Dissertation Ludger Belke 21.04.09 II

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Aus der Ambulatorischen und Geburtshilflichen Tierklinik der Veterinärmedizinischen
Fakultät der Universität Leipzig
und der
Abteilung Veterinärmedizin des Landesbetriebes des Hessischen Landeslabors,
Standort Gießen
Untersuchungen zur Wirksamkeit eines internen Zitzenversieglers zur
Verhinderung von bakteriellen Neuinfektionen während der
Trockenstehperiode nach strenger Vorselektion der Kühe
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung des Grades eines
Doctor medicinae veterinariae (Dr. med. vet.)
durch die Veterinärmedizinische Fakultät
der Universität Leipzig
eingereicht von
Ludger Wilhelm Belke
aus Lennestadt
Leipzig, 2009
Mit Genehmigung der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig
Dekan:
Prof. Dr. Arwid Daugschies
Betreuer:
Prof. Dr. Axel Sobiraj
Dr. Wilfried Wolter
Gutachter:
Prof. Dr. Axel Sobiraj, Ambulatorische und Geburtshilfliche Tierklinik,
Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig
Dr. Wilfried Wolter, Regierungspräsidium Gießen
Prof. Dr. Volker Krömker, Fachbereich Bioverfahrenstechnik,
Fachhochschule Hannover
Doz. Dr. Peggy Braun, Institut für Lebensmittelhygiene,
Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig
Tag der Verteidigung: 31.03.2009
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1
2
Literaturübersicht
3
2.1
Der Zellgehalt der Milch
3
2.1.1
Definition
3
2.1.2
Zellbild
5
2.1.3
Methoden der Zellzahlbestimmung
7
2.2
Die bovine Mastitis
8
2.2.1
Begriffsbestimmungen
8
2.2.2
Mastitisformen
9
2.3
Mastitiserreger
13
2.3.1
Gliederung der Mastitiserreger
13
2.3.2
Übertragung euterassoziierter und umweltassoziierter Mastitiserreger
14
2.3.3
Kontagiöse Mastitiserreger
15
2.3.4
Umweltassoziierter Mastitiserreger
17
2.3.5
Minor-pathogene Erreger
22
2.3.5.1 Koagulase-negative Staphylokokken (KNS)
22
2.3.5.2 Corynebakterien
27
2.4
Risikofaktoren für das nichtlaktierende Euter
28
2.5
Möglichkeiten der Verhinderung von Neuinfektionen während
der Trockenstehperiode
30
2.5.1 Trockenstellen unter antibiotischem Schutz
30
2.5.2 Zitzenversiegler
31
2.5.2.1 Externe Zitzenversiegler
32
2.5.2.2 Interne Zitzenversiegler
33
3
Tiere, Material und Methoden
37
3.1
Milcherzeugerbetriebe
37
3.1.1 Voraussetzungen zur Teilnahme der Betriebe an der Studie
37
3.1.2 Auswahl der an der Studie teilnehmenden Betriebe
37
3.2
38
Studienaufbau
3.2.1 Vorselektion der Studientiere anhand der Daten der Milchleistungsprüfung
38
3.2.2
Weitere Selektion der Studientiere anhand der Ergebnisse
des California-Mastitis-Testes
39
3.3
Klinische Untersuchung der Milchdrüsen und der Zitzen
43
3.4
Entnahme von Milchproben
44
3.5
Verwendete Arzneimittel, Behandlung der Studientiere
45
3.6
Zytobakteriologische Untersuchung der Milchproben
46
3.6.1 Kulturell-bakteriologische Untersuchung der Viertelgemelksproben
46
3.6.2 Fluoreszenzoptische Ermittlung der Zellzahl
49
3.7
Bewertung bakteriologischer und zytologischer Befunde,
Diagnosestellungen
50
3.7.1 Bakteriologische Befunde
50
3.7.2 Zytologische Befunde
50
3.7.3 Diagnosestellung
51
3.8
Statistische Auswertung
53
4
Ergebnisse
54
4.1
Studienbetriebe, Studientiere
54
4.2
Auswertung der Daten der Milchleistungsprüfung (MLP)
55
4.3
Selektion der Kühe unmittelbar vor dem Trockenstellen
mittels CMT
57
4.3.1 Vergleich CMT-Ergebnisse und zytologische Befunde vor dem Trockenstellen
57
4.3.2 Vergleich CMT-Ergebnisse und bakteriologische Befunde vor dem Trockenstellen
60
4.4
Ergebnisse der zytobakteriologischen Untersuchungen der
Behandlungsgruppe Interner Zitzenversiegler (OrbeSeal®)
62
4.4.1 Bakteriologische Befunde auf Kuh-Ebene
62
4.4.2 Bakteriologische Befunde auf Viertel-Ebene
64
4.4.2.1 Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchungen
64
4.4.2.2 Entwicklung des bakteriologischen Status vor dem Trockenstellen infizierter Viertel
65
4.4.2.3 Viertelprävalenz und Viertelgemelkszellzahlen vor dem Trockenstellen
66
4.4.2.4 Viertelprävalenz und Viertelgemelkszellzahlen p.p.
67
4.5
Ergebnisse der zytobakteriologischen Untersuchungen der
Behandlungsgruppe Cloxacillin (Orbenin®Extra)
69
4.5.1 Bakteriologische Befunde auf Kuh-Ebene
69
4.5.2 Bakteriologische Befunde auf Viertel-Ebene
71
4.5.2.1 Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchungen
71
4.5.2.2 Entwicklung des bakteriologischen Status vor dem Trockenstellen infizierter Viertel
73
4.5.2.3 Viertelprävalenz und Viertelgemelkszellzahlen vor dem Trockenstellen
74
4.5.2.4 Viertelprävalenz und Viertelgemelkszellzahlen p.p.
75
4.6
Differenzierung der KNS-Isolate
Behandlungsgruppe Interner Zitzenversiegler und Cloxacillin
76
Entwicklung der Zellzahlen (vor Ts. und p.p.)
77
4.7.1 Behandlungsgruppe Interner Zitzenversiegler
77
4.7.2 Behandlungsgruppe Cloxacillin
78
4.8
79
4.7
Diagnosestellung gemäß Befundschema der DVG (vor Ts. vs. p.p.)
4.8.1 Behandlungsgruppe Interner Zitzenversiegler
79
4.8.2 Behandlungsgruppe Cloxacillin
80
4.9
Entwicklung eutergesunder Viertel über die Trockenstehperiode
Behandlungsgruppe Interner Zitzenversiegler und Cloxacillin
81
5
Diskussion
82
5.1
Ziel der Untersuchungen
82
5.2
Wahl der Untersuchungsmethoden und deren Bewertung
83
5.3
Ergebnisse
85
5.3.1 Zytobakteriologische Untersuchungen
85
5.3.2 Bewertung der vorgenommenen Selektion der Studientiere
91
5.4
Schlussfolgerungen
93
6
Zusammenfassung
94
7
Summary
96
8
Literaturverzeichnis
98
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
A. dest.
Aqua destillata
Abb.
Abbildung
AB-TS
antibiotische Trockensteller
Anb
Anbindehaltung
Be
Becher
BeD
Becherdippen
Bo
Boden
BU
Bakteriologische Untersuchung
bzw.
beziehungsweise
C.
Corynebacterium
ca.
circa
CMT
California-Mastitis-Test
DVG
Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft
DRB
deutsches rotbuntes Rind
DSB
deutsches schwarzbuntes Rind
E.
Escherichia
EDTA
Ethylen-Diamin-Tetra-Essigsäure
et al.
et alii
F2x4
Fischgrätenmelkstand Doppel Vierer
feu
feucht
GM
Gummimatte
H
Heufütterung
HB
Hochboxen
HTB
Hochtiefboxen
I.E.
Internationale Einheit
IDF
International Dairy Federation
KNS
Koagulase-negative Staphylokokken
LS
Boxenlaufstall
min.
mindestens
MK
Melkkarussel
MLP
Milchleistungsprüfung
PCR
Polymerase-Kettenreaktion
pH
pondus hydrogenii
p.p.
post partum
RNA
Ribonukleinsäure
S.
Staphylococcus, Streptococcus
sel. Ts
selektives Trockenstellen
SIM
Sulphide Indole Motility
Sp
Spähne
StrH
Strohhäckseleinstreu
spp.
Spezies
ssp.
Subspezies
SprD
Sprühdippen
Tab.
Tabelle
TMR
Totale Mischration
tr
trocken
Ts.
Trockenstellen
UV
Ultraviolett
vs.
versus
WHO
Weltgesundheitsorganisation, World Health Organisation
W
Weidehaltung
z.B.
zum Beispiel
ZZ
Zellzahl
Für Moni
und
Lilli
1
Die
Einleitung
bovine
Mastitis
stellt
eines
der
bedeutendsten
Bestandsprobleme
der
modernen
Milchviehhaltung dar (REDETZKY und HAMANN, 2003a). Im Laufe der Laktation können
Euterinfektionen durch konsequente Melkhygiene, Zitzendippen und den täglichen Milchentzug
minimiert und über die Applikation von Kurzzeit-Antibiotika während der Laktation therapiert
werden.
Ein großer Teil dieser in der Laktation auftretenden Infektionen resultiert jedoch aus der
Trockenstehperiode. So stellt die intrazisternale Verabreichung von Langzeit-Antibiotika,
sogenannte Trockensteller, bei Kühen im Anschluss an das letztmalige Melken zu Beginn der
Trockenstehzeit bis heute einen Eckpfeiler der Mastitisbekämpfung dar (PEARSON, 1950 und
1951; SMITH et al., 1966 und 1967c).
Zum einen werden auf diese Weise bestehende bakterielle Infektionen ausgeheilt (hier
Therapeutikum), zum anderen werden Neuinfektionen während der sechs bis achtwöchigen
Laktationsruhe verhindert (hier Prophylaktikum). Ohne eine solche Behandlung muss mit einer bis
zu 40%-igen Neuinfektionsrate während dieser Zeit gerechnet werden, wobei die Tiere besonders
im ersten und letzten Drittel der Trockenstehperiode gefährdet sind.
Jedoch bieten diese antibiotikahaltigen Präparate aufgrund der sinkenden Wirkstoffkonzentration
keinen ausreichenden Schutz über die gesamte Trockenstehzeit. So besteht ab etwa zwei Wochen
vor der Geburt nur noch ein begrenzter Schutz vor Infektionen (SMITH et al., 1967 a und b, 1985a;
BRADLEY und GREEN, 2000 und 2001).
Das generelle antibiotische Trockenstellen aller Kühe einer Herde stellt auch ein arzneimittel- und
lebensmittelhygienerechtliches Problem dar. Einerseits ist die prophylaktische Antibiotikagabe in
Anbetracht auftretender Resistenzen arzneimittelrechtlich bedenklich; andererseits muss aufgrund
der einzuhaltenden Wartezeit von bis zu 47 Tagen nach der Verabreichung des Trockenstellers nach
frühzeitiger Kalbung bzw. Verkalbung die Wartezeit eingehalten und die gewonnene Milch
verworfen werden.
Die Zunahme bakterieller Infektionen während der Laktationsruhe wird zudem noch dadurch
begründet, dass die Zucht auf hohe Milchflussraten zu einer Zunahme des Strichkanaldurchmessers
bei einer Abnahme der Strichkanallänge in Verbindung mit einer Reduzierung der Strichlänge
geführt hat. Bei diesen Hochleistungskühen mit weiten und kurzen Strichkanälen bildet sich ein
Keratinpfropf als physiologische Barriere gegen aufsteigende Bakterien nur verzögert oder
1
unvollständig aus. Bis zu 50% der trockenstehenden Kühe bilden bis eine Woche vor der Geburt
keinen Keratinverschluss aus und sogar 5% bleiben über die ganze Trockenstehperiode “offen“ mit
entsprechend
hohem
Infektionsrisiko
vor
allem
durch
umweltassozierte
Mastitierreger
(WILLIAMSON, 2001).
Eine Möglichkeit diesem mangelhaften Verschluss durch das Zitzenkeratin vorzubeugen, stellt der
Einsatz äußerlich bzw. innerlich anzuwendender Zitzenversiegler dar. Teat-Sealer könnten die
unerwünschten prophylaktischen Antibiotikagaben bei eutergesunden Kühen minimieren oder
ersetzen. Der selektive Einsatz antibiotikahaltiger Trockensteller, evtl. in Kombination mit einem
internen Zitzenversiegler, bei subklinisch infizierten oder euterkranken Kühen ist weiterhin
erforderlich.
Interne Zitzenversiegler, bestehend aus dem Schwermetallsalz Bismutsubnitrat auf paraffinhaltiger
Salbengrundlage, bieten gegenüber den äußerlich angewandten Versieglern den Vorteil, dass sie nur
einmalig zu Beginn der Trockenstehperiode intrazisternal appliziert werden und einen vollständigen
mechanischen Verschluss des Strichkanals über die gesamte Trockenstehzeit bewirken
(KRÖMKER und PFANNENSCHMIDT, 2003).
Ziel dieser Arbeit war es zu überprüfen, ob anhand der Milchkontrolldaten und/oder der CMTErgebnisse am Tage des Trockenstellens zwischen gesunden und kranken Eutervierteln ausreichend
sicher differenziert werden kann. Es sollte ferner ermittelt werden, ob der Einsatz eines internen
Zitzenversieglers bei derart vorselektierten Kühen Neuinfektionen während der Trockenstehperiode
zufriedenstellend verhindert.
Auch wird die Bedeutung der schwach pathogenen Erreger der Gruppe der Koagulase-negativen
Staphylokokken und der Corynebakterien am Infektionsgeschehen zum Laktationsende und zu
Beginn der nächsten Laktation bewertet.
2
2
Literaturübersicht
2.1
Der Zellgehalt der Milch
2.1.1 Definition
Der Zellgehalt ist ein wichtiges Qualitätskriterium der Milch und ein Kriterium zum Erkennen von
Entzündungen des Drüsengewebes. Als Milchzellen werden die somatischen, das heißt die
körpereigenen Zellen der Milch bezeichnet. Sie entstammen dem Blut und dem Eutergewebe und
treten in der Milch gesunder und infizierter Euter mit schwankendem Gehalt auf (MIELKE et al.,
1980; WENDT et al., 1994).
Der Zellgehalt der Milch gesunder Drüsenkomplexe setzt sich aus abgestoßenen Epithelzellen des
Drüsengewebes und aus Abwehrzellen des Immunsystems, wie Lymphozyten, Granulozyten,
Makrophagen und Monozyten zusammen (SCHALM und LASMANIS, 1968; THIEME und
HAASMANN, 1978; WENDT et al., 1994), wobei nach neueren Untersuchungen Makrophagen als
vorherrschender Zelltyp in gesunden Drüsenkomplexen (60%) angesehen werden können, während
die abgestoßenen Epithelzellen nur selten mehr als 2% an der Gesamtzellzahl ausmachen
(KURZHALS, 1983; KURZHALS et al., 1985; CONCHA, 1986; HAMANN, 1992; WENDT et al.,
1994).
Sowohl der Zellgehalt als auch der prozentuale Anteil der Zellarten an der Gesamtzellzahl
unterliegen während der Laktation, aber auch während der Laktationsruhe, ständigen
Schwankungen. So werden erhöhte Zellkonzentrationen im ersten Laktationsmonat sowie am Ende
der Laktation beobachtet (DOGGWEILER und HESS, 1983). Der Zellgehalt der Milch ist
Ausdruck eines physiologischen Umbauprozesses im Drüsengewebe, einer infektionsbedingten
Abwehrreaktion der Milchdrüse oder als Reaktion auf mechanische, thermische, chemisch-toxische
sowie stoffwechselbedingte Reizungen des Euters, aber auch des Gesamtorganismus zu verstehen
(THIEME und HAASMANN, 1978).
Über den physiologischen Zellgehalt eines gesunden Euters während der Laktation werden in der
Literatur verschiedene Angaben gemacht. Während TOLLE (1971) einen Gehalt somatischer Zellen
bei mehrkalbigen Kühen schon von weniger als 500.000 Zellen/Milliliter (ml) Milch als
physiologisch wertet, geben WENDT et al. (1994) 200.000 bis 300.000 Zellen/ml Milch als
Schwellenwert an. Andere Autoren (DOGWEILER und HESS, 1983) wie auch die Deutsche
Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG, 1994) bezeichnen Zellgehalte von unter 100.000
3
Zellen/ml Milch als physiologisch.
Autoren jüngerer Studien ermitteln in ihren Untersuchungen durchschnittliche Zellgehalte von
weniger als 50.000 Zellen/ml Milch bei nicht infizierten Kühen in den ersten drei Laktationen
(LAEVENS et al., 1997) bzw. durchschnittlich 29.000 Zellen/ml Milch bei 4.213 untersuchten
bakteriologisch negativen Milchproben und betrachten diese als physiologisch (HARMON, 2001).
Während TIMMS (2001) die Produktion nahezu zellfreier Milch als Zuchtziel ausgibt, stellen
andere Autoren (SHUSTER et al., 1996; VAN WERVEN et al., 1997; SCHUKKEN et al., 1999;
SURIYASATHAPORN et al., 2000; SEEGERS et al., 2000) einen Zusammenhang zwischen
geringen Zellgehalten und erhöhtem Mastitisrisiko bzw. gesteigerter Intensität der Mastitiden her.
So zeigen Infektionsversuche mit den Mastitiserregern E. coli und S. aureus, dass der somatische
Zellgehalt prae infectionem mit der Intensität der Entzündung negativ korreliert.
MC DERMOTT et al. (1982) weisen jedoch darauf hin, dass zur Unterscheidung zwischen einem
gesunden und kranken Euterviertel nicht eine starre Festlegung eines Zellgehaltsgrenzwertes
genügt, da sowohl der Einfluss des Infektionsstatus einer Herde als auch der der Leistung sowie der
des Laktationsstadiums sehr groß sind.
Während viele Studien über den physiologischen Zellgehalt der laktierenden Kuh vorliegen, werden
in der Literatur kaum Aussagen über den physiologischen Zellgehalt der Kühe während der
Laktationsruhe getroffen. Untersuchungen von JENSEN und EBERHART (1981) an Kühen der
Rasse Holstein Friesian zeigen, dass der somatische Zellgehalt von gesunden Kühen im Laufe der
Laktationsruhe deutlich variiert. So steigt hier der Zellgehalt von 360 x 103 Zellen/ml Milch vom
letzten Tag der Laktation auf 18 x 106 Zellen/ml Milch am siebten Tag der Trockenstehperiode an.
Die Gesamtzellkonzentration ist im weiteren Verlauf der Trockenstehperiode nahezu gleich
bleibend hoch, fällt zum Geburtstermin bis zu einem Wert von 280 x 103 Zellen/ml Milch am
sechsten Tag p.p. ab.
4
2.1.2 Zellbild
Auch die Verteilung der Zelltypen in der ermolkenen Milch variiert ständig. In dem nicht infizierten
und nicht entzündeten Euterviertel besteht die Population somatischer Zellen während der Laktation
(Mitte) zu beinahe 60% aus Makrophagen, zu 30% aus Lymphozyten und zu 10% aus
polymorphkernigen Granulozyten. Nur 2% der Milchzellen sind Epithelzellen (PAAPE et al., 1991;
BURVENICH et al., 1995; PAAPE und CONTERAS, 1997).
Makrophagen, auch im gesunden involierten Eutergewebe die prädominante Zellart, sind in der
Lage, Bakterien, zellulären Debris, aber auch akkumulierte Milchkomponenten wie Fett und Kasein
zu phagozytieren (SORDILLO und NICKERSON, 1988). Sie haben Schlüsselfunktionen bei der
„Verarbeitung“ und Präsentation von Antigenen in Verbindung mit dem Majorhistokompatibilitätskomplex. Ferner bilden sie Cytokine, einen Entzündungsmediator, welcher
polymorphkernige Granulozyten (PMN) anregt, aus dem Blut ins Drüsengewebe einzuwandern.
PMN stellen die häufigste Zellart im Drüsengewebe und in der Milch während der akuten
Entzündungsphase dar (PAAPE et al.,1981; SORDILLO et al., 1997). Bei intramammären
Entzündungen können sie einen Anteil von über 90% der Gesamtzellpopulation im Euter erreichen
(HAMANN, 1992). Nach GÖTZ (1995) besteht eine hohe Korrelation zwischen der Gesamtzellzahl
und der Anzahl dieser Zellen. Mit zunehmender Gesamtzellzahl erhöht sich der Anteil
polymorphkerniger Leukozyten absolut und relativ (ZEIDLER et al., 1969; ÖSTENSSON et al.,
1988). Neben ihrer Phagozytosefähigkeit enthält diese Zellart kleine antibakterielle Peptide,
sogenannte Defensine, welche in der Lage sind, eine Vielzahl von Mastitiserregern im Wachstum
zu hemmen bzw. abzutöten.
Die Konzentration dieser Zellen steigt auch in nicht infizierten Vierteln zum Ende der Laktation an
und ist während der Involution hoch, fällt jedoch im vollständig involvierten Euter wieder ab, um
vor der Kalbung wieder deutlich anzusteigen (JENSEN und EBERHART, 1981; HOLMBERG und
CONCHA, 1985; HAMANN, 1992).
Aufgrund der unspezifischen Phagozytose von Mikroorganismen, sowie Milchbestandteilen sind
die PMN und Makrophagen in der Milch weniger effektiv als die Blutleukozyten (PAAPE et al.,
1981; WEBER et al., 1983; SORDILLO und BABIUK, 1991). Besonders während der peripartalen
Periode ist die Phagozytoseaktivität und bakterizide Wirkung dieser Zellen vermindert.
5
Neben diesen antigenpräsentierenden unspezifischen Abwehrzellen stellen die Lymphozyten als
spezifische Immunabwehrzellen eine weitere wichtige Zellfraktion dar. In der Milch gesunder Kühe
finden sich hauptsächlich T-Zellen (beinahe 60% der Lymphozyten) und ein geringerer Anteil an BZellen (ca. 20% der Lymphozyten) (SORDILLO et al., 1997). Die T-Zellen setzen sich zum größten
Teil aus CD8-Lymphozyten (zytotoxische T-Zellen oder T-Suppressorzellen) und zu einem
geringeren Teil aus CD4-Lymphozyten (T-Helferzellen) zusammen.
Die Zusammensetzung und Aktivität dieser Zellfraktion variiert im Laufe der Laktation, aber auch
während der Laktationsruhe. Während die CD8-Lymphozyten von in der Mitte der Laktation
befindlichen Kühen hohe zytotoxische Aktivität zeigen, so wird keine Aktivität der CD-8-Zellen,
die aus dem Gemelk frisch abgekalbter Kühe isoliert werden, beobachtet.
Allgemein sind T-Zellen zu Beginn der Laktation vom Suppressor-Typ und zur Mitte bis Ende der
Laktation von zytotoxischer Natur.
Die Hauptaufgabe der B-Lymphozyten liegt in der Produktion von Antikörpern gegen aufsteigende
pathogene Erreger. Im Gegensatz zu den T-Lymphozyten ist der Anteil der B-Lymphozyten über
die ganze Laktation nahezu konstant (SHAFER-WEAVER et al., 1996). Nach Aktivierung durch
die CD4-Helferzellen entlassen die zu Plasmazellen proliferierten und differenzierten BLymphozyten verschiedene Immunglobuline, je nach Laktationsstadium bzw. Infektionsstatus.
Mikroskopische Untersuchungen von Eutergeweben im peripartalen Zeitraum zeigen eine große
Anzahl von Plasmazellen im Interstitium mit einem ausgedehnten dilatierten Endoplasmatischen
Retikulum, was auf eine vermehrte lokale Antikörperproduktion hindeutet (SORDILLO et al.,
1997).
6
2.1.3 Methoden der Zellzahlbestimmung
®
Eine Möglichkeit der Zellzahlbestimmung bietet das Fossomatic -System, welches
mittels
Ethidiumbromid die DNA der Zellkerne einfärbt und den Zellgehalt über die photometrische
Messung der eingefärbten Zellkerne bestimmt. Diese fluoreszenz-optische Methode wird weltweit
in Untersuchungseinrichtungen sowohl zur Milchgüteprüfung als auch zur Mastitisdiagnostik
eingesetzt und ist als Goldstandard anerkannt.
Sowohl die zytologische Untersuchung der Mastitis-Milchproben (Viertelgemelk) wie auch die
routinemäßigen Überprüfungen des Zellgehaltes der Tankmilch bzw. des Gesamtgemelkes werden
nach diesem System im Rahmen der Milchleistungsprüfung durchgeführt.
DAHOO et al. (1981) überprüften die Genauigkeit der Tankzell- und Ganzeuterzellzahl zur
Infektions-
und
Mastitiserkennung
durch
bakteriologische
Untersuchungen
individueller
Viertelgemelksproben und geben diese mit etwa 95% an.
Die einfachste und günstigste Methode zur semiquantitativen Zellgehaltsbestimmung am einzelnen
Tier stellt der von SCHALM und NOORLANDER (1957) entwickelte California-Mastitis-Test
(CMT) dar, den das Melkpersonal nach einer Einweisung selbstständig durchführen kann. Dieser
Test wird auch zur Erkennung von sekretionsgestörten und infizierten Eutervierteln von Tierärzten
und Technikern der Eutergesundheitsdienste eingesetzt.
Die Funktionsweise beruht darauf, dass das Testreagenz (Alkyl-Arylsulfonat) mit den Zellkernen
der in der Milch enthaltenen Zellen reagiert und die Testflüssigkeit mit zunehmenden Zellgehalten
visköser wird und bei sehr hohen Zellgehalten von über 5 Mio. Zellen/ml Milch zur Gelbildung mit
konvexer Oberfläche neigt.
POUTREL und RAINARD (1981) stellen dar, dass 80% aller subklinischen Mastitiden durch den
zweimaligen Gebrauch dieses Testes 8 bis 4 Wochen vor dem Trockenstellen erkannt werden
können. Die Autoren sehen die wirksamste und ökonomischste Möglichkeit der Selektion der zum
Trockenstellen anstehenden Kühe in der einmaligen Durchführung des Testes 8 Wochen vor dem
Trockenstellen. Hier auffällige Viertel mit deutlich positiven CMT-Ergebnis können dann noch
rechtzeitig erkannt und vor dem Trockenstellen therapiert werden.
DINGWELL et al. (2003a) beschreiben eine Sensitivität von 82,4% und eine Spezifität von 80,6%
dieses Testes hinsichtlich der Erkennung einer Euterinfektion mit einem major-pathogenen Erreger
bei der Kontrolle der Eutergesundheit am 4. Tag nach der Geburt. Bei deutlich positiven CMTErgebnissen (++) können MARSHAL und EDMONSON (1993) zu 75% gleichzeitig
7
Mastitiserreger nachweisen und bei Gelbildung des Testreagenz (+++) finden sie zu 90-100%
Infektionserreger in den untersuchten Milchproben.
RUEGG und SEKTIO (2004) differenzieren die Nutzbarkeit des CMT bei Infektionen mit minorund major-pathogenen Erregern. Während die Sensitivität dieses Testes zur Erkennung schwach
pathogener Infektionserreger gering ist, steigt die Sensitivität in Abhängigkeit des CMT-Befundes
bei Infektionen mit hoch pathogenen Erregern an (Zeitpunkt 1 Woche p.p.).
In der Literatur wird beschrieben, dass es erst ab einem Zellgehalt von über 200.000 Zellen/ml
Milch zu erkennbaren Reaktionen kommt und dass die Beurteilung des CMT-Ergebnisses durch die
subjektive Wahrnehmung des Anwenders variieren kann (KRÖMKER und HAMANN, 2001).
SCHÄLLIBAUM (1985) sieht weitere Einsatzmöglichkeiten dieses Testes bei den monatlichen
Überwachungen der Eutergesundheit, bei der Kontrolle der Eutergesundheit zugekaufter Tiere oder
der Kühe zu Beginn der Laktation (8. Tag p.p.) sowie zur Erfolgskontrolle nach Euterbehandlungen.
2.2
Die bovine Mastitis
2.2.1 Begriffsbestimmung
Entzündungen der Milchdrüse in der Gesamtheit ihrer milchbildenden, speichernden und
ableitenden Abschnitte werden als Mastitis bezeichnet (WENDT et al., 1994). Sie werden im
Wesentlichen durch Infektionen mit Bakterien ausgelöst. Die Besiedlung der Milchdrüse findet
entweder galaktogen über den Strichkanal, die Zitzenzisterne und die Milchgänge, sowie über
Wunden der Haut oder Zitzen statt (Wundinfektion, lymphogene Infektion) oder erfolgt über den
Blutstrom (hämatogene Infektion). Der galaktogenen Infektion kommt hierbei die größte Bedeutung
zu (WEISS et al., 1999).
Neben der erregerbedingten Mastitis kommen noch Entzündungen des Drüsengewebes, aber auch
nur der Zitzen (Thelitis) oder nur der Milchgänge (Galaktophoritis), bedingt durch traumatische,
thermische oder chemisch-toxische Noxen vor.
8
2.2.2 Mastitisformen
Da die Einteilung der Euterentzündungen nach ihrer Ätiologie immer einen Erregernachweis
erfordert und gleiche oder ähnliche Veränderungen durch verschiedene Erreger hervorgerufen
werden können, ist eine nach klinischen und pathologisch-anatomischen Gesichtspunkten
getroffene Unterscheidung der Mastitisformen sinnvoll.
So kann man folgende entzündliche Veränderungen des Euters unterscheiden (WEISS, 1999):
1. Akute katarrhalisch-eitrige Galaktophoritis und Mastitis
2. Chronische katarrhalische Galaktophoritis und Mastitis
3. Akute bösartige Mastitis
4. Chronisch eitrig-abszedierende Mastitis
5. Interstitielle nicht eitrige Mastitis
6. Granulomatöse Mastitis
Um jedoch eine Aussage über die Eutergesundheit einer Kuh oder einer Kuhherde treffen zu
können, sind nicht nur die entzündlichen Veränderungen des Euters bedeutend, sondern zusätzlich
muss auch der Gehalt an somatischen Zellen auf Ebene der Einzelviertel berücksichtigt werden.
So werden von der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG, 2002) in Anlehnung der
Vorgaben der International Dairy Federation (IDF, 1987) folgende Definitionen herausgegeben:
•
Normale Sekretion
Als gesunde Euterviertel mit normaler Sekretion werden Viertel bezeichnet, die keine
äußerlichen pathologischen Veränderungen zeigen und deren Milch einen normalen Zellgehalt
(≤ 100.000 Zellen/ml Milch) aufweisen. Pathogene Mikroorganismen werden nicht ausgeschieden.
•
Latente Infektion
Eine latente Infektion liegt vor, wenn trotz eines physiologischen Zellgehaltes (≤ 100.000
Zellen/ml Milch) pathogene Erreger nachgewiesen werden. Eine Besiedlung des Strichkanals
oder eine auf den Strichkanal begrenzte Infektion ohne Beteiligung des Drüsengewebes ist bei
diesem Befund jedoch nicht auszuschließen.
9
•
Unspezifische Mastitis
Werden keine Infektionserreger nachgewiesen, liegen aber subklinische oder klinische
Symptome einer Entzündung vor (Zellgehalt > 100.000 Zellen/ml Milch), spricht man von einer
unspezifischen Mastitis.
•
Mastitis
Eine Mastitis liegt vor, wenn Mastitiserreger in Verbindung mit Anzeichen einer entzündlichen
Reaktion des Wirtsgewebes ausgeschieden werden (Zellgehalt > 100.000 Zellen/ml Milch).
Je nach Art der entzündlichen Reaktion werden folgende Mastitisformen unterschieden:
1. Subklinische Mastitis:
Subklinische Mastitiden sind Entzündungen des Euters ohne äußerlich erkennbare
Symptome. Mastitiserreger können nachgewiesen werden und der Zellgehalt, als Zeichen
einer entzündlichen Reaktion, ist erhöht.
Da der Zellgehalt während des Mastitisgeschehens schwankt und Erreger häufig
unregelmäßig ausgeschieden werden, ist für eine zweifelsfreie Diagnosestellung eine
wiederholte zytobakteriologische Untersuchung erforderlich (TOLLE, 1982).
2. Klinische Mastitis:
- akute Mastitis:
Eine akute Mastitis besteht bei typischen Entzündungssymptomen des Euters wie
Rötung, Schwellung, erhöhter Temperatur und Schmerzen. Die Milch ist
makroskopisch verändert, und die Tiere können Störungen im Allgemeinbefinden
zeigen.
- subakute Mastitis:
Bei makroskopisch veränderter Milch, besonders im Vorgemelk, und teilweise
fehlenden Symptomen oder schwach ausgeprägten lokalen Entzündungsanzeichen
liegt eine subakute Mastits vor.
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3. Chronische Mastitis:
Eine chronische Mastitis ist durch zunehmende Proliferation von fibrinösem Gewebe zu
charakterisieren und kann klinisch oder subklinisch verlaufen. Betroffene Euterviertel
können zur Atrophie neigen oder zeitlebens anomale klinische Befunde aufweisen
(Knotenbildung im Parenchym). Anzeichen einer Entzündung am Euter fehlen und die
Milch kann flockige Veränderungen zeigen, welche jedoch nicht bei jeder Kuh ausgeprägt
sind.
Da während des Entzündungsgeschehens die Übergänge zwischen diesen Entzündungsformen
teilweise fließend sind und so die chronische Form aus einer subklinischen Mastitis hervorgehen
oder sich an eine nicht oder erfolglos therapierten akuten Mastitis anschließen kann, wird heute eher
eine Einteilung nach klinischen Gesichtspunkten gewählt:
● Mastitis catharralis:
Die Mastitis catharralis ist gekennzeichnet durch eine mit seröser oder eitriger Exudation
einhergehende
Entzündung
des
Milchdrüsengewebes
und
des
ableitenden
Milchkanalsystems.
Bei der subklinischen Form sind weder sinnfällige Veränderungen des Eutersekretes noch
typische Palpationbefunde am Euter festzustellen. Verdächtige Kühe fallen meist erst bei der
Zellgehaltsbestimmung im Rahmen der Milchleistungsprüfung auf.
Am akut erkrankten Euterviertel sind die typischen Entzündungsanzeichen festzustellen, das
Eutersekret behält Milchcharakter, enthält aber zusätzlich gelbliche Eiter- und/oder
weißliche Fibrinflocken.
Die chronische Form ist gekennzeichnet durch die palpierbaren bindegewebigen
Veränderungen des Drüsengewebes mit feinen oder groben Eiterflocken in der Milch.
● Mastitis phlegmonosa:
Diese Mastitisform wird auch als Mastitis acuta gravis, hämorrhagisch-nekrotisierende
Mastitis oder aber auch als Colimastitis bezeichnet, wobei letztere Bezeichnung nicht immer
korrekt ist, da neben den coliformen Keimen auch Clostridien und Pseudomonaden diese
Entzündungsform
auslösen.
Durch
die
Freisetzung
bakterieller
Toxine
werden
Zellmembranen und Gefäßwände zerstört, was z.T. ein hochgradiges Euterödem bedingt
11
oder zum Absterben von Drüsengewebe führen kann.
Die Mastitis phlegmonosa verläuft meist akut bis perakut mit starken Störungen des
Allgemeinbefindens, was je nach Schweregrad zum Festliegen des erkrankten Tieres führt.
Bei perakutem Verlauf ist die Entwicklung einer Eutergangrän möglich (= Mastitis
gangraenosa).
●
Mastitis apostematosa:
Synonym wird diese Mastitisform auch abszedierende Mastitis, Pyogenesmastitis oder
Holsteinische Euterseuche genannt.
Diese Mastitis tritt bei Kühen meist als Sekundärinfektion nach einer vorangegangenen
Euter- oder Zitzenverletzung oder nach schweren katarrhalischen Euterentzündung auf. Die
Infektion mit dem Erreger Arcanobacterium pyogenes verläuft meist chronisch und führt zur
lokalen Abszessbildung im Euter, wobei eine Metastasierung in andere Organe nicht selten
ist.
Bei Rindern auch als Färsen- oder Sommerweidenmastitis bezeichnet, tritt sie infolge
kleiner
durch
Insektenstiche
verursachte
Hautläsionen
am
Euter
auf.
Neben
Arcanobacterium pyogenes sind noch andere Erreger am Entzündungsgeschehen beteiligt.
Zur Beurteilung zytologisch-mikrobieller Befunde der inapparenten Euterentzündungen werden von
der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG 1994) folgende Definitionen herausgegeben (s. Tabelle 1):
Tabelle 1: Befundschema nach DVG, 1994
Zellgehalt pro ml
Euterpathogene Mikroorganismen
Euterpathogene Mikroorganismen
Milch
nicht nachgewiesen
nachgewiesen
<100.000
Normale Sekretion
Latente Infektion
>100.000
Unspezifische Mastitis
Subklinische Mastitis
Diese Definition gilt für die Untersuchung von Viertelanfangsgemelksproben, die zur üblichen Melkzeit von
Kühen in normaler Laktation entnommen werden.
12
2.3
Mastitiserreger
2.3.1 Gliederung der Mastitiserreger
Bei den Mastitiserregern handelt es sich in erster Linie um Bakterien. Entsprechend ihrer
Eigenschaften und unterschiedlichen Übertragungsmodi werden die wichtigsten Mastitiserreger in
zwei Gruppen eingeteilt (WENDT et al., 1994, SMITH und HOGAN, 1995).
Die erste Gruppe umfasst die kontagiösen euterassoziierten Mastitiserreger, die zweite Gruppe stellt
die umweltassoziierten Erreger dar. Die Einordnung von S. dysgalactiae und den Äskulin-positiven
Streptokokken (Äskulin+S.) kann nicht eindeutig vorgenommen werden, da die Erreger in
verschiedenen Herden sporadisch umweltassoziiert, aber auch euterassoziiert kontagiös vorkommen
(SMITH und HOGAN, 1995). Neben den klassischen Mastitiserregern können noch Mykoplasmen,
Hefen, Algen und Viren im Eutergewebe bzw. in Milchproben nachgewiesen werden.
Bei den durch Viren bedingten Entzündungen handelt es sich um Erkrankungen des
Gesamtorganismus unter Beteiligung des Euters. Viren, die u.a. mit der Milch ausgeschieden
werden, sind das Parainfluenzavirus-3, das bovine Leukosevirus, das bovine Herpesvirus-1 und das
Virus der Maul- und Klauenseuche, wobei nur Letztere aufgrund der Vermehrung in den
Drüsenzellen zu Entzündungen und Nekrosen führt. Meist kommt es zu bakteriellen
Sekundärinfektionen des geschwächten Gesamtorganismus (BLACKWELL et al., 1983; FUCHS,
1994; YOSHIKAWA et al., 1997).
Tabelle 2: Mastitiserreger, Reservoire und Übertragungswege
major-pathogens
euterassoziiert
kontagiös
major-pathogens
umweltassoziiert
minor-pathogens
euterassoziiert
S. agalactiae,
S. aureus,
G-Scc., L-Scc.,
(S. dysgalactiae)
(Äskulin+ S.),
(S.uberis, Enterokokken),
Coliforme Keime,
A. pyogenes
KNS,
Corynebakterien
(C. bovis),
aerobe Bazillen
Reservoir
Euter
Umwelt,
auch Euterhaut
Euterhaut,
Strichkanal (C. bovis)
Übertragung
beim Melken
jederzeit
jederzeit
Prophylaxe
Melkhygiene, Dippen
Verbesserung der
Umweltbedingungen
Verbesserung der
Umweltbedingungen
Erreger
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2.3.2 Übertragung euterassoziierter und umweltassoziierter Mastitiserreger
Das wichtigste Reservoir euterassoziierter kontagiöser Mastitiserreger stellt die Milchdrüse selbst
dar (WENDT et al., 1994). Die Erreger sind zwar in der Lage, die Zitzenhaut und den Strichkanal
zu besiedeln, können jedoch auf Dauer nur im Euter überleben. Die Übertragung der Erreger findet
von Zitze zu Zitze bzw. von Kuh zu Kuh vorwiegend vor, während und unmittelbar nach dem
Melkvorgang statt. Als Vektoren sind hier mehrmals benutzte Eutertücher, das Melkpersonal und
das Melkzeug anzusehen. Eine Übertragung über Einstreu und milchfeuchte, kaum eingestreute
Liegeboxen ist möglich (BRAMLEY, 1985; SMITH und HOGAN, 1995). Der Anteil infizierter
Viertel bzw. Kühe in einer Herde nimmt auf Grund dieses Übertragungsmodus im Laufe der
Laktation zu, wobei etwa 60% der Infektionen subklinisch verlaufen (HOGAN et al., 1989; SMITH
und HOGAN, 1995). Die Gruppe der umweltassoziierten Mastitiserreger ist primär im Darmtrakt,
in Genitalorganen und in infektiösen Prozessen wie Wunden, Klauengeschwüren und Abszessen zu
finden. Im Gegensatz zu den kontagiösen Mastitiserregern sind sie in der Lage, auch in der Umwelt
der Kuh zu überleben. Je nach Art der Aufstallung, Haltungshygiene und Beschaffenheit der
Einstreu wird die Besiedlung der Umwelt begünstigt (SMITH und HOGAN, 1995), und der
Infektionsdruck nimmt zu.
Tabelle 3: Umweltassoziierte Mastitiserreger (nach SMITH und HOGAN, 1995)
Häufig auftretende grampositive Erreger
Häufig auftretende gramnegative Erreger
Sonstige Erreger
S. uberis
E. coli
A. pyogenes
S. dysgalactiae
Klebsiella spp.
Nocardia spp.
S. equines
Enterobacter spp.
Bacillus spp.
Enterococcus faecalis
Serratia spp.
Mycoplasma spp.
Enterococcus faecium
Proteus spp.
Hefen
Citrobacter spp.
Pilze
Pseudomonas spp.
Algen
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Das Infektionsgeschehen ist jedoch bei beiden Gruppen gleich. Nach Kontakt der Zitzenspitze mit
dem keimbelasteten Vektor kommt es zunächst zur Besiedlung des Strichkanals, die zum Teil
einige Wochen symptomlos bestehen kann (FORBES und HEBERT, 1968). Jede Art von Irritation
des Strichkanalgewebes fördert die Keimbesiedlung. So können geringfügige Läsionen, bedingt
durch chemische, thermische, mechanische Noxen oder anhaltende Feuchtigkeit die Besiedlung
begünstigen. Jedoch führt nicht jede Besiedlung zwangsläufig zu einer Mastitis, und auch ohne
vorherige Besiedlung des Strichkanals finden Entzündungen statt. Das Aufsteigen der Erreger
erfolgt sowohl aktiv als auch passiv, z. B. durch Adhäsivkräfte nach dem Milchentzug
(Melkvorgang).
Neben der galaktogenen Infektion können Mastitiserreger auch auf hämatogenem bzw.
lymphogenem Weg ins Euter gelangen. Die Erreger werden bei der hämatogenen Infektion
ausgehend von entzündlichen Prozessen in Organen und dem Blut über die geschädigte Blut-EuterSchranke ins Drüsengewebe eingeschwemmt. Häufig kommt es bei Zitzenverletzungen durch
Schädigung der Lymphgefäße zum Eintreten der Erreger und somit zu so genannten lymphogenen
Infektionen (WEIGT und DREIST, 1988; FUCHS, 1994).
2.3.3 Kontagiöse Mastitiserreger
Zu der Gruppe der klassischen kontagiösen euterassoziierten Mastitiserreger zählen S. agalactiae,
G-Streptokokken, L-Streptokokken, S. dysgalactiae und S. aureus (BRAMLEY und DODD, 1984).
Das Hauptreservoir dieser Erreger stellt die infizierte Milchdrüse dar, sie sind jedoch auch auf der
gesunden und erkrankten Zitzen- bzw. Euterhaut zu finden (KLASTRUP, 1963; BRAMLEY, 1981;
BRAMLEY und DODD, 1984; DVG 1994).
Der Prototyp des kontagiösen Mastitiserregers ist S. agalactiae, der Erreger des Gelben Galtes.
Mitte des 20. Jahrhunderts stellte er den am häufigsten nachgewiesenen und verlustreichsten
Mastitiskeim dar (MYLLUS et al., 1994). Man findet ihn vorwiegend in den erkrankten
Eutervierteln, wobei subklinische (äußerlich nicht erkennbare) Euterentzündungen die Regel sind.
Aber auch sogenannte latente Infektionen mit Erregerausscheidung, jedoch ohne Erhöhung der
physiologischen Zellgehalte, kommen vor. Der Erreger besitzt das gruppenspezifische
Zellwandantigen B und wird somit zu den B-Streptokokken gezählt.
Aufgrund seiner hohen Sensibilität gegenüber Penicillin konnte mit der Einführung der
Antibiotikatherapie in der Mastitisbekämpfung in Verbindung mit hygienisch-prophylaktischen
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Maßnahmen sein Vorkommen und seine Verbreitung deutlich minimiert werden. Heute ist der
Erreger aus den meisten Herden verschwunden. So weisen SOBIRAJ und Mitarbeiter (1997) bei
einer bundesweiten Untersuchung subklinisch erkrankter Kühe in nur noch 4,9% der Vierteln S.
agalactiae nach. In einigen Ländern ist der Erreger jedoch noch weit verbreitet und stellt weiterhin
die Ursache für massive ökonomische Einbußen dar.
Andere Streptokokken, wie G-Streptokokken (S. canis) und L-Streptokokken werden ebenfalls zu
den
ansteckenden
Euterentzündungserregern
gerechnet.
Streptokokken
mit
dem
gruppenspezifischen Zellwandantigen G (G-Streptokokken) kommen allerdings als Mastitiserreger
beim Rind nur sporadisch vor. Daneben werden sie bei Hunden im Rachen, jedoch auch aus
verschiedenen anderen Organen isoliert. Auch beim Menschen können G-Streptokokken
nachgewiesen werden. Die Erregerübertragung und die Ausbreitung im Euter sind vergleichbar mit
der der Galt-Infektion.
Streptococcus dysgalactiae mit dem gruppenspezifischen Zellwandanitgen C kann sowohl
konstitutionelle als auch kontagiöse Mastitiden hervorrufen (SMITH und HOGAN, 1995). Der
Erreger tritt in regional unterschiedlicher Häufigkeit auf und ist oft auch außerhalb der bovinen
Milchdrüse anzutreffen. Durch die gute Haftungsfähigkeit am Epithel der Milchdrüse ist der
Erreger euterpathogen und ruft subklinische, bisweilen auch klinische Mastitiden hervor. Die durch
S. dysgalactiae hervorgerufene Mastitis tritt jedoch häufig nur sporadisch auf und hat selten einen
kontagiösen Charakter.
S. aureus zählt ebenfalls zu den major-pathogenen Bakterien und verursacht als kontagiöser Erreger
gegenwärtig große Probleme in der Milchviehhaltung. Während in den 50-er und 60-er Jahren die
Staphylokokken-Mastitis von untergeordneter Bedeutung war und S. agalactiae den MastitisProblemkeim darstellte, wird S. aureus heute beinahe in 20% aller bakteriologisch positiven
Viertelgemelksproben nachgewiesen. Der Erreger ist weniger stark an das Eutergewebe adaptiert
als S. agalactiae und kommt häufig in der Umwelt vor, wo er hohe Tenazität besitzt (WENDT et
al., 1994). S. aureus verfügt über verschiedene Pathogenitätsfaktoren (Clumpingfaktor, Koagulase,
DNase, Hämolysinbildung etc.) (SOMMERHÄUSER, 2001), die in ihrer Summe die
krankmachende Wirkung eines Stammes bedingen. Trotz der guten Überlebensfähigkeit von S.
aureus in der Umwelt gilt das infizierte Euterviertel bzw. die erregerhaltige Milch als das
bedeutendste Erregerreservoir (WENDT et al., 1994; ROBERSON et al., 1994a, 1998). Vor allem
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während des Melkvorganges werden die Hände des Melkers, aber auch Vormelkbecher,
Reinigungstücher und Melkzeuge mit den Erregern kontaminiert und können so direkt oder indirekt
die Bakterien von infizierten zu gesunden Vierteln bzw. Kühen transportieren.
Neben diesen kuh- und euterassoziierten Stämmen von S. aureus existieren noch Subspezies, die
epidemiologisch die Charakteristika umweltassoziierter euterpathogener Bakterien erfüllen
(SOMMERHÄUSER et al., 2003).
Selten verläuft eine S. aureus-Infektion akut bis perakut unter den Symptomen einer
hämorrhagisch-nekrotisierenden oder gangräneszierenden Mastitis mit schweren Störungen des
Allgemeinbefindens (ANDERSON, 1982; SEFFNER und BERGMANN, 1994).
Der Anteil der durch S. aureus verursachten klinischen Mastitiden liegt in den meisten Feldstudien
unter 10%.
GOMMERS und Mitarbeiter (1985) berichten über eine spontane Heilungsrate von 54% während
der Laktation. Die durchschnittliche Infektionsdauer liegt hier bei 12,8 Wochen. POUTREL und
RAINARD (1982) geben eine spontane Heilung während der Laktation bei infizierten Vierteln von
nur 18% an. Entzündungen, die bereits zum Kalbezeitpunkt bestehen, persistieren zu 81%.
Andere Autoren beziffern die Selbstheilungsraten während der Laktation mit 20-28%
(CHAMINGS, 1984; KIRK, 1991). Der Anteil an Spontanheilungen während der Trockenstehphase
wird mit 5,5 bis 41% beziffert (PHILPOT, 1979; PANKEY et al., 1982; GOMMERS et al., 1985;
SOBACK et al., 1990). Deutlich bessere Heilungsraten während der Trockenstehphase können
durch das Trockenstellen unter antibiotischem Schutz erreicht werden. So können subklinische
Mastitiden geheilt und gleichzeitig Neuinfektionen verhindert werden. In der Literatur werden
Heilungsraten von 70-90% angegeben (KASCHE, 1995; SOBIRAJ et al., 2000).
2.3.4 Umweltassoziierte Mastitiserreger
Die Gruppe der umweltassoziierten Erreger besteht aus Mastitiserregern, deren primäres Reservoir
die Umwelt der Kühe darstellt und deren Verbreitung im Gegensatz zu den kontagiösen Erregern
nicht nur auf den Melkprozess begrenzt ist. Die Keime gehören zur normalen Umweltflora. Hierzu
zählen vor allem die Äskulin-positiven Streptokokken, d.h. zur Äskulinspaltung fähigen
Streptokokken, wie S. uberis, S. bovis sowie verschiedenen Enterokokkenspezies.
Ferner gehören zur Gruppe der umweltassoziierten Erreger Koagulase-negative Staphylokokken
(= KNS, verschiedene Staphylokokkenarten außer S. aureus) sowie verschiedene gramnegative
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Bakterien. Letztere umfassen Spezies wie Escherichia (E.) coli, Klebsiella pneumoniae, Klebsiella
oxytoca, Enterobacter aerogenes sowie verschiedene Spezies der Gattung Serratia, Citrobacter und
Proteus. Sie werden oft unter dem Begriff „coliforme Keime“ zusammengefasst. Auch Algen,
besonders Prototheca spp., kommen als umweltassoziierte Mastitiserreger vor (COSTA et al.,
1998).
Anhand ihrer primären Reservoire unterscheiden sich die Umweltmastitiserreger deutlich von den
euterassoziierten kontagiösen Erregern. Während Letztere meist über infizierte Milch während des
Melkprozesses von Kuh zu Kuh bzw. von Viertel zu Viertel übertragen werden, findet die
Kontamination der Zitze mit Umwelterreger vorwiegend in der Zwischenmelkzeit statt, z.B. über
die Einstreu.
Neben der Umwelt wird auch das Tier besiedelt. Die Umwelterreger lassen sich auf der äußeren
Haut, Euter- und Zitzenhaut, Magen-Darm-Kanal, Vagina und in Zitzenverletzungen nachweisen.
Die infizierte Milchdrüse stellt zwar auch eine Infektionsquelle dar, sie ist aber im Vergleich zu den
kontagiösen Erregern nur von geringerer Bedeutung (TOLLE et al., 1977; BRAMLEY, 1981; DVG
1994, 2002).
Vom Tier aus gelangen die Erreger in die Umwelt, wobei das Einstreumaterial das wichtigste
Substrat zum Überleben außerhalb der Milchdrüse darstellt. Da die Zitzenkuppe, Zitzen- und
Euterhaut ständigen direkten Kontakt über die Liegeflächen mit dem Einstreumaterial haben, gilt
die Einstreu als wichtigste Infektionsquelle für Umweltmastitiden. Im Allgemeinen lassen sich in
anorganischen Einstreumaterialien wie z.B. Sand signifikant geringere Keimbelastungen feststellen
als in organischer Einstreu (BRAMLEY und DODD, 1984; HOGAN et al., 1989).
Der Gehalt an Umwelterregern in organischen Einstreumaterialien ist je nach Beschaffenheit und
Herkunft unterschiedlich. Während Rindeneinstreu, Sägespäne und Sägemehl die Vermehrung
coliformer Erreger begünstigen (ZEHNER et al., 1986; HOGAN et al., 1989; BARTLETT et al.,
1992), sind in Stroheinstreu hohe Konzentrationen an Unweltstreptokokken festzustellen. So kann
BRAMLEY (1982) zeigen, dass Stroheinstreu ein ideales Reservoir für S. uberis darstellt.
Die Zitzenkontamination ist bei “hölzerner“ Einstreu deutlich geringer, wobei auf Rinde
aufgestellte Tiere der geringsten Keimbelastung ausgesetzt sind (RENDOS et al., 1975).
Erhöhte Tankmilchzellzahlen und ein signifikanter Anstieg von Umweltmastitiden ab
Laktationsbeginn sind häufig zurückzuführen auf die hohe Erregerbelastung des trockengestellten
Euters im fäkalkontaminierten, stroheingestreuten Abkalbestall (BRAMLEY, 1982; FAULL et al.,
1983; HOGAN et al., 1989). Aufgrund der ubiquitären Verbreitung der Umwelterreger im Stall ist
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eine Besiedlung der Zitze bzw. des Euters mit anschließender intramammärer Infektion jederzeit
möglich, besonders jedoch während der Zwischenmelkzeit und der Laktationsruhe des
trockengestellten Euters.
Obwohl saisonale Unterschiede in der Mastitisrate trockengestellter Kühe festgestellt werden
können, besteht keine Korrelation zwischen der Infektionsrate und den Gehalten an Streptokokken
im Einstreumaterial. Für die Gruppe der gramnegativen Erreger, besonders für Klebsiella-Spezies,
gilt jedoch, dass mit steigendem Keimgehalt in der Einstreu die Rate klinischer Mastitiden ansteigt
(HOGAN et al., 1989). Obwohl die Bakterienpopulationen an der Zitzenhaut in Beziehung zur
Einstreubesiedlung stehen (RENDOS et al., 1975), führt die Zitzenkontamination mit
Umweltstreptokokken nicht zwingend zur intramammären Infektion (TODDHUNTER et al., 1995).
Jede Erhöhung der Keimbelastung im Bereich der Strichkanalöffnung führt unweigerlich zu einer
gesteigerten Neuinfektionsrate (SMITH, 1983; BARTLETT et al., 1992). So können durch
verminderte Exposition der Zitzen mit den Erregern aufgrund optimierter Aufstallungshygiene und
Steigerung der körpereigenen Abwehr die Zahl der Umweltmastitiden während der Laktation bzw.
Laktationsruhe deutlich gesenkt werden (SMITH, 1983; TODHUNTER et al., 1991; SMITH und
HOGAN, 1993). Eine wichtige Rolle bei der Entstehung neuer intramammärer Infektionen durch
Umwelterreger während der Laktation spielt der Melkprozess. Bei ungenügender Melkhygiene und
fehlerhafter Melkanlage steigt das Mastitisrisiko durch umweltassoziierte Erreger deutlich an
(GALTON et al., 1988; PANKEY, 1989). Entscheidend für die Verbreitung dieser Erreger während
des Melkprozesses ist die Vorbereitung des Euters zum Melken. So kann eine sorgfältige Reinigung
des Euters und der Zitzen neue Umweltmastitiden verhindern.
Optimale Reinigungswirkung erzielt man mit der zunächst feuchten Reinigung mit Wasser und/oder
einer geeigneten Desinfektionslösung mit anschließender manueller Trocknung (Prädippen ist
jedoch in Deutschland nicht zulässig). Unterbleibt die Trocknung, wird keine signifikante
Keimreduzierung auf der Zitzenhaut erreicht (GALTON et al., 1982; GALTON et al., 1984;
GALTON et al., 1986).
So bestätigen verschiedene Studien, dass die Neuinfektionsrate durch Umweltstreptokokken
während der Laktation mittels Predipping um 50% gesenkt werden kann (PANKEY, 1989;
PANKEY und DRECHSLER, 1993). Diese deutliche Reduktion von Umweltmastitiden mittels
Predipping kann von anderen Autoren jedoch nicht bestätigt werden (HILLERTON et al., 1992). Im
Gegensatz zu den kontagiösen Mastitiserregern wird das Mastitisrisiko durch Umwelterreger über
das Eintauchen der Zitzen in germizide Lösungen (Dippen) nach dem Milchentzug nicht gesenkt
19
(EBERHART et al., 1983; SMITH et al., 1985; ERSKINE et al., 1987; SMITH und HOGAN,
1993).
Durch Umweltstreptokokken und coliforme Erreger verursachte Infektionen treten in Abhängigkeit
von Laktationszahl, Immunitätslage und Laktationsstadium jahreszeitlich unterschiedlich gehäuft
auf. Während der Laktation ist im ersten Laktationsmonat die höchste Rate der durch
Umweltstreptokokken verursachten neuen Euterinfektionen festzustellen. Sie ist zu Beginn der
Laktation, kurz nach der Kalbung, am höchsten und nimmt schon am Ende des ersten
Laktationsmonats ab (TODHUNTER et al., 1995). Untersuchungen anderer Autoren über das
Auftreten klinischer Umweltmastitiden bestätigen diese Ergebnisse. Die Rate klinischer Mastitiden
ist im ersten Laktationsmonat signifikant höher als während der fortschreitenden Laktation
(EBERHART und BUKALEV, 1977; OLIVER und MITCHEL, 1983; SMITH et al., 1985b;
ERSKINE et al., 1988; HOGAN et al., 1989).
