Neurologie - Heilpraktiker – Wissen

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Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Neurologie Definition: Als Neurologie bezeichnet man die Wissenschaft, die sich mit der Prophylaxe, Diagnose und (nichtoperativen) Therapie von Erkrankungen des zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystems beschäftigt. Im weiteren Sinne zählen auch verschiedene Erkrankungen der Muskulatur (besonders im Bereich des neuromuskulären Überganges) zum Gebiet der Neurologie. I. Grundlagen Einteilung des Nervensystems Man kann das Nervensystem nach der Lokalisation einteilen in das zentrales Nervensystem (ZNS) bestehend aus Gehirn und Rückenmark. peripheres Nervensystem (PNS) = ein System von Nervenbahnen bestehend aus 12 Hirnnervenpaaren und 31 Rückenmarksnervenpaaren (auch Spinalnerven) genannt, die das ZNS mit der Körperperipherie verbinden. Informationen werden an die Peripherie geleitet und Außenreiz zum ZNS übermittelt. und nach seiner Funktion einteilen in dass somatisches (animalisches) Nervensystem (willkürliches Nervensystem), es steuert alle willkürlichen Handlungen, die wir mit der (quergestreiften) Skelettmuskulatur ausführen und die bewusste Wahrnehmung. vegetatives (autonomes) Nervensystem (unwillkürliches Nervensystem), koordiniert die glatte Muskulatur und somit die Tätigkeit der inneren Organe und Drüsen. Als wichtigste Strukturen aus anatomischer Sicht sind das Gehirn (Cerebrum), das Rückenmark (Medulla spinalis), die Nerven (Nervi) und die Ganglien (Ganglia) zu nennen. Psychische Störungen gehen häufig mit vegetativen Störungen einher; z.B. Depression mit einem gestörten Schlaf-­‐Wach-­‐Rhythmus oder Angstattacken mit Schwitzen, Herzrasen und Harndrang ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 1 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Wichtige Strukturen des zentralen Nervensystems (ZNS) Gehirn Das Gehirn des Menschen kann mit rekordverdächtigen Zahlen aufwarten: Es ist mit etwa 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen) ausgerüstet. Und obwohl es mit seinen zwei Kilogramm nur ungefähr drei Prozent des Körpergewichts ausmacht, verschlingt es enorme Mengen an Energie: Etwa 15 Prozent des Gesamtenergiebedarfs des Körpers beansprucht das Gehirn für sich. Das Gehirn liegt in der Schädelhöhle, umgeben von einer knöchernen Kapsel. Als zentrales Steuerorgan des Nervensystems leitet es Befehle über das Rückenmark in die Peripherie bzw. empfängt und verarbeitet Reize aus der Peripherie. Es besteht im Wesentlichen aus folgenden Teilen: •
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Großhirn Zwischenhirn Hirnstamm Kleinhirn Das limbische System ist eine funktionelle Einheit, das aus Strukturen des Großhirns, des Zwischenhirns und des Mittelhirns gebildet wird und die Kerngebiete des Hirnstamms umgibt. Großhirn Das Großhirn (Cerebrum) macht den Hauptanteil des Gehirns aus. Es ist entwicklungsgeschichtlich gesehen, der jüngste Teil unseres Nervensystems und ermöglicht die „höheren“ Funktionen, die den Menschen vom Tier unterscheiden, z.B. Bewusstsein, Gedächtnis, Willen und Kreativität. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 2 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Das Großhirn besteht aus 2 Hälften. Beide Großhirnhälften kann man in vier Lappen unterteilen: •
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Stirnlappen = steuert willkürliche Bewegungen und enthält da Sprachzentrum. Scheitellappen = ist zuständig für Druck, Schmerz und Tastempfinden. Aber auch das Sprachverständnis und die Verarbeitung von Gelesenen haben hier ihren Sitz. Hinterhauptslappen = hier befindet sich das Sehzentrum. Schläfenlappen = enthält die Hörrinde und ein weiteres Sprachzentrum. Zwischenhirn Kann als Schaltstelle zwischen Großhirn und Stammhirn gesehen werden. Bestandteile: Thalamus = „Tor zum Bewusstsein“. Alle eingehenden Informationen werden von den Nervenzentren des Thalamus aufgenommen, verarbeitet und gefiltert. Wie bei einer Sekretärin im Vorzimmer des Chefs werden nur wichtige Informationen an das Großhirn weitergeleitet, wo sie dann bewusst wahrgenommen und verarbeitet werden können. Hypothalamus = ein sehr kleiner Bereich des Gehirns, der wie der Name schon sagt, direkt unter dem Thalamus liegt. Es stellt das Bindeglied zwischen Hormon-­‐ und Nervensystem dar und koordiniert beider Tätigkeiten. Außerdem steuert er die Körpertemperatur, den Wasserhaushalt, die Nahrungsaufnahme sowie Kreislauf, Verdauungstrakt und Ausscheidung. Der Hypothalamus steht in Verbindung mit der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), welche, gesteuert vom Hypothalamus, Hormone abgibt. Hirnstamm oder das Stammhirn ist der entwicklungsgeschichtlich älteste Teil des Gehirns, deshalb wird er auch als Reptilienhirn bezeichnet. Zu den Strukturen des Hirnstamms zählen: ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 3 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen • verlängertes Mark = enthält wichtige Steuerungszentren zur Regulierung von Herz, Kreislauf und Atmung. • Brücke (Pons) = hier sitzt ebenso ein wichtiges Steuerungszentrum zur Atmungsregulation. • Mittelhirn = eine wichtige Schaltstelle zwischen wichtigen Hirnstrukturen und es trägt zur Steuerung von unwillkürlichen Reflexen bei, außerdem steuert es die optischen und akustischen Reflexe. Die Strukturen des Hirnstamms steuern überlebensnotwendige Vorgänge wie Atmung, Herzfrequenz und Regulierung der Gefäße. Sie koordinieren Bewegungen und Reflexe und bestehen vor allem aus vielen auf-­‐ und absteigenden Nervenbahnen. Kleinhirn Wichtiges Zentrum zur Feinregulation und Koordination der Motorik. Das Kleinhirn steuert die Muskelspannung, Bewegungen und das Gleichgewicht. Limbische System Das limbische System spielt eine große Rolle im Zusammenhang mit der Steuerung von Emotionen. Wut, Angst, sexuelle Lust und Aggression sollen hier ihren Ursprung haben. Das limbische System besteht aus Anteilen des Großhirns, des Zwischenhirns und des Mittelhirns. Strukturen wie der Mandelkern (Amygdala) und der Hippokampus werden zum limbischen System gerechnet Hirnhäute und Liquor Die Hirnhäute und das Ventrikelsystem mit dem Hirnwasser (Liquor) dienen als Schutzeinrichtung für das äußerst empfindliche Nervengewebe von Gehirn und Rückenmark. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 4 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Nervenzelle (Neuron) = die kleinste funktionelle Einheit des Nervensystems. Eine Nervenzelle besteht aus: •
