) wird auch als Punktwahrscheinlichkeit bezeichnet. Punktwahrscheinlichkeiten können nur im Fall
einer diskreten Zufallsvariablen ≠ 0 sein.
Verteilungsdichtefunktion
f(xi)
P(xi)
x
Verteilungsfunktion
F(xi)
x
Bild 4.4: Verteilungsfunktion und Verteilungsdichtefunktion für den diskreten Fall
31
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∞
F(x → ∞) = ∑ P(xi) = 1
i=0
(4.10)
F(x → - ∞) = 0
(4.11)
Prob(a < xi ≤ b) = F(b) – F(a) = ∑ P(xi)
i: a < xi ≤ b
(4.12)
4.3 Erwartungswert, Varianz und Standardabweichung
Verteilungs- und Verteilungsdichtefunktion beschreiben eine Zufallsgröße bereits vollständig. In vielen
Fällen sind jedoch die folgenden Kenngrößen ausreichend.
Der Erwartungswert µ ist ein Maß für das Zentrum der Verteilung einer Zufallsgröße. Für eine stetige
Zufallsvariable gilt:
∞
µ = ∫ x· f(x) · dx
-∞
(4.13)
Für eine diskrete Zufallsvariable gilt:
N
µ = ∑ xi · p(xi)
i=1
(4.14)
Bei korrigierter systematischer Abweichung entspricht der Erwartungswert dem wahren Wert der
Messgröße X.
µ = xw
(4.15)
Im Falle einer diskreten Zufallsvariablen kann µ auch einen Wert annehmen, der als Realisierung des
Prozesses jedoch niemals auftritt.
Beispiel: Werfen mit einem Würfel; µ = 3,5.
Die Varianz (oder Streuung) σ2 ist ein Maß für die Streuung der Messwerte um den Erwartungswert. Für
eine stetige Zufallsvariable gilt:
∞
σ2 = ∫ (x - µ)2 · f(x) · dx
-∞
(4.16)
32
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Im Falle einer diskreten Zufallsvariablen gilt:
N
σ = ∑ (xi - µ)2 · p(xi)
i=1
2
(4.17)
Die Standardabweichung σ entspricht der mittleren quadratischen Abweichung der Zufallsvariablen vom
Erwartungswert.
33
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4.4 Zentraler Grenzwertsatz, Normalverteilung und Gleichverteilung
Zentraler Grenzwertsatz:
Die Summe von n unabhängigen, standardisierten Zufallsvariablen, die alle die identische
Wahrscheinlichkeitsverteilung besitzen, nähert sich mit steigender Stichprobengröße der Normalverteilung
(Gaußverteilung).
Dieses gilt für n ≥ 30.
Normalverteilung
Die Verteilungsdichtefunktion bei Normalverteilung bzw. Gaußverteilung lautet:
1
(x - µ)2
f(x) = ——— · exp [ - ——— ] = N(µ, σ2)
√2πσ
2σ2
(4.18)
Bild 4.5: Normalverteilung mit µ = 5 und σ2 = 1 (blau) bzw. σ2 = 2 (grün)
Die Normalverteilung besitzt die folgenden Eigenschaften:
¾ Der Erwartungswert von N(µ, σ2) ist gleich µ.
¾ Die Steuung von N(µ, σ2) ist gleich σ2.
¾ F(x → ∞) = 1
34
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Die nachfolgende Tabelle beschreibt die Intervallbreite bezogen auf µ und σ, in der x % der Werte der
Zufallsvariablen X enthalten sind.
Anteile von X
68,3 %
95 %
99 %
99,7 %
Intervallbreite
µ±σ
µ ± 1,96·σ
µ ± 2,58·σ
µ ± 3·σ
Tabelle 4.1: Anteile von X und zugehörige Intervallbreite
Gleichverteilung
Die Gleichverteilung oder Rechteckverteilung besitzt eine rechteckförmige Verteilungsdichtefunktion, bei
der alle vorkommenden Werte die gleiche Wahrscheinlichkeit besitzen. Sie ist gegeben durch:
f(x) = 1/2d; für µ - d < x ≤ µ + d
(4.19)
f(x) = 0; sonst
f(x)
1/2d
x
µ-d
µ
µ+d
Bild 4.6: Verteilungsdichtefunktion der Gleichverteilung
Die Gleichverteilung besitzt die folgenden Eigenschaften:
¾ Der Erwartungswert beträgt µ.
¾ Die Varianz beträgt 1/3·d2
¾ F(x → ∞) = 1
35
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4.5 Stichprobe einer Messgröße
Oft können in der Praxis nicht alle xi für die Ermittlung von Erwartungswert und Varianz herangezogen
werden, da man nur auf eine begrentze Anzahl der xi (Stichprobe) Zugriff hat. Bei einem
Stichprobenumfang der Größe n treten dann der empirische (arithmetische) Mittelwert und die empirische
Varianz an die Stelle von Erwartungswert und Varianz. Sie stellen eine Schätzung von µ bzw. σ2 dar.
Arithmetischer Mittelwert:
‗ 1 n
x = — · ∑ xi
n i=1
(4.20)
Empirische Varianz:
1 n
‗
s2 = —— · ∑ (xi – x)2
n–1 i=1
(4.21)
In Gleichung (4.21) steht im Nenner n – 1 im Gegensatz zu N in Gleichung (4.17) zur Varianzbestimmung.
Dies ist notwendig, damit die Schätzung erwartungstreu ist. Diese Eigenschaft bedeutet, dass der
Erwartungswert der Schätzung gleich dem zu schätzenden Parameter ist.
4.6 Vertrauensbereich für den Erwartungswert
Der Mittelwert der Messreihe ist ein Schätzwert für den wahren Wert (Erwartungswert) der Messgröße. Bei
einer endlichen Stichprobe gibt es damit eine zufällige Differenz zwischen dem Schätzwert x und dem
wahren Wert µ.
Es werden m Messreihen durchgeführt, jede mit einem Mittelwert xi und der Standardabweichung si,
wobei die Standardabweichungen der Messreihen gleich groß sind. Für den Mittelwert und die
Standardabweichung der gesamten Messreihe folgt dann:
‗
1 m‗
xg = — · ∑ xi
m i=1
(4.22)
1
sg = —— · si
√m
(4.23)
Für einen Mittelwert x aus n Einzelmessungen mit einer empirischen Standardabweichung s ist der
Vertrauensbereich für den Erwartungswert:
t
x ± —— · s
√n
(4.24)
36
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Die Konstante t ist vom Stichprobenumfang n und der Überschreitungswahrscheinlichkeit α abhängig und
kann aus Tabelle 4.2 abgelesen werden.
Die Definition des Vertrauensbereichs berücksichtigt, dass die empirische Standardabweichung s nur eine
Schätzung von σ ist und damit die Schätzung für kleine n zunehmend unsicherer wird. Der Wert für
n → ∞ entspricht dem Wert für eine bekannte Standardabweichung.
1-α
n=2
n=3
n=4
n=5
n=6
n=10
n=20
n=50
n>∞
68,3%
1,84
1,32
1,2
1,15
1,11
1,06
1,03
1,01
1,00
95%
12,7
4,3
3,18
2,78
2,57
2,26
2,09
2,01
1,96
99%
63,7
9,93
5,84
4,6
4,03
3,25
2,86
2,68
2,58
99,73%
235,8
19,21
9,22
6,62
5,51
4,09
3,45
3,16
3,00
Tabelle 4.2: Werte der t-Verteilung
Die folgenden Vertrauensniveaus finden in Technik und Wissenschaft Anwendung:
¾ Industrie:
95 %
¾ Vermessungstechnik:
68,3 %
¾ Biologie:
99 %
37
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4.7 Fortpflanzung zufälliger Abweichungen
Es werde im Folgenden angenommen, dass ein Messergebnis von den Messgrößen x1 ... xn abhängt
und die Funktion
y = f(x1, x2, ... , xn)
(4.25)
den Zusammenhang zwischen den Messgrößen und dem Messergebnis darstellt. Erwartungswert und
Varianz der einzelnen Messgrößen sind wie folgt definiert:
1 N
µn = — · ∑ xni
N i=1
(4.26)
1
N
σn = —— · ∑ (xni - µn)2
N i=1
(4.27)
2
Der Erwartungswert des Messergebnisses y kann aus den Erwartungswerten der einzelnen Messgrößen
berechnet werden:
µy = f(µ1, µ2, ... , µn)
(4.28)
Worst-Case-Kombination
Um die Worst-Case-Abweichung zu bestimmen, werden die maximalen Einzelabweichungen betragsmäßig
addiert. Das Ergebnis liefert Grenzwerte der Abweichungen, die nie bzw. mit einer sehr kleinen
Wahrscheinlichkeit überschritten werden. Gleichung (4.29) beschreibt die Worst-Case-Abweichung.
n
δf
|∆y| = ∑ | —— · ∆xi│
i = 1 δxi
(4.29)
Worst-Case-Abschätzungen sind u. a. bei der Dimensionierung von Schaltungen in der Leistungselektronik
wichtig. Obwohl die Worst-Case-Bedingung mit einer nur geringen Wahrscheinlichkeit auftritt, ist es
jedoch oft wichtig zu wissen, ob prinzipiell mit einer Überlastung von elektrischen Bauelementen gerechnet
werden muß.
38
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Gaußsches Fehlerfortpflanzungsgesetz
Zur statistischen Kombination wird die Varianz des Messergebnisses nach dem Gaußschen
Fehlerfortpflanzungsgesetz berechnet:
σy2
n
=∑
k=1
δf
——
δxk
2
· σk2
(4.30)
(µ1, ..., µn)
oder in anderer Schreibweise:
σy2 =
δf
—— · σ1
δx1
2
+
δf
—— · σ2
δx2
2
+
δf
2
—— · σ3 + ....
δx3
(4.31)
Die Varianz des Messergebnisses ergibt sich aus der Addition der Varianzen der Einzelwerte, die mit dem
Quadrat der partiellen an der Stelle µ1, µ2, ... µn multipliziert werden. Dies gilt streng genommen für
normalverteilte Zufallsgrößen, es ist aber auch für andere Verteilungen (zentraler Grenzwertsatz) eine gute
Näherung.
Die Gleichungen (4.28) und (4.30) können auf die Schätzwerte Mittelwert und empirische Varianz
übertragen werden:
y = f( x1, ... , xn)
sy2
n
=∑
k=1
δf
——
δxk
(4.32)
2
· sk2
(4.33)
39
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4.8 Lineare Regression
Gegeben sei ein Datensatz (xi, yi) mit i = 1, ..., n, wie in Bild 4.7 dargestellt.
Eine Ausgleichsgerade habe die Form:
g(t) = a·x + b
(4.34)
y
●
g(t)
●
●
●
●
b
a
●
●
●
●
x
Bild 4.7: Lineare Regression
Die Parameter a und b der Geraden g(t) sollen nun so gewählt werden, dass sich ein Minimum der
Fehlerquadratsumme nach Gleichung (4.35) ergibt.
n
!
∑ (yi – g(xi))2 = k(a, b) = Minimum
i=1
(4.35)
Die Bedingung für ein Minimum ist genau dann gegeben, wenn die partiellen Ableitungen von k(a, b)
gleich Null sind.
∂k(a, b)
n
——— = 2 · Σ xi·(b + a·xi - yi) = 0
∂a
i=1
(4.36)
∂k(a, b)
n
——— = 2 · Σ (b + a·xi – yi) = 0
∂b
i=1
(4.37)
Die Beziehungen (4.36) und (4.37) stellen ein System aus 2 Gleichungen mit 2 Variablen dar. Die
Auflösung nach a und b ergibt sich wie folgt:
40
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n
n
n
n · ( ∑ xi · yi ) – ( ∑ xi ) · ( ∑ yi )
i=1
i=1
i=1
a = —————————————
n
n
n · ( ∑ xi2) – ( ∑ xi )2
i=1
i=1
(4.38)
n
n
n
n
( ∑ xi2 ) · ( ∑ yi ) – ( ∑ xi ) · ( ∑xi· yi )
i=1
i=1
i=1
i=1
b = —————————————————
n
n
n · ( ∑ xi2) – ( ∑ xi )2
i=1
i=1
(4.39)
41
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5
Elektromechanische und digitale Messgeräte
5.1
Eigenschaften elektrischer Messgeräte
5.1.1
Anwendungsbedingungen
Referenzbedingungen:
Spezieller Satz von definierten Einflussgrößen mit bestimmten Werten. Sie
stellen einem stark eingeschränkten Betriebsbereich dar und sind vor allem
zu Kalibrierzwecken wichtig.
Beispiel: 23 Grad C, 40% - 75% rel. Feuchte,
Eingangsspannungsbereich 1,00 V ± 0,1 V
Keine mechanische Belastung, keine elektromagnetischen Felder
Nenngebrauchsbedingungen:
Bereich, in dem das Gerät normalerweise betrieben wird. Es ist der
wichtigste Bereich für den Anwender, in ihm gelten die relevanten
Genauigkeitsangaben.
Beispiel: - 10 Grad C bis + 55 Grad C, 5% - 95% rel. Feuchte
Eingangsspannungsbereich 1 mV bis 1000 V
Lager- und
Transportbedingungen:
Bereich, der nur für Lagerung und Transport angegeben ist. Er enthält keine
Spezifikation von Kenndaten, es wird aber garantiert, dass innerhalb dieses
Bereiches keine Zerstörung oder dauerhafte Beeinträchtigung der
Messeinrichtung eintritt.
Beispiel: - 40 Grad C bis 70 Grad C, 5% - 95% rel. Feuchte
Mechanische Belastung nach Norm IEC 721
42
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5.1.2
Statisches Verhalten
Das statische Verhalten beschreibt das Verhalten der Messeinrichtung im Beharrungszustand. Dieser
Zustand ist erreicht, wenn sich die Eingangsgröße nicht mehr ändert und die Ausgangsgröße
eingeschwungen ist.
Sinnvollerweise muss die Ausgangsgröße eindeutig mit der Eingangsgröße zusammenhängen, so dass
immer aus der Ausgangsgröße auf die Eingangsgröße zurückgeschlossen werden kann. Dieser
Zusammenhang kann durch eine Kennlinie dargestellt werden. Meist sind lineare Zusammenhänge ideal,
häufig weichen reale Kennlinien aber von der Geraden ab.
Ausgangsgröße
Eingangsgröße
Bild 5.1.2.1: Lineare und reale Kennlinie
Eine wichtige Größe, die das Verhalten charakterisiert, ist die Empfindlichkeit E (Sensitivity). Sie ist
definiert als Änderung der Ausgangsgröße bezogen auf die sie verursachende Änderung der Eingangsgröße.
Ist die Ausgangsgröße xa = f(xe), kann die Empfindlichkeit aus der partiellen Ableitung
δxa
E = ——
δxe
(5.1.2.1)
bestimmt werden. Bei linearen Systemen folgt
xa
E = ——
xe
(5.1.2.2)
Die Einheit der Empfindlichkeit ergibt sich aus den Einheiten der Eingangs- und Ausgangsgröße.
Anzeigebereich:
Der Anzeigebereich (Display Range) ist der Bereich der Messgröße, innerhalb
dessen Werte angezeigt werden.
Messbereich:
Der Messbereich (Specified Measuring Range) ist der Bereich einer Messgröße, in
der die vom Hersteller garantierten Genauigkeiten gelten.
Auflösung:
Die Auflösung (Resolution) ist die kleinste darstellbare Änderung der
Ausgangsgröße.
Genauigkeit:
Die Genauigkeit (Accuracy) ist die maximal zulässige Abweichung des Messwertes
vom wahren Wert.
43
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Die Auflösung sollte eine Zehnerpotenz kleiner sein als die Genauigkeit, damit durch die Auflösung
keine nennenswerten Abweichungen entstehen.
5.1.3
Dynamisches Verhalten
Die Ausgangsgröße einer Messeinrichtung kann nicht beliebig schnell der Eingangsgröße folgen.
Reibungswiderstände, Masseträgheiten, Umladungsvorgänge und andere Effekte bewirken eine
Verzögerung und dynamische Änderung der Signale. In Bild 5.1.3.1 erkennt man, dass erst nach einer
Einschwingzeit Ausgangsgröße und Eingangsgröße die gleichen Werte annehmen.
xe
t
xa
t
Bild 5.1.3.1: Zeitlicher Verlauf von Eingangs- und Ausgangsgröße
Analog zur Definition der Messabweichung kann auch die dynamische Messabweichung definiert werden:
edyn(t) = x(t) – xw(t)
(5.1.3.1)
Einschwingzeit:Die Einschwingzeit (Settling Time) ist die Zeit, die nach einem Sprung der Eingangsgröße
gewartet werden muss, bis die Ausgangsgröße bzw. der Anzeigewert mit einer vorgegebenen Genauigkeit
eingeschwungen ist. Die dynamische Messabweichung liegt dann innerhalb der vorgegebenen Grenze.
44
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5.1.4
Angaben zur Genauigkeit elektrischer Messgeräte
Die Fehlergrenze G (Maximum Permissible Error) ist wie folgt definiert:
G = | e | max = | x - xw | max
(5.1.4.1)
Das ist gleichbedeutend mit:
xm – G < xw < xm – G
(5.1.4.2)
In der Regel gilt diese Angabe für das 95% - Niveau.
Beispiel für die Angabe von Abweichungsgrenzwerten bei analogen Messgeräten:
Absolut:
±1V
oder
Relativ:
± 0,5 %, bezogen auf den Anzeigewert
oder
Kombiniert:
± (0,5 % · Messwert + 20 mV)
Beispiel für die Angabe von Abweichungsgrenzwerten bei digitalen Messgeräten:
± (0,2 % · Messwert + 5 mV + 1 Digit)
oder
± (0,2 % · Messwert + 0,3 % · Messbereichsendwert + 1 Digit) oder
± (0,2 % · Messwert +4 Digits)
Genauigkeitsklassen
Feinmessgeräte
Klassenindex
Rel. Fehlergrenze
0,05 0,1
0,05% 0,1%
Betriebsmessgeräte
0,2
0,2%
0,3
0,3%
0,5
0,5%
1
1%
1,5
1,5%
2
2%
3
3%
5
5%
Tabelle 5.1.4.1: Genauigkeitsklassen nach IEC 51 (Angaben auf Skalenendwert bezogen)
45
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5.2 Drehspulmesswerk
Ein Drehspulmesswerk enthält eine beweglich aufgehängte Spule in einem radialhomogenen Feld eines
Dauermagneten. Bild 5.2.1 zeigt die prinzipielle Anordnung. Die Spule ist starr mit einem Zeiger und einer
Drehfeder verbunden. Der zu messende Strom I fließt durch die Spule und erzeugt zusammen mit dem
Magnetfeld des Dauermagneten eine Kraft (Lorentzkraft) auf die Spule, die zu einer Drehung führt. Die
Spule dreht sich, bis die Rückstellkraft durch die Drehfeder entgegengesetzt gleich groß wie die
Lorentzkraft ist.
0
Spule
[Strom I ]
B
N
l
S
d
Drehfeder
Bild 5.2.1: Funktionsprinzip eines Drehspulmesswerks
Die drehbare Spule hat einen Durchmesser d, die Länge l, N Windungen und wird vom Strom I
durchflossen. Das Magnetfeld des Dauermagneten hat die Induktion B, die durch die Form des
Dauermagneten und des Spulenkerns senkrecht zu den Spulenleitern der Länge l ist. Das radialhomogene
Feld bewirkt die Kraft F auf einen vom Strom I durchflossenen Leiter der Länge l:
→
→
→
F = I · ( l x B)
(5.2.1)
→
→
Wegen der Orthogonalität von l und B folgt
F=I·l·B
(5.2.2)
Damit ergibt sich ein Drehmoment M auf die Spule mit N Wicklungen von
M=N·F·d=N·I·l·B·d
(5.2.3)
Ersetzt man l · d durch die Spulenfläche A, erhält man
M=A·N·B·I
(5.2.4)
Das antreibende Moment durch den zu messenden Strom führt zu einer Drehung der Spule und des starr
verbundenen Zeigers und zu einem mechanischen Gegenmoment durch die Drehfeder. Das mechanische
46
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Moment Mm der Drehfeder nimmt mit dem Ausschlagwinkel α der Drehfeder zu. Für eine Federkonstante c
ist
Mm = c · α
(5.2.5)
Im eingeschwungenen Gleichgewichtszustand sind die Momente gleich groß, und aus
M = A · N · B · I = Mm = c · α
(5.2.6)
folgt der Ausschlagwinkel α
A·N·B
α = ———— · I
c
(5.2.7)
Der gemessene Strom I ist proportional zum Ausschlagwinkel α, wobei die Ausschlagsrichtung von der
Richtung des Stromflusses abhängt.
Das Drehspulmesswerk zeigt einen Mittelwert bzw. einen Gleichanteil an, unter der Voraussetzung, dass
die Messgrößenschwankung bezogen auf das dynamische Verhalten des Messwerks wesentlich schneller
erfolgt.
Wechselspannungsgrößen können nur mit zusätzlichen Gleichrichterschaltungen erfasst werden.
47
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5.3 Elektrodynamisches Messwerk
Das elektrodynamische Messwerk ist ähnlich dem Drehspulmesswerk, wobei der Dauermagnet durch einen
Elektromagneten mit einer feststehenden Spule ersetzt wird. Das für den Zeigerausschlag maßgebliche
Magnetfeld wird durch die Feldspule erzeugt. Bild 5.3.1 zeigt das Prinzip des Messwerks.
0
Feldspule 1
I1
B
Luftspalt
Drehfeder
Spule 2
I2
Bild 5.3.1: Prinzip des elektrodynamischen Messwerks
Fließt der Strom I1 durch die feststehende Feldspule mit der Windungszahl N1, kann mit Hilfe des
Durchflutungsgesetzes die magnetische Feldstärke H bestimmt werden. Unter der Annahme einer großen
Permeabilität des Eisenkerns kann der Beitrag des Weges im Eisen gegenüber dem im Luftspalt
vernachlässigt werden, und man erhält mit der gesamten Luftspaltlänge a die magnetische Feldstärke im
Luftspalt HL
HL · a = N1 · I1
(5.3.1)
Die Induktion B im Luftspalt ist damit
µ0 · N1
B = µ0 · HL = ——— · I1
a
(5.3.2)
48
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Die Induktion durch die Feldspule ersetzt beim elektrodynamischen Messwerk die Induktion des
Dauermagneten des Drehspulmesswerks. Deshalb kann zur Berechnung des Zeigerausschlags die folgende
Gleichung angesetzt werden:
A · N2
A · N2
µ0 · N1
α = ——— · B · I2 = ——— · ——— · I1 · I2 = k · I1 · I2
c
c
a
(5.3.3)
Das elektrodynamische Messwerk ist ein multiplizierendes Messwerk. Der Zeigerausschlag ist proportional
zum Produkt der Ströme durch die feststehende Feldspule und die Drehspule. Die häufigste Anwendung ist
die Leistungsmessung. Der Verbraucherstrom fließt durch die feststehende Spule, die mit wenigen, dicken
Windungen ausgeführt ist. Im Spannungspfad wird die Verbraucherspannung über einen Vorwiderstand an
die Drehspule angeschlossen.
Der Strom durch die Drehspule ist somit proportional zur Verbraucherspannung. Der Anzeigewert
entspricht dem Produkt aus Verbraucherstrom und Verbraucherspannung, also der Leistung des
Verbrauchers.
Verhalten bei Wechselströmen
Wie für das Drehspulmesswerk existiert auch für das elektrodynamische Messwerk ein Trägheitsverhalten,
und der Zeigerausschlag wird bei höheren Signalfrequenzen gedämpft. Für zeitveränderliche Ströme i1(t)
und i2(t) entspricht der mittlere Zeigerausschlag dem Mittelwert des Produktes aus i1(t) und i2(t).
Nehmen wir an, die Ströme i1(t) und i2(t) seien cosinusförmig mit derselben Frequenz ω und einer
Phasendifferenz φ. Ist die Signalfrequenz ω deutlich größer als die Eigenfrequenz ω0 des Messwerks, ist
der Zeigerausschlag α proportional zum zeitlichen Mittelwert des Stromproduktes
α = k · i1(t) · i2(t) = k · IS1(t) · cos(ωt) · IS2(t) · cos(ωt + φ)
mit IS/√2 = Ieff
(5.3.4)
und
cos(α) · cos(β) = 0,5 · [cos(α - β) + cos(α +β )] erhält man
α = k · I1eff · I2eff · [cos(φ) + cos(2 ωt + φ)]
Für ω >> ω0 ist cos(2 ωt + φ) = 0 und somit
α = k · I1eff · I2eff · cos(φ)
(5.3.5)
Der mittlere Zeigerausschlag hängt von den Stromeffektivwerten und der Phasendifferenz der Ströme ab.
49
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Bei einer Wirkleistungsmessung fließt der Verbraucherstrom durch die Feldspule und die
Verbraucherspannung wird über einen Widerstand an die Drehspule angelegt. Ersetzt man
i1(t) = iV(t) und i2(t) = uV(t)/R, erhält man
α = k/R · IVeff · UVeff · cos(φ)
(5.3.6)
Der Zeigerausschlag ist proportional zur Wirkleistung.
5.4 Dreheisenmesswerk
Das Dreheisenmesswerk enthält, wie im Bild 5.4.1 dargestellt, eine feststehende Spule, in deren annähernd
homogenen Feld sich zwei Eisenplättchen, ein feststehendes und ein bewegliches, befinden.
0
bewegliches
feststehendes
Eisen
Eisen
I
B
Spule
Drehfeder
Bild 5.4.1: Prinzip eines Dreheisenmesswerks
Der Zeiger ist mit dem beweglichen Eisenplättchen starr verbunden. Durch das Magnetfeld der
stromdurchflossenen Spule werden beide Eisenplättchen gleichartig magnetisiert und stoßen sich
ab. Die Abstoßung führt zu einer Drehung des Zeigers, das Gegenmoment wird durch eine
Drehfeder realisiert. Im Gleichgewichtszustand sind die Momente gleich groß.
Über die magnetische Energiebilanz der Spule und die mechanische Energiebilanz der Drehfeder
kann die folgende Gleichung für den Zeigerausschlag α hergeleitet werden:
α2=k·I2
(5.4.1)
Dieser Zusammenhang gilt für eine linearisierte Anzeigeskala.
Der Zeigerausschlag α ist proportional zum Betrag des Stromes I:
α = konst · [I 2 ]0,5
(5.4.2)
50
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Dynamisches Verhalten
Aufgrund des Aufbaus mit beweglichen, trägheitsbehafteten Teilen und der Drehfeder stellt das
Dreheisenmesswerk wie das Drehspulmesswerk einen sogenannten Drehmassenschwinger mit einer
entsprechenden Eigenfrequenz dar. Bei Wechselströmen mit Frequenzen deutlich größer als die
Eigenfrequenz des Messwerks wird aufgrund des quadratischen Zusammenhangs des Zeigerausschlags mit
dem Strom I beim Dreheisenmesswerk der Mittelwert des Quadrates von I angezeigt. Der mittlere
Zeigerausschlag entspricht somit dem Effektivwert von I. Bei einer linearisierten Anzeigeskala ist
α = konst · [ i(t)2 ]0,5 = konst · Ieff
(5.4.3)
Somit kann das Dreheisenmesswerk zur Gleichstrommessung und zur Effektivwertmessung eingesetzt
werden.
51
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5.5 Messbereichserweiterung bei Gleichspannungsmessung
Durch Spannungsteilung kann der Messbereich eines Spannungsmessgerätes erweitert werden.
Rv
U
Rm
Um
Bild 5.5.1: Anordnung zur Erweiterung des Spannungsmessbereiches
Das Messgerät hat einen Innenwiderstand Rm und einen Vollausschlag Umax. Soll der Messbereich auf den
Wert U erweitert werden, wird ein Widerstand Rv in Serie mit dem Messgerät geschaltet. Aus der
Gleichung für einen Spannungsteiler folgt die Bestimmungsgleichung für den Vorwiderstand:
Umax
Rm
—— = ————
U
Rv + Rm
(5.5.1)
U - Umax
Rv = Rm · ————
Umax
(5.5.2)
Durch den Vorwiderstand ändert sich der Eingangswiderstand des Messsystems:
U
Ri = Rv + Rm = Rm · ——
Umax
(5.5.3)
Je größer der Spannungsmessbereich ist, desto größer ist der Eingangswiderstand des Systems.
Beispielsweise führt eine Verdopplung des Spannungsmessbereichs auch zu einer Verdopplung des
Eingangswiderstandes. Deshalb wird bei derartigen Mehrbereichsspannungsmessern der
Eingangswiderstand für alle Messbereiche auf den Skalenendwert bezogen und als Ri/U in kΩ/V
angegeben.
52
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5.6 Messbereichserweiterung bei Gleichstrommessung
Gegeben ist ein Strommessgerät mit einem Messbereichsendwert Imax und einem Innenwiderstand Rm.
Sollen Ströme I größer als Imax mit diesem Messgerät erfasst werden, kann der Strommessbereich durch
einen Parallelwiderstand erweitert werden.
Im
Rm
Ip
Rp
I
Bild 5.6.1: Schaltungsanordnung zur Strommessbereichserweiterung
Die Spannungen an Rm und Rp sind gleich groß, so dass
Rm · Im = Rp · Ip = Rp · (I –Im)
(5.6.1)
Damit ist für einen maximalen Messgerätestrom Imax und einem erweiterten Strommessbereich bis zu einem
Maximalstrom I der Parallelwiderstand bestimmbar:
Imax
Rp = Rm · —―
I - Imax
(5.6.2)
Für die resultierenden Innenwiderstand folgt:
Imax
Rm · —― · Rm
Rp · Rm
I - Imax
Imax
Imax
Ri = ———— = ———————— = Rm · —————— = Rm · ——
Rp + Rm
Imax
Imax + (I – Imax)
I
Rm · —― + Rm
I - Imax
(5.6.3)
Eine Erhöhung des Strommessbereichs um den Faktor I/Imax reduziert den Eingangswiderstand des
Messsystems um den gleichen Faktor.
