Die komplette Tagungsmappe

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AUTISMUS
Was gibt es? - Was braucht es?
Vorträge und Präsentationen
29. November 2016, Köln
Inhalte
Begrüßung
Dirk Lewandrowski,
LVR-Dezernent Soziales
Martina Zsack-Möllmann,
Vorsitzende des Sozialausschusses der Landschaftsversammlung Rheinland
Anspruch und Wirklichkeit der Sozialgesetzgebung
Ass. jur. Christian Frese, Geschäftsführer von autismus Deutschland e.V.
Aktueller Forschungsstand (im Hinblick auf Diagnose, Therapie sowie Prognose) und
Konsequenzen für die Praxis
Prof. Dr. Inge Kamp-Becker, Universität Marburg
Was war hilfreich – Was war hinderlich
Ein (Lebens-)Erfahrungsbericht, Konstantin Pieper
Kinder und Jugendliche
„Therapeutische Hilfen für Kinder und Jugendliche mit autistischen Störungen“
Referent: Claus Lechmann, ATZ Köln
Schule, Arbeit, WfbM
„Kein Arbeiten nach Schema „F“ –
die Diversität von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung“
Referentin: Pamela Lamprecht, Integrationsfachdienst, Köln
„Jobcoaching in der Praxis: Der betriebliche Alltag bei dem IT-Dienstleister auticon GmbH“
Referentin: Sabine Koch, Jobcoach, auticon GmbH, Düsseldorf
Wohnen
„Menschen mit Asperger/HFA im Ambulant Betreuten Wohnen“
Referent: Harald Matoni, Autismus-Therapie-Ambulanz, Kempen
„Herausfordernde Verhaltensweisen in einem Wohnheim“
Referent: Michael Laforce, Haus Combüchen, Bergisch Gladbach
Diagnostik und Therapie
„Grundlagen des TEACCH-Ansatzes – ein Fallbeispiel aus dem stationären Setting“
Referentin: Andrea Betzel, HPH-Netz-West
„Multimodale Autismus-Behandlung in Vernetzung und Übergang“
Referentinnen: Prof. Dr. Judith Sinzig, Roswitha Nass, LVR-Klinik Bonn
1
LVR-Dezernat Soziales
Fachtagung „Autismus – Was gibt es? Was braucht es?“
am 29. November 2016 in Köln
Begrüßungsworte Landesrat Herr Lewandrowski
Sehr geehrte Damen und Herren, ohne unhöflich zu sein, möchte ich besonders
noch die Vorsitzende des Sozialauschusses, Frau Zsack-Möllmann, begrüßen, die
nach mir noch einführende Worte sprechen wird.
Ich freue mich sehr, Sie zur heutigen Fachtagung mit dem prägnanten Titel
„Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“ begrüßen zu dürfen. Wie der Titel schon
ausdrückt, ist hehres Ziel der heutigen Veranstaltung demnach nicht nur einen
Überblick über den Status quo an Maßnahmen, Förderungen und sozialen sowie
institutionellen Strukturen und den Stand der Forschung zu erhalten, sondern –
vielleicht weit wichtiger – gemeinsam heraus zu finden, was tatsächlich erforderlich
ist, um auf spezifischen Bedürfnisse dieser Menschen mit Behinderung an Hilfen,
Betreuung usw. im Hinblick auf eine menschenwürdige, gleichberechtigte Teilhabe
einzugehen.
Das schillernde und komplexe Thema Autismus und damit auch die Menschen mit
Autismusspektrumsstörungen rückt aktuell aus unterschiedlichsten Gründen
zunehmend in den gesellschaftlichen Fokus und stellt den LVR und seine Dezernate
vor vielfältige Herausforderungen. Zu dieser Aktualität tragen neue
wissenschaftliche Studien und Forschungen ebenso bei wie die gegenwärtigen
spannenden Diskussionen über das Bundesteilhabegesetz, das sich zurzeit in der
heißen Phase der Gesetzgebung befindet. Man kann nur hoffen, dass das nun
gechmiedete Eisen am Ende den Tragpfeiler für eine gelingende Inklusion von
Menschen mi Behinderungen bildet.
Diese Ausgangslage hat die Landschaftsversammlung Rheinland als politische
Vertretung der kommunalen Körperschaft LVR in einem Antrag für den Haushalt für
2015/2016 aufgegriffen. In seiner Haushaltsrede hat der Vorsitzende der CDUFraktion, Herr Josef Einmal, im April 2015 ausdrücklich darauf hingewiesen, wie
nötig es ist, den unterschiedlichen Bedürfnissen von Menschen mit Autismus
angemessen gerecht zu werden. Die Politik hat hieraus einen Arbeitsauftrag an die
LVR - Landschaftsverband Rheinland
Kennedy-Ufer 2, 50663 Köln
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Internet: www.lvr.de
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Michaela Zimmermann
Dezernat 7 - ohne Ämterauswahl
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Verwaltung auf den Weg gebracht, der nun mit dieser Tagung eine erste
bedeutende Wegmarke erreicht hat.
Die Fachtagung soll zunächst die teils komplexen sozialrechtlichen und
wissenschaftlichen Rahmenbedingungen aufzeigen. Als Jurist und ehemaliger
Sozialrichter bin ich insofern natürlich sehr gespannt, was der Jurist (Ass. jur.) und
Geschäftsführer von „autismus Deutschland e.V.“, Herr Christian Frese, zu seinem
Vortragsthema „Anspruch und Wirklichkeit der Sozialgesetzgebung“ im Einzelnen
juristisch ausführen wird. Ich gehe davon aus, dass er bei seinem Vortrag uns nicht
verschweigen wird, wie sich nach seiner Meinung die voraussichtlich anstehenden
Bestimmungen des Bundesteilhabegesetzes insbesondere auf die
Versorgungssituation von Menschen mit Autismus auswirken.
Ebenso können wir uns freuen auf den Vortrag von Frau Prof. Dr. Inge KampBecker. Sie wird uns anschließend über den aktuellen Forschungsstand berichten
und die Konsequenzen, die sich nach dem Stand der Wissenschaft für die Praxis
ergeben.
Neben diesen erwartungsgemäß sicher anregenden und informativen Vorträgen
wollen wir zusammen in den dezernatsübergreifenden Workshops konkrete
Unterstützungsangebote in zentralen Lebensbereichen unter die professionelle Lupe
nehmen. Dem Tagungstitel entsprechend wird sowohl der Bestand der Angebote
dargestellt als auch der Inhalt und Umfang der erforderlichen künftigen Aufgaben
und Maßnahmen heraus gearbeitet.
An der inhaltlichen Gestaltung der Workshops waren neben unserem Dezernat
Soziales, auch die Dezernate „Jugend“, „Schulen und Integration“ sowie das
Dezernat „Klinikverbund und Verbund Heilpädagogischer Hilfen“ beteiligt. Den
beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Frau Eschweiler, Frau Fischer, Herrn
Mertens und Herrn Dr. Schartmann möchte ich an dieser Stelle für die konstruktive
Zusammenarbeit im Vorfeld der heutigen Fachtagung besonders danken. Und Herrn
Miertz für die organisatorische Gesamtplanung und die inhaltliche Gestaltung der
Tagung.
Ebenfalls gilt mein Dank Herrn Ulrich Sickmann, stellvertretend für den AutismusLandesverband NRW, für die gute fachliche Kooperation bei der Tagungsplanung.
Ein Großteil der Referentinnen und Referenten hat ja mehr oder weniger direkte
Bezüge zum Autismus Bundes- oder Landesverband e.V.. Herr Sickmann, der auch
geschäftsführender Vorstand von „Autismus Köln/Bonn e.V“ ist, wird heute
Nachmittag auch einen der Workshops, und zwar den zum Thema „Wohnen“,
moderieren. Ferner ist der Autismus-Landesverband NRW, wie sie vielleicht schon
gesehen haben, im Foyer mit einem Infotisch vertreten.
Im Foyer steht aber noch ein zweiter Infotisch. Auf Anregung von Frau Daun,
Mitglied im Autismus-Landesverband NRW und als politische Vertreterin im LVR in
zahlreichen politischen Gremien engagiert, können sie sich dort über ein aktuelles
Forschungsprojekt der Technischen Universität Dortmund in Kooperation mit
mehreren Autismus-Therapie-Zentren informieren. Das wegweisende Projekt nennt
sich „ELKASS – Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen:
Anforderungen, Belastungen und Ressourcen“. Es geht, verkürzt gesagt, darum,
inwieweit Eltern und Familien von der pädagogisch-therapeutischen Unterstützung
durch die Autismus-Therapie-Zentren, den sog. ATZs, profitieren. Der Stand wird
von der Projektkoordinatorin Frau Oberfeld betreut, die Ihnen sicherlich
weitergehende Fragen beantworten kann.
Wie sie sehen, versuchen wir mit der heutigen Fachtagung, dem politischen Auftrag,
gerecht zu werden, die rechtlichen und wissenschaftlichen Rahmenbedingungen
aufzuzeigen und in den Workshops auf unterschiedlichste Unterstützungsangebote
für Menschen mit Autismus einzugehen. Das bunte Programm wird angereichert
durch den Vortrag von Herrn Konstantin Pieper, der als Betroffener uns von seinem
bisherigen Lebensweg an bestehenden und fehlenden TeilhabeUnterstützungsangeboten gemäß dem Tagungsmotto „Was gibt es – Was braucht
es?“ erzählen wird.
Die Tagung verspricht, dem Leitmotiv des LVR „Qualität für Menschen“ treu zu
folgen. Dieses Motiv sollte wie ein Leuchtturm für alle Menschen im Rheinland sein
und uns den Weg zeigen, besonders für Menschen mit Autismus eine wirksame und
gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, damit diesen ein inklusives
menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
Ich wünsche uns allen einen arbeitsreichen und erfolgreichen Tag und hoffe, Sie
fühlen sich in unseren schönen Räumen wohl und sind gut versorgt. Ich bin
schließlich sicher, dass von dieser Tagung viele positive Impulse in die breite
Landschaft ausgehen werden. Auf ein Wiedersehen beim LVR.
LVR-Dezernat Soziales
Fachtagung „Autismus – Was gibt es? Was braucht es?“
am 29. November 2016 in Köln
Begrüßungsrede der Vorsitzenden des LVR-Sozialausschusses
Frau Zsack-Möllmann
Sehr geehrte Damen und Herren,
der amerikanische Neurowissenschaftler und Nobelpreisträger Eric Kandel sagt zum
Autismussyndrom, dass es sich in einer Vielfalt von Verhaltensweisen und
Symptomen äußert: „Wenn wir den Autismus verstehen, verstehen wir das Gehirn“.
Eine vielleicht zu optimistische Prognose. Umgekehrt erscheint die Aussage
wahrscheinlicher: wenn wir das Gehirn vollständig verstanden haben, dürften wir
auch endlich den Autismus im Ganzen erkennen. Doch das ist Zukunftsmusik, die
von weiter Ferne nur leise herüber weht.
Wir wissen vielleicht mehr über den Autismus als über das Gehirn, aber heute und
für lange Zeit noch müssen wir uns mit diesen unvollkommenen Erkenntnissen
begnügen und unsere Aufmerksamkeit neben der weiteren Erforschung auch darauf
richten, wie wir die Fragen des Tagungstitel befriedigend beantworten können: Was
steht uns an Angeboten zur Verfügung und was muss angesichts der Bedürfnisse
der Menschen mit Autismus noch angepackt und ausgebaut werden?
Die Angebotslandschaft ist bunt und kaum zu überschauen. Zahlreiche Angebote für
Menschen mit Autismus versuchen die verschiedensten Bedarfe zu decken. Doch die
Lücken in der Versorgungsstruktur sind deutlich erkennbar, selbst wenn oft viele
Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten nicht allen Betroffenen bekannt sind,
geschweige denn die oft verworrenen Zuständigkeitspfade zu den ganz
unterschiedlichen Sozialleistungen und Hilfen der Sozialleistungsträger. Hier
brauchen wir mehr Leuchtsignale und kompetente Lotsen.
Diese mangelhafte Situation hat die Politik auf den Plan gerufen. Gerade
sozialpolitisch Verantwortliche dürfen hier die Hände nicht in den Schoß legen. Im
April 2015 beschloss daher die Landschaftsversammlung Rheinland, dass eine
Fachtagung Autismus organisiert und durchgeführt werden soll. Die Verwaltung
wurde (Zitat): „gebeten, im Rahmen einer Fachtagung ‚Autismus‘ Fragestellungen in
Bezug auf autismusspezifische Maßnahmen sowohl unter fachlichen als auch
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rechtlichen Aspekten aufzuarbeiten und Menschen mit einer Störung aus dem
Autismusspektrum in Bezug auf die Beantragung autismusspezifischer Förderung
eine Orientierung an die Hand zu geben.“
Die Begründung des dem Beschluss zugrunde liegenden politischen Antrags wurde
noch konkreter: Menschen mit einer Störung aus dem Autismusspektrum hätten oft
keine gleichwertigen Chancen, an der Gesellschaft teilzuhaben. Sie seien auf
besondere Ansprüche auf Sozialleistungen nach den Büchern des
Sozialgesetzbuches angewiesen, durch Autismus bedingte Einschränkungen zur
gleichberechtigten Teilhabe zu überwinden.
Bei der hiernach nötigen Aufarbeitung der in Betracht kommenden Möglichkeiten
sollte insbesondere auf Folgende eingegangen werden: Autismusspezifische
Therapieformen, autismusspezifische Unterstützung zur Ermöglichung von
Kindertagesstätten, Schulen, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sowie
autismusspezifische Unterstützung im Rahmen des Betreuten Wohnens und am
Arbeitsplatz, ebenfalls jeweils in Form von Fördermaßnahmen und/oder
Integrationshilfen.
Zum Themenkomplex autismusspezifische Therapieformen stellte die Politik der
Verwaltung weiter die Aufgabe, auf der Tagung den aktuellen Stand der
Wissenschaft in Bezug auf Diagnose, Therapie und Prognose sowie Empfehlungen
für Qualitätsstandards und Leitlinien von Therapien darzustellen. Zudem soll die
rechtliche Abgrenzung von Eingliederungshilfe zur Zuständigkeit der Krankenkassen
erläutert werden. Die Tagung sollte nach den Vorstellungen der Antragsteller zudem
im Zusammenwirken mit den im Rheinland ansässigen Autismusverbänden
durchgeführt werden. In diesen sind Betroffene und Angehörige unter dem Dach des
Bundesverbandes „autismus Deutschland“ und des Landesverbandes „autismus
NRW e.V.“ organisiert und zugleich Träger unterschiedlicher Angebote und
Autismus-Therapie-Zentren. Die ausführliche Begründung der politischen Vorlage
schließt mit der Beschreibung des Tagungsziels: Menschen mit einer Störung aus
dem Autismusspektrum in Bezug auf die Beantragung autismusspezifischer
Maßnahmen eine Orientierung an die Hand geben zu können.
Insgesamt also ein recht sportliches Programm, das im Rahmen einer nur eintägigen
Fachtagung an sich nicht zu bewältigen war. Umso mehr muss ich dem LVR und
seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, dass sie sich diesem Pensum
gestellt und es mit Ausdauer und viel Puste absolviert haben. Sie haben eine
sinnvolle Tagungsstruktur geschaffen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden
skizziert und der aktuelle Forschungsstand erläutert. Herr Konstantin Pieper wird als
Betroffener aus seiner Sicht schildern, was er auf seinem Lebensweg an hilfreichen
Angeboten erlebt hat und was ihm dabei noch gefehlt hat. Deshalb bin ich auf
diesen Vortrag, der über das Recht und die Wissenschaft hinaus geht, sehr gespannt
In den je vier einstündigen Workshops am Nachmittag, die nach viertelstündiger
Pause wiederholt werden, so dass jeder die Möglichkeit hat, an zwei Workshops
teilzunehmen, geht es um konkrete Hilfsangebote für autistische Menschen aus den
Bereichen: erstens therapeutische Hilfen für Kinder und Jugendliche, zweitens
Diversität und Jobcoaching in der Arbeitswelt, drittens Besonderheiten im Ambulant
Betreuten Wohnen und herausfordernde Verhaltensweisen in einem Wohnheim und
schließlich viertens das sog. TEACCH-Konzept und die multimodale AutismusBehandlung in Vernetzung und Übergang. Für alle Workshops konnten namenhafte
Referentinnen gewonnen werden, für deren Bereitschaft, sich an der Tagung
engagiert zu beteiligen, möchte ich mich jetzt schon bedanken.
Die heutige Veranstaltung befindet sich in guter Gesellschaft und Tradition. Der LVR
kann auf eine langjährige Reihe verschiedener Fachtagungen verweisen, die sich
Menschen mit Autismus und ihren spezifischen Hilfebedarfen gewidmet haben. So
setzte sich die Fachtagung mit dem Titel „Den Alltag bewältigen!“ schon im
September 2008 mit Unterstützungsangeboten für Menschen mit Autismus
auseinander. Zuletzt fand im März 2015 hier eine erfolgreiche Fachtagung zum
Thema Autismus und Beruf unter dem heiteren Titel „Von Marsmenschen und
Menschenwürde“ statt.
Die Reihe wird mit der heutigen Fachtagung, die ich nun nicht mehr durch einen
noch längeren Vortrag hinaus zögern möchte, fortgesetzt. Der Faden muss auch in
Zukunft weiter gesponnen werden. Das Gewebe unserer Erkenntnisse und
Erfahrungen ist seit 1911, dem Jahr in dem der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler,
den Begriff des Autismus einführte mit der Beschreibung, das in diesem Zustand
„das Denken sowohl von der Logik als auch der Realität geschieden ist“ schon sehr
viel tragfähiger geworden. Das so gewebte gemeinsame Netz der Inklusion, das uns
mit den Menschen mit Autismus verbindet, muss aber stetig weiter wachsen und
noch viel dichter werden. Dazu soll und wird diese Tagung hoffentlich einen
wertvollen Beitrag leisten. Ich wünsche Ihnen allen einen interessanten, lehreichen
Tagungstag mit vielen guten Vorträgen und Gesprächen und gutes Gelingen! Auf
Wiedersehen.
Fachtag Autismus des LVR
– Was gibt es – Was braucht es ?
am 29.11.2016 in Köln
Anspruch und Wirklichkeit der
Sozialgesetzgebung
Ass. jur. Christian Frese, Geschäftsführer
e.V.
Deutschland
Sozialgesetzgebung
Autismustherapie nach den Leitlinien von autismus Deutschland
e.V.
• multimodale und multiprofessionelle Therapie
• d.h. unter Einbeziehung verschiedener Methoden und
Berufsgruppen
• die von einem spezialisierten Autismus-Therapie-Zentrum erbracht
wird
Sozialgesetzgebung
Berufsgruppen können sein:
•
•
•
•
•
•
•
•
Diplom-Psychologinnen/en
Diplom-Pädagoginnen/en
Diplom-Heilpädagoginnen/en
Sonderpädagoginnen/en
Diplom-Sozialpädagoginnen/en
Diplom-Sozialarbeiterinnen/en
vergleichbare Masterabschlüsse der genannten Berufsgruppen
Bachelorabschlüsse kommen nur infrage bei entsprechender
Berufserfahrung und Weiterqualifikation
• Fachkräfte mit weiteren therapeutischen Qualifikationen, z.B. in
Kunst- oder Musiktherapie
Sozialgesetzgebung
Multimodalität
Verhaltenstherapie spielt eine erhebliche Rolle, aber nicht die einzige.
Auch andere Therapieaspekte sind wichtig, je nachdem, was dem
Klienten hilft: z.B. Kunsttherapie, Musiktherapie
Wichtig: Einbeziehung der Eltern, Angehörigen und anderer
Kooperationspartner bzw. Institutionen in den Therapieprozess im
Sinne einer Umfeldarbeit
Sozialgesetzgebung
Autismus-Spektrum-Störungen sind in der (derzeit gültigen) ICD 10
(Internationale Klassifikation von Krankheiten) in den Ziffern F 84.0,
84.1 und 84.5 genannt
zugleich eine Behinderung i.S.d. § 2 SGB IX bzw. § 35 a SGB VIII,
d.h. Beeinträchtigung der Teilhabe
Ziel der Autismustherapie ist gemäß Aufgabe der Eingliederungshilfe
§§ 53, 54 SGB XII (körperlich, geistig oder mehrfachbehindert)
bzw. § 35 a SGB VIII (nur seelisch behindert)
Eingliederung in die Gesellschaft entsprechend der jeweiligen
Lebensaltersstufe
Es geht um die Milderung der Folgen der Behinderung Autismus
Sozialgesetzgebung
§ 2 SGB IX Behinderung
(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige
Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit
länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen
Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn
die Beeinträchtigung zu erwarten ist
Sozialgesetzgebung
Feststellung der Behinderung nach der Versorgungsmedizinverordnung in Bezug auf Menschen mit Autismus
Voraussetzung: Diagnose nach ICD 10-GM Version 2011
Feststellung des GdS (Grad der Schädigungsfolgen) bzw. GdB
(Grad der Behinderung) bei Menschen mit Autismus:
ohne soziale Anpassungsschwierigkeiten: GdS 10 – 20 (Problem: diese
Personengruppe ist bisher quasi unbekannt)
mit leichten sozialen Anpassungsschwierigkeiