erste hilfe teil 4: atemnot und rauchgasvergiftung

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Kommt immer wieder
vor: Selbstmordversuch mit Kfz-Abgasen.
Im Rahmen der
Ersten Hilfe können
Feuerwehrleute beim
ausreichend atmenden
Patienten das „Gegengift“ Sauerstoff geben.
Erste
Hilfe
Atemnot und
Rauchgasvergiftung
Kurz und bündig
Teil 4: Feuerwehrleute können in den verschiedensten Situationen
auf Personen treffen, die unter akuten Atembeschwerden oder
Atemnot leiden oder die Rauchgase eingeatmet haben.
Wir erklären, was dann zu tun ist.
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er gesunde Erwachsene atmet im Ruhezustand etwa 14- bis 18-mal pro
Minute. Die Atmung kommt durch
die Bewegungen des Brustkorbes sowie den
Einsatz der Atemmuskulatur zustande. Sie
erfolgt in der Regel unwillkürlich (automatisch), kann aber auch willkürlich (bewusst)
erfolgen. Die unwillkürliche Atmung wird
durch das Atemzentrum, das im Gehirn liegt,
gesteuert. Bei der Einatmung strömt die eingeatmete Luft über die Atemwege (Nase, Rachen, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien) in
die Lungen. Die Luftröhre zweigt sich nach
etwa 15 cm in ihre ersten Seitenäste, den linken und den rechten Hauptbronchus, auf.
Diese verzweigen sich jeweils in immer kleinere Nebenäste, bis sie schließlich in den feinen Lungenbläschen enden, die von haarfeinen Blutgefäßen überzogen sind. Hier findet
der Gasaustausch mit dem Blut statt.
Beim Gasaustausch wird das Blut mit dem
Sauerstoff aus der Einatemluft beladen und
das Kohlendioxid, das beim Stoffwechsel in
den Zellen entstanden ist, wird aus dem Blut
abgegeben, um es abzuatmen. Die Versorgung der Körperzellen mit Sauerstoff im Rahmen des Gasaustausches ist für sie (über-)
lebenswichtig. Eine Unterversorgung dieser
Zellen mit Sauerstoff kann bereits nach wenigen Minuten zu erheblichen Funktionsstörungen des menschlichen Körpers, ja sogar
zu schwersten Schäden führen.
Definitionen
Akute Atembeschwerden oder Atemnot liegen vor, wenn die Atmung vom Erkrankten
oder Verletzten als nicht ausreichend empfunden wird. Davon kann Einatmung, Ausatmung oder beides betroffen sein. Bei leichteren Formen dieser Atemstörungen wird in der
Praxis häufig von akuten Atembeschwerden
gesprochen, bei schwereren Formen dagegen
von Atemnot.
Bei Rauchgasvergiftungen handelt es sich
um Vergiftungen durch schleimhautreizende
(zum Beispiel Schwefeldioxid oder nitrose
Gase) und resorbierbare (wie Schwefelwasserstoff und Cyanverbindungen) gasförmige
Stoffe, die im Verbrennungsrauch enthalten
sind. Die Erscheinungsbilder der Rauchgasvergiftungen sind, je nachdem welche Stoffe
das Rauchgas enthält, sehr verschieden. Das
Einatmen von Rauchgasen kann, je nach Zusammensetzung, zu akuten Atembeschwerden und Atemnot führen.
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Die Sauerstoffgabe
kann über eine
Sauerstoffbrille (hier
kann der O2-Flow nach
Bedarf eingestellt
werden) oder ...
… über eine Sauerstoff-Maske (hier
muss der O2-Flow auf
mindestens 8 l/min
eingestellt werden)
erfolgen.
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Reportage
Service
Vielzahl von Ursachen
Auch Feuerwehrleute
können Betroffene
sein: Sauerstoffgabe
über O2-Maske als
Erste-Hilfe-Maßnahme
nach CO-Inhalation im
Einsatz.
Sauerstoffgabe über
O2-Brille bei akuten
Atembeschwerden.
Die Atmung kann durch eine Vielzahl von
Ursachen beeinträchtigt oder gestört sein:
쎲 Teil-Verlegung der Luftwege durch
Anatmung eines Fremdkörpers;
쎲 Erkrankung der Atemwege (zum Beispiel
Asthma bronchiale);
쎲 Erkrankung des Herzens (beispielsweise
hochgradige Herzschwäche);
쎲 Verletzung im Bereich des Brustkorbes
(wie Blutung im Pleuraraum);
쎲 Vergiftungen (zum Beispiel Rauchgasvergiftung oder Kohlenmonoxidvergiftung).
Während beim Asthma bronchiale die Beeinträchtigung der Atmung vor allem durch
eine Verengung der Atemwege bedingt ist,
sind die Atembeschwerden bei einer Herzschwäche durch eine mangelhafte Pumpleistung des Herzens bedingt. Bei einer
Brustkorbverletzung kann beispielsweise eine Blutung im Pleuraraum (Spalt zwischen
Lungen- und Rippenfell) die Atmung beeinträchtigen, wenn die Ausdehnung der Lunge
auf der betroffenen Seite dadurch behindert
wird.
Erkennen
Akute Atembeschwerden und Atemnot
können an Folgendem erkannt werden:
쎲 subjektives Empfinden des Erkrankten
oder Verletzten;
쎲 erhöhte Atemtätigkeit (das heißt
schnellere Atmung);
쎲 eventuell typische Körperhaltung
(Oberkörper erhöht, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur);
쎲 eventuell ungewöhnliches Atemgeräusch;
쎲 eventuell Blaufärbung von Haut und/oder
Schleimhäuten.
Bei einer Rauchgas- oder Kohlenmonoxidvergiftung (siehe Kasten) kann statt der genannten Symptome (Krankheitszeichen) dagegen eine Verwirrtheit oder Bewusstlosigkeit
das einzig wahrnehmbare Symptom sein.
Erste-Hilfe-Maßnahmen
Bei Erkrankten oder Verletzten, die bei Bewusstsein sind und die über akute Atembeschwerden oder Atemnot klagen, sind folgende Maßnahmen durchzuführen:
1) Jede körperliche und psychische
Belastung verhindern.
2) Lagerung mit erhöhtem Oberkörper
(fast sitzend).
3) Beruhigender Zuspruch und ständige
Betreuung.
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4) Sauerstoffgabe (vier Liter pro Minute per
Sauerstoffbrille).
5) Ständige Beobachtung (Bewusstsein,
Atmung, gegebenenfalls Puls).
Bewusstlose, die ausreichend atmen und
davor über Atembeschwerden klagten, sind in
die stabile Seitenlage zu bringen. Ferner sollte
ihnen über eine so genannte Sauerstoffbrille
Sauerstoff zugeführt werden. Bei einem HerzKreislauf-Stillstand sind alle Maßnahmen der
Herz-Lungen-Wiederbelebung zu ergreifen.
Selbstverständlich ist nach einem Erkennen
von akuten Atembeschwerden, Atemnot oder
dem Verdacht auf eine Rauchgas- oder Kohlenmonoxidvergiftung umgehend der Rettungsdienst zu alarmieren.
Text: Dr. Gerhard Nadler
Beratung: Thomas Klusak (LRA) und
Dr. Markus Schrödel (Notarzt)
Fotos: Andreas Meier
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Kohlenmonoxidvergiftung
Kohlenmonoxid (CO) entsteht bei Bränden
und Verbrennungsvorgängen. Zu Vergiftungen
mit Kohlenmonoxid kann es durch das Einatmen
von Rauchgas oder von Kfz-Abgasen, die beide
CO enthalten, kommen. Aber auch aus defekten
Öfen kann das CO austreten. Das Einleiten von
Kfz-Abgasen in das Fahrzeuginnere mit einem
Schlauch ist nach wie vor eine gängige Variante für
Selbsttötungen.
Das geruchlose Kohlenmonoxid ist bereits in
geringer Konzentration gefährlich. Es lagert sich
300-mal leichter am Hämoglobin, dem Sauerstofftransporteur im Blut, an und ist dann auch fester
mit ihm verbunden als Sauerstoff. Das mit CO beladene Hämoglobin fällt für den Sauerstofftransport
aus. Die Folge ist eine Sauerstoffunterversorgung
aller Organe.
Die Symptome (Krankheitszeichen) einer COVergiftung sind vielfältig und auch von der Konzentration abhängig. Sie reichen von Kopfschmerzen,
Schwindel und Übelkeit bis hin zu Verwirrtheit,
Bewusstlosigkeit und Atemstillstand. Besonders
hervorzuheben ist, dass sich der Sauerstoffmangel
weder durch eine Blaufärbung der Haut zeigt noch
durch Pulsoximetrie (Messung der Sauerstoffkonzentration im Blut durch Infrarotverfahren) feststellen lässt. Seit kurzer Zeit sind aber handliche Messgeräte auf dem Markt, die über einen Fingerclip mit
Sensor schnell und zuverlässig eine CO-Vergiftung
nachweisen.
Bereits im Rahmen der Ersten Hilfe sollte bei COVergiftungen das „Gegengift“, nämlich Sauerstoff,
verabreicht werden. Selbstverständlich müssen
auch alle anderen Erste-Hilfe-Maßnahmen durchgeführt werden. Bei Patienten, die selbständig und
ausreichend atmen, ist die Zufuhr des Sauerstoffes
über eine Gesichtsmaske (12 bis 15 l/min) am
effektivsten. Bei Patienten, die nicht mehr ausreichend atmen oder bereits einen Atemstillstand
haben und beatmet werden müssen, ist dem Beatmungssystem ausreichend Sauerstoff zuzuführen.
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