53
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Für die Realisierung besonders kleiner Werte für Rp wird ein Shunt-Widerstand in 4-Leitertechnik
ausgeführt (Bild 5.6.2). Der Weg für die Spannungsmessung ist separat ausgeführt. Dieses hat die Vorteil,
dass der Spannungsabfall, bedingt durch die Stromzuführungsleitungen, nicht in die Messung mit eingeht.
I
Rp
Um
Bild 5.6.2: Shunt-Widerstand in 4-Leitertechnik
54
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5.7 Begrenzerschaltungen mit Dioden
Für jede Messeinrichtung sind neben dem Messbereich, der den Minimal- und Maximalwert der
Eingangsgröße für den spezifizierten Bereich der Messeinrichtung festlegt, auch die Grenzbedingungen
festgelegt. Sie geben an, in welchem Bereich die Eingangsgröße liegen kann, ohne dass es zu einer
Zerstörung bzw. zu nicht reversiblen Veränderungen kommt. Beispielsweise ist für direkt wirkende
Zeigerinstrumente nach IEC51 [3.7] bei kurzen Stromstößen als Grenzbedingung für
Betriebsmessinstrumente der zehnfache Skalenendwert vorgeschrieben. Bei anderen Messgeräten wie zum
Beispiel Digitalvoltmeter oder auch Zubehörteilen ist ein Maximalwert der Eingangsgröße vom Hersteller
spezifiziert.
Demzufolge muss im Messgerät sichergestellt werden, dass es innerhalb der Maximalgrenzen nicht zu einer
Zerstörung von Bauteilen kommt. Alternativ können durch Begrenzerschaltungen das Messwerk oder auch
andere Schaltungsteile vor einer Überlastung geschützt werden. Die dafür eingesetzten
Begrenzerschaltungen haben demzufolge eine stark nichtlineare Kennlinie. Da bei vielen elektronischen
Messsystemen die Eingangsgröße in eine elektrische Spannung umgeformt wird, wird im Folgenden die
Spannungsbegrenzung erläutert.
Um
Um max
Ue
Ue
Mess-
Begrenzer
gerät
Um max
Um
Bild 5.7.1: Spannungsbegrenzung und zugehörige Kennlinie
Die ideale Kennlinie einer Begrenzerschaltung (Bild 5.7.1) besitzt die folgende Funktion:
Um = Ue
für
– Um max ≤ Ue ≤ Um max
Um = Um max
für
|Ue| > Um max
(5.7.1)
Kennlinien realer Begrenzerschaltungen enthalten unter Umständen Nichtlinearitäten im nichtbegrenzenden Bereich und ein allmähliches, weicheres Abknicken in den Begrenzungsbereich. Aufgrund
ihrer stark nichtlinearen Kennlinie eignen sich Dioden zum Aufbau einfacher Begrenzerschaltungen.
55
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Halbleiterdioden
Halbleiterdioden bestehen aus einem p-Gebiet (Anode) und einem n-Gebiet (Kathode) aus dotiertem
Halbleitermaterial, meistens Silizium oder Germanium. Der pn-Übergang zwischen den Gebieten bestimmt
das Verhalten der Dioden. Bei positiver Anoden-Kathoden-Spannung UAK wird die Diode im
Durchlaßbereich betrieben, bei negativer Spannung UAK im Sperrbereich. Der Sperrstrom ist im
Allgemeinen um Zehnerpotenzen kleiner als der Durchlaßstrom. Der allgemeine Zusammenhang des
Stroms durch die Diode IAK und der Spannung UAK ist
IAK = IS(T) ·{exp[e0·UAK/kT] – 1}
(5.7.2)
e0 = 1,602 · 10 –19 AS
Elementarladung
k = 1,381 · 10-23 WS/K
Boltzmannkonstante
T
Sperrschichttemperatur
Bei Raumtemperatur folgt für IAK:
IAK = IS(T) · {exp[UAK/25,5 mV] – 1}
(5.7.3)
Bild 5.7.2 zeigt den Verlauf IAK als Funktion von UAK.
IAK
IAK
USperr max
UAK
US
UAK
Bild 5.7.2:Reale Kennlinie und Schaltbild einer Halbleiterdiode
56
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
IAK
USperr max
UAK
US
Bild 5.7.3: Idealisierte Kennlinie einer Halbleiterdiode
Schwellspannungen US für verschiedene Dioden:
Germanium-Dioden:
0,3 V
Silizium-Dioden:
0,7 V
Schottky-Dioden:
0,2 V
57
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Zenerdioden
Bei Zenerdioden ist die Durchbruchspannung im Sperrbereich genau spezifiziert. Bei einer Überschreitung
dieser sogenannten Zenerspannung UZ wird die Diode leitend und kann betrieben werden, solange die
maximal zulässige Leistung bzw. der maximal zulässige Strom nicht überschritten wird. Dadurch erreicht
man ein definiertes, stark nichtlineares Verhalten im Sperrbereich, das zur Spannungsbegrenzung oder
Spannungsstabilisierung ausgenutzt werden kann. Es gibt verschiedene Typen von Zenerdioden auf
Siliziumbasis mit Zenerspannungen zwischen 3V und 200V und unterschiedlicher Leistung. Im
Durchlassbereich verhalten sie sich wie Standard-Siliziumdioden.
IAK
IAK
-UZ
UAK
UAK
US
Bild 5.7.4: Reale Kennlinie und Schaltbild einer Zenerdiode
IAK
-UZ
UAK
US
Bild 5.7.5: Idealisierte Kennlinie einer Zenerdiode
58
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Anwendungen zur Messbereichsbegrenzung
Mit Standarddioden in Durchlass- oder Zenerdioden in Sperrrichtung lassen sich einfache
Begrenzerschaltungen aufbauen. Die Vorwiderstände in den Schaltungen (Bild 5.7.6) und (Bild 5.7.7) sind
zur Strom- bzw. Leistungsbegrenzung der Dioden erforderlich, da im begrenzenden Betrieb der
Diodenstrom sonst unzulässig stark ansteigen kann.
U
Um
Bild 5.7.6: Spannungsbegrenzung mit Standarddioden auf |Um| ≤ US
U
Um
Bild 5.7.7: Spannungsbegrenzung mit Zenerdioden auf |Um| ≤ UZ + US
59
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5.8 Wechselstrom- und Wechselspannungsmessung
Zeitabhängige Größen können in vielseitiger Form als periodische Größe, einmalige Übergangsgröße oder
als Zufallsgröße vorliegen. Oft können sie als Kombination von einfachen Funktionen dargestelt werden,
zum Beispiel als Summe einer Konstanten und einer trigonometrischen Funktion. Zeitabhängige Größen
werden in der Regel durch Kleinbuchstaben, häufig mit der Ergänzung (t) dargestellt.
Neben der analytischen Beschreibung der Zeitabhängigkeit sind für periodische Größen besondere Werte
und Anteile zur einfachen Charakterisierung definiert. Sie enthalten nicht die vollständige Beschreibung der
Größe, geben aber wesentliche Informationen und sind deshalb häufig Ziel einer Messung.
Gegeben sei eine periodische Spannung u(t) mit der Periodendauer T.
Der Gleichanteil u, auch als Gleichwert bezeichnet, entspricht dem zeitlichen linearen Mittelwert der
Spannung u(t).
1 T
u = — ∫ u(t) · dt
T 0
(5.8.1)
Eine Wechselgröße liegt vor, wenn der Gleichanteil null ist. Ist ein Wechselanteil einem Gleichanteil
überlagert, spricht man von einer Mischgröße.
Der Effektivwert Ueff ist der quadratische Mittelwert von u(t) und entspricht der Gleichspannung, die in
einem Widerstand dieselbe Leistung umsetzt, wie die periodische Spannung u(t).
1 T
1/2
ueff = — ∫ u2(t) · dt
T 0
(5.8.2)
Der Scheitelwert U0 einer Wechselgröße oder Spitzenwert einer Mischgröße ist der größte Betrag im
Intervall 0 bis T.
U0 = | u(t) | max
(5.8.3)
60
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Der Gleichrichtwert | u | ist der Mittelwert der Beträge der Spannungswerte.
1 T
| u | = — ∫ | u(t) | · dt
T 0
(5.8.4)
Zusätzlich sind noch der Scheitelfaktor (Crest-Faktor) C und der Formfaktor F definiert, die den
Zusammenhang zwischen Scheitel-, Effektiv- und Gleichrichtwert einer Wechselgröße angeben.
Effektivwert
Formfaktor F = ———————
Gleichrichtwert
(5.8.5)
Scheitelwert
Crestfaktor C = ———————
Effektivwert
(5.8.6)
Für eine sinusförmige Spannung mit
u(t) = U0 · sin(2πf·t)
(5.8.7)
gilt:
Linearer Mittelwert: 0
Gleichrichtwert:
2
— · U0
π
Effektivwert:
1
— · U0
√2
Crestfaktor:
√2
Formfaktor:
π
——
2·√2
61
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Messgleichrichter
Messgleichrichter werden zur Bestimmung von Gleichrichtwert, Spitzenwert und Spitze-Spitzewert
eingesetzt.
Einweggleichrichter
Bei der Einweggleichrichtung mit der Polung der Diode wie in Bild 5.8.1 dargestellt, werden positive
Eingangsspannungen zum Messsystem geführt und negative Eingangsspannungen gesperrt. Des werde
hierbei die Schwellspannung US der Diode vernachlässigt.
ue(t)
ue(t)
um(t)
t
um(t)
t
Bild 5.8.1: Prinzip der Einweggleichrichtung
Der zeitliche Mittelwert entspricht dem halben Gleichrichtwert.
um = ½ · | ue |
(5.8.8)
62
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Vollweggleichrichter
Bei der Vollweggleichrichtung wird über eine Beschaltung mit 4 Dioden dafür gesorgt, dass beide
Halbwellen das Messsystem in gleicher Richtung durchlaufen (Bild 5.8.2).
ue(t)
t
ue(t)
um(t)
um(t)
t
Bild 5.8.2: Prinzip der Vollweggleichrichtung
Der zeitliche Mittelwert am Messgerät entspricht der Gleichrichtspannung.
um = | ue |
(5.8.9)
Spitzenwertgleichrichter
ue
C
uC
Rm
Bild 5.8.3: Prinzip des Spitzenwertgleichrichters
63
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Zur Scheitel- oder Spitzenwertmessung können Spitzenwertgleichrichter verwendet werden, die den
auftretenden Maximalwert speichern. Bild 5.8.3 gibt eine einfache Schaltung zur Spitzenwertgleichrichtung
an. Der Kondensator lädt sich bei der positiven Halbwelle auf den Maximalwert der Eingangsspannung,
vermindert um den Spannungsabfall über der Diode, auf. Nach mehreren Perioden ist der Kondensator
geladen, und die Diodenspannung wird aufgrund der geringen Ladeströme sehr klein und ist bei
hinreichend großen Eingangsspannungen zu vernachlässigen.
Bei einem hochohmigen Abgriff der Kondensatorspannung uC durch das angeschlossene Messgerät
entspricht die angezeigte Spannung dem positiven Scheitelwert der Eingangsspannung. Soll der negative
Scheitelwert gemessen werden, ist die Diode in umgekehrter Richtung zu betreiben. Ein hoher
Messgeräteinnenwiderstand Rm bedeutet hierbei, dass bei einer Kapazität C und einer Frequenz f der
Eingangsspannung die Bedingung
T = Rm·C >> 1/2πf
(5.8.10)
erfüllt ist. Bei Änderung des Scheitelwertes der Eingangsspannung reagiert das System träge. Die
Einschwingzeit kann aus der Zeitkonstanten nach Gleichung 5.8.10 abgeschätzt werden.
Spitze-Spitzewertgleichrichter
Periodische Spannungen können einen negativen Spitzenwert besitzen, der vom positiven unterschiedlich
ist. In diesem Fall führt man eine Spitze-Spitzewertmessung durch. Die Schaltung hierfür nach Bild 5.8.4
stellt eine Erweiterung der Schaltung nach Bild 5.8.3 auf beide Halbwellen dar.
u(t)
uC1
uC2
C1
um
C2
Bild 5.8.4: Schaltung zur Spitze-Spitzewertmessung
64
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Messung von Effektivwerten
¾ Analoge Multimeter
•
mittels Gleichrichtwert und Formfaktor (sinus-kalibriert)
•
elektronische (analoge) Schaltungen (Bild 5.8.5)
¾ Digitale Multimeter
•
numerisch
ue(t)
ua = ue eff
X
∫
√
Bild 5.8.5: Schaltung zur elektronischen Effektivwertmessung
Analoges Multimeter
Rv
≈
≈
=
=
Rm
I, U
-
+
Bild 5.8.6: Analoges Multimeter
65
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5.9 Grundlagen der digitalen Mestechnik
5.9.1
Abtastung und Quantisierung
s(t)
sa(t)
t
t
Ts
Ts
Bild 5.9.1.1: Abtastung eines stetigen Signals
Rechteckimpuls und Dirac-Stoß
Funktion des Rechteckimpulses rectT(t):
rectT(t)
1/T
t
-T/2
T/2
Bild 5.9.1.2: Rechteckimpuls
rectT(t) =
1/T
für: –T/2 < t < T/2
1/2T
für: t = ± T/2
0
sonst
(5.9.1.1)
66
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Definition eines Dirac-Stoßes:
δ(t) = limT→0 rectT(t)
(5.9.1.2)
∞
∫ δ(t) · dt = 1
-∞
(5.9.1.3)
∞
∫ s(t) · δ(t) · dt = s(0)
-∞
„Siebeigenschaft“
(5.9.1.4)
Dirac-Kamm im Zeit- und Frequenzbereich:
∞
∞
ШTs(t) = ∑ δ(t – n · Ts) ○—● 1/Ts · ∑ δ( f – n/Ts) = 1/Ts · Ш1/Ts( f )
n = -∞
n = -∞
ШTs(t)
(5.9.1.5)
1/Ts · Ш1/Ts( f )
○—●
f
t
Ts
1/Ts
Bild 5.9.1.3: Dirackamm im Zeit- und Frequenzbereich
Beschreibung der Abtastung:
sa(t) = s(t) · ШTs(t) ○—● S( f )* 1/Ts · Ш1/Ts( f )
(5.9.1.6)
67
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
S( f )
f
-fg
fg
S a( f )
f
fg
fs
Bild 5.9.1.4: Spektrum des stetigen und abgetasteten Signals
1/Ts ≥ 2fg
Prinzip der digitalen Signalverarbeitung:
se(t)
TP
Digitale
Signalverarbeitung
Abtaster
D/AWandler
Quantisierer
TP
saus(t)
Bild 5.1.9.5: Verarbeitungsschritte in digitalen Systemen
68
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5.9.2
A/D-Wandlerkonzepte
Hauptschritte bei einer A/D-Umsetzung
¾
Zeitliche Abtastung des analogen Eingangssignals
¾ Quantisierung der Signalamplitude
¾
Kodierung des ermittelten Amplitudenwertes
Klassen von A/D-Wandlern
¾ Parallelverfahren
•
Sehr schnell, aber sehr aufwendig
¾ Wägeverfahren
•
Schnell, vertretbarer Aufwand
¾ Zählverfahren
•
•
Sehr einfach, hohe Auflösung, geringe Kosten
Nicht geeignet für schnelle Signalverarbeitung
Im folgenden soll der Dual-Slope-Wandler als Vertreter der Klasse der Zählverfahren vorgestellt werden.
69
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5.9.3
Dual-Slope-Wandler
Ue
-Ur
Integrator
Uint
Zähler Stop
Steuerung
Takt
Komparator
Zähler &
&
Logik
Ausgangswort
Bild 5.9.3.1: Blockschaltbild eines Dual-Slope-A/D-Wandlers
Uint
U1
t
Integration
von Ue
T1
Integration
von Ur
T1+T2
Bild 5.9.3.2: Umwandlung von Spannung in Zeit
70
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
1. Schritt: Uint = 0
Integration von Ue über T1
T1
Uint(T1) = 1/RC · ∫ Ue(t) · dt = 1/RC · Ue · T1
0
(5.9.3.1)
2. Schritt:
Integration von –Ur über T2 bis Uint(T1 + T2) = 0
T1 + T2
Uint(T1 + T2) = 1/RC · Ue · T1 - 1/RC · ∫ Ur(t) · dt = 0
T1
(5.9.3.2)
1/RC · Ue · T1 = 1/RC · Ur · T2 oder
(5.9.3.3)
Ue = Ur · T2/T1
(5.9.3.4)
71
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5.9.4 Parallelwandler (Flash Converter)
Ur
R
Komparator Strobe
15
-
R
+
MSB
+
+
Register
R
Ue
15 in 4 Dekoder
-
LSB
-
R
+
Komparator
1
Bild 5.9.4.1: Aufbau eine 4 Bit-Flash-Wandlers
72
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5.9.5 Kenngrößen von A/D-Wandlern
Uquant
LSB
Uin
e(Uin)
LSB
Uin
Bild 5.9.5.1: Quantisierungsfehler in Abhängigkeit von der Eingangsspannung
•
Auflösung in Bit/Quantisierungsfehler
Umax
Q = ———
2n
•
n : = Anzahl der Bits
(5.9.5.1)
Umsetzzeit
♦ Zeit von der Abtastung des stetigen Amplitudenwertes bis zur Bereitstellung des digitalen
Ausgangswortes
•
Eingangssignalbereich
♦ unipolar
♦ bipolar
•
Ausgangskode
♦ Dualkode (unipolar)
♦ Zweierkomplementkode (bipolar)
73
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
•
Linearitätsfehler
♦ Abweichung von einer idealen Kennlinie (Gerade) verursacht durch aktive Bauelemente
•
Signal-Rausch-Verhältnis (SNR)
♦ SNRdB = (6,02 · n + 1,76)dB
•
Total Harmonic Distortion (THD)
(U22 + U32 + ... + Un2)1/2
THD = 20 · lg [———————————]
U1
•
n : = Anzahl der Bits
für 0 < f < fs
(5.9.5.2)
Bandbreite bei voller Leistung
♦ Diejenige Frequenz des Vollaussteuerung bewirkenden Eingangssignals, bei der die Amplitude
des mit einem idealen D/A-Umsetzers rückgewandelten Signals um 3 dB abgefallen ist;
74
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5.9.6 D/A-Wandler
Ur
2R
4R 8R 16R
Re
Bits
R
+
Ua
Bild 5.9.6.1: D/A-Wandler mit Widerstandsarray und OP
R
Ua = -Ur · ——
Re
(5.9.6.1)
75
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
5.9.7 Digitales Multimeter
Eingangsbuchsen
Wahlschalter, Messbereichsanpassung
DC-Verstärker
AC-Verstärker
Gleichrichter,
Effektivwertmesser
A/D-Umsetzer
Schnittstellen
µP
Display
Bild 5.9.7.1: Architektur eines digitalen Multimeters
76
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
6 Analoge und digitale Oszilloskope
Anmerkung: Da diese Inhalte bereits im Messtechnikpraktikum vermittelt wurden, erfolgt nur eine
stichpunktartige Darstellung, die sich im Wesentlichen auf Blockschaltbilder stützt.
Vor-
Vertikal-
verstärker
verstärker
Helligkeitssteuerung
Trigger-
Zeitbasis-
Horizontal-
schaltung
generator
verstärker
Bild 6.1: Prinzipieller Aufbau eines analogen Oszilloskops
77
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Bild 6.2 zeigt den Aufbau einer Elektronenstrahlröhre.
Wehneltzylinder
Nachbeschleunigungs
-anode
Vorbeschleunigungsanode
Y-Ablenkung
Glühkathode
Fokussieranode
X-Ablenkung
Beschleunigungsanode
Leuchtschirm
Bild 6.2: Aufbau einer Elektronenstrahlröhre
Aus der beheizten Kathode treten Elektronen in Richtung Leuchtschirm aus und werden zunächst durch den
Wehneltzylinder in ihrer Strahlform und Intensität beeinflusst. Hier geschieht auch die
Helligkeitssteuerung.
Vor- und Nachbeschleunigungsanoden erhöhen sukzessive die Geschwindigkeit und damit die Energie des
Elektronenstrahls. Die Fokussieranode mit ihren inhomogen, elektrostatischen Feldern bündelt den
Elektronenstrahl, so dass auf dem Leuchtschirm ein scharfer Punkt entsteht.
Die Plattenpaare in x- und y-Richtung bewirken die Ablenkung des Elektronenstrahls in diese Richtungen
auf dem Leuchtschirm.
Die Nachbeschleunigungsanode erhöht dann nochmals Geschwindigkeit und Energie des Elektronenstrahls.
78
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Bild 6.3 zeigt das Prinzip der Ablenkung des Elektronenstrahls in y-Richtung aufgrund der angelegten
Spannung Uy. Die Ablenkung in x-Richtung erfolgt analog.
Leuchtschirm
Y-Ablenkplatten
y
α
Uy
e
vz
l
L
Bild 6.3: Wirkungsweise der Strahlablenkung
Vernachlässigt man die Randeffekte an den Ablenkplatten, ist die Feldstärke zwischen den
Vertikalablenkplatten
Ey = Uy/d
(6.1)
Mit der Ablenkspannung Uy und dem Plattenabstand d.. Haben die Elektronen (Elementarladung e und
Masse me) in z-Richtung die Geschwindigkeit vz, benötigen sie zum Durchlaufen der Platten mit der Länge
l die Zeit ta = l/vz. In dieser Zeit werden sie durch das elektrische Feld in y-Richtung mit der
Beschleunigung ay beschleunigt. Es folgt
Fm = me · ay = Fe = e · Ey
(6.2)
Mit (6.1) ergibt sich
e · Uy
ay = ———
d · me
(6.3)
79
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Am Ende der Platten nach der Laufzeit ta haben die Elektronen in y-Richtung die Geschwindigkeit
l
e · Uy
vy = ta · ay = — · ———
vz d · me
(6.4)
Der Ablenkwinkel α wird aus den Geschwindigkeiten in y-Richtung vy und z-Richtung vz bestimmt:
vy
e · l · Uy
tan α = — · ————
vz vz2 · d · me
(6.5)
Damit ist die Ablenkung y auf dem Schirm im Abstand L:
e · Uy · l2
L · e · l · Uy
y = ½ · ay · ta + L · tan α = ————— + —————
2me · d · vz2
me · d · vz2
(6.6)
e·l
y = ———— · [1/2 + L] · Uy
me · d · vz2
(6.7)
2
Die Ablenkung in y-Richtung ist damit proportional zur Ablenkspannung Uy.
80
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Bild 6.4 zeigt den Aufbau eines analogen 2-Kanal-Oszilloskops.
Verzöger.-
A
leitung
el. Umschalter
Verstärker
Verstärker
Vertikalverstärker
B
TriggerExt.
Zeitbasis
schaltung
Horizontalverstärker
Bild 6.4: Analoges 2-Kanal-Oszilloskop
Triggerimpulse
Th
Tr
Horizontalablenkspannung
Bild 6.5: Horizontalablenkspannung mit Hinlaufzeit (Th) und Rücklaufzeit (Tr)
81
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Bild 6.6 zeigt das Prinzip der Triggerung. Abhängig von der Einstellung des Trigger Levels wird die
Darstellung eines periodischen Signals immer von der gleichen Position an begonnen und übereinander
dargestellt. Auf diese Weise entsteht auf dem Leuchtschirm ein stehender Kurvenzug.
s(t)
Triggerlevel
t
Triggerimpulse
t
X-Ablenkung
t
Bild 6.6: Prinzip der Triggerung
82
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Bild 6.7 zeigt die Elemente einer Triggerschaltung.
Triggerquelle
Triggerkopplung
AutoTrigger
A
B
+
-
Ext.
-
1
+
Triggerschwelle
Triggerflanke
Bild 6.7: Elemente einer Triggerschaltung
83
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Digitales Oszilloskop
Vorverarbeitung
ADU
Trigger
Speicher
Steuerlogik
Messwert
-verarb.
Anzeige
Ext.
Bild 6.8: Prinzip eines digitalen Oszilloskops
Vorteile eines digitalen Oszilloskops:
♦ Einmalige Signale können beliebig lange dargestellt werden
♦ Für die Signaldarstellung können flache Displays verwendet werden. Lange
Elektronenstrahlröhren sind nicht mehr notwendig (kompakte Bauweise)
♦ Komfortable Signalspeicherung, Signalverarbeitung und Signalanalyse werden möglich
Darstellung der diskreten Abtastwerte auf dem Display:
♦ Punktdarstellung
♦ Lineare Interpolation
♦ Si-Interpolation
84
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
7
Digitale Zeit- und Frequenzmessung
Digitale Zeit- und Frequenzmessungen beruhen auf demselben Prinzip. Eine Impulsfolge der Frequenz f
wird während der Zeit T auf einen Zähler geschaltet. Der Zählerstand N ist gleich der Anzahl der Impulse
und damit
N=f·T
(7.1)
Bei der Zeitmessung ist die Frequenz f bekannt, bei der Frequenzmessung die Zeit T.
Zähler
1/f
T
Zählerstand N = f · T
Bild 7.1: Prinzip von Zeit- und Frequenzmessung
Zahlendarstellung:
Dezimalzahl mit n Stellen:
n
Z = ∑ ai · 10i
i=0
ai ε [0, 1, 2, ... , 9]
Dualzahl mit m Stellen:
m
Z = ∑ ai · 2i
i=0
ai ε [0, 1]
Hexadezimalzahl mit k Stellen:
k
Z = ∑ ai · 16i
i=0
ai ε [0, 1, 2, ... , 9, A, ..., F]
85
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
7.1
Logische Grundgatter
NOT:
x
z
0
1
1
0
x
1
z
z=x
(7.1.1)
AND:
x
y
z
0
0
1
1
0
1
0
1
0
0
0
1
x
&
z
y
z=x·y
(7.1.2)
OR:
x
y
z
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
1
1
z=x+y
x
≥1
z
y
(7.1.3)
86
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
NAND:
x
y
z
0
0
1
1
0
1
0
1
1
1
1
0
x
&
z
y
z=x·y
(7.1.4)
NOR:
x
y
z
0
0
1
1
0
1
0
1
1
0
0
0
x
z
≥1
y
z=x+y
(7.1.5)
EXOR:
x
y
z
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
1
0
z = x EXOR y
x
=1
z
y
(7.1.6)
87
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
7.2
Speicherelemente und Zähler
Asynchrones RS-Flip-Flop
S
S
S
Q
R
R
Q
R
≥1
Q
≥1
Q
Bild 7.2.1: Aufbau eines RS-Flip-Flops
Wahrheitstabelle eines RS-Flip-Flops
Sn
Rn
Qn+1
0
1
0
1
0
0
1
1
Qn
1
0
?
speichern
setzen
rücksetzen
nicht zulässig
88
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
S
t
R
t
Q
?
t
Q
?
t
Bild 7.2.2: Zeitdiagramm eines asynchronen RS-Flip-Flops
89
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Taktgesteuertes RS-Flip-Flop
S
Clk
R
S
Q
R
Q
S
Clk
R
S
Q
R
Q
Bild 7.2.3: Taktgesteuertes RS-Flip-Flop
Clk
S
t
R
t
Q
?
t
Q
?
t
Bild 7.2.4: Zeitdiagramm eines mit der fallenden Flanke gesteuerten RS-Flip-Flops
90
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Taktgesteuertes JK-Flip-Flop
J
Clk
K
J
J
Q
K
Q
&
S
Q
&
R
Q
Clk
K
Bild 7.2.5: Taktgesteuertes JK-Flip-Flop
Clk
J
t
K
t
Q
t
Q
t
Bild 7.2.6: Zeitdiagramm eines mit der fallenden Flanke gesteuerten JK-Flip-Flops
91
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Taktgesteuertes D-Flip-Flop (fallende Flanke)
D
Clk
D
D S
Q
R
Q
S
Q
R
Q
Clk
1
Bild 7.2.7: Taktgesteuertes D-Flip-Flop
Clk
D
t
Q
t
Q
t
Bild 7.2.8: Zeitdiagramm eines taktgesteuerten D-Flip-Flops (fallende Flanke)
92
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Taktgesteuertes T-Flip-Flop (fallende Flanke)
T
Clk
T
T S
Q
R
Q
J
Q
K
Q
Clk
Bild 7.2.9: Taktgesteuertes T-Flip-Flop
Clk
T
t
Q
t
Q
t
Bild 7.2.10: Zeitdiagramm eines T-Flip-Flops (fallende Flanke)
93
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Mono-Flops
Q
Clk
Q
T0
Clk
t
Q
T0
T0
t
Bild 7.2.11: Wirkungsweise eines Mono-Flop
94
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Asynchroner Vorwärts-Dualzähler
1
Clk
Q
T
Q
T
R
Q
T
R
Q
T
R
R
R
Q0
Q1
Q2
Q3
Clk
R
Q0
t
t
Q1
Q2
t
t
Q3
t
Bild 7.2.12: Schaltbild und Zeitdiagramm eines asynchronen Vorwärts-Dualzählers
95
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Zählerzustände:
Binär:
Q0
Q1
Q2
Q3
0
0
0
0
1
0
0
0
0
1
0
0
1
1
0
0
0
0
1
0
1
0
1
0
0
1
1
0
1
1
1
0
0
0
0
1
1
0
0
1
0
1
0
1
Dezimal:
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
96
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Synchroner Vorwärts-Dualzähler
Q0
Q1
Q2
&
1
T
R
T
R
Q3
&
T
R
T
R
R
T
Bild 7.2.13: Synchroner Vorwärts-Dualzähler
97
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
7.3
Digitale Zeitmessung
Bild 7.3.1 zeigt den Aufbau und das Zeitdiagramm einer digitalen Zeitmesseinrichtung.
Referenz-
Takt
&
oszillator
Messsignal
Z
Tx
Zähler
R
Clk
t
R
t
Tx
t
Z
t
Bild 7.3.1: Aufbau und Zeitdiagramm einer digitalen Zeitmesseinrichtung
98
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Für Tx folgt:
Nx
Tx = ——
fr
(7.3.1)
Auflösung:
∆Nx = 1
∂Tx
1
1
∆Tx = —— · ∆Nx = —— · ∆Nx = ——
∂Nx
fr
fr
(7.3.2)
Genauigkeit:
∆Tx =
∂Tx
± —— · ∆Nx
∂Nx
+
±
∂Tx
—— · ∆fr
∂fr
(7.3.3)
Mit
∆Nx = 1 und den partiellen Ableitungen
∂Tx
1
—— = —
∂Nx
fr
(7.3.4)
∂Tx
Nx
Tx
—— = - — = - —
∂fr
fr2
fr
(7.3.5)
folgt:
∆Tx =
1
±—·1 +
fr
Tx
± — · ∆fr
fr
=
1
—
fr
+
Tx
— · ∆fr
fr
(7.3.6)
99
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
∆Tx
—— =
Tx
1
———
fr · T x
Tx
——— · ∆fr
fr · T x
+
=
1
——
Nx
+
∆fr
——
fr
(7.3.7)
Damit folgt für die relative Messunsicherheit:
∆Tx
—— =
Tx
1
——
Nx
+
∆fr
——
fr
(7.3.8)
100
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Bild 7.3.2 zeigt das Blockschaltbild und das Zeitdiagramm zur Messung der Periodendauer.
Takt
Referenz-
Z
&
oszillator
+
Ue
K
-
T
R
Q1
Zähler
1
T
R
Q
R
Clk
t
R
t
K
t
Q1
t
Z
t
Bild 7.3.2: Blockschaltbild und Zeitdiagramm zur Messung der Periodendauer.
101
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
7.4
Digitale Frequenzmessung
Bild 7.4.1 zeigt das Blockschaltbild und das Zeitdiagramm zur digitalen Frequenzmessung.
+
Ue
ukomp
fx
&
T0
Z1
Zähler 1
N1 = fx·T0
Frequenzmessung
Start
J
Q
Erzeugung von T0
fr
&
Zähler 2
N2
K
Referenz-
Rücksetzen, wenn N2 = fr· T0
oszillator
ukomp
t
J
t
K
t
T0
t
Z1
t
Bild 7.4.1: Blockschaltbild und Zeitdiagramm zur digitalen Frequenzmessung
102
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
N1 = fx · T0
(7.4.1)
oder
N1
fx = ——
T0
(7.4.2)
Mit der Rücksetzbedingung
N2 = fr · T0
(7.4.3)
oder
N2
T0 = ——
fr
(7.4.4)
folgt
N1
N1
fx = —— = —— · fr
T0
N2
(7.4.5)
Auflösung:
∂fx
1
1
∆fx = —— · ∆N1 = —— · ∆N1 = ——
∂N1
T0
T0
(7.4.6)
103
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Genauigkeit:
∆fx
—— =
fx
∂fx
± ——— · ∆N1
∂N1 · fx
+
∂fx
± ——— · ∆fr
∂fr · fx
(7.4.7)
Mit
∆N1 = 1 und den partiellen Ableitungen
∂fx
fr
—— = ——
∂N1
N2
(7.4.8)
∂fx
N1
—— = ——
∂fr
N2
(7.4.9)
ergibt sich:
∆fx
—— =
fx
fr
——— · 1
N2 · fx
+
N1
——— · ∆fr
N2 · fx
(7.4.10)
oder
∆fx
—— =
fx
1
— +
N1
∆fr
——
fr
(7.4.11)
104
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
8
Messanwendungen
8.1
Strom- und Spannungsmessung
Stromrichtige Schaltung
Bei der stromrichtigen Schaltung nach Bild 8.1.1 misst das Strommessgerät den Strom I durch den zu
bestimmenden Widerstand Rx, die gemessene Spannung U ist aber die Spannung, die über Rx und dem
Innenwiderstand des Strommessgeräts abfällt.
I
I
RI
U
U
RU
Rx
Bild 8.1.1: Stromrichtige Widerstandsbestimmung
Die Bestimmung des Widerstandswertes aus R = U/I enthält eine systematische Messabweichung. Das
Ergebnis ist nicht der wahre Wert Rx, sondern der berechnete Wert
U
I · (Rx + RI)
R = —— = ————— = Rx + RI
I
I
(8.1.1)
Die systematische Messabweichung ist somit
e = R – Rx = RI
(8.1.2)
Ist der Innenwiderstand des Strommessgeräts bekannt, kann die systematische Messabweichung durch eine
Korrektur eliminiert werden. Der korrigierte Messwert ist dann
U
Rkorr = —— - RI
I
(8.1.3)
105
D:\Temp Scripten\MT\MT_V_Gesamt_Sil_2006-02-05.doc
Spannungsrichtige Schaltung
Bei der spannungsrichtigen Schaltung nach Bild 8.1.2 wird die Spannung am Widerstand Rx richtig erfasst,
das Strommessgerät misst aber den Strom I durch die Parallelschaltung von Rx und dem Innenwiderstand
RU des Spannungsmessgerätes.
I
I
RI
U
U
RU
Rx
Bild 8.1.2: Spannungsrichtige Widerstandsbestimmung
Auch bei dieser Schaltung erhält man bei der Widerstandsberechnung aus R = U/I eine systematische
Messabweichung. Der berechnete Wert ist
U
Rx · RU
R = —— = Rx//RU = ———
I
Rx + RU
(8.1.4)
und die systematische Messabweichung
Rx
e = R – Rx = - —————
1 + RU/Rx
(8.1.5)
Bei bekanntem Wert RU kann die systematische Messabweichung korrigiert werden:
U
Rkorr = ———
I – U/RU
(8.1.6)
106
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Vergleich mit einem Referenzwiderstand
Der Einfluss der Innenwiderstände der Messgeräte auf die Messgenauigkeit lässt sich vermeiden, wenn der
zu bestimmende Widerstand Rx mit einem genau bekannten Referenzwiderstand Rr verglichen wird. Bei
einem Spannungsvergleich (Bild 8.1.3) wird der unbekannte Widerstand Rx in Reihe mit einem
Referenzwiderstand Rr geschaltet und die Reihenschaltung mit einer konstanten Spannung U0 gespeist. Die
Spannungen Ur und Ux werden nacheinander gemessen.
U0
Rr
Ur
Rx
Ux
=
Bild 8.1.3: Widerstandsbestimmung durch Vergleich mit einem Referenzwiderstand
Wird die Spannung Ur mit einem Messgerät mit dem Innenwiderstand RM gemessen, ergibt sich
Rr · RM
————
Rr//RM
Rr + RM
Ur = Uo · ————— = Uo · ——————
Rx + Rr//RM
Rr · RM
Rx + ————
Rr + RM
(8.1.7)
Rr · RM
Ur = U0 · ——————————
Rx · Rr + Rx · RM + Rr · RM
(8.1.8)
107
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Danach wird Ux gemessen:
Rx//RM
Rx · RM
Ux = Uo · ————— = U0 · ——————————
Rr + Rx//RM
Rr · Rx + Rr · RM + Rx · RM
(8.1.9)
Dividiert man die obige Gleichung durch die Gleichung für Ur, folgt
Rx · RM
U0 · ——————————
Ux
Rr · Rx + Rr · RM + Rx · RM
Rx · RM
Rx
— = —————————————— = ——— = —
Ur
Rr · RM
Rr · RM
Rr
U0 · ——————————
Rr · Rx + Rr · RM + Rx · RM
(8.1.10)
Damit erhält man die Bestimmungsgleichung für Rx:
Ux
Rx = — · Rr
Ur
(8.1.11)
Das Ergebnis ist unabhängig von der Speisespannung U0 und unabhängig vom Innenwiderstand des
Spannungsmessgerätes RM. Voraussetzung ist lediglich, dass für beide Messungen der Innenwiderstand des
Spannungsmessers gleich ist, d. h. dass beide Messungen im selben Messbereich durchgeführt werden.
108
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Verwendung von Konstantstromquellen
Um nicht Spannung und Strom oder zwei Spannungen und Ströme messen zu müssen, kann der zu
bestimmende Widerstand Rx auch mit einem genau bekannten Konstantstrom I0 gespeist und nur die
Spannung am Widerstand Rx gemessen werden (Bild 8.1.4).
I0
Ux
U
Rx
Bild 8.1.4: Widerstandsbestimmung mittels Konstantstromspeisung
Bei vernachlässigbar hohem Innenwiderstand RU des Spannungsmessers wird aus der gemessenen
Spannung Ux der Widerstand Rx berechnet:
Ux
Rx = ——
I0
(8.1.12)
Bei nicht vernachlässigbarem Innenwiderstand RU kann das Ergebnis analog zu (8.1.6) korrigiert werden:
Ux
Rx = —————
I0 – Ux/RU
(8.1.13)
Der eingeprägte Strom I0 muss so gewählt werden, dass
♦ die Spannung Ux genau genug messbar ist (I0 groß genug)
♦ Rx thermisch nicht zu stark belastet wird (I0 klein genug)
♦ der Ausgangsspannungsbereich der Stromquelle nicht überschritten wird.
109
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Da nur ein Messgerät verwendet wird, kann die Anzeige direkt in Ohm skaliert werden. Aufgrund seiner
Einfachheit ist die Speisung mit einer Konstantstromquelle das Verfahren, das in den meisten Multimetern
zur Widerstandsmessung verwendet wird.
2-Draht-Widerstandsmessung
Wird der zu messende Widerstand Rx über zwei Anschlussklemmen mit dem Messgerät verbunden, spricht
man von der 2-Draht-Widerstandsmessung (Bild 8.1.5).
I0
U
Rk
Ux
Rx
Rk
Bild 8.1.5: 2-Draht-Widerstandsmessung
Wie in Bild 8.1.5 gezeigt, wird Rx über zwei Leitungen mit dem Messgerät verbunden, und der Anschluss
des Spannungsmessers erfolgt im Messgerät. Nehmen wir an, Rk ist der Widerstand der Zuleitung, der die
Klemmen-, Leitungs-, und Übergangswiderstände beinhaltet. Damit folgt für die Widerstandsbestimmung
Ux
Rmess = —— = Rx + 2 · Rk
I0
(8.1.14)
mit einer systematischen Messabweichung durch die Kontaktierung von
e = Rmess – Rx = 2 · Rk
(8.1.15)
beziehungsweise einer relativen Messabweichung von
erel
e
2 · Rk
= —— = ———
Rx
Rx
(8.1.16)
Man erkennt, dass für Rx >> 2 · Rk die systematische Abweichung zu vernachlässigen und dieses Verfahren
damit sehr einfach für die meisten Widerstandsmessungen einsetzbar ist. Zur Messung kleiner Widerstände
110
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kann der Einfluss der Kontaktierung durch eine Referenzmessung ohne den Widerstand Rx zum Teil
korrigiert werden. Da aber die Übergangswiderstände nicht konstant und wenig reproduzierbar sind, ist
diese Messart zur Messung sehr kleiner Widerstände nicht geeignet.
4-Draht-Widerstandsmessung
Bei der 4-Draht-Messung (Bild 8.1.6) wird der Strom über zwei Leitungen in den zu bestimmenden
Widerstand Rx eingespeist und die Spannung über Rx mit zwei getrennten Leitungen abgegriffen. Die
Kontaktierung der Spannungsmessklemmen erfolgt hierbei direkt am Widerstand Rx. Durch diese
Kontaktierung wird erreicht, dass die unvermeidbaren Spannungsabfälle über den Stromspeiseleitungen RkI
nicht in die Spannungsmessung eingehen.
RkI
I0
RkU
U
RkU
Rx
Ru
RkI
Bild 8.1.6: 4-Draht-Widerstandsbestimmung
Des Weiteren sind durch den hohen Innenwiderstand RU des Spannungsmessers die
Spannungsmessleitungen quasi stromlos, so dass an den Spannungsmesskontakten und Leitungen RkU keine
Spannung abfällt. Die gemessene Spannung stimmt damit sehr genau mit der Spannung am Widerstand Rx
überein.
Die Konsequenz ist, dass die Spannungsabfälle über den Kontaktwiderständen der Stromzuleitungen durch
die getrennte Kontaktierung nicht erfasst werden und aufgrund von RU >> RkU die Kontaktwiderstände der
Spannungsmessleitungen zu vernachlässigen sind. Somit beeinflussen weder die Stromspeise- noch die
Spannungsmessleitungen das Messergebnis. Das 4-Draht-Verfahren wird daher für Präzisionsmessungen
und zur Messung sehr kleiner Widerstände verwendet.
111
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8.2
Messbrücken
Alternativ zur Strom- und Spannungsmessung können Widerstandswerte auch mit Hilfe von Messbrücken
genau bestimmt werden. Zur ohmschen Widerstandsmessung bestehen sie aus einem Widerstandsnetzwerk,
das mit einer konstanten Spannung oder einem konstanten Strom gespeist wird. Man unterscheidet
zwischen dem Ausschlagverfahren, bei dem die Brückenspannung gemessen und daraus der Widerstand
berechnet wird und dem Abgleichverfahren, bei dem die Brückenspannung durch Veränderung eines
Einstellwiderstandes auf Null abgeglichen wird und der gesuchte Widerstand aus dem Wert des
Einstellwiderstands bestimmt wird.
Wheatstone-Brücke (Abgleichverfahren)
Die sehr häufig verwendete Wheatstone-Brücke besteht aus zwei parallel geschalteten Spannungsteilern,
die mit einer Spannung U0 gespeist werden (Bild 8.2.1).
U1
U0
U3
R1
R3
UB
=
R2
R4
Bild 8.2.1: Prinzip der Wheatstone-Brücke
Aus den Spannungsteilern
R1
U1 = U0 · ————
R1 + R2
und
R3
U3 = U0 · ————
R3 + R4
(8.2.1)
kann die Brückenspannung UB berechnet werden:
112
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R3
R1
——— - ———
R3 + R4 R1 + R2
(8.2.2)
R3 · (R1 + R2) – R1 · (R3 + R4)
UB = U0 · ————————————
(R1 + R2) · (R3 + R4)
(8.2.3)
R2 · R3 – R1 · R4
UB = U0 · ————————
(R1 + R2) · (R3 + R4)
(8.2.4)
UB = U3 – U1 = U0 ·
Für ein bestimmtes Widerstandsverhältnis wird die Brückenspannung UB = 0. Aus (8.2.4) folgt für diesen
Abgleichfall
R2 · R3 – R1 · R4
UB = 0 = U0 · ————————
(R1 + R2) · (R3 + R4)
(8.2.5)
und daraus die Abgleichbedingung
R2 · R3 = R1 · R4
(8.2.6)
113
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Wheatstone-Brücke (Ausschlagverfahren)
Der Widerstand R2 (Bild 8.2.2) soll im Weiteren der zu messende Widerstand sein. Zur Dimensionierung
der anderen Brückenwiderstände und der Speisung sind vor allem die Empfindlichkeit der Messbrücke und
der Nullabgleich von Bedeutung.
R1
U0
R3
UB
=
R2
R4
Bild 8.2.2: Spannungsgespeiste Wheatstone-Brücke
Der allgemeine Zusammenhang der Brückenspannung und der Widerstandswerte ist
R2 · R3 – R1 · R4
UB = U0 · ————————
(R1 + R2) · (R3 + R4)
(8.2.7)
Die Empfindlichkeit der Messbrücke beschreibt die Änderung der Ausgangsgröße (Brückenspannung) bei
einer Änderung der Eingangsgröße, die in diesem Fall die Widerstandsänderung des Messwiderstandes R2
ist. Die Empfindlichkeit E ist demnach:
∂UB
E = ——
∂R2
(8.2.8)
Durch Differentiation von Gleichung 8.2.7 folgt:
114
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∂UB
R3 · (R1 + R2) · (R3 + R4) – (R2 · R3 – R1 · R4) · (R3 + R4)
—— = U0 · ——————————————————————
∂R2
(R1 + R2)2 · (R3 + R4)2
R3 · R1 + R3 · R2 – R2 · R3 + R1 · R4
= U0 · ——————————————
(R1 + R2)2 · (R3 + R4)
R1 · (R3 + R4)
R1
= U0 · ———————— = U0 · ————
(R1 + R2)2
(R1 + R2)2 · (R3 + R4)
(8.2.9)
und damit die Empfindlichkeit
∂UB
R1
E = —— = U0 · ————
∂R2
(R1 + R2)2
(8.2.10)
Das Ziel einer Brückendimensionierung ist in der Regel, eine möglichst große Empfindlichkeit zu
erreichen. Anhand von (8.2.10) erkennt man, dass U0 möglichst groß gewählt werden soll und dass die
Empfindlichkeit unabhängig von den Widerständen R3 und R4 ist. Die optimale Dimensionierung von R1 für
eine maximale Empfindlichkeit bestimmt man aus der Nullstelle der Ableitung ∂E/∂R1:
∂E
(R1 + R2)2 – R1 · 2 · (R1 + R2)
—— = U0 · ————————————
∂R1
(R1 + R2)4
(8.2.11)
∂E
—— = 0
∂R1
(8.2.12)
für
(R1 + R2) – 2 · R1 = R2 – R1 = 0
Die maximale Empfindlichkeit der Messbrücke erhält man mit
R1 = R2
(8.2.13)
115
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Der Nullpunkt der Brückenspannung wird aus der Abgleichbedingung (8.2.6) berechnet und führt zu einer
Bedingung für das Widerstandsverhältnis R3/R4. UB wird Null für
R3/R4 = R1/R2
(8.2.14)
Wechselspannungs-Messbrücken
Analog zu den ohmschen Messbrücken können bei Speisung mit einer Wechselspannung auch
Wechselspannungs-Messbrücken aufgebaut werden. Die verwendeten Frequenzen liegen meist im
Niederfrequenzbereich.
Z1
U0
Z3
UB
~
Z2
Z4
Bild 8.2.3: Wechselspannungs-Messbrücke mit beliebigen Impedanzen
Die Brückenspannung errechnet sich analog zur Wheatstone-Brücke
Z2
Z4
Z2 · (Z3 + Z4) – Z4 · (Z1 + Z2)
UB = U0 · ——— - U0 · ——— = U0 · ————————————
Z1 + Z2
Z3 + Z4
(Z1 + Z2) · (Z3 + Z4)
(8.2.15)
Z2 · Z3 – Z1 · Z4
UB = U0 · ————————
(Z1 + Z2) · (Z3 + Z4)
(8.2.16)
116
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Mit UB = 0 ergibt sich die Abgleichbedingung in Impedanzdarstellung
Z1 · Z4 = Z2 · Z3
(8.2.17)
bzw. in Leitwertdarstellung
Y1 · Y4 = Y2 · Y3
(8.2.18)
Die Abgleichbedingungen lassen sich jeweils in zwei Teile zerlegen, da Real- und Imaginärteil bzw. Betrag
und Phase übereinstimmen müssen. Mit Zi = Ri + j·Xi und nach Auflösung in Real- und Imaginärteil erhält
man die folgenden Abgleichbedingungen
R2 · R3 – X2 · X3 = R1 · R4 – X1 · X4
(8.2.19)
X2 · R3 + R2 · X3 = X1 · R4 + R1 · X4
(8.2.20)
Wie schon im Falle der Gleichspannungs-Messbrücken lassen sich auch Wechselspannungs-Messbrücken
im Abgleichverfahren und im Ausschlagverfahren betreiben. Es gibt verschiedene Arten von
Wechselspannungs-Messbrücken, abhängig von dem zu bestimmenden Bauelement und davon, welche
Ersatzschaltbildkomponenten bestimmt werden sollen. Meist wird ein frequenzunabhängiger Abgleich
angestrebt, in manchen speziellen Fällen ist der Abgleich frequenzabhängig.
117
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Maxwell-Brücke
Zur Bestimmung der Reihenersatzschaltelemente einer verlustbehafteten Spule wird die Maxwell-Brücke
nach Bild 8.2.4 eingesetzt.
R1
R3
L1
UB
U0
Rx
Lx
R4
Bild 8.2.4: Maxwell-Brücke
Mit Gleichung 8.2.17 folgen die Abgleichbedingungen:
(R1 + jωL1) · R4 = (Rx + jωLx) · R3
(8.2.21)
R1 · R4 + jωL1 · R4 = Rx · R3 + jωLx · R3
(8.2.22)
Mit der Zerlegung in Real- und Imaginärteil folgt:
R4
Rx = —— · R1
R3
(8.2.23)
R4
Lx = —— · L1
R3
(8.2.23)
118
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Literaturverzeichnis
Wird noch eingearbeitet!
119
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