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Zellkörper Dentrit: reizaufnehmende Zellfortsätze, diese dienen der Informationsaufnahme. Jede Nervenzelle hat viele Dentriden. Axone: reizweiterleitende Zellfortsätze, sie dienen der Befehlsweiterleitung und –abgabe. Das Axon entspringt aus dem Zellkörper und überträgt das Nervensignal auf andere Nerven, Muskeln oder Drüsenzellen. Die Reizübertragung innerhalb einer Nervenzelle erfolgt elektrisch. Die Reizübertragung von einer Nervenzelle auf eine andere ist allerdings ein chemischer Vorgang der in Sekundenbruchteilen abläuft. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 5 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen 1. Soma mit Dendriten Der "vordere" Teil der Nervenzelle besteht aus dem gut sichtbaren Zellkörper (Soma) mit den baumartig verästelten Dendriten. Der Zellkörper enthält u.a. den Zellkern und viele Mitochondrien, die für die Energieversorgung der Nervenzelle verantwortlich sind. 2. Axon Der "hintere" Teil der Nervenzelle besteht aus dem sehr langen, am Ende oft verzweigten Axon. Das Axon einer Nervenzelle kann bis zu 1 m lang sein. Oft sind die Axone von einer isolierenden Hülle umgeben, der Myelinscheide. Diese besteht aus einzelnen SCHWANNschen Zellen, die sich um das Axon wickeln und nur kurze Bereiche frei lassen, die RANVIERschen Schnürringe. Am Ende eines Axons bzw. einer Axonverzweigung befinden sich kleine Verdickungen, die synaptischen Endknöpfchen. 3. Synapsen Die Verbindungsstellen zwischen zwei Nervenzellen heißen Synapsen. Eine Synapse besteht aus der präsynaptischen Endigung der einen Nervenzelle (synaptisches Endknöpfchen mit der präsynaptischen Membran) und der postsynaptischen Membran an einem Dendriten oder am Soma der nächsten Nervenzelle. Die Informationsübertragung an den Synapsen erfolgt mithilfe chemischer Botenstoffe, der Neurotransmitter. Synapse Der Bereich, in dem ein Reiz von einer Nervenzelle auf eine andere übertragen wird nennt man Synapse. Die Synapse ist also die Kontaktstelle eines Axons einer Nervenzelle mit einem anderen Neuron, einem Muskel oder einer Drüsenzelle. Eine Synapse besteht aus drei Bereichen. •
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Präsynaptische Endigung: kolbenförmige Auftreibung des Axons der reizabgebenden Zelle. Sie enthält Bläschen, in denen Botenstoffe (Neurotransmitter) gespeichert werden, die sich bei Bedarf in den synaptischen Spalt entleeren. Synaptischer Spalt: zwischen Axon und Zielzelle; die Neurotransmitter diffundieren dann zur postsynaptischen Membran. Postsynaptische Membran der Zielzelle: an der Oberfläche der postsynaptischen Nervenzelle befinden sich Rezeptoren, die bei Kontakt mit einem Neurotransmitter eine Erregungswelle in der postsynpatischen Nervenzelle auslösen. Heute weiß man, dass viele psychische Störungen mit Störungen der Reizübertragung und einem Die wichtigsten Neurotransmitter sind: Ungleichgewicht der Neurotransmitter einhergehen (z.B. Depression, • Adrenalin Schizophrenie). Moderne Psychopharmaka wirken auf diesen 6 ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall Bereich ein und regulieren die der Neurotransmitter. Konzentration Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen • Noradrenalin • Dopamin • Serotonin • GABA (gamma-­‐Aminobuttersäure) Adrenalin, ein Stresshormon, wird in der Nebenniere gebildet und bei physischen/psychischen Belastungen ausgeschüttet. Seine Hauptfunktion ist die Anpassung des Herzkreislaufsystems und des Stoffwechsels an stressbedingte Belastungen. Mit Adrenalin wird unser System "hochgefahren". Alarm! Gefahr! Energiebedarf! Flucht oder Kampf! Fett und Zucker werden bereitgestellt, der Blutdruck erhöht. Noradrenalin ist ein wichtiger aktivierender Botenstoff des zentralen vegetativen Nervensystems (Sympathikus). Herzkreislauf, Atmung, Stoffwechsel und die Magen-­‐
Darmfunktionen werden durch das vegetative Nervensystem gesteuert, was auch erklärt, warum manche Menschen mit Magen und Darm auf eine Stressbelastung reagieren. (Reizmagen, -­‐darm). Dopamin, ein Neurotransmitter, wirkt ebenfalls gegen Erschöpfung und Müdigkeit. Es ist die Vorstufe von Noradrenalin und Adrenalin und damit einer der wichtigsten Neurotransmitter (Botenstoffe) im Zentralnervensystem. Serotonin ist als das körpereigene Antidepressivum (Glückshormon) bekannt. Es ist ein dämpfend-­‐entspannend und stark stimmungsaufhellend wirkender Neurotransmitter, Er wirkt schlaffördernd, antidepressiv, schmerzhemmend und motivationsfördernd. Zudem beeinflusst Serotonin positiv das Sättigungsempfinden und wirkt damit appetitreguliernd. Gaba gehört bei den Neurotransmittern zum Bremssystem. Wir brauchen GABA, um uns wieder "abzuregen ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 7 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Beispiel Depression: Das Gehirn des Menschen besteht aus Milliarden von
Nervenzellen (Neuronen), die unentwegt Signale übermitteln und verarbeiten. Die
Signale laufen als elektrische Ströme durch die Nervenbahnen. Die einzelnen Neuronen
stehen über spezielle Kontaktstellen, die Synapsen, miteinander in Verbindung. Über
diese Kontaktstellen werden Signale von einer Nervenzelle auf die nächste übertragen,
und zwar mithilfe von bestimmten Überträgersubstanzen, den Neurotransmittern.
