Festkörperelektronik Sommersemester 2006 Prof. Uli Lemmer,1 Dipl.-Ing. Felix Glöckler Lichttechnisches Institut Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Universität Karlsruhe (TH) [email protected] www.lti.uni-karlsruhe.de Dank geht an Hannes Duddek für seine Beiträge bei der Erstellung dieses Skriptes. 1. Grundlagen der Quantenphysik 1.1. Einleitung Eine Beschäftigung mit der Quantenphysik oder Quantenmechanik kann aus vielfältigen Gründen erfolgen. Neben dem eher naturwissenschaftlichen „Wie funktioniert das?“ kann das ingenieurwissenschaftliche „Was kann ich damit machen?“ gleichermaßen Motivation für das Studium der quantenmechanischen Grundlagen der Materie sein. Im Zentrum dieser Vorlesung werden die Grundlagen der Halbleiterelektronik stehen. Das bei Halbleiterbauelementen allgegenwärtige Konzept von Leitungs- und Valenzbändern erfordert, genau wie das Bändermodell für Elektronen in Festkörpern ist durch mit quantenmechanischen Konzepte zu verstehen. Die Kennlinie einer pn-Diode kann nur erfasst werden, wenn zu Wissen über die Quantenmechanik auch noch Kenntnisse der Quantenstatistik und der Transportphänomene hinzukommen. In der Praxis werden Sie typischerweise das Verhalten der einzelnen Bauelemente im Rahmen einer Simulation vorhersagen. Ein Zweck dieser Vorlesung ist zu verstehen, wie sich die verwendeten Parameter in einer solchen Simulation aus den mikroskopischen Größen ergeben. Die Quantenmechanik ist außer in der Halbleiterelektronik auch in vielen anderen Teildisziplinen der Elektrotechnik und Informationstechnik (ETIT) präsent. Die Arbeit auf dem Gebiet supraleitender Schaltkreise oder die Beschäftigung mit Bauelementen der Optoelektronik ist vielfach von quantenmechanischen Fragestellungen geprägt. Ein anderes auch schon für diskrete Bauelemente wichtiges Beispiel, in dem die Quantenmechanik und -statistik sich in konkreten Herausforderungen manifestiert, sind Rauschphänomene und -probleme in elektronischen Schaltungen. Im Einklang mit der (nicht ganz korrekten) Einschätzung, dass es immer dann quantenmechanisch wird, wenn die zu beschreibenden Strukturen sehr klein sind, ist die Mikroelektronik ein Bereich, in dem wir neuen auch grundsätzlichen Herausforderungen begegnen werden. Mit mehr als 100 Millionen oder gar einer Milliarde Transistoren auf einem Die (ungefasster Chip) und lateralen Strukturgrößen im Bereich von 100 nm wird die Chipentwicklung immer „quantenmechanischer“ werden (siehe Abbildung 1.1-1). Auch die Siliziumelektronik umfasst auf der Materialseite viel mehr als das mikroskopische Gestalten von Silizium. Mit verschiedenen Methoden hergestellte ultradünne Nitrid- und Oxidschichten sind erforderlich, um die eigentliche elektronische Funktion z.B. einer Speicherzelle sicherzustellen (siehe Abbildung 1.1-2). Die Vorlesung soll daher auch für die materialwissenschaftlichen Herausforderungen sensibilisieren und Grundkenntnisse bereitstellen. Die Weiterentwicklung der Si-Mikroelektronik ist eine Material- und Technologieschlacht, die grundlegende Kenntnisse über den Aufbau der Materie voraussetzt. Die gilt umso mehr für mögliche zukünftige Konzepte jenseits einer siliziumbasierten Mikroelektronik. Schon heute spielen Halbleiter auf der Basis von Gallium und Arsen und verwandten Atomen die zentrale Rolle bei der Optoelektronik, z.B. in Leuchtdioden. Abbildung 1.1-3 zeigt anhand eines so genannten Quantenpunktes ein aktuelles Beispiel aus der Forschung im Bereich der Bauelemente für die optische Nachrichtentechnik. Für die eigentliche Informationsverarbeitung werden zurzeit viele verschiedene Konzepte in den 2 universitären und industriellen Forschungslabors verfolgt. Neben revolutionären Konzepten wie dem Quanten- oder dem Spincomputer sind auch zahlreiche neuartige Materialsysteme aufgeführt, die zurzeit noch keinen Zugang zum Massenmarkt der Mikroelektronik gefunden haben (siehe Abbildung 1.1-4). Abbildung 1.1-1: Entwicklung der Anzahl der Transistoren auf einem Chip in der Mikroelektronik [Quelle: www.ICKnowledge.com]. Abbildung 1.1-2: Aufnahme einer www.infineon.com]. Elektronenmikroskopische Speicherzelle [Quelle: Abbildung 1.1-3: Elektronenmikroskopische Aufnahme von so genannten Quantenpunkten [Quelle: www.infineon.com]. 3 Abbildung 1.1-4: Schematische Darstellung des Entwicklungstandes verschiedener Technologien für die Informationsverarbeitung. (RSFQ: Rapid Single Flux Quantum, RTD: Resonant tunneling device, SET: Single electron transistor) [Quelle: VDI]. 1.2. Historisches 1.2.1. Physikalische Theorien Die Naturbeschreibung und auch die Beschreibung technischer Prozesse erfolgte gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Mechanik mit Hilfe der Newton’schen Gesetze (Abbildung 1.2-1) und auf dem Gebiet der Elektrodynamik mit Hilfe der Maxwell’schen Gleichungen (Abbildung 1.2-2). Diese beiden Theorien sind Prototypen für das Vorgehen in der Naturwissenschaft und den daraus hervorgegangenen angewandten Ingenieurwissenschaften. Beide Theorien stützen sich auf eine kleine Zahl von postulierten Axiomen, mit deren Hilfe dann durch Deduktion überprüfbare Vorhersagen gemacht werden können. Im Prinzip ist ein solcher Ansatz auch die Grundlage aller rechnergestützten Entwurfsverfahren, wie sie auf nahezu allen Gebieten der Technik eingesetzt werden. Wir stecken in die Entwurfssoftware die Axiome bzw. aus den Axiomen abgeleitete gut überprüfte Vorhersagen hinein und nutzen dann die softwaregestützte Deduktion, um eine neue Maschine, eine neue Schaltung oder ein neues mechanisches Werkstück mit bestimmten Eigenschaften zu schaffen. Ähnlich wie bei einer heutigen Entwurfsoftware gilt auch für eine physikalische Theorie, dass sie nur einen beschränkten Gültigkeitsbereich hat (siehe Abbildung 1.2-3). Von daher muss in beiden Fällen die Anwendbarkeit der Theorie kritisch hinterfragt werden. Die Newton’sche Mechanik z.B. ist nur dann applikabel, wenn die jeweiligen Geschwindigkeiten deutlich geringer als die Lichtgeschwindigkeit c sind. Ansonsten ist eine Berücksichtigung der relativistischen Effekte erforderlich. 4 1. Ein Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung, solange die Summe aller auf ihn einwirkenden Kräfte Null ist. G div D = ρ G div B = 0 G G ∂B rot E = − ∂t G G G ∂D rot H = J − ∂t 2. Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie, nach welcher jene Kraft wirkt. G G F ( = ma ) 3. Kräfte treten immer paarweise auf. Übt ein Körper A auf einen anderen Körper B eine Kraft aus, so wirkt eine gleichgroße, aber entgegen gerichtete Kraft von Körper B auf Körper A (actio = reactio). Abbildung 1.2-1: Die Newton’schen Gesetze. Abbildung 1.2-2: Die MaxwellGleichungen in differentieller Form. Postulate (z. B. Newton‘sche Gesetze, Maxwell-Gleichungen, ...) Überprüfbare Vorhersagen : Gültigkeitsbereich (z. B. v<<c für die Newton‘sche Mechanik) Abbildung 1.2-3: Schema zu einer physikalischen Theorie. Wie und wann quantenmechanische Effekte eine Rolle spielen, ist nicht ganz so klar nachzuvollziehen. Eine quantenmechanische Betrachtung ist dann nicht erforderlich, wenn gilt: Energie ⋅ Zeit h = 6.626 ⋅ 10 −34 Js 1.2-1 5 Dieses Produkt wird als Wirkung bezeichnet und h ist hierbei das Planck’sche Wirkungsquantum. Diese Größe spielt in unserer täglichen Erfahrung keine Rolle, daher fällt eine Einordnung schwer. Einen Anhaltspunkt gibt uns die Energie. Immer dann, wenn wir über kleine Energien reden (z. B. bei der Diskussion von einzelnen Atomen oder einzelnen Elektronen in einem Halbleiter) muss die Quantenphysik berücksichtigt werden. Die Quantenmechanik ist eine physikalische Theorie, die auch zu einer einheitlichen Beschreibung von Feldern/Wellen (also Dingen, die ganze Raumbereiche füllen) und Teilchen (also punktförmigen Objekten) führt. 1.2.2. Der Beginn der Quantenmechanik Als Geburtsstunde der Quantenmechanik gilt die Entdeckung der Formel für die Schwarzkörperstrahlung, also eine quantitative Beschreibung des Emissionsspektrums eines heißen Körpers (z.B. in einer Glühlampe). Die von Planck 1900 aufgestellte Formel beruht auf der Annahme, dass die Energie des Strahlers nur in der Form von einzelnen Energiepaketen (Quanten) abgegeben bzw. aufgenommen werden kann. Mit dieser zum damaligen Zeitpunkt revolutionären These wurden die bis dato näherungsweise gültigen Gesetze zur Beschreibung der Strahlungsspektren von Rayleigh-Jeans und Wien abgelöst. Abbildung 1.2-4: Durch Planck’sche Strahlungsformel I (λ ) = 2hc 2 λ 5 die 1 exp ( hc λ kT ) − 1 erfolgte erstmalig eine einheitliche Beschreibung des Schwarzkörperspektrums. Die Gesetze von Wien und Rayleigh-Jeans ergeben sich als Näherungen für den hoch- bzw. niederenergetischen Bereich. In der Abbildung ist die Strahldichte gegen die Kreisfrequenz ω=2πc/λ aufgetragen bzw. eine dazu proportionale Größe aufgetragen. [Quelle: © Wolfgang Zinth, München] Die Erklärung des Photoeffektes durch Einstein 1905/1917 spielte ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Einführung und Akzeptanz der Quantenmechanik. Wie in Abbildung 1.2-5 darstellt, können durch Beleuchtung aus einer Festkörperoberfläche Elektronen herausgelöst werden. Die kinetische Energie der ausgelösten Elektronen und die Frage, ob überhaupt Elektronen herausgelöst werden, hängt im Gegensatz zu einer klassischen Betrachtung („viel hilft viel“) nicht von der Intensität der elektromagnetischen Welle ab. Vielmehr ist die Frequenz des 6 Lichtes entscheidend. Dies führt zu einer Interpretation von Licht als ein Schauer von Teilchen („Photonen“). Abbildung 1.2-5: Licht löst Elektronen aus Festkörperoberflächen aus. Die Anzahl und Energie der Elektronen kann gemessen werden. Die Einführung einer Quantenhypothese in die Beschreibung von Materie erfolgte 1913 durch Bohr. Ihm gelang ein wichtiger Schritt zur Erklärung der Spektrallinien in atomaren Emissionsspektren durch die folgenden Postulate: I. Das Elektron bewegt sich auf Kreisbahnen um den Kern. Diese sind stationär und das Elektron strahlt keine Energie ab. II. Unter allen Kreisbahnen sind nur diejenigen erlaubt, auf denen der Drehimpuls des Elektrons ein ganzzahliges Vielfaches von h/(2π) ist. III. Strahlung wird nur beim Übergang zwischen zwei stationären Zuständen emittiert oder absorbiert. Abbildung 1.2-6: Schema zum Bohr'schen Atommodell. Die Elektronen (rote Kreise) bewegen sich auf sphärischen Bahnen um den Kern (blauer Kreis). [Quelle: wikipedia.de] Für ein Verständnis des Aufbaus der Materie war dies ein gigantischer Schritt. Für eine Vorhersage von Phänomenen, die über ein einzelnes Atom hinausgehen, ist das Modell allerdings nicht wirklich brauchbar. Zudem steht auch die Grundaussage, dass auf einer stationären Bahn keine Energie abgestrahlt wird, im Widerspruch zu den Erkenntnissen aus der Elektrodynamik, wo Sie gelernt haben, dass bewegte Ladungen als Quelle eines elektromagnetischen Feldes fungieren. Zeitlich parallel zur theoretischen Formulierung der Quantenmechanik gelang den amerikanischen Forschern Davisson und Germer 1927 der Nachweis der 7 Wellennatur von Elektronen. Bei diesem schematisch in Abbildung 1.2-7 dargestellten Experiment konnte erstmalig anhand einer sonst nur für Wellen bekannten Interferenzerscheinung gezeigt werden, dass Teilchen auch als Wellen auftreten können. Dieses Experiment ist komplementär zum Photoeffekt bei dem einem etablierten Wellenphänomen (dem Licht) auch Teilchencharakter zugesprochen werden muss. Abbildung 1.2-7: Schema zum Elektronen-Interferenzexperiment von Davisson und Germer. Im Gegensatz zu dem für klassische Kugeln zu erwartenden Ergebnis b) kommt es zur Ausbildung eines Interferogramms c). [Quelle: Feynman lectures] Der Welle-Teilchen- Dualismus kommt in einem solchen Experiment in seiner Reinform zur Geltung, denn das Experiment funktioniert auch für den Fall, dass im Schnitt weniger als ein einziges Elektron zwischen Kanone und Detektor unterwegs ist. Aus den in Abbildung 1.2-8 gezeigten Experimenten ist zu folgern, dass die Flugbahn eines einzelnen Teilchens prinzipiell nicht bekannt ist und ein Abweichen von einer Gerade auftritt. Die Auftreffpunkte auf einem Detektor sind scheinbar regellos, sie treten jedoch an einigen Stellen gehäuft und an anderen überhaupt nicht auf. Die Häufung von Treffern erfolgt an den in Abbildung 1.2-7 angedeuteten Maxima. 8 Abbildung 1.2-8: Schema zur Elektronenbeugung am Spalt. Elektronen-Interferenzexperiment von Davisson und Germer [Quelle: H. Leipner, U. Halle]. 1.3. Die Schrödingergleichung Die Quantenmechanik ist eine Theorie, die es uns erlaubt, Vorhersagen über die zeitliche Entwicklung eines Zustandes eines Systems zu machen. Ganz allgemein ist der Zustand eines Systems der minimale Satz von physikalischen Größen, aus denen sich maximale Information ableiten lässt. Oder ein wenig konkreter formuliert erlaubt uns eine Theorie wie die Quantenmechanik eine eindeutige Vorhersage über den Zustand zum Zeitpunkt t aus der Kenntnis des Zustands zum Zeitpunkt t0. Aus der klassischen Mechanik ist uns dieses Vorgehen wohl bekannt. Kennt man zu einem Zeitpunkt Ort und Geschwindigkeit eines Massepunktes, so erlauben die Newton’schen Gleichungen eine Vorhersage über die zukünftige zeitliche Entwicklung dieser Größen. G v y JG R x Zum Zeitpunkt t befindet sich das Teilchen der Masse m JG G am Ort R und bewegt sich mit der Geschwindigkeit v . JG G Der Impuls des Teilchens beträgt p = mv . Abbildung Mechanik. 1.3-1: Schema zur klassischen Abbildung 1.3-2: Vorhersage der Bewegung eines Massepunktes. 9 Mathematischer formuliert können wir schreiben: 1.3-1 dZ (t ) = F [ Z (t )] dt Die zeitliche Änderung des Zustandes wird beschrieben durch eine Differentialgleichung 1. Ordnung. Dies ist die allgemeine Formulierung der Situation, die uns aus der klassischen Mechanik2 und auch aus der Elektrodynamik bekannt vorkommen sollte. Auch in der Elektrodynamik gilt: Kennen wir die Felder und Quellen zu einem Zeitpunkt, so können wir für alle Zeiten eine Vorhersage für die zeitliche Entwicklung der elektromagnetischen Felder bzw. Wellen machen. Es stellt sich also die Frage nach einer Gleichung bzw. nach den Postulaten, auf denen die Quantenmechanik aufgebaut ist. 1.3.1. Der quantenmechanische Zustand 1. Postulat der Quantenmechanik: Der quantenmechanische Zustand eines Teilchens der Masse m, das sich in einem Kraftfeld mit dem Potential V(x,t) befindet lässt sich als komplexwertige Funktion ψ(x,t) des Ortes und der Zeit beschreiben. Seine Zeitentwicklung gehorcht der zeitabhängigen Schrödingergleichung: j= ⎫ ∂ψ ( x, t ) ⎧ = 2 ∂ 2 = ⎨− + V ( x, t )⎬ψ ( x, t ) 2 ∂t ⎩ 2m ∂x ⎭ 1.3-2 Hierbei ist = (sprich h-quer) das Planck’sche Wirkungsquantum dividiert durch 2π, das immer wieder in der quantenmechanischen Beschreibung auftauchen wird, j ist die imaginäre Einheit mit j2=-1, m die Masse des Teilchens, V(x,t) das Potential und schließlich Ψ(x,t) die Wellenfunktion des Teilchens. Die Schrödinger-Gleichung (SGlg.) ist als Differentialgleichung 1. Ordnung in der Zeit eine DGL wie in Abschnitt 1.3.1 (Glg. 1.3-1) gefordert. Damit kann aus der Kenntnis von Ψ(x,t0) zu einem Zeitpunkt t0 eindeutig auf die zeitliche Entwicklung von Ψ(x,t) für alle t>t0 geschlossen werden. Leider ist die S-Glg. mathematisch relativ hässlich und eine allgemeine analytische Lösung ist unmöglich. Auf den ersten Blick sieht die DGL zwar ähnlich aus wie eine Diffusionsgleichung (z.B. bei der Wärmeleitung), es ergeben sich aber komplett andere Lösungen durch das imaginäre j. G G G Obwohl ∂ r ∂t = a = F m eine Differentialgleichung 2. Ordnung in der Zeit ist, wird die Zustandsänderung durch eine Differentialgleichung 1. Ordnung beschrieben. Der Zustand wird durch G G die Kombination aus Ort r und Impuls p beschrieben werden. Im Impuls steckt die Geschwindigkeit, 2 2 2 G deren erste zeitliche Ableitung wieder die Beschleunigung a ist. Damit kann die Änderung des G G Zustandes ( r , p ) eines Massepunktes durch eine Differentialgleichung 1. Ordnung in der Zeit beschrieben werden. 10 Netterweise taucht die Wellenfunktion nur linear auf, so dass wir beliebig Lösungen superponieren können: Wenn ψ1(x,t) und ψ2(x,t) Lösungen der S-Glg. sind, dann auch ψ(x,t)=αψ1(x,t)+βψ2(x,t). Wenn wir die S-Glg. hierfür aufschreiben, so ergibt sich: ∂ψ 1( x, t ) ∂ψ 2 ( x, t ) + β j= ∂t ∂t 2 2 ⎧ = ∂ ⎫ ⎧ =2 ∂ 2 ⎫ = α ⎨− + V ( x, t )⎬ψ 1( x, t ) + β ⎨− + V ( x, t )⎬ψ 2 ( x, t ) 2 2 ⎩ 2m ∂x ⎭ ⎩ 2m ∂x ⎭ α j= 1.3-3 Da wir davon ausgegangen sind, dass jeweils ψ1(x,t) und ψ2(x,t) die S.-Glg. erfüllen, sind die ersten und die letzten Summanden auf beiden Seiten jeweils gleich und damit ist auch die gesamte Gleichung erfüllt. Die lineare Superposition von zwei Wellenfunktionen, die die S-Glg. lösen, ergeben zusammen auch wieder eine Lösung. Ein ganz ähnliches Superpositionsprinzip gilt aufgrund der Linearität der Maxwell-Gleichungen in der Elektrodynamik. 1.3.2. Die Wellenfunktion Mit der S-Glg. können wir eine Vorhersage über die zeitliche Entwicklung machen. Allerdings haben wir noch keine Aussage darüber, welche reale Größe wir mit derselbigen beschreiben können. Dies bringt uns zum 2. Postulat der Quantenmechanik Die Wellenfunktion ist nicht observabel (=keine Messgröße); ihr Absolutquadrat ρ ( x, t ) = ψ ( x, t ) = ψ * ( x, t )ψ ( x, t ) 1.3-4 2 ist proportional zur Dichte der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Teilchens. Abbildung 1.3-3: Die Entstehung von Interferenzmustern beim Durchgang von Elektronen durch einen Doppelspalt wird geregelt durch die Wellenfunktion ψ(x,t) (hier Φ). [Quelle: Feynman lectures] 11 12