Für das unterschiedlich gehäufte Auftreten von Streptokokken, besonders von S. uberis, ist der
kontagiöse Charakter der beteiligten Stämme entscheidend. Wird eine hohe Vielfalt an S. uberisStämmen in einer Herde beobachtet, treten diese Streptokokkenmastitiden sowohl bei Färsen,
trockengestellten Kühen, als auch bei Kühen in unterschiedlichen Laktationsstadien auf
(BASSEGIO et al., 1997; WANG et al., 1999; DOUGLAS et al., 2000). Treten vermehrt
Euterentzündungen bei laktierenden Kühen auf und sind zum Teil mehrere Viertel infiziert, ist eher
ein kontagiöser Stamm beteiligt (JAYARAO et al., 1993; OLIVER, 1998).
Streptokokken-Infektionen verlaufen überwiegend klinisch und sind von kurzer Krankheitsdauer.
Nach TODHUNTER et al. (1995) beträgt die durchschnittliche Dauer der Streptokokkeninfektionen
12,3 Tage, wobei 41,1% der Erkrankung weniger als 8 Tage bestehen. Zwei Drittel der Infektionen
persistieren über 30 Tage und nur 15% bestehen länger als 90 Tage.
Auch die durch die Gruppe der Enterobacteriaceae ausgelösten Umweltmastitiden nehmen einen
klinischen Verlauf, wobei die coliformen Erreger häufig akut bis perakut verlaufende Entzündungen
mit hohem Fieber und schweren Störungen des Allgemeinbefindens verursachen können. Nur ein
geringer Teil der durch die gramnegativen Bakterien verursachten klinischen Mastitiden verlaufen
chronisch. Durch diese Erreger verursachten klinischen Euterentzündungen treten besonders in den
ersten zwei bis drei Laktationsmonaten auf, vor allem in den ersten Tagen p.p. und in den
Sommermonaten (SMITH et al., 1985a).
Beinahe 40% der Infektionen mit coliformen Erregern in den ersten Laktationsmonaten stellen
persistierende Infektionen aus der Trockenstehzeit dar (SMITH et al., 1985a). EBERHART und
20
BUKALEW (1977) halten jede dritte Coli-Mastitis für eine persistierende Infektion aus der
Laktationsruhe. Jüngere Studien (BRADLY und GREEN, 2000) bestätigen, dass 52% aller
klinischen coliformen Mastitiden in den ersten 100 Tagen der Laktation in Vierteln entstehen, die
während der Trockenstehphase schon infiziert waren. Das vermehrte Auftreten von akuten bis
perakuten coliformen Euterinfektionen kurz nach der Geburt und vor allem in den Sommermonaten
ist weniger auf die Virulenzfaktoren der beteiligten Stämme zurückführen, sondern vielmehr auf die
Immunsuppression der Tiere p.p. und dem dadurch bedingten uneingeschränkten Wachstum dieser
Erreger mangels zellulärer Immunantwort (HILL et al., 1979; BROOKER et al., 1981).
Das nichtlaktierende, trockengestellte Euter ist in besonderer Weise anfällig für Infektionen, die
durch Umweltstreptokokken verursacht werden (TODHUNTER et al., 1995).
Der Zeitraum zwischen letztmaligem Milchentzug und vollständiger Involution des bovinen
Drüsengewebes, wobei die Viertel über den bakteriziden Keratinpfropf im Strichkanal verschlossen
sind, muss mit Blick auf die Infektionsgefährdung als besonders kritisch beurteilt werden.
Während das vollständig involvierte Euter nahezu resistent gegenüber aufsteigenden Infektionen ist,
besteht ein bis zwei Wochen ante partum wieder ein erhöhtes Infektionsrisiko (McDONALD und
ANDERSON, 1981; EBERHART, 1982; OLIVER und MITCHELL, 1983; SMITH et al., 1985;
TODHUNTER et al., 1991).
Die Neuinfektionsrate durch Umweltstreptokokken während der Trockenstehphase ist 5,5-fach
höher als während der Laktation, wobei beinahe 55% der Infektionen bis in die Laktation
persistieren. Zu Beginn der Trockenstehzeit vor der vollständigen Involution des Drüsengewebes ist
die Zahl der Neuinfektionen durch diese Erreger am höchsten. Mit einer geeigneten antibiotischen
Langzeitbehandlung kann die Neuinfektionsrate zu dieser Zeit signifikant gesenkt werden (SMITH
et al., 1985). Während das involvierte Euter auch für Streptokokkeninfektionen nahezu resistent ist,
nimmt die Zahl dieser Infektionen in der späten Laktationsruhe wieder deutlich zu (SMITH et al.,
1985; OLIVER und MITCHELL, 1983; EBERHART, 1982).
Entscheidend
für
das
Zustandekommen
der
Streptokokkeninfektionen
ist
der
zeitlich
unterschiedliche, z.T. unvollständige mechanische Verschluss des Strichkanals mit Zitzenkeratin
(„open teats“), was häufig bei Hochleistungskühen verbreitet ist (COUSINS et al., 1980). Werden
die Erreger inokuliert, kommt es zu jeder Zeit zu Neuinfektionen, auch im vollständig involvierten
Euter (McDONALD und ANDERSON, 1981).
21
2.3.5 Minor-pathogene Bakterien
2.3.5.1 Koagulase-negative Staphylokokken (KNS)
Neben der als major-pathogen bekannten Staphylokokkenspezies S. aureus gehört auch die Gruppe
der Koagulase-negativen Staphylokokken (KNS) zur Gattung Staphylococcus der Familie der
Micrococcaceae. Unter KNS werden alle Staphylokokkenspezies außer S. aureus zusammengefasst,
wobei bekannt ist, dass S. intermedius Koagulase-positiv und S. hyicus ssp. hyicus selten
Koagulase-positiv sind.
Trotz des unterschiedlichen Koagulasevermögens der beiden oben angeführten Spezies und
angesichts der für viele praktischen Gesichtspunkte notwendigen thematischen Abgrenzung dieser
Spezies von S. aureus, erscheint diese Nomenklatur sinnvoll und hat sich in der Literatur
durchgesetzt.
Sowohl in der Veterinärmedizin als auch in der Humanmedizin gelten KNS zum einen als
Normalflorakeim
bzw.
Kontaminanten
auf
Haut
und
Schleimhaut
(PIETTE
und
VERSCHRAEGEN, 2007; PYÖRÄLÄ und TAPONEN, 2007). Zum anderen stellen sie für Mensch
und Tier mit geschwächter Immunabwehr - bzw. für den belasteten Organismus (z.B. durch
Infektionen, Laktationsstress) - eine Gesundheitsgefährdung dar. In der veterinärmedizinischen
Literatur wird über die ursächliche Beteiligung von KNS an entzündlichen Prozessen, wie etwa der
exudativen Epidermitis des Schweines, den Pyodermien der Fleischfresser und der Mastitis der
kleinen und großen Wiederkäuer berichtet (DEVRISE et al.,1985).
Die Bedeutung von KNS als Mastitiserreger bei Tieren ist anhand von Berichten in der Literatur
eindeutig belegt (MARTIN, 1992). Dabei scheint ihre Rolle bei der Euterentzündung der kleinen
Wiederkäuer bedeutender zu sein als bei der des Rindes (MARTIN und BERGMANN, 1993).
KNS gehören beim Rind zur physiologischen Mikroflora der Euter- und Zitzenhaut. Sie werden
auch häufig aus Nasenlöchern, dem Haarkleid, der Vagina und antiseptisch entnommenen
Milchproben isoliert (HARMON und LANGLOIS, 1989). Zu den häufig nachgewiesenen KNS
gehören S. chromogenes, S. simulans, S. epidermidis, S. hyicus, S. capitis, S. cohnii, S.
haemolyticus, S. xylosus, S. warneri, S. sciuri, S. hominis (HOGAN et al., 1987b; HARMON und
LANGLOIS, 1989; JARP, 1991; BIRGERSSON et al., 1992; MARTIN und BERGMANN, 1993;
WENDT et al., 1994; SAMPIMON et al., 2007)
22
Tabelle 4: Literaturübersicht über den Nachweis der Spezies der Familie der Micrococcaceae
beim Rind ( MARTIN, 1992)
Autor
Gesamtzahl
untersuchter
Stämme
Nicht zuordbar zu
einer Spezies
S. aureus
KNS
S. intermedius
S. hyicus
S. chromogenes
S. xylosus
S. hominis
S. simulans
S. sciuri
S. epidermidis
S. cohnii
S. haemolyticus
S. warneri
S. auriculari
S. capitis
S. saprophyticus
S. carnosus
Micrococcus
species
JARP
(1991)
NIEDER
(1988)
STUMPF
(1988)
WATTS et
al., (1984)
HODGES et al.,
(1984)
148
546
33
179
900
3
23
14
148 (100)
23 (15,5)
24 (16,2)
11 (7,4)
1 (0,7)
66 (44,6)
1 (0,7)
1 (0,7)
15 (10,1)
1 (0,7)
248
284 (100)
21
12 (100)
19 (6,7)
11 (3,9)
56 (19,7)
53 (18,7)
40 (14,1)
40 (14,1)
39 (13,7)
11 (3,9)
9 (3,2)
2 (0,7)
1 (8,3)
2 (16,7)
73
103 (100)
11 (10,7)
11 (10,7)
21 (20,4)
4 (3,9)
810
67 (100)
21 (31,1)
1 (1,5)
19 (28,4)
3 (4,5)
1 (8,3)
3 (25,0)
4 (33,3)
1 (8,3)
32 (31,1)
2 (1,9)
9 (8,7)
1 (1,0)
5 (4,8)
6 (5,8)
4 (5,9)
17 (25,4)
1 (1,5)
1 (1,5)
1 (1,0)
5 (3,3)
4 (1,4)
Nach MARTIN (1992) müssen Staphylokokken, besonders KNS, als „klassische Opportunisten“
mit variierender Virulenz der Stämme aufgefasst werden, die beim Zusammentreffen einer
bestimmten Wirtsdisposition vom Normalflorakeim zum Krankheitserreger im Sinne des
Verursachers einer infektiösen Faktorenkrankheit werden können.
BIRGERSSON et al. (1992) weisen nach, dass die aus Rindermastitisproben häufig isolierten S.
simulans, S. chromogenes, S. epidermidis und S. xylosus virulenter sind als die übrigen, weniger
häufig gefundenen KNS-Spezies. Es wird deutlich, dass einige Stämme einer Spezies sich in ihrer
Virulenz deutlich unterscheiden, und dass Stämme, die aus dem Sekret akuter Mastitiden isoliert
werden, im Maus-Mastitis-Modell deutlich virulenter sind als Stämme, die aus dem Sekret
subklinischer Euterentzündungen stammen.
23
Untersuchungen über die natürliche Verbreitung der Staphylokokkenspezies auf verschiedenen
Körperstellen von Färsen zeigen, dass schon bald nach der Geburt im Kälberalter die verschiedenen
Spezies unterschiedlich gehäuft nachgewiesen werden können (BODDI und NICKERSON, 1987;
WHITE et al., 1989). S. xylosus stellt die am häufigsten nachgewiesene Staphylokokkenspezies am
Tier dar; auf der Zitzenhaut jedoch treten neben S. xylosus noch S. chromogenes sowie S. warneri
vermehrt auf (HARMON und LANGLOIS, 1989). Aus dem Strichkanal des juvenilen Färseneuters
wird vorwiegend S. chromogenes isoliert, welcher im Gegensatz zu den anderen KNS an die
Umweltbedingungen im Strichkanal besser adaptiert scheint (WHITE et al., 1989; MATTHEWS et
al., 1992; PYÖRÄLÄ und TAPONEN, 2007). Auch in den Untersuchungen von SAMPIMON et al.
(2007) werden vermehrt die KNS S. chromogenes, S. simulans und S. epidermidis nachgewiesen.
Neben dem “belebten“ Tier werden auch die frischen wie verbrauchten Einstreumaterialien wie
Stroh und Sägespäne von S. xylosus und S. sciuri besiedelt, was bedeutet, dass diese Erreger in der
Lage sind, in der Umwelt zu überleben, und dass Einstreu, je nach Aufstallungssituation, eine
Infektionsquelle darstellen kann.
Bei den Studien über Art und Häufigkeit intramammärer Infektionen, verursacht durch KNS bei
primiparen und mulitiparen Kühen in der peripartalen Periode, stellt sich heraus, dass die erhöhte
KNS-Prävalenz ante partum mit dem KNS-Gehalt der natürlichen Euterhautflora korreliert, und
dass p.p. eine beinahe zweifach höhere KNS-Prävalenz bei primiparen als bei mulitparen Kühen
beobachtet werden kann.
Es ist nicht geklärt, ob diese Reduktion der Infektionshäufigkeit bei älteren Kühen nur auf die
antibiotische Langzeitbehandlung am Ende der ersten Laktation zurückzuführen ist (HOGAN et al.,
1987a; MATTHEWS et al., 1986, 1992; ROBERT et al., 2006).
Die Besiedlung bzw. Infektion durch KNS des Färseneuters führt anhand histologischer
Untersuchungen
von
TRINIDAD
und
Mitarbeitern
(1990)
zu
einer
verstärkten
Leukozyteninfiltration des Drüsengewebes sowie zu einer Zunahme des interalveolären
Bindegewebes. Da die Hauptbildung des sekretorischen Eutergewebes während der ersten
Trächtigkeit stattfindet, wird durch die entzündliche Reaktion und Zunahme des Bindegewebes die
Funktion der Milchdrüse bezüglich der späteren Milchleistung stark nachteilig beeinträchtigt. In der
Literatur wird über Milchleistungseinbußen von mit KNS infizierten Eutervierteln gegenüber
nichtinfizierten Vierteln von 10,3% berichtet (LINDE, 1982). Andere Autoren beziffern den
jährlichen Milchproduktionsverlust aufgrund von KNS-Infektionen bei ein- und mehrkalbigen
Kühen gleichermaßen mit mehr als 800 kg (TIMMS und SCHULTZ, 1987).
24
Im laktierenden oder nicht laktierenden Rinder- bzw. Kuheuter verlaufen die KNS-Infektionen
zumeist subklinisch bis mild klinisch ohne Störungen des Allgemeinbefindens (OLDE
RIEDERINK et al., 2007; RYSANEK et al., 2007). HODGES und Mitarbeiter (1984) geben in
ihren Studien an, dass der Anteil der KNS-Infektionen an allen klinischen bzw. subklinischen
Mastitiden bei 15,3% bzw. 37,5% liegt. Andere Autoren (HOGAN et al., 1984; SMITH et al.,
1985a/b) berichten, dass 3,4%, 10,2% bzw. 9% der klinischen Mastitiden auf Infektionen mit KNS
zurückgeführt werden können.
In den mit den schwach pathogenen KNS infizierten Eutervierteln kommt es zu einer
Zellgehaltserhöhung der Milch, die im Vergleich zu einer Infektion mit klassischen
euterpathogenen Mastitiserregern moderat, im Vergleich zu Milchproben nichtinfizierter
Euterviertel jedoch signifikant ist (POUTREL und RAINARD, 1982; RÖDER, 1985; SCHUKKEN,
2007). In den Studien von HARMON und LANGLOIS (1986) und RAINARD et al. (1990) wird
über einen zwei- bis dreifachen Anstieg des somatischen Zellgehalts der Milch in mit KNSinfizierten gegenüber nicht infizierten Vierteln berichtet. Beinahe die Hälfte aller isolierten KNS
stammen aus Vierteln mit einem Zellgehalt von unter 100.000 Zellen/ml Milch, während nur 10%
der infizierten Viertel einen Zellgehalt von über 500.000 Zellen/ml Milch aufweisen.
RAINARD und POUTREL (1982) berichten über eine spontane Heilungsrate der infizierten Viertel
während der Laktation von 34%. BROWN (1973) kann in einer Studie 34% der isolierten KNS
nicht wiederholt nachweisen, TIMMS (1984) gelangt zu einer 16%igen Spontanheilung.
HOGAN et al. (1987b) und EDWARDS und SMITH (1966) weisen darauf hin, dass viele der
isolierten KNS transiente Besiedler der Zitzenhaut, des Strichkanals und auch des Drüsengewebes
sind.
Ohne Berücksichtigung des somatischen Zellgehalts des beprobten Euterviertels kann nicht
zwischen einer vorübergehenden Strichkanalbesiedlung und einer intramammären Infektion
unterschieden werden (HARMON et al., 1986). Untersuchungen von Tupferproben von Strichkanal
und Euterhaut zeigen, dass ein Teil der aus Milchproben isolierten KNS nicht aus Infektionen des
Drüsengewebes resultieren, sondern vielmehr als ausgespülte Erreger des besiedelten Strichkanals
anzusehen sind (EDWARDS und SMITH, 1966). Auch MATTHEWS (1986) beschreibt, dass eine
signifikante Reduktion der KNS-Prävalenz zwischen dem 14. Tag ante partum und der 5.
Laktationswoche von 46,7% auf 9,1% erreicht werden kann, welches der Autor auf den
eintretenden Spüleffekt und das durchgeführte Zitzendippen in dieser Zeit zurückführt.
Die Wechselwirkung zwischen den Euterinfektionen bzw. Strichkanalbesiedlungen durch minder
25
pathogene KNS und andere Infektionserreger wird in der Literatur nicht eindeutig beschrieben. In
mehreren Studien ist untersucht worden, ob natürliche oder provozierte KNS-Infektionen die
betroffenen Euterviertel vor Superinfektionen mit major-pathogenen Bakterien schützen.
Infektionsversuche von KNS-infizierten Eutervierteln mit den Mastitiserregern S. aureus und S.
agalactiae (NICKERSSON und BODIE, 1994) zeigen, dass die Neuinfektionsrate mit S. aureus in
bakteriologisch negativen Vierteln dreifach höher ist als in Eutervierteln, die mit KNS vorinfiziert
sind. Im Gegensatz dazu ist der Prozentsatz neuer S. agalactiae-Infektionen in bereits mit KNS
infizierten Vierteln anderthalbfach höher als in KNS-negativen bzw. bakteriologisch negativen
Eutervierteln. In gewisser Weise schafft demzufolge eine KNS-Infektion Schutz vor einer
Superinfektion mit S. aureus, jedoch nicht vor einer Infektion mit S. agalactiae.
Auch MATTHEWS et al. (1991) finden ein zweifach höheres Neuinfektionsrisiko bakteriologisch
negativer Viertel im Vergleich zu KNS-vorinfizierten Eutervierteln. HARMON und LANGLOIS
(1989) vermuten ebenfalls, dass eine Reduktion der KNS-Infektionen bzw. –Strichkanalbesiedlung
die Empfänglichkeit für major-pathogene Keime und besonders für Umwelterreger erhöht.
Untersuchungen von LINDE et al. (1980) deuten darauf hin, dass durch leichte Zellzahlerhöhungen,
bedingt durch eine KNS-Besiedlung, das Neuinfektionsrisiko durch hoch pathogene Erreger wie S.
aureus, Streptokokken und gramnegative Bakterien gesenkt wird. BRAMLEY (1978) kommt zu
ähnlichen Ergebnissen. HOGAN und Mitarbeiter (1987b) können diese Schutzwirkung durch KNS
dagegen nicht bestätigen.
Da während der Laktation die Verbreitung der KNS vom Strichkanal ins Drüsengewebe durch den
Spüleffekt beim Milchentzug und durch den Gebrauch germizider Dippmittel minimiert wird
(EBERHART et al., 1983; HOGAN et al., 1987b), kommt der Laktationsruhe hinsichtlich
Infektionsgefährdung eine besondere Bedeutung zu. Im Strichkanal bzw. Drüsengewebe des nicht
laktierenden Färsen- bzw. Kuheuters kommt es zur ungehinderten Vermehrung dieser Erreger, was
zu einer erhöhten Rate intramammärer Infektionen zum Ende der Trockenstehperiode führt
(MATTHEWS et al., 1992; SCHUKKEN, 2007).
Bis zum Laktationsende persistierende KNS-Infektionen können durch eine antibiotische
Langzeitbehandlung während der Laktationsruhe bis zu 100% eliminiert werden (TAPONEN et al.,
2006).
26
2.3.5.2 Corynebacterium spp.
Corynebacterium bovis (C. bovis) zählt wie die Koagulase-negativen Staphylokokken (KNS) zu
den minor-pathogenen Bakterien, wobei dieser Erreger aufgrund seines epidemiologischen
Verhaltens den kontagiösen Mastitiserregern zugeordnet wird. So wird in betroffenen Herden ein
deutlicher Anstieg von C. bovis-Infektionen im Laufe der Laktation beobachtet. HOGAN und
Mitarbeiter (1989) berichten über einen Anstieg positiver Erregernachweise von einem Prozent p.p.
auf 8,8% am Ende der Laktation. In einer kanadischen Studie sind am Tag des Trockenstellens 23%
der infizierten Viertel C. spp.-positiv (LIM et al., 2007).
Über Zitzendesinfektionen und antibiotisches Trockenstellen kann die Ausbreitung dieses Erregers
in einer Herde nahezu verhindert werden (HONKANEN-BUZALSKI et al., 1984).
C. bovis ist zwar zur Infektion der Milchdrüse fähig, aber die Entzündungen verlaufen meist
subklinisch mit geringen Zellzahlerhöhungen (RÖDER, 1985). PANKEY et al. (1985) ermitteln in
ihrer Studie einen Zellgehalt von 250.000 Zellen/ml Milch im geometrischen Mittel bei C. bovisinfizierten Eutervierteln. Auch HOGAN und Mitarbeiter (1989) finden erhöhte Zellgehalte in
Vierteln, die C. bovis ausscheiden, im Vergleich zu bakteriologisch negativen Eutervierteln. Nach
LE VAN et al. (1985) hat die Besiedlung des Euters durch diesen Erreger trotz erhöhter Zellgehalte
kaum Einfluss auf die Milchproduktion. So produzieren infizierte Viertel die gleiche Milchmenge
in gleicher Zusammensetzung wie die kontralateralen nichtinfizierten Viertel.
Der mögliche protektive Effekt vorhandener Strichkanal- bzw. Zitzenbesiedlungen durch C. bovis
wird in der Literatur unterschiedlich bewertet. Während BROOKS und BARNUM (1984) keinen
signifikanten Unterschied zwischen C. bovis-belasteten und gesunden Vierteln hinsichtlich neuer
Infektionen durch major-pathogene Erreger feststellen, berichten LINDE et al. (1980) und DOANE
et al. (1987) von einem Schutz gegenüber S. aureus.
Andere Autoren stellen keine Schutzfunktionen von C. bovis gegenüber coliformen Erregern fest,
berichten jedoch von einer erhöhten Infektanfälligkeit dieser vorinfizierten Viertel gegenüber
umweltassoziierten Streptokokken (HOGAN et al., 1989; HONKANEN-BUZALSKI et al., 1984).
27
2.4
Risikofaktoren für das nichtlaktierende Euter
Das vollständig involvierte und durch einen Pfropf aus Zitzenkeratin verschlossene Euterviertel ist
nahezu resistent gegenüber aufsteigenden Mastitiserregern während der Trockenstehperiode. Zum
einen dient das Keratin als mechanisch-physikalische Barriere, und zum anderen hemmt es
aufgrund seiner bakteriostatischen Wirkung das Wachstum aufsteigender Bakterien.
Bei 50% der heutigen leichtmelkigen Hochleistungskühe ist der Keratinpfropf eine Woche nach
dem Trockenstellen noch nicht vorhanden, bei 5% der Tiere bleibt die Pfropfbildung sogar über die
gesamte Trockenstehperiode aus (so genannte „open teats“), so dass die Kühe einem hohen
Infektionsrisiko, vor allem bedingt durch Umwelterreger, ausgesetzt sind (WILLIAMSON et al.,
1995).
Die Milchmenge (Tagesleistung) am Tag des Trockenstellens beeinflusst signifikant den Zeitraum,
bis sich der Strichkanal vollständig verschließt (p < 0,01). So sind sogar noch 50% der Viertel von
Kühen mit einer Leistung von mehr als 21 kg am Tag des Trockenstellens nach 6 Wochen
Laktationsruhe weiterhin offen; 15% der offenen Viertel entwickeln intramammäre Neuinfektionen
(DINGWELL et al. 2003b).
In den ersten Tagen der Involution des Euters ist die Gefahr von Neuinfektionen besonders hoch.
Nach dem letztmaligen Ausmelken steigt die Konzentration an Mastitiserregern auf der Zitzenhaut,
im Strichkanal und in der Zitzenzisterne deutlich an (BRADLEY und GREEN, 2004). Durch den
ausbleibenden Milchentzug werden die Erreger nicht ausgespült.
Da der Euterinnendruck in den ersten zwei bis drei Tagen der Laktationsruhe auf über 4 kP ansteigt,
kann es bei Kühen über 20 kg Tagesleistung (DINGWELL et al. 2003a) zum ständigen Milchfluss
in dieser Zeit kommen. Je nach Aufstallungsart der trockengestellten Kühe kann dies als
prädisponierender Faktor für Neuinfektionen durch Mastitiserreger angesehen werden. Ferner ist
durch den hohen Euterinnendruck der Zeitraum zwischen dem Zustand eines auf Milchsekretion
ausgerichteten Eutergewebes und vollständig involvierten Euters deutlich verlängert, so dass der
natürliche protektive Effekt mancher Zellfraktionen und löslicher Milchbestandteile vermindert ist.
Aufgrund der nicht selektiven Phagozytose von Fett, Casein und anderer Milchbestandteile durch
Makrophagen und polymorphkernigen Granulozyten ist deren bakterizide Wirkung in den ersten
Tagen der Laktationsruhe gering.
Auch die bakteriostatische Wirkung des Laktoferrins, ein durch Epithelzellen und Leukozyten
gebildetes Protein, ist durch die verzögerte Involution beeinträchtigt. Der bakterostatische Effekt
dieses Proteins beruht auf der Fähigkeit Eisen zu binden, welches Bakterien wie Staphylokokken
28
und coliforme Erreger zum Wachstum benötigen (SMITH und OLIVER, 1981). In der gesunden,
laktierenden Milchdrüse ist die Konzentration von Laktoferrin niedrig, sie steigt jedoch während
der Involution und bei Entzündung der Milchdrüse deutlich an (SORDILLO et al., 1997). Während
der verzögerten Involution ist die Laktoferrinkonzentration nicht nur vermindert, sondern ein durch
die Epithelzellen gebildetes Zitrat, ein Puffer, welcher das Eisen in eine für Bakterien zugängliche
Form umwandelt, hebt die bakterostatische Wirkung des Laktoferrins auf (SMITH und OLIVER,
1981).
Während der Kolostrogenese 1-2 Wochen ante partum bzw. während der peripartalen Periode bis
drei Wochen p.p. besteht erneut ein erhöhtes Infektionsrisiko. Die physische und metabolische
Belastung am Ende der Laktationsruhe auf Grund der Massenzunahme der Frucht am Ende der
Gravidität, das Geburtsgeschehen und die einsetzende Laktation führen zu einer verminderten
Konzentration an protektiven Faktoren in dieser Periode (SORDILLO und NICKERSON, 1988;
OLIVER und SORDILLO, 1989; KEHRLI et al., 1990; MALLARD et al., 1998; ZERBE et al.,
2000).
So zeigen Kolostrumproben der letzten Woche vor der Kalbung eine geringe Interleukin-2Aktivität, was mit einer geschwächten Immunzellfunktion korreliert (SORDILLO et al., 1991).
Auch die Funktion der polymorphkernigen Granulozyten als unspezifische Abwehrzellen ist in der
peripartalen Periode gemindert.
Die metabolische Belastung durch die Laktation verschärft zusätzlich die peripartale
Immunsuppression (KIMURA et al., 1999).
Der erhöhte Gehalt an Triacyl-Glycerol von mehr als 40mg/g Leber führt zu einer reduzierten
Expression der Oberflächenmoleküle der neutrophilen Leukozyten im Blut. So besteht bei
mehrkalbigen bzw. zum Kalbezeitpunkt verfetteten Kühen mit dementsprechend hohen TriacylGlycerol-Gehalten eine erhöhte Inzidenz infektiöser Erkrankungen wie Mastitiden und
Endometritiden in diesem Zeitraum (ZERBE et al., 2000).
Auch das den Strichkanal verschließende Zitzenkeratin wird in der Zeit des Aufeuterns für
aufsteigende Erreger permeabel.
Diese in ihrer natürlichen Abwehrfunktion geschwächten Kühe sind auch durch den prophylaktischmetaphylaktischen Einsatz antibiotikhaltiger Langzeittrockensteller nicht ausreichend geschützt.
Die Antibiotikakonzentration fällt während der Kolostrogenese unter die minimal inhibitorische
Konzentration (MIC).
29
2.5
Möglichkeiten der Verhinderung von Neuinfektionen während der
Trockenstehperiode
2.5.1 Trockenstellen unter antibiotischem Schutz
Die Bedeutung der Trockenstehperiode für die Eutergesundheit, Milchleistung und Gesundheit der
Kuh in der Folgelaktation wird in der Literatur vielfach beschrieben (EBERHART, 1986;
ENEVOLDSEN und SORENSEN, 1992; LESLIE, 1999).
Schon vor mehr als fünfzig Jahren wurde erkannt, dass sich etwa bei der Hälfte der Milchkühe in
der Laktationsruhe Euterinfektionen entwickelten und diese bis in die nächste Laktation
persistierten (NEAVE et al., 1950). Zunächst zur Therapie bzw. Prävention der purulenten
Sommermastitis, primär verursacht durch Arcanobakterium pyogenes, eingesetzt, entwickelte sich
der intrazisternale Einsatz von Langzeitantibiotika am Ende der Laktation zum Eckpfeiler der
Mastatitisbekämpfung und – prävention (EBERHART, 1986).
Mit den zunächst verabreichten Penicillin-Streptomycin-Kombinationspräparaten oder CloxacillinFormulierungen konnten beinahe 90% der Streptokokken- und 50% der StaphylokokkenInfektionen eliminiert werden. Besonders die über die ersten 20 Tage der Trockenstehzeit
wirkenden Langzeit-Lösungen mit dem schwer löslichen Benzathin-Cloxacillin-Salz war besonders
geeignet, bestehende Staphylokokkeninfektionen zu therapieren und Neuinfektionen zu verhindern
(SMITH et al., 1967a; MORRIS, 1969; POSTLE und NATZKE, 1974). Die durch
Umweltstreptokokken verursachten Infektionen konnten und können über diesen intrazisternal
verabreichten Wirkstoff nicht bzw. kaum verhindert werden.
Verschiedene Studien belegen, dass mit dem Trockenstellen unter antibiotischem Schutz
bestehende Euterinfektionen mit Heilungsraten von 70-98% wirksam bekämpft werden können
(SCHUKKEN et al., 1993; MEANEY und NASH, 1997; HASSAN et al., 1999; NICKERSON et
al., 1999 und SOBIRAJ et al., 2000). Deutlich geringere Heilungsraten werden bei dem Einsatz
dieser Langzeitantibiotika gegen S. aureus erzielt (BROWNING et al., 1990; SOL et al., 1994), da
dieser Erreger in der Lage ist, sich über einen Leukozytenwall einzukapseln, so bis in die nächste
Laktation zu persistieren und fortdauernde Zellzahlerhöhungen und subklinische Infektionen zu
verursachen.
Auch die Neuinfektionsrate während der Laktationsruhe wird durch diese antibiotischen
Prophylaxe- bzw. Metaphylaxemaßnahmen im Vergleich zu nicht behandelten Kühen um 50-80%
gesenkt (EBERHART, 1986; BERRY und HILLERTON, 2002b).
30
Die Mehrzahl der zum Kalbezeitpunkt bestehenden Euterinfektionen resultieren aus Infektionen aus
der Trockenstehzeit (BRADLEY und GREEN, 2004). Diese Infektionen verursachen selten
klinische Mastititiden in der Laktationsruhe, sondern persistieren subklinisch bis in die nächste
Laktation hinein, verbunden mit erhöhten Zellgehalten, Milchleistungseinbußen und nicht selten
mit klinischen Euterentzündungen. So berichten OSTERAS und SANDVIK (1996), dass neben der
Elimination von bestehenden Infektionen und der Prävention von neuen intramammären
Infektionen der Zellgehalt und die Inzidenz klinischer Mastitiden reduziert und ein erhöhter
Milchertrag über die Trockenstehtherapie erzielt werden kann.
Neben diesen positiven Aspekten der antibiotischen Versorgung nichtlaktierender Kühe erscheint
hinsichtlich ökonomischer Aspekte und Steigerung bakterieller Resistenzen das antibiotische
Trockenstellen generell aller Kühe einer Herde wenig sinnvoll (BRATLIE, 1972). Die Effektivität
des generellen Trockenstellens mittels intrazisternal verabreichter Anitibiotika ist dahingehend
begrenzt, dass die meisten kommerziellen (gebräuchlichen) Langzeitformulierungen wenig effektiv
gegen coliforme Bakterien wirken, und die antimikrobielle Wirkung aufgrund sinkender
Wirkstoffkonzentrationen am Ende der Laktationsruhe abnimmt ( SMITH et al., 1967a/b; SMITH
et al., 1985a; BRADLEY und GREEN 2000; BRADLEY und GREEN, 2001). Während der
Kolostrogenese ist das antibiotisch trockengestellte Euter nahezu ungeschützt, da die
Antibiotikakonzentration unter die minimal inhibitorische Konzentration fällt.
2.5.2 Zitzenversiegler
Einen wichtigen Faktor für das Zustandekommen von Euterinfektionen während der Laktationsruhe
stellt die Ausprägung des Strichkanalverschlusses über den Keratinpfropf im Anschluss an die
Involution dar. So bestätigen verschiedene Publikationen, dass der Zitzenschluss über das Keratin
nicht bei allen Vierteln besteht, und klinische Mastitiden vorwiegend in Eutervierteln entstehen, die
nicht verschlossen sind (WILLIAMSEN et al., 1995; BERRY und HILLERTON, 2007). Sowohl
die Milchleistung am Ende der Laktation als auch die Beschaffenheit der Zitzenkuppen beeinflussen
das Infektionsgeschehen. So stellen DINGWELL und Mitarbeiter (2003b) fest, dass nach 6wöchiger Trockenstehperiode 50% der Kühe mit einer Tagesleistung von über 21 kg zum
Laktationsende keinen Zitzenverschluss ausbilden. Auch bei Vierteln mit hyperkeratotischen
Zitzenkuppen ist die Infektionsanfälligkeit signifikant erhöht. Hier ist das Mastitisrisiko beinahe
doppelt so hoch wie bei Vierteln mit unveränderten Zitzenkuppen.
31
Eine Möglichkeit, diese „offenen Zitzen“ effizient gegen aufsteigende Bakterien zu schützen,
besteht in der Applikation sogenannter Zitzenversiegler (Teatsealer), die die natürliche
Barrierefunktion des Zitzenkeratins übernehmen (BERRY und HILLERTON, 2002b).
2.5.2.1 Externe Zitzenversiegler
Eine
Möglichkeit,
das
Aufsteigen
von
pathogenen
Mikroorganismen
während
der
Trockenstehperiode zu verhindern, besteht darin, die Zitzen nach dem letztmaligen Milchentzug
mittels eines elastischen Films auf Latex- oder Polymerbasis zu verschließen.
In der Literatur werden Anwendungsversuche mit dem alleinigen Einsatz dieser externen
Versiegler, aber auch in Kombination mit Langzeitantibiotika beschrieben (TIMMS, 1997; LESLIE
et al., 1999; LIM et al., 2000; TIMMS, 2001). So berichtet TIMMS (2001) über einen Rückgang
von Neuinfektionen bei erstkalbigen Kühen von 19% und von 47% bei mehrkalbigen Kühen. In
diesem Versuch wurden alle Viertel antibiotisch behandelt, wobei jeweils zwei zusätzlich versiegelt
wurden.
Neben der Zitzengröße und Zitzenbeschaffenheit sind zudem die Art der Zitzenvorbereitung und die
Temperatur des Versieglers bedeutend (LIM et al., 2007). Wird ein möglichst gering temperierter
Versiegler (2°C) auf die sauberere, desinfizierte und getrocknete Zitze aufgebracht, kann die
optimale Haftung an der Zitzenhaut verlängert werden (CREASEY et al., 2002).
Anwendungsversuche in den letzten 10 Tagen ante partum ohne zusätzliche antibiotische
Abdeckung belegen, dass nur mittels externem Versiegler das Mastitisrisiko und der somatische
Zellgehalt während der ersten 45 Tage p.p. signifikant gesenkt wird (p< 0,05). Verglichen mit einer
unbehandelten Kontrollgruppe wird mittels externer Versiegelung die Neuinfektionsrate signifikant
gesenkt. Besonders effektiv schützt diese Versieglung gegen aufsteigende Umweltstreptokokken
und coliforme Erreger (CORBELLINI et al., 2002).
Über die einmalige und alleinige Anwendung der „External Teatsealants“ ist das Euter jedoch nur
über einen kurzen Zeitraum ausreichend geschützt. Der sichere Verschluss bleibt in Abhängigkeit
der Zitzenverhältnisse im Mittel 6 Tage bestehen (HEMLING et al., 2000; LIM et al., 2000;
WILLIAMSON, 2001; CORBELLINI et al., 2002 und CREASEY et al., 2002). Ein dauerhafter
Schutz wird nur bei mehrmaliger Anwendung über die ganze Trockenstehperiode erreicht.
32
2.5.2.2 Interne Zitzenversiegler
Neben dem externen Versiegeln der Zitze, welches ein regelmäßiges Überprüfen der Zitzen in dreibis viertägigem Abstand voraussetzt, bieten „Internal Teatsealants“ eine Alternative, die alleine
oder auch in Kombination mit Langzeitantibiotika intrazisternal appliziert werden können.
Der interne Zitzenversiegler besteht aus dem Schwermetallsalz Bismuth - Subnitrat in paraffiner
Salbengrundlage (64%, 2,6g in 4g Injektor, Orbeseal® ,Pfizer Animal Health). Diese visköse Paste
wird mittels Injektor nach dem letztmaligen Milchentzug in die Zitzen verbracht, so dass die Salbe
den Strichkanal und den distalen Bereich der Zitzenzisterne ausfüllt und verschließt (siehe Abb. 1).
Abbildung 1: Röntgenologische Darstellung der mittels interner Zitzenversiegler verschlossenen
Strichkanäle und Zitzenzisternen (Photo: Pfizer Tiergesundheit GmbH, Karlsruhe)
In Untersuchungen zur Anwendung interner Versiegler wird mittels röntgenologischer
Untersuchungen der Zitzen nachgewiesen, dass der Versiegler bis zu 100 Tage inert in dem
Zitzensinus verbleibt (WOOLFORD et al., 1998). Diese hemmstofffreie Paste wird nach dem
Einsetzen des Milchflusses beim ersten Melken ausgestrichen. Eine gesundheitsschädigende
Wirkung auf das saugende Kalb bzw. ein negativer Einfluss auf die Umwelt oder
Lebensmittelsicherheit wird nicht festgestellt (GODDEN et al., 2003b).
Der Vergleich der Neuinfektionsrate während der Laktationsruhe bis 24 Stunden nach der Kalbung
zeigt, dass über den alleinigen Verschluss mittels interner Zitzenversiegler das gesunde Viertel
ähnlich geschützt ist wie über Langzeitanitibiotika (PARKER et al., 2008).
In den Feldversuchen von WOOLFORD und Mitarbeitern (1998) werden Neuinfektionen bei
33
16,1% der nicht behandelten, bei 2,7% der antibiotisch trockengestellten, bei 2,5% der intern
versiegelten und bei 2,0% der sowohl versiegelten als auch anibiotisch versorgten Viertel
beobachtet. BERRY und HILLERTON (2007) erreichen eine signifikante Reduktion der
Infektionsrate zur Kalbung durch dieses kombinierte Trockenstellen (3,7%) im Vergleich zum
alleinigen Einsatz antibiotikahaltiger Trockensteller (7,3%).
Einer britischen Studie zufolge, bei der die gesunden Euterviertel entweder einheitlich versiegelt
oder antibiotisch behandelt worden sind, entwickeln sich in den versiegelten Vierteln deutlich
weniger Neuinfektionen, die durch die Umwelterreger der Gruppe der Enterobacteriacea und durch
E. coli hervorgerufen werden, als bei Kühen, die mit einem Langzeit-Cephalosporin-Präparat
trockengestellt worden sind. Ein signifikanter Unterschied hinsichtlich der durch andere majorpathogene
Bakterien
hervorgerufenen
Entzündungen
wird
zwischen
den
beiden
Behandlungsgruppen nicht erkannt (HUXLEY et al., 2002). Euterviertel, die sowohl mit einem
Langzeit-Cloxacillin-Präparat trockengestellt und zusätzlich mittels internem Versiegler Orbeseal®
verschlossen werden, entwickeln während der Laktationsruhe 30% weniger Neuinfektionen im
Vergleich zur antibiotisch versorgten Kontrollgruppe.
In dem Zeitraum zwischen Trockenstellen und dem 60. Laktationstag werden in der kombiniert
behandelten Kuhgruppe 33% weniger klinische Mastitiden und geringere Zellgehalte festgestellt
(GODDEN et al., 2003a). Andere Autoren berichten sogar von 64% geringeren Neuinfektionsraten
während der Laktationsruhe bei kombiniert behandelten Tieren im Gegensatz zur antibiotisch
versorgten Kontrollgruppe (COOK et al., 2004). In einer kanadischen Studie werden über die
interne Versiegelung der gesunden Viertel um 52% geringere Infektionsraten während der
Trockenstehperiode erreicht. Als Kontrollgruppe dienten hier gesunde antibiotisch trockengestellte
Euterviertel (SANFORD et al., 2004).
Auch zwei deutsche Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Bei den Untersuchungen von
WESTERMANN (2006) wurden zur Überprüfung der Wirksamkeit interner Zitzenversiegler alle
Euterviertel mit einem Langzeit-Benzylpenicillin-Präparat trockengestellt. Zwei Versuchsviertel
jeder Kuh wurden zusätzlich mit einem internen Zitzenversiegler versiegelt.
Über diesen zusätzlichen Schutz können in dieser Studie nach der Geburt signifikant mehr
Versuchsviertel mit einem Zellgehalt von unter 200.000 Zellen/ml Milch ermittelt werden. Auch
die Zahl der Viertel mit einem Zellgehalt von über 500.000 Zellen/ml Milch ist in der
Kontrollgruppe (alleiniger Einsatz des AB-Trockenstellers) signifikant höher.
34
Signifikante Unterschiede zwischen den Versuchs- und Kontrollvierteln hinsichtlich der
Neuinfektionsraten bis zu den Beprobungszeitpunkten p.p. werden nicht festgestellt. Als
dominierende Erregergruppen vor dem Trockenstellen werden hier die C.spp. und die KNS (12%)
genannt. In 9,6% aller untersuchten Viertel werden zu diesem Untersuchungszeitpunkt majorpathogene Erreger nachgewiesen.
JUNG (2005) überprüft ebenfalls die Wirksamkeit des kombinierten Einsatzes eines internen
Zitzenversieglers und eines Antibiotika-Trockenstellers (Langzeit-Cloxacillin-Präparat). Als
Kontrollgruppe dienen auch hier die antibiotisch trockengestellten zwei Viertel der Kühe.
Hier wird die Infektionsprävalenz von KNS und C.spp. zum Trockenstellen mit 9% angegeben.
Major-pathogene Bakterien werden hier zu 12% nachgewiesen. Bei den kombiniert behandelten
Vierteln werden bis zum 10. Tag p.p. 4% weniger bakteriologisch positive Viertel gefunden als bei
den nur antibiotisch trockengestellten Vierteln.
In einer weiteren Studie desselben Autors wird der kombinierte Einsatz mit der alleinigen
Applikation eines internen Versieglers und dem viertelindividuellen Trockenstellen anhand des
CMT-Ergebnisses verglichen. Hier liegt die höchste Neuinfektiosrate p.p. bei 7,9% in der am Tage
des Trockenstellens nur versiegelten Kuhgruppe, während sie in der Gruppe der viertelindividuell
trockengestellten Kühe (6,9%) und der kombinierte behandelten Kuhgruppe (6,4%) nur wenig
darunter liegt.
Von großer Bedeutung ist bei der alleinigen Anwendung externer und interner Zitzenversiegler die
Eutergesundheit der trockenzustellenden Kühe. Wird auf den zusätzlichen Schutz über
antibiotkahaltige Trockensteller verzichtet, besteht das Risiko, subklinisch oder latent infizierte
Euterviertel nicht diagnostizieren zu können. Ohne vorherige Selektion der zum Trockenstellen
anstehenden Kühe besteht die große Gefahr, persistierende Infektionen nicht zu erkennen und somit
die Laktationsruhe zur Ausheilung bestehender Mastitiden nicht nutzen zu können.
So warnen die Hersteller externer und interner Zitzenversiegler davor, die Versiegler bei Kühen
anzuwenden, die nicht als frei von subklinischen Mastitiden beurteilt wurden. Auch weisen sie
darauf hin, eine Vorselektion über die Mastitishistorie und den Zellzahlverlauf der zurückliegenden
Laktation zu treffen bzw. vor dem alleinigen Versiegeln der Euterviertel den California-MastitisTest oder eine bakteriologische Untersuchung durchzuführen, um subklinische Infektionen zu
erkennen.
35
Auch machen die Hersteller dieser Zitzenversiegler darauf aufmerksam, die externen und internen
Versiegler alleinig ohne zusätzlichen antibiotischen Schutz in Milchviehherden mit den kontagiösen
Erregern S. agalactiae und S. aureus als Leitkeim aufgrund des zu hohen Neuinfektionsrisikos
nicht einzusetzen.
36
3
Tiere, Material und Methoden
3.1
Milcherzeugerbetriebe
3.1.1 Voraussetzungen zur Teilnahme der Betriebe an der Studie
Zu Beginn der Studie wurden 15 Milchviehbetriebe in Mittelhessen anhand der dem
Eutergesundheitsdienst bekannten Betriebsdaten ausgewählt und deren Betriebsleitern der
Versuchsaufbau erläutert.
Grundvoraussetzung zur Teilnahme an der Studie war die Bereitschaft zur Zusammenarbeit, zur
Entnahme von Viertelanfanggemelksproben vor Behandlung auftretender Mastitiden und zur
Dokumentation erforderlicher Behandlungen. Zudem musste jeder Betrieb an der monatlichen
Milchleistungsprüfung (MLP) teilnehmen und die Einsichtnahme in die Betriebsdaten gewähren.
Ein weiteres Auswahlkriterium bestand in der Eutergesundheit der Herde. Die kontagiösen
Mastitiserreger S. aureus und S. agalactiae durften, wenn überhaupt, dann nur sporadisch in den
teilnehmenden Betrieben auftreten. Den für das Melken verantwortlichen Personen wurde die
Vorbereitung der Zitzen (Zitzendesinfektion) sowie die antiseptische Probennahme erläutert und auf
die Vermeidung der Probenkontamination hingewiesen.
Ferner wurde die Bereitschaft erwartet, auch die im California-Mastitis-Test (CMT) vor dem
Trockenstellen auffälligen Kühe ohne den Einsatz eines Antibiotikums mittels eines internen
Zitzenversieglers zu behandeln.
3.1.2 Auswahl der an der Studie teilnehmenden Betriebe
Fünf der 15 vorausgewählten Betriebe erwiesen sich während des Beobachtungszeitraumes
bezüglich der Teilnahmekriterien als ungeeignet für die Aufnahme in die Studie. Die Entnahme von
Milchproben und die Erhebung von Daten wurden daher vorzeitig eingestellt. Ursachen für den
Ausschluss aus der Versuchsgruppe war zum einen eine zu geringe Zahl an trockenzustellenden
Kühen, zum anderen mangelnde Kooperationsbereitschaft.
Schließlich wurden 10 Betriebe in die Studie aufgenommen und mit den Buchstaben A – J
bezeichnet. Die Herdengrößen der an der Studie teilnehmenden Betriebe lagen zwischen 56 und 220
Milchkühen mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 7 300kg bis 9 800 kg Milch/Kuh und
Jahr (Laktationsleistung in 305 Tagen, Jahr 2004). Weitere Daten hinsichtlich Melkmanagement,
Aufstallung und Fütterung sind in der Tabelle 5 (siehe Anhang) zusammengestellt.
37
3.2
Studienaufbau
3.2.1 Vorselektion der Studientiere anhand der MLP-Daten
In der Zeit vom 01.04.2003 bis 30.09.2003 wurden in den 10 Betrieben alle zum Trockenstellen
anstehenden tragenden Kühe anhand ihrer Eutergesundheit vorselektiert.
Tabelle 6: Tabellarische Darstellung des Versuchsaufbaus
Zeitpunkt
Maßnahme
3 Tage vor Ts.
Information durch Landwirt, dass Kühe zum Trockenstellen anstehen
24 h vor Ts.
Klinische Untersuchung des Euters
Eigenhändige Entnahme von Viertelanfanggemelksproben
(Doppelproben) im Abstand von 24h zur
zytobakteriologischen Untersuchung
Tag des
Trockenstellens (Ts.)
- Kühe mit MLP 3-1 vor Ts.> 200.000 Zellen/ml
⇒ Cloxacillin
- Kühe mit MLP 3 -1 vor Ts.≤ 200.000 Zellen/ml
und CMT ≤ ++ und
maximale. Viertel-Differenz 1 CMT-Grad
⇒ interner Zitzenversiegler (ITS)
- Kühe mit MLP 3-1 ≤ 200.000 Zellen/ml und
CMT ≥ ++ oder
Viertel-Differenz >1 CMT-Grade
⇒ Cloxacillin
10-12. Tag p.p.
Entnahme von Viertelanfangsgemelksproben
(Doppelproben) zur zytobakteriologischen Untersuchung
20-22. Tag p.p.
Entnahme von Viertelanfangsgemelksproben
(Doppelproben) zur zytobakteriologischen Untersuchung
bis 100 Tage p.p.
bei Auftreten einer klinischen Mastitis
Entnahme von Viertelanfangsgemelksproben
zur zytobakteriologischen Untersuchung
38
In Tabelle 6 ist der Studienaufbau tabellarisch dargestellt. Hier sind alle Betriebsbesuche,
Beprobungszeitpunkte, Zahl der Beprobungen und der zytobakteriologischen Untersuchungen
aufgeführt.
Kühe ohne Störungen des Allgemeinbefindens mit einer Zellzahl im Gesamtgemelk von unter
200.000 Zellen/ml Milch, ermittelt in den letzten 3 Monaten vor dem Trockenstellen anhand der
MLP-Daten, wurden in die Feldstudie aufgenommen. Kühe mit klinischen Anzeichen einer Mastitis
wurden von dem Versuch ausgeschlossen.
3.2.2 Weitere Selektion der Studientiere anhand der Ergebnisse des CMT
Vor dem letztmaligen Melken erfolgte eine grobsinnliche Untersuchung der Milch, und der CMT
wurde durchgeführt.
Zur Beurteilung des Zellgehaltes der einzelnen Viertel wurden die ersten 3-4 Strahlen verworfen
und etwa 10 ml Milch des Viertelanfangsgemelkes in eine Testschale gemolken. Die ermolkene
Milch wurde mit der gleichen Menge eines handelsüblichen Testreagenzes (BOVI-VET CMT-Test,
Denmark) durchmischt. Nach 10-15 Sekunden wurde das Ergebnis beurteilt.
Die Bewertung des Zellgehaltes anhand der Testreaktion unterteilte sich in negativ (-), einfach (+),
zweifach (++) sowie dreifach (+++) positiv. Als Beurteilungsgrundlage dienten die von SCHALM
und NOORLANDER (1957) entworfenen Kriterien (s. Tabelle 7).
Der California-Mastitis-Test wurde bei allen Kühen eigenhändig durchgeführt, um eine objektive
Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erreichen.
39
Tabelle 7: Beurteilung des Zellgehaltes von Viertelanfanggemelksproben
(SCHALM, 1960)
Beurteilungssymbole
Sichtbare Reaktion
Negativ (-)
Probe verbleibt
flüssig
Zweifelhaft (+/ −)
leichte Konsistenzveränderung bzw.
Schlierenbildung
Schwach positiv (+)
verstärkte Schlierenbildung, noch keine
Tendenz zur Gelbildung
Deutlich positiv (+ +)
Mischung verdickt sich,
geringgradige Gelbildung
Stark positiv (+ + +)
Gelbildung, konvexe Oberfläche
der Mischung
In dieser Studie wurde nicht zwischen dem CMT-Befund “zweifelhaft“ und “schwach positiv“
unterschieden. Beide Befunde wurden zur Gruppe der schwach positiv (+) reagierenden Viertel
zusammengefasst.
Kühe, deren Zellgehalt mittels des CMT wie folgt bewertet wurden, wurden in die
Behandlungsgruppe ITS (Internal Teatsealant, alleiniger Einsatz des internen Zitzenversieglers
OrbeSeal®) aufgenommen:
⇒
auf allen Vierteln eine negative Reaktion
⇒
auf einem oder mehreren Viertel(n) eine bis zu einfach positive (+), auf dem/den
übrigen Viertel(n) eine negative Reaktion (-)
⇒
auf allen Vierteln eine einfach positive Reaktion (+)
⇒
auf einem oder mehreren Viertel(n) eine einfach positive (+), auf dem/den übrigen
Viertel(n) eine zweifach positive (+ +) Reaktion
⇒
auf allen Vierteln eine zweifach positive (+ +) Reaktion
40
Kühe mit ein- bis zweimaliger Überschreitung des Zellgrenzwertes von 200.000 Zellen/ml Milch in
den letzten drei
Milchkontrollen vor dem
Laktationsende und
ohne Störungen
des
Allgemeinbefindens bzw. der Eutergesundheit wurden unabhängig vom ermittelten CMT-Ergebnis
in die Behandlungsguppe Cloxacillin (Orbenin®Extra) aufgenommen und auf allen Vierteln unter
antibiotischem Schutz trockengestellt.
-
-
+++
++
+
Abbildung 2: Darstellung verschiedener CMT-Befunde und deren Interpretation
(Photo: KRÖMKER)
Kühe, die das Kriterium von weniger als 200.000 Zellen/ml Milch in den letzten drei Kontrollen der
Milchleistungsprüfung zwar erfüllt hatten, jedoch im CMT (Anfangsgemelk) auf einem oder
mehreren Viertel(n) dreifach positiv (+++) reagierten, wurden auf allen vier Vierteln antibiotisch
trockengestellt.
Sobald sich ein Euterviertel zu den übrigen um mehr als einen CMT- Grad unterschied, wurden
auch diese Tiere auf allen Vierteln mit dem Cloxacillin-Präparat trockengestellt.
Die Studientiere sollten abgesehen von der letztmaligen Beprobung am 20. bis 22. Tag p.p. darüber
hinaus noch bis zum 90. Laktationstag weiter verfolgt werden. Es wurde angestrebt, die Kühe beim
Auftreten von klinischen Mastitiden zu diesem Zeitpunkt zu beproben, um den Mastitiserreger zu
bestimmen.
Abbildung 3 zeigt eine schematische Darstellung der vorläufigen und endgültigen Selektion der
Studientiere und deren Einordnung in die jeweilige Behandlungsgruppe.
41
Vorläufige Selektion anhand der
MLP-Daten
(Bestandsbesuch am Ts.-Tag)
MLP 3-1 vor Ts.
≤ 200.000 Zellen/ml
Milch
MLP 3-1 vor Ts.
> 200.000 Zellen/ml
Milch
ITS-Gruppe
Cloxacillin-Gruppe
(vorläufige Zuordnung)
(endgültige Zuordnung)
CMT
(Ts.-Tag)
CMT ≤ ++ und
Vierteldifferenz
≤ 1 CMT-Grad
CMT
(Ts.-Tag)
CMT
(Ts.-Tag)
CMT-Befund
(hier kein
Selektionskriterium)
CMT ≥ ++ oder
Vierteldifferenz
> 1 CMT-Grad
ITS-Gruppe
Cloxacillin-Gruppe
(endgültige Zuordnung)
Kühe erhalten auf allen vier
Vierteln den internen
Zitzenversiegler
(endgültige Zuordnung)
Kühe erhalten auf allen
vier Vierteln den antibiotikahaltigen Trockensteller
OrbeSeal®
Orbenin® Extra
Abbildung 3: Schematische Darstellung der Kuh-Selektion
42
3.3
Klinische Untersuchung der Milchdrüse und der Zitzen
Der Trockenstellzeitpunkt der vorselektierten Kühe wurde anhand der Milchleistung und den
errechneten Abkalbedaten bestimmt. Die Betriebe wurden 24 Stunden vor dem Trockenstellen
aufgesucht, um zunächst klinische Befunde der Milchdrüse und der Zitzen durch Adspektion und
Palpation zu erheben.
Tabelle 8: Bewertung der Euterbefunde nach ROSENBERGER (1990)
Befundschlüssel
Palpationsbefund
0
Insgesamt feinkörnig und weich (ohne besonderen Befund)
1
Insgesamt grobkörnig aber weich
2
Allgemein grobkörnig, derb mit einzelnen Knoten
3
Allgemein grobknotig
4
Insgesamt diffus verhärtet
5
Akut geschwollen, vermehrt warm und schmerzhaft
6
Euterödem
7
Atrophie des Gewebes
8
Pralles Euterviertel
________________________________________________________________________________
Bewertet wurden die Befunde gemäß des Euterbefundschlüssels nach ROSENBERGER (1990),
wobei der Wert 0 dem physiologischen Zustand eines gesunden Euters entspricht (Tab. 8). Wurden
bei der Befunderhebung Anzeichen einer klinischen Eutererkrankung festgestellt, führte dies zum
Ausschluss der betroffenen Kühe aus der Studie.
Im Bereich der Zitzenkuppe wurde auf Hautveränderungen wie Hyperkeratosen und Zubildungen
wie Euter-/ Zitzenwarzen geachtet. Per Rollgriff wurde der Strichkanal palpiert und auf Stenosen
und Vernarbungen untersucht.
43
Die Befunde wurden nach dem Befundschlüssel nach ROSENBERGER (1990) bewertet (Tab. 9)
Tabelle 9: Bewertung der Zitzen- und Strichkanalbefunde
Befundschlüssel
3.4
Klinischer Befund
0
Ohne besonderen Befund
1
Leichte Hyperkeratose
2
Mittelgradige Hyperkeratose
3
Starke Hyperkeratose
Entnahme der Milchproben
Im Abstand von 24 Stunden wurden antiseptisch jeweils Doppelproben der Viertelanfangsgemelke
entnommen. Die zweite dieser Probenentnahmen fand unmittelbar zu Beginn des letzten Melkens
zum Trockenstellen statt. Nach der Geburt erstreckte sich die Doppelprobennahme auf die Zeit
zwischen dem 10. und 12. und zwischen dem 20. und 22. Laktationstag.
Jede Milchprobe wurde zytobakteriologisch in der Abteilung Veterinärmedizin des Landesbetriebes
des Hessischen Landeslabors, Standort Gießen nach IDF-Standard bzw. den DVG-Leitlinien (DVG
2002) zytologisch und bakteriologisch untersucht.
Die Entnahme der Milchproben erfolgte eigenhändig gemäß den Leitlinien zur „Entnahme von
Milchproben unter antiseptischen Bedingungen“ (DVG 2000). Es wurden sterile Milchröhrchen
(Greiner, Frickenhausen) mit Probenkonservierer (Borsäure, ca. 1ml) verwendet. Nachdem das
Euter vorgemolken und trocken gereinigt war, wurden die Zitzenkuppen mittels Zellstoff, der mit
70%igem Ethanol (Merck, Darmstadt) getränkt war, desinfiziert. Dabei wurde für jede Zitze ein
neuer Zellstofftupfer verwendet. Anschließend wurden erneut einige Milchstrahlen aus jeder Zitze
ermolken und verworfen. Die Probennahme erfolgte dann in die entsprechend der Viertel
vorgekennzeichneten Milchröhrchen.
Um eventuelle Kontaminationen der Proben durch herabfallende Tierhaare, Hautschuppen etc. zu
verhindern, wurden die Milchröhrchen erst unmittelbar vor der Probennahme geöffnet und während
der Probennahme nahezu waagerecht gehalten.
44
Die Milchproben wurden anschließend gekühlt zu o.g. Landesbetrieb Hessisches Landeslabor
transportiert.
3.5
Verwendete Arzneimittel, Behandlung der Studientiere
Am Tag des Trockenstellens unmittelbar nach dem letztmaligen Milchentzug wurden die
Zitzenkuppen mittels eines mit 70 %igem Ethanol (Merck, Darmstadt) getränkten Zellstoffs
desinfiziert.
In der einen Behandlungsgruppe wurde der interne Zitzenversiegler OrbeSeal® (Pfizer
Tiergesundheit GmbH, Karlsruhe) und in der anderen Gruppe der antibiotikahaltige Trockensteller
Orbenin®Extra (Pfizer Tiergesundheit GmbH, Karlsruhe) eingesetzt.
Der Euterinjektor mit dem internen Zitzenversiegler OrbeSeal® enthält eine Suspension (4g) aus
2,6g schwerem, basischem Bismutsubnitrat als arzneilich wirksamen Bestandteil. Sonstige
Bestandteile sind Aluminiumhydroxiddistearat, hochdisperses Siliziumoxid und dickflüssiges
Paraffin als Salbengrundlage.
Das Präparat Orbenin®Extra enthält 6g einer öligen Suspension mit dem wirksamen Bestandteil von
1,28g Cloxacillin-Benzathin, was einem Gehalt von 1000mg Cloxacillin entspricht.
Die Verabreichung der Arzneimittel in den jeweiligen Behandlungsgruppen erfolgte auf allen vier
Vierteln mit dem gleichen Präparat.
45
3.6
Zytobakteriologische Untersuchung der Milchproben
3.6.1 Kulturell-bakteriologische Untersuchung der Viertelgemelksproben
Die
Leitlinien
zur
„Isolierung
und
Identifizierung
von
Mastitiserregern“
(Deutsche
Veterinärmedizinische Gesellschaft 2000) bestimmten das Vorgehen bei der kulturellbakteriologischen Untersuchung der Milchproben. Diese Untersuchungen werden in o.g. Labor in
der Routinediagnostik angewandt.
Auf Columbia-Agar-Basis (Merck, Darmstadt) mit Zusatz von 10%igem Rinderblut (Fiebig,
Idstein/Taunus) und 0,1%igem Äskulin (Äskulin-Blutagar, Merck, Darmstadt) wurden die Proben
ausgestrichen.
Mit einem Glasstab wurde jeweils ein Tropfen einer Viertelgemelksprobe (ca. 10µl) auf einem
Viertel der Äskulin-Blutagar-Platte ausgestrichen. Die beimpften Platten wurden bei 37°C bebrütet
und nach 24 und 48 Stunden beurteilt.
Weißlich gefärbte, sehr kleine Kolonien mit rauer Oberfläche, deren Wachstum erst nach 48 h
deutlich erkennbar war, werden als Corynebacterium spp. eingestuft.
Waren große, weißgraue, glänzende und schleimige Kolonien zu sehen, so wurden diese auf
Gassner-Agar subkultiviert. Zeigte sich hier ebenfalls ein Wachstum vorgenannter Kolonien, so
wurden diese zur Gruppe der coliformen Keime gezählt. Aus der Gruppe der coliformen Keime, die
Oxidase-negativ sind, wurde E. coli
mittels Indolnachweis und Prüfung des Lactoseabbaus
differenziert. Die Rotfärbung von Kovács-Reagenz (Oxoid) auf einem beimpften SIM-Agar (Oxoid,
Hampshire, England) weist Indol nach. Der Lactoseabbau wurde auf dem Gassner-Agar
nachgewiesen, der sich im positiven Fall blaugrün verfärbte.
Kleine bis mittelgroße, weiße Kolonien, die typischen Hefegeruch verbreiteten und damit auf
selbige
hinwiesen,
wurden
auf
Sabouraud-Agar
(Oxoid,
Hampshire,
England)
als
Selektivnährboden ausgestrichen und für 24-48h bei 20°C inkubiert. Der anschließende
lichtmikroskopische Nachweis von großen, rundlich-ovalen Zellen und teilweise erkennbarer
Sprossung stellte die Diagnose von Hefezellen sicher.
Stecknadelkopfgroße Kolonien mit einem Durchmesser von 3-5 mm, von grau-weißlicher oder
gold-gelblicher Farbe, mit oder ohne α- oder β-Hämolyse und damit morphologisch hinweisend auf
Staphylokokkenwachstum, wurden zur Abgrenzung gegen Streptokokken auf Katalasebildung
untersucht. Hierzu wurde der von BLOBEL und SCHLIESSER (1994) entwickelte Objektträgertest
46
angewandt. Von der zu überprüfenden Probe wurden einige Kolonien mit einer sterilen Öse auf
einen Objektträger gestrichen und mit einer 3%igen H2O2-Lösung verrieben. Eine zu beobachtende
Blasenbildung wurde als Katalase-positive Reaktion interpretiert. Bildeten sich keinerlei Blasen,
konnten die Proben als Streptokokken eingestuft werden. Letztere wurden auf Äskulinabbau hin
überprüft. Je nach Ergebnis wurden diese als SCÄ (Äskulin-positive Streptokokken), bzw. als SCN
(Äskulin-negative-Streptokokken) angesprochen. Letztere wurden als S. dysgalactiae bezeichnet,
wenn eine α-Hämolyse zu beobachten war und sie serologisch der Lancefieldgruppe C
(Streptokokken-Identifizierungstest, Oxoid) zugeordnet werden konnten.
Die Katalase-positiven Isolate wurden auf Koagulase-Bildung (Bactident Coagulase, Merck,
Darmstadt) hin untersucht. Hierzu wurde in einem Röhrchen Kaninchenplasma mit NaCl-Lösung
im Verhältnis 1:5 verdünnt. Das Suspendieren einer Öse Bakterienmaterial erfolgte in 0,5 ml
Plasma. Anschließend fand die Bebrütung bei 37°C für 3 Stunden statt. Die Bewertung der
Plasmaagglutination richtete sich nach folgenden Reaktionsstufen: negativ, 1+ (feine, im Plasma
schwimmende Koagula), 2+ (mittlere, im Plasma schwimmende Koagula), 3+ (große, im Plasma
schwimmende Koagula) oder 4+ (vollständige Koagulation des Plasmas). Auch eine Koagulation
vom Typ 1+ galt als positiv.
S. aureus bildet glatte, cremefarbene bis goldgelbe Kolonien von 4-6 mm Durchmesser. Das αHämolysin von S. aureus lässt eine klare Zone vollständiger Hämolyse erkennen. Diese Zone wird
umgeben von einem deutlich abgegrenzten Gebiet mit unvollständiger Hämolyse, verursacht durch
das β-Hämolysin. Selten findet sich zusätzlich eine Zone mit δ-Hämolyse, die eine schmal
abgegrenzte, vollständige Hämolyse darstellt. Diejenigen Isolate, die einerseits durch das
Koloniewachstum und das spezifische Hämolyseverhalten Hinweis auf S. aureus gaben und sich
zudem Koagulase-positiv verhielten, wurden auf den Clumping-Factor hin untersucht. Beim
Verreiben von Koloniematerial mit Kaninchenplasma auf einem Objektträger kommt es zur
Verklumpung der Bakterien. Diese Reaktion gilt als taxonomisches Kriterium von S. aureus
(KLOOS und SCHLEIFER, 1986) und wird aus diesem Grund zur Identifizierung von S. aureus im
Routinelabor genutzt.
Um die Koagulase-negativen Staphylokken (KNS) auf Speziesebene zu identifizieren, wurden
deren biochemischen Reaktionen mit Hilfe des ID 32 Staph Testsystems (BioMérieux, Nürtingen)
untersucht und beurteilt. Das ID 32 Staph Testsystem kann 26 Staphylokokkenspezies, 6 Spezies
der Gattung Micrococcus, Aerococcus viridans und Stomatococcus mucilaginosus identifizieren. Es
ist hierzu mit 26 miniaturisierten enzymatischen Reaktionen ausgestattet. Folgende bakterielle
47
Reaktionen werden nachgewiesen: Urease, Aesculinhydrolyse, Nitratreduktion, Acetoinbildung,
alkalische Phosphatase, Argininarylamidase, Arginindihydrolase, ß-Galactosidase, ß-Glucuronidase,
Ornithindecarboxylase,
Pyrridonyl-Arylamidase,
Novobiocinresistenz
sowie
die
Säurebildung aus Arabinose, Cellobiose, Fructose, Glucose, Lactose, Maltose, Mannit, Mannose,
Raffinose, Ribose, Saccharose, Trehalose, Turanose und N-Acetyl-Glucosamin.
Der zu untersuchenden Kultur wurden einige Kolonien mit einer sterilen Öse entnommen und
einem McFarland Standard von 0,5 ml entsprechend mit 3 ml Aqua dest. suspendiert. Mit je 55 µl
der Bakteriensuspension wurden die Vertiefungen der Teststreifen beimpft; zusätzlich wurden laut
Anweisung des Herstellers die Reaktionen Urease, Arginindihydrolase und Ornithindecarboxylase
mit je 2 Tropfen Paraffinöl überschichtet.
Die Teststreifen wurden nach einer 24-stündigen Inkubationszeit von 37°C ausgewertet. Vor der
endgültigen Auswertung der Farbreaktionen mussten zur Beurteilung der Nitratreaktion die
Reagenzien NIT 1 und NIT 2, zum Nachweis der Acetoinbildung die Reagenzien VP A und VP B,
den Reaktionen der ß-Galactosidase, Argininarylamidase, alkalische Phosphatase und PyrrolidonylArylamidase-Reaktion mussten FB-Reagenz zugegeben und 10 Minuten lang bei Raumtemperatur
inkubiert werden.
Die Bewertung der Ergebnisse ergab einen Code für ein numerisches Profil. Dieser Code in Form
von neunstelligen Zahlen wurde durch Addition der entsprechend angegebenen Werte aus dem
Ergebnisblatt erstellt. Der ermittelte Code wurde in das Computerprogramm „APILAB“
(BioMérieux) eingegeben, woraufhin das Programm dann eine Speziesdifferenzierung durchführte.
Für eventuelle spätere weiterführende Untersuchungen wurden die KNS-Isolate in Rinderserum,
welches 5% Glucose enthielt, suspendiert, in Eppendorf-Gefäße (Eppendorf-AG, Hamburg) gefüllt
und bei –20°C tiefgefroren.
Zur Wiederanzüchtung der KNS-Isolate wurde Columbia-Schafblut-Agar mittels Ösenausstrich
beimpft, entsprechend mit Tier- und Isolatnummer gekennzeichnet und 24 Stunden lang bei 37°C
unter aeroben Bedingungen bebrütet. Zur anschließenden weiteren Konservierung wurden die so
gezüchteten Bakterienkulturen bei 4° Grad aufbewahrt und alle 4-6 Wochen subkultiviert.
48
3.6.2 Fluoreszenzoptische Ermittlung der Zellzahl (ZZ)
Unmittelbar nach Ankunft der Proben im Labor wurden diese gemäß den Leitlinien zur „Isolierung
und Identifizierung von Mastitiserregern“ (Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft 2000)
zytobakteriologisch untersucht.
Mittels Fossomatic® 360 (Foss Electric A/S, Dänemark) wurde die Zellzahl bestimmt. Zur
Vorbereitung dafür wurden die Proben zunächst im Wasserbad auf 16°-18°C erwärmt und
anschließend mehrfach durchmischt, um eine Verteilung der Milchzellen in der gesamte Probe zu
erreichen. Nach Einsetzen in das Zellzahlgerät wurde maschinell eine Milchmenge von 2ml
entnommen. Mittels Ethidiumbromid (Sigma, Steinheim) wird die DNA der Zellkerne gefärbt und
dann photometrisch gemessen.
49
3.7
Bewertung bakteriologischer und zytologischer Befunde;
Diagnosenstellung
3.7.1 Bakteriologische Befunde
Die Ergebnisse der vier bakteriologischen Untersuchungen der 2 Doppelproben vor dem
Trockenstellen (Ts.) und nach der Geburt (p.p.) wurden wie folgt zu einem Befund
zusammengefasst:
1. Bei identischen Erregernachweisen aus allen vier Proben entsprach der Befund den
Einzelergebnissen.
2. Bei dreimaligem Nachweis desselben Erregers wurde dieser Erreger als bakteriologischer
Befund angenommen.
3. Der Nachweis eines Erregers an zwei verschiedenen Beprobungstagen (24 h vor Ts. und
unmittelbar vor Ts.) wurde als bakteriologischer Befund gewertet.
4. Der
mehrmalige
Nachweis
zweier
verschiedener
Keime
zu
den
genannten
Beprobungszeitpunkten galt als Mischinfektion.
5. Wurde nur an einem Beprobungstag derselbe Erreger zweimal nachgewiesen (d.h.
zweimalig/Doppelprobe) und konnte dieser Befund nicht am darauf folgenden
Beprobungstag bestätigt werden, wurde dieser Befund nicht gewertet und als Kontamination
angesehen.
6. Der einmalige Nachweis eines Erregers aus den vier Milchproben vor dem Trockenstellen
bzw. nach der Geburt wurde ebenfalls als Kontaminante gewertet.
7. Wurden zu den verschiedenen Beprobungszeiten drei oder mehr Erreger festgestellt, wurde
dies als bakteriell verunreinigt beurteilt.
3.7.2 Zytologische Befunde
Aus dem von jeder Probe ermittelten Zellgehalt der Viertelanfangsgemelke sowohl vor dem
Trockenstellen als auch p.p. wurde der geometrische Mittelwert gebildet, so dass zwei Zellgehalte
zur Bewertung vorlagen.
50
3.7.3 Diagnosestellung
Unabhängig von den Beprobungszeitpunkten – vor dem Trockenstellen oder p.p. – wurden die
Ergebnisse der klinischen, der bakteriologischen und der zytologischen Untersuchung zu folgenden
Befunden zusammengefasst:
●
klinisch-katarrhalische Mastitis (während der Trockenstehperiode oder p.p.):
▪
Allgemeinbefinden ungestört, Euter- und/oder Milchbefund klinisch verändert
▪
Bakteriologische Untersuchung (BU) positiv
▪
Zellzahl (ZZ) >100.000 Zellen/ml Milch
●
subklinische Mastitis:
▪
BU vor Ts. wiederholt mit demselben Erreger positiv
▪
ZZ vor Ts. wiederholt >100.000 Zellen/ml Milch
●
unspezifische Mastitis:
▪
BU vor Ts. wiederholt negativ
▪
ZZ vor Ts. wiederholt >100.000 Zellen/ml Milch
●
latente Infektion:
▪
BU vor Ts. wiederholt mit demselben Erreger positiv
▪
ZZ vor Ts. wiederholt ≤100.000 Zellen/ml Milch
●
gesunde Viertel:
▪
BU vor Ts. wiederholt negativ
▪
ZZ vor Ts. wiederholt ≤100.000 Zellen/ml Milch
●
persistierende Infektion/Neuinfektion/Heilung
▪
persistierende subklinische Mastitis:
▫
derselbe Erreger, welcher vor Ts. und bei erhöhter ZZ wiederholt
nachgewiesen
wurde,
wird
51
p.p.
mit
erhöhter
ZZ
wiederholt
nachgewiesen
▪
persistierende latente Infektion:
▫
derselbe Erreger, welcher vor Ts. und physiologischer ZZ wiederholt
nachgewiesen wurde, wird p.p. mit physiologischer ZZ wiederholt
nachgewiesen
▪
persistierende unspezifische Mastitis:
▫
ZZ wiederholt vor Ts. und p.p. erhöht (>100.000 Zellen/ml Milch), BU
immer negativ
▪
Neuinfektion:
▫
vor Ts. subklinische Mastitis oder latente Infektion, p.p. klinische oder
subklinische Mastitis oder latente Infektion, jedoch p.p. wiederholt mit
anderem Erreger als vor Ts., oder
▫
vor Ts. unspezifische Mastitis, p.p. Viertel eutergesund, p.p. klinische
oder
▫
subklinische Mastitis oder latente Infektion oder
vor Ts. eutergesund, p.p. klinische oder subklinische Mastitis oder
latente Infektion
▪
Viertel eutergesund geblieben (= Verhinderung einer Neuinfektion)
▫
vor Ts. eutergesund, p.p. dito (BU wiederholt negativ, ZZ wiederholt
<100 000 Zellen/ml Milch)
▪
bakteriologische Heilung
▫
vor Ts. subklinische Mastitis oder latente Infektion, p.p. unspezifische
Mastitis
▪
zytobakteriologische/zytologische Heilung
▫
vor Ts. subklinische oder unspezifische Mastitis oder latente Infektion, p.p.
eutergesund (BU wiederholt negativ, ZZ wiederholt <100.000 Zellen/ml)
52
3.8
Statistische Auswertung
Die erhobenen Daten beider Behandlungsgruppen wurden im lokalen Rechnernetzwerk der
Arbeitsgruppe Biomathematik und Datenverarbeitung des Fachbereichs Veterinärmedizin der
Justus-Liebig-Universität Gießen statistisch ausgewertet.
Zu den Beprobungszeitpunkten vor dem Trockenstellen wurden alle Befunde der 110 Kühe (440
Viertel) der Behandlungsgruppe ITS und 53 Kühe (212 Viertel) der Behandlungsgruppe Cloxacillin
in der statistischen Auswertung berücksichtigt.
Im Vergleich der erhobenen Daten vor dem Trockenstellen und nach der Geburt wurden in der ITSGruppe nur die Ergebnisse von 108 Kühen ausgewertet, da zwei Tiere p.p. in Betrieb A nicht
beprobt wurden.
Die statistischen Auswertungen wurden unter Verwendung des Statistikprogrammpakets
BMDP/Dynamic, Release 7.0, (DIXON 1993) durchgeführt.
Bei der Bewertung der statistischen Signifikanzen wurde das Signifikanzniveau α = 0,05 zugrunde
gelegt, d.h. Ergebnisse mit p < 0,05 wurden als statistisch signifikant angesehen.
Die statistischen Zusammenhänge zwischen relativer Infektionshäufigeit (Prävalenz) zu den
Beprobungszeitpunkten, der Neuinfektionsrate innerhalb der Trockenstehperiode bis zu den
Beprobungszeitpunkten
p.p.
(Inzidenz)
und
den
nach
Zellzahlklassen
Viertelgemelkszellzahlen wurden mit dem Fisher-Test / Chi²-Test überprüft.
53
aufgeführten
4
Ergebnisse
4.1
Studientiere, Studienbetriebe
Aus den 10 ausgewählten Betrieben konnten alle ermittelten Befunde bis zur 2. Beprobung nach der
Geburt (20.-22. Tag p.p.) statistisch ausgewertet werden. Da die Betriebe in dem angestrebten
Beobachtungszeitraum bis zum 100. Tag p.p. zwecks Milchprobentnahme bei auftretenden
Mastitiden nicht eigenhändig aufgesucht werden konnten, erfolgte die Beobachtung der Kühe und
die Probennahme durch das Betriebspersonal. Je nach Organisationsgrad der Betriebe wurden
während dieses Zeitraumes Mastitiden z.T. nicht ausreichend dokumentiert und Milchproben nicht
mit der erforderlichen Sorgfalt entnommen, so dass die erhobenen Daten für diesen Zeitraum nicht
statistisch auswertbar waren.
Alle in dem Zeitraum von 01.04.2003 bis 30.09.2003 trockenzustellenden Kühe wurden in diese
Studie aufgenommen und sowohl vor dem Trockenstellen als auch nach der Geburt jeweils
zweimalig mittels Doppelprobe zur gleichen Melkzeit beprobt. Insgesamt wurden 163 Kühe in die
Studie aufgenommen, 110 Tieren wurde der Zitzenversiegler OrbeSeal® (Pfizer Animal Health) und
53 Tiere das Präparat Orbenin®Extra (Pfizer Animal Health) in alle 4 Viertel intrazisternal nach
dem letztmaligen Melken appliziert.
Der Betrieb A, der mit 46 Kühen die meisten Tiere der Studie stellte, verzeichnete infolge einer
Verkalbung und eines Falles mit rechtseitiger Labmagenverlagerung zwei Abgänge, so dass zu den
Beprobungszeitpunkten p.p. nur noch von 644 Vierteln Befunde erhoben werden konnten.
Die Trockenstelldauer lag bei 45-55 Tagen und variierte in nur einem Betrieb aufgrund des
Einsatzes eines Deckbullen zwischen 15 und 85 Tagen.
Die Milchmenge des Tagesgemelks am Tag des Trockenstellens betrug im Mittel 14,5 kg. Bei dem
Betrieb E wurden die höchsten durchschnittlichen Milchleistung (18 kg/Tag) zum Trockenstellen
beobachtet.
Neben den im Folgenden aufgeführten Untersuchungen wurden von allen an der Studie
teilnehmenden Kühen Euter- und Strichkanalbefunde ermittelt und nach dem Schlüssel nach
ROSENBERGER (1990) bewertet.
Die Palpation des Drüsengewebes diente dazu, erste klinische Anzeichen einer Euterinfektion zu
erkennen und im Nachgang des durchgeführten California-Mastitis-Testes (CMT) die
entsprechenden Tiere aus dem Versuch auszuschließen und antibiotisch zu behandeln.
54
In der Tabelle 10 sind die Strichkanalbefunde beider Behandlungsgruppen zusammengestellt.
Der Grad der Hyperkeratose hatte keinen Einfluss auf die Art des Trockenstellens.
Tabelle 10:
Strichkanalbefunde zum Zeitpunkt vor dem Trockenstellen
Gruppe ITS und Cloxacillin
Befund
Euterviertel
ITS-Gruppe
Euterviertel
Cloxacillin-Gruppe
n
%
n
%
o. b. B.
330
75,0
123
58,0
leichte Hyperkeratose
49
11,1
18
8,5
mittelgradige Hyperkeratose
36
8,2
46
21,7
hochgradige Hyperkeratose
25
5,7
25
11,8
Total
440
100
212
100
4.2
Auswertung der Daten der Milchleistungsprüfungen (MLP)
Zur ersten Vorselektion der Kühe wurden die Daten der Milchleistungsprüfungen der letzten drei
Monate vor dem Trockenstelldatum herangezogen. Zielvorgabe war es, Kühe mit einer
Gesamtgemelkszellzahl von unter 200.000 Zellen/ml Milch in Abhängigkeit vom CMT-Ergebnis
der ITS-Gruppe zuzuteilen.
Kühe mit einer Gesamtgemelkszellzahl von über 200.000 Zellen/ml Milch in den letzten drei
Kontrollen
wurden
unabhängig
von
dem
CMT-Ergebnis
unter
antibiotischem
Schutz
trockengestellt.
97 Kühe lagen unterhalb des Zellzahlgrenzwertes von 200.000 Zellen/ml Milch und 66 Kühe
oberhalb des Grenzwertes. 20 der 66 Kühe überschritten den Zellzahlgrenzwert von 200.000
Zellen/ml Milch in der ersten Kontrolle (3 Monate vor dem Trockenstellen) nur geringfügig
(maximal 2.000 Zellen/ml Milch), so dass diese Tiere abweichend von der Vorgabe über diese
55
Vorselektion zunächst der ITS-Gruppe zugeordnet wurden.
7 Tiere der Kuhgruppe mit Zellgehalten unterhalb der Zellzahlgrenze von 200.000 Zellen/ml Milch
wurden später aufgrund der Bewertung über den CMT der Cloxacillin-Gruppe zugeordnet.
Tabelle 11 zeigt die Vorselektion anhand dieses Zellzahlgrenzwertes und die spätere endgültige
Eingruppierung anhand des CMT-Ergebnisses.
Tabelle 11: Darstellung der MLP-Daten auf Kuh-Ebene
Gruppe ITS und Cloxacillin (n = 163)
Behandlungsgruppen
MLP 1-3 ≤200.000
MLP 1-3 >200.000
ITS-Gruppe
90
20¹
Cloxacillin-Gruppe
7
46
97
66
Total (n = 163)
¹Abweichungen von der Zielvorgabe; Kühe mit Grenzwertüberschreitung in der 1. MLP-Kontrolle 3 Monate vor dem
Trockenstellen (Ts.)
Die Gegenüberstellung der bakteriologischen Befunde zum Zeitpunkt vor dem Trockenstellen
(Milchprobe 1-4) und den über die Milchleistungsprüfung ermittelten Gesamtgemelkszellzahlen ist
in Tabelle 12 aufgeführt. Bei 64,4% der Viertel der über die MLP-Daten als unauffällig (≤ 200.000
Zellen/ml Milch) eingestuften Kühe konnten keine Erreger in der bakteriologischen Untersuchung
vor dem Trockenstellen nachgewiesen werden.
Aus 40,5% der Viertel von Kühen, die in der MLP über den Zellgrenzwert von über 200.000
Zellen/ml Milch lagen, waren ebenfalls ohne bakteriologisch positiven Befund. Entsprechend waren
157 Viertel (59,5%) dieser Kuhgruppe bakteriologisch positiv.
56
Tabelle 12: Darstellung der bakteriologischen Befunde auf Viertelebene der anhand der MLPDaten (≤/> 200.000 Z/ml Milch) vorselektierten Kuhgruppen
Gruppe ITS und Cloxacillin(n = 652)
Bakteriologischer
Befund vor Ts.
MLP 3-1 ≤ 200.000¹
n
%
MLP 3-1 > 200.000
n
%
Negativ
250
64,4
107
40,5
Positiv
138
35,6
157
59,5
Total (n = 652)
388
100
264
100
¹Zellgehalte (Zellen/ml Milch) der Gesamtgemelke, ermittelt in der MLP 3,2 bzw 1 Monat vor dem Trockenstellen
4.3
Selektion der Kühe unmittelbar vor dem Trockenstellen mittels CMT
Bei jeder Kuh, die zum Trockenstellen anstand und die nicht aufgrund einer Zitzenverletzung oder
Anzeichen einer klinischen Mastitis ausselektiert werden musste, wurde der CMT vor dem
letztmaligen Milchentzug durchgeführt. Von den 652 untersuchten Eutervierteln beider
Behandlungsgruppen waren 313 (48,0%) ohne auffälligen Befund. 214 Viertel (32,8%) zeigten
leichte Konsistenzveränderungen bzw. Schlierenbildung (CMT +). Bei 85 Vierteln (13,0%) wurde
eine deutlich positive Reaktion (CMT ++) und bei 40 Vierteln (6,1%) eine stark positive Reaktion
(CMT +++) des Testreagenz mit deutlicher Gelbildung beobachtet (s. Tabelle 14).
4.3.1 Vergleich CMT-Ergebnis und zytologischer Befund vor dem Trockenstellen
Auf Kuh-Ebene betrachtet wurden von 20 Kühen (s. Tabelle 13) mit einem CMT-Ergebnis von
kleiner/gleich zweifach positiv (CMT ≤ ++) bzw. einer Vierteldifferenz von weniger als zwei CMTGraden
16
Tiere
(30,2%)
aufgrund
der
in
der
Milchleistungsprüfung
ermittelten
Gesamtgemelkszellzahlen (MLP 1-3 > 200.000 Zellen/ml Milch) der Cloxacillin-Gruppe
zugeordnet. 4 Kühe (7,5%) dieser Gruppe wurden anhand der CMT-Vorgaben und MLP-Daten als
gesund beurteilt, jedoch aufgrund ihrer Mastitishistorie (≥ 1 Mastitis in den letzten 3 Monaten vor
Ts.) ebenfalls dieser Behandlungsgruppe zugewiesen.
57
Bei 7 Tieren (13,2%) wurde die vorläufige Eingruppierung trotz Unterschreitung des MLPZellzahlgrenzwertes von 200.000 Zellen/ml Milch geändert, da sie das CMT-Kriterium der ITSGruppe (CMT ≤ ++ und maximale Vierteldifferenz von 1 CMT-Grad) nicht erfüllten.
Tabelle 13 stellt die CMT-Befunde beider Behandlungsgruppen auf Kuh-Ebene dar.
Tabelle 13: Darstellung der CMT-Befunde auf Kuhebene
Gruppe ITS und Cloxacillin (n = 163)
CMT-Befunde
Anzahl der Kühe
Gruppe ITS
Anzahl der Kühe
Gruppe Cloxacillin
n
%
n
%
Alle Viertel o.b.B
42
38,1
0
0
Viertelbefunde
o.b.B / +
32
29,1
5
9,4
Alle Viertel
+
22
20,0
3
5,7
Viertelbefunde
+ / ++
5
4,5
5
9,4
Alle Viertel
++
5
4,5
7
13,2
Viertelbefunde
o.b.B / ++ bzw.
+ / +++
3
2,7
27
50,9
Viertelbefund
o.b.B / +++
0
0
0
0
Viertelbefund
++ / +++
1
1,9
4
7,5
Alle Viertel
+++
0
0
2
3,8
110
100
53
100
Total
58
4 Tiere wurden entgegen der Zielvorgabe versehentlich mit dem Zitzenversiegler behandelt. 30,2%
der antibiotisch trockengestellten Tiere wurden aufgrund der MLP-Daten, 7,5% aufgrund der
Mastitishistorie und 62,2% aufgrund der MLP-Daten und des CMT-Ergebnisses dieser
Behandlungsgruppe zugeordnet.
30 Kühe (18,4%) beider Behandlungsgruppen zeigten auf Kuh-Ebene einen Unterschied von 2
CMT-Graden im Viertelvergleich. Hier betrug der Viertelunterschied auf die Zellzahl bezogen
zwischen dem höchsten und niedrigsten CMT-Ergebnis bei 8 Kühen bis 250, bei 14 Kühen
zwischen 251 – 750 und bei 7 Kühen über 751 x 10³ Zellen/ml Milch.
In Tabelle 14 sind die CMT-Ergebnisse aller Euterviertel den durch die zytologische Untersuchung
festgestellten Viertelgemelkszellgehalten gegenübergestellt. Die erhobenen Daten wurden in 6
Zellgehaltsklassen zusammengefasst.
Tabelle 14: Gegenüberstellung der ermittelten CMT-Grade und der festgestellten
Viertelgemelkszellzahlen; dargestellt auf Viertelebene
Gruppe ITS und Cloxacillin (n = 652)
CMT-
Viertel
Zellzahlklassen¹
Grade
insges.
0-100
1
–
313
+
101-250
2
251-500
3
501-750
4
751-1000
5
> 1000
6
288
23
2
0
0
0
214
34
128
45
6
1
0
++
85
0
7
42
21
8
7
+++
40
0
0
1
3
8
28
Total
652
322
158
90
30
17
35
¹in x 10³ Zellen/ml Milch
Viertel mit einem Zellgehalt von über 100.000 Zellen/ml Milch wiesen im CMT zu 92,4 % ein
mindestens einfach positives Ergebnis (CMT-Befund ≥ +) auf.
59
4.3.2 Vergleich CMT – Ergebnis und bakteriologischer Befund vor dem Trockenstellen
In Tabelle 15 sind die CMT-Ergebnisse auf Viertelebene nach positivem bzw. negativem
Erregernachweis in der bakteriologischen Untersuchung der Viertelgemelksproben vor dem
Trockenstellen aufgeführt.
Tabelle 15: Verteilung der CMT-Ergebnisse nach positivem und negativem Erregernachweis zum
Zeitpunkt vor Ts.
Gruppe ITS und Cloxacillin (n = 652)
Erregernachweis
CMT (-)
CMT (+)
CMT (++)
CMT (+++)
n
%
n
%
n
%
n
%
n
Negativ
206
58
104
29
37
10
10
3
357
100
Positiv
107
36
110
37
48
16
30
10
295
100
60
Total
%
Tabelle 16 stellt die CMT-Befunde bakteriologisch positiver Viertel dar, aufgegliedert entsprechend
der nachgewiesenen Erreger.
Tabelle 16: Darstellung der CMT-Ergebnisse in Abhängigkeit von der Keimart
Gruppe ITS und Cloxacillin (n = 652)
Erreger
CMT (-)
CMT (+)
CMT (++)
CMT (+++)
Total
Corynebacterium spp.
81
81
35
13
210
KNS
22
25
10
9
66
Äskulin-positive S.
2
3
2
4
11
S. aureus
0
0
1
0
1
S. dysgalactiae
0
0
0
4
4
Coliforme Keime
0
0
0
0
0
Andere¹
2
1
0
0
3
107
110
48
30
295
Total
¹Proteus spp., Bacillus spp., Pseudomonas spp.
61
4.4
Ergebnisse der zytobakteriologischen Untersuchung der Behandlungsgruppe
ITS
4.4.1 Bakteriologische Befunde auf Kuh-Ebene (vor Ts. und p.p.)
In den Tabellen 17 und 18 sind die Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchungen auf KuhEbene nach der Zahl der infizierten Viertel für den Zeitpunkt vor dem Trockenstellen und nach der
Geburt gegliedert aufgelistet.
Vor dem Trockenstellen wurden Corynebacterium spp. bei 44 von 62 Kühen nachgewiesen, davon
waren 15 Tiere nur auf einem Viertel positiv. Die Zahl der Kühe, die entweder auf zwei, drei oder
vier Vierteln diesen Erreger ausschieden, unterscheidet sich nicht signifikant.
Äskulin-positive Streptokokken (hier S. uberis) wurden bei 3 Kühen nur auf einem Viertel
nachgewiesen.
Tabelle 17: Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung auf Kuh-Ebene zum Zeitpunkt des
Trockenstellens (24h vor Ts bzw. unmittelbar vor Ts.);
Gruppe ITS (n = 110)
Erreger
Kühe mit einem oder mehreren
infizierten Vierteln; Reinkulturen
Gesamtzahl infizierter
Kühe
1V.
2V.
3V.
4V.
C. spp.
15a
9b
10
10
44
KNS
9a
1b
3
0
13
Äskulin-positive S.
3
0
0
0
3
S. aureus
0
0
0
0
0
S. dysgalactiae
0
0
0
0
0
Coliforme Keime
0
0
0
0
0
Andere¹
0
2
0
0
2
Total
29
10
13
10
62
¹ einmaliger Nachweis Proteus spp., Bacillus spp.
a,b
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
62
Neben den in Tabelle 17 aufgeführten 62 Kühen mit bakteriologisch positiven Viertelbefunden in
Reinkultur wurden bei 12 Kühen dieser Behandlungsgruppe auf einem oder mehreren Vierteln
Mischinfektionen festgestellt. Alle 12 Kühe schieden sowohl die C. spp. als auch die KNS
unterschiedlich gehäuft aus. Zum einen konnten diese Erreger auf denselben Vierteln isoliert
werden (wahre Mischinfektion), zum anderen wurden diese minor-pathogenen Erreger auf
verschiedenen Vierteln einer Kuh nachgewiesen.
Post partum (s. Tabelle 18) wurden C. spp. und KNS vermehrt nur aus einem bzw. zwei Viertel(n)
isoliert (p < 0,05). Jeweils ein Viertel war bei 4 Kühen mit major-pathogenen Bakterien infiziert.
Tabelle 18: Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung auf Kuh-Ebene zum Zeitpunkt nach
der Geburt (10. – 12. bzw. 20. – 22. Tag p.p.);
Gruppe ITS (n = 108)¹
Erreger
Kühe mit einem oder mehreren
infizierten Vierteln; Reinkultur
1V.
2V.
3V.
4V.
Gesamtzahl infizierter
Kühe
C. spp.
17a
11b
2c
3
33
KNS
11a
4b
0c
0
15
Äskulin-positive S.
1
0
0
0
1
S. aureus
1
0
0
0
1
S. dysgalactiae
1
0
0
0
1
Coliforme Keime
1
0
0
0
1
Andere
0
0
0
0
0
Total
32
15
2
3
52
¹ Zwei Kühe p.p. nicht beprobt
a,b,c
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
63
8 Kühe schieden nach der Abkalbung verschiedene Mastitiserreger aus. Bei 5 dieser Tiere gelang
der Nachweis von KNS und C. spp. auf verschiedenen Vierteln, bei zweien aus einem Euterviertel.
Eine Kuh schied auf einem Viertel sowohl S. uberis als auch C. spp. aus.
4.4.2 Bakteriologische Befunde auf Viertel-Ebene
4.4.2.1 Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung (vor Ts. und p.p.)
In Tabelle 19 sind die bakteriologischen Verhältnisse zum Zeitpunkt vor dem Trockenstellen denen
bis zum 20.-22. Tag nach der Geburt gegenübergestellt. In dieser Auswertung wurden insgesamt
432 der 440 untersuchten Kühe der ITS-Gruppe berücksichtigt, da zwei Kühe den Betrieb A vor der
Beprobung p.p. verlassen haben.
Tabelle 19: Darstellung der Ergebnisse auf Viertel-Ebene der bakteriologischen Untersuchung zu
den Beprobungszeitpunkten vor Ts. und p.p.
Gruppe ITS (n = 432)¹
Bakteriologischer
Befund
vor Ts.
p.p.
n
%
n
C. spp.
130a
76,9
71b
67,6
KNS
34c
20,1
26c
24,8
Äskulin-positive S.
3
1,8
4
3,8
S. aureus
0
0
1
0,9
S. dysgalactiae
0
0
2
1,9
Coliforme Keime
0
0
1
0,9
Andere²
2
1,2
0
0
169
100
105
100
Total
%
¹Zwei Kühe wurden p.p. nicht beprobt; Berücksichtigung von 432Vierteln in dieser Auswertung (Ts. vs. p.p.),
a,b,c
²Proteus spp., Bacillus spp.,
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile/Spalte unterscheiden sich signifikant
(p < 0,05)
64
Aus 97% der infizierten 169 Viertel wurden vor dem Trockenstellen die schwach pathogenen
Mastitiserreger C. spp. und KNS nachgewiesen. Bei 5 Vierteln wurden major-pathogene Bakterien
isoliert, von denen 3 der Gruppe der Äskulin-positiven Streptokokken zugewiesen werden konnten
(hier S. uberis (2x), Enterokokken (1x)). Nach der Geburt lag die Erregerprävalenz bei 24,3% (vgl.
39,1% vor Ts.), wobei zu diesem Zeitpunkt wiederum signifikant (p < 0,05) mehr minor-pathogene
Erreger (92,4%) isoliert wurden. Während der Anteil der Erreger mit höherer Pathogenität auf 7,6%
anstieg (vgl. 3% vor Ts.), halbierte sich beinahe die Zahl der C. spp.- infizierten Viertel.
4.4.2.2 Entwicklung des BU-Status der vor dem Trockenstellen infizierten Viertel
In Tabelle 20 ist die Entwicklung der bakteriologischen Befunde über die Trockenstehperiode bis
zur Beprobung p.p. dargestellt.
Tabelle 20:
Entwicklung des bakteriologischen Status der Euterviertel zum Beprobungszeitpunkt
vor Ts. und zum Beprobungszeitpunkt p.p.; Gruppe ITS (n = 432)
Bakteriologischer
Befund
BU-Status vor Ts.
=>
BU-Status p.p.
vor Ts.
Heilung
130
94
36
35
34
31
3
23
Äskulin-positive S.
3
2
1
3
S. aureus
0
0
0
1
S. dysgalactiae
0
0
0
2
Coliforme Keime
0
0
0
1
Andere²
2
2
0
0
129
40
65
C. spp.
KNS
Total
169
persistierende Infektionen¹
Neuinfektionen
¹Da während der Trockenstehzeit keine Milchproben entnommen wurden, werden auch NIMI auf demselben Viertel mit
demselben Erreger nach erfolgter Ausheilung während dieser Zeit als persistierende IMI gewertet.
²Nachweis Proteus spp., Pseudomonas spp.
65
76,3% der vor dem Trockenstellen infizierten Viertel heilten über die Laktationsruhe aus, bei 23,7%
dieser Viertel persistierten die Infektionen bis zum zweiten Beprobungszeitpunkt p.p.. Bei 65
(15,0%) der untersuchten 432 Viertel kam es zu Neuinfektionen im Verlauf der Trockenstehzeit bis
zur Beprobung p.p..
4.4.2.3 Viertelprävalenz und Viertelgemelkszellzahlen vor dem Trockenstellen
Die Ergebnisse der bakteriologischen und zytologischen Untersuchungen der vor dem
Trockenstellen entnommenen Milchproben infizierter Viertel sind in Tabelle 21 aufgeführt.
Die Zahl der mit den verschiedenen Erregern infizierten Viertel ist entsprechend der ermittelten
Viertelgemelkszellgehalten den Zellzahlklassen 1-6 zugeordnet.
Tabelle 21: Zellgehalte infizierter Viertel zum Zeitpunkt des Trockenstellens (24h vor Ts. bzw.
unmittelbar vor Ts.); Gruppe ITS (n = 440)
Erreger
Viertelprävalenz aufgelistet nach Zellzahlklassen¹
0-100
1
101-250
2
251-500
3
501-750
4
751-1000
5
>1000
6
Total
C. spp.
56a
49
12b
10
2
1
130
KNS
12a
16
5b
1
0
0
34
Äskulin-positive S.
0
1
1
1
0
0
3
S. aureus
0
0
0
0
0
0
0
S. dysgalactiae
0
0
0
0
0
0
0
Coliforme Keime
0
0
0
0
0
0
0
Andere²
1
1
0
0
0
0
2
69
67
18
12
2
1
169
Total
¹in x 10³ Zellen/ml Milch ; ²Nachweis Proteus spp., Bazillus spp.,
unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
66
a,b
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile
80,5% der vor dem Trockenstellen infizierten Viertel der ITS-Gruppe wiesen einen Zellgehalt von
unter 250.000 Zellen/ml Milch auf. Bei 97,0% dieser Viertel konnten die Mastitiserreger C. spp.
und KNS nachgewiesen werden.
4.4.2.4 Viertelprävalenz und Viertelgemelkszellzahlen p.p.
Tabelle 22 stellt die Auswertung der nach der Geburt ermittelten zytobakteriologischen Befunde
dar. Auch hier sind die bakteriologischen Befunde entsprechend der ermittelten Zellgehalte nach
den Zellzahlklassen 1 – 6 aufgeführt.
Tabelle 22: Zellgehalte infizierter Viertel zum Zeitpunkt nach der Geburt
(10. – 12. bzw. 20. – 22. Tag p.p.);
Gruppe ITS (n = 432)
Erreger
Bakteriologische Befunde aufgelistet nach Zellzahlklassen¹
0-100
1
101-250
2
251-500
3
501-750
4
751-1000
5
C. spp.
50a
18
3b
0
0
0
71
KNS
16a
4b
5
0
0
1
26
Äskulin-positive S.
0
1
1
1
1
0
4
S. aureus
0
1
0
0
0
0
1
S. dysgalactiae
0
0
1
0
0
1
2
Coliforme Keime
0
0
0
0
0
1
1
Andere
0
0
0
0
0
0
0
66
24
10
1
1
3
105
Total
¹ in x 10³ Zellen/ml Milch,
(p < 0,05)
a,b
>1000
6
Total
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich signifikant
67
Während vor dem Trockenstellen 43,1% der den Erreger C. spp. ausscheidenden Viertel der
Zellzahlklasse 1 zugeordnet werden konnten, wurden p.p. bei 70,4% der mit C. spp. infizierten
Viertel ein Zellgehalt von unter 100.000 Zellen/ml Milch ermittelt. Auch der Anteil KNS-infizierter
Viertel der Zellzahlklasse 1 erhöhte sich von 35,3% (vor Ts.) auf 61,5% (p.p.). Die Verteilung der
Äskulin-positiven Streptokokken auf die Zellzahlklassen bleibt beinahe unverändert. Nach der
Geburt stieg die Zahl der infizierten Viertel um ein Viertel an, welches einen Zellgehalt der Klasse
5 aufwies.
68
4.5
Ergebnisse der zytobakteriologischen Untersuchung der Behandlungsgruppe
Cloxacillin
4.5.1 Bakteriologische Befunde auf Kuh-Ebene (vor Ts. und p.p.)
Die Tabellen 23 und 24 zeigen die Erregerprävalenzen auf Kuh-Ebene, aufgegliedert nach der
Anzahl der infizierten Viertel pro Kuh vor dem Trockenstellen und zum Zeitpunkt nach der Geburt.
Tabelle 23: Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung auf Kuh-Ebene zum Zeitpunkt des
Trockenstellens (24h vor Ts. bzw. unmittelbar vor Ts.);
Gruppe Cloxacillin (n = 212)
Erreger
Kühe mit einem oder mehreren
infizierten Vierteln; Reinkultur
1V.
2V.
3V.
4V.
Gesamtzahl infizierter
Kühe
C. spp.
2
8
3
6
19
KNS
0
3
3
0
6
Äskulin-positive S.
0
0
0
0
0
S. aureus
0
0
0
0
0
S. dysgalactiae
3
0
0
0
3
Coliforme Keime
0
0
0
0
0
Andere¹
1
0
0
0
1
Total
6
11
6
6
29
¹Pseudomonas spp.
Vor dem Trockenstellen konnten bei 19 Kühen C. spp. auf einem, zwei, drei bzw. vier Vierteln
unterschiedlich gehäuft, bei 6 Tieren KNS auf zwei bzw. drei Vierteln und bei drei Kühen S.
dysgalactiae auf einem Euterviertel diagnostiziert werden.
69
Von den 19 mit C. spp. besiedelten Kühen wurde dieser Erreger bei 8 bzw. 6 Kühen gehäuft über 2
bzw. 4 Viertel ausgeschieden.
Mischinfektionen auf einem Euterviertel bzw. auf mehreren Vierteln einer Kuh konnten bei 14
Tieren beobachtet werden. Eine Kuh schied über ein Viertel sowohl die Erreger der Gruppe der
KNS als auch S. uberis aus.
Bei 9 dieser Kühe wurden aus den Milchproben zweier verschiedener Viertel die Erreger KNS und
C. spp. isoliert. Bei jeweils einer Kuh gelang der Nachweis von C. spp. bzw. S. dysgalactiae, KNS
bzw. S. uberis und bei 2 Tieren der Nachweis von C. spp. bzw. S. uberis auf zwei verschiedenen
Vierteln.
Tabelle 24: Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung auf Kuh-Ebene zum Zeitpunkt nach
der Geburt (10. – 12. bzw. 20. – 22. Tag p.p.);
Gruppe Cloxacillin (n = 212)
Erreger
Kühe mit einem oder mehreren
infizierten Vierteln; Reinkultur
Gesamtzahl infizierter
Kühe
1V.
2V.
3V.
C. spp.
3a
4
0b
0
7
KNS
7a
1b
1
0
9
Äskulin-positive S.
4a
0b
0
0
4
S. aureus
0
0
0
0
0
S. dysgalactiae
0
0
0
0
0
Coliforme Keime
0
0
0
0
0
Andere¹
1
0
0
0
1
Total
15
5
1
0
21
¹ Pseudomonas spp.,
a,b
4V.
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
70
Zu den zwei Beprobungszeitpunkten nach der Geburt (s. Tabelle 24) wurden bei 16 Kühen
Infektionen mit den Erregern KNS und C. spp. z.T. auf mehreren Vierteln und Äskulin-positive
Streptokokken (hier 3x S.uberis, 1x Enterokokken) bei 4 Kühen auf jeweils einem Viertel gefunden.
Neben den 21 nur mit einer Erregerart infizierten Kühen (z.T. auf mehreren Vierteln) lagen bei 5
Kühen Nachweise verschiedener Erreger vor. So waren 3 Kühe mit C. spp. und KNS auf jeweils 2
Vierteln infiziert. Eine Kuh schied p.p. C. spp. bzw. Pseudomonas spp. und eine weitere KNS und
S. uberis auf jeweils einem Viertel aus.
4.5.2 Bakteriologische Befunde auf Viertel-Ebene
4.5.2.1 Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung (vor Ts. und p.p.)
Tabelle 25: Darstellung der Ergebnisse auf Viertel-Ebene der bakteriologischen Untersuchung zu
den Beprobungszeitpunkten vor Ts. und p.p.;
Gruppe Cloxacillin (n = 212)
Bakteriologischer
Befund
vor Ts.
p.p.
n
%
n
%
C. spp
72a
61,0
18b
43,9
KNS
32a
27,1
17b
41,5
Äskulin-positive S.
8
6,8
5
12,2
S. aureus
1
0,8
0
0
S. dysgalactiae
4a
3,4
0b
0
Coliforme Keime
0
0
0
0
Andere¹
1
0,8
1
2,4
118
100
41
100
Total
¹Pseudomonas spp. vor Ts. und p.p.,
a,b
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich
signifikant (p < 0,05)
71
In Tabelle 25 ist der Erreger-Status vor dem Trockenstellen und nach der Geburt dargestellt. Bei
dieser Auswertung konnten die Befunde aller 53 unter antibiotischem Schutz trockengestellten
Kühe berücksichtigt werden.
Vor dem Trockenstellen wurden aus 88,1% der bakteriologisch positiven Viertel die Erreger C. spp.
und KNS nachgewiesen. Bei 11,9% dieser Viertel wurden major-pathogene Erreger diagnostiziert.
Ein Viertel schied Pseudomonas spp. aus.
Zu den Beprobungsterminen p.p. ergaben sich signifikante Unterschiede hinsichtlich der
Erregerprävalenz dieser Behandlungsgruppe (p < 0,05). Die C. spp.-Prävalenz fiel von 34 % vor Ts.
auf 8,5% p.p.. Auch konnten nur noch bei 8% aller untersuchten Viertel dieser Behandlungsgruppe
p.p. KNS isoliert werden (vgl. 15,1% vor Ts.).
Infektionen durch die Erreger S. aureus und S. dysgalactiae wurden eliminiert. Die
Nachweishäufigkeit der Äskulin-positiven Streptokokken verringerte sich nur geringfügig (3,8%
vor Ts. vs. 2,4% p.p.).
72
4.5.2.2 Entwicklung des BU-Status der vor dem Trockenstellen infizierten Viertel
In Tabelle 26 ist die Entwicklung der bakteriologischen Stati im Verlauf der Trockenstehphase bis
zu den Beprobungszeitpunkten p.p. dargestellt.
89% der zum Zeitpunkt vor dem Trockenstellen infizierten Viertel heilten über die
Trockenstehphase aus, bei 11% der Viertel konnte ein Persistieren der Infektionen beobachtet
werden.
28 Viertel (13,2%) der beprobten 212 Viertel können als neuinfiziert angesehen werden, da diese
p.p. zum ersten Mal Erreger ausschieden.
Tabelle 26:
Entwicklung des bakteriologischen Status der Euterviertel zum Beprobungszeitpunkt
vor Ts. und zum Beprobungszeitpunkt p.p.
Gruppe Cloxacillin (n = 212)
Bakteriologischer
Befund
BU-Status vor Ts.
=>
BU-Status p.p.
vor Ts.
Heilung
persistierende
Infektionen¹
Neuinfektionen
C. spp.
72
63
9
9
KNS
32
29
3
14
Äskulin-positive S.
8
7
1
4
S. aureus
1
1
0
0
S. dysgalactiae
4
4
0
0
Coliforme Keime
0
0
0
0
Andere²
1
1
0
1
118
105
13
28
Total
¹In der Trockenstehzeit ausgeheilte IMI und Neuinfektionen in dieser Periode mit derselben Keimart auf demselben
Viertel werden dieser Gruppe zugeordnet.
²Nachweis von Pseudomonas spp. vor Ts. und p.p. auf verschiedenen Vierteln
73
4.5.2.3 Viertelprävalenz und Viertelgemelkszellzahlen vor dem Trockenstellen
Die Ergebnisse der zytobakteriologischen Untersuchungen der Milchproben von infizierten
Eutervierteln der antibiotisch trockengestellten Kühe sind in Tabelle 27 aufgeführt.
Auch hier wurden die bakteriologischen Befunde entsprechend der ermittelten Zellzahlen nach den
Zellzahlklassen 1-6 dargestellt. Die 118 bakteriologisch positiven Viertel wiesen zu 28% (33
Viertel) Zellgehalte der Klasse 3 auf. Bei 10,2% der Viertel wurde ein Zellgehalt von mehr als
1.000.000 Zellen/ml Milch festgestellt.
Die meisten der mit C. spp. bzw. KNS infizierten Viertel lagen im Zellzahlbereich der Klasse 2
bzw. 3. Fünf der 14 subklinisch mit hoch pathogenen Mastitiskeimen infizierten Viertel schieden
mehr als 1.000.000 Zellen/ml Milch bei der Beprobung vor dem Trockenstellen aus. Die
Infektionen mit S. dysgalactiae gingen mit einem Zellgehalt von über 750.000 Zellen/ml Milch
einher.
Tabelle 27: Zellgehalte infizierter Viertel zum Zeitpunkt des Trockenstellens
(24h vor Ts. bzw. unmittelbar vor Ts.);
Gruppe Cloxacillin (n = 212)
Erreger
Viertelprävalenz aufgelistet nach Zellzahlklassen¹
0-100
1
101-250
2
251-500
3
501-750
4
751-1000
5
>1000
6
Total
18
13
22
10
4
5
72
KNS
3
13
9
5
0
2
32
Äskulin-positive S.
0
3
2
0
1
2
8
S. aureus
0
0
0
1
0
0
1
S. dysgalactiae
0
0
0
0
1
3
4
Coliforme Keime
0
0
0
0
0
0
0
Andere²
1
0
0
0
0
0
1
22
29
33
16
6
12
C. spp.
Total
¹in x 10³Zellen/ml Milch; ²Nachweis von Pseudomonas spp.
74
118
4.5.2.4 Viertelprävalenz und Viertelgemelkszellzahlen p.p.
Tabelle 28 stellt die Auswertung der p.p. ermittelten zytobakteriologischen Befunde dar. Auch hier
ist die Viertelprävalenz entsprechend der ermittelten Zellgehalte nach den Zellzahlklassen 1-6
aufgelistet.
Tabelle 28: Zellgehalte infizierter Viertel zum Zeitpunkt nach der Geburt
(10. – 12. bzw. 20. – 22. Tag p.p.);
Gruppe Cloxacillin (n = 212)
Erreger
Viertelprävalenz aufgelistet nach Zellzahlklassen¹
0-100
1
101-250
2
251-500
3
501-750
4
751-1000
5
>1000
6
Total
C. spp.
11
5
2
0
0
0
18
KNS
11
4
2
0
0
0
17
Äskulin-positive S.
0
0
0
1
0
4
5
S. aureus
0
0
0
0
0
0
0
S. dysgalactiae
0
0
0
0
0
0
0
Coliforme Keime
0
0
0
0
0
0
0
Andere²
0
0
0
0
0
1
1
22
9
4
1
0
Total
5
41
¹in x 10³ Zellen/ml Milch; ²Nachweis von Pseudomonas spp.
Während vor dem Trockenstellen infizierte Viertel Zellgehalte aller Klassen aufwiesen, konnten
über die Trockenstehperiode die Zellgehalte dieser Viertel deutlich reduziert werden. Nach der
Geburt wurden Zellgehalte von über 500.000 Zellen/ml Milch bei den C. spp.- bzw. KNSinfizierten Vierteln nicht mehr festgestellt.
Bei den vier mit Äskulin-positiven Streptokokken neu infizierten Vierteln wurden Zellgehalte von
über 1.000.000 Zellen/ml Milch nachgewiesen.
75
4.6
Differenzierung der KNS-Isolate,
Behandlungsgruppe ITS und Cloxacillin
Tabelle 29 stellt die Ausdifferenzierung der KNS-Isolate mit Hilfe des ID 32 Staph Testsystems
(BioMerieux) dar. Untersucht wurden alle mindestens zweimal zu den Beprobungszeitpunkten (vor
Ts. und p.p.) nachgewiesenen KNS-Isolate.
Tabelle 29: Ausdifferenzierung der KNS-Isolate
KNSIsolate
Viertelprävalenz
ITS
Cloxacillin
vor Ts.
p.p.
vor Ts.
p.p.
S. simulans
5
4
4
1
S. chromogenes
8
7
13
8
S. xylosus
4
2
7
4
S. haemolyticus
7
3
2
1
S. warneri
4
2
1
2
S. hyicus
1
1
0
0
S. epidermidis
3
2
4
0
S. intermedius
2
0
1
1
Total
34
26
32
17
76
4.7
Entwicklung der Zellzahlen (vor Ts. vs. p.p.)
4.7.1 Behandlungsgruppe ITS
Tabelle 30 stellt die Zellzahlentwicklung der infizierten und nicht infizierten Viertel der ITS Gruppe dar. Während der Anteil gesunder und latent infizierter Viertel (ZZ ≤ 100.000 Zellen/ml
Milch) sich um 17,3 % auf 77,1 % erhöhte und sich die Zahl der Viertel der Zellzahlklassen 2, 3
und 5 beinahe halbierte, blieb der Anteil der Zellzahlklasse 4 gleich. Neun Viertel (2,1 %) wiesen
p.p. einen Zellgehalt von mehr als 1.000.000 Zellen/ml Milch auf.
Tabelle 30: Ergebnis der zytologischen Untersuchung zum Zeitpunkt des Trockenstellens
(24h vor Ts. bzw. unmittelbar vor Ts.) und nach der Geburt
(10. – 12. bzw. 20. – 22. Tag p.p.); Gruppe ITS
Zellzahlklassen
Viertel p.p.
Viertel vor Ts.
n
%
n
%
1 0-100
263a
59,8
333b
77,1
2 101-250
112a
25,5
59b
13,7
3 251-500
48
10,9
18
4,2
4 501-750
11
2,5
11
2,5
5 751-1000
4
0,9
2
0,5
6 > 1000
2
0,5
9
2,1
440
100
Total
432¹
¹Abgang von zwei Kühen aus Betrieb A vor Beprobung p.p.,
unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
a,b
77
100
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile
4.7.2 Behandlungsgruppe Cloxacillin
Von den 212 unter antibiotischem Schutz trockengestellten Vierteln konnten nach der Geburt alle
Viertelbefunde ermittelt werden.
Die Zahl der Viertel, die vor dem Trockenstellen den Zellzahlklassen 2-6 zuzuordnen waren,
konnten signifikant reduziert werden (p < 0,05). Dementsprechend stieg der Anteil an Vierteln mit
einem Zellgehalt von bis zu 100.000 Zellen/ml Milch um 47,7% auf 75,5% zu den
Beprobungszeitpunkten p.p. (s. Tabelle 31).
Tabelle 31: Ergebnis der zytologischen Untersuchung zum Zeitpunkt des Trockenstellens
(24h vor Ts. bzw. unmittelbar vor Ts.) und nach der Geburt
(10. – 12. bzw. 20. – 22. Tag p.p.);
Gruppe Cloxacillin
Zellzahlstufen
Viertel vor Ts.
Viertel p.p.
n
%
n
%
1 0-100
59a
27,8
160b
75,5
2 101-250
46a
21,7
20b
9,4
3 251-500
42a
19,8
15b
7,1
4 501-750
19a
9,0
5b
2,4
5 751-1000
13a
6,1
5b
2,4
6 > 1000
33a
15,6
7b
3,3
212
100
212
100
Total
a,b
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
78
4.8
Diagnosestellung gemäß Befundschema der DVG (vor Ts. vs. p.p.)
4.8.1 Behandlungsgruppe ITS
Tabelle 32:
Einteilung der zytobakteriologischen Ergebnisse nach dem Befundschema der
Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG 2002);
Darstellung auf Viertel-Ebene zu den verschiedenen Beprobungszeitpunkten
vor Ts. und p.p.; Gruppe ITS
Diagnose
vor Ts.
n
Eutergesund
194a
p.p.
%
n
44,9
267b
%
61,8
Unspezifische Mastitis
76
17,6
61
14,1
Latente Infektion
69
16,0
66
15,3
Subklinische Mastitis
93
21,5
38
8,8
Total
432
100
432
100
a,b
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
Bei der Darstellung der Zuordnungen gemäß DVG wurden nur die Viertel aufgeführt, die sowohl
vor dem Trockenstellen als auch nach der Geburt beprobt werden konnten (n= 432). Hier war eine
signifikante (p < 0,05) Zunahme gesunder Viertel (16,9%) bis zur Beprobung nach der Geburt zu
verzeichnen. Der Anteil latenter Infektionen war vor dem Trockenstellen und nach der Geburt
ähnlich hoch und lag bei 16% bzw. 15,3%.
79
4.8.2 Behandlungsgruppe Cloxacillin
Tabelle 33:
Einteilung der zytobakteriologischen Ergebnisse nach dem Befundschema der
Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG 2002);
Darstellung auf Viertel-Ebene zu den verschiedenen Beprobungszeitpunkten
vor Ts. und p.p.; Gruppe Cloxacillin
Diagnose
vor Ts.
n
p.p.
%
n
Eutergesund
37a
Unspezifische Mastitis
65
30,7
33
15,6
Latente Infektion
22
10,4
22
10,4
Subklinische Mastitis
88
41,5
19
9,0
212
100
212
100
Total
a,b
17,5
138b
%
65,1
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
Über die Trockenstehphase konnte der Anteil gesunder Euterviertel durch Trockenstellen unter
antibiotischem Schutz signifikant erhöht werden (p < 0,05). Die Rate unspezifischer Mastitiden
halbierte sich beinahe bis zur Beprobung p.p.. Die Zahl der subklinisch infizierten Viertel reduzierte
sich von 88 auf 19.
So lag der Zellgehalt nach der Geburt nur noch bei 24,5% der antibiotisch trockengestellten Kühe
über 100.000 Zellen/ml Milch (vgl. 22,9% in der ITS-Gruppe), wovon 9% der untersuchten Tiere
als subklinisch infiziert anzusehen waren (vgl. 8,8% in der ITS-Gruppe).
80
4.9
Entwicklung gesunder Viertel über die Trockenstehperiode;
Behandlungsgruppe ITS und Cloxacillin
In Tabelle 34 ist die Entwicklung der vor dem Trockenstellen als gesund (ZZ ≤ 100.000 Zellen/ml
Milch und BU negativ) bewerteten Viertel bis zu den Beprobungen p.p. dargestellt.
Vor dem Trockenstellen konnten 194 (44,9%) der untersuchten 432 Viertel der versiegelten
Kuhgruppe als gesund angesehen werden. Aus der Cloxacillin-Gruppe sind dagegen nur 37 (17,5%)
der untersuchten 212 Viertel als gesund einzustufen.
Tabelle 34: Darstellung der Entwicklung gesunder Viertel über die Trockenstehperiode;
Gruppe ITS und Cloxacillin
Befunde p.p.
ITS
Cloxacillin
n
%
n
%
150
77,3a
27
73,0b
Unspezifische Mastitis
18
9,3a
5
13,5b
Latente Infektion
18
9,3
3
8,1
Subklinische Mastitis
7
3,6a
2
5,4b
Klinische Mastitis
1
0,5
0
0
194
100
37
100
Eutergesund
Total (= vor Ts. eutergesund)
a,b
Werte mit unterschiedlichen Indizes in einer Zeile unterscheiden sich signifikant (p < 0,05)
Der Anteil der über die Trockenstehphase gesund gebliebenen Viertel war in der ITS-Gruppe
(77,3%) größer als in der Cloxacillin-Gruppe (73,0%, p < 0,05). Viertel mit Erregernachweis ohne
Zellzahlerhöhung p.p. wurden in ähnlicher Anzahl festgestellt (9,3% vs. 8,1%). Subklinisch
infizierte Viertel konnten p.p. in der Cloxacillin-Kuhgruppe häufiger diagnostiziert werden als in
der ITS-Gruppe (p < 0,05).
81
5
Diskussion
5.1
Ziel der Untersuchungen
In der Literatur werden seit dem ersten Einsatz interner Zitzenversiegler in den 70er Jahren immer
wieder verschiedene Anwendungsversuche beschrieben. Häufig wird der kombinierte Einsatz eines
antibiotikahaltigen Trockenstellers und des internen Zitzenversieglers mit der alleinigen
Verwendung von Antibiotika-Trockenstellern verglichen (WOOLFORD et al., 1998; GODDEN et
al., 2003b; COOK et al., 2004; JUNG, 2005; WESTERMANN, 2006). Wenige Studien
beschäftigen sich mit dem Vergleich des alleinigen Einsatzes interner Zitzenversiegler mit der
alleinigen Verwendung von antibiotikahaltigen Trockenstellern (WOOLFORD et al., 1998;
HUXLEY et al., 2002; PARKER et al., 2008). Der Einsatz eines internen Zitzenversieglers als
Alternative zu antibiotikahaltigen Trockenstellern hat sich nur in Ländern wie Neuseeland und dem
Vereinigten Königreich durchgesetzt, in denen der rechtlich vorgeschriebene Zellzahlgrenzwert der
Anlieferungsmilch niedrig angesetzt ist. Hier zeigte sich, dass über den Einsatz von Teatsealern im
Vergleich zu unbehandelten Tieren Neuinfektionen über die Trockenstehphase verhindert werden
können und zudem die Herden besser vor Neuinfektionen geschützt werden als über das
Trockenstellen unter antibiotischen Schutz (COOK et al., 2004). In Ländern wie den USA und
Kanada, in denen höhere Zellgehalte in der Anlieferungsmilch toleriert werden, wird der
kombinierte Einsatz propagiert.
In Herden mit hohen Tankmilchzellzahlen kann von einem hohen Anteil subklinisch infizierter
Tiere und Viertel in einer Herde ausgegangen werden, so dass hier neben der Infektionsprophylaxe
durch die Zitzenversiegler die Therapie der zum großen Teil mit major-pathogenen Bakterien
infizierten Viertel im Vordergrund steht. Da in den meisten Studien der kombinierte Einsatz
untersucht wurde, fand keine Diskussion über die Zweckmäßigkeit einer Vorselektion der Kühe
statt.
Bei den Untersuchungen von COOK et al. (2004) wurde keine Selektion der Versuchstiere anhand
der Gesamtgemelkszellzahlen durchgeführt. Es wurden lediglich Tiere ausgeschlossen, die im
letzten Laktationsmonat mit antimikrobiellen Substanzen oder Entzündungshemmern behandelt
worden waren.
WOOLFORD et al. (1998) selektierten die Milchkühe nur anhand der Gesamtgemelkszellgehalte
des letzten Laktationsmonats vor dem Trockenstellen. WESTERMANN (2006) und JUNG (2005)
trafen eine Kuhauswahl anhand der monatlichen Milchkontrollergebnisse (Gesamtgemelks82
zellzahlen ≤ 200.000 Zellen/ml Milch, 3-1 Monat vor dem Trockenstellen) und der Mastitishistorie.
HUXLEY et al. (2002) traf die Vorauswahl ebenfalls anhand dieser Daten. Hier schieden jedoch
Kühe mit einmaligen Zellgehalten von mehr als 200.000 Zellen/ml Milch im Gesamtgemelk in der
letzten Laktation aus der Studie aus.
Der Vergleich bisheriger Studien über die Anwendung interner Zitzenversiegler zeigt, dass je nach
Eutergesundheitsstatus der einzelnen Länder angestrebt wird, über den kombinierten Einsatz die
wegen unzureichender Vorselektion nicht erkannten subklinischen Infektionen auszuheilen. Die
zusätzliche Applikation eines Zitzenversieglers bietet einen zusätzlichen Schutz vor Neuinfektionen
während der Trockenstehperiode, jedoch werden auf diese Weise weiterhin gesunde Euterviertel
antibiotisch “versorgt“. Eine Reduktion des Antibiotikaeinsatzes findet demnach nicht statt.
Ziel dieser Arbeit war, die Wirksamkeit des alleinigen Einsatzes des internen Zitzenversieglers
OrbeSeal zu überprüfen und aufzuzeigen, inwieweit über die Gesamtgemelkszellzahlen der letzten
drei Laktationsmonate und anhand des unmittelbar vor dem Trockenstellen durchgeführten
California-Mastitis-Testes euterkranke Kühe von gesunden sicher differenziert werden können.
Desweiteren wurde die Bedeutung der Corynebacterium spp. (C. spp.) und Koagulase-negativen
Staphylokokken (KNS) bewertet.
5. 2
Wahl der Untersuchungsmethoden und deren Bewertung
Um ein möglichst genaues Bild über die Eutergesundheit der an der Studie teilnehmenden Kühe zu
bekommen, wurde die zweimalige Doppelprobennahme durchgeführt. Da konsequent nur
identische Erregernachweise an unterschiedlichen Beprobungstagen gewertet worden sind, können
damit falsch-positive oder falsch-negative Befunde nahezu ausgeschlossen werden.
Auch die eigenhändige Probennahme auf den 10 an der Studie teilnehmenden Betrieben hatte zum
Ziel, unsachgemäße Beprobungen durch das Melkpersonal zu verhindern.
Nach der Geburt wurde auf eine Probennahme unmittelbar p.p., wie in vielen anderen Studien
dieser Art üblich, verzichtet. Bei einer späteren Beprobung (hier 10.-12. und 20.-22. Tag p.p.) muss
beachtet werden, dass positive bakteriologische Befunde nicht nur aus der Trockenstehphase
resultieren können, sondern auch das Ergebnis von Neu- oder Reinfektionen darstellen können, die
sich kurz nach der Kalbung vor der ersten Probennahme p.p. ereignet haben. Jedoch bietet diese Art
83
der Beprobung den Vorteil, dass aus der Trockenstehperiode resultierende Infektionen nicht durch
inhibitorische Faktoren der kolostralen Milch verdeckt sind, damit falsch-negative bakteriologische
Befunde ermittelt werden.
Die Ergebnisse der Untersuchungen von COOK et al. (2004) und der Arbeitsgruppe um HUXLEY
(2002) sind kritisch zu bewerten. Hier wurden bei einmaliger Beprobung der Versuchstiere vor dem
Trockenstellen und vor dem erstmaligen Milchentzug nach der Geburt positive bakteriologische
Befunde ohne Berücksichtigung der Zellgehalte als Infektionen gewertet. Besonders Nachweise von
C. spp. und KNS können nicht eindeutig einer Euterinfektion zugeordnet werden. In den
Trockenstellstudien der Autoren GODDEN et al. (2003a/b), JUNG (2005) und WESTERMANN
(2006) wurden die Versuchstiere jeweils zweimal vor dem Trockenstellen und nach der Geburt
beprobt, jedoch fand die Zuordnung nicht nach den Vorgaben der IDF (1987) statt, da einfache
Nachweise ohne Berücksichtigung der Zellgehalte pauschal als Infektionen gewertet wurden.
In den Untersuchungen von BERRY und HILLERTON (2002a/b) und den eigenen Untersuchungen
wurde nur der zweifache Erregernachweis berücksichtigt (IDF-Standard).
Auch die Bewertung der Zellgehalte findet in den verschiedenen Studien unterschiedlich statt.
Während in den eigenen Untersuchungen Euterviertel mit einem Zellgehalt im geometrischen
Mittel von über 100.000 Zellen/ml Milch im Viertelanfangsgemelk als sekretionsgestört und bei
Erregernachweis (2x/ 4 Milchproben) als subklinisch infiziert angesehen wurden (DVG-Standard),
betrachtete man in den Studien von BERRY und HILLERTON (2002a/b) erst einen Zellgehalt von
über 200.000 Zellen/ml Milch als unphysiologisch erhöht.
Aus den Untersuchungen von JUNG (2005) und WESTERMANN (2006) geht nicht klar hervor,
welcher Zellgehalt als Grenzwert zwischen eutergesund und euterkrank angesehen wurde.
In der eigenen Arbeit erfolgte die erste Vorselektion anhand der monatlichen Gesamtgemelkszellzahlen (MLP-Daten). Die eigentliche Selektion der Versuchskühe wurde anhand der
Ergebnisse des California-Mastitis-Testes vor Ort im Melkstand durchgeführt. Die Befunde der
zytobakteriologischen Unterschungen dienten nur der Bewertung der Wirksamkeit des
Zitzenversieglers und wurden zur Selektion der Versuchstiere nicht herangezogen. Da die
retrospektive Betrachtung des Selektionserfolges im Vordergrund stand, wurden alle anhand der
beschriebenen Kriterien nicht für gesund befundenen Kühe unter antibiotischem Schutz
trockengestellt. Dementsprechend war die Tierzahl in der Cloxacillin-Gruppe kleiner als die der
ITS-Gruppe, womit die Ausgangssituation dieser beiden Gruppen nicht vergleichbar war.
84
5.3
Ergebnisse
5.3.1 Zytobakteriologische Untersuchungen
Insgesamt wurden 163 Kühe in die Studie aufgenommen. Bei 110 Tieren kam der interne
Zitzenversiegler OrbeSeal (ITS-Gruppe) zum Einsatz und 53 Kühe wurden antibiotisch mit
OrbeninExtra (Cloxacillin-Gruppe) trockengestellt .
Die Ergebnisse beider Behandlungsgruppen sind nur bedingt mit den Ergebnissen anderer Studien
vergleichbar, da in dieser Studie eine strenge Kuhauswahl getroffen wurde, indem die
Gesamtgemelkszellzahlen der letzten 3 Laktationsmonate bewertet und zudem noch eine weitere
Selektion anhand des California-Mastitis-Testes durchgeführt wurde.
Die größte Gruppe der vor dem Trockenstellen nachgewiesenen Erreger stellten die minorpathogenen Bakterien dar. Bei 76,9% bzw. 20,1% der erregerpositiven Euterviertel der ITS-Gruppe
wurden C. spp. bzw. KNS nachgewiesen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch JUNG (2005)
und WESTERMANN (2006). Hier bilden die KNS jeweils die größte Gruppe der nachgewiesenen
Erreger. Anzumerken ist, dass beide Studien im selben Betrieb durchgeführt wurden.
WESTERMANN (2006) konnte C. spp. nur vereinzelt nachweisen. JUNG (2005)verzichtete p.p.
auf die Darstellung der C. spp.-Nachweise.
In den eigenen Untersuchungen spielen major-pathogene Bakterien mit nur 1,2% aller untersuchten
Viertel der ITS-Gruppe eine nur untergeordnete Rolle.
Auch in der antibiotisch trockengestellten Kuhgruppe sind ähnliche Tendenzen zu verzeichnen.
Hier konnten bei 88,1% der bakteriologisch positiven Viertel C. spp. und KNS nachgewiesen
werden. Der Anteil der mit major-pathogenen Erregern infizierten Euterviertel lag in dieser Gruppe
bei 6,6% aller untersuchten Viertel, was aufgrund der zusätzlichen Selektion mit dem CMT zu
erwarten war.
Infolge dieser Vorauswahl lag die Vorkommenshäufigkeit von bakteriologisch positiven
Viertelanfangsgemelksproben zum Zeitpunkt vor dem Trockenstellen in der Cloxacillin-Gruppe bei
55,7% und in der Versiegler-Gruppe bei 39,1%.
Die Ergebnisse der letztgenannten Kuhgruppe sind mit denen von HUXLEY und Mitarbeitern
(2002) vergleichbar. Auch hier wurden signifikant häufiger C. spp. festgestellt.
In den Untersuchungen von GODDEN et al. (2003a/b) wurden bei etwa einem Drittel der
Versuchskühe Erreger zum Trockenstellen nachgewiesen.
WOOLFORD et al. (1998) und BERRY und HILLERTON (2002) stellen ebenfalls hauptsächlich
85
die schwach pathogenen Erreger vor dem Trockenstellen fest, wobei C. spp. am häufigsten
nachgewiesen wurde.
Hervorzuheben ist jedoch, dass in den aufgeführten Studien nur unzureichend Angaben über die Art
der Milchprobenentnahme und Analysemethoden gemacht werden. Bei COOK et al. (2004) wurden
nur einmalig Milchproben vor dem Trockenstellen und in den ersten drei Laktationstagen
entnommen. Diese Autoren geben eine Infektionsprävalenz vor dem Trockenstellen mit 12,7%
(AB-Gruppe) und 11,9% (AB und ITS, kombinierter Einsatz) an. Da von einem einmaligen
positiven Nachweis ohne Berücksichtigung der Zellgehalte auf die Eutergesundheit geschlossen
wurde, sind in Anbetracht der hohen Nachweisrate von minor-pathogenen Bakterien diese
Ergebnisse kritisch zu bewerten.
Betrachtet man die bakteriologischen Befunde auf Kuh-Ebene, wird der kontagiöse Charakter der
C. spp. deutlich. Bei 65,9% der C. spp.-positiven Kühe konnte diese Erregerart zum Ende der
Laktation auf mehr als einem Viertel nachgewiesen werden (ITS-Gruppe). Auch in der CloxacillinGruppe war die Besiedlung mehrerer Viertel der infizierten Kühe festzustellen.
Bis zur 2. Beprobung p.p. waren jedoch nur noch 48,5% der durch C. spp. infizierten Kühe auf
mehr als einem Euterviertel infiziert (ITS-Gruppe).
Die signifikante Reduzierung (p<0,05) der C. spp.-Nachweise von 19 auf 7 Kühe in der CloxacillinGruppe bestätigt die Erfahrungen von HONKANEN-BUZALSKI et al. (1984) und HOGAN et al.
(1989a), dass das antibiotische Trockenstellen in Verbindung mit konsequentem Zitzendippen die
Ausbreitung dieser Erreger verhindert.
Die Ergebnisse der eigenen Studie beider Behandlungsgruppen (vor Ts.) zeigen, dass alleine 70,4%
aller positiven Erregernachweise durch die schwach pathogenen C. spp. hervorgerufen wurden,
welche in der Literatur z.T. als normale Zitzenflora angesehen werden.
Auch die Bewertung der Viertelgemelkszellzahlen vor dem Trockenstellen wird in der Literatur
unterschiedlich diskutiert. In dieser Arbeit fand die Bewertung anhand des Befundschemas der
Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG 2002) statt. Da sowohl von der International
Dairy Federation (1987) als auch von der DVG keine Zellzahlgrenzwerte für eine beginnende
Sekretionsstörung in der Spätlaktation festgelegt sind, wurde hier der von der DVG für die
Laktation vorgegebene Grenzwert von 100.000 Zellen/ml Milch berücksichtigt.
BERRY und HILLERTON (2002a/b) bewerten in ihren Untersuchungen einen Zellgehalt von unter
86
200.000 Zellen/ml Milch während der späten Laktation als physiologisch und erreichten
dementsprechend eine erhöhte „Ausheilungsrate“ über die Trockenstehperiode. Grundsätzlich muss
die starre Festlegung eines Zellgrenzwertes zur Diagnosefindung zum Ende der Laktation
hinterfragt werden. Die Milchleistung zu diesem Zeitpunkt stellt einen wichtigen Einflussfaktor dar.
Kühe mit einer geringen Milchleistung in der Spätlaktation haben höhere Zellgehalte auf allen
Vierteln als zur Laktationsmitte, was nicht in jedem Fall eine Sekretionsstörung bedeuten muss.
Der hohe Anteil von unspezifischen Mastitiden oder Sekretionsstörungen von 21,9% vor dem
Trockenstellen und 14,6% p.p. mag durch den niedrigen Grenzwert von 100.000 Zellen/ml Milch
überschätzt sein. Von größerer Bedeutung ist dementsprechend der Viertelvergleich auf Kuhebene,
wobei besonders das zellzahlniedrigste und -höchste Viertel einer Kuh Beachtung geschenkt
werden muss. Unterscheiden sich diese Viertel einer Kuh um mehr als eine Verdopplungsstufe,
muss von einer Sekretionsstörung oder subklinischen Mastitis ausgegangen werden.
In den eigenen Untersuchungen ist aufgrund der Selektion anhand des CMT der Anteil der Viertel
mit einem physiologischen Zellgehalt von unter 100.000 Zellen/ml Milch (eutergesund oder latente
Infektion) erwartungsgemäß in der ITS-Gruppe höher als in der antibiotisch trockengestellten
Kuhgruppe (59,8% vs. 27,8%, p<0,05). Berücksichtigt man neben den Zellgehalten auch den
bakteriologischen Status zu den Beprobungsterminen vor dem Trockenstellen, wird deutlich, dass
anhand erhöhter Zellzahlwerte nicht zwingend auf eine Infektion (subklinisch) geschlossen werden
kann. Vielmehr können Zellzahlerhöhungen bis zu 200.000 Zellen/ml Milch auf allen vier Vierteln
einer Kuh zum Ende der Laktation je nach Milchleistung einen physiologischen Zellgehalt
darstellen.
Diese Ergebnisse widersprechen den Vermutungen von WESTERMANN (2006), die Zellgehalte
von über 200.000 Zellen/ml Milch im Viertelgemelk einer subklinischen Mastitis gleichsetzt.
Werden die bakteriologischen Befunde der einzelnen Viertel in die Zellzahlanalyse mit einbezogen,
stellt man fest, dass 80,8% der vor dem Trockenstellen C. spp.-positiven Viertel in den
Zellzahlklassen 1 und 2 zu finden sind. Es muss folglich davon ausgegangen werden, dass die
nachgewiesenen C. spp. eher keine Abwehrreaktionen in den betroffenen Vierteln ausgelöst haben,
da es nur zu geringen Zellzahlunterschieden zwischen den vier Eutervierteln kam. Ähnliches wird
beim Nachweis von KNS beobachtet. Auch hier können 82,4% (28 Viertel) den Zellzahlklassen 1
und 2 zugewiesen werden.
Die mit den major-pathogenen Bakterien infizierten Euterviertel (1,1% aller untersuchten Viertel
vor Ts.) dieser Behandlungsgruppe reagierten mit moderaten Zellzahlerhöhungen und keiner
87
deutlichen Vierteldifferenz zu den restlichen 3 Vierteln dieser Kühe, so dass die Tiere auch anhand
des CMT nicht als auf einem oder mehreren Vierteln subklinisch infiziert erkannt wurden.
Bis zu den Beprobungszeitpunkten p.p. kam es zu einer signifikanten Reduktion C. spp.- positiver
Viertel (29,5% vs. 16,4%, p<0,05), was auf die Selbstheilungskräfte der Tiere zurückzuführen ist.
Diese Ergebnisse bestätigen die Beobachtungen von HOGAN et al. (1987a).
95,8% der p.p. nachgewiesenen C. spp. wurden aus Vierteln isoliert, die gleichzeitig einen
Zellgehalt von unter 250.000 Zellen/ml Milch aufwiesen.
Die Zahl der KNS-Nachweise hatte sich absolut von 34 Vierteln vor dem Trockenstellen auf 26 p.p.
reduziert. Auch der Anteil der KNS-positiven Viertel mit einem physiologischen Zellgehalt (nach
DVG, 2002; Zellzahlklasse 1) stieg von 35,3% vor Ts. auf 61,5% p.p. (p<0,05). Dies lässt
vermuten, dass es sich hier um wenig pathogene bis apathogene Stämme handelt. Kritisch sind die 9
KNS-Infektionen der Zellzahlklassen 2 und 3 zu betrachten. Da die Milchproben nicht in der
Kolostralphase
gezogen
wurden,
können
falsch-negative
Befunde
und
somit
erhöhte
Selbstheilungsraten ausgeschlossen werden.
Aus der Gruppe der major-pathogenen Erreger stellt sich für den Nachweis der Äskulin-positiven
Streptokokken vor dem Trockenstellen und p.p. ein beinahe identisches Bild dar. Auch nach der
Geburt weisen die infizierten Viertel weiterhin Zellgehalte der Klassen 2-4 auf.
Zusammenfassend lässt sich für die ITS-Gruppe feststellen, dass über die Trockenstehperiode
72,3% bzw. 91,2% der C. spp.- bzw. KNS-Infektionen auch ohne Antibiotikagaben ausheilen. Dies
bestätigt die Ergebnisse von HARMON und Mitarbeitern (1986), die eine Spontanheilung von
72,7% während der Laktationsruhe ermitteln. Auch die Zahl der Infektionen mit major-pathogenen
Bakterien (hier Äskulin-positive Steptokokken) reduzierte sich über die Laktationsruhe.
Neben den 23,7% persistierenden Infektionen, wovon 21,3% persistierende C. spp.-Infektionen
darstellten, kam es zu einer Neuinfektionsrate von 15,0% über die Trockenstehzeit.
Der Vergleich dieser Befunde mit den Ergebnissen anderer Teatsealer-Studien ist nur bedingt
möglich, da diese zumeist den Zitzenversiegler kombiniert mit einem antibiotikahaltigen
Trockensteller einsetzten. Während die Inzidenz von Neuinfektionen bei GODDEN et al. (2003a)
bei bis zu 29,5% lag, konnte JUNG (2005) eine Neuinfektionsrate bei kombinierten Einsatz von bis
zu 16,1% bis zum 8. Tag p.p. ermitteln.
Wird bei den eigenen Untersuchungen aufgrund der bereits beschriebenen vernachlässigbaren
Bedeutung der C. spp. am Infektionsgeschehen auf die Bewertung dieser Nachweise verzichtet,
88
reduziert sich die Neuinfektionsrate auf 6,9% bei alleiniger Anwendung des internen
Zitzenversieglers.
WOOLFORD et al. (1998) ermittelten eine Neuinfektionsrate von 2,5% bei dem alleinigen Einsatz
des Zitzenversieglers, wobei auch hier C. spp. nicht mit bewertet wurden. Diese deutlich geringere
Neuinfektionsrate ist offensichtlich mit dem geringeren Infektionsdruck unter den neuseeländischen
Haltungsbedingungen zu erklären.
In den Untersuchungen von HUXLEY et al. (2002) kam es bei 34,6% der untersuchten Tiere zu
Neuinfektionen während der Trockenstehperiode. Auch hier wurde nur der interne Zitzenversiegler
eingesetzt. Die Vorselektion der Studientiere fand in diesen Untersuchungen jedoch lediglich
anhand der Gesamtgemelkszahlen des letzten Laktationsmonats vor dem Trockenstellen (≤ 200.000
Zellen/ml Milch) statt. Die Aufstallungsverhältnisse dieser Kühe waren mit denen der eigenen
Studie vergleichbar.
Da die retrospektive Bewertung der Vorselektion anhand der MLP-Daten und der CMT-Ergebnisse
in dieser Arbeit im Vordergrund stand, wurde darauf verzichtet, eine rein antibiotisch
trockengestellte Kontrollgruppe mit denselben Aufnahmebedingungen wie die der ITS-Gruppe
aufzustellen. Daher wurden nur solche Tiere unter antibiotischem Schutz trockengestellt, die
entweder über ihre Mastitishistorie, die MLP-Daten und/oder über das CMT-Ergebnis ausselektiert
waren.
Wie bereits für die ITS-Gruppe beschrieben, stellten die minor-pathogenen Bakterien auch in dieser
Gruppe die häufigsten nachgewiesenen Erreger dar. So wurden vor dem Trockenstellen aus 88,1%
und p.p. aus 85,4% der bakteriologisch-positiven Viertel C. spp. und KNS nachgewiesen. Über die
intrazisternale Antibiotikaapplikation wurden sowohl die Infektionen durch minor- als auch durch
major-pathogene Bakterein signifikant gesenkt.
Durch C. spp. und KNS infizierte Euterviertel wiesen in der Cloxacillin-Gruppe Zellgehalte aller 6
Klassen auf. Während in der ITS-Kuhgruppe 81,1% der infizierten Viertel den Klassen 1 und 2
zugeordnet wurden, wiesen die Viertel der Cloxacillin-Gruppen zu 54,8% einen Zellgehalt von über
250.000 Zellen/ml (Klasse 3-6) auf, welches aufgrund der Selektionskriterien zu erwarten war.
Die in dieser Tiergruppe nachgewiesenen major-pathogenen Erreger bedingten deutlich
ausgeprägtere Vierteldifferenzen im CMT, welches zum antibtiotischen Trockenstellen führte.
Der Anteil der Viertel mit einem Zellgehalt von unter 100.000 Zellen/ml Milch p.p. unterschied
sich in den beiden Behandlungsgruppen nicht signifikant (ITS-Gruppe 77,1% vs. Cloxacillin89
Gruppe 75,5%). Beinahe zwei Drittel der in dieser Studie untersuchten Kühe wiesen nach der
Geburt einen Zellgehalt von weniger als 100 000 Zellen/ml auf.
Der Vergleich der unterschiedlichen Ausgangssituationen vor dem Trockenstellen mit der Situation
p.p. macht deutlich, dass die physiologische Zellreduktion über die Regeneration der
Drüsenkomplexe während der Laktationsruhe durch die Applikation der internen Teatsealer nicht
gestört wird. Bei deutlich schlechterer Ausgangslage (Cloxacillin-Gruppe: 27,8% ≤ 100.000
Zellen/ml vs. ITS-Gruppe: 59,8% ≤ 100.000 Zellen/ml) muss von subklinischen Infektionen
ausgegangen werden und eine deutliche Zellreduktion bis zur Kalbung ist nur über das antibiotische
Trockenstellen zu erreichen.
Über
die
Gabe
antibiotikahaltiger
Trockensteller
konnte
eine
Heilungsrate
bis
zum
Beprobungszeitpunkt p.p. von 89% erzielt werden. Ähnlich hohe Heilungsraten werden in der
Literatur durch verschiedene Untersuchungen zum Einsatz antibiotikahaltiger Trockensteller
bestätigt (82% SMITH et al., 1967a; 78% SINKERVITCH et al., 1974; 93% POSTLE und
NATZKE 1974; 87% WOOLFORD et al., 1998). In einer jüngeren, ähnlichen Vergleichsstudie
(Teatsealer vs. AB-Ts.) konnte HUXLEY et al. (2002) mit der Verabreichung von ABTrockenstellern eine Heilungsrate von 82% erzielen.
Die in den eigenen
Untersuchungen festgestellte Rate an Neuinfektionen in dieser
Behandlungsgruppe (13,2%) ist mit der der ITS-Gruppe (15,0%, ohne C. spp. 6,9%) vergleichbar.
Bleiben auch hier, wie in vielen Studien üblich, die schwach pathogenen C. spp. unberücksichtigt,
ergibt sich eine Neuinfektionsrate von 9,0%. Hieraus wird deutlich, dass der Anteil der C. spp.Infektionen an Neuinfektionen vergleichsweise gering ist. Aufgrund der hohen Zahl von
sekretionsgestörten Kühen in dieser Behandlungsgruppe und der z.T. langen Trockenstehperiode
bei einigen Tieren war eine relativ hohe Neuinfektionsrate zu erwarten.
Obwohl sich die Cloxacillin-Gruppe aus nicht eutergesunden, sekretionsgestörten Tieren
zusammensetzte, war die Zahl der Neuinfektionen über die Trockenstehperiode mit denen anderer
Studien vergleichbar. So liegt bei HUXLEY et al. (2002) der Anteil der zum Zeitpunkt der Geburt
neuinfizierten Tiere durch major-pathogene Bakterien bei 15,4%. In einer neuseeländischen Studie
(WOOLFORD et al., 1998) liegt die Neuinfektionsrate der antibiotisch trockengestellten
Kontrollgruppe bei nur 2,7%. Wie bereits ausgeführt, sind die letztgenannten Ergebnisse nur
bedingt vergleichbar, da aufgrund der anderen Haltungssysteme der Infektionsdruck geringer ist.
GODDEN et al. (2003a) verzeichnen eine Neuinfektionsrate von 18% bei den antibiotisch
90
versorgten Vierteln. Hier wurde wie in den eigenen Untersuchungen der gleiche Wirkstoff
Cloxacillin-Benzathin verwandt, jedoch in einer geringeren Konzentration, nämlich von 500 mg
anstelle 1000mg/Viertel. Der im Vergleich zu deutschen Herden höhere Infektionsdruck und die
geringere Wirkstoffkonzentration können diese relativ hohe Neuinfektionsrate erklären.
Wird die Entwicklung der über die Mehrfachbeprobung ermittelten gesunden Euterviertel (BU−
und ZZ ≤100.000 Zellen/ml Milch) beider Behandlungsgruppen über die Trockenstehperiode
verglichen, zeigt sich, dass über die alleinige Anwendung der Zitzenversiegler sogar eine bessere
Schutzwirkung vor aufsteigenden Erregern erzielt wird. So bleiben 77,3% der gesunden
versiegelten Euterviertel über die Trockenstehphase gesund (vs. 73,0%, Cloxacillin-Gruppe,
p<0,05). Nur 3,6% der Viertel dieser Behandlungsgruppe sind zellzahlerhöht und scheiden Erreger
aus (vs. 5,4%, Cloxacillin-Gruppe). Klinische Mastitiden traten in der Studie nur einmal auf und
zwar in der ITS-Gruppe bei einem vor dem Trockenstellen gesunden Viertel unmittelbar vor der
Geburt.
5.3.2
Bewertung der vorgenommenen Kuhselektion
Die eigenen Untersuchungen bestätigen die Ergebnisse anderer Autoren, dass bei eutergesunden
Kühen auf das umstrittene prophylaktische Trockenstellen mit antibiotikahaltigen Präparaten
verzichtet werden kann. Jedoch stellt bis heute die Selektion der zum Trockenstellen anstehenden
Kühe ein bedeutendes Problem dar. Während der Goldstandard, nämlich eine mindestens einmalige
zytobakteriologische Untersuchung jeder Kuh vor dem Trockenstellen, aus ökonomischen Gründen
in der Praxis nicht umzusetzen ist, sollten wenigstens die aufgrund ihrer Mastitishistorie und der
Gesamtgemelkszahlen (MLP) auffälligen Tiere bakteriologisch untersucht werden.
Jedoch stellt sich die Frage, wie Kühe, die nicht zu den “Problemtieren“ einer Herde gehören und
nur zum Ende der Laktation bei z.T. geringer Leistung erhöhte Zellzahlen aufweisen, untersucht
und später trockengestellt werden sollen.
Dieser Frage könnte man aus dem Wege gehen, indem der Zitzenversiegler und antibiotikahaltige
Trockensteller kombiniert eingesetzt werden. So würden die Vorteile beider Methoden – Therapie
bestehender Infektionen und Schutz vor Neuinfektionen – genutzt werden. Doch werden so gesunde
Kühe weiterhin prophylaktisch mit Antibiotika versorgt, was in Deutschland im Rahmen des
Trockenstellens gemäß der Antibiotikaleitlinien noch erlaubt, jedoch in den skandinavischen
Ländern bereits verboten ist.
91
Während die Selektion anhand der MLP-Daten des letzten Laktationsmonats (WOOLFORD et al.,
1998) nicht als ausreichend zu bezeichnen ist, werden anhand des Selektionskriteriums
“Gesamtsgemelkszellzahl < 200.000 Zellen/ml Milch“ aller Untersuchungen der letzten Laktation
(BERRY und HILLERTON, 2002a) viele Tiere als euterkrank eingestuft, deren Infektionen
innerhalb der Laktation schon bis zum Trockenstellzeitpunkt längst vollständig ausgeheilt sind.
Nach HUXLEY et al. (2002) müsste die Zellzahlgrenze auf 25.000 Zellen/ml Milch im letzten
Laktationsmonat gesenkt werden, um unerkannte Infektionen mit major-pathogenen Erregern sicher
ausschließen zu können, was natürlich unrealistisch ist. Bei alleiniger Selektion anhand eines
Grenzwertes von 100.000 Zellen/ml Milch muss mit einem Anteil infizierter Viertel von 1%
gerechnet werden.
Einen im Melkstand unmittelbar vor dem Trockenstellen gut einsetzbaren Cow-Side-Test stellt der
California-Mastitis-Test (CMT) dar.
In der vorliegenden Arbeit wurde der California-Mastitis-Test als wichtigstes Selektionskriterium
eingesetzt. Während JUNG (2005) die Euterviertel einer Kuh über diesen Test unabhängig
voneinander bewertet und Viertel mit einer zweifach positiven Reaktion (CMT++) als krank bzw.
sekretionsgestört ansieht, wurde in den eigenen Untersuchungen zusätzlich der Viertelvergleich zur
Bewertung herangezogen.
Je nach Vierteldifferenz wurden Viertel mit einem zweifach positiven CMT-Ergebnis der ITSGruppe (Vierteldifferenz max. 1 CMT-Grad) oder der Cloxacillin–Gruppe (Vierteldifferenz >1
CMT-Grad) zugeteilt. Mit dieser Art der Selektion konnten altmelkende Kühe mit einer geringen
Milchleistung trotz hoher Zellgehalte auf allen vier Viertel weitgehend sicher als gesund bewertet
werden. Über den unmittelbar vor dem letztmaligen Melken durchgeführten CMT konnten
annähernd 90% der bakteriologisch negativen Viertel als gesund bzw. Zellzahl-unauffällig bewertet
werden. Zu beachten ist, dass die Äskulin-positiven Streptokokken unter anderem auch als latente
Infektionen bzw. als subklinische Mastitiden, ohne deutliche Zellreaktionen im CMT, auftraten,
ohne als solche erkannt zu werden.
Zwei Drittel der gleichzeitig bakteriologisch positiven Viertel wurden über den CMT als auffällig
erkannt. Berücksichtigt man die Tatsache, dass ohne Bewertung der C. spp. die KNS 77,6% der
Erregernachweise in dieser Studie ausmachen und wie bereits beschrieben, ein hoher Anteil der
KNS-Infektionen über die Trockenstehperiode spontan ausheilen, kann das Nichterkennen dieser
Infektionen toleriert werden.
92
Werden zur Bewertung des CMT nur die Zellzahlen berücksichtigt, kommt man zu dem Schluss,
dass 92,4% der Zellgehalt-auffälligen Viertel (ZZ > 100.000) über diesen Cow-Side-Test
identifiziert werden können. In den Untersuchungen von JUNG (2006) wurden über den CMT nur
75,6% der Viertel mit einem Zellgehalt von über 300.000 Zellen/ml Milch erkannt.
5.4
Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen z.T. bisherige Studien, dass mit dem Einsatz interner
Zitzenversiegler gesunde Viertel über die Trockenstehperiode vor Neuinfektionen ausreichend
geschützt werden.
Ein viel diskutiertes Problem des Einsatzes dieser hemmstofffreien “Trockensteller“ stellt die
ausreichend sichere, kostengünstige und einfache Vorselektion sekretionsgestörter bzw. subklinisch
infizierter Kühe dar. Mit dieser Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass über die Anwendung des
CMT bei Berücksichtigung der Vierteldifferenz ein selektives Trockenstellen möglich ist. Die
Gesamtgemelkszellzahlen der monatlichen Milchleistungsprüfungen können als Hilfsmittel nur
ergänzend eingesetzt werden. Beachtung geschenkt werden sollte der antiseptischen Applikation
des Zitzenversiegler, um iatrogene Erregereinschleppungen über den Strichkanal zu vermeiden.
Grundsätzlich sollten Kühe, die auf Viertelebene als euterkrank bewertet wurden, auf allen vier
Vierteln antibiotisch versorgt werden. Einen zusätzlichen Schutz vor Reinfektionen kann dann der
kombinierte Einsatz eines Zitzenversieglers bewirken.
Da in dieser Arbeit der praktikable und auseichend sichere Einsatz des California-Mastitis-Testes
als Selektionshilfsmittel dargestellt wurde, sollte in Zukunft das selektive Trockenstellen auf
Kuhebene zur Optimierung der Eutergesundheit häufiger Anwendung finden, um den
arzneimittelrechtlich bedenklichen prophylaktischen Einsatz von Antibiotika zu minimieren. Das
Trockenstellen mit antibiotikahaltigen Präparaten sollte nur euterkranken und aufgrund des
bekannten Infektionsdruckes in einer Herde den infektionsgefährdeten Kühen vorbehalten sein.
93
6
Zusammenfassung
Ludger Wilhelm Belke
Untersuchungen zur Wirksamkeit eines internen Zitzenversieglers zur Verhinderung von
bakteriellen Neuinfektionen während der Trockenstehperiode nach strenger Vorselektion der Kühe
Ambulatorische und Geburtshilfliche Tierklinik der Veterinärmedizinischen Fakultät der
Universität Leipzig
und
Abteilung Veterinärmedizin des Landesbetriebes des Hessischen Landeslabors, Gießen
Eingereicht im Oktober 2008
97 S., 3 Abb., 34 Tab., 243 Lit.
Schlüsselwörter:
Milchkuh, interne Zitzenversiegler, Trockenstehperiode, Trockenstellen unter antibiotischem
Schutz, Selektives Trockenstellen, Erregerprävalenz, Zytobakteriologie, Milchleistungsprüfung
(MLP), California- Mastitis-Test (CMT), Gesamtgemelkszellzahl
Ziel der Arbeit war die Wirksamkeit eines internen Zitzenversieglers in 10 mittelhessischen
Milchviehbetrieben mit unterschiedlicher Herdengesundheit zu überprüfen, wobei zur Tierauswahl
nur die Daten der Milchleistungsprüfung und die Ergebnisse des California-Mastitis-Testes (CMT)
berücksichtigt wurden. Zudem sollte die Bedeutung der minor-pathogene Erreger am
Infektionsgeschehen unmittelbar vor dem Trockenstellen und nach der Geburt bewertet werden.
Insgesamt wurden 163 Kühe trockengestellt. Anhand der Gesamtgemelkszellzahlen der letzten 3
Laktationsmonate fand eine Vorselektion dieser Kühe statt. Als Selektionskriterium diente als
Zellzahlgrenze ein Gehalt von weniger als 200.000 Zellen/ml Milch in allen Milchkontrollen der
Milchleitstungsprüfung der letzten drei Laktationsmonate. Die endgültige Entscheidung, welche
Kühe nur mit einem internen Zitzenversiegler (ITS, OrbeSeal®) trockengestellt, bzw. welche Tiere
mit einem antibiotikahaltigen Trockensteller (Cloxacillin, Orbenin®Extra) behandelt werden sollten,
wurde mittels des California- Mastitis-Testes getroffen.
So wurden die Viertel von 110 Kühen mit dem Teatsealer versiegelt und 53 Kühe auf allen vier
Eutervierteln antibiotisch trockengestellt. Die Auswertungen dieser Arbeit zeigen, dass die schwach
94
pathogenen Corynebacterium spp. (C. spp.) und die Koagulase-negativen Staphylokokken (KNS)
auf allen 10 Betrieben die vorherrschende Erregergruppe darstellen.
In beiden Behandlungsgruppen konnten vor dem Trockenstellen aus 70,3% bzw. 23,0% aller
bakteriologisch positiven Viertel C. spp. bzw. KNS nachgewiesen werden. Nach der Geburt wurden
diese Erreger noch zu 60,0% bzw. 29,5% aus bakteriologisch positiven Vierteln isoliert.
In der Gruppe der versiegelten Kühe wurden vor dem Trockenstellen bei 1,2% der untersuchten
Viertel major-pathogene Bakterien diagnostiziert (vs. 1,9% p.p.). Die über die Gesamtgemelkszellzahlen und/oder den CMT ausselektierten und antibiotisch trockengestellten Tiere schieden zum
Laktationsende 6,6% diese Erreger aus (vs. 2,8% p.p.).
Aus der Bewertung der bakteriologischen Befunde und den ermittelten Zellgehalten wird deutlich,
dass die C. spp. eine untergeordnete Rolle beim Infektionsgeschehen spielen. KNS jedoch sind je
nach Abwehrlage der Kuh in Einzelfällen zu Infektionen mit Zellzahlerhöhungen fähig.
Ohne Berücksichtigung der C. spp.-Infektionen (wie in den meisten Trockenstellstudien) wurden in
der ITS-Gruppe eine Neuinfektionsrate von 6,9% und in der Cloxacillin-Gruppe von 9%
festgestellt.
Wird die Entwicklung der vor dem Trockenstellen gesunden Viertel (BU− und ZZ ≤100.000
Zellen/ml Milch) beider Behandlungsgruppen über die Laktationsruhe miteinander verglichen, so
bleiben in der ITS-Gruppe 77,3% und in der Cloxacillin-Gruppe 73,0% der untersuchten Viertel
gesund (p<0,05).
Der retrospektive Vergleich der ermittelten zytobakteriologischen Befunde und der Ergebnisse des
California-Mastitis-Testes zeigt, dass dieser Cow-Side-Test einen ökonomischen und für das
geschulte Melkpersonal praktikablen Schnelltest darstellt, der ein selektives Trockenstellen
ermöglicht. So können bei sauberer Durchführung des Tests am Tag des Trockenstellens zwei
Drittel der bakteriologisch positiven (ohne Berückstichtigung der C. spp.) und 92,4% der Zellzahlauffälligen (> 100.000 Zellen/ml Milch) Euterviertel erkannt werden.
Bei mehr als zwei Drittel der in dieser Studie untersuchten Kühe konnten anhand der Selektion
mittels MLP-Daten und California-Mastitis-Test der interne Zitzenversiegler eingesetzt und auf den
Antibiotika-Einsatz verzichtet werden, ohne die Eutergesundheit dieser Tiere zu verschlechtern.
95
7
Summary
Ludger Wilhelm Belke
Investigations of the efficacy of an internal teat sealer for prevention of new intramammary
bacterial infections during the dry period by strictly selected cows
Large Animal Clinic for Theriogenology and Ambulatory Services, Faculty of Veterinary Medicine,
University of Leipzig
and
Abteilung Veterinärmedizin des Landesbetriebes des Hessischen Landeslabors, Gießen
Submitted in October 2008
97 pages, 3 figures, 34 tables, 243 lit.
Keywords: Dairy cow, internal teat sealer, dry cow period, antibiotic dry cow therapy, selective dry
cow therapy, pathogen prevalence, cytobacteriology, performance test of the milk, CaliforniaMastitis-Test (CMT), cow level somatic cell counts
Aim of the present work was to prove the efficacy of an internal teat sealer in 10 herds of dairy
cattle with cow selection by the monthly cow level somatic cell counts and the results of the CMT.
Another aim was to point out the importance of the minor pathogens on the mastitis prevalence at
the last day in milk and the first days post partum.
Altogether 163 cows were dried off. The selection of these cows was determined by the cow level
somatic cell counts of the last 3 months of lactation (≤200 000 cells/ml milk).
The last decision on whether the cows were dried off by an internal teat sealer (ITS, OrbeSeal) or
treated with an antimicrobiological dry cow product (Cloxacillin, OrbeninExtra) was made by the
California-Mastitis-Test.
Finally, the quarters of 110 cows were sealed and 53 cows were given an antibiotic treatment. The
results of the present work indicate that the minor pathogens Corynebacterium spp. (C. spp.) and
the Coagulase-negative Staphylococci (CNS) are the most identified mastitis pathogens.
In both treatment groups the C. spp. and CNS were identified at drying off by 70,3% and 23,0% at
96
all bacteriological positiv quaters. Post partum, these pathogens were isolated by 60,0% and 29,5%
of these quarters.
At the last day in milk, in 1,2% of quarters of the sealed group major pathogens could be isolated
(vs. 1,9% p.p.). The antibiotic treatment group selected by the cow level cell count and CMT lost
6,6 % major pathogens at drying off (vs. 2,8% p.p.).
The results of bacteriological analysis and the cell count data of the milk samples showed the lower
importance of the C. spp. as an mastitis pathogen. Otherwise, the CNS are in rare cases able to
infect the quarters by minor immunological defense of the cow.
Without considering the infections by the minor pathogens C. spp., the rate of new intramammary
infections of the ITS-Group was up to 6,9%, while new infections were considered by 9% in the
antibiotic treatment dairy cows.
The examinations of the healthy quarters (BU− & SCC ≤ 100.000 cells/ml milk) of both treatment
groups showed that around 77,3% of the sealed quarters and 73,0% of the Cloxacillin treated
quarters (p<0,05) the somatic cell count was physiological (SCC ≤ 100 000 cells/ml milk) and no
mastitis pathogens were isolated.
The retrospective comparison between the cytobacterial results and the ones of the CMT show that
this cow-side-test is an economical and practical test for the farmers, that makes a selective dry cow
therapy possible.
Doing the CMT carefully, ⅔ of the bacteriological positive quarters (without considering the C.
spp.) and 92,4 % of quarters with unphysiological somatic cell counts (> 100.000 cells/ml milk)
could be identified with this test.
In summary it can be said that by more than ⅔ of all examinated cows the generally prophylactic
use of antibiotic dry cow treatments are not necessary. By these cows, the internal teat sealer can be
used instead.
97
8
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123
Anhang
Tabelle 5: Beschreibung der Studienbetriebe
Aufbau,
Melkmanagement
A
B
Studien-Betrieb
C
Herdengröße
100-105
120-125
110-115
56-60
200
∅-Laktationsleistung
7 500
8 500
8 700
7 300
9 800
DSB/DRB
DSB
DSB
Kuh-Plätze
80
105
90
Aufstallung
LS, HB
LS/HB
Liegeboxen
GM
GM/StrH
Aufstallung Ts.-Kühe
Anb./W
LS/HB
LS/HB/GM
Fütterung der Herde
TMR/Tr.
TMR/Tr.
TMR/Tr
TMR/Tr
TMR/Tr
Fütterung Ts.-Kühe
TMR
H/TMR
S/H/TMR
S/H/TMR
S/H/TMR
Melksystem
F 2x8
F 2x8
F2x8
F2x4
Vormelken
ja/Be
ja/Bo
ja/Bo
ja/Bo
ja/Be
Euterreinigung
ja/feu
ja/tr
ja/feu
ja/tr
ja/tr
ja/SprD
ja/BeD
ja/BeD
ja/SprD
ja/SprD
alle AB-TS
alle AB-TS
Rasse
Zitzendippen
Trockenstellen
124
LS/HB
GM/Sp
alle AB-TS
D
E
DSB/DRB
DSB
43
235
LS/HTB
LS/HTB
Sp
Sp
LS/HB/GM
LS/HTB/Sp
alle AB-TS
24er MK
alle AB-TS
Tabelle 5: Fortsetzung
Aufbau,
Melkmanagement
F
G
Studien-Betrieb
H
I
J
100-110
85
115-120
120
200
∅-Laktationsleistung
9 300
7 800
8 500
8 500
9 800
Rasse
DSB
DSB/DRB
Kuh-Plätze
115
75
130
105
220
Aufstallung
LS/HTB
LS/HB
LS/HB
LS/HB
LS/HB
Liegeboxen
Str
GM/StrH
GM/StrH
GM/Sp
GM/Sp
LS/HB
LS/HB/GM
LS/HB/GM
LS/HB/Sp
Herdengröße
Aufstallung Ts.-Kühe
LS/HTB/Str
DSB/DRB
DRB/(DSB)
DSB/Jer
Fütterung der Herde
TMR
TMR/Tr.
TMR/Tr
TMR/Tr
Fütterung Ts.-Kühe
S/TMR
H/TMR
S/TMR
S/H/TMR
Melksystem
F 2x6
F 2x6
F2x10
F2x8
F2x10
Vormelken
ja/Be
ja/Bo
ja/Be
ja/Bo
ja/Bo
Euterreinigung
ja/feu
ja/tr
ja/feu
ja/feu
ja/feu
Zitzendippen
ja/SprD
ja/BeD
ja/BeD
ja/BeD
ja/BeD
alle AB-TS
alle AB-TS
alle AB-TS
Trockenstellen
AB-TS/sel.Ts
alle AB-TS
Abkürzungen:
DSB
DRB
LS
HB
HTB
GM
StrH
Sp
Anb
W
TMR
deutsches schwarzbuntes Rind (HF)
deutsches rotbuntes Rind (HF)
Boxenlaufstall
Hochboxen
Hochtiefboxen
Gummimatte
Strohhäckseleinstreu
Spähne
Anbindehaltung
Weidehaltung
Totale Mischration
H
S
F2x4
MK
Be
Bo
feu
tr
SprD
BeD
AB-TS
sel. Ts
Heufütterung
Silagefütterung
Fischgrätenmelkstand Doppel Vierer
Melkkarussel
Becher
Boden
feucht
trocken
Sprühdippen
Becherdippen
antibiotische Trockensteller
selektives Trockenstellen
125
TMR/Tr
S/H/TMR
Danksagung
Mein Dank gilt Herrn Prof. Dr. Axel Sobiraj und Herrn Dr. Wilfried Wolter für das Überlassen des
Themas, die jederzeit gewährte Unterstützung und die hilfreichen Anmerkungen bei der Durchsicht
der Dissertation.
Weiterhin bedanken möchte ich mich bei den Mitarbeitern der Abteilung Veterinärmedizin des
Landesbetriebes des Hessischen Landeslabors Gießen für die Einarbeitung und Unterstützung bei
der Durchführung der Untersuchungen.
Darüber hinaus bedanke ich mich bei den Landwirten, besonders den Skeptikern unter ihnen, die
ihre Milchkühe und alle erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt haben.
Ganz besonderen Dank gilt meiner -noch- kleinen Familie Moni und Lilli für die Rücksichtsnahme
und verständnisvolle Unterstüzung, ohne die ich den Freiraum zur Fertigstellung des Projektes
“Dr.-Arbeit“ nicht gehabt hätte.
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