Interkulturelle –ffnung 12.6.

Werbung
Die Umsetzung
der interkulturellen Öffnung
in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit
Eine Arbeitshilfe für die Praxis
Impressum
Herausgeber: AWO Bundesverband e.V.
Verantwortlich: Rainer Brückers
Redaktion:
Wolfgang Barth, Dr. Talibe Süzen, Fachbereich Migration
© AWO Bundesverband e.V.
Postfach 41 0163, 53023 Bonn
Oppelner Str. 130, 53119 Bonn
Telefon: 02 28/66 85-0; Fax: 02 28/66 85-2 09
E-Mail: [email protected]
http://www.awo.org
Geschäftsstelle Berlin:
Blücherstr. 62/63, 10961 Berlin
Layout: Sabine Marx, Andernach
Druck: Druckpunkt Offset GmbH, Bergheim
Bonn, Mai 2006
Abdruck auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages oder Herausgebers.
Alle Rechte vorbehalten.
Die Umsetzung
der interkulturellen Öffnung
in unterschiedlichen Handlungsfeldern
der Sozialen Arbeit
Eine Arbeitshilfe für die Praxis
Ergebnisse einer Fachtagung
vom 13.-15. April 2005 in Remagen-Rolandseck
Inhalt
Inhalt
Programm der Tagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
1. Fachvorträge
Aktueller Stand und Strategien des Bundesverbandes im interkulturellen Prozess . . . . . . . . . . . . . . . .
Wolfgang Barth
Strategien und Hindernisse auf dem Weg zur interkulturellen Orientierung und Öffnung
Dieter Filsinger
9
..........
13
Stolpersteine auf dem Weg zur interkulturellen Öffnung der Sozialen Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stefan Gaitanides
22
Vom interkulturell orientierten Qualitätsmanagement zur regionalen interkulturellen
Qualitätsentwicklung in München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sabine Handschuck
27
In kultureller Vielfalt miteinander leben, voneinander lernen und die „Interkulturelle Öffnung“
in Hannover gestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Arzu Altuḡ
30
Interkulturelle Trainings am Beispiel von INKUTRA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Steffen Kircher
33
2. Bericht aus der Praxis
Die vier verschiedenen Dimensionen bei der Umsetzung der interkulturellen Öffnung:
Helmut Hertz:
Karl-August Schwarthans:
Gönül Sebibucin:
Heike Arnecke:
Interkulturelle
Interkulturelle
Interkulturelle
Interkulturelle
Öffnung
Öffnung
Öffnung
Öffnung
ist Teil der Personalentwicklung . . . . .
als Leitungs- und Managementaufgabe
als Kundenorientierung . . . . . . . . . . .
durch Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . .
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
39
42
44
46
..
.
..
..
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
47
49
56
60
3. Arbeitsgruppen
Good-Practice-Beispiele in vier Handlungsfeldern:
Kita:
Jugendhilfe:
Altenhilfe
Suchthilfe
Annette Schnitzler, AWO Kreisverband Essen e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Nebehat Eroglu-Schulze; Hans-Dieter Kolb AWO Kreisverband Solingen e. V.
Hubert Reiss, AWO Kreisverband Stuttgart e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Doris Heckmann-Jones, AWO Kreisverband Mettmann e. V. . . . . . . . . . . . .
Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Publikationen der AWO zum Thema „Interkulturelle Öffnung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5
Programm der Tagung
Tagungsprogramm
Die Umsetzung der interkulturellen Öffnung
in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit
Mittwoch, 13. April 2005
13:00
Anreise/Kaffee
14:00-14:30
Begrüßung: Wolfgang Barth, AWO Bundesverband
14:30- 15:15
Prof. Dr. Dieter Filsinger: Strategien und Hindernisse auf dem Weg
zur interkulturellen Orientierung und Öffnung
15:15-16:00
Wolfgang Barth: Aktueller Stand und Strategien des Bundesverbandes
im interkulturellen Prozess
16:00 – 16:30
Diskussion
16:30 -16:45
Kaffeepause
16:45-18:00
INKUTRA
18:00
Abendessen
Donnerstag, 14.04.2005
9:00 -11:00
Die vier verschiedenen Dimensionen bei der Umsetzung
der interkulturellen Öffnung
Interkulturelle Öffnung ist eine Leitungs- und Managementaufgabe,
Karl-August Schwarthans, AWO Kreisverband Duisburg e. V.
Interkulturelle Öffnung ist Teil der Personalentwicklung,
Helmut Herz, Geschäftsführer AWO Kreisverband Nürnberg e. V.
Interkulturelle Öffnung als Kundenorientierung,
Gönül Sebibucin, AWO Kreisverband Göppingen e. V.
Interkulturelle Öffnung durch Vernetzung, Heike Arnecke,
AWO Kreisverband Bremen e. V.
6
11:00- 12:00
Podiumsdiskussion
„Was macht die Qualität der interkulturellen Arbeit aus?“
12:00 -14:00
Mittagspause
Programm der Tagung
14:00-18:00
Arbeitsgruppen
AG 1: Kita
Moderation: Susanne Bourgeois AWO Bundesverband und
Annette Schnitzler, AWO Kreisverband Essen e. V.
AG 2: Jugendhilfe Moderation: Dr. Talibe Süzen AWO Bundesverband und
Nebehat Eroglu-Schulze; Hans-Dieter Kolb AWO Kreisverband Solingen e. V.
18:00
AG 3: Altenhilfe
Moderation: Dragica Baric-Bündel AWO Bundesverband und
Hubert Reiss, AWO Kreisverband Stuttgart e. V.
AG 4: Suchthilfe
Moderation: Hedi Boss AWO Bundesverband und Doris
Heckmann-Jones, AWO Kreisverband Mettmann e. V.
Abendessen
Freitag, 15.04.2005
9:00-10:00
Auswertung der Arbeitsgruppen
10:00-11:30
Podiumsdiskussion
„Sozialarbeit im Einwanderungsland“ – eine gemeinsame Aufgabe
von Politikverbänden und Kommunen –
Prof. Dr. Stefan Gaitanides, Fachhochschule Frankfurt/Main
Arzu Altuḡ, Landeshauptstadt Hannover, Referat für interkulturelle Angelegenheiten
Sabine Handschuck, Stelle für interkulturelle Arbeit der Landeshauptstadt München
Wolfgang Barth, AWO Bundesverband
11:30-11:45
Verabschiedung, Wolfgang Barth
12:00
Mittagessen/Abreise
Veranstalter:
AWO Bundesverband
AWO-Akademie Helene Simon
Tagungsleitung:
Wolfgang Barth und Dr. Talibe Süzen, AWO Bundesverband
Moderation der Tagung: Marion Baldus, Heidelberg
7
Vorwort
Vorwort
Liebe Leserin und lieber Leser,
die Arbeiterwohlfahrt (AWO) sieht es als ihre Aufgabe an, Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen den Zugang zu allen Angeboten und Diensten des Einwanderungslandes zu ermöglichen. Im politischen Integrationsdiskurs setzt sich die AWO für die rechtliche Gleichstellung aller Bürger und Bürgerinnen
ein und versteht Integration als sozialpolitischen Gestaltungsauftrag. Schon in ihrem Grundsatzprogramm
von 1998 definierte die AWO interkulturelle Arbeit als wichtigen Beitrag zur Gestaltung des unumkehrbaren
Einwanderungsprozesses.
Im April 2005 hat der Fachbereich Migration des Bundesverbandes die traditionelle Jahrestagung in Rolandseck durchgeführt. Das Ziel der Jahrestagung war vor allem, die unterschiedlichen Möglichkeiten, Umsetzungsstrategien und den Stand des interkulturellen Prozesses im Verband und in der Praxis zu beleuchten,
um so diesen Prozess begleiten und die damit verbundenen Anforderungen sowohl auf der Verbandsebene
als auch auf der kommunalen und politischen Ebene präzisieren zu können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AWO-Einrichtungen sollten mit der Veranstaltung die Möglichkeit bekommen, ihre Praxiserfahrungen
in die Diskussion einzubringen, erfolgreiche Good-Practice-Modelle kennen zu lernen und eigene Ideen für
die Umsetzung der interkulturellen Öffnung in ihrer Einrichtung zu entwickeln.
Die Jahrestagung konzentrierte sich auf die Fragen: Was macht die Qualität der interkulturellen Arbeit aus?
Und nicht zuletzt, wie ist der Stand seit dem Beschluss der Bundeskonferenz der AWO (2000) mit dem sich
AWO verpflichtete, all ihre bestehenden und neuen Dienste und Einrichtungen interkulturell zu öffnen und ihre Dienstleistungsangebote so zu gestalten, dass die Migrantenpopulation entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil in den Einrichtungen der AWO repräsentiert ist. Mit diesem Thema beschäftigten sich drei Tage lang
engagierte Mitarbeiter/-innen aus den Bereichen Jugendhilfe, Altenhilfe, Suchthilfe, Kita, Migrationssozialdienste und Jugendmigrationsdienste.
In Rolandseck wurden gemeinsam mit namhaften Experten und Expertinnen aus der Wissenschaft und der
Praxis und politisch Verantwortlichen aus der Kommunalebene die „Umsetzungsstrategien“ und „Stolpersteine“ einer interkulturellen Öffnung diskutiert. Die präsentierten und diskutierten Praxisbeispiele aus den verschiedenen Handlungsfeldern sozialer Arbeit haben bewiesen: Die AWO kann inzwischen auf zahlreiche erfolgreich umgesetzte interkulturelle Konzepte zurückgreifen. Die Arbeiterwohlfahrt versteht die interkulturelle
Öffnung als einen Teil der Qualitätsentwicklung ihrer Angebote, die sich an alle in einer Einwanderungsgesellschaft lebenden Menschen mit Bedarf an Hilfsangeboten richten. Wir freuen uns Ihnen die Arbeitsergebnisse der Jahrestagung bzw. Anregung und Impulse auf dem Weg zur interkulturellen Praxis in diesem
Heft vorlegen zu können. In diesem Sinne wünschen wir allen engagierten Kollegen und Kolleginnen, dass
die vorliegende Dokumentation bei der Fortsetzung und Weiterentwicklung ihrer interkulturellen Arbeit nützlich sein wird.
Die Jahrestagung wurde durch Marion Baldus moderiert.
Im Namen des Fachbereichs Migration
Talibe Süzen
8
1. Fachvorträge
1. Fachvorträge
Wolfgang Barth
Interkulturelle Orientierung und Interkulturelle Öffnung
der sozialen Dienstleistungen
Warum interkulturelle Öffnung?
„Die Bundesrepublik ist kein Einwanderungsland“ –
diese Formel war jahrzehntelang die Grundlage für
migrationspolitische Entscheidungen aller Bundesregierungen. Im Verlauf der Einwanderungsgeschichte
der Bundesrepublik hat dieser Satz zunehmend den
Charakter einer mythischen Beschwörungsformel
angenommen, weil sie mit der Einwanderungsrealität zunehmend nichts mehr zu tun hatte.
Über Jahrzehnte hinweg hat die Politik daran festgehalten. Ausgehend von diesem migrationspolitischen
Grundsatz war es möglich, dass Einwanderer/-innen
in vielen gesellschaftspolitischen Bereichen und in vielen sozialpädagogischen Praxisfeldern nicht als Kun-
den und nicht als Zielgruppe wahrgenommen wurden.
Die Hilfesysteme haben vielfach entweder ihre Nichtzuständigkeit erklärt, indem sie auf die existierenden
Migrationsozialdienste als zuständige Hilfeinstanz verwiesen haben, oder den farbenblinden Ansatz gewählt, indem sie versicherten, doch für alle, die ihrer
Hilfe und Unterstützung bedürfen, da zu sein.
Erst mit der Verabschiedung des neuen Staatsangehörigkeitsrechtes, das erstmals Elemente des so genannten Geburtsrechts vorsieht, wurde eine politische und migrationspolitische Änderung erkennbar.
Bis dahin galt im Staatsangehörigkeitsrecht ausschließlich das so genannte Abstammungsrecht, wonach deutscher Staatsbürger nur werden kann,
wenn er oder sie von Deutschen abstammt. Zwar
9
1. Fachvorträge
war es durchaus auch für Ausländer möglich, die
deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, aber
nur nach einem sehr komplizierten Verfahren.
Nach dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht erhalten Kinder von Migranten/-innen, die in der Bundesrepublik geboren werden, unter bestimmten Bedingungen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Damit ist politisch ansatzweise anerkannt worden,
dass die Bundesrepublik ein Einwanderungsland ist.
Die Unabhängige Kommission Zuwanderung hat in
ihrem Bericht vom Sommer 2001 folgende Position
eingenommen: „Deutschland ist kein Einwanderungsland“ ist aus heutiger Sicht als Maxime für eine deutsche Zuwanderungs- und Integrationspolitik
unbrauchbar geworden“ (UKZ, S. 12).
Die Ergebnisse der defensiven migrationspolitischen
Haltung lassen sich an den Ergebnissen in der Sozialberichtserstattung des Bundes und der Länder ablesen.
All diese Berichte – zu erwähnen sind: der 11. Kinder- und Jugendbericht, der 3. Altenbericht, der
6. Familienbericht, der 1. Armuts- und Reichtumsbericht, der 1. Sicherheitsbericht – kommen zu dem Ergebnis, dass Einwanderer/-innen unterdurchschnittlich an den präventiven Maßnahmen der sozialen
Hilfesysteme partizipieren. Der dokumentierten, unzureichenden soziale Versorgung entspricht dann
auch noch eine weit unterdurchschnittliche Bildungssituation. Seit den internationalen Bildungsstudien
PISA und Iglu ist bekannt, dass der Bildungserfolg
von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland äußerst schlecht ist.
Das Konzept der interkulturellen Orientierung und
Öffnung verfolgt das Ziel und die Idee, die Ungleichbehandlung von Einwanderer/-innen in den
sozialen Hilfesystemen zu überwinden. Soziale Arbeit generell ist ebenfalls mit dem Mandat und der
gesellschaftlichen Aufgabe ausgestattet, soziale Benachteiligung und Ausgrenzung zu überwinden.
Das Konzept der interkulturellen Orientierung kann
deshalb als Soziale Arbeit in einer Einwanderungsgesellschaft verstanden und gelesen werden.
Dieses Argument wird durch das Grundgesetz gestützt. Artikel 20 des Grundgesetzes enthält das so
genannte Sozialstaatsgebot. Danach ist die Bundesrepublik ein demokratischer, sozialer Rechtsstaat. Das
Sozialstaatsgebot gilt ausdrücklich für alle Bewohner
der Bundesrepublik Deutschland und ist keineswegs
nur deutschen Staatsangehörigen vorbehalten. Das
Sozialstaatsgebot gilt für Jederman und Jederfrau.
10
Die Erfahrungen in allen sozialen Hilfesystemen
zeigen, dass dieser Ansatz seinerseits ungewollt
und unbewusst Ausgrenzung von Einwanderer/
-innen produzieren kann. Dann nämlich, wenn sich
Migranten/-innen mit ihren Handlungs- und Deutungsmustern, mit ihren Themen, Biographien und
Lösungsmustern in den deutschen, mittelschichtorientierten Hilfesystemen nicht angenommen fühlen.
Wenn also Einwanderer/-innen möglicherweise andere Konzepte von Sucht und Krankheit, von Hilfe
und Unterstützung, von Ich und Wir, von Religion
und Kultur, Alter und Kindheit, von Erziehung und
Selbstständigkeit in die Hilfe- und Unterstützungssysteme einbringen und von diesen nicht wahrgenommen und nicht akzeptiert werden, dann kann
auch die angebotene Dienstleistung nur schwer angenommen werden.
Die Chiffre von der Interkulturellen Öffnung wird
hier also gelesen als ein sozialpolitisches Konzept
zur Teilhabe von Einwanderern an sozialen Dienstleistungen. Allerdings ist diese Chiffre für die unterschiedlichen Handlungsfelder noch sehr undifferenziert ausgebildet. Die Konkretisierung für die einzelnen Handlungsfelder steht noch aus. Die Fachtagung ist ein erster Versuch, der handlungsfeldspezifischen Ausdeutung auf die Spur zu kommen. Denn
natürlich haben alle Handlungfelder der Sozialen
Arbeit ihre je eigenen Handlungsroutinen und
Selbstverständlichkeiten herausgebildet. Insofern ist
es selbstverständlich, das die Umsetzung der interkulturellen Öffnung sich in den einzelnen Handlungsfelern unterschiedlich konkretisiert. Anders
gesagt; die Forderung nach der interkulturellen Öffnung versteht die Arbeiterwohlfahrt als sozialpolitischen Gestaltungsauftrag in der Einwanderungsgesellschaft. Wie aber diese Forderung in den Kindertagesstätten, in den Jugendfreizeiteinrichtungen, in
der Jugendgerichtshilfe, in den Seniorenstätten usw.
konkret umgesetzt wird, das versuchen wir in dieser
Arbeitshilfe nachzuzeichnen.
Bausteine der interkulturellen Öffnung
Analysiert man die vorliegenden Konzepte der interkulturellen Öffnung, die für verschiedenen Handlungs- und Praxisfelder sozialer Arbeit entwickelt
worden sind, so kann man verschiedene Bausteine
für die Umsetzung erkennen. Einigkeit besteht darin,
dass es sich bei der Initiierung der interkulturellen
Öffnung gleichzeitig um eine Leitungsaufgabe („topdown“) und eine Aufgabe der Arbeitsteams und der
Mitarbeiter ( bottom-up) handelt.
1. Fachvorträge
Interkulturelle Öffnung als Leitungsaufgabe
Für die Umsetzung der interkulturellen Öffnung ist
die Leitungsebene in besonderer Weise verantwortlich. Zur nachhaltigen Umsetzung ist es erforderlich,
dass der Prozess und das Ziel der Interkulturellen
Öffnung im Leitbild, im Qualitätsmanagement und
in der Konzeption der jeweiligen Einrichtung beschrieben werden.
Beispiel für eine Grundsatzentscheidung eines
Wohlfahrtsverbandes
trauen untereinander überwunden werden.“ (Stadt
Essen, Konzept für die interkulturelle Arbeit in der
Stadt Essen, 1999)
Interkulturelle Öffnung als Teamentscheidung
Interkulturelle Öffnung muss sowohl von „oben“ als
auch von „unten“ gewollt und akzeptiert werden.
Deshalb ist es wichtig, dass auch das jeweilige Arbeitsteam, z. B. der Suchthilfe hinter dieser Aufgabe
steht.
Die Bundeskonferenz der Arbeiterwohlfahrt hat
für die Gesamtorganisation folgenden Beschluss
gefasst:
Beispielhaft seien hier die Bedingungen für die
Teamentscheidung einer Erziehungsberatungsstelle zur interkulturellen Öffnung dokumentiert:
Gestaltung der Einwanderung als Zukunftsaufgabe der AWO
Politische Akzeptanz und finanzielle Unterstützung auf Landes- und kommunaler Ebene.
Ideologische und finanzielle Unterstützung durch
den Träger der Einrichtung.
Teamentscheidung zur Arbeit mit Migranten/
-innen.
Teamentscheidung zur Arbeit in einem interkulturellen Team.
Teamentscheidung zur niederschwelligen Arbeit.
Zeit- und energieaufwändige Auseinandersetzung um das Thema „Migration“.
Einsatz systemischer Prämissen: Offenheit, Neugier und Respekt als Arbeitsmittel.
Akzeptanz von Unterschieden und Fremdheit.
Bewusstsein für die persönlichen kulturellen Hintergründe der Beraterinnen.
Wissen über die kulturellen Hintergründe des
Klientels.
Festanstellung einer muttersprachlichen, migrationserfahrenen Berater/-in.
Intensive Öffentlichkeits- und Multiplikatorenarbeit.
Anlaufstelle der Erziehungsberatungsstelle im
Hauptwohngebiet der Migranten/-innen.
Alle AWO-Gliederungen werden aufgefordert,
bestehende und neue Dienste und Einrichtungen
interkulturell zu öffnen, indem darauf geachtet
wird,
dass Migranten/-innen ihrem Bevölkerungsanteil
entsprechend in den Angeboten repräsentiert sind;
dass konzeptionell, organisatorisch und personell
den Bedürfnissen von Migranten/-innen in den
Einrichtungen und Maßnahmen entsprochen wird.
Begründung:
Die Arbeiterwohlfahrt versteht die Gestaltung der
Einwanderungsgesellschaft als eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Zukunftsaufgaben.
Wir sind davon überzeugt, dass die Interkulturalität unserer sozialen Dienstleistungen ein zentrales Qualitätsmerkmal unserer Angebote, Maßnahmen und Projekte ist.
Die Arbeiterwohlfahrt versteht diesen Prozess der
interkulturellen Öffnung als wichtige Managementaufgabe der verschiedenen Gliederungsebenen.
Beispiel für eine Leitbildformulierung einer Kommune
„Ziel ist es, ein gemeinsames Leben und Lernen von
Deutschen und Nichtdeutschen unter Einbezug ihrer
unterschiedlichen Lebenserfahrungen zu ermöglichen und ihre Handlungskompetenzen und Erfahrungsmöglichkeiten so zu erweitern, dass ein Miteinander gefördert und die Isolation und das Miss-
Interkulturelle Öffnung als Teil
der Personalentwicklung
Wenn Personalentwicklung als Teil des Prozesses
der interkulturellen Öffnung verstanden wird, dann
gilt es, mehrsprachige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund zu gewinnen, dann
werden Stellenausschreibung so gestaltet, dass sich
Migranten und Migrantinnen angesprochen fühlen.
Migrationserfahrung, Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenz sind dann als Qualifikationsmerkmale einzustufen.
11
1. Fachvorträge
Da alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Prozess einbezogen sind, werden auch deutschen Fachkräfte interkulturell qualifiziert. Sie müssen Möglichkeiten der Selbstreflexion und der Aneignung von Spezialwissen bzw. den Erwerb von Handlungskompetenz
erhalten. Damit aus multikulturell zusammengesetzten
Teams interkulturell kompetente Teams werden und die
vorhandenen Ressourcen genutzt werden, sollte der
Teamentwicklungsprozess bewusst gesteuert werden,
z. B. durch institutionalisierte Supervisionen und Reflexionen und regelmäßige Teambesprechungen.
Interkulturelle Öffnung
als Kundenorientierung
Migranten und Migrantinnen werden als Klienten
explizit in allen Außendarstellungen der Einrichtung
benannt, einschließlich der Sprachen, die in der
Einrichtung bedient werden können. Im äußeren
Erscheinungsbild der Einrichtung signalisieren Symbole und Mehrsprachigkeit der Migrantenbevölkerung, dass sie und ihre Anliegen ernst genommen
werden. Die Öffentlichkeitsarbeit bezieht das Umfeld und vor allem Schlüsselpersonen aus den Communities mit ein.
Interkulturelle Öffnung als Teil
des Qualitätsmanagements
Vor dem Hintergrund der „Ökonomisierung des Sozialen“ in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts werden Mitarbeiter in Einrichtungen der Sozialen Arbeit
verstärkt mit der Anforderung konfrontiert, um die
Effektivität ihres Handelns nachzuweisen und das Verhältnis von Aufwand und Wirkung zu dokumentieren.
Zu diesem Zweck sind mittlerweile vielfach Qualitätsmanagementsysteme eingeführt worden.
Trotz der Vielfalt dieser Systeme hat sich bei der Betrachtung der Qualität einer Einrichtung eine Unterscheidung nach
• Strukturqualität (Ausstattung einer Einrichtung,
organisatorische Rahmenbedingungen, Qualifikation der Mitarbeiter etc.)
• Prozessqualität (Leistungsbeschreibungen, Zielbeschreibungen etc.)
• Ergebnisqualität ( Erfolg der Leistungen, Zielerreichung etc.)
mittlerweile weitgehend durchgesetzt. Unbestritten
ist, dass die Einführung eines Qualitätsmanagements eine Leitungsaufgabe ist.
Mittlerweile haben viele Einrichtungen entsprechende Qualitätsmanagementhandbücher entwickelt.
12
Zugangsbarrieren
Die Inanspruchnahme sozialer Dienstleistungen
durch Migranten/-innen ist, wie wir oben dargestellt
haben, in den meisten Bereichen unterdurchschnittlich und entspricht nicht dem Bevölkerungsanteil der
Einwanderer/-innen. Lange Zeit wurde diese empirisch mehrfach nachgewiesene Tatsache durch die
vermeintlich intakten Familienstrukturen von Einwanderer/-innen erklärt. Danach bestehe der Hilfebedarf in Einwandererfamilien nur in geringerem Maße, weil die Familien individuelle Problemlagen auffangen. Zudem sei den Einwanderer/-innen die differenzierten Leistungen personenorientierter Unterstützung aus ihrem Herkunftsland nicht bekannt.
Wenn man genauer hinschaut, lassen sich für die
unterschiedlichen Handlungsfelder allerdings eine
Vielzahl von Zugangsbarrieren identifizieren.
Gaitanides (1998) hat in vielen Beiträgen die so genannten Zugangsbarrieren für Migranten zu den
Systemen der sozialen Dienstleistungen herausgefunden:
• Sprachbarriere
• Unkenntnis des Beratungs- und Hilfesystems
• Misstrauen und Angst vor juristischen Konsequenzen
• Fehlende Anspruchsvoraussetzungen
• Missverstehen durch ethnozentrische Fehldeutungen
• Unterstellung von Vorurteilen
• Rassismus der Klientel der Mehrheitsgesellschaft
• Abwehr von Klienten, die überdurchschnittlich
viel Arbeit machen
• Ressentiments gegen verbale, insbesondere reflexive Methoden
• Ethnozentristisches, mittelschichtorientiertes Beratungs- und Therapiesetting
• Alternatives Therapiekonzept
• Extrem schlechte soziale Chancen
Auch diese Beschreibung stellt eine Allgemeingültigkeit dar, die für die einzelnen Handlungsfelder Sozialer Arbeit überprüft und konkretisiert werden muss.
Zu fragen wäre etwa, ob die so genannte Sprachbarriere in allen Handlungsfelder – in der Kindertagesstätte ebenso wie in der Werkstatt für Behinderte – in der gleichen Weise existiert. Und ob sie
für alle Zielgruppen in der gleichen Weise existiert.
Und vor allem, was die Dienstleister tun können, um
sie zu überwinden.
Trotz der Vielfalt an Veröffentlichungen zu dem Konzept der Interkulturellen Öffnung – diese Arbeit und
die mühsame Suche nach der konkreten Praxis hat
gerade erts begonnen.
1. Fachvorträge
Dieter Filsinger
Strategien und Hindernisse auf dem Weg zur interkulturellen Orientierung
und Öffnung1
Mit dem Begriff der „Interkulturellen Öffnung“ ist ein
neues Deutungsmuster eingeführt – gewissermaßen
ein Paradigmenwechsel angedeutet. Die interkulturelle Orientierung und Öffnung der Institutionen der
Einwanderungsgesellschaft beschreibt aber im Wesentlichen erst eine Programmatik bzw. eine Agenda, aber nicht die institutionelle und gesellschaftliche Praxis, selbst wenn sich in einer Vielzahl von
Städten, Gemeinden und Sozialorganisationen beachtliche Schritte in die benannte Richtung beobachten lassen.
1
1. Zur Konzeptualisierung von
„Interkultureller Öffnung“
Interkulturelle Öffnung ist die konsequente Antwort
auf die Realität der Einwanderungsgesellschaft, eine
Antwort, die insbesondere dann zwingend ist, wenn
man dem Konzept der multikulturellen Gesellschaft
kritisch gegenübersteht, das ein Nebeneinander
unterschiedlicher Teilkulturen postuliert. In einem
weiten Verständnis ist unter „Interkultureller Öffnung“ die Aufforderung zu verstehen, allen Zuge-
Den empirischen Hintergrund für diesen Beitrag bilden eine Expertise zu kommunalen Integrationskonzepten (Filsinger 1998), eine
Expertise zur interkulturellen Öffnung Sozialer Dienste (Filsinger 2002a) und Erkenntnisse im Rahmen des Wettbewerbs „Erfolgreiche
Integration ist kein Zufall“, der von der Bertelsmann Stiftung und dem Bundesinnenministerium ausgeschrieben wurde, und an dem der
Autor als Mitglied der Jury mitgewirkt hat (www.erfolgreiche-integration.de).
13
1. Fachvorträge
wanderten und ihren Kindern eine umfassende Teilhabe an und den ungehinderten Zugang zu den sozialen, ökonomischen, ökologischen und kulturellen
Ressourcen der Gesellschaft zu ermöglichen, sofern
sie sich auf Dauer in der Einwanderungsgesellschaft
niederlassen gehaben bzw. niederlassen (können),
insbesondere den Zugang zu Bildung, zu Erwerbsarbeit, zu den sozialen Sicherungssystemen, zu den
Sozial- und Gesundheitseinrichtungen, zur sozialen
Infrastruktur. Im Kern folgt die Programmatik der
„Interkulturellen Öffnung“ damit dem Gleichstellungspostulat.
Ein Blick in die Literatur und in kommunale bzw. institutionelle Konzepte zeigt, dass das Konzept der
„Interkulturellen Öffnung“ nicht nur unterschiedliche
Begründungen erfährt, sondern auch unterschiedliche Interpretationen erlaubt.2 Enge Interpretationen
konzentrieren sich auf den Aspekt der Mehrsprachigkeit in den sozialen Diensten, Einrichtungen und
in der Verwaltung, auf die vermehrte Einstellung von
Personal ausländischer Herkunft oder mit Migrationshintergrund bzw. mit nachgewiesener interkultureller Kompetenz; weitergehende Interpretationen
sehen darüber hinaus die Notwendigkeit interkultureller Kompetenzentwicklung in den Institutionen
und einer entsprechenden Personal- und Organisationsentwicklung; weite Interpretationen begreifen
interkulturelle Öffnung auch als sozialräumliches
bzw. städtisches Gestaltungsprinzip3 oder schließlich gar als zivilgesellschaftliches Projekt.
Interkulturelle Öffnung verlangt zunächst „nur“ die
Realität der Einwanderungsgesellschaft zur Kenntnis
zu nehmen, die Faktizität der Einwanderungsgesellschaft anzuerkennen. Daraus folgt vor allem, dass
relevante Aspekte der Herkunftskulturen in die Curricula der Schule eingehen müssen (Brumlik 1999),
dass die Institutionen ihre Adressat/inn/en als Bürger/innen mit ihren je spezifischen Voraussetzungen, Anliegen, Ansprüchen und Eigenheiten wahrzunehmen haben. Interkulturelle Öffnung kann insofern als „soziale Öffnung“ gelesen werden, als es
darum gehen soll, dass alle Bürger/innen Zugang
zu den (institutionellen) Ressourcen der Gesellschaft
erhalten. Auf Zugangsbarrieren treffen nämlich
2
3
4
5
6
14
nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch andere, strukturell benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Von interkulturell ausgerichteten, migrationssensiblen Schulen, Verwaltungen und sozialen Diensten wird im Kern nichts anderes erwartet,
als dass sie auf ihre Adressat/inn/en als Individuen
eingehen.
Adressatenorientierung,
Lebensweltorientierung,
Biographie- und Ressourcenorientierung sind – zumindest in der Kinder- und Jugendhilfe – allgemein
anerkannte Prinzipien, die Einbeziehung der Kultur
geradezu erzwingen. Soziale Lage, Geschlecht und
Kultur sind Kategorien, die im Diskurs um die Interkulturelle Öffnung unverzichtbar sind.4 Interkulturelle Kompetenz lässt sich im Übrigen als eine allgemeine Kompetenz in modernen Gesellschaften verstehen, die keiner „kulturellen Aufladung“ bedarf.
Es spricht deshalb vieles dafür, Interkulturalität, Interkulturelle Öffnung und Kompetenz möglichst reflexiv
zu halten (vgl. Hamburger 2000). Mit Bernert/Lange (2000) könnte man etwa eine kommunale Integrationspolitik in dem Maße als „interkulturell“ bezeichnen, „wie es ihr gelingt, den Raum ‚zwischen‘
den unterschiedlichen menschlichen Lebensstilen so
zu gestalten, dass Situationen des offenen zivilgesellschaftlichen Umgangs miteinander zum Normfall
werden“ (S. 29).5
Mit dem Programm der interkulturellen Öffnung
scheint eine Formel gefunden zu sein, die die weitere Klärung des Integrationsbegriffs, des Verhältnisses von Kultur und Struktur, von Allgemeinem und
Besonderen, zu erübrigen scheint. Es sollte sich niemand täuschen; diese Fragen tauchen dann wieder
auf, wenn die interkulturelle Dimension von Einrichtungs- und kommunalen Handlungskonzepten genauer bestimmt werden muss.
2. Strategien interkultureller Öffnung,
deren Verbreitung und Erfolge6
Um die interkulturelle Öffnung voranzubringen, bieten sich verschiedene Strategien und Methoden an,
Zum Konzept der „Interkulturellen Öffnung und Kompetenz“ vgl. insbesondere Hinz-Rommel 1994; Barwig u. Hinz-Rommel 1995;
Hinz-Rommel 1996; Stadt Göttingen 2000; Auernheimer 2001; Auernheimer 2002.
Interkulturelle Öffnung wird in diesem Zusammenhang als zentraler Bestandteil einer allgemeinen städtischen Integrationsstrategie verstanden (vgl. etwa Hock 2002; Schweitzer 2002).
W. Barth hat in der Diskussion über meinen Beitrag die These vertreten, dass Kultur besonders dann eine Rolle spielt, wenn gesundheitliche und psychosoziale Fragen angesprochen sind. Ich danke für diesen Hinweis.
Zur zivilgesellschaftlichen Perspektive vgl. auch Filsinger 2000.
Die folgenden Ausführungen basieren im Wesentlichen auf den Ergebnissen der Expertise „Interkulturelle Öffnung der Sozialen Dienste“
(vgl. Filsinger 2002a).
1. Fachvorträge
die allerdings nur dann Erfolg versprechend erscheinen, wenn sie konzeptionell integriert sind.
Typisierungen und Verallgemeinerungen (nach Nation, Herkunft), und zur Reflexion der eigenen ethnozentristischen Sichtweise und Haltung.
2.1 Information und Aufklärung
Das Angebot an diesbezüglichen Fortbildungsmaßnahmen und Trainings ist in den letzten Jahren erheblich expandiert, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass hier eine „Marktlücke“ bemerkt
worden ist. Anbieter/innen sind nicht nur die traditionellen Bildungseinrichtungen (z. B. Universitäten,
Fachhochschulen, zentrale Fortbildungsinstitutionen
der Kirchen und Wohlfahrtsverbände), sondern
auch und vor allem freie Fortbildungs- und (Praxis-)
Forschungsinstitute.7
Konzepte der interkulturellen Öffnung müssen zumindest zwei Adressatinnen im Blick haben: die allochthone Bevölkerung, also die höchst heterogen
zusammengesetzte Bevölkerungsgruppe der Zuwanderinnen und Zuwanderer, und die autochthone, also die alteingesessene Bevölkerung. Im Hinblick auf
die zugewanderte Bevölkerung gibt es schon lange
das Konzept, Informationsschriften in verschiedene
Sprachen zu übersetzen bzw. Informationsveranstaltungen in mehreren Sprachen anzubieten, was vor
dem Hintergrund der Nationalitäten- und Sprachenvielfalt erheblicher Anstrengungen bedarf. Gleiches
gilt für Dolmetscherdienste, die in mehr oder minder
großem Umfang vorgehalten werden, die aber offensichtlich der weiteren Qualifizierung bedürfen
(vgl. Landeshauptstadt München 2000).
Die alteingesessene Bevölkerung ist erst seit geraumer Zeit Gegenstand kommunaler Integrationspolitiken, wobei eine systematische „Interaktionspolitik“,
wie sie etwa Lamura (1998) vorgeschlagen hat,
noch weitgehend aussteht. Aber die Einsicht ist gewachsen, dass Integration eine Aufgabe ist, an der
die deutsche Bevölkerung mitwirken muss. Städte
versuchen diese Botschaft durch Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen auf Stadtteil- bzw. Quartiersebene durch Stadtteilkonferenzen oder „Runde
Tische“ zu verbreiten. In Kenntnis moderner Managementtheorien wird von einer Reihe von Städten
und Institutionen die Strategie verfolgt, ein Leitbild
zu entwickeln, das der kulturell und sprachlich pluralen Lage Rechnung trägt. Mittlerweile scheint erkannt, dass der Zusammenarbeit mit den Migrantencommunities und Migrantenselbstorganisationen
eine zentrale Bedeutung für wechselseitige Öffnungsprozesse zukommt.
Über die Inanspruchnahme dieser Angebote lassen
sich keine repräsentativen Aussagen treffen. Auf der
Leitungsebene scheint die Einsicht in die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Fortbildung in interkultureller Kompetenz gewachsen zu sein. Interkulturelle Kompetenz wird zunehmend als ein Qualitätsstandard betrachtet (vgl. Handschuk u. Schröer
2000). Bei den Mitarbeiter/inne/n beobachten die
im Rahmen der Expertise befragten Expert-/inn/en
ein wachsendes Interesse an solchen Fortbildungen,
auch bei solchen Mitarbeiter/innen, die nicht aus
der Migrationssozialarbeit kommen, wobei die
langjährig in den Institutionen tätigen Mitarbeiter/
inne/n ihre Fortbildungspräferenzen und -resistenzen nicht selten beibehalten werden.
Kommunen und Einrichtungen haben zum Teil eigene Fortbildungskonzepte entwickelt, wobei solche
Konzepte als perspektivenreich einzuschätzen sind,
die die Aneignung und Steigerung interkultureller
Kompetenz in allgemeine Fortbildungskonzepte einer Institution bzw. in die allgemeine Qualitätspolitik einer Organisation oder der Kommune einbinden (vgl. etwa Schulze-Böing u. Röschmann 2002).
Angestrebt wird nämlich die Verbesserung der
Dienstleistungsqualität für alle Nutzer/innen.
2.3 Personalentwicklung
2.2 Interkulturelle Kompetenzentwicklung
Interkulturelle Kompetenzentwicklung gilt als ein
zentraler Schlüssel zur interkulturellen Öffnung und
Orientierung der Bildungs-, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen. Zu dieser Kompetenz gehört
nicht zuletzt die Fähigkeit zur Analyse des jeweiligen (Einzel-)Falls, unter Absehung von vorschnellen
7
Nicht erst seit der „interkulturellen Wende“ wird die
Einstellung von Mitarbeiter/inne/n ausländischer
Herkunft bzw. mit Migrationshintergrund als zentraler Bestandteil einer interkulturellen Orientierung
und Öffnung betrachtet. Leichte Fortschritte sind
zwar zu verzeichnen; generell gilt aber der Befund
einer nach wie vor starken Unterrepräsentanz. Die-
Zur inhaltlichen und thematischen „Bandbreite“ der Angebote vgl. etwa Jungk (1999).
15
1. Fachvorträge
ser Befund erfuhr im Rahmen des Wettbewerbs „Erfolgreiche Integration ist kein Zufall“ erneut Bestätigung. Für das Sozialreferat der Stadt München werden beispielsweise 5-6 % angegeben (Schmid-Urban 2002); der Fachbereich Kinder, Jugend, Familie der Stadt Mannheim gibt es ebenfalls den Anteil
mit 5-6 % an, wobei die meisten Angestellten nichtdeutscher Nationalität in den städtischen Kindertageseinrichtungen beschäftigt sind, einige wenige
in der Jugendförderung und in den Sozialen Diensten. In Karlsruhe sind nach eigenen Angaben
immerhin 18 % der Mitarbeiter/innen im Allgemeinen Sozialen Dienst der Stadt Migrant/inn/en aus
der zweiten Generation (vgl. Barth 2002;
[email protected]) – ein überraschender Wert, der
jedoch keineswegs generalisiert werden kann.
Während in den meisten Konzepten Wert auf die
Einstellung von Mitarbeiter/inne/n ausländischer
Herkunft oder zumindest mit Migrationshintergrund
gelegt wird, legen andere Konzepte den Akzent
auf interkulturelle Kompetenz, die aber aus guten
Gründen nicht primär oder zumindest nicht ausschließlich am Kriterium der „Herkunft“ festgemacht
wird.
Die Gründe für die Unterrepräsentanz in den kommunalen Institutionen liegen zum einen in der restriktiven Einstellungspolitik der Kommunen (aufgrund
der angespannten Haushaltssituation); zum anderen
im Mangel an entsprechend qualifizierten Bewerber/inne/n. Dieser Mangel ist auch vor dem Hintergrund der Tatsache zu betrachten, dass Personen
mit Migrationshintergrund und höheren Bildungsabschlüssen eben nicht unbedingt in die hier in
Rede stehenden Berufs- bzw. Handlungsfelder streben. Viele junge Frauen, die aufgrund ihrer Schulabschlüsse für den Beruf der Erzieherin gewonnen
werden könnten bzw. über einen entsprechenden
Berufsabschluss verfügen, erfahren nicht selten im
Elternhaus wenig Unterstützung, sondern werden
eher auf die Rolle als Ehefrau und Mutter hin orientiert.
Zwar fehlt es mittlerweile nicht mehr an der erklärten Absicht, verstärkt Mitarbeiter/innen mit Migrationshintergrund einzustellen und interkulturelle
Kompetenz in den kommunalen Einrichtungen zu
versammeln; wie nachdrücklich diese Absichtserklärungen umgesetzt werden, ist letztlich eine empirische Frage. Es scheint noch häufig die Vorstellung
vorzuherrschen, es genüge eine Reihe von Mitarbeiter/inne/n zur Verfügung zu haben, die qua Herkunft oder Hintergrund interkulturelle Kompetenz
der Einrichtung symbolisieren; zum generellen Profil
von Leitungskräften scheint interkulturelle Kompe-
16
tenz bei genauerem Hinsehen nicht unbedingt zu
gehören, es sei denn, es handelt sich um spezielle
Stellen für Integrationsaufgaben.
So wurden beispielsweise in der ZEIT vom
22.8.2002 von einem Kreisjugendamt im Großraum zwischen Heidelberg und Darmstadt „5 Führungspositionen beim Jugendamt“ ausgeschrieben
(drei Regionalteam-Leitungen; zwei FachbereichsLeitungen nach BAT III). Nicht nur bei den Grundsätzen der Neuorganisation findet interkulturelle Orientierung keine Berücksichtigung. Auch bei der Profilbeschreibung und bei den Anforderungen fehlt jeglicher Hinweis auf interkulturelle Kompetenz.
Im Rahmen des bereits erwähnten Wettbewerbs „Erfolgreiche Integration ist kein Zufall“ war es möglich, der Empirie interkultureller Öffnung näher zu
kommen. Die Hinweise sind eindeutig. Konzepte
der Personalentwicklung, die der Notwendigkeit
interkultureller Öffnung Rechnung tragen, werden
erst jetzt wirklich angegangen. An fundierten Empfehlungen fehlt es nicht (z. B. Überprüfung des Ermessensspielraums im Einzelfall für ausländische
Abschlüsse; Einbau von Bausteine zur interkulturellen Kompetenz in die Verwaltungslaufbahn; zusätzliche Sprachförderung für neu einsteigende ausländische Mitarbeiter/innen einrichten; Interkulturelle
Kompetenz als fester Bestandteil der öffentlichen Anzeigenpraxis und Personalförderung).
Bei den freien Trägern, insbesondere bei den Wohlfahrtsverbänden, die langjährig in der Migrationssozialarbeit tätig sind, stellt sich die Repräsentanz
günstiger dar, als bei den kommunalen Institutionen.
2.4 Organisations- bzw. Qualitätsentwicklung im
Rahmen eines Gesamtkonzepts
Kompetenzentwicklung durch Fortbildung und Beratung, sind ebenso wie Personalpolitik bzw. Personalentwicklung Teilaspekte in den Bemühungen um
die interkulturelle Öffnung der Verwaltung und der
sozialen Dienste, die zwar schon für sich genommen einen Wert haben, aber nur dann ihre volle
Wirkung entfalten können, wenn sie eingebunden
sind in eine umfassendere Strategie der Organisations- bzw. Qualitätsentwicklung, ja noch weitergehend in ein interkulturell orientiertes Gesamtkonzept
einer Organisation bzw. einer Kommune.
Von besonderer Bedeutung ist die Verknüpfung von
Fortbildung und Organisationsentwicklung. In diesem Zusammenhang sind etwa Projekte zu erwähnen, die interkulturelles Lernen an Entwicklungspro-
1. Fachvorträge
zesse der beteiligten Institutionen koppeln.8 Angesprochen ist dabei u.a. das Konzept „lernender Organisationen“ (vgl. Heiner 1998). Die Verknüpfung
von Fortbildung und Organisationsentwicklung ist
auch in dem Modellprojekt TiK („Transfer interkultureller Kompetenz“) intendiert gewesen, an dem eine
ganze Reihe von kommunalen Einrichtungen aus
mehreren Städten teilgenommen hat.
Die Notwendigkeit eines interkulturell orientierten
Gesamtkonzepts für Organisationen und Kommunen ist mittlerweile erkannt. Der Entwicklungsstand
ist sehr unterschiedlich. Aber immerhin über 100
Städte haben sich an dem bereits erwähnten Wettbewerb beteiligt und geben an ein Gesamtkonzept
zu haben bzw. zumindest mitten im Entwicklungsprozess eines solchen Konzepts zu stehen. Dies ist
beachtlich. Wenn man den jetzigen Stand mit den
Befunden einer repräsentativen Erhebung über kommunale Gesamtkonzepte aus dem Jahr 1998 (vgl.
Filsinger 1998) vergleicht, dann kann zu Recht von
einem Entwicklungsschub gesprochen werden. In
den „Vorreiterstädten“ sind zwischenzeitlich institutionelle Vorkehrungen getroffen worden, die Nachhaltigkeit erwarten lassen.
Alles in allem sind die Entwicklungen auf dem lokalen Ebene recht ermutigend. Eine kontinuierliche
Evaluation ist jedoch unverzichtbar. Eine „PISA“-Studie über außerschulische Bildungs-, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen hinsichtlich ihrer interkulturellen Qualität wäre nicht die schlechteste Hilfestellung
für eine – nicht ausschließlich an ökonomischen Imperativen orientierten – Modernisierung der sozialen Dienste. Dafür sprechen auch – die bisher allerdings wenigen – Studien, die Kommunikations- und
Interaktionsverhältnisse in sozialen Diensten empirisch untersucht haben (vgl. etwa Mecheril u.a.
2001; Landeshaupstadt München 2002; Sorg
2002).
3. Hindernisse
Hindernisse auf dem Weg zur interkulturellen Öffnung gibt es genügend (vgl. etwa Gaitanides 1998;
Teuber 2002). Kurzfristige Erfolge sind vor dem
Hintergrund der Geschichte der deutschen Integrationspolitik – die bis vor kurzem keine ernsthafte
war –, nicht zu erwarten (vgl. Blahusch 1999). Die
Herausbildung eines eigenständigen, mit den Regeleinrichtungen nur lose gekoppelten Interventionssys-
8
tems (vgl. Bauer 2001), aber auch die lang währende Sonderbehandlung von Migrantenkindern
und -jugendlichen in Kindergarten und Schule, und
der Umstand, dass erst in den späten 90er Jahren
interkulturelle Öffnung zu einem politikfähigen Projekt wird, ist nur vor dem Hintergrund des nationalen Selbstverständnisses und der darauf basierenden unentschiedenen bzw. widersprüchlichen Migrations- und Integrationspolitik, sowie der Robustheit des deutschen Institutionensystems angemessen
verstehbar (Filsinger 2002b). In verschiedenen
Untersuchungen konnte gezeigt werden, wie stark
„die im Verlauf der Geschichte nationalstaatlicher
Schule herausgebildeten Strategien und Praktiken
zur Herstellung von ‚Eigenem‘ und zur ‚Abgrenzung‘ bis in die die heutigen Maßnahmen zur Förderung und Integration allochthoner Minoritäten
fortwirken“ (Gogolin 1998, S. 75; auch Gogolin
2000). Die bis heute gängige Annahme, die Schule
sei selbstverständlich kulturell, ethnisch und sprachlich homogen, kann als ein Schlüssel zum Verständnis von Ein- und Ausgrenzungen und deren Legitimation betrachtet werden (vgl. Hildebrand u. Sting
1995; Gogolin 2002). Nicht unerwähnt bleiben
kann das nicht zu unterschätzende Maß an Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung,
auf das empirische Studien hinweisen.
4. Perspektiven
Vor dem Hintergrund eines weiten Verständnisses
von interkultureller Öffnung, für das eingangs plädiert wurde, besteht die dringendste Aufgabe in der
Verbesserung der Zugangs von jungen Migrant/
inn/en zu (weiterführender) Bildung und zum Beschäftigungssystem. Die empirischen Befunde sind
hinreichend bekannt (vgl. Allmendinger u. Leibfried
2003). Bildung, das ist gesicherter Wissensbestand, bestimmt die Lebensmöglichkeiten und Zukunftschancen insbesondere der jungen Generation.
Wenn wir von interkultureller Öffnung der Institutionen der Einwanderungsgesellschaft sprechen, dann
muss zunächst nicht nur der Kindergarten, sondern
auch die Schule in den Blick genommen werden.
Die Einstellung der Schule auf den kulturellen und
sprachlichen Pluralismus ist eine bisher weitgehend
liegen gebliebene Aufgabe. Das Schulsystem ist
durch die kommunale Politik nur eingeschränkt beeinflussbar; aber Städte und Kommunen können als
Schulträger im Grundschulbereich sehr wohl auf die
Verteilung der Schülerinnen und Schüler achten und
Vgl. dazu www.offenbach.de – Leitstelle Zusammenleben in Offenbach.
17
1. Fachvorträge
im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf unerwünschte
Abwanderungen bzw. Konzentrationen Einfluss nehmen. Der Schulsozialarbeit dürfte künftig eine große
Bedeutung zukommen, nämlich die Integrationsbzw. die Inklusionsfunktion der Schule durch einen
eigenständigen Beitrag zu stärken.
Interkulturelle Öffnung ist zwar zuförderst eine Herausforderung für die Institutionen der Einwanderungsgesellschaft, jedoch letztlich nur als wechselseitiger Prozess vorstellbar. In diesem Zusammenhang kommt den Migrantenselbstorganisationen
eine erhebliche Bedeutung. Deren Integrationspotential lässt sich freilich nur fallspezifisch genauer
bestimmen. Die Forschung darüber spricht dafür,
die Ressourcen von „ethnic communities“ und Migrantenselbstorganisationen für die Zugewanderten
und ihre Kinder zu nutzen, aber auch ihren Beitrag
für das soziale und gesellschaftliche Zusammenleben in einer Stadt angemessen wahrzunehmen
(vgl. Fijalkowski u. Gillmeister 1997; Krummacher
u. Waltz 1999; Schweitzer 2001, Klein u.a.). Dies
widerspricht keineswegs der eingangs vorgetragenen Position, die in einer Stadt lebenden Menschen,
Zugewanderte wie Alteingesessene, als Individuen
zu betrachten, und nicht in erster Linie als Angehörige von ethnisch definierten Kollektiven.
Ein angemessenes Konzept interkultureller Öffnung
muss sich in diesem Zusammenhang der unaufhebbaren Dialektik von gegenseitiger Abgrenzung und
Integration vergewissern. In dieser Perspektive erscheint eine nüchterne und differenzierte Bewertung
von Segregation und des „community-building“, also von „ethnic communities“ erforderlich und möglich (vgl. Leggewie 2000). Zum einen bedarf für alle Gruppen in einem Gemeinwesen, d.h. auch und
vor allem für die Zugewanderten, Bewegungsspielräume und Rückzugsmöglichkeiten, Orte des Übergangs, d.h. auch der „unvollständigen Integration“
(Bahrdt); zum anderen bedarf es aber gleichzeitig
öffentlicher Räume zwischen Gruppen und Kulturen,
auch zwischen den Generationen, in denen Kontakt, Austausch und Arrangements zustande kommen können (vgl. Häußermann 1998).
5. Voraussetzungen und Bedingungen einer Politik der interkulturellen Öffnung
Interkulturelle Öffnung ist zum einen als Bildungsprozess zu begreifen, zum anderen verlangt sie eine
entsprechende Personal- und Organisationsentwicklung (Handschuk u. Schröer 2002). Ausbildungsinstitutionen und Hochschulen müssen und können hierzu
einen sehr wesentlichen Beitrag leisten.
18
Die Voraussetzungen und Bedingungen für die interkulturelle Öffnung der Stadtpolitik und der Institutionen lassen sich vor dem Hintergrund der bisherigen
Erfahrungen und Forschungen wie folgt zusammenfassen:
Interkulturelle Öffnung muss als gesamtstädtisches
Anliegen, als Dauer- und Querschnittsaufgabe begriffen werden. Erforderlich ist eine lokale Agenda:
es bedarf zuförderst einer eindeutige Option der
kommunalen Politik und Administration, eines abgestimmten strategischen Konzepts für die Umsetzung,
institutioneller Vorkehrungen in Form von Querschnitt orientierten Stabs- bzw. Fachstellen, die für
die Umsetzung und die Evaluation verantwortlich
sind, und einer entsprechenden Ressourcenallokation.
Die bisherigen Erfahrungen mit der Implementation
von Politiken und Konzepten der interkulturellen Öffnung (Hinz-Rommel 2000; TiK 2001; Friedrich
Ebert Stiftung 2002; Hartmann u. Pröhl 2003) sprechen für eine Verbindung von „top-down“ und „buttom-up“-Strategien. Die Stadt- bzw. Institutionsspitzen, vor allem die mittlere Management-Ebene,
müssen gewonnen werden. Um diese Akteure gewinnen zu können, müssen plausible Begründungen
generiert werden, die anschlussfähig sind. Das sind
vor allem funktionalistische Begründungen, etwa
das Ansehen einer Stadt bzw. einer Institution, oder
der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften aufgrund
der demographischen Entwicklung. „Internationalität“ und „Diversity“ eignen sich nicht schlecht für
ein stadtpolitisches Leitbild. Förderlich erscheint es,
das Projekt der interkulturellen Öffnung in andere,
bereits etablierte allgemeine Konzepte und Strategien, wie etwa in das Qualitätsmanagement bzw.
in die Qualitätspolitik einer Kommune oder Institution einzubinden (vgl. Schulze-Böing u. Röschmann
2002; Handschuk 2005), oder auch mit anderen
Konzepten wie etwa dem des „Gender-Mainstreaming“ zu verknüpfen. Es braucht aber in jedem Fall
eines Akteurnetzwerks, das entsprechende Diskurse
anstößt, in Gang hält und den Öffnungsprozess
fachlich begleitet, wobei die Einbindung von Akteuren, die bisher nicht als Migrationsexpert/inn/en
gelten, zu empfehlen ist.
Die interkulturelle Öffnung und Orientierung der
Stadtpolitik und der kommunalen Institutionen ist eine Aufgabe, die von jeder Institution im Sinne einer
Selbstverpflichtung zu realisieren ist. Als gesamtstädtisches Anliegen ist sie nur realisierbar im Rahmen
einer „kooperativen Politik“ (vgl. Brocke 2002), in
die die relevanten Akteure eingebunden sind. Die lokale Aushandlung und Festlegung von Zielen, die
1. Fachvorträge
Bestimmung von Indikatoren zur Evaluation der Zielerreichung sowie eine regelmäßiges Monitoring sind
nicht nur geeignet den Prozess der Interkulturellen
Öffnung und damit die kommunale Integrationspolitik zu strukturieren, sondern auch dazu, die notwendigen öffentlichen und institutionsinternen Diskurse in
Gang zu halten (vgl. Filsinger 2004).
Die Zuständigkeit des kommunalen Staates besteht
dabei darin, den (Aushandlungs-) Prozess zu strukturieren und zu moderieren, dem Ergebnis aber auch
kommunalpolitische Legitimation zu verleihen.
Interkulturelle Öffnungspolitiken bedürfen der zivilgesellschaftlichen „Unterfütterung“, in die die Migrationselbstorganisationen einzubeziehen sind.
Dazu müssen „intermediäre Instanzen“ identifiziert
und gefördert bzw. auch neu herausgebildet werden (vgl. Lüttringhaus 1998). Die Strategie der
Netzwerkbildung und Netzwerkförderung erscheint
in diesem Zusammenhang ein geeigneter Weg,
allerdings nicht im Sinne einer Festigung von Bindungen innerhalb von Bevölkerungsgruppen („bounding“-Netzwerke). Vielmehr sind „bridging“-Netzwerke (vgl. Klein u.a. 2004) gefragt, die geeignet
sind, Brücken zwischen alteingesessener und zugewanderter Bevölkerung zu bauen.
Schließlich braucht die interkulturelle Öffnung der
Stadtpolitik und der Institutionen der Einwanderungsgesellschaft zwingend einer der Aufgabe entgegenkommende staatliche Politik. Erforderlich ist
vor allem eine Politik, die den Ungleichheitstendenzen im Bildungssystem, auf dem Ausbildung-, Arbeits- und Wohnungsmarkt entgegenwirkt, also eine
Sozialpolitik im umfassenden Sinne, die letztlich
auch die Teilhabechancen der (benachteiligten) einheimischen Bevölkerungsgruppen verbessert (vgl.
Hoffmann-Nowotny 2000).
Mit dem jüngst verstorbenen großen Migrationsforscher Hoffmann-Nowotny soll die Zentralität von
Strukturfragen behauptet werden (Fragen sozialer
Ungleichheit und systemischer Integration). Kulturfragen sind aber nicht zu hintergehen. Mann/Frau
muss die kulturellen Regeln kennen und begreifen,
die in einem bestimmten Geltungsbereich die Grundverhältnisse menschlichen Zusammenlebens betreffen, wenn Verständigung und Kooperation gelingen
soll. Sowohl die Hervorhebung von kulturellen Differenzen, als auch Versuche der Einebnung kultureller
Eigenheiten haben nämlich ihren Preis. Gleiches gilt
für den Umgang mit Fremdheit als einer sozialen
Konstruktionsleistung. Aber kulturelle Fragen können
nur im Kontext sozialer Verhältnisse, im Kontext sozialer Ordnungen angemessen verhandelt werden.
„Interkulturelle Kompetenz“ als Schlüsselqualifikation in der Einwanderungsgesellschaft zu betrachten, setzt voraus, die Rolle dieses Konzepts im eigenen kulturellen Kontext in die Reflexion einzubeziehen. Joachim Mathes (1998) insistiert zu Recht
darauf, die Aufmerksamkeit immer wieder darauf
zu lenken, wie europäisch das vorherrschende Verständnis von interkultureller Kompetenz ist und wie
sehr dieses Verständnis geschichtlich gewachsen
ist. Gesellschaften europäischen Typs sind – so seine Argumentation –, unter und mit einer Regelung
des Verhältnisses von Fremdem und Eigenem nach
einem Außen-Innen-Schema entstanden, und diese
Art der Regelung mindert/e das Erfordernis, im jeweils eigenen gesellschaftlichen Alltag differenzierte Muster für den Umgang mit Fremdem auszubilden und einzuüben. Die Realität der Einwanderungsgesellschaft stellt dieses Schema infrage.
Aber es mangelt eben sowohl an dem, was wir
interkulturelle Alltagspraxis (incl. der Mehrsprachigkeit) bezeichnen können, als auch „an der Einsicht, dass – und wie – das jeweils Eigene auch in
der ständigen Begegnung und Koexistenz mit
Fremden bewahrt und zugleich bereichert werden
kann“ (Matthes, 1998, S. 231f.). Vor diesem
Hintergrund stellt sich vor allem die Aufgabe, darüber nachzudenken, unter welche Bedingungen
ein vertieftes Bewusstsein von dem Erfordernis entstehen kann, eine interkulturelle Kompetenz bei
sich selber auszubilden.
Moderne Gesellschaften sind solche, die die nach
„unten“, nach „außen und nach “innen“ Differenzen
ausbrüten, wie Claus Offe (1996) eindrucksvoll herausgearbeitet hat. Diese Differenzen erschweren
es, im Konfliktfall Zugehörigkeit anzuerkennen. Angesichts dieses Wucherns von Differenz wird Zivilität anstrengender, besteht die Gefahr einer Abwärtsspirale des Interaktikonsverzichts. Es gibt folglich in modernen Gesellschaften einen wachsenden
Bedarf an ziviler Selbstkoordination.
Die interkulturelle Öffnung ist deshalb als eine öffentliche, eine zivilgesellschaftliche Aufgabe zu begreifen. Sie ist letztlich eine Leistung der Gesellschaftsmitglieder. Ohne freiwillige Anstrengungen
von Zugewanderten und Einheimischen ist sozialer
Zusammenhalt nicht zu haben. Politik und Institutionen können den Umgang zwischen Zugewanderten und Einheimischen nicht vorschreiben. Sie können aber in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen
Akteuren Bedingungen schaffen, unter denen die
Selbstregulierung der Gesellschaft stimuliert, und
unvermeidbare Verteilungs- und Anerkennungskonflikte auf zivile Weise ausgetragen werden können.
19
1. Fachvorträge
Literatur
Allmendinger, J. u. Leibfried, S. (2003). Bildungsarmut.
Aus Politik und Zeitgeschichte, B 21-22, S. 12-18.
Auernheimer, G. (Hg.) (2001). Migration als Herausforderung für pädagogische Institutionen. Interkulturelle
Studien 7. Opladen: Leske + Budrich.
Auernheimer, G. (Hg.) (2002). Interkulturelle Kompetenz
und pädagogische Professionalität. Interkulturelle Studien 13. Opladen: Leske + Budrich.
Barth, E. (2002). Hilfe für alle. Interkulturelle Kompetenz
im Allgemeinen Sozialdienst. Blätter der Wohlfahrtspflege, 149. Jg., Heft 1, S. 19-20.
Barwig, K. u. Hinz-Rommel, W. (Hg.) (1995). Interkulturelle
Öffnung sozialer Dienste. Freiburg/Brsg.: Lambertus.
Bauer, R. (2001). Soziale Dienste und spezifische Zielgruppen, insb. Migranten/Migrantinnen. Arbeitspapier 3 des Observatorium für die Entwicklung der sozialen Dienste in Europa. Frankfurt a. M.
Bernert, J. u. Lange, M. (2000). Interkulturelle Kompetenz
in Kommunalverwaltung und Gemeinwesenarbeit am
Beispiel der Stadt Göttingen. In: Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen (Hg.). Integration in
Städten und Gemeinden (In der Diskussion: Nr. 9)
(S. 17-32). Berlin und Bonn.
Blahusch, F. (1999). Zuwanderungspolitik im Spannungsfeld zwischen ordnungspolitischer und ethnisch-nationalistischer Legitimationsmuster. Frankfurt/M.: Lang.
Brocke, D. (2002): Soziale Arbeit als Koproduktion. Journal
der Regiestelle E&C, Nr. 7., S. 1-10. www.eundc.de.
Brumlik, M. (1999). Selbstachtung und nationale Kultur.
Zur politischen Ethik multikultureller Gesellschaften. In
Kiesel, D., Messerschmidt, A. u. Scherr, A. (Hg.). Die
Erfindung der Fremdheit. Zur Kontroverse um Gleichheit und Differenz im Sozialstaat (S. 17-36). Frankfurt/M.: Brandes & Apsel.
Fijalkowski, J. u. Gillmeister, H. (1997). Ausländervereine. Ein Forschungsbericht über die Funktion von Eigenorganisationen für die Integration heterogener Zuwanderer in der Aufnahmegesellschaft – am Beispiel
Berlins. Berlin: Hitit-Verlag.
Filsinger, D. (1998). Kommunale Gesamtkonzepte zur
Integration ausländischer Kinder und Jugendlicher. Expertise im Rahmen des Aktionsprogramms „Integration
junger Ausländerinnen und Ausländer“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. DJI-Arbeitspapier Nr. 1-148. München: Deutsches Jugendinstitut.
Filsinger, D. (2000). Zivilgesellschaftliche Gestaltung:
Kontexte, (Test-) Felder und Forschungsaufgaben. In Elsen, S., Ries, H.A. u.a. (Hg.). Sozialen Wandel gestalten – Lernen für die Zivilgesellschaft (S. 54-79).
Neuwied: Luchterhand.
Filsinger, D. (2002a). Interkulturelle Öffnung Sozialer
Dienste. Expertise für Regiestelle E&C. Berlin.
www.eundc.de.
Filsinger, D. (2002b). Die Entwicklung der kommunalen
Integrationspolitik und Integrationspraxis der 90er
Jahre. iza – Zeitschrift für Migration und Soziale Arbeit, Heft, S. 13-19.
20
Filsinger, D. (2004). Interkulturelle Öffnung der Institutionen der Einwanderungsgesellschaft. In Stiftung SPI
– Regiestelle E&C (Hg.). Interkulturelle (Stadt(teil)politik. Dokumentation der Veranstaltung vom 8. und
9.12.2003 (S. 14-23). Berlin: Stiftung SPI –
www.eundc.de
Friedrich Ebert Stiftung Berlin (Hg.) (2002). Interkulturelle
Öffnung der Verwaltung – Zuwanderungsland
Deutschland in der Praxis. Dokumentation einer Fachkonferenz. Berlin: www. Fes.de
Gaitanidis, St. (1998). Zugangsbarrieren von Migranten
zu den Drogendiensten. In Deutsche Gesellschaft gegen die Suchtgefahren (Hg.). Sucht in unserer multikulturellen Gesellschaft (S. 62-76). Freiburg/Brsg.: Lambertus.
Gogolin, I. (1998). Zugewandert: benachteiligt! Zum Abschluss des Schwerpunktprogramms „Folgen der Arbeitsmigration für Bildung und Erziehung“ (FA-BER)
der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Diskurs – Studien zu Kindheit, Jugend, Familie und Gesellschaft –,
Heft 1, S. 72-75.
Gogolin, I. (2000). Minderheiten, Migration und Forschung. Ergebnisse des DFG-Schwerpunktprogramms
FABER. In Gogolin, I. u. Nauck, B. (Hg.) (2000). Migration, gesellschaftliche Differenzierung und Bildung
(S. 15-36). Opladen: Leske + Budrich.
Gogolin, I. (2002). Chancengleichheit – eine Illusion. In
Landeshauptstadt München, Sozialreferat, Jugendamt
(Hg.). Interkulturelle Verständigung. Fachtagung Bildung und Chancengleichheit 2002. Dokumentation
(S. 21-31). München: Landeshauptstadt München.
Hamburger, F. (2000). Reflexive Interkulturalität. In Hamburger, F. (Hg.). Pädagogische Praxis und erziehungswissenschaftliche Theorie zwischen Lokalität und Globalität (S. 191-200). Frankfurt/Main u. Berlin: Lang.
Handschuck, S. u. Schröer, H. (2000). Interkulturelle
Orientierung als Qualitätsstandard sozialer Arbeit. In
Auernheimer, G. (Hg.). Migration als Herausforderung für pädagogische Institutionen (S. 147-180).
Opladen: Leske + Budrich.
Handschuck, S. u. Schröer, H. (2002): Interkulturelle
Orientierung und Öffnung von Organisationen. Neue
Praxis, 32. Jg., Heft 5, S. 511-521.
Handschuk, S. (2005). Interkulturell orientiertes Qualitätsmanagement. In Sprung, A. u. Posch, K. (Hg.). Perspektivenwechsel? Empowerment und Sozialarbeit in
der Einwanderungsgesellschaft (S. 87-91). Graz: Styrian/FH Joanneum.
Hartmann, H. u. Pröhl, M. (2003). Interkulturelle Stadtpolitik – Handlungsansätze und gute Beispiele. Journal
der Regiestelle E&C, Heft 10, S. 1-11.
Häußermann, H. (1998). Zuwanderung und die Zukunft
der Stadt. Neue ethnisch-kulturelle Konflikte durch die
Entstehung einer neuen sozialen <<underclass>>. In
Heitmeyer, W., Dollase, R. u. Backes, O. (Hg.). Die
Krise der Städte. Analysen zu den Folgen desintegrativer Stadtentwicklung für das ethnisch-kulturelle Zusammenleben (S. 145-175). Frankfurt/M.: Suhrkamp.
1. Fachvorträge
Heiner, M. (1998). Lernende Organisationen und Experimentierende Evaluation. Verheißungen lernender Organisationen. In Heiner, M. (Hg.). Experimentierende
Evaluation (S. 11-54). München u. Weinheim: Juventa.
Hildebrand, B. u. Sting, St. (Hg.) (1995): Erziehung und
kulturelle Identität. Münster/New York: Waxmann.
Hinz-Rommel, W. (1994). Interkulturelle Kompetenz. Ein
neues Anforderungsprofil für die soziale Arbeit. Münster u. New York: Waxmann.
Hinz-Rommel, W. (1996). Interkulturelle Kompetenz und
Qualität. Zwei Dimensionen von Professionalität in der
Sozialen Arbeit. IZA – Zeitschrift für Migration und Soziale Arbeit, Heft 3+4, S. 20-25.
Hinz-Rommel, W. (2000). Interkulturelle Öffnung als Innovation. Neun Erfahrungen für die Praxis. Blätter der
Wohlfahrtspflege, 147. Jg., Heft 7+8, S. 153-155.
Hock, G. (2002). Das Essener Integrationsmodell. In
Pröhl, M u. Hartmann, H. (Hg.), Strategien der Integration. Handlungsempfehlungen für eine interkulturelle Stadtpolitik (S. 28-33). Gütersloh: Bertelsmann Stiftung (www.cities-of-tomorrow.net).
Hoffmann-Nowotny, H.J. (2000). Migration, soziale Ungleichheit und ethnische Konflikte. In Gogolin, I. u.
Nauck, B. (Hg.). Migration, gesellschaftliche Differenzierung und Bildung. Resultate des Forschungsschwerpunktprogramms FABER (S. 157-178). Opladen:
Leske + Budrich.
Jungk, S. (1999). Angekommen in der multikulturellen Gesellschaft? Interkulturelle Kompetenz als Paradigma
der Weiterbildung. Lernchancen, Heft 10, S. 22-26.
Klein, A., Kern, K., Geißel, B u. Berger, M. (Hg.) (2004).
Zivilgesellschaft und Sozialkapital – Herausforderungen politischer und sozialer Integration. Opladen:
Leske + Budrich.
Krummacher, M. u. Waltz, V. (1999). Kommunale Migrations- und Integrationspoltik. In Dietz, B., Eißel, D. u.
Naumann, D. (Hg.), Handbuch der kommunalen Sozialpolitik (S. 465-489). Opladen: Leske + Budrich.
Lamura, G. (1998). Migration und kommunale Integrationspolitik. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag.
Landeshauptstadt München, Sozialreferat, Sozialplanung
(2000). Untersuchungen zur interkulturellen Öffnung
der Dienste im Sozialreferat: (1) Interkulturelle Kommunikation – Eine soziologische Untersuchung in den
Ämtern des Sozialreferats der Landeshauptstadt München; (2) Interkulturelle Kompetenz und die Öffnung
der sozialen Dienste – eine Studie des Sozialreferats
der Landeshauptstadt München; erhältlich über
www.muenchen.de – Sozialreferat München, Stadtjugendamt.
Leggewie, C. (2000). Integration und Segregation. In Bade, K.J. u. Münz, R. (Hg.). Migrationsreport 2000.
Fakten, Analysen, Perspektiven (S. 85-107). Frankfurt/M./New York: Campus.
Lüttringhaus, M. (1998). Intermediäre Instanzen in der
interkulturellen Arbeit. In Breidenstein, L., Kiesel, D. u.
Walther, J. (Hg.). Migration, Konflikt und Mediation.
Zum interkulturellen Diskurs in der Jugendarbeit
(S. 123-133). Frankfurt am Main: Haag + Herchen.
Matthes, J. (1998). Interkulturelle Kompetenz. Merkur,
52. Jg., Heft 3, S. 227-238.
Mecheril, P., Miandashti, S. Plößer, M. u. Raithel, J.
(2001). Aspekte einer dominanzempfindlichen und
differenzkritischen Arbeit mit Migranten und Migrantinnen. Neue Praxis, 31. Jg., Heft 3, S. 296-311.
Offe, C. (1996). Moderne «Barbarei»: Der Naturzustand
im Kleinformat? In Miller, M. u. Soeffner, H.G. (Hg.),
Modernität und Barbarei (S. 258-289). Frankfurt
a.M.: Suhrkamp.
Schmid-Urban, P. (2002). Interkulturelle Öffnung der sozialen Einrichtungen und Dienste der Landeshauptstadt
München. In Pröhl, M u. Hartmann, H. (Hg.). Strategien der Integration. Handlungsempfehlungen für eine
interkulturelle Stadtpolitik (S. 47-51). Gütersloh: Bertelsmann Stiftung (www.cities-of-tomorrow.net).
Schulze-Böing, M. u. Röschmann, B. (2002). Interkulturelle Öffnung – wie geht man am besten vor? Das Beispiel Offenbach. In Pröhl, M u. Hartmann, H. (Hg.).
Strategien der Integration. Handlungsempfehlungen
für eine interkulturelle Stadtpolitik (S. 52-54). Gütersloh: Bertelsmann Stiftung (www.cities-of-tomorrow.net).
Schweitzer, H. (2001). Partizipation von Migranten an
kommunalen Planungsprozessen – das Beispiel der
Stadt Essen. IZA – Zeitschrift für Migration und Soziale Arbeit, Heft 3-4, S. 39-49.
Schweitzer, H. (2002). Interkulturelle Arbeit als ganzheitliches Konzept für die Stadt. In Pröhl, M u. Hartmann,
H. (Hg.). Strategien der Integration. Handlungsempfehlungen für eine interkulturelle Stadtpolitik (S. 4046). Gütersloh: Bertelsmann Stiftung (www.cities-of-tomorrow.net).
Sorg. U. (2002). Erfolgreiche Kommunikation in der interkulturellen Verwaltungspraxis. München: Landeshauptstadt München, Sozialreferat.
Sozialbericht (2002): Die Einwanderungsgesellschaft.
Forderungen an das Jahrzehnt der Integration. Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. Verlag, Bonn.
Stadt Göttingen (Hg.), Lange, M. u. Pagels, N. (Red.)
(2000): Dokumentation des kommunalen Workshops
„Interkulturelle Kompetenz in Kommunalverwaltung
und Gemeinwesenarbeit“. Göttingen ([email protected]).
Teuber, K. (2002). Migrantionssensibles Handeln in der
Kinder- und Jugendhilfe. In Sozialpädagogisches Institut im SOS-Kinderdorf e.V. (Hg.), S. 73-134.
TiK – Transfer interkultureller Kompetenz (2001). „Interkulturelle Öffnung“ als Integrationsstrategie für die Verwaltung. Dokumentation eines Fachgesprächs. Berlin:
www.TiK-iaf-Berlin.de.
21
1. Fachvorträge
Stefan Gaitanides
Stolpersteine auf dem Weg zur interkulturellen Öffnung der Sozialen Dienste
Kurzer historischer Rückblick
In den letzten Jahren hat eine erfreuliche Entwicklung
in den Spitzen der Wohlfahrtsverbände und in Teilen
der öffentlichen Sozialverwaltung stattgefunden. Immer häufiger wird ein Bekenntnis zu der wichtigen Integrationsaufgabe einer angemessenen Versorgung
der MigrantInnenbevölkerung mit öffentlichen bzw. öffentlich finanzierten personenbezogenen sozialen
Diensten abgelegt und immer häufiger wird die interkulturelle Öffnung in die Leitbilder der Organisationen
als prioritäre Querschnittsaufgabe eingeschrieben.
Die Experten – einschließlich der Migrations-ReferentInnen der Wohlfahrtsverbände – und die engagierte Fachbasis in der Migrationsarbeit haben lange auf diesen Rückenwind warten müssen (u.a.
Tiedt 1984). Schon in den 80er Jahren gab es eine
Reihe wegweisender Modellprojekte zur interkultu-
22
rellen Öffnung bzw. zur engeren Vernetzung von
migranten-spezifischen und allgemeinen Diensten,
die aber auf keine breite Resonanz stießen (Walter
1995). Die an den Modellprojekten beteiligten Träger hatten es oft versäumt, durch entsprechende Organisations- und Personalentwicklungsmaßnahmen
die innovativen Impulse institutionell abzusichern, so
dass die Wirkung der Modellprojekte verpuffte und
wenig nachhaltige Spuren zurück blieben (Jakubeit/
Schröer 1994 – „Ein Rückblick auf 15 Jahre“).
Die ausschlaggebende politische Unterstützung bekam die interkulturelle Reformperspektive erst seit
der Jahrtausendwende, seitdem der bis zur politischen Wende 1998 hegemoniale Diskurs – Deutschland sei kein Einwanderungsland – abgelöst wurde
durch die späte Erkenntnis, dass Deutschland ein
Einwanderungsland ist und dass Maßnahmen zur
Integration von Einwanderern unumgänglich sind.
1. Fachvorträge
Die unabhängige Zuwanderungskommission und
die Debatte um das Zuwanderungsgesetz haben das
Thema Integration in den Vordergrund gespielt. Der
PISA-Shock und die Sozialberichterstattung haben
die enormen Integrationsdefizite sichtbar gemacht
und die Unterlassungssünden unserer sozialstaatlichen Institutionen stärker ins Bewusstsein gerückt.
Auf allen Ebenen – Bund, Länder und Gemeinden –
zumindest in Westdeutschland werden nunmehr Integrationsziele und Programme formuliert.
Es bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die Integrationsziele von der Politik verfolgt werden und ob
auch Realisierungsmittel dafür bereit gestellt werden
oder ob es sich um kurzatmige Aktivitäten zur eher
symbolischen Demonstration von politischer Handlungsfähigkeit handelt, die nur solange unternommen werden wie das Thema Integration auf der tagespolitischen Agenda köchelt.
Die Politik setzt den Rahmen
Der kurze historische Rückblick sollte auch zeigen,
welche herausragende Bedeutung die Entwicklung
des Einwanderungs- und Integrationsdiskurses für
Blockaden oder Fortschritte bei der interkulturellen
Öffnung der Sozialen Dienste hat. Die Politik setzt
die entscheidenden Signale für einen Reformschub.
Die Reformziele müssen politisch gewollt sein und
von der Verwaltung durch entsprechende Steuerungseingriffe umgesetzt werden.
Akzeptanzprobleme seitens der
Mitarbeiterschaft
Ein von oben verordnetes Leitbild garantiert allerdings noch keine intrinsische Verankerung in der
Mitarbeiterschaft. Bevor Umsetzungsstrategien in
Einrichtungen erörtert werden, sollte erst einmal Einigkeit im Grundsatz hergestellt werden, dass es
überhaupt einen Handlungsbedarf für die interkulturelle Öffnung gibt (vgl. die diesbezügliche CaritasUntersuchung von Czock/Brinkmann 2003).
Zugangprobleme werden verdrängt
Das Programm der interkulturellen Öffnung der Sozialen Dienste stößt auch deswegen auf hinhaltenden Widerstand, weil viele MitarbeiterInnen kein
Wissen und kein Bewusstsein haben von den unterschwelligen Zugangsbarrieren. Schon der Begriff
der „interkulturellen Öffnung” löst bei vielen eine
Abwehrhaltung aus. Die dem Begriff zugrundelie-
gende Annahme der faktischen Verschlossenheit der
Angebote widerspricht der Selbstwahrnehmung der
eigenen professionellen Handlungsweise und dem
institutionellen Selbstverständnis (vgl. ebd.).
Weniger Abwehr bei der Identifikation von Zugangsbarrieren scheint mir die Einbettung der Innovation in ein Mitarbeiter- und nutzerorientiertes Qualitätsmanagement zu provozieren. Die Philosophie
des Qualitätsmanagements erhebt „Fehlerbewusstsein” zum professionellen Kompetenzkriterium. Überprüfung der Bedarfsgerechtigkeit und Effektivität der
sozialen Dienstleistung gehören zum selbstverständlichen Qualitätsstandard. Freilich muss es sich dabei
– wie bemerkt – um ein tatsächlich teilnehmerorientiertes Managementverfahren handeln, weil sich
sonst die Widerstände gegen das Qualitätsmanagement insgesamt richten (vgl. Gaitanides 2003a).
Abwehr selbstreflexiver Fortbildungen zur
Entwicklung interkultureller Handlungskompetenz
Fortbildungen zum Erwerb interkultureller Handlungskompetenz werden oft umgangen, weil die Befürchtung besteht, dass man/frau dort mit seinen/
ihren Vorurteilen vorgeführt wird oder subjektiv berechtigte Ängste und Aggressionen tabuisiert werden – so die Fantasie – damit das „Multikulti”-Weltbild der FortbildnerInnen nicht ins Wanken kommt.
Gerade sozial Berufstätige, deren Berufsethik
Gleichbehandlung und Respekt gegenüber sozial
ausgegrenzten Gruppen verlangt, reagieren besonders empfindlich gegenüber Diskriminierungsvermutungen.
Fortbildungen müssen mit diesen Erwartungshaltungen rechnen. Deshalb ist es sehr wichtig diesen Eindruck der „politisch korrekten Gedankenpolizei”
schon von vornherein – in der Werbung und erst
recht bei der Durchführung – nicht aufkommen zu
lassen. Wichtig ist ein schützendes Fortbildungssetting, dass eher zur Äußerung von Vorurteilen ermuntert. Nur mit geäußerten Stereotypen kann
frau/man sich auseinandersetzen und dabei Nachdenklichkeiten erzeugen (vgl. Nazarkiewicz 2000).
Zudem ist es ratsam, – gerade, wenn es darum
geht, die noch nicht Überzeugten zu gewinnen –
die abschreckenden Selbsterfahrungs- und Reflexionsanteile einer Fortbildung bei der Werbung
nicht so sehr auf den Präsentierteller zu legen.
Dagegen können die Skeptiker eher gewonnen werden, wenn ihnen der Nutzwert einer Fortbildung
23
1. Fachvorträge
deutlich gemacht wird, – dass sie durch die Fortbildung lernen können erfolgreicher und stressfreier
mit der nichtdeutschen Klientel umzugehen, dass sie
die Konkurrenz von MigrantInnen als KollegInnen
nicht zu fürchten brauchen und im Gegenteil die
Problemlösungskapazität der Einrichtung durch das
gemischte Team wächst, dass insgesamt die beruflichen Handlungsspielräume durch interkulturelle
Öffnungsprozesse erweitert werden.
Einstellungsbarriere nicht-christliche Religionszugehörigkeit:
„Grundlage der Beschäftigung von Mitarbeitern im
Caritasverband ist die ‚Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse‘, wonach ein kirchlicher Dienstgeber pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische
und leitende Aufgaben nur Personen übertragen
kann, die der katholischen Kirche angehören. Bei
katholischen Mitarbeitern in diesen Bereichen ist das
persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze
der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich. Von nichtkatholischen christlichen Mitarbeitern
wird erwartet, dass sie die Wahrheiten und die Werte des Evangelium achten, von nichtchristlichen Mitarbeitern, dass sie ihre Aufgaben im Sinne der Kirche erfüllen.” (Czock/Brinkmann 2003, S. 42)
Die Lobby christlicher Kirchen in Europa hat dafür
gesorgt, dass der Tendenzschutz gemeinnütziger
christlicher Betriebe auch in der europäischen „Beschäftigungsrichtlinie” durchgesetzt wurde.
Inwiefern es dabei zu Kollisionen mit der Antidiskriminierungsrichtlinie kommt, ist ungewiss und muss
wohl erst langwierig vor europäischen Gerichten
geklärt werden.
tierung des Interkulturellen als Querschnittsaspekt der
Ausbildung wurde jüngst innerhalb der Deutschen
Gesellschaft für Erziehungswissenschaften gestartet.
Interkulturelle Öffnung als Etikettenschwindel – ein effektives Controlling fehlt noch
Es hat sich in der Branche herumgesprochen, dass
eine nach außen präsentiertes interkulturelles Profil
Vorteile beim Wettbewerb um die immer knapper
werdenden Mittel bringt. Oft belassen die Einrichtungen es aber bei der Umformulierung ihres Leitbildes. In Großbritannien nennt man dies „tokenism” –
so tun als ob. Deshalb sollten die Geldgeber mehr
darauf achten, ob auch „drinnen ist was draußen
drauf steht” oder ob es sich nur um einen Austausch
des Etiketts handelt.
Die Möglichkeiten der Sozialverwaltungen durch
die Controlling-Instrumente der „Neuen Steuerung”,
solchem Etikettenschwindel vorzubeugen, bleiben
bisher weitgehend ungenutzt. Nach dem Verfahren
der „Neuen Steuerung” könnten generell auch diejenigen Leistungserbringer, die nachweislich interkulturell ausgerichtet sind, bei der Ausschreibung
einen Bonus bekommen.
Verschleppung der Reform durch die Krise der öffentlichen Finanzen
Eine Folge der Politik des Rotstifts ist der Rückgang
der Fluktuation. Stellen werden durch interne Umsetzung eingespart. Häufig wird ein externer Stellenstop verfügt. MigrantInnen als Berufsanfänger haben da kaum eine Chance. Zudem werden generell
weniger Mittel für Innovationen bereitgestellt (zusätzliche Beauftragten-Stellen, externer Experteneinsatz, Fortbildung, Supervision, Begleitforschung).
Mangel an einschlägig qualifizierten Kräften:
Beteiligung von MigrantInnen an sozialen Ausbildungsgängen ist immer noch unterdurchschnittlich.
Und die Ausbildungsstätten sind noch weit davon entfernt, interkulturelle/antidiskriminierende Aspekte als
Querschnittsthema in die Curriculas aufzunehmen
(Gaitanides 1999b). Die gegenwärtige Modularisierung der Lehrangebote an den Hochschulen böte u.
U. eine Chance zur Implementierung von Aspekten
der Einwanderungsgesellschaft in alle Bereiche der
Ausbildung. Seit 1994 beschäftigt sich mit viel Engagement und wachsender Beteiligung eine Arbeitsgruppe des „Fachbereichstag Soziale Arbeit (FBTS)”,
der Dachorganisation deutscher Fachhochschulen,
mit dem Thema „interkulturelle Öffnung der Fachhochschulen”. Eine ähnliche Initiative zur Implemen-
24
Die Finanzkrise kann aber nicht rechtfertigen, dass
der Reformprozess in Gänze auf Eis gelegt wird.
Räumt man/frau der interkulturellen Öffnung hohe
Priorität ein, dann wird man/frau dies erst einmal
nach innen als Leitbild artikulieren und nach außen
in der Öffentlichkeitsarbeit deutlich erkennbar machen. Das kostet nichts. Und es kostet auch nichts,
wenn die nächste frei werdende Stelle mit einer
nicht-deutschen Fachkraft besetzt und nicht erst
MigrantInnen einstellt werden, wenn zusätzliche
Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Der finanzielle Aufwand erhöht sich auch nicht dadurch, dass die knappen Fortbildungsressourcen
stärker für den Erwerb interkultureller Kompetenz
verwendet und die Angebotsstruktur stärker den Le-
1. Fachvorträge
benswirklichkeit der MigrantInnen ausgerichtet wird
– z. B. durch flexible Arbeitszeiten und aufsuchende
Methoden. Kostenneutral ist auch die Kontaktaufnahme und die Entwicklung von Kooperationsbeziehungen mit den migrantInnenspezifischen Diensten
und den Selbstorganisationen der EinwandererCommunities.
Geringe Nachhaltigkeit durch Kurzatmigkeit der Reformversuche
Eine vor kurzem veröffentlichte Studie im Auftrag des
Caritasverbandes zum Stand der Gleichbehandlung
von MigrantInnen und zur interkulturellen Öffnung
der Dienste des Verbandes – auch das bis vor kurzem noch undenkbar – lässt erahnen, welch zähes
Unterfangen die Umsetzung der zu Papier gebrachten Leitvorstellungen zu sein scheint, ja, dass der
Handlungsbedarf und die grundsätzliche Zielsetzung der interkulturellen Öffnung der Mehrheit des
mittleren Managements und der Mitarbeiterschaft
noch keineswegs einzuleuchten scheint (Czock/
Brinkmann 2003). D.h., dass eine lange Durststrecke bevor steht. Absichtserklärungen sind nur der
Anfang. Papier ist geduldig. Die Umsteuerung eingespielter Organisationskulturen wird viele Jahre in Anspruch nehmen. Diese Erfahrung machen auch
niederländische Fachleute, die schon viel früher mit
dem Reformprozess begonnen haben. Der niederländischern Organisationsberater Hans Bellaart von
FORUM, eines Instituts für multikulturelle Entwicklung, gibt den Protagonisten der Reform folgenden
Rat mit auf den Weg: „Wir wissen nun, dass interkulturelle Öffnung nur mit kleinen Schritten realisiert
werden kann und dass die Realisierbarkeit der Veränderungen in der Organisation gut eingeschätzt
werden muss. Schritt für Schritt voran, aber durchhalten. Kontinuität ist der Schlüssel, und das muss
garantiert sein. Das heißt, dass die Organisation
sich schon vorher dessen bewusst sein muss, dass
der Prozess mehrere Jahre umfasst, dass er Geld und
Zeit kostet und dass er andauernd korrigierend begleitet werden muss.” (Bellaart 2002, S. 71)
Geringe Durchsetzungsmacht der
Adressaten durch Partizipationsdefizite
Solange nur ein geringer Teil der Migrantenbevölkerung eingebürgert ist – am aller wenigsten diejenigen,
die Rat und Hilfen am nötigsten hätten – gibt es keine
wirksame Pressure-Group für die Reformziele. Es
bleibt zu hoffen, dass der Trend zur Einbürgerung und
zur Beteiligung von Migranten an politischen Parteien
anhält und damit deren Stimmengewicht. Dies wird
nicht ohne Wirkung auf die Sozialpolitik bleiben.
Bei der Durchsetzung der KlientInneninteressen mit
Migrationshintergrund erweist sich auch der Mangel an Partizipation der Zielgruppe an der Gestaltung der Angebote der sozialen Dienstleister als ein
Handicap.
Partizipatives, nutzerorientiertes Qualitätsmanagement ist die große Ausnahme. Ein in München
durchgeführtes und von mir wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt der Einführung partizipativen
Qualitätsmanagement in der interkulturellen Arbeit
hat gezeigt, dass mit einem solchen Verfahren die
Akzeptanz und die Ergebnisqualität der Angebote
auf Grund der Einbeziehung der Perspektive der befragten MigrantInnen gesteigert werden kann. Die
Befragten wünschten sich die Institutionalisierung eines solchen Befragungsvorganges, der bei ihnen
den Eindruck hinterläßt, nicht nur Objekt der Hilfe
zu sein (Gaitanides 2003a).
Für die partizipative dialogische Aushandlung von
Angeboten könnten Nutzerbeiräte – wie etwa im
Klinikbereich – eingerichtet werden. Ich selbst habe mit der Einrichtung eines solchen Beirates in
dem von mir 14 Jahre lang geleiteten „Griechischen Haus München Westend“ – eines Kommunikations-, Bildungs- und Beratungszentrums für griechische Zuwandererfamilien – auch die Erfahrung
gemacht, dass durch die Einräumung von Mitbestimmungschancen, die Identifikation mit der Einrichtung erheblich gewachsen ist und in ihrem
Gefolge auch die Bereitschaft zu ehrenamtlichem
Engagement (Gaitanides 1984). Dieser Mobilisierungsvorgang hat auch wesentlich zum öffentlichen Ansehen der Einrichtung beigetragen und
zur Expansion der finanziellen Förderung durch
die Kommune.
Der öffentliche Druck auf die Bereitstellung von Mitteln zur Anpassung der Angebotsstrukturen der Sozialen Dienste an die Bedürfnisse und besonderen
Voraussetzung der Migrantenklientel wird auch
durch eine stärkere Förderung und engere Kooperationen mit den Migrantenselbstorganisationen – als
den naturwüchsigen kollektiven Akteuren der Migranten-Communities – verstärkt. Eine engere synergetische Vernetzung mit den MSO ist ohnehin überfällig, schon wegen deren unersetzlichen Rolle bei
der Verbreitung von Informationen und bei der Initiierung von präventiven Lernprozessen (Bildungs-/
Ausbildungsinformationen, Elternbildung, Drogen-/
Kriminalprävention u.a.) (Gaitanides 2003b).
Ich zögere wegen der Abgedroschenheit und resignativen Unzeitgemäßheit der Parole aber sage es
dennoch: „Gemeinsam sind wir stärker!“
25
1. Fachvorträge
Literatur
Bellaart, Hans (2002): Interkulturelle Ausrichtung der Verwaltung in den Niederlanden – Beispiel Jugendhilfe.
In: Friedrich-Ebert-Stiftung. Dokumentation der Fachtagung „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung – Zuwanderungsland Deutschland in der Praxis” in Berlin
vom 23.-24.5.2002
Gaitanides Stefan (2003b): Freiwilliges Engagement und
Selbsthilfepotenzial von Familien ausländischer Herkunft und Migrantenselbstorganisationen – Anforderungen an die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik.
In: Beauftragte der Bundesregierung für Migration,
Flüchtlinge und Integration, S. 36-52, Bonn
Czock, Heidrun/ Brinkmann, Anne – Herausgeber: Deutscher Caritasverband (2003): Umgang mit Fremden:
Blick nach innen. Zum Stand der Umsetzung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der
„Rasse” oder der ethnischen Herkunft im Deutschen
Caritasverband. Freiburg
Kulbach, R. (1998): Strategien für eine adressatenbezogene Qualitätspolitik In: Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit, Nr. 12, S. 443Ff
Gaitanides, Stefan (1984): 10 Jahre Griechisches Haus
München Westend. Informationen zur Ausländerarbeit
Nr. 8 (Hg.: Deutsches Jugendinstitut)
Gaitanides, Stefan (1999b): Expertise „Aus- Fort- und
Weiterbildung im Bereich der interkulturellen Sozialarbeit/ Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt ‚interkulturelle Jugendarbeit‘“. Deutsches Jugendinstitut (DJI)
Arbeitspapier Nr. 1-194
Gaitanides, Stefan (2003a): Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung eines Projektes zur Einführung des
Qualitätsmanagements in der interkulturellen Kinder-,
Jugend- und Familienarbeit. In: LH München/Sozialreferat/Stadtjugendamt (Hg.): Offen für Qualität.
Interkulturell orientiertes Qualitätsmanagement in
Einrichtungen der Migrationssozialarbeit. München
S. 53-104
26
Nazarkiewicz, Kirsten (2000): Keine Angst vor Stereotypen! Hilfestellungen zum Umgang mit ethnischen Stereotypisierungen in Interkulturellen Trainings. In:
Rösch, Olga (Hrsg.): Stereotypisierung des Fremden.
Wildauer Schriftenreihe Interkulturelle Kommunikation, Berlin: News and Media 2000, S. 161-189.
Tiedt, Friedemann (1985): Sozialberatung für Ausländer.
Perspektiven für die Praxis. Weinheim und Basel
Walter, Christoph (1995): Zusammenleben von Deutschen und Ausländern. Erfahrungen aus der Fördertätigkeit der Robert Bosch Stiftung. In: Barwig, Klaus/
Hinz-Rommel, Wolfgang (Hg.) (1995): Interkulturelle
Öffnung sozialer Dienste. Freiburg im Bg. 1995,
S. 37-48
1. Fachvorträge
Sabine Handschuck
Vom interkulturell orientierten Qualitätsmanagement zur regionalen
interkulturellen Qualitätsentwicklung in München
Im November 2000 beschloss der Kinder- und Jugendhilfeausschuss der Stadt München, die interkulturelle Orientierung und Öffnung sozialer Einrichtungen zu unterstützen. Dies sollte durch eine enge
Kooperation zwischen der Kommune und freien Trägern gelingen.
2002 wurden in zwei der dreizehn städtischen Sozialregionen Sachverständige für Migrationsfragen mit der Aufgabe eingesetzt, die Integrationsarbeit im Stadtteil zu fördern. Beteiligt waren mit je
einer halben Stelle die InitiativGruppe – Interkulturelle Begegnung und Bildung e.V. und das CaritasZentrum in einer der beteiligten Regionen. Eine
ganze Stelle wurde von der Arbeiterwohlfahrt eingesetzt.
In zwei weiteren Sozialregionen begann das Pilotprojekt „Interkulturell orientiertes Qualitätsmanagement“, das von der Stelle für interkulturelle Arbeit
der Landeshauptstadt München koordiniert wurde.
Entscheidend für beide Arbeitsansätze war, Integration als Prozess zu definieren, der von zugewanderten Menschen und von der aufnehmenden Stadtgesellschaft, der von Verbänden und Initiativen und
dem öffentlichen Träger gemeinsam zu gestalten ist.
Auf diese Grundlage konnten sich alle Beteiligten
einigen, sich mit ihren jeweiligen Ressourcen einbringen und sich gegenseitig unterstützen.
Das Projekt „Interkulturelle Qualitätsmanagement in
Münchner Sozialregionen“ soll hier kurz skizziert
werden:
Standards und Grundlagen
Im Rahmen der Kommunalen Kinder- und Jugendplanung der Landeshauptstadt München wurden 1999
vom Kinder- und Jugendhilfeausschuss „Leitlinien für
eine interkulturelle orientierte Kinder- und Jugendhilfe“ verabschiedet. Sie sind damit eine verbindliche
Grundlage aller Angebote der Kinder- und Jugendhilfe. Das bedeutet, dass alle Konzepte bzw. Produktbeschreibungen Aussagen zu einer interkulturellen Orientierung und Öffnung der Einrichtung zu
treffen haben. Die interkulturelle Orientierung der
Angebote ist somit ein Mindeststandard für eine erfolgreiche und anerkannte Arbeit.
Der Veränderungsprozess der sozialen Dienste der
Kinder- und Jugendhilfe basiert in München auf einem „Drei-Säulen-Modell“, das vom Stadtjugendamt
entwickelt wurde. Danach soll sich der Veränderungsprozess der Methoden einer beteiligungsorientierten Kinder- und Jugendplanung, der Instrumente
der Neuen Steuerung sowie eines Verfahren von
kundenorientiertem Qualitätsmanagement bedienen.
Es besteht bundesweit Einigkeit und ist durch das
KJHG für die teilstationären und stationären Erziehungshilfen bereits auch rechtlich verbindlich, dass
zwischen Leistungsgewährer, also dem Stadtjugendamt und den Leistungserbringern, also den freien
Trägern, Qualitätsentwicklungsvereinbarungen zu
treffen sind. So gehört auch Qualitätsmanagement
zu den Mindeststandards moderner Jugendhilfe.
Neue Steuerung
Ziele
Das Ziel des interkulturellen Qualitätsmanagement
ist es, mit Instrumenten von Qualitätsmanagement
Einrichtungen der sozialen Arbeit unterschiedlicher
Felder im gemeinsamen Sozialraum so zu verändern, dass sie besser als zuvor ihre Angebote und
Maßnahmen wirklich allen Einwohnerinnen und
Einwohnern des Stadtteils öffnen, also Deutschen
und Nichtdeutschen, Angehörigen der Mehrheitskultur ebenso wie Angehörigen von Minderheitenkulturen.
Der Stadtrat der Landeshauptstadt München hat für
die gesamte Verwaltung und damit auch für das Sozialreferat/Stadtjugendamt einen Verwaltungsreformprozess nach der Philosophie der Neuen Steuerung festgelegt. Damit ist ein Übergang zur Outputsteuerung verbunden, also einer Orientierung an
Zielen, Ergebnissen und Wirkungen sozialer Arbeit.
Grundlage dieses neuen Verhältnisses ist ein
Kontraktmanagement, in dem Ziele vereinbart, Budgets festgelegt und Qualitätsvereinbarungen getroffen sowie die Ziele jährlich evaluiert werden. Die
Steuerung über Kontrakte wird zur Zeit eingeführt.
27
1. Fachvorträge
Grundlage der Vertragsvereinbarungen sind eine
interkulturelle Orientierung und Methoden der Qualitätssicherung.
Einstiegshilfen durch Projektarbeit
Die sich aus dem Neuen Steuerungsmodell ergebenen Konsequenzen waren für das Stadtjugendamt
wie für freie Träger neu und eine gemeinsame Herausforderung. Auf beiden Seiten bestand und besteht Schulungs- und Auseinandersetzungsbedarf.
Zu Erleichterung des Prozesses bot das Stadtjugendamt an, die Einführung von Qualitätsmanagement finanziell zu unterstützen und zu begleiten. In einer
ersten Phase (1996-1998) wurde das „Münchner
Modell“ mit den Erziehungsberatungsstellen und Familienbildungsstätten öffentlicher und freier Träger
durchgeführt. Die positiven Erfahrungen wurden in
einer Transferphase auf weitere Einrichtungen und
ganz Arbeitsfelder wie beispielsweise der berufsbezogenen Jugendhilfe übertragen. Leider wurde hier
die interkulturelle Orientierung weitgehend vernachlässigt, was in der jetzigen dritten Phase (20012004) verbessert werden soll. Insgesamt wurden
durch das Stadtjugendamt fast eine halbe Million
Euro bereitgestellt, um die Einführung von Qualitätsmanagement und die Förderung einer interkulturellen Orientierung für die freien Träger zu erleichtern.
Das ist bundesweit einmalig.
Das Gesundheitsreferat schloss sich dem Projekt an,
so dass nicht nur Jugendhilfeeinrichtungen sondern
auch Einrichtungen der Altenhilfe und des Gesundheitswesens sich an der Durchführung des Modellprojektes beteiligen konnten.
Das Angebot
In insgesamt fünf Veranstaltungen wurden die freien
Träger der genannten Sozialregionen über die Voraussetzungen zur Teilnahme an dem Modellprojekt
„Interkulturell orientiertes Qualitätsmanagement“ Ende 2001 und Anfang 2002 informiert. Ein Projektteam wurde gebildet, das aus einer Projektleitung
und zwei Fachreferenten für die Themen Interkulturelle Arbeit und Qualitätsmanagement bestand. Angestrebt war, dass in jeder Sozialregion vier bis
sechs Einrichtungen für die Teilnahme gewonnen
werden sollten.
Voraussetzungen für die Teilnahme waren:
• Die Teilnahme an dem Modellprojekt ist freiwillig.
Aus der Nichtteilnahme erwachsen keine Nachteile.
28
• Das Angebot ist flexibel. Unabdingbar ist lediglich das Ziel, durch eine strukturorientierte Strategie nachhaltig zu einer interkulturellen Orientierung und Öffnung der Einrichtung beizutragen
und damit zu beginnen, Qualitätsentwicklungsverfahren einzuführen.
• Einrichtungen, die bereits Qualitätsmanagement
in ihrer Einrichtung eingeführt haben, werden
darin unterstützt, die begonnen Prozesse zu ergänzen.
• Das Verfahren wird mit den sich beteiligenden
Einrichtungen einrichtungsbezogen geplant, die
zu erreichenden Ziele werden mit den einzelnen
Einrichtungen abgestimmt.
Einstiegsphase
Nach den Informationsveranstaltungen zeigten sich
34 Einrichtungen an einer Projektteilnahme interessiert und wurden von der Projektleitung, Prof. Pedro
Graf, in einem persönlichen Gespräch nach ihren
Erwartungen befragt. Folgende Angebotsschwerpunkte kristallisierten sich heraus:
• Fortbildungen zum Thema „Interkulturelle Verständigung“
• Einrichtungsspezifische Beratung zum Aufbau
eines QM-Systems
• Einrichtungsübergreifende, regionale Qualitätszirkel zur Weiterentwicklung der fachlichen Vernetzung
• Planung konkreter Kooperationsangebote
Mit den interessierten Einrichtungen wurde nach je
einem weiteren regionalen Treffen die oben genannte Angebotsstruktur besprochen. Über die zur
Teilnahme erforderliche Unterzeichnung einer
schriftlichen Vereinbarung mit der Landeshauptstadt
München wurde informiert.
Kontakte
32 Einrichtungen entschieden sich zu einer verbindlichen Teilnahme, von denen 21 Einrichtungen in
der Sozialregion Milbertshofen/Am Hart und 11
Einrichtungen in der Sozialregion Laim/Schwanthaler Höhe angesiedelt sind. In den mit der Jugendamtsleitung abgeschlossenen Vereinbarungen wurden von den Einrichtungen Ziele benannt, die durch
die Projektteilnahme innerhalb der vorgesehenen
Projektzeit von drei Jahren umgesetzt werden sollten. Alle Einrichtungen formulierten über die einrichtungsspezifischen Ziele hinaus das Bestreben,
eine interkulturelle Öffnung nachhaltig zu betreiben
1. Fachvorträge
und haben sich zu einer einrichtungsübergreifenden Kooperation verpflichtet. Die Kontrakte wurden
von den Trägern der Einrichtungen gegengezeichnet.
Arbeit in Qualitätszirkeln
Von den Beteiligten Einrichtungen wurde jeweils
mindestens eine Ansprechperson benannt. Insgesamt bildeten sich fünf Qualitätszirkel, in denen die
benannten Personen miteinander einen Arbeitsplan
erstellten und an den von ihnen festgelegten Inhalten arbeiteten. Gleichzeitig übernahmen die Ansprechpersonen die Aufgabe, die Arbeitsergebnisse des Qualitätszirkels in die jeweilige Einrichtung rückzukoppeln. Vier Qualitätszirkel wurden
durch eine Moderation unterstützt. Ein Qualitätszirkel entschied sich, ohne eine Moderation von außen zu arbeiten.
Ausbildung zur Durchführung
von Nutzerbefragungen
Innerhalb des Projektes konnten sich interessierte
Fachkräfte dazu ausbilden lassen, Befragungen zu
den Erwartungen von Nutzerinnen und Nutzern sozialer Einrichtungen in einem zweisprachigem Tandem durchzuführen. Interkulturelle Öffnung und
Kundenorientierung wurde so durch die Einrichtungen selbst überprüfbar. Die ausgebildeten Tandems
können von Einrichtungen beider Regionen in Anspruch genommen werden und stellen in einem
begrenztem Umfang ihre Leistungen kostenlos zur
Verfügung.
Evaluation
Das gesamte Projekt wurde partizipativ evaluiert. In
qualitativen Interviews wurde erhoben, wie sich die
Projektteilnahme auf die jeweiligen Zielgruppen der
Einrichtungen, auf die Einrichtungen selbst und auf
die jeweiligen beteiligten Personen aus den Einrichtungen ausgewirkt hat. Ein Abgleich zwischen den
aufgestellten Einrichtungszielen und den erreichten
Ergebnissen fand statt. Durch eine Stakeholderbefragung wurde ermittelt, inwieweit die Interessen
der Geldgeber und der Einrichtungsträger berücksichtigt wurden. Es werden Empfehlungen für eine
Weiterführung der Projektarbeit in anderen Sozialregionen der Landeshauptstadt München durch die
Stelle für interkulturelle Arbeit erarbeitet. Die Veröffentlichung der Projektevaluation ist in Vorbereitung.
Wie geht es weiter?
Das geschilderte Projekt ist nun abgeschlossen und
die Evaluation befindet sich in der Endphase. Erste
Ergebnisse überzeugten die Politik, weiterhin Geld
für die interkulturelle Orientierung und Öffnung in
den Stadtregionen zur Verfügung zu stellen. Um
noch effektiver arbeiten zu können, wurden beide
Projektansätze zusammen geführt und ein gemeinsamer Ansatz entwickelt: „Interkulturelle Qualitätsentwicklung in Münchner Sozialregionen“. Die Zusammenführung beinhaltet, dass die Sachverständigen für Migrationsfragen direkt an der Projektumsetzung beteiligt sind. In enger Kooperation zwischen
der Arbeiterwohlfahrt, der InitiativGruppe – Interkulturelle Begegnung und Bildung e.V. und der Stelle
für interkulturelle Arbeit der Landeshauptstadt München wird für weitere drei Jahre die interkulturelle
Orientierung und Öffnung von sozialen, bildungsbezogenen und gesundheitsbezogenen Einrichtungen in fünf Stadtbezirken unterstützt.
29
1. Fachvorträge
Arzu Altuḡ
In kultureller Vielfalt miteinander leben, voneinander lernen und die
„Interkulturelle Öffnung“ in Hannover gestalten
Ziel der Stadt Hannover muss es sein, zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln, die helfen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Zufriedenheit aller Einwohnerinnen und Einwohner, ihre Chancengleichheit und demokratische Teilhabe auch unter
den Bedingungen einer durch Einwanderung und
demographischen Wandel veränderten Gesellschaft
zu erhalten und zu stärken. Eine solche Strategie
stellt die „interkulturelle Öffnung“ dar. Unter dem
Namen „Diversity Management“ ist diese Strategie
auch – mit stärkerer Akzentuierung auf den Wirtschaftskontext – fester Bestandteil im Kanon der modernen Managementkonzepte geworden und sehr
erfolgreich.
Offenheit gegenüber den Zugewanderten und um
das Einfordern von deren aktiven Teilhabe an der
Stadtgesellschaft, sondern auch um einen bewusst
zu gestaltenden Prozess der Reflexion über Normalitätsvorstellungen und Werte innerhalb der Bevölkerung wie auch der Stadtverwaltung. Letztlich stellt es
einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit und
Lebendigkeit in Hannover dar, die „Interkulturelle
Öffnung“ als Leitbild (nicht nur) der Stadtverwaltung
zu etablieren und im Rahmen eines Handlungskonzeptes gezielt umzusetzen.
Grundgedanke ist dabei eine Akzeptanz von Vielfalt als Chance für die gesellschaftliche Entwicklung
und nicht Abwehr oder Abwertung von spezifischen
Herkünften, Lebenssituationen, Lebensstilen, Sprachen und Religionen. Diese Akzeptanz entwickelt
sich allerdings nicht von allein. Vielmehr müssen alle Mitglieder der Stadtgesellschaft daran mitwirken.
In diesem Themenfeld sind neun konkrete Maßnahmen entwickelt worden, die wechselseitig aufeinander verweisen und aufbauen.
Die Zuwanderung von Menschen aus anderen Ländern und Kulturen schwächt sich zwar seit Jahren ab
und dieser Trend wird anhalten, so dass grenzüberschreitende Zuwanderung zukünftig praktisch nur
noch in Form der Familienzusammenführung stattfinden wird. Gleichwohl wird der Anteil von Menschen
mit Migrationshintergrund in Hannover kontinuierlich steigen, da diese Bevölkerungsgruppe durch
Geburten wachsen wird.
Mit der Entwicklung eines eigenen Interkulturellen
Leitbildes kann die Stadtverwaltung als Teil der
Stadtgesellschaft einen wichtigen Impuls für Hannover setzen, indem sie vorführt, wie ein notwendiger
Veränderungsprozess aktiv gestaltet werden kann.
Um diese Wirksamkeit über den Kreis der Verwaltung selbst hinaus zu entfalten, muss die Erarbeitung
des Leitbildes ihrerseits Anregungen von Politik,
freien Trägern, Migrantenorganisationen, der Stadtöffentlichkeit u.a. aufgreifen, sie ist insofern also
partizipativ zu gestalten.
Parallel dazu nimmt die Differenzierung innerhalb
der bereits etablierten Religions-, Kultur-, Sprachund Nationalitätengruppen zu, so dass die Stadtgesellschaft der kommenden Jahre durch eine steigende Heterogenität und Vielfalt gekennzeichnet sein
wird. Dem entspricht ein Fortschreiten der Individualisierung der Lebensstile. Hieraus erwachsen einerseits Potenziale, Entfaltungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume, andererseits können aber auch
Gefahren der sozialen Polarisierung und der Ausgrenzung entstehen.
Die Strategie der interkulturellen Öffnung setzt hier
an. Dabei geht es nicht nur um eine erweiterte
30
Maßnahmen
Ein Leitbild der Stadtverwaltung
zur Interkulturellen Öffnung entwickeln
Durch Qualifizierung, Einsatz von Personal
und Sprachkompetenz den Bereich Bürgerservice weiterentwickeln zu einer Servicestelle für Migrantinnen und Migranten
Nicht wenige der zugewanderten Einwohnerinnen
und Einwohner finden wegen fehlender Sprachkenntnisse oder mangelnder Vertrautheit mit dem
Behördenapparat wenig oder keinen direkten Zugang zu den kommunalen Dienstleistungen und Ser-
1. Fachvorträge
viceangeboten. Um dem Selbstverständnis der
Stadtverwaltung, ihre Dienste für alle Einwohnerinnen und Einwohner gleichermaßen zu leisten, besser gerecht zu werden, soll der Bereich Bürgerservice binnen der nächsten zwei Jahre ausgebaut werden zu einer allgemeinen Anlaufstelle für alle Einwohnerinnen und Einwohner mit Migrationshintergrund. Aufgabe der auszubauenden Servicestelle ist
die qualifizierte Beratung der Klientinnen und Klienten, die Ermittlung ihrer Bedarfe und gegebenenfalls
die Hinführung zu den entsprechenden Diensten. Erforderlich ist ein Einsatz von qualifiziertem Personal,
das neben fließendem Deutsch weitere Muttersprach- und Kulturkenntnisse einbringen kann, sowie Fortbildung des vorhandenen Personals und Einwerbung ehrenamtlicher Hilfe.
Erarbeitung und Umsetzung von
Qualitätsstandards für Handouts, Flyer und
Broschüren
Um sicherzustellen, dass städtische Dienste von allen Berechtigten unabhängig vom Grad der Beherrschung der deutschen Sprache in Anspruch genommen werden können, ist überall dort, wo Informationshandreichungen (Flyer, Handouts, Broschüren)
erstellt oder geplant werden, zu prüfen, inwieweit
Mehrsprachigkeit wegen der Aufgabenstellung oder
der Zielgruppe geboten ist. Hinsichtlich Erstellung
und Gestaltung solcher mehrsprachiger Informationen sind Mindestanforderungen im Sinne von Qualitätsstandards zu formulieren.
Überprüfung der kommunalen Dienste,
Leistungen und Maßnahmen im Sinne einer
Interkulturellen Öffnung als Teil der
Organisationsentwicklung
Die Realität unserer Stadtgesellschaften ist schon
heute von einem etwa 20prozentigen Anteil der Einwohnerschaft mit Migrationshintergrund geprägt.
Um diesem künftig noch voranschreitenden Wandel
gerecht zu werden, müssen sämtliche Fachbereiche
ihr Leistungsprofil daraufhin überprüfen, ob es der
durch Einwanderung und andere Faktoren gesteigerten Pluralität in der Kundschaft noch gerecht
wird. Die Bearbeitung interkultureller Fragestellungen ist daher als Regelaufgabe der Verwaltung anzusehen. Dies ist ein Teil der Organisationsentwicklung im Rahmen der Verwaltungsreform.
Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen zur Personalentwicklung im Sinne
der interkulturellen Öffnung
Da mittelfristig interkulturelle Kompetenz als wichtige Anforderung für städtische Bedienstete zu sehen
ist, muss die schon vorhandene Fortbildungsschiene
„Interkulturelle Kompetenz“ ausgebaut werden.
Hieraus resultiert auch eine Notwendigkeit, dieses
Themenfeld in die Verwaltungsausbildung zu integrieren. Darüber hinaus ist als Ziel zu formulieren,
dass der Anteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund auch in höher qualifizierten Positionen erhöht werden muss. Weiterhin ist
durch gezielte Motivation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund das Interesse für eine Ausbildung bei der Stadt Hannover zu wecken.
Kulturelle, religiöse und ethnische Vielfalt
in der Stadt aufgreifen, Kompetenz für
Konfliktlösung stärken
Da ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt in den
meisten Stadtteilen Hannovers längst Realität ist, bildet die Förderung der Akzeptanz von Vielfalt eine
städtische Aufgabe, um ihr Potenzial für die Entwicklung der Stadtgesellschaft stärker ins Blickfeld zu
rücken. Bei der gewachsenen Vielfalt kann es aber
auch zu einer Aufladung normaler Interessengegensätze zu scheinbar ethnisch/religiös/kulturellen
Konflikten kommen. Um dies nicht zuletzt mit Blick
auf die wachsende Zahl von Migrationsreligionsgruppen zu vermeiden, bedarf es einer vorausschauenden und kenntnisreichen Handhabung von
potentiell konfliktträchtigen Vorgängen. Hierfür ist
die bestehende Kompetenz als Beratungs- und Informationsdienst für und in der Stadtverwaltung auszubauen, an zentraler Stelle anzusiedeln und an relevanten Vorgängen zu beteiligen. Diese Maßnahme
dient auch einer verbesserten gesellschaftlichen Einbindung von Migrantengruppen als soziale Akteure
in der Stadt und erlaubt eine verbesserte Früherkennung sich möglicherweise anbahnender Konflikte.
Ausbau von Integrationskursen
Die Sprach- und Integrationsförderung nach dem
neuen Aufenthaltsgesetz bietet neue Chancen und
Möglichkeiten, räumt allerdings der Integrationsförderung der Neueinwanderer einen systematischen
Vorrang ein. Unter bestimmten Bedingungen, deren
Eintreten oder Nicht-Eintreten allerdings zurzeit
nicht seriös vorhergesagt werden kann, könnte es
31
1. Fachvorträge
deshalb zu Versorgungsengpässen kommen für alteingesessene Migrantinnen und Migranten, die der
Sprachförderung bedürfen. Es ist daher sinnvoll, die
Entwicklung genau zu beobachten, um anhand einer Bedarfsprognose ab 2006 entscheiden zu können, ob zusätzliche Mitteln bereit gestellt werden
müssen, um insbesondere die Sprachförderung für
länger hier lebende Eltern mit Migrationshintergrund im notwendigen Umfang sicher stellen zu können. Da außerdem die kurzen „Orientierungskurse“
im Rahmen der Integrationskurse allenfalls eine erste
Orientierung vermitteln können, sollte es ein darauf
aufbauendes freiwilliges Angebot geben, das neben allgemeiner Staatsbürgerkunde auch einen vertieften Einstieg in Kultur und Geschichte bietet. Die
VHS entwickelt hierfür ein etwa 120stündiges Kursangebot für Erwachsene.
Förderung von Partizipation und Beteiligung insbesondere bei Eingewanderten
Da die aktive Einbeziehung in die Gestaltung der
lokalen Lebensverhältnisse eine wichtige Quelle
des „Hiesig-Werdens“ und der Integration ist, muss
auch für Menschen mit Migrationshintergrund eine
hohe Beteiligung an lokalen Entscheidungs- und
Beratungsprozessen, seien es Sanierungsforen, Elternbeiräte oder politische Gremien etc. erreicht
werden. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob ein-
32
zelne Bevölkerungsgruppen für die Mehrheitsgesellschaft leicht erreichbar sind oder nicht. In diesem Sinne ist eine gezielte Unterstützung für Bevölkerungsgruppen, die mit den Artikulationsformen
einer zivilen Bürgergesellschaft weniger vertraut
sind (z. B. jüdischstämmige Kontingentzuwanderer/Aussiedler) zu prüfen. Es ist daher ein entsprechendes Aktivierungskonzept zur Erhöhung der Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund
zu erstellen.
Rassismus und Diskriminierung
bekämpfen, Gleichbehandlungsgrundsatz
durchsetzen
Jeder Mensch hat unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Sprache, Religion, Alter, Behinderung oder
Hautfarbe Anspruch auf uneingeschränkte Achtung
seiner Menschenwürde. Um daher deutlich zu machen, dass Diskriminierungen weder von Stadtverwaltung, noch von Politik oder Stadtgesellschaft geduldet werden, sind bindende Vereinbarungen zur
Nichtdiskriminierung zu erarbeiten. Darüber hinaus
muss auch die Vernetzung der verschiedenen kommunalen Gleichbehandlungseinrichtungen (Behindertenbeauftragte; Gleichstellungsreferat; Antidiskriminierungsstelle; Schwulen-/Lesben-Beauftragte; Seniorenservice) im Sinne des horizontalen Ansatzes
der EU-Richtlinien ausgebaut werden.
1. Fachvorträge
Steffen Kircher
Warum InkuTra ?
Migration ist fester Bestandteil unserer Gesellschaft
geworden. Mit der Annerkennung Deutschland als
Einwanderungsland, hat sich auch die Erkenntnis
durchgesetzt, dass Integration keine Einbahnstrasse
ist, d.h. sowohl die MigrantInnen als auch die Aufnahmegesellschaft müssen Integrationsleistungen erbringen.
Allerdings zeigen empirische Untersuchungen zur
sozialen Versorgung von Migranten/-innen, dass
Migranten/-innen angesichts ihres Anteils an der
Gesamtbevölkerung, in präventiven sozialen Einrichtungen unterrepräsentiert sind. Und dort wo sie
erreicht werden, sind Migranten/-innen mit dem Angebot häufig nicht zufrieden. Aber auch die Mitarbeiten/-innen der Dienste sind mit dem Kontakt
unzufrieden und fühlen sich oft überfordert. Die Vermutung liegt nahe, dass sowohl die Migranten/-innen, als auch die Mitarbeiter/-innen, sich in ihren
Bedürfnissen und Anforderungen nicht angemessen
wahrgenommen fühlen.
Mit interkulturellen Fortbildungen von Mitarbeiter/
-innen aus diesen Einrichtungen soll dazu beigetragen werden, dass diese für die kulturellen Aspekte
ihrer Arbeit sensibilisiert werden. Dadurch werden
sie gestärkt, in der Begegnung mit Migranten/-in-
nen ein differenziertes Hilfsangebot, unter Einbeziehung interkultureller Aspekte, anzubieten.
InkuTra bietet mit einem festen Trainer/-innen-Team
seit 2001 Interkulturelle Seminare an. Die Zielgruppen sind Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen und
wirtschaftlichen Unternehmen. Unser Angebotsspektrum umfasst:
• Impulsseminare
• mehrtägige modulare Seminarreihen
• Inhouseschulungen für Teams und Einrichtungen
• TrainerInnen-Qualifizierung
• Begleitung und Beratung bei der Umsetzung der
Interkulturellen Öffnung von Einrichtungen
InkuTra – Schulungsansatz
In den interkulturellen Trainings wird ausgehend von
den Erfahrungen der TeilnehmerInnen das eigene
Handeln in Bezug gesetzt zu kulturellen Normen
und Werten. Durch Übungen und Diskussionen erfahren die TeilnehmerInnen die Relativität unterschiedlicher Kulturen. Sie lernen in interkulturellen
Konfliktsituationen angemessen zu reagieren, und
erfahren so eine Stärkung ihrer Handlungskompetenz.
33
1. Fachvorträge
Die Trainingsinhalte sollen in einem kognitiven wie auch affektiven Lernprozess erfahren werden. Dass heißt,
durch Übungen Eigenerfahrungen zu ermöglichen, Reflexionsprozesse und Diskussionen anzuregen. Durch
Theorieinputs kulturelles Hintergrundwissen zu vermitteln, und im Lernfeld „Interkulturelle Praxis“ durch Fallarbeit Handlungskompetenzen zu erwerben und diese auf die Arbeitspraxis zu übertragen
Interkulturelle
Orientierung
als Haltung
Entwicklung
interkultureller
Kompetenz
• Kulturstandards
• Kulturdimensionen
• Eigenkulturreflexion
• Stereotypen, Vorurteile
• Umgang mit Fremdem
• Eigen- und Fremdzuschreibungen
• Vielfalt, Identität
• Toleranz, Demokratie
• Interkulturelle
Kommunikation
34
• Migration
• Migrationbiographien
• Informationen zu
speziellen Herkunftsländern
• Fremdheitserfahrung,
Identität
• Gesetzliche Rahmen- und
Aufnahmebedingungen
• Migrationspezifische
Versorgungsnetze
• Selbsthilfestrukturen
• Integration
Interkulturelle Praxis
• Kultur
kulturelles
Hintergrundwissen
Hintergrundwissen Migration
Interkulturelle Orientierung
Interkulturelle
Praxis
• Konflikthafte und
irritierende Situationen
aus der Arbeitspraxis der
TeilnehmerInnen
• Entwicklung handlungsfeldbezogene Ansätze
interkultureller Praxis
• Begleitung und Unterstützung der interkulturellen
Öffnung bspw. Inhouse
Schulung
1. Fachvorträge
InkuTra – Seminarbeispiele
Interkulturelle Trainings für die städtischen Kindertagestätten in Nürnberg – Zeitlicher Ablauf –
Impulsseminar zur Entwicklung interkultureller Kompetenz in Kindertagesstätten
• 2tägiges Seminar
• insgesamt 8 Gruppen
• April bis Juli 2002
Aufbauseminar zur Förderung interkultureller Kompetenz in Kindertagesstätten
• 2tägiges Seminar
• insgesamt 4 Gruppen
Interkulturelle Inhouse-Trainings in städtischen Kindertagesstätten
•
•
•
•
1tägiges Seminar
März bis November 2003
insgesamt 15 Einrichtungen
alle pädagogischen MitarbeiterInnen der Einrichtung
Entwicklungsgruppe Interkulturelle Arbeit in Kitas
•
•
•
•
4-6 TeilnehmerInnen aus verschiedenen Einrichtungen
fachlich begleitet durch InkuTra
fortlaufend 2003/2004
seit Herbst 2003
Aufbau einer Coaching-Gruppe
• fachlich begleitet durch InkuTra
• Beginn im Anschluss an die Entwicklungsgruppe
35
1. Fachvorträge
InkuTra – Seminarbeispiele
Interkulturelles Training für MitarbeiterInnen des Allgemeinen Sozialdienst in Nürnberg-Langwasser
Modulare Fortbildungsreihe
Modul 1
Kultur & Migration
• Eigenkulturreflektion
• Perspektivenwechsel
• Theorieinput zu Migration
Modul 2
Migration aus den Gus-Staaten
• Spezielle Informationen zum Thema Spätaussiedler und jüdische Kontigentflüchtlinge
Modul 3
Sucht und Migration
• Externer Referent von der MUDRA-Nürnberg
Modul 4
Islam – MigrantInnen muslimischen Glaubens
• Spezielle Informationen zum Thema Islam und Erziehungsziele und Werte bei MigrantInnen
muslimischen Glaubens
Modul 5
Kommunikation und Praxis
•
•
•
•
Ansätze interkultureller Kommunikation
Umgang mit interkulturellen Konflikten
Fallarbeit und Praxisbeispiele
Handlungsoptionen für die berufliche Praxis
Follow – Up Tag und Post-Evaluation
• Reflexion u. Post-Evaluation der InkuTra-Fortbildung
• Fallarbeit
• interkulturellen Öffnung des ASD – wie weiter?
36
1. Fachvorträge
Externe Evaluation von InkuTra
So arbeiten wir …
InkuTra wurde während der Projektlaufzeit wissenschaftlich von Herrn Professor Dr. Wüstendörfer begleitet. Die bisherigen Evaluationsergebnisse zeigen, dass InkuTra mit seinen Interkulturellen Seminaren wesentlich dazu beigetragen hat, dass das Thema Migration und die Interkulturelle Öffnung der Regeldienste in den entsprechenden Organisationen
zum Gegenstand der Diskussion und des Handelns
geworden sind.
… als TrainerInnen
Die vielen Einrichtungen und TeilnehmerInnen die
mit Interkulturellen Trainings erreicht wurden, die
bundesweiten Anfragen nach Konzept und Referententätigkeit und das große Medieninteresse an InkuTra machen deutlich, dass dies in einem breiten
Rahmen geschieht.
• Für die von uns angewendeten Methoden aus
den internationalen Programmen der Demokratie
und Toleranzerziehung verfügen wir über qualifizierte Ausbildungen als TrainerIn.
Auszug aus den Evaluationsergebnissen
von Professor Dr. W. Wüstendörfer
• Wir arbeiten im gemischtgeschlechtlichen TrainerInnenteam – wovon mindestens ein/e TeamerIn über eigene Migrationserfahrung verfügt.
• Wir verfügen neben einer pädagogischen Ausbildung über langjährige Seminarerfahrung in der
Erwachsenenbildung.
• Als TrainerInnen sind wir PraktikerInnen und besitzen mehrjährige Berufspraxis in unterschiedlichen interkulturellen Arbeitsfeldern.
• Wir arbeiten ausschließlich mit Methoden, die
wir als TeilnehmerInnen zuerst praktisch „erprobt“
haben.
• Das interkulturelle Training wird von den TeilnehmerInnen sehr gut beurteilt. Sie sind mit dem Training hochzufrieden.
… in unseren Seminaren
• Aus den Angaben der TeilnehmerInnen ist von einer starken Sensibilisierung für Angehörige anderer Kulturen auszugehen. Der Wunsch nach Fortbildungen in Bezug auf interkulturelle Handlungskompetenz ist groß.
• Im Seminar orientieren wir uns an den Erwartungen und Zielen unserer TeilnehmerInnen sowie an
dem Arbeitsfeld, in welches das Gelernte umgesetzt werden soll. Somit kommen die Lerninhalte
schnell zur Anwendung.
• Das interkulturelle Training wirkt sich über Sensibilisierungsprozesse auf das professionelle Handeln der Teilnehmenden aus.
• Inhalte und Methoden im Seminar sind bewusst
vielseitig und praxisnah gestaltet. Im Seminar
wechseln sich sensibilisierende Übungen und theoretische Inputs ab.
• Ob durch die Schulung von einzelnen MitarbeiterInnen eine strukturelle Änderung in Organisationen erreicht werden kann, hängt von einer
Reihe intervenierender Faktoren ab. Eine zentrale
Rolle spielen dabei die Leitungskräfte einer Einrichtung.
Wenn die Leitungskräfte von der Notwendigkeit einer interkulturellen Orientierung überzeugt sind,
dann werden strukturelle Änderungen der Einrichtungen wahrscheinlicher und interkulturelle Trainings bilden für die Umsetzung einen wichtigen Faktor.
• Unsere Trainings setzen an der Erfahrung, der
Wahrnehmung und Reflexion des eigenen Erlebens, Bewertens und Verhaltens an.
• Reflektierte Selbst- und Praxiserfahrung wird
durch Sachwissen unterstützt.
• Zu speziellen Themenbereichen werden externe
FachexpertInnen hinzugezogen.
• Intensive Reflexionsrunden und Auswertungsphasen sind fester Bestandteil in jedem Seminar.
Für nähere Informationen über die Evaluation von
InkuTra, wenden Sie sich bitte direkt an Herrn Professor Dr. W. Wüstendörfer: [email protected]
37
1. Fachvorträge
… nach dem Training
• auch nach dem Seminar stehen wir als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung, und begleiten das
Team/die Einrichtung bei der Umsetzung der
interkulturellen Öffnung und bei der Entwicklung
von interkulturellen Standards.
Referenzen
Elementarerziehung
• Städtische Kindertagesstätten Nürnberg, InhouseTrainings mit verschiedenen städtischen Kindertagesstätten, Inhaltliche Begleitung und Unterstützung der städtischen Kindertagestätten innerhalb
der Entwicklungsgruppe zum Thema Interkulturelle Öffnung (seit Oktober 2003), Volkshochschule
Ammerland zum Thema „Interkulturelle Erziehung“
Jugendarbeit
• Evangelische Jugendarbeit Nürnberg, Jugendhäuser Fürth, Runder Tisch Nürnberg-Langwasser/Gemeinsam für Aussiedler
Beratung und Begleitung
• Städtische Erziehungsberatungsstellen Nürnberg,
Ambulanter Sozialdienst Nürnberg (ASD), Städtische Erziehungsberatungsstellen Nürnberg (Aufbauseminar)
Gesundheitswesen
• Gesundheitsamt Nürnberg – Kinder und Jugendärztlicher Dienst, Gesundheitsämter im Regierungsbezirk Mittelfranken, Bereich KJD, HansWeinberg-Akademie Fürth, Fortbildungslehrgang
für AltenpflegerInnen
Straffälligenhilfe
• Nürnberger Arbeitskreis Straffälligenhilfe, Landgericht Nürnberg/Fürth, Fachverband für Soziale
Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik (DBH
e.V.)/Strafgefangenenhilfe (bundesweit)
Polizei
• Polizeiinspektion Nürnberg West, Polizei Fürth –
Jugendkontaktbeamte, SIZ Strategisches Innovationszentrum der Bayerischen Polizei
38
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge
• MitarbeiterInnen des Bundesamtes, seit September 2004 Auszubildende aller Ausbildungsjahre
mit einem fortlaufenden Seminarkonzept
Arbeit mit Ehrenamtlichen
• ZAB – Zentrum aktiver Bürger, HIPPY, Vormünder
Sonstige Arbeitsfelder
• Lehrauftrag an der Staatliche Fachhochschule
Nürnberg im Studienschwerpunkt „Interkulturelle
Sozialarbeit“, In Kooperation mit Xenos Nürnberg, Ausbildung von Jugendlichen Moderatoren, Jugendberufshilfe, Beratung, Jugendarbeit)
Referententätigkeiten
• 8. Deutscher Präventionstag in Hannover 2003
• „Bundesweiter Zusammenschluss der Interkulturbeauftragten der Fachhochschulen“ 2003
• Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (BAG-JAW) zum Thema „Integrationshilfen“ in Bonn 2003
• Fachtagung „Interkulturelle Öffnung von Regeldiensten“ Potsdam 2003
• 5. Fachtagung „Netzwerk Frauen in der Sozialen
Arbeit“, 24. Mai 2003, Veranstalter: Frauenbeauftragte des Fachbereichs Soziale Arbeit an der
Universität Bamberg,
• Fachtagung „Interkulturelle Öffnung von Tageseinrichtungen für Kinder – der Beitrag der Migrationsdienste“, 12.-14. Mai 2003, Veranstalter
AWO-Akademie HELENE SIMON, Rolandseck
• Bundeskongress Soziale Arbeit 2003, Jugendforum in Nürnberg, September 2003
• Fachtag „Interkulturelle Qualitätsstandards bei
der AWO Nürnberg“ Oktober 2003
• AnleiterInnen-Tag der Universität Bamberg, Oktober 2003, Fachtagung Interkulturelle Öffnung –
eine Herausforderung für die Jugendhilfe, 14.
Oktober 2004, Duisburg
2. Praxisberichte
2. Praxisberichte
Die vier verschiedenen Dimensionen bei der Umsetzung
der interkulturellen Öffnung:
Helmut Hertz:
Interkulturelle Öffnung ist Teil der Personalentwicklung
Vorbemerkung
Als kurzen Einstieg in das Thema interkulturelle Öffnung beziehe ich mich auf einen Text von Mark
Becker. Er stellt darin dar, „dass die Arbeiterwohlfahrt
als Verband die Herausforderung der Gestaltung einer
Einwanderungsgesellschaft frühzeitig angenommen
hat. Sie ist seit den 60er Jahren in allen Bereichen der
Migrationsarbeit aktiv und arbeitet darüber hinaus seit
mehr als einem Jahrzehnt an der interkulturellen Öffnung aller ihrer Dienste und Einrichtungen“.
Für den Kreisverband Nürnberg stellt sich dies so
dar, dass bei uns von etwa 430 Beschäftigten ca.
90 im Sachbereich Migration – Jugend und Familie
arbeiten. Speziell hier wird die Forderung, ebenfalls
von Mark Becker, nach „Mehrsprachigkeit, Migrationserfahrung und interkulturelle Kompetenz als
Qualifikationsmerkmale, die fachliche und soziale
Kompetenzen ergänzen“, erfüllt.
Interkulturelle Öffnung darf sich aber, ich möchte
das an dieser Stelle nicht vertiefen, nicht auf die
39
2. Praxisberichte
Spezialdienste beschränken. Interkulturelle Öffnung
ist überall notwendig wo unmittelbar und mittelbar
mehrere kulturelle Hintergründe im Spiel sind. Das
klingt jetzt wie eine Binsenweisheit: diese Situation
trifft auf alle Bereiche zu.
Das heißt, wir haben das zu berücksichtigen und
uns interkulturelle Kompetenz zu erwerben bzw. einzufordern. Neben diesem Anspruch an das politisch
Korrekte oder auch manchmal fast Moralisierende
hat diese Ausgangslage handfeste Folgen für uns
als Träger mit vielen (ehren- und) hauptamtlich Beschäftigten.
Ich will mich auf die Hauptamtlichen konzentrieren.
Interkulturelle Öffnung
und Personalentwicklung
Nach Mentzel kann „Personalentwicklung definiert
werden als Inbegriff aller Maßnahmen, die der individuellen beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter
dienen und ihnen unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen die zur optimalen Wahrnehmung
ihrer jetzigen und zukünftigen Aufgaben erforderlichen Qualifikationen vermitteln“.
Oder kurz und knapp: Die Personalentwicklung
sorgt dafür, dass der richtige Mitarbeiter am richtigen Platz ist.
Damit ergeben sich für die Personalentwicklung folgende Ziele:
Die erfolgreiche
• Gewinnung,
• Auswahl,
• Förderung und
• Bindung
von qualifizierten, engagierten und motivierten Mitarbeitern.
Ausgestattet mit Definition- und Zielformulierung sollte jetzt die Umsetzung einfach sein. Wir wissen alle,
sie ist es nicht.
Zielgruppe(n)
Zur Formulierung der Ziele gehört die Bestimmung
der Zielgruppe: Es sind dies alle, wie bereits gesagt, Mitarbeiter. Auf die Aufgabenstellung im Sinne von Personalentwicklung ist dies differenziert zu
sehen.
40
Migrationspezialdienste
Relativ einfach scheint das bei den Migrationspezialdiensten zu sein. Die Zuschussgeber geben häufig
ein klares Profil vor (etwa Sprachkenntnisse, eigene
Migrationserfahrung). Damit können wir die geeigneten Mitarbeiter gewinnen, auswählen und fördern. Das Binden wird etwas problematischer. Die
Abhängigkeit von Förderprogrammen und die Unwägbarkeiten die damit verbunden sind, reichen
häufig nicht für längerfristige Perspektiven. In der
Praxis ist der Spagat zwischen zeitlicher Befristung
und das Halten qualifizierter Mitarbeiter über zwei
Jahre hinaus zu leisten. Zusätzlich reflektiert das
oben genannte Profil meist auf die angenommenen,
häufig auch in der Praxis bewährten, Voraussetzungen um die Zielgruppe der Angebote möglichst optimal zu erreichen. Es geht hier jedoch auch darum,
dass sich diese Mitarbeiter kulturkompetent in unserem System fachlich bewegen können. Haben diese
Mitarbeiter die interkulturelle Kompetenz, die ich
eingangs gefordert habe? Meines Erachtens haben
sie die ebenso wenig wie alle anderen auch.
Der Auswahl- und Förderaspekt gewinnt damit eine
besondere Bedeutung. Wir müssen darauf achten,
was die Bewerber an „Türöffnerqualitäten“ und kulturellen Kompetenzen in beide Richtungen mitbringen.
Wir müssen uns in unseren Planungen von vornherein
darauf einstellen, Angebote zur Vermittlung Förderung interkultureller Kompetenz vorzuhalten und auch
mit Nachdruck die Inanspruchnahme einzufordern.
Gleiches gilt in umgekehrter Weise für Mitarbeiter in
diesen Spezialdiensten, die nicht über einen eigenen
Migrationshintergrund und entsprechende Sprachkenntnisse verfügen. Eine Platzierung im Erstberatungsbereich erscheint hier wenig sinnvoll. Angebote,
die nicht auf Sprache basiert sind, können von diesen
jedoch übernommen werden. An dieser Stelle treffen
sich beide Gruppen. Diese Mitarbeiter müssen natürlich ebenfalls über interkulturelle Kompetenz verfügen.
Deutlich wird an dieser Darstellung, dass wir sowohl
bei der einen als auch bei der anderen Gruppe nicht
den absolut kompetenten Menschen finden werden.
Die gezielte Auswahl und Förderung kann die Situation verbessern. Vernetzung muss zusätzlich vieles
kompensieren. Darauf muss ich jedoch nicht eingehen.
Das wird später die Kollegin aus Bremen übernehmen.
Interkulturelle Öffnung in allen Bereichen
In Nürnberg haben ca. 33 % der Bewohner einen
Migrationshintergrund. D.h. die Wahrscheinlichkeit
2. Praxisberichte
wird zur Gewissheit, dass wir bei allen unseren
Diensten und Angeboten auf das Thema stoßen werden. Damit gilt das vorher Gesagte generell. Bei unseren Personalentwicklungsplänen bzw. -bemühungen sollte das Berücksichtigung finden. Drei Aspekte
stehen m.E. dabei im Vordergrund:
• Wir sollten unsere Teams auch unter dem Aspekt
der kulturellen Vielfalt bilden
• Wir müssen sicherstellen, dass unsere Mitarbeiter
kulturkompetent und „Kundenorientiert“ arbeiten
können
• Fort- und Weiterbildung muss interkulturelle Kompetenz für alle Mitarbeiter zum verpflichtenden
Thema machen
Kulturelle Vielfalt
Der Anspruch wird offen gesagt nicht immer systematisch verfolgt. Gibt es Sachzwänge, etwa die bereits beschriebenen Fördervorgaben, dann erfolgt
die Personalauswahl natürlich entsprechend den Kriterien. Beim Start neuer Angebote, etwa einer neuen Kindertagesstätte, wird auf eine entsprechende
Mischung im Team Wert gelegt. Besonders natürlich
dann, wenn die Einrichtung in einem Stadtteil mit
hohem Migrantenanteil liegt (für welchen gilt das
nicht, besonders wo wir als AWO tätig werden!). Im
Vordergrund stehen aber nach wie vor die klassischen fachlichen Anforderungen. Wir haben jedoch
trotzdem eine äußerst breite Streuung an kulturellen
Hintergründen.
Kulturkompetent und Kundenorientiert
Wir sind auf der sicheren Seite was das Thema „Türöffnerqualitäten“ betrifft. Sprache und womöglich
die gemeinsame Herkunft sind hier von großer Bedeutung.
Schwieriger wird jedoch das Thema Kulturkompetenz (in beide Richtungen) und die Kundenorientierung.
Unsere Angebote und Konzepte verfolgen nicht das
Ziel unserem Klientel/unseren Kunden ein Leben hier
unter Beibehaltung ihrer bisherigen Gewohnheiten
zu ermöglichen. Unsere Mitarbeiter müssen in der
Lage sein diesen Menschen ein Zurechtkommen in
unserer Gesellschaft zu vermitteln. Dazu müssen sie
über die notwendige Sicherheit verfügen.
Ein zweiter Aspekt ist zu berücksichtigen. Wir haben auch die Konstellation, dass Mitarbeiter mit Mi-
grationshintergrund Dienstleistungen für Menschen
ohne einen solchen erbringen. Wir haben darauf zu
achten, dass auch hier die notwendige Sprachkompetenz und Kompetenz in unserer Kultur vorhanden
ist, um den konzeptionellen Ansprüchen genügen zu
können. In der Praxis heißt das etwa in der Altenpflege, dass geringe Sprachkenntnisse und wenig
kulturspezifisches Verständnis für die Erwartungen
und Bedürfnisse unserer Bewohner in den Heimen in
der Arbeit zu Problemen führen können. Gleiches
gilt auch für die Umsetzung zeitgemäßer Pädagogik
etwa in Kindertagesstätten. Nur um ein paar Beispiele zu nennen.
Bei der Gewinnung des geeigneten Personals sind
wir auf den Markt angewiesen. Lässt er eine
qualifizierte Auswahl zu, dann sind wir mit unseren Ansprüchen begünstigt. Tut er es nicht, dann
gewinnt das Nachfolgende zusätzlich an Bedeutung.
Fort- und Weiterbildung
In der Betrachtung ergeben sich zwei Ansätze:
• Kompensation von Sprachdefiziten, sowie fehlenden konzeptionellen und kulturellen Zugängen
von Mitarbeitern mit und ohne Migrationshintergrund, als fachspezifische Schwerpunktsetzung,
sowie einer
• Vermittlung von (inter-)kultureller Kompetenz im
Sinne einer generellen Befähigung „in interkulturell geprägten (Arbeits)Situationen mit Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen und in
fremdkultureller Umgebung kommunizieren und
effizient tätig werden zu können.“ Wie wir das
für unser bereits vorgestelltes Inkutra-Programm
formuliert haben. Folgende Aspekte spielen dabei eine besondere Rolle:
• Vermittlung von Grundkenntnissen über Migration
und Zuwanderung
• Schaffen von Sensibilität für die eigene kulturelle
Prägung
• Anregung und Einleitung vertrauensbildender
Maßnahmen
• Erkennen und Abbauen von Zugangsbarrieren
• Befähigung zum interkulturellen Dialog und Handeln
Ich räume gerne ein, dass wir bei der Umsetzung
noch viele Schwierigkeiten und auch „Zurückhaltungen“ zu überwinden haben. Mittelfristig gesehen,
gibt es aber keine Alternativen bzw. Begründung
hier nicht konsequent weiter zu gehen.
41
2. Praxisberichte
Karl-August Schwarthans:
Interkulturelle Öffnung als Leitungs- und Managementaufgabe
Interkulturelle Öffnung ist eine Leitungs- und Managementaufgabe mit den Zielen, sich als Organisation (Institution) gegenüber Menschen, die selbst
oder ihre Eltern bzw. Großeltern als Zuwanderer
aus einem nichtdeutschen Kulturraum einreisten, als
Mitarbeiter oder Klienten zu öffnen, um die gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Sie dient somit
zur Herstellung von Chancengleichheit, um soziale
Mobilität als auch Zugang zu sozialen Dienstleistungen zu begünstigen.
Seit 1993 beschäftige ich mich bei der AWO-Duisburg mit interkultureller Öffnung, vorrangig im Bereich der Jugendhilfe und hier insbesondere mit dem
Schwerpunkt der interkulturellen Öffnung von erzieherischen Hilfen. Da ich gleichzeitig seit Mitte der
90er Jahre die AWO im Jugendhilfeausschuss der
Stadt Duisburg vertrete, hatte ich die Gelegenheit,
den Prozess der interkulturellen Öffnung nicht nur
aus Leitungs- und Managementsicht, sondern auch
aus jugendpolitischer Sicht zu begleiten. In den letzten 12 Jahren mussten sich aber auch andere Arbeitsfelder in meinem Zuständigkeitsbereich mit der
Thematik interkultureller Öffnung befassen, z. B. die
Schuldnerberatung. 1993 eröffnete die AWO-Duisburg ihre erste Tagesgruppe gemäß § 32 SGB VIII.
Die geringe Teilhabe von Zuwanderern an erzieherischen Hilfen veranlasste mich, diese Einrichtung so
zu gestalten, dass sie von nichtdeutschen Kindern
und ihren Familienangehörigen als Hilfsangebot akzeptiert wird. Dies war der Start in die interkulturelle Öffnung. Aber gleichzeitig spielten Aspekte wie
Trägerprofil, Kundenbindung/-orientierung und
Marktanteile, aber auch Qualität von erzieherischen Hilfen in einer sich verändernden Gesellschaft, eine wichtige Rolle bei dieser Entwicklung.
Interkulturelle Öffnung muss von der Leitung gewollt
und manchmal auch nachdrücklich durchgesetzt
werden. Interkulturelle Öffnung stellt einen langwierigen Organisationsentwicklungsprozess dar und
eignet sich nicht für spontane Erfolgserlebnisse. Personalgewinnung, eine typische Leitungsaufgabe,
übernimmt hier eine Schlüsselposition. Bereits die
Stellenausschreibungen sollten deutlich auf die interkulturelle Öffnung hinweisen und insbesondere ein
sichtbares Signal senden, dass Zuwanderer als künftige Mitarbeiter willkommen sind. Natürlich müssen
42
sie interkulturelle und fachspezifische Kompetenzen
vorweisen, aber interkulturelle Öffnung heißt nicht
nur Kundenorientierung, sondern auch Öffnung der
Dienste für neue Mitarbeitergruppen. Interkulturelle
Öffnung, die gleichberechtigte Teilhabe an sozialen
Dienstleistungen, kann nur glaubwürdig funktionieren, wenn die Teilhabe auch an den Arbeitsplätzen
des Dienstleisters gewährleistet wird. Zwischenzeitlich gibt es in Duisburg 9 Tagesgruppen, davon 3
bei der AWO. Nur unsere Einrichtungen verfügen
alle über nichtdeutsches Fachpersonal. Aber auch in
anderen Arbeitsfeldern der Hauptabteilung Jugendhilfe, Beratung und Betreuung finden sich zwischenzeitlich nichtdeutsche Mitarbeiter. Vor allem in der
Startphase zur interkulturellen Öffnung gab es unter
den Mitarbeitern erhebliche Widerstände und Ängste zu überwinden. Es musste nicht unerhebliche
Überzeugungsarbeit geleistet werden, da interkulturelle Öffnung zwar von oben gewollt werden muss,
aber von unten unabdingbar mitgetragen werden
muss. Natürlich hat es auch Mitarbeiter gegeben,
die den Weg der interkulturellen Öffnung nicht gemeinsam mit uns gehen wollten. Natürlich gibt es
auch in der Einstellungspraxis so etwas wie ausgleichende Bevorzugung, aber nur in Verbindung mit
Fachkompetenz und entsprechender Formalqualifikation. Mitarbeiter, die selbst oder ihre Eltern zugewandert sind, benötigen gleiche interkulturelle Förderung und Fortbildung wie alle anderen Mitarbeiter auch. Interkulturelle Kompetenz muss erworben
werden, sie wird nicht vererbt. Trotzdem gehört zur
interkulturellen Öffnung stets ein Anteil von zugewanderten Mitarbeitern entsprechend dem Bevölkerungsanteil in ihrem Tätigkeitsgebiet.
Als wir 1993 die Tagesgruppe Marxloh eröffneten,
fanden wir mit großer Mühe auch geeignetes nichtdeutsches Fachpersonal. Wir benötigten nahezu 8
Monate, bis wir das erste nichtdeutsche Kind aufnehmen konnten. Es gab intensive Überlegungen
zur Ursachenerforschung, die Situation veränderte
sich aber erst, als eine nichtdeutsche Leitungskraft
die Tagesgruppe übernahm. Seitdem haben wir ca.
50 % der Plätze mit nichtdeutschen Kindern belegt.
Aber wir erfassen auch die Belegungsdaten, um
nicht nur etwas über die ökonomische Auslastung
zu erfahren, sondern auch in der Schuldnerberatung oder in der Jugendgerichtshilfe. Erfasst werden
2. Praxisberichte
Kinder oder Familien, die aus Spätaussiedlerfamilien unsere Hilfe beanspruchen, sowie Kinder von
Arbeitsmigranten. Mit den entsprechenden Leitungskräften haben wir jeweils Zielgrößen vereinbart,
die nach Möglichkeit erreicht werden sollten. Das
daraus gewonnene Datenmaterial dient nicht dazu,
zu sanktionieren, sondern um konstruktiv zu analysieren, aus welchen Gründen Hilfsangebote in
den unterschiedlichen Sozialräumen besser oder
schlechter angenommen werden. Letztlich erfolgt
die Belegung stets durch die Zustimmung des öffentlichen Jugendhilfeträgers, aber das Datenmaterial
stellt eine Grundlage zur Nachbesserung der interkulturellen Öffnung dar und ergibt die Basis für eine
Steuerung. Interkulturelle Qualitätsmerkmale sind
zwischen Leitung und den jeweiligen Fachteams
systematisch zu beschreiben und auszuarbeiten.
Letztlich führt kein Weg am interkulturellen Qualitätsmanagement als Querschnittsaufgabe vorbei.
Was gehört beispielsweise dazu? Zunächst einmal
relativ äußere und profane Faktoren: Die Raumge-
staltung, die deutlich macht, hier bin ich als Migrant willkommen, hier werde ich akzeptiert, ist genauso wichtig wie eine ausgeprägte Öffentlichkeitsarbeit, die das interkulturelle Image der Einrichtung
weiter fördert und bekannt macht und stellen wichtige Aspekte von Leitung dar. Interkulturelle Öffnung
stellt einen permanenten Entwicklungsprozess dar
und beginnt im Wesentlichen mit der Einstellung
des einzelnen neuen Mitarbeiters und seiner Einarbeitung und hat Aufnahme in jedem Qualitätsmanagement zu finden. Interkulturelle Öffnung ist
zurzeit im Wesentlichen abhängig von der Einsicht
einzelner Leitungskräfte im sozialen Bereich. Es fehlen grundsätzliche Rahmenbedingungen seitens
der Auftragsgeber für soziale Dienstleistungen. Es
reicht offensichtlich nicht aus, dass einzelne Träger
sich zur interkulturellen Öffnung bekennen. Ist
Spracherwerb die Schlüsselqualifikation zur Integration der Migranten, müsste die interkulturelle
Öffnung anerkannte gesellschaftliche Gegenleistungen darstellen.
43
2. Praxisberichte
Gönül Sebibucin:
Interkulturelle Öffnung als Kundenorientierung
Göppingen ist eine mittlere Industriestadt mit ca. 60
Tausend Einwohnern. 20 % davon sind Migranten.
Die größte Gruppe ist aus der Türkei und aus dem
ehemaligen Jugoslawien. Davon leben 670 über 61
jährige in der Stadt. Nach der Prognose wird sich
diese Zahl innerhalb von 5 Jahren verdoppeln.
Von 2002 bis 2005 wurde das „Göppingen ProjektGesundheitsförderung bei älteren Migranten in
Form von Präventiven Hausbesuchen verwirklicht.
Die Pflegebedürftigkeit türkischer und jugoslawischer Migranten verdreifacht sich in Göppingen bis
2010. Die Heimversorgung bleibt marginal. Die
Familien pflegen immer weniger. Die Versorgungslücke ist programmiert. Es fehlen interkulturelle
Dienste mit Zugangskompetenz, die frühzeitig Pflegeprobleme lösen können.
Durch diese über 2 Jahre dauernde Studie konnten
wir feststellen, dass sich der Gesundheitszustand
von Migranten schon vor dem 70. Lebensjahr rapide verschlechtert. Zwei Lebensdefizite sind dafür als
Hauptursachen zu nennen.
Die Voraussetzungen
für Kundengewinnung bei Migranten
Man braucht jahrzehntelanges Erfahrungswissen
der Einzelfallhilfe durch Migrationsdienste, ein interkulturelles Netzwerk und Zugangskompetenz zu Migrantenfamilien.
Das wurde in Göppingen aufgebaut seit 1970 mit
der Beratungsstelle der AWO für türkische und jugoslawische Migranten.
Man braucht spezialisierte ambulante Dienste der
Alten-, Behinderten und Familienhilfe.
Das wurde im AWO-Haus konzentriert seit;
1996 mit Ambulanter Geriatrischer Rehabilitation
(AGR)- Grundsatz „Reha vor Pflege“
1997 mit Internationalen Pflegedienst (IPD) – ein
Bundesprojekt bis Ende 2006 – zur Errichtung einer
kultursensiblen Beziehungspflege,
1999 mit Türkischer Familienhilfe, integriert in die
Sozialpädagogische Familienhilfe – in Kooperation
mit dem Kreisjugendamt,
Von 2000 bis 2004 mit MERHABA-Projekt für alleinerziehende von Sozialhilfe lebende Frauen (ESF Projekt)
44
Dazu gab es seit 2001 das AWO INTERTEAM, das
insgesamt 751 Hausbesuche durchgeführt hat.
Zum einen gibt es Besonderheiten der Migration –
Diskriminierungen, familiäre Zerrissenheit, Heimwehkrankheiten, Sprachbarriere-, zum andern sind
schwierige Arbeitsbedingungen.
Weil aber die 2. und 3. Generationen im Alltag
nicht helfen können (oder wollen) haben die jungen
Alten vielfältige Hilfebedarfe im Vorfeld der Pflege,
z. B. Behördenumgang, Schreibarbeiten, Einkaufen,
Hausarbeit, Kochen, Müll beseitigen etc.
Das Göppingen Projekt hat uns gezeigt, das frühe
Intervention langfristig am effektivsten ist.
Auf Pflegebedürftigkeit zu warten (im Sinne der Pflegeversicherung) und auf die familiäre Versorgung zu hoffen, wäre inhuman und teuer. Zwei Drittel der besuchten waren nicht akut gefährdet. Aber 91 waren schon
hilfsbedürftig, die auf die AWO To Do – Liste kamen.
Bisher haben 39 Aktionen – allein 8 erfolgreiche RehaMaßnahmen eine Gesundheitsförderung bewirkt.
Im Projektzeitraum haben tatsächlich 14 Migranten
(im Durchschnittsalter 67) eine Pflegestufe erhalten
und werden von AWO-IPD gepflegt.
Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Patienten türkischer und jugoslawischer Herkunft auf 35 gestiegen (mehr als verdoppelt).
Jetzt liegt die Pflegebedarfsprognose 2010 für die
Stadt Göppingen vor.
Das bisherige Altenhilfesystem ist damit überfordert.
Diese Versorgungslücke wird zur Chance für interkulturelle Dienste.
2. Praxisberichte
Der AWO-Kreisverband Göppingen hat vor 20
Jahren mit MSHD (Mobile Soziale Hilfsdienste)
als neuer Träger angefangen. Sie musste sich eine
Marktnische suchen, denn in der konservativen
Industriestadt hatten die christlichen Sozialstationen und die Heime den Markt der Pflege in der
Hand.
Also hat der Kreisverband sich auf die Zielgruppe
(Migranten aus der Türkei und aus dem ehemaligen
Jugoslawien) konzentriert und spezialisiert.
Mittlerweile sind von 48 Hauptberuflichen 50 %
ausländischer Herkunft. Die Berufsbilder umfassen
ein breites Spektrum von kaufmännischen Angestellten, Krankenschwestern, examinierten Altenpflegerinnen, Diplom Sozialpädagoginnen und Sozialarbeitern hin bis zu ungelernten türkischen und jugoslawischen Helferinnen und Helfern.
Zwei von drei Referaten werden von Migranten geleitet.
Wir bleiben dabei. IPD ist der Kern des AWO Kreisverbandes Göppingen geworden.
Mit dem Modellprojekt sind im Verband,
„Interkulturelle Dienste der Kern der Zukunftsfähigkeit …“ geworden.
Deshalb bereiten wir uns fortwährend qualitativ vor
und wollen ab 01.01.2007 soweit sein, dass der
Dienst sich auch selbst finanzieren wird.
Daher unsere Devise:
KUNDENORIENTIERT ARBEITEN
KUNDEN BINDEN
UND NEUE KUNDEN GEWINNEN
45
2. Praxisberichte
Heike Arnecke und Hannelore Bitter-Wirtz:
Interkulturelle Öffnung durch Vernetzung –
Veränderungen in den Einrichtungen anstoßen
Hintergrund des Projektes:
Die AWO Bremen hat bereits etliche Maßnahmen
für ältere Migranten/-innen in den vergangenen
Jahren umgesetzt:
• die Informationsreihe für ältere Türken/-innen
wird regelmäßig in Stadtteilen mit besonders
hohem Migrantenanteil realisiert
• über einen Zeitraum von drei Jahren lief ein Modellprojekt „Infomobil“ für ältere Migranten/-innen und Einheimische mit dem Ziel das Altenhilfesystem in Bremen transparenter zu machen
• einige Begegnungsstätten für ältere Menschen
wurden interkulturell geöffnet
• für Senioren mit Migrationshintergrund wurden und
werden Selbsthilfegruppen initiiert und begleitet.
Wichtig und förderlich für das aktuelle Projekt, nämlich die Umsetzung der Interkulturellen Öffnung in
Einrichtungen und Diensten der AWO Bremen, war
der Verbandsbeschluss zur IKÖ, sowie das trägerübergreifende Memorandum für eine kultursensible
Altenhilfe, das die Selbstverpflichtung der Wohlfahrtsverbände zur IKÖ zum Ausdruck bringt. Das
Memorandum dient als Grundlage für das Konzept
der IKÖ der AWO in Bremen.
Schritte der Konzeptentwicklung
der IKÖ der AWO Bremen:
•
•
•
•
Entscheidung zur IKÖ auf der Führungsebene
Akquise von Fördermittel für die Konzeptentwicklung
Personelle und finanzielle Rahmenbedingungen
Fachliche Begleitung durch die Referatsleitungen
(Altenhilfe und Migrationsarbeit)
• Entwicklung der fünf Dimensionen der IKÖ als
praxisbezogene Handreichung und Handlungsempfehlungen für die eigenen Einrichtungen
• Interne und externe Präsentation des Konzeptes
Umsetzung des IKÖ-Konzeptes – 2003 (intern)
• Einrichtung einer Steuergruppe und interdisziplinärer Arbeitsgruppe (Altenhilfe und Migrationsarbeit)
• Erstellen eines Projektplanes d.h. Formulierung des
Auftrages mit Zeitschiene und Ergebnisabfragen
46
• Erstellen eines Maßnahmenkatalogs für das Jahr
2004
Umsetzung des IKÖ-Konzeptes – 2004 (intern)
• Veränderungen rund um die Einrichtungen wie
z. B. Symbole in den Räumen, Einrichtung multireligiöser Gebetsräume, Übersetzung der Einrichtungsflyer, Übersetzung der wichtigsten Punkte
der Heimverträge.
• Erarbeiten eines Fortbildungsprogramms für die
Mitarbeiter/-innen
• Interkulturelle Aktivitäten wie Koranlesungen, Veranstaltungen, Feste.
Umsetzung des IKÖ-Konzeptes in Bremen
• Präsentation des IKÖ- Konzeptes für alle Träger
von Altenhilfeeinrichtungen
• Einrichtung von regionalen Steuergruppen
• Fachliche Begleitung bei der Umsetzung der IKÖ
in den Stadtteilen.
Was war für das Projekt förderlich?
•
•
•
•
Das Integrationskonzept des Landes Bremen
Beschluss der AWO Bundeskonferenz zur IKÖ
Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe
Motivation auf der Geschäftsführer und -Referatsleiterebene
• Offenheit in AWO Einrichtungen
• Bisherige Kooperationen zwischen der Migrationsarbeit und der Altenhilfe
Was war für das Projekt eher hinderlich?
• Der Selbsttest von Hinz-Rommel ergab, dass nicht
alle Mitarbeiter/-innen von dem Konzept der IKÖ
überzeugt waren.
• Das Projekt wurde und wird als zeitlich belastend
empfunden.
• Die theoretische Auseinandersetzung mit dem
Thema Migration ist eher ungewohnt.
• Die Geldakquise für die Umsetzung der IKÖ war
mühsam.
3. Arbeitsgruppen
3. Arbeitsgruppen
Good-Practice-Beispiele in vier Handlungsfeldern:
Am zweiten Tag wurden vier verschiedene Arbeitsgruppen angeboten, die sich mit
Folgenden Fragen beschäftigten:
• Was sind die konkreten gegenwärtigen Themen
in der Praxis?
• Mit welchen Instrumenten und Ressourcen kann man
die interkulturelle Orientierung einer Organisation
überhaupt fördern bzw. positiv beeinflussen?
• Wo sind die Systemgrenzen?
Auf der Basis von theoretischen Grundlagen war
das Ziel vor allem, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit bekommen, ihre Praxiserfahrungen in die Diskussion einzubringen, erfolgreiche Good-Practice-Modelle kennen zu lernen und
eigene Ideen für die Umsetzung der interkulturellen
Öffnung in ihrer Einrichtung zu entwickeln.
AG I: Kita:
Moderation: Susanne Bourgeois AWO Bundesverband e.V. und Annette Schnitzler AWO Kreisverband Essen e.V.
Die AG 1 war mit 4 Teilnehmer/-innen und den beiden Moderatorinnen eine kleine, aber in mehrfacher Hinsicht heterogen zusammengesetzte Arbeitsgruppe: Arbeitsfeldbezogen (Migration und Kindertagesstätten), Ebene der Tätigkeit (Bundesebene und
örtliche Träger), regionale Herkunft (Bayern, Sachsen-Anhalt, NRW und Schleswig-Holstein) sowie
Alter und Geschlecht. Die Unterschiedlichkeit der
Perspektiven der Teilnehmer/-innen war somit also
gewährleistet.
47
3. Arbeitsgruppen
Schon in den einführenden Worten, in denen Susanne Bourgeois den Stand interkultureller Orientierung in Tageseinrichtungen der AWO und die in
diesem Zusammenhang vorhandenen Arbeitshilfen
darstellte, kam es zu Rückfragen und lebhaften Diskussionen (z. B. über berufliche Möglichkeiten und
Bedarfe für Erzieher/-innen mit Migrationshintergrund).
Annette Schnitzler stellte in der Folge als Praxisbeispiel die Konzeption der interkulturellen Kindertagesstätte Schalthaus Beisen in Essen-Katernberg anhand folgender Kategorien vor:
• Multikulturelles Mitarbeiter-Team: 50 % Deutsch/
50 % Migrationshintergrund
• Vernetzung: u.a. mit Familienbildung, RAA, Stadtteil, Schulen
• Eltern als Partner: Beteiligung, Beratung und Bildung
• Bildung, Erziehung und Betreuung als Einheit
• Situationsansatz als pädagogische Grundlage
• Sprachförderung: Zweisprachförderung, ganzheitlich, handlungsorientiert,
• systematisch, SISMIK
• Kooperation Kita – Schule: Verbindung der Systeme, Begegnungsjahr, Dokumentation der kindlichen Entwicklung
In der Diskussion wurde immer wieder deutlich, wie
hoch der Kommunikations- und Informationsbedarf
bei allen Beteiligten zum Thema ist, an einigen Stellen wurden auch unterschiedliche Perspektiven und
Bedürfnisse sichtbar. Die Ergebnisse wurden in folgendem Schaubild zusammengefasst:
Themen/
Ansätze
Was fehlt?
Hindernisse
Bedarfe
Vernetzung
– Festgestelltes Problem:
Gleiche Angebote bei
unterschiedlichen
Einrichtungen
Kooperation Kitas – Migrationsdienste
Transparenz bzgl. Ansprechpartnern u. Strukturen
Wissen über andere Angebote/
Einrichtungen
Kita als ernstzunehmender Partner für
„allgemeine Probleme“
Migrationsfachdienst als
ernstzunehmender Partner für
„allgemeine Probleme“
Personalentwicklung
Gibt es türkische Erzieher/-innen in
genügendem Maß?
Gibt es einen Markt für türkische
Erzieher/-innen?
Welche Anreize braucht es für türk.
Erzieher/-innen?
Interkultureller Arbeitskreis im
Auftrag der Kommune
Innere Haltung:
„Ich gehe auf jemanden zu!“ statt
„Ich warte, bis jemand kommt!“
Bewusste Rollenaufteilung
zwischen Akteuren (z. B. nach
geschützten/offenen Bereichen)
Bewusste Trägerentscheidung für
kompetentes Fachpersonal mit
Migrationshintergrund
Besondere, zusätzliche
Unterstützungsbereiche in
Ausbildung und Schulen
Fachabitur als Voraussetzung für
Erzieher/-innen-Ausbildung???
Religion als Zugangshemmnis
Aus den Ergebnissen ergaben sich folgende Forderungen:
• Interkulturelle Themen müssen in die Aus-/Fortund Weiterbildung bedarfsgerecht aufgenommen
werden.
• Die sozialpolitische Gestaltungsaufgabe der
AWO in Bezug auf die Einwanderungsgesell-
48
schaft muss auf den jeweils zuständigen Ebenen
angepackt werden.
• Notwendig ist eine systematische Bildungsarbeit
für Alle
Ziel sollte die Entwicklung eines eigenen AWO-Profils für Kindertageseinrichtungen sein, z. B. im Bereich der Sprachförderangebote.
3. Arbeitsgruppen
AG II: Jugendhilfe
Moderation: Dr. Talibe Süzen,
AWO Bundesverband e.V., Eroglu-Schulze und
Hans-Dieter Kolb, AWO Kreisverband Solingen e.V.
Die Arbeitsgruppe II war mit Teilnehmer/-innen aus
unterschiedlichen Arbeitsbereichen sehr heterogen
zusammengesetzt. Mit einem einführenden Beitrag
erläuterte Süzen den aktuellen Stand der interkulturellen Öffnung im Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung und die vorhandenen Zugangsprobleme
der Migrantenbevölkerung zu den Angeboten der
Hilfen zur Erziehung.
Die Kinder- und Jugendhilfe ist nach §1 Abs. 4 SGB
VIII dazu verpflichtet, Benachteiligung aller Familien
und ihren Angehörigen auszugleichen bzw. zu verhindern. Fakt ist aber, dass gerade im Bereich der
Hilfen zur Erziehung Kinder, Jugendliche und ihre
Familien mit Migrationshintergrund bundesweit
stark unterrepräsentiert sind, wie u. a. der 11. Kinder- und Jugendbericht, der Sechste Familienbericht
2000 zeigt.
Das Ziel der interkulturellen Öffnung der Hilfen zur
Erziehung für die AWO lautet, dass alle in der
Bundesrepublik lebenden Kinder und Jugendlichen
einen Anspruch auf Leistungen und Angebote der
Kinder- und Jugendhilfe haben. Durch konsequente
Umsetzung der interkulturellen Öffnung wird ermöglicht, dass Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe
mit Migrationshintergrund zu gleichberechtigten
Nutzer/-innen des sozialen Hilfenetzes werden.
Der Bundesverband übernimmt im Prozess der interkulturellen Öffnung die Verantwortung, (Rahmen-)
Konzepte für die einzelnen Arbeitsfelder der sozialen Arbeit zu entwickeln und umzusetzen. Die Umsetzung, Initiierung und Begleitung der Interkulturellen Öffnung in den jeweiligen Arbeitsfeldern erfolgt
mit identischen, abgestimmten strategischen Schritten:
• Bestandsaufnahme
• Fortbildungen, Positionspapiere
• Konzepte/Arbeitshilfen und Modellversuche
• Dokumentation und Analyse vorhandener und
modellhaft erprobter Good-Practice-Beispiele
Nach der kurzen Einführung wurde durch Nebehat
Eroglu-Schulze und Hans-Dieter Kolb das interkulturelle Konzept der Erziehungsberatungsstelle in Solingen vorgestellt.
Allgemeine Informationen zu der
Erziehungsberatungsstelle Solingen
Solingen ist eine Stadt mit 163.391 Einwohnern.
Davon sind 7.704 türkischer und 6.064 italienischer Herkunft, ausschließlich Migranten/-innen,
die bereits eine deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Die Stadt ist geprägt von klein- und mittelständischen Industriebetrieben, die unter der derzeitigen
ungünstigen wirtschaftlichen Gesamtsituation leiden.
Die Beratungsstelle wurde im Jahre 1993 als Familienberatungsstelle gegründet und 1997 in eine Erziehungsberatungsstelle mit Schwerpunkt Migrantenberatung nach den NRW-Richtlinien weiterentwickelt. Das Team wurde damit um eine Fachstelle
mit einer Beraterin türkischer Herkunft erweitert.
Nach der Statistik der Beratungsstelle ist festzustellen, dass 70 % der Familien türkischer Herkunft
durch Empfehlungen anderer Institutionen, wie
Schulen, Kindergärten/-tagesstätten, Jugendamt
oder andere Beratungsstellen die Erziehungsberatungsstelle aufsuchten. Das spezielle Angebot der
Erziehungsberatungsstelle der AWO-Solingen ist,
dass sie eine Regeleinrichtung der Jugendhilfe ist,
bei der die Sozialberatung für die Migranten/-innen eingebunden ist. Dies hat vorrangig das Ziel,
Menschen mit Migrationshintergrund den Schritt,
eine deutsche Institution aufzusuchen, zu erleichtern. Es soll den Anspruchsberechtigten mit Migra-
49
3. Arbeitsgruppen
tionshintergrund damit ermöglicht werden, alle
Angebote der Erziehungsberatungsstelle wahrzunehmen. Mit dem muttersprachlichen Angebot
wird zumindest die sprachliche Barriere für Menschen türkischer Herkunft reduziert bzw. abgebaut9.
Entwicklung des Anteils von ausländischen Ratsuchenden 1997 bis 2004
(Angaben in Prozent)
30
25
20
15
10
5
0
1997
1998
1999
2000
Staatsangehörigkeit IP türkisch
Theoretischer Hintergrund:
Die besonderen Belastungen von Migrantenfamilien
• Migrationsziele der Eltern haben sich nicht erfüllt.
• Massives Aufeinanderprallen von unterschiedlichen Erziehungs- und Werthaltungen (z. B. Elternhaus vs. Schule).
• Abhängigkeit der Eltern von den Kindern (z. B.
Sprachkompetenz, Zurechtkommen mit hiesigen
Gesellschaftsnormen und -strukturen).
9
50
2001
2002
2003
2004
Staatsangehörigkeit IP andere
• Beziehungsdefizite oder -abbrüche im Eltern-KindKontakt (z. B. längere Trennungen des Kindes
von den Eltern).
• Angst (vor dem Auffallen, vor den Kindern, vor
Gefährdung des Aufenthaltsstatus, vor Behörden,
vor den Landsleuten etc.).
• Desinformation der Eltern.
• Fehlen von einfühlsamen, kompetenten Gesprächspartnern, die beim Überbrücken der
Widersprüche behilflich sein können.
Die Hintergrundinformation für diesen Abschnitt beziehen sich auf einen im TUP 3/2005 erschienen Beitrag, Artikel zur „Interkulturellen Öffnung im Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung“ (Süzen 2005).
3. Arbeitsgruppen
• Unklare Zukunftsperspektiven der Eltern.
• „Decken“ problematischer Verhaltensweisen der
Kinder.
• Unzureichende Bewältigungsstrategien der Eltern.
• Indifferente, nicht zielgerichtete Erziehungshaltung der Eltern, unzureichende Erziehungskompetenz oder mangelndes Vertrauen in die eigene Erziehungskompetenz auf Seiten der Eltern.
• Resignative Erziehungshaltung der Eltern. Tendenz, die Erziehungskompetenz an Außenstehende abzugeben.
• Rückzug eines Elternteils aus der Verantwortung
für die Familie.
• Ungleiche Bildungschancen ausländischer SchülerInnen.
• Überforderung der Eltern mit der Begleitung der
schulischen Aufträge.
(Paul Frieser, „EZB-Forum“ 2/98)
Voraussetzungen zur Arbeit mit Migrationsfamilien
Bedingungen
1. Politische Akzeptanz und finanzielle Unterstützung auf Landes- und kommunaler
Ebene.
2. Ideologische und finanzielle Unterstützung durch den Träger der Einrichtung.
3. Teamentscheidung zur Arbeit mit Migranten.
4. Teamentscheidung zur Arbeit in einem interkulturellen Team.
5. Teamentscheidung zu niederschwelliger Arbeit.
6. Zeit- und energieaufwändige Auseinandersetzung um das Thema
„Migration“.
7. Einsatz systemischer Prämissen: Offenheit, Neugier und
Respekt als Arbeitsmittel.
8. Akzeptanz von Unterschieden und Fremdheit.
9. Bewusstsein der persönlichen kulturellen Hintergründe
der BeraterInnen.
10. Wissen über die kulturellen Hintergründe des Klientels.
11. Festanstellung einer muttersprachlichen,
migrationserfahrenen Beraterin.
12. Intensive Öffentlichkeits- und Multiplikatorenarbeit.
13. Anlaufstelle der
Erziehungsberatungsstelle im
Hauptwohngebiet
der Migranten.
51
3. Arbeitsgruppen
Stufenmodell
im Kontakt sein
Wertschätzung,
Interesse
Durchmischung aller Ebenen
... des
Individuums
Persönliche Leitmotive und
Glaubenssätze
Anpassung,
Neugierde
generationale Leitmotive,
Glaubenssätze, Ge- und Verbote
... der Familie
Know-how der Kultur,
Sprache,
Zugangsweisen
Tradition, Rituale, Werte,
Normen
... der Kultur
Wissen um das
Funktionieren
des Seelenlebens
Denken, Fühlen,
Handeln
Spezifische Ausprägungen …
➜
➜
... des Menschen allgemein
Haltung des Beraters/der Beraterin Ausprägungen der einzelnen Stufen
52
3. Arbeitsgruppen
Integrationsmodell
Das
Fremde
Das
Gemeinsame
Dritte
Praktischer Teil:
Co-Beratung in Familien
Das
Eigene
den lassen sich stärker in den beraterischen Prozess einbeziehen und nutzen.
Speziell:
• Die rollen- und geschlechtsspezifischen Fixierungen ermöglichen Parteilichkeit und Blick auf
Unterschiedlichkeit.
• Metadialoge innerhalb des Beraterteams im Beisein
der Klienten können deren Sichtweisen erweitern.
• Fixierungen einer/s BeraterIn auf ein Mitglied
der Familie können zu dessen Stärkung genutzt
werden. Die/Der Kollegen/-innen kann die übrigen Familienmitglieder im Blick behalten.
Die Co-Beratung ist ein besonderes Merkmal dieser
Einrichtung. D.h. die Beratung wird grundsätzlich
von zwei Fachkräften durchgeführt. Während der
Beratung mit Migrantenfamilien ist eine der Fachkräfte in der Regel ein Muttersprachler. Die Co-Beratung durch eine türkischstämmige und deutsche Kollegin in Migrantenfamilien dient als Modell dazu,
Integration und Kooperation von Kulturen beispielhaft vorzuleben. In diesem Beratungssetting werden
beide Kulturen gleichberechtigt vertreten. Es wird
deutsch oder türkisch gesprochen. So können auch
Vorurteile und Ängste gegenüber deutschen Institutionen abgebaut werden. Die muttersprachliche CoBeraterin hat in der Beratung Doppelfunktion: Als
Beraterin interveniert sie, gleichzeitig ist sie aber
Dolmetscherin für die deutschen KollegInnen und
türkischstämmigen Ratsuchenden. Während sie beraterisch-therapeutischen Fachverstand nachweist,
ist sie in der Lage mit der Sprache zu jonglieren.
Co-Beratung in Migrantenfamilien:
• Der deutsche und der türkische Lebens-/Kulturbereich sind vertreten.
• Es wird deutsch und/oder türkisch gesprochen.
• Es können Vorurteile gegenüber deutschen Institutionen abgebaut werden.
• Es werden Missverständnisse aus der Unwissenheit über die Lebenssituation der Migranten und
Deutschen schneller aufgelöst.
• Berater/-innen als Modell für Integration und Kooperation von Kulturen.
Allgemein zur Co-Beratung:
• effektivere Gestaltung der Sitzung.
• Veränderungen können kurzfristiger und intensiver angestoßen werden.
• Eine erweiterte Informationssammlung und Diagnosestellung.
• Perspektivenerweiterung
• Die Faktoren wie Solidarität, Parteilichkeit und
Neutralität, Nähe und Distanz zu den Ratsuchen-
Die Co-Berater/-innen müssen das Arbeitssetting
eindeutig klären:
• Wer ist fallverantwortlich?
• Wer leitet die Sitzung?
• Welche Funktion übernimmt die türkische Beraterin?
• Welche Funktion übernimmt die/der deutsche BeraterIn?
• Wie wird der verbale Kommunikationsfluss genutzt?
53
3. Arbeitsgruppen
Verbale Kommunikationsflüsse in Co-Beratung von Migranten bei bikulturellem Team
Deutsche/r
BeraterIn
Türkische/r
BeraterIn
Deutsche/r
BeraterIn
Türkische Familie
mit geringen
Deutschkenntnissen
Türkische Familie
mit unterschiedlich guten
Deutschkenntnissen
Deutsche/r
BeraterIn
Türkische/r
BeraterIn
Türkische Familie
mit guten
Deutschkenntnissen
54
Türkische/r
BeraterIn
3. Arbeitsgruppen
Zwölf-Punkte-Programm
Ausblick
1. Lade eine türkische Familie in einer Krise immer
sofort ein oder besuche sie zu Hause.
2. Trinke zunächst erst mal eine Tasse Tee oder
Kaffee mit der Familie.
3. Habe einen Blick auf das Familienoberhaupt
oder den ältesten Sohn.
4. Ziehe die Schuhe aus, wenn Du über die
Schwelle einer (türkischen oder muslimischen)
Familie trittst.
5. Suche Gemeinsamkeiten, z. B. „den Genuss türkischer Speisen“ oder „das Fremdsein in
einem anderen Land“ (oder im eigenen?)
6. Gib den Familien eine überschaubare Struktur,
z. B. 2 festgelegte Termine.
7. Beziehe die gesamte Familie in die Beratung
ein.
8. Interessiere Dich ausgiebig und weitschweifig
für das Familienleben, evtl. auch für das der
Großfamilie.
9. Interessiere Dich auch für die Heimat der Familie und die Lebenssituation im Heimatland.
10. Benutze einen Beratungsraum möglichst im Zentrum eines Wohngebietes mit hohem Ausländeranteil.
11. Lasse Dich auch auf sozialarbeiterische Aufgaben ein.
12. Erkläre ausführlich den Sinn und die Aufgabe
einer Erziehungsberatungsstelle.
Innerhalb der Diskussion wurde deutlich, dass ein
Konsens über die Notwendigkeit der interkulturellen
Öffnung zwar vorhanden ist, der Prozess der Öffnung aber noch sehr langsam verläuft. Als ausschlaggebender Förderfaktor für den Prozess wurde
eine verbindliche Vernetzungsarbeit und Fortbildungsangebote für alle Mitarbeiter/-innen und Leitungskräfte der sozialen Dienste konstatiert. Der Erfolg interkultureller Ansätze resultiert grundsätzlich
aus der Erkenntnis zur Notwendigkeit der interkulturellen Öffnung durch die Institution selbst. Die Institution selbst muss auf die Vielfalt bzw. auf die gesellschaftliche Entwicklung reagieren, von der explizit nicht nur Einwanderer, sondern auch Einheimische hinsichtlich der interkulturellen Kompetenz profitieren.
Arbeitsschwerpunkte
•
•
•
•
•
•
•
Aufsuchende Beratung
Spezielle Öffnungszeiten
HdB
Frauenkaffee
Arbeitskreise
Etc.
Öffentlichkeitsarbeit: Flyer, etc.
Folgende These wurde als Fazit aufgestellt:
Interkulturelle Öffnung ist keine Ansichtsache, sondern unser gesetzlicher Auftrag zur
• sozialen Gerechtigkeit,
• Chancengleichheit und
• Partizipation
in einer Einwanderungsgesellschaft.
Aus den Ergebnissen ergaben sich folgende Forderungen, um den Prozess der interkulturellen Öffnung
vor Ort effektiv gestalten zu können:
•
•
•
•
Handlungsinstrumente
Fort- und Weiterbildung
Motivation
Realistische Rahmenbedingungen
55
3. Arbeitsgruppen
AG 3: Altenhilfe
Moderation: Dragica Baric-Büdel, AWO Bundesverband e.V. und Hubert Reiss, AWO Kreisverband Stuttgart e.V.
Eine Möglichkeit der interkulturellen Öffnung: Das
Projekt der AWO Stuttgart „Älter werden in der
Fremde“ – Integration älterer Migrantinnen und Migranten in Begegnungsstätten
Die Teilnehmer/innen der Arbeitsgruppe 3 – überwiegend aus der Migrationsarbeit – hatten erst in
jüngster Zeit Kontakt zu älteren Migranten/innen, die
aufgrund ihrer Problemlagen die Beratungsstellen
aufsuchten. Es wurde festgestellt, dass der Zugang zu
dieser Zielgruppe sehr schwierig ist, insbesondere für
die Regeldienste. Es bestehen nach wie vor auf beiden Seiten zahlreiche Vorbehalte. Information und
Sensibilisierung der Mitarbeiter/innen der Altenhilfe
sind hierbei sehr wichtig. Auf der anderen Seite müssen ältere Migranten/innen über Angebote der Altenhilfe informiert werden. Um ältere Migranten/innen
zu erreichen, spielen Multiplikatoren/innen und
Schlüsselpersonen eine wichtige Rolle. Das können
Migrationsdienste aber auch Ehrenamtliche sein, die
mit den Regeldiensten kooperieren und sich in entsprechenden Netzwerken engagieren.
Zur Gestaltung der Angebote sind folgende Aspekte
besonders wichtig:
• Die Mitarbeiter/innen müssen motiviert sein
• Die personelle Kontinuität muss gegeben sein, zumindest in Form einer Vertrauensperson
• Die Angebote müssen offen und flexibel sein, insbesondere in der offenen Arbeit
• Ältere Migranten/innen interessieren sich wie
deutsche Senioren für altersspezifische Themen
(Rente, Ernährung, Gesundheit, Pflege), aber
auch migrationsspezifische Themen sind wichtig
(Aufenthaltsstatus, Trennung von der Familie,
Rückkehrwünsche)
Da viele pendeln, ist dieses Verhalten bei der Planung von Angebote zu berücksichtigen.
Allgemeine Informationen zum Projekt:
Dauer und Gründe für das Projekt:
Das Projekt der AWO Stuttgart „Älter werden in der
Fremde“ – Integration älterer Migrantinnen und Migranten in Begegnungsstätten startete Anfang des Jahres 2001 und wurde nach dreijähriger Projektlaufzeit
56
Ende 2003 beendet. Es gab mehrere Gründe, ein solches Projekt zu starten. Ein Grund war z. B. die soziodemographische Entwicklung im Bereich der älteren
Migranten, d.h. die Tatsache, dass ältere Migranten in
den letzten Jahren zahlenmäßig stark zugenommen
haben und auch weiterhin zunehmen werden. Die
Zahl der ausländischen Senioren steigt kontinuierlich,
da immer mehr aus dem Erwerbsleben ausscheiden.
Zurzeit gibt es noch keine Angaben darüber, wie viele
von Ihnen beabsichtigen, ihren Ruhestand in der alten
Heimat zu verbringen. Es ist aber festzustellen, dass
immer mehr aus den unterschiedlichsten Gründen in
Deutschland bleiben. Zum Beispiel weil die ärztliche
Versorgung in Deutschland besser ist, oder aber weil
sie inzwischen hier ihre sozialen Kontakte haben.
Auch die Altenhilfeplanung der Landeshauptstadt
Stuttgart sieht den Bedarf. Deshalb wird im aktuellen
Altenhilfeplan klar gesagt, dass sich die Altenhilfe
interkulturell öffnen muss und die Einrichtungen Integrationsmaßnahmen für ausländische Senioren anbieten sollen. Diesen Zielvorgaben wollte man mit
dem Projekt gerecht werden. Zudem hat man sich
auch aufgrund der Erfahrungen, die in den letzten
Jahren im Bereich Migration und Altenhilfe gemacht
wurden, dazu entschlossen, das Projekt zu machen.
Aufgabe des Projekts:
Die Aufgabe des Projekts war es, die Migranten behutsam anzusprechen und ihnen den Zugang sowohl zu den bestehenden Angeboten in Begegnungsstätten zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, als
auch da, wo nötig, spezifische Hilfen anzubieten.
Wichtig war, dass dabei kein reines Parallelprogramm für ausländische Senioren entstehen sollte,
da dies nicht Sinn und Zweck einer Integration ist.
Theoretisch standen die Begegnungsstätten schon
immer Menschen aller Nationalitäten offen, in der
Praxis sah es aber so aus, dass Migranten kaum
den Weg zu uns in die Begegnungsstätten gefunden
haben. Ausländische Senioren haben kaum einen
Kontakt bzw. Bezug zur deutschen Altenhilfe, was
häufig auch einfach an der Unkenntnis über die Angebote der deutschen Altenhilfe liegt. Dies sollte
durch das Projekt geändert werden.
3. Arbeitsgruppen
Teilnehmende Begegnungsstätten:
Am Projekt beteiligt waren drei Begegnungsstätten
der AWO Stuttgart: die Begegnungsstätte Altes Feuerwehrhaus in Stuttgart Süd, die Begegnungsstätte
am Ostendplatz in Stuttgart Ost und die Begegnungsstätte Seelbergtreff in Stuttgart Bad-Cannstatt.
Diese Begegnungsstätten wurden unter anderem
ausgewählt, weil es sich um größere Begegnungsstätten handelt, die über mehrere Gruppenräume
verfügen und so verschiedene Angebote gleichzeitig stattfinden können. Zum anderen sind es Begegnungsstätten, in denen genügend Personalkapazität
vorhanden ist, d.h. dass hier mindestens zwei
hauptamtliche Mitarbeiter/-innen beschäftigt sind.
Ziel des Projekts:
Ziel des Projekts war es, die Begegnungsstätten für
die Migranten zu öffnen, d.h. entsprechend Angebote zu planen und durchzuführen mit dem Ziel, die
Migranten letztlich stadtteilorientiert in die Regelangebote der Begegnungsstätten zu integrieren. Stadtteilorientiert unter anderem deshalb, weil man auch
bei älteren ausländischen Senioren davon ausgehen muss, dass die Mobilität mit zunehmenden Alter
nachlässt, nicht anders als bei deutschen Senioren.
Finanzierung:
Bei der ARD Fernsehlotterie wurden Fördermittel für einen Personalkostenzuschuss beantragt und auch bewilligt. Mit diesen Fördermitteln wurde die Stelle einer
Projektleitung finanziert, da es der AWO Stuttgart sehr
wichtig war, dass jemand das Projekt koordiniert.
Weiterhin erhalten die Begegnungsstätten Fördermittel
der Landeshauptstadt Stuttgart. Neben den normalen
Fördermitteln erhalten Begegnungsstätten, die Integrationsmaßnahmen für ältere Migranten anbieten, eine
zusätzliche Förderung von bis zu 3000 € pro Jahr.
Die restlichen Kosten des Projekts wurden von der
AWO Stuttgart eigenfinanziert.
halb wurde beschlossen, die Altenhilfe und Ausländersozialdienste der AWO Stuttgart zu vernetzen. Ältere Migranten lassen sich häufig in sozialen, gesundheitlichen und auch rechtlichen Fragen beraten, erste
Anlaufstelle sind hier in der Regel die Ausländersozialdienste, die aufgrund gegenseitiger Vertrautheit und
durch die langjährigen Kontakte unter den älteren Migranten eine gewachsene Akzeptanz genießen. Diese Kontakte wollte man nutzen. Mit Hilfe der Sozialberater sollten die Hemmschwellen auf Seiten der ausländischen Senioren abgebaut werden.
Jede Begegnungsstätte hatte zwei zuständige Sozialberater, einen Sozialberater aus der Türkei und einen
aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. Die Sozialberater waren in der Regel auch beim
Allgemeinen Sozialdienst in dem jeweiligen Stadtteil
tätig. Das hatte den Vorteil, dass sie dadurch die Strukturen im Stadtteil sehr gut kannten, und Ihre Erfahrungen, die sie hier bereits über Jahre gesammelt hatten,
bei der praktischen Umsetzung des Projekts mit einfließen lassen konnten. Die Sozialberater waren die „Türöffner“ in den Begegnungsstätten. Sie waren vor Ort
die Ansprechpartner in der Muttersprache.
Gerade zu Beginn einer interkulturellen Öffnung
sind die Mitarbeiter der Begegnungsstätten sehr auf
die Kontakte der Sozialberater angewiesen. Die Sozialberater verfügen neben den Sprachkenntnissen
vor allem auch über die kulturellen Hintergrundinformationen. Es ist deshalb wichtig, gemeinsam mit
den Sozialberatern Programmpunkte zu planen und
durchzuführen. Sie können in der Regel besser einschätzen, welche Angebote für ausländische Senioren interessant sein könnten. Denn Angebote, die
für deutsche Senioren von Interesse sind, sind nicht
zwangsläufig auch für ausländische Senioren von
Interesse. Es war deshalb wichtig, dass regelmäßig
Absprachen getroffen wurden. Zum einen in Begegnungsstätten-internen Besprechungen, an denen nur
die zuständigen Sozialberater sowie die Mitarbeiter
der Begegnungsstätte teilnahmen. Zum anderen in
dem alle 4-6 Wochen stattfindenden AK Interkulturell, an dem alle am Projekt beteiligten Mitarbeiter
sowie die Referatsleiter teilnahmen.
3. Projektverlauf:
2. Kooperation zwischen der Altenhilfe
und den Ausländersozialdiensten
der AWO Stuttgart:
Damit das Projekt erfolgreich umgesetzt werden konnte war es wichtig, mit jemanden zusammenzuarbeiten, der bereits Kontakt zu älteren Migranten hat. Des-
➭ Das erste Projektjahr:
Für das erste Projektjahr wurde vorgesehen:
• Auf- und Ausbau der interkulturellen Öffnung:
In den Begegnungsstätten am Ostendplatz sowie
im Seelbergtreff wurde bisher nicht interkulturell
gearbeitet, so dass es sich hier um einen Aufbau
57
3. Arbeitsgruppen
der interkulturellen Öffnung handelte. In der Begegnungsstätte Altes Feuerwehrhaus wurde
schon seit mehreren Jahren interkulturell gearbeitet, deshalb sprach man hier im ersten Projektjahr
von einem Ausbau der interkulturellen Öffnung.
• Intensive Aktivierung und Ansprache der Migranten im Stadtteil:
Intensive Öffentlichkeitsarbeit durch Sozialberater,
Interkulturelles Programmheft das monatlich erschien, Plakate mit Programmhinweisen, Zeitung,…
• Annäherung der Mitarbeiter
Für eine gute und effektive Zusammenarbeit war
auch die Annäherung der am Projekt beteiligten
Mitarbeiter sehr wichtig.
Praxisbeispiele:
Muttersprachliche Gruppentreffen, Gedächtnistraining, Feste, Ausflüge, deutsche und muttersprachliche Informationsnachmittage (z. B. zum Thema Rente, Pflegeversicherung,…), u.v.m.
➭ Das zweite Projektjahr:
Für das zweite Projektjahr wurde vorgesehen:
• Weiterführung der bisherigen Angebote
• Ausbau der interkulturellen Öffnung
• Ausbau der gemeinsamen Angebote …
… für deutsche und ausländische Senioren
• Intensive Aktivierung und Ansprache der Migranten im Stadtteil
• Gewinnung ehrenamtlicher Gruppenleiter
damit sich die Sozialberater aus der Gruppenarbeit mit der Zeit etwas zurückziehen können.
Dies gelang im zweiten Projektjahr in einer Begegnungsstätte: in der Begegnungsstätte am
Ostendplatz fand sich (aus der bestehenden
Gruppe heraus) ein türkischer Herr, der seither
ehrenamtlich tätig ist.
Praxisbeispiele:
„Stuttgart kennen lernen“ (eine Veranstaltungsreihe,
bei der ca. monatlich für Stuttgart und Umgebung
bekannte Bauwerke, Einrichtungen etc. mit deutschen und ausländischen Senioren gemeinsam besichtigt werden, z. B. Staatsgalerie Stuttgart, Residenzschloss Ludwigsburg, verschiedene Museen,…), Internationales Musikcafe, Gymnastik mit
deutschen und ausländischen Senioren, u.v.m.
➭ Das dritte Projektjahr:
Das dritte Projektjahr war geprägt von der Entscheidung der Landesregierung, die Fördermittel für die
58
Ausländersozialberatung ersatzlos zu streichen.
Daraufhin stellte auch der Bund seine Zahlungen
ein. Der AWO Stuttgart war es deshalb ab Mitte
des Jahres 2003 nicht mehr möglich, die Stellen der
Ausländersozialdienste zu finanzieren. Der Ausländersozialdienst der AWO Stuttgart wurde deshalb
am 30.06.03 geschlossen. Dies hatte natürlich
auch Auswirkungen auf das Projekt, da die am Projekt beteiligten Sozialberater ebenfalls die Kündigung erhalten hatten.
Für das dritte Projektjahr wurde vorgesehen:
• Gewinnung weiterer ehrenamtlicher Gruppenleiter
Dies gelang jedoch leider nicht!
• Weiterführung der bisherigen Angebote (auch
nach Wegfall der Sozialberater)
• Integration in die Regelangebote
Das interkulturelle Programmheft wurde im dritten
Projektjahr in das normale Programmheft der Begegnungsstätten integriert, um auch nach außen
nochmals auf die Integration aufmerksam zu machen. Zudem wollte man damit erreichen, dass
die ausländischen Senioren vermehrt auf die anderen Angebote in den Begegnungsstätten aufmerksam werden.
• Intensive Aktivierung und Ansprache der Migranten im Stadtteil
Praxisbeispiele:
Erinnerungsfrühstück (ein Mal im Monat mit deutschen
und ausländischen Senioren), gemeinsames Gedächtnistraining, Interkulturelle Grillnachmittage, u.v.m.
Sicherlich konnte das dritte Projektjahr nicht so effektiv genutzt werden, wie ursprünglich vorgesehen.
Dennoch stellte sich auch nach dem Wegfall der Sozialberater heraus, dass sich doch schon sehr viele
der älteren Migranten in den Begegnungsstätten heimisch fühlen, die dortigen Mitarbeiter als Ansprechpartner ansehen und sie auch weiterhin an verschiedenen Angeboten teilnehmen.
4. Erfahrungen und Erkenntnisse:
In den drei Projektjahren wurden viele Erfahrungen
und Erkenntnisse gewonnen. Einige werden im Folgenden näher betrachtet.
• Motivation der Mitarbeiter:
Die Motivation der Mitarbeiter ist sehr wichtig.
Stehen sie nicht hinter dieser Arbeit, dann erschwert diese eine interkulturelle Öffnung. Zudem
ist eine effektive Zusammenarbeit dadurch sehr
schwer.
3. Arbeitsgruppen
• Personelle Kontinuität:
Ein ständiger Wechsel der Mitarbeiter ist auch
bei ausländischen Senioren mit Unsicherheit verbunden.
• Sozialberater = Türöffner
Die Sozialberater sind die Türöffner in den Begegnungsstätten. Viele der älteren Migranten
kommen zu Beginn vor allem in die Begegnungsstätten weil sie wissen, dass der zuständige Sozialberater anwesend ist.
• Ansprechpartner in der Muttersprache vor Ort
Es ist wichtig, dass man auch vor Ort in den
Begegnungsstätten für die ausländischen Senioren Ansprechpartner in der Muttersprache hat.
Ältere Migranten sollen dadurch auch das
Gefühl haben, akzeptiert und verstanden zu
werden.
• keine komplizierten Anmeldeverfahren
• Offene und flexible Gestaltung der Treffen
Zwanglose und offene Arbeitsweisen
• Anfänglich Begleitung der Sozialberater
Die anfängliche Begleitung der Sozialberater zu
den Angeboten ist unerlässlich. Es zeigte sich jedoch mit der Zeit, dass die älteren Migranten
auch ohne Sozialberater zu Angeboten kommen
(da sie auch die Mitarbeiter der Begegnungsstätten als feste Ansprechpartner ansehen.)
• Erste Angebote:
➭ Spezifisch und muttersprachlich
➭ Angebote, bei denen die Sprache nicht im
Vordergrund steht
Beispiele: Gruppentreffen, Vorträge in der Muttersprache oder in einfacher deutscher Sprache, Gesundheitsangebote (Gymnastik,…), Tanznachmittage
• Langsame Annäherung!
Eine interkulturelle Öffnung geht nicht von heute
auf morgen. Man muss den deutschen und ausländischen Senioren Zeit geben, sich langsam
zu nähern. Bestimmte Angebote, wie z. B. ein
gemeinsames Erzählcafe sind erst später sinnvoll, wenn schon eine Annäherung stattgefunden hat.
• Keine Angebote während den Sommermonaten
Da die meisten ausländischen Senioren die Sommermonate (ca. Anfang/Mitte Juni bis Ende September) in Ihren Heimatländern verbringen, sind
Angebote in dieser Zeit nicht sinnvoll. Es zeigt
sich jedoch, dass auch hier ein Wandel erkennbar ist. Einige der Senioren reisen inzwischen nur
noch ein paar Wochen in ihr Heimatland, da es
aus gesundheitlichen Gründen länger nicht geht.
Diese Entwicklung wird wohl in den kommenden
Jahren weiter zunehmen.
• Möglichst preiswerte oder kostenlose Angebote:
Die meisten Senioren bekommen im Gegensatz
zu den deutschen Senioren eine sehr geringe
Rente.
• Wichtig für die Umsetzung eines solchen Projekts:
➭ Rahmenbedingungen
➭ Vernetzung/Zusammenarbeit zwischen Altenhilfe
und Ausländersozialdienste
➭ Personalkapazität in den Begegnungsstätten
5. Aussichten
Trotz der Entwicklungen innerhalb des letzten Projektjahres kann das Projekt als ein großer Erfolg gewertet werden. Es ist gelungen, ältere Migranten an
die Altenhilfe heranzuführen und Hemmschwellen
abzubauen. Es gilt nun, dies auch weiterhin zu fördern!
Insgesamt muss in Zukunft im gesamten Bereich der
Altenhilfe interkulturelle Kompetenz gefördert werden. Dabei sollte es nicht darum gehen, zusätzliche
Programme zu entwickeln, sondern die vorhandenen Hilfen und Dienste müssen fachlich und konzeptionell zu einem europäischen Standard weiterentwickelt werden.
Gelingt es, die Zugangsbarrieren der älteren Migranten zur (offenen) Altenhilfe zu verringern, verhindert dies Doppelstrukturen in der kommunalen
Altenhilfe. Dies ist letztlich der ressourcensparendste
Weg für eine Kommune. Umso erstaunlicher ist der
politische Weg, der von der Landesregierung eingegangen wurde, nämlich die Mittel der Ausländersozialberatung ersatzlos zu streichen.
In Zukunft wird es wohl auch bei Ausländersozialdiensten anderer Verbände zu weiteren Einsparungen kommen. Deutsche Beratungsdienste wie z. B.
der Bürgerservice „Leben im Alter“ können hier
nicht einspringen, bzw. können diese Arbeit nicht
übernehmen. Zumindest nicht in ihrem derzeitigen
Aufbau. Sie verfügen über keine muttersprachlichen Fachkräfte und haben auch nicht die kulturellen Hintergrundinformationen. Vor allem fehlt ihnen jedoch etwas entscheidendes, das die Ausländersozialdienste hatten: das Vertrauen der Migranten!
59
3. Arbeitsgruppen
AG 4: Suchthilfe
Moderation: Hedi Boss, AWO Bundesverband e.V. und Doris Heckmann-Jones, AWO Kreisverband Mettmann e. V.
Entwicklung konzeptioneller Grundlagen für eine
Vernetzung der (lokalen) Hilfeeinrichtungen und eine interkulturelle Öffnung der Suchtberatungsstellen- Zur migrationssensiblen Suchtberatung und
-prävention bei jungen Migranten/-innen
Das Projekt ,Entwicklung konzeptioneller Grundlagen für eine Vernetzung der (lokalen) Hilfeeinrichtungen und interkulturelle Öffnung der Suchtberatungsstellen‘ ist ein bundesweites Modell des AWO
Bundesverbandes e.V. und läuft seit Dezember
2003 für zwei Jahre an insgesamt vier Standorten
sowohl im städtischen und als auch im ländlichen
Raum. Das Projekt wird über die Stiftung Deutsche
Jugendmarke e.V. gefördert.
Projektstandorte sind:
• Monheim am Rhein (AWO Kreisverband Mettmann, NRW)
• Lampertheim (AWO Kreisverband Bergstrasse,
Hessen)
• Lübeck (AWO Südholstein gGmbH)
• Potsdam-Mittelmark (AWO Kreisverband Potsdam-Mittelmark e.V.)
Die Projektleitung, Finanzsteuerung und -bearbeitung und die Praxisbegleitung ist bei der AWO
Bundesverband e.V. angesiedelt.
Die Zielgruppe dieses Projektes sind zum einen die
Mitarbeiter/-innen der Sucht- und Jugendhilfe und
der Migrationssozialdienste in den jeweiligen Regionen zum anderen suchtgefährdete und Suchtmittel konsumierende junge Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 14 bis 27 Jahren.
Projektplanung und -durchführung:
Aufgabe des Modellprojektes ist die Entwicklung
eines Netzwerkes sowie einer prozessorientierten
migrationssensiblen Konzeption für Suchtberatungsstellen in der Arbeit mit jungen Migranten/-innen.
Durch die Einbeziehungen der kommunalen Akteure
aus Suchthilfe, Migrationsdiensten und Jugendhilfe
sollen trennende Mauern überwunden werden. Ein
weiterer Ansatz des Projektes ist die Suchtberatung
60
als Partnerin in der präventiven Arbeit der Jugendhilfe zu verstehen und umgekehrt. Zur Förderung
der interkulturellen Öffnung sind die Migrationssozialdienste mit ihrem migrationsrelevanten Wissen
weitere unverzichtbare Partner/-innen der Jugendund Suchthilfe. Durch die Brückenfunktion der Migrationsdienste wird in diesem Prozess die Interaktionsfähigkeit zwischen Betroffenen und der Suchtberatung verbessert. Das weitere Ziel des Modellprojektes ist eine prozesshafte Umorientierung und
Optimierung der ambulanten Suchthilfe und lokalen
Hilfestrukturen und hin zur Verankerung der interkulturellen Öffnung.
An den vier Standorten werden alle potentiellen
Partner/-innen der Suchthilfe zu einem Netzwerk zusammengeführt, um gemeinsam ein lebensweltorientiertes und interkulturelles Konzept zur Versorgung
von suchtgefährdeten und Suchtmittel konsumierenden jungen Migranten/-innen zu entwickeln. Auf
dieser Basis sollen Handlungsschritte für die Praxis
erarbeitet werden. Der Dialog zwischen der Suchtberatung, Jugendhilfe und Migrationssozialarbeit
vor Ort soll zu einem Miteinander unterschiedlicher
Hilfeformen führen und den wechselseitigen Austausch der jeweiligen Fachkompetenz und deren Integration in das Konzept und in die Praxis fördern.
Das vorliegende Projekt entwickelte sich aus der
Sicht der Praxis der Suchtberatungsstellen. Die Fachkräfte der jeweiligen Einrichtungen haben in der
Regel mit Jugendlichen zu tun, die Probleme im
Umgang mit unterschiedlichen Suchtmitteln haben.
Daher sucht die Suchtberatung verstärkt die Verbindung zur Jugendhilfe, um entsprechende bedarfsorientierte Angebote für Jugendliche und junge
Erwachsene unterbreiten zu können. Mit der Vernetzung der Sucht- und Jugendhilfe und der Migrationssozialarbeit wird ein Weg beschritten, der dazu verhelfen soll, langfristig Perspektiven zu erweitern.
Lebensweltorientierte und sozialraumbezogene Projekte haben sich in den letzten Jahren u. a. in der
Jugendhilfe sehr erfolgreich positioniert. Sie sollen
mit ihren zentralen Kriterien wie Nachhaltigkeit,
Integration, Kooperation und Vernetzung auf die
Präventionskonzepte, Präventionsstrategien und Beratungsangebote der Suchthilfe für junge Migranten/-innen übertragen werden.
3. Arbeitsgruppen
An jedem Projektstandort wurden neue Stellen mit je
19,25 Wochenarbeitsstunden geschaffen für die
zweijährige Durchführung des Projektes. An drei
Projektstandorten sind die Mitarbeiter/-innen in die
bestehenden Suchtberatungsstellen integriert und
Mitglied der vorhandenen Teams. An dem Standort
in Brandenburg ist die Projektmitarbeiterin im AWO
Landesreferat Sucht angesiedelt und für die Einrichtungen und Angebote im gesamten Landkreis Potsdam-Mittelmark zuständig.
Die fachliche Praxisbegleitung findet durch zwei
Mitarbeiterinnen statt, die Referentinnen des
Bundesverbandes und ausgewiesene Fachfrauen für
den Bereich Migration sind. Damit ist die Fachkompetenz im Bereich Suchthilfe durch die Anbindung
an die Suchtberatungsstellen im Bereich Migration
durch die Praxisbegleitung von Beginn der Projektlaufzeit sichergestellt.
Das Projekt wurde an den einzelnen Standorten
durch Presseveröffentlichungen bekannt gemacht.
Regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit gehört zum integralen Bestandteil des Projekts.
tausch miteinander. Dies kommt wie sich gezeigt
den Projektmitarbeiter/-innen zu Gute und erweitert
die fachliche Diskussion.
Bewertung:
Das Projekt hat nach unserer Einschätzung einen positiven Verlauf. Beachtenswert ist das fachliche und
öffentliche Interesse. Die Entscheidung in unterschiedlichen Regionen mit unterschiedlichem Hintergrund die Projektstandorte zu wählen hat sich als
richtig erwiesen. Mögliche Skepsis und Schwierigkeiten vor Ort konnten durch die kooperativen und
fachlichen Kompetenzen der Praxisbegleiterinnen
und der Projektmitarbeiter/-innen abgebaut werden.
Umsetzung des Modellprojektes
am Beispiel des Standortes Monheim
am Rhein (NRW):
Projektstandort
Projektstand:
Es hat sich nach dem ersten Jahr gezeigt, dass durch
die Vernetzungsarbeit der Suchthilfe, Jugendhilfe und
Migrationssozialarbeit neue Perspektiven für das Versorgungsangebot für jugendliche Migranten/-innen
eröffnet wurden, um das Projektziel zu erreichen.
Bei der Auswahl der Standorte haben wir uns für unterschiedliche Bundesländer, unterschiedliche Größe der
Städte, verschiedene regionale Bedingungen entschieden. Eine Hypothese lautete in der Vorbereitung auf
das Projekt, dass Leitlinien für die interkulturelle Öffnung immer auf die jeweiligen örtlichen Bedingungen
abgestimmt werden müssen. Im Laufe des ersten Jahres
zeigte sich, dass die Bedingungen an den unterschiedlichen Standorten kaum vergleichbar sind. Unter anderem maßgebend dafür sind die verschiedenen Ausgangssituationen. Weiterentwicklungen und Abweichungen des Modellkonzepts aufgrund regionaler
Rahmenbedingungen werden diskutiert und sind gewünscht und auch eingeplant, da dieses Projekt ein
Modellprojekt ist in dem unterschiedliche Vorgehensweisen erstmalig entwickelt und erprobt werden.
Es finden seit Projektbeginn regelmäßige Treffen
zwischen den fachlichen Praxisbegleiterinnen und
der Projektleiterin statt um die Aktivitäten miteinander abstimmen und planen und koordinieren zu können. Die Praxisbegleiterinnen stehen in regem Aus-
Die Stadt Monheim am Rhein liegt im Ballungsgebiet
zwischen Düsseldorf und Köln und zählt 42.978 Einwohner (Ende 2003). Die Kommune ist in drei unterschiedliche Stadtteile gegliedert, von denen das Berliner Viertel als Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf seit 1995 im Rahmen des Bund-LänderProgrammes „Soziale Stadt“ gefördert wird.
Der Anteil der Migranten an der Gesamtbevölkerung
in Monheim am Rhein liegt bei ca. 14 %. Etwa 60 %
aller Migranten leben im Berliner Viertel, davon etwa
ein Drittel aller Monheimer Kinder und Jugendlichen.
Migrantinnen und Migranten in der
Suchtberatung
Der Anteil der Migranten, der die AWO Suchtberatung wegen eines Alkohol- oder Drogenproblemes
aufsucht beträgt im Durchschnitt etwa 10 % aller Besucher (zw. 8 % und 12 %), Menschen mit Migrationshintergrund, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, nicht mit gerechnet. Jugendliche mit
Migrationshintergrund werden über die Präventionsarbeit mit Weiterführenden Schulen erreicht. Die
Sprechstunden für Eltern wurden und werden fast
ausschließlich von „ursprünglich Deutschen“ aufgesucht, sehr selten von Eltern mit Migrationshintergrund. Über das Modellprojekt soll diese Zielgruppe verstärkt angesprochen werden.
61
3. Arbeitsgruppen
Kooperationspartner vor Ort
Jugendamt der Stadt Monheim am Rhein (Jugendberatung, Sozialpädagogischer Dienst, Jugendhilfeplanung), Mo.Ki – Monheim für Kinder (AWO Bezirksverband Niederrhein e.V., Stadt Monheim am
Rhein), Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, Fachdienst für Integration und Migration des
Caritasverbandes im Kreis Mettmann. Weitere Kontakte: Sozialdienste Katholischer Frauen und Männer Monheim, Evangelische Kirchengemeinde, Vertreterinnen des Jugendhilfe- und Sozialausschusses.
Praktische Umsetzung
• Erste Gespräche mit potentiellen Kooperationspartnern
• Gemeinsamer Workshop zu Projektbeginn: „Migration und Migrationsfolgen –
• Suchtmittelmissbrauch als Bewältigungsstrategie
ungelöster Konflikte“ – und – „Was bedeutet
interkulturelle Öffnung und welche Konsequenzen
ergeben sich daraus für die Einrichtungen“.
• Einrichtung einer Arbeits- und Steuerungsgruppe
mit Vertreter/-innen unterschiedlicher Einrichtungen und Trägerschaften (Kommune, Arbeiterwohlfahrt, Caritas): Jugendberatung, Mo.Ki – Monheim
für Kinder, Sozialpädagogischer Dienst des Jugendamtes, Erziehungsberatungsstelle, Beratungsdienste für Integration und Zuwanderung. Sie plant
gemeinsam neue Angebote und deren Umsetzung.
• Aufbau des Gemeinschaftsprojektes „MultiMo“ –
Monheimer Frauen mit Migrationshintergrund als
Multiplikatorinnen, die als Laiendolmetscherinnen, Vermittlerinnen bei der interkulturellen Verständigung und bei der Übermittlung von Informationen zu Hilfeangebote vor Ort fungieren.
Einsatzbereiche sind z. B. Beratungsstellen, Einrichtungen der Jugendhilfe, Kindertagesstätten
oder Schulen, wo sie bei Bedarf bei Gesprächen
oder bei Informationsveranstaltungen dolmetschen. Längerfristige fortlaufende Beratungen
oder therapeutische Gespräche sowie komplexe
Rechtsangelegenheiten sind davon ausgenommen. Zu Beginn nahmen die Frauen an einer vierteiligen Schulungsreihe teil. Neben Dolmetschtechniken und Übungen anhand praktischer Fallbeispiele aus den Einrichtungen erhielten sie Informationen zum Angebot und zur Arbeitsweise
verschiedener Einrichtungen, u.a. der Suchtberatung (Suchtverständnis, Suchtformen, Ursachen,
Hilfe), Beratungsstellen für Familien, Jugendberufshilfe, Schulsystem, Förderangebote für Kinder
und Jugendliche. Das Multiplikatorinnen-Team
wird fortlaufend einmal monatlich begleitet.
62
• Einrichtung einer Koordinierungsstelle (Jugendberatung der Stadt Monheim) für die Einsätze von
„MultiMo“, die von örtlichen Einrichtungen bei
Bedarf über die Koordinierungsstelle angefragt
werden können.
• Information über das Angebot von „MultiMo“ an
Monheimer Einrichtungen
• Vernetzung lokaler Hilfeeinrichtungen
Erste Ressonanz
• AWO Suchtberatung: Durch die Schulung verfügten die Frauen aus dem MultiMo-Team über Informationen zur Suchtberatungsstelle. Sie vermittelten daraufhin Ratsuchende aus ihrer Nachbarschaft oder aus ihrem Bekanntenkreis spontan an
die Suchtberatung weiter.
• Die Informationsveranstaltung mit einem türkisch/kurdischen Verein zur Vorstellung der
Suchtberatung und zum Thema „Suchtmittelkonsum bei Jugendlichen“ besuchten ca. 30 Teilnehmerinnen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren.
Die Veranstaltung wurde mit einer Dolmetscherin
aus dem MultiMo-Team in deutsch und türkisch
abgehalten. Im Anschluss an die Veranstaltung
meldeten sich spontan drei Personen für eine
Beratung in der AWO Suchtberatung an, wobei bei einer Person wiederum eine Dolmetscherin von MultiMo zum Einsatz kam. Auf
Wunsch des Vereins ist eine Folgeveranstaltung
geplant.
• Zwei Teilnehmerinnen von MultiMo leisten/leisteten im Rahmen einer Ausbildung ein Praktikum in
der AWO Suchtberatungsstelle ab.
• Andere Einrichtungen vor Ort: Mitarbeit von MultiMo-Teilnehmerinnen sind Ansprechspartner/innen bei Angeboten für Eltern und Kinder mit Migrationshintergrund und bei Informationsveranstaltungen für Eltern zum Thema Bildung und Erziehung.
Weitere Planung
Die Arbeits- und Steuerungsgruppe des Modellprojektes in Monheim am Rhein plant nun die Schulung
von Moderatorinnen (Frauen/Mütter), die selbstständig themenbezogene Treffen für Eltern/Mütter mit
dem Schwerpunkt Gesundheitsförderung und Prävention organisieren werden. Diese Treffen können
in kleinen Gruppen im privaten Umfeld der Moderatorinnen oder in bereits vorhandenen Treffpunkten
durchgeführt werden. Diese sollen Ergänzung zu
professionellen Angeboten und zur Förderung der
Selbstorganisation darstellen.
Projektstandorte und Zuständigkeiten
Projektstandorte und Zuständigkeiten:
Brandenburg:
AWO Kreisverband Potsdam-Mittelmark e.V.
Landesreferat Drogen/Sucht
Potsdamer Str.62
14513 Teltow
Tel.: 0 33 28/33 97 77
Fax: 0 33 28/33 97 76
[email protected]
Ansprechpartnerin:
Viktoria Schneidmüller
Hessen:
AWO Kreisverband Bergstr. e.V.
Jugend- und Drogenberatung PRISMA
Wormser Str. 19
68623 Lampertheim
Tel.: 0 62 06/5 48 00
Fax: 0 62 06/5 96 20
[email protected]
Ansprechpartner: Frank Strassner
Nordrhein-Westfalen:
AWO Kreisverband Mettmann e.V.
Suchtberatung Monheim/Langenfeld
Friedenauerstr.17 a
40789 Monheim
Tel.: 0 21 73/5 07 88
Fax: 0 21 73/5 02 05
[email protected]
Ansprechpartnerin: Doris Heckmann-Jones
Schleswig-Holstein:
AWO Landesverband Schleswig-Holstein e.V.
Jugenhilfe- und Sozialverbund
Drogenhilfe Lübeck
Anonyme Drogenberatungsstelle
An der Wakenitzmauer 176
Tel.: 04 51/7 99 88-0
Fax: 04 51/7 99 88-2 87
[email protected]
Ansprechpartnerin: Isabel Nitz
Projektleitung:
Hedi Boss
AWO Bundesverband e.V.
FB Gesundheit u. Rehabilitation/Senioren
Oppelner Str. 130, 53119 Bonn
Tel.: 02 28/66 85-1 57, Fax: 02 28/66 85-2 09
[email protected]
Praxisbegleitung:
Dr. Talibe Süzen
AWO Bundesverband e.V.
Fachbereich Migration
Oppelner Str. 130
53119 Bonn
Tel.: 02 28/66 85-4 03
Fax: 02 28/66 85-2 09
[email protected]
Maria Krumrey
AWO Bundesverband e.V.
Oppelner Str. 130
53119 Bonn
Tel.: 0 22 46/69 80
Fax: 02 28/66 85-2 09
[email protected]
63
Autorinnen und Autoren
Autorinnen und Autoren:
Arzu Altuḡ:
Landeshauptstadt Hannover
Referat für interkulturelle
Angelegenheiten
Marktstr. 45
30150 Hannover
Tel.: 05 11/1 68-4 28 90
[email protected]
Wolfgang Barth:
AWO Bundesverband e.V.
FB Migration
Tel.: 02 28/66 85-2 49
[email protected]
Susanne Bourgeois:
AWO Bundesverband e.V.
FB Migration
Tel.: 02 28/66 85-2 55
[email protected]
Hedi Boss:
AWO Bundesverband e.V.
FB Gesundheit u.
Rehabilitation/Senioren
Oppelner St.130, 53119 Bonn
Tel.: 02 28/66 85-1 28,
Fax 02 28/66 85-2 09
[email protected]
Dragica Baric-Büdel:
AWO Bundesverband e.V.
FB Migration
Tel.: 02 28/66 85-1 66
[email protected]
Nebehat Eroglu-Schulze:
AWO Kreisverband Solingen e. V.
Lennestr. 7
42697 Solingen
Tel.: 02 12/5 94 99 99
Fax: 02 12/7 91 59
[email protected]
Prof. Dr. Dieter Filsinger:
Katholische Hochschule
für Soziale Arbeit Saarbrücken
Tel.: 06 81/9 71 32-33
[email protected]
www.khsa.de
64
Prof. Dr. Stefan Gaitanides:
Fachhochschule Frankfurt
FB Soziale Arbeit und Gesundheit
Tel.: 0 69/43 40 64
[email protected]
Sabine Handschuck:
Stelle für interkulturelle Arbeit
der Landeshauptstadt München
[email protected]
Tel.: 0 89/2 33-4 06 55
Doris Heckmann-Jones:
AWO Suchtberatung
Monheim/Langenfeld
Friedenauerstr. 17 a
40789 Monheim
Tel.: 0 21 73/5 07 88
Fax: 0 21 73/5 02 05
[email protected]
Helmut Herz:
Arbeiterwohlfahrt
KV Nürnberg e.V.
Karl-Bröger-Str. 9
90459 Nürnberg
Tel.: 09 11/45 06 01-20
09 11/45 06 01-22
[email protected]
Karl-August Schwarthans:
AWO Duisburg e. V
Universitätsstr. 41
47051 Duisburg
Tel.: 02 03/40 00 01 02
Fax: 02 03/40 00 01 19
[email protected]
Steffen Kircher:
AWO Nürnberg:
Gartenstraße 9
90443 Nürnberg
Tel.: 09 11/27 41 40 17
Fax: 09 11/27 41 40 41
E-mail: [email protected]
Web: www.inkutra.de
Hans Dieter Kolb:
AWO Kreisverband Solingen e. V.
Lennestr. 7
42697 Solingen
Tel.: 02 12/5 94 99 99
Fax: 02 12/7 91 59
[email protected]
Hubert Reiss:
Das alte Feuerwehrhaus
Möhringer Str. 56
70199 Stuttgart
Tel.: 07 11/6 49 89 94
Fax: 07 11/6 07 07 32
[email protected]
Gönül Sebibucin:
AWO Kv Göppingen e.V.
Rosenstr. 20
73033 Göppingen
Tel.: 0 71 61/9 61 23 11
Fax: 0 71 61/686000
[email protected]
Annette Schnitzler:
AWO Kreisverband Essen
Pferdemarkt 5
45127 Essen
Tel.: 02 01/18 97-3 60
Fax.:02 01/18 97-1 47
[email protected]
Dr. Talibe Süzen:
AWO Bundesverband e.V.
FB Migration
Tel.: 02 28/66 85-4 03
[email protected]
Moderatorin Marion Baldus:
Gaisbergstrasse 31
69115 Heidelberg
Tel.: 0 62 21/2 81 15
[email protected]
Einige Publikationen der AWO zum Thema „Interkulturelle Öffnung“ und Altenhilfe
Einige Publikationen der AWO zum Thema „Interkulturelle Öffnung“:
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (Hrsg.)
(2002): „Gemeinsam Leben und Lernen“. Interkulturelle Orientierung in Tageseinrichtungen für Kinder.
Dokumentation der 3. bundesweiten Arbeitstagung
für Leiter/-innnen in Tageseinrichtungen für Kinder.
(Schriftenreihe Theorie und Praxis)
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (Hrsg.)
(2003): Interkulturelle Öffnung in Tageseinrichtungen für Kinder der AWO. (Standpunkte)
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (Hrsg.)
(2006): Interkulturelle Öffnung der Suchtberatung.
Ein Leitfaden für die Praxis. (Schriftenreihe Theorie
und Praxis)
Bourgeois, S./Schneider, V. (2002): Die Herausforderung: Interkulturelle Öffnung in Tageseinrichtungen für Kinder. In: TUP 6/2002, S. 421-428
Fischer, R./Hansen, D. (2005): Der QM-Prozess der
Interkulturellen Öffnung. In: TUP 5/2005, S. 36-40
Süzen. T. (2005): Interkulturelle Öffnung im Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung. In: TUP 3/2005,
S. 31-37
HIPPY Deutschland e.V. Kontaktadresse: AWO
Kreisverband Nürnberg. Koordination HIPPY, Philipp-Koerber-Weg 2, 90439 Nürnberg
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (Hrsg.)
(2004): Interkulturelle Orientierung in Tageseinrichtungen für Kinder. Ein Leitfaden für die Praxis (Schriftenreihe Theorie und Praxis)
Altenhilfe:
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (2003 ) (Hrsg.):
Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe
Betreutes Wohnen, Begegnungsstätten", Dokumentation der Arbeitstagung vom 24.-25. Oktober
2002 in Remagen – Rolandseck. Bonn.
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (2005) (Hrsg.):
Interkulturelle Aspekte der Altenpflegeausbildung –
Arbeitshilfe für die Unterrichtspraxis, Bonn 2005.
Baric-Büdel, D. (2005): Interkulturelle Aspekte in der
Altenpflegeausbildung- eine Arbeitshilfe für die
Unterrichtspraxis. In: TUP 5/2005, S. 62-64
Baric-Büdel, D. (2001): Spezifika des Pflegebedarfs
und der Versorgung älterer Migranten – Konzeptentwicklung zur interkulturellen Öffnung des Pflegeversorgungssystems am Beispiel der Stadt Dortmund. In
Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.). Thema 160.
Köln.
Baric-Büdel, D. (2002): Interkulturelle Öffnung der
Altenhilfe – Bedarfsorientierte Konzeptentwicklung
der Stadt Dortmund In Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit, Nr. 2/2002, S. 113 ff.
Kuratorium Deutsche Altershilfe/Arbeitskreis Charta
für eine kultursensible Altenhilfe (Hrsg.): Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe – ein Beitrag
zur interkulturellen Öffnung am Beispiel der Altenpflege. Köln 2002.
Wohlrab, H (2000): Internationaler Pflegedienst (IPD)
Kooperationsmodell der AWO Göppingen. In Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Württemberg e.V.
(Hrsg.) Altenhilfe für ältere Migranten. Dokumentation einer Fachveranstaltung vom 20.10.1999. Stuttgart 2000.emberg e.V. (Hrsg.) Altenhilfe für ältere
Migranten. Dokumentation einer Fachveranstaltung
vom 20.10.1999. Stuttgart.
65
Herunterladen