Trifft ein elektrischer Impuls an der vor der Synapse liegenden Nervenzelle
(präsynaptisches Neuron) ein, so schüttet die Nervenzelle aus ihren Speichern
Neurotransmitter in eine mikroskopisch kleine Lücke, den synaptischen Spalt, aus.
Diese Botenstoffe wandern zur Nervenzelle, die hinter der Synapse liegt
(postsynaptisches Neuron), wo sie an bestimmte Bindungsstellen (Rezeptoren)
andocken, was wiederum einen elektrischen Impuls auslöst.
Die Neurotransmitter stehen beim gesunden Menschen in einem bestimmten
Gleichgewicht zueinander. Bei Depressionen ist diese Balance zwischen den
Neurotransmittern gestört, was in Symptomen wie gedrückter Stimmungslage,
Antriebslosigkeit und Schlafstörungen seinen Niederschlag findet.
Insbesondere kommt es bei depressiven Menschen zu einer verminderten Aktivität
jener Nervenzellen, die die Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin
übertragen. Durch Medikamente zur Behandlung der Depression (Antidepressiva) wird
die Konzentration dieser Neurotransmitter an den Synapsen erhöht. Dieser Vorgang
benötigt allerdings etwas Zeit, weshalb das Gleichgewicht zwischen den
Überträgersubstanzen erst einige Tage bis Wochen nach Therapiebeginn
wiederhergestellt ist – und somit auch die depressiven Symptome abklingen. Wichtige Strukturen des vegetativen Nervensystems Viele psychische Störungen gehen mit sog. vegetativen Symptomen einher. Während eines akuten Angstanfalls beispielsweise leiden viele Klienten an Symptomen wie z.B. Schwitzen, Zittern, Herzklopfen oder Beschwerden des Verdauungstrakts. Das VNS besteht aus zwei gegensinnig wirkenden Anteilen, dem Sympathikus und dem Parasympathikus. •
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Sympathikus ist für die Aktivierung körperlicher Vorgänge bei Flucht oder Kampf zuständig. Wirkung: Beschleunigung der Atmung und der Herztätigkeit, Weitstellung der Bronchien, der Herzkranzgefäße und Pupillen, Steigung des Blutdrucks, Hemmung der Verdauungsvorgänge. Parasympathikus ist in Ruhe-­‐ und Verdauungsphasen aktiv. Das ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 8 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen parasympathische System bewirkt das Gegenteil des Sympathikus. Neurologische Krankheitsbilder Epilepsie Definition: • Es handelt sich bei der Epilepsie um eine plötzliche Übererregbarkeit vieler Nervenzellen – man spricht auch vom „Gewitter im Gehirn“. • Eine plötzliche Entladung von Neuronen geht mit einer Synchronisation (Gleichschaltung) vieler Nervenzellen einher. Man unterscheidet: • Fokaler oder partieller Anfall: hier bleibt die Entladung auf ein bestimmtes Hirnareal begrenzt. • Generalisierter Anfall: hier breitet sich die Erregung über das ganze Gehirn aus. Klassifikation epileptischer Anfälle nach ihrer Entstehung • Idiopathische (oder genuine = angeboren) Epilepsien: Sie treten ohne ersichtliche Ursache zwischen dem 10. Und 30. Lebensjahr auf. Hier wird eine familiäre Disposition vermutet. •
Symptomatische Epilepsien: Zerebrale Krampfanfälle als Folge einer Schädigung des Gehirns, z.B. schweres Schädel-­‐Hirn-­‐Trauma, durch Sauerstoffmangel bei der Geburt, Tumorerkrankungen, Vergiftung (Drogen, Alkoholismus), eine Stoffwechselerkrankung oder Blutungen. Bei über 50% der Epilepsien bleibt die Entstehung ungeklärt. Diese Fälle werden als kryptogen bezeichnet. Symptomatik Grand mal: 1. „Epileptische Aura“, hierbei handelt es sich um eine abnorme Wahrnehmung kurz vor den epileptischen Anfall. Betroffenen berichten von folgenden Wahrnehmungen: „epigastrische Aura“ = ein vom Magen aufsteigendes undefinierbares Gefühl, ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 9 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen meist verbunden mit einem eigenartigen Gefühl der Entfremdung „dreamy state“, sowie optischen, akustischen oder olfaktorischen Halluzinationen = „sensorische Aura“. 2. Initial-­‐Schrei oder Stöhnen, Patient fällt zu Boden, Augen sind häufig verdreht, Pupillen sind lichtstarr, 3. tonisches Stadium = Körper nimmt angespannte Streckhaltung ein, 4. klonisches Stadium = rhythmische Zuckungen der Extremitäten, Verlust des Bewusstseins, Zungenbiss, Schaum vor dem Mund und unwillkürlicher Harn-­‐ und Stuhlabgang können folgen. Der Anfall endet meist nach wenigen Minuten, danach ist der Patient sehr erschöpft und kann in einen 5. Terminalschlaf fallen à keine Erinnerung an den eigentlichen Anfall (Amnesie). Status epilepticus Liegt vor, wenn mehrere Anfälle hintereinander als Serie auftreten oder ein Anfall länger als 5 min. andauert. Gefahr: sollten die Anfälle länger als 20 min. andauern, droht eine Hirnschädigung durch Hypoxie. Der Status epilepticus ist ein Notfallsituation und lebensbedrohlich! Notarzt verständigen, wenn ein Patient in Folge 2x krampft. Absencen Plötzliche Bewusstseinspause von 5-­‐20 Sekunden, tritt meist bei Kindern auf. Fokaler Anfall Die Symptomatik ist auf eine Körperseite begrenzt und zeigt sich in gleichförmigen Automatismen, z.B. Schmatzen, Lecken, Nesteln) und vegetativer Begleiterscheinung, z.B. Schwitzen, Herzklopfen. Chronisch organisches Psychosyndrom kann sich aus einer Epilepsie bilden. ( siehe ICD-­‐10 F0 Störungen ) Diagnostik: Ärztliche Abklärung mittels EEG, CT, MRT beim Neurologen oder in Kliniken. Differentialdiagnose: Psychogene Anfälle bei dissoziativen Störungen (siehe ICD-­‐10 F4 ) Krankheitsverlauf und Epidemiologie • Häufige neurologische Erkrankung, ca. 0,5 bis 1% der Bevölkerung. • 75% erkranken vor dem 20. Lebensjahr. Verlauf und Prognose richten sich nach der Ursache. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 10 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen 2/3 der Betroffenen sind nach medikamentöser Behandlung anfallsfrei. Erhöhtes Suizidrisiko! Ätiologie Ursachen: Idiopathisch oder kryptogen (über 50%) Symptomatisch: • Posttraumatisch (z.B. Schädel-­‐Hirn-­‐Trauma) • Perinatale Gehirnschädigung (Geburtskomplikationen) • Hirntumore • Medikamente, Drogen, Alkohol (Entzug!) • Infektionen (z.B. Enzephalitis) • Metabolisch (z.B. Hypoglykämie, Urämie) Therapie Medikamentöse Behandlung = Dauermedikation. Mittel der Wahl sind Antikonvulsiva (Medikamente gegen Krampfanfälle). Im Notfall Benzodiazepine z.B. Valium • Psychoedukative Therapieelemente zur Information des Patienten und deren Angehörige sind sinnvoll. •
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Erstmaßnahmen beim epileptischen Anfall: Gegenstände entfernen (Verletzungsgefahr) Krampfenden nicht festhalten oder Zungenkeil einschieben (Verletzungsgefahr), Kleidung lockern, um die Atmung zu verbessern, nach Anfall à stabile Seitenlage. Notarzt rufen, wenn der Anfall länger als 5 Minuten dauert oder 2 Anfälle in Folge auftreten, wenn der Patient blau wird oder die postiktale Verwirrtheit länger als 30 Minuten andauert. Morbus Parkinson (1817 von J. Parkinson als „shaking palsy“ (Schüttellähmung) beschrieben. Definition: Die Parkinson’sche Krankheit ist eine langsam fortschreitende unaufhaltbare Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei dem dopaminerge Nervenzellen in der Substantia nigra im Mittelhirn zugrunde gehen. Synonyme sind Morbus Parkinson, Parkinson-­‐Syndrom oder Parkinsonkrankheit. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 11 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Klassifikation: Idiopathische oder primäre Form: ohne erkennbare Ursache, degenerativ, über 80% der Fälle). Symptomatische oder sekundäre Form: bedingt durch Medikamente, Intoxikationen, Tumore, Gefäßveränderungen im Gehirn..). Zu den klassischen Hauptsymptomen des Morbus Parkinson gehören die folgenden 4 Symptome, die Bewegungsstörungen betreffen: Bewegungsarmut (Akinesie) Zittern (Tremor) Muskelsteifheit (Rigor) Gang-­‐ oder Gleichgewichtsstörungen ( Instabilität). Die Hauptsymptome entwickeln sich langsam während des Krankheitsverlaufs und können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Nicht jeder Patient weist alle vier Hauptsymptome auf. Psychische Begleitsymptome: • Depressive Symptome • Affektlabilität • Angstsymptome (Angst vor dem Stürzen) • Verlangsamung der geistigen Funktionen • Demenzielle Symptome (im Spätstadium). •
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Vegetative Begleitsymptome: • Seborrhö („Salbengesicht“) • Schwitzen • Harnverhalt • Verstopfung • Blutdruckabfall • vermehrter Speichelfluss. Diagnostik: • Körperliche Untersuchung (Hinweise auf Rigor, Tremor, Akinese) • EEG und Bildgebung (CT/MRT) • ggf. Therapieversuch mit L-­‐Dopa (Ansprechen auf Therapie untermauert die Diagnose). Differentialdiagnose: • Andere neurologische Erkrankungen mit Gangstörungen, z.B. Normaldruck-­‐
Hydrozephalus, • seniler Tremor „Alterszittern“, • Depression, ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 12 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen • Demenz anderer Genese. Therapie: 1. Schwerpunkt ist die medikamentöse Behandlung mit L-­‐Dopa, da in den geschädigten Nervenzellen der Botenstoff Dopamin fehlt. Es wird die chemische Vorstufe L-­‐Dopa, weil das Dopamin selbst die Blut-­‐Hirn-­‐Schranke nicht durchdringen kann. Nebenwirkungen von L-­‐Dopa: • Wirkung lässt nach 2-­‐5 Jahren nach, • der Wirkungsverlust führt zu akinetischen Phasen und starken Schwankungen der Beweglichkeit, • überschießende Bewegungen des Kopfes, des Rumpfes, der Extremitäten oder der Gesichtsmuskulatur während der Einnahme, • paranoid-­‐halluzinatorisches Erleben und delirante Symptome als Folge einer langjährigen Einnahme – unbedingt in gute neurologische Hände geben! 2. Beratungsgespräche mit Patienten und den Angehörigen, 3. Krankengymnastik, 4. Ergotherapie, 5. Eine ausgewogene Ernährung, 6. ausreichende Flüssigkeitszufuhr, 7. begleitende Psychotherapie bei depressiver Symptomatik. Chorea Huntington Definition: Die Chorea Huntington wurde auch als „Veitstanz“ bezeichnet, weil sie sich in zuckenden, einschießenden Bewegungen äußert. Sie wurde erstmals als Erbkrankheit vom Amerikaner C. Huntington beschrieben. Die Erkrankung betrifft 10 von 100 000 Menschen und beginnt meist zwischen dem 40. Und 50. Lebensjahr. Symptome: 1. Organische Wesensveränderung meist als Erstsymptome: • Unruhe, • Konzentrationsstörungen, • Affektlabilität, • in fortgeschrittenen Stadien Verwahrlosung. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 13 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen 2. Bewegungsstörungen • Ständige Bewegungsunruhe, • groteske Extremitätenbewegungen, • Hyperkinesien im Gesicht, • später verlangsamte Bewegungsabläufe (Bradykinesen). 3. Unartikulierte Sprache 4. Patienten wirken schwer krank und abgemagert, 5. Entwicklung einer Demenz 6. im Einzelfall: psychotische Verläufe, 7. Suizidalität Verlauf: Die Erkrankung schreitet kontinuierlich fort. Zu Beginn stehen häufig seelische Veränderungen im Vordergrund. Depression und schizophrenieähnliche Zustände sind häufig. Spätestens nach 15 Jahren besteht eine Demenz. Die Erkrankungsdauer beträgt 15-­‐20 Jahre (längste dokumentierte Verläufe 40 Jahre). Die Patienten versterben meist an den Folgeerkrankungen der Lunge oder des Kreislaufsystems. Diagnostik: Gentests im Falle einer familiären Belastung, SEP = Somato-­‐sensibel evozierte Potenziale = Reizung von Nerven und Messung ihrer Reaktion. MRT = Magnetresonanztomographie EEG = Elektro-­‐Enzephalogramm – bei Veränderungen im fortgeschrittenen Stadium. Differentialdiagnose: • Chorea minor (bei Kindern mit rheumatischem Fieber), • Chorea gravidarum (zwischen dem 3. Und 5. Schwangerschaftsmonat), • Morbus Wilson • Enzephalitiden Therapie: Es gibt hoffnungsvolle Therapiemodelle, die den Ausbruch der Erkrankung verhindern bzw. den Verlauf günstig beeinflussen können – Modelle befinden sich noch in der Versuchsphase. Medikamentöse Therapie: • Mineralstoffe, z.B. Ubichinon (Co-­‐Enzym Q10), Vitamin E, Vitamin C Betacarotin sowie Kreatin, • Nootropika, z.B. Piracetam oder Tiaprid • Neuroleptika, zur Bekämpfung Bewegungsunruhe und zur Behandlung von aggressivem Verhalten mit Wahnsymptomatik, • Benzodiazepine bei Unruhe und Angst, • Antidepressiva. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 14 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Außerdem unterstützend: • Stressreduktion • Vermeiden von Kaffee und Alkohol, • Physiotherapie, • regelm. Hirnleistungstraining, • Sprechtraining, • Entspannungstraining, • Gewichterhaltung (Gewichtsabnahme verschlechtert die Prognose), • psychotherapeutische Behandlung (auch von Angehörigen), • Kontakt zu Selbsthilfeorganisationen. Multiple Sklerose = eine chronisch entzündliche ZNS-­‐Erkrankung, die zur herdförmigen Zerstörung der Markscheiden führt. Sie ist mit einer Häufigkeit von 1:2000 Einwohnern eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen in unseren Breiten. Erstmanifestation v.a. im 20.-­‐40. Lebensjahr. Frauen sind häufiger betroffen. Symptome: Frühsymptome: • Sehstörungen wie verschwommenes Sehen, Doppelbilder oder ruckartige Augenbewegungen (Nystagmus), • Konzentrationsstörungen Weiterer Verlauf: • Motorische Störungen: spastische Lähmungen der Beine • Kleinhirnsymptome: Sprechstörungen (abgehacktes Sprechen), zerebrale Ataxie und Intentionstremor (Zittern bei feinmotorischen Handlungen), typisch: breitbeinig-­‐steifes Gangbild mit Gangunsicherheit. • Blasen-­‐Darm-­‐Störungen durch Beteiligung des Rückenmarks, • Sensibilitätsstörungen: Parästhesien („Ameisenlaufen“, „pelziges Gefühl“), verminderte Berührungs-­‐ und Schmerzempfindungen. • Nystagmus (Augapfelzittern). Psychische Störungen: Können als Reaktion auf die Erkrankung oder auch hirnorganisch, also durch die Erkrankung selbst auftreten. • Affektive Störungen: ca. 50% entwickeln eine depressive Symptomatik, v.a. junge Männer haben ein erhöhtes Suizidrisko. • Paranoide Symptome :treten seltener und erst im späteren Verlauf der Erkrankung auf. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 15 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen • Demenz: hängt von der Lokalisation der betroffenen Hirnareale ab und tritt erst im fortgeschrittenen Stadium auf. Diagnostik: • Messung (evozierter Potentiale, d.h. Aufzeichnung von Reizantworten des ZNS auf akustische, sensorische und visuelle Reize, • MRZ (Magnetresonanztomographie) • Differenzierte Prüfung der Sehleistung • Liquoruntersuchung Differentialdiagnose: • Andere Demenzformen z.B. M. Alzheimer, vaskuläre Demenz, M. Parkinson (Differenzierung erfolgt über bildgebende Verfahren). • Tumore • Infektionskrankheiten z.B. Syphilis, Borreliose • Myelitis = Entzündung des Rückenmarks Therapie: • Glukokortikoide • evtl. Interferon • evtl Immunglobulinen • Mitoxantron = Mittel zur Krebsbehandlung • Krankengymnastik • Psychotherapie: gute Ergebnisse werden mit körperorientierten Verfahren erzielt (Bioenergetik). Schädel-­‐Hirn-­‐Trauma = Sammelbezeichnung für alle Schädelverletzungen mit oder ohne Hirnbeteiligung; jährlich sind etwa 800 von 100 000 Einwohnern betroffen und es ist die häufigste Todesursache junger Menschen unter 40 Jahren (Hauptursache: Verkehrsunfälle). Symptome: Akute Symptome: • Bewusstseinsstörungen: eingeschränkte Wachheit, optische und akustische Reize werden vermindert wahrgenommen, später betrifft dies auch Schmerzreize, evtl. Bewusstlosigkeit oder Koma (Stunden bis Tage), • Amnesie: retrograd und anterograd, • unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, • Neurologische Ausfälle: einseitige Pupillenerweiterung, halbseitige Lähmungen, ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 16 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen • Krampfanfall. Psychiatrisch-­‐neurologische Langzeitfolgen (treten selten auf): • Hirnleistungsschwäche • Wesensveränderungen, z.B. vorher unbekannte Aggressivität, • wiederkehrende epileptische Anfälle, • Verlangsamung, Reizbarkeit, Depression, • Demenz • Apallisches Syndrom: schlafähnlicher Zustand, bei dem die grundlegenden Lebensfunktionen fortbestehen (Wachkoma). Verlauf: Ist abhängig von der Schwere der Verletzung sowie der entsprechenden rechtzeitig erfolgten medizinischen Maßnahmen. Diagnostik: • Computertomographie • Hirndruckmessung • Neurophysiologische Tests (in der Rehabilitationsphase) Therapie: Ziel ist der Erhalt bestehender Hirnfunktionen und Übernahme gestörter Funktionen durch andere Hirnareale. Zusätzlich nach intensivmedizinischer Behandlung sind folgende Maßnahmen durchzuführen: • Ergotherapie • Physiotherapie • Sprachtherapie • Therapie mit Tieren, z.B. Hippotherapie ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 17 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Therapie mit Psychopharmaka Grundsätze è Die Behandlung mit Medikamenten zählt zur so genannten Somatotherapie, einer Sammelbezeichnung für alle körperlichen Behandlungsmethoden von psychiatrischen Krankheiten, die neben der Therapie mit Psychopharmaka die Elektrokrampfbehandlung, Schlafentzugstherapie oder Lichttherapie umfasst. è Etabliert hat sich die medikamentöse Therapie erst seit den 50er-­‐Jahren des 20. Jahrhunderts. è Folge: die durchschnittliche Verweildauer in psychiatrischen Kliniken von mehreren Jahren konnte auf etwa 30 Tage reduziert werden. è Psychopharmaka haben nach wie vor einen schlechten Ruf in der Bevölkerung, z.B. „chemische Zwangsjacke“, „ Pillenkeule“. Diese Vorurteile sind teils berechtigt, müssen aber in vielen Punkten korrigiert werden: 1. die Verschreibungskultur der Ärzte hat sich in den letzten Jahren stark verändert. 2. Modernere Medikamente zeigen gezieltere Wirkungen. 3. Unerwünschte Nebenwirkungen werden ernst genommen, stärker beachtet und können bei sinnvollem Einsatz sogar vermieden werden. Kritik: 1. die Psychopharmakotherapie wird noch unzureichend mit Psychotherapie oder Soziotherapie kombiniert. 2. Tranquilizer und Hypnotika werden häufig noch zu unkritisch verschrieben. 3. In Altenpflegeheimen werden bei bis zu 50% der Bewohnern regelmäßig Psychopharmaka verabreicht. Stellenwert der Psychopharmaka Einteilung in: • Antidepressiva • Neuroleptika • Tranquilizer • Hypnotika • Phasenprophylaktika/Antiepileptika • Psychostimulanzien • Nootropika ü Antidepressiva und Neuroleptika sind beispielsweise für viele Patienten unverzichtbar und können zu einer erheblichen Verringerung von Leiden beitragen. ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 18 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen ü In vielen Fällen ist dadurch erst eine psychotherapeutische Behandlung möglich. ü Es werden Bedingungen geschaffen, damit Betroffene in ihrem Umfeld bleiben können, dadurch kann eine langfristige stationäre Behandlung häufig verkürzt oder verhindert werden. ü Bei Tranquilizern und Hypnotika hingegen muss die Indikation sehr streng gestellt werden, da diese Medikamente bei längerfristiger Einnahme ein klares Abhängigkeitspotenzial besitzen. ü Außerdem werden Tranquilizer oft unreflektiert eingenommen, um einen unangenehmen, teils aber auch notwendigen Leidensdruck zu mindern. ü Dadurch wird verhindert, dass sich die Patienten mit ihrer seelischen Problematik auseinandersetzen. Einnahme und Darreichungsformen è Mit Complaince bezeichnet man das Ausmaß der Mitarbeit des Patienten. Im Zusammenhang mit Psychopharmaka bedeutet es, dass die Medikamente vom Patienten nur unregelmäßig oder gar nicht eingenommen werden. è Übliche Darreichungsformen sind Tabletten, Kapseln, Tropfen, Saft, Suspensionen oder Dragees. Außerdem können sie auch als Depotspritzen verabreicht werden, dieses hat den Vorteil, dass das Medikament bis zu 4 Wochen am Stück wirken kann. Grundsätze der Verordnung von Psychopharmaka 1. Verordnung erst nach gesicherter Diagnose. 2. Differenzierte Aufklärung vom Facharzt um die Complaince des Patienten zu sichern. 3. Die Gabe von mehreren Medikamenten sollte nach Möglichkeit vermieden werden, bei schweren Krankheitsbildern ist dieses jedoch oft nicht möglich. 4. Tranquilizer und Hypnotika sollten, wenn nicht anders möglich, nur in notwendiger Dosis verabreicht werden. 5. Eine Medikamentengabe ist mit anderen Verfahren, v.a. einer Psychotherapie zu kombinieren. Aufklärung Auch der Heilpraktiker für Psychotherapie sollte an einer differenzierten Aufklärung teilnehmen und gut mit den behandelnden Psychiatern kooperieren. Antidepressiva ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 19 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Antidepressiva wirken stimmungsaufhellend, antriebssteigernd und auch psychomotorisch dämpfend. Bei der Anwendung von Antidepressiva ist keine Toleranzentwicklung oder Abhängigkeit zu befürchten. Dennoch kann es zu Absetzphänomenen wie: •
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Unruhe, Schweißausbrüchen, Erbrechen und Schlafstörungen kommen. Antidepressiva werden nicht nur zur Behandlung von Depressionen eingesetzt, sondern auch bei: •
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Angsterkrankungen, Zwangsstörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, Schlafstörungen, Entzugssyndromen und chronischen Schmerzzuständen. Die Reizleitung im Gehirn läuft über Nervenstränge. Zwischen den einzelnen Strängen befindet sich ein Spalt. Um die Reizleitung hier nicht zu unterbrechen, wird ein von der Nervenbahn ankommender Reiz, mittels Botenstoffen, durch diesen Spalt übertragen. Dies sind beispielsweise Serotonin und Noradrenalin. Nach erfolgter Reizübertragung müssen diese Substanzen wieder aus dem Spalt (z.B. durch Enzyme) entfernt werden, damit das Signal wieder abebben kann. Geschieht dies zu schnell, kann es zu psychischen Störungen, bspw. einer Depression kommen. Psychopharmaka sind Medikamente zur Behandlung psychischer Symptome und dürfen
nur von einem Arzt eingesetzt werden.
Antidepressiva werden bei Depressionen und auch anderen Störungen eingesetzt. Sie
machen nicht abhängig.
Die wichtigsten Antidepressiva sind: Trizyklische Antidepressiva / Tetrazyklische Antidepressiva -­‐ Diese Antidepressiva haben eine sehr breite Wirkung, damit allerdings auch eine Vielzahl an Nebenwirkungen SSRI -­‐ selektive Serotonin-­‐Wiederaufnahme-­‐Hemmer ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 20 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Sie hemmen speziell die Serotonin-­‐Wiederaufnahme im Gehirn. SNRI -­‐ selektive Noradrenalin-­‐Wiederaufnahme-­‐Hemmer -­‐ Sie hemmen speziell die Noradrenalin-­‐Wiederaufnahme im Gehirn SSNRI -­‐ Duale Serotonin-­‐ und Noradrenalin-­‐ Wiederaufnahme-­‐Hemmer -­‐ Sie wirken auf die Serotonin-­‐ und Noradrenalin-­‐Wiederaufnahme gleichzeitig. Mao-­‐Hemmer -­‐ bei schweren Depressionen und Morbus Parkinson Bis zum Ansprechen auf eine pharmakologische Therapie kann es bis zu sechs Wochen dauern. Man geht von einer Wirksamkeit bei depressiven Störungen von 65 – 75 % aus. Die Nebenwirkungen von Antidepressiva treten gehäuft vor Eintritt der tatsächlichen antidepressiven Wirkung auf und können in dieser Phase sehr stark ausgeprägt sein. Sie bilden sich jedoch bei längerer Therapie häufig wieder zurück. Mögliche Nebenwirkungen sind unter anderem •
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Antidepressiva
verändern die
Reizweiterleitung
im Gehirn, indem sie in
den BotenstoffHaushalt eingreifen.
sexuelle Störungen (v.a. Störung der Libido) Mundtrockenheit, Schwitzen, Herzrasen, Verstopfung, Störung beim Wasserlassen, Sehstörungen, Niedriger Blutdruck, Übelkeit und Erbrechen Antidepressiva werden mittlerweile bei einer ganzen Reihe von psychischen Störungen angewendet. Ihre Hauptwirkung besteht in einer Aufhellung der Stimmung und einer Antriebssteigerung. Das Einsetzen der Wirkung kann bis zu 6 Wochen dauern. Durch die Wiedergewinnung des Antriebs ist besonders beim Einsetzen der Wirkung auf eine
erhöhte Suizidgefahr zu achten!
Antidepressiva bewirken keine Abhängigkeit und Toleranzentwicklung.
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©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 21 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Neuroleptika (Antipsychotika) Neuroleptika werden hauptsächlich bei Psychosen eingesetzt. Sie wirken dämpfend auf psychomotorische Erregtheit, aggressives Verhalten sowie Halluzinationen, Wahndenken, psychomotorischen (katatonen) und Ich-­‐Störungen. Neuroleptika werden eingesetzt bei: -­‐ Akutbehandlung von Schizophrenien -­‐ akuter Manie -­‐ psychotische (wahnhafte) Depression -­‐ akuten Erregungszuständen oder psychotischer Symptomatik im Rahmen verschiedener psychischer Störungen, z. B. organisch hervorgerufen psychomotorischer Unruhe und Schlafstörungen im Rahmen verschiedener Erkrankungen Es wird zwischen klassischen und atypischen Neuroleptika unterschieden. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in den Nebenwirkungen. Nebenwirkungen bei klassischen Neuroleptika sind größtenteils: •
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Zungen-­‐, Schlund-­‐ und Blickkrämpfe (Extrapyramidalmotorik, auch Frühdyskinesien genannt), außerdem können die Betroffenen schwer sitzenbleiben (Akathisie) und haben einen Bewegungsdrang (Taskinisie). Bei atypischen Neuroleptika wird von geringer oder fehlender Auslösung dieser motorischen Nebenwirkungen ausgegangen, allerdings führen sie häufig zu einer extremen Gewichtszunahme. ansonsten können bei beiden Gruppen Nebenwirkungen wie •
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Herzrasen, Schwitzen, Müdigkeit und Mundtrockenheit auftreten. Schlaf-­‐ und Beruhigungsmittel Beruhigungsmittel sind Substanzen, die angst-­‐ und spannungslösende Eigenschaften auf psychischer und körperlicher Ebene zeigen; ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 22 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Schlafmittel sind alle Medikamente, die Schlaf erzeugen. Die am häufigsten verschriebenen Beruhigungsmittel sind die Benzodiazepine und Barbiturate. ! Sie machen sehr schnell abhängig und dürfen nicht abrupt abgesetzt werden ! Antidementiva (Nootropika) Antidementiva sind eine gemischte Gruppe von Substanzen, die zur Verbesserung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit im Rahmen organischer psychischer Störungen (Demenzen) verwendet werden. Stimmungsstabilisierer („Phasenprophylaktika“) Stimmungsstabilisierer werden hauptsächlich zur Stabilisierung depressiver und/oder manischer Stimmungsschwankungen eingesetzt, ebenso bei bipolaren (manisch-­‐ depressiven) Störungen. Weiterhin finden sie Anwendung bei der Behandlung der Manie. Hierzu gehört zum Beispiel das Lithium. Psychopharmaka in der Behandlung bei Alkoholabhängigkeit Zur Behandlung bei Alkoholabhängigkeit werden je nach Phase (Entzug, Vorbeugung, etc.) unterschiedliche Klassen von Psychopharmaka eingesetzt. In der ersten Phase eines Entzugs unter anderem klassische Antidepressiva und Antipsychotika. In der zweiten Phase spezielle Rückfallprophylaxe-­‐Substanzen. Sie sollen die Entzugserscheinungen mildern oder auch bei Konsum von Alkohol Übelkeit hervorrufen. Die Wirksamkeit ist umstritten, zumal bei zweiteren auch sehr schwere ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 23 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Symptomatiken auftreten können, die in der ambulanten Betreuung nicht abgefangen werden können. Psychostimulanzien Psychostimulanzien sind eine gemischte Gruppe von Substanzen, die antriebssteigernd wirken. Sie werden unter anderem für die Behandlung von ADHS verwendet. Bekannt ist zum Beispiel Ritalin. Auch alle Formen von Drogen gehören in diese Gruppe. Nicht-­‐pharmakologische biologische Therapieverfahren Zu diesen Therapieformen gehören alle Therapieverfahren, die nicht medikamentös oder psychotherapeutisch durchgeführt werden. Insbesondere bei affektiven aber auch bei psychotischen Störungen können folgende Therapieverfahren zum Einsatz kommen: •
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Schlafentzugstherapie Lichttherapie Elektrokrampftherapie Schlafentzugstherapie Die Schlafentzugstherapie wird in der Behandlung depressiver Syndrome eingesetzt. Es wird zwischen komplettem (eine ganze Nacht) und partiellem (zweite Hälfte der Nacht) Schlafentzug unterschieden. Bei der Schlafphasen-­‐Vorverlagungs-­‐Therapie wird der Schlafrhythmus langsam von einer sehr frühen Schlafphase auf eine normale Schlafphase umgestellt (z. B. 1 Stunde Vorverlegung pro Nacht, beginnend bei 17 Uhr). Diese Form der Therapie wird häufig durch leicht sedierende Medikation unterstützt. Der Wirkmechanismus der Schlafentzugstherapie ist bisher nicht bekannt. Lichttherapie Die Lichttherapie wird vor allem zur Behandlung saisonaler Depressionen angewendet. Die Lichttherapie wird mit hellem, weißen Licht, das bis auf den ultravioletten Anteil das gesamte ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 24 Neurologie und neurologische Erkrankungen und die Psychopharmaka-­‐Therapie Heilpraktiker-­‐Wissen Spektrum des Lichtes beinhaltet, durchgeführt. Der positive Therapieeffekt bei saisonalen Depressionen tritt oft bereits nach 3 – 4 Tagen ein und es besteht eine Dosis-­‐ Wirkungs-­‐
Beziehung, d.h. mit längerer Therapie werden größere Effekte erreicht. Eine Helligkeit
zwischen 3.000 und 10.000 Lux erweist sich als therapeutisch optimal. Elektrokrampftherapie (EKT) Die Elektrokrampftherapie wird insbesondere bei wahnhaften und therapieresistenten Depressionen angewandt. Der genaue Wirkmechanismus ist bis heute unbekannt, man weiß nur, dass zahlreiche Stoffwechselvorgänge im Gehirn beeinflusst werden. Bei der EKT wird ein Krampfanfall üblicherweise in der rechten Hirnhälfte durch Elektroden auf der Kopfhaut ausgelöst, die EKT erfolgt unter Kurznarkose und muskelentspannenden Medikamenten. Die Schlafentzugs-­‐ und Lichttherapie werden bei Depressionen, die EKT bei schweren Depressionen oder Schizophrenie eingesetzt. Quelle: Lehrbuch Heilpraktiker für Psychotherapie, Ofenstein und Koeslin
http://www.letschert-und-walz.de und Google Bilder ©Heilpraktiker-­‐Wissen -­‐ Tanja Witzgall 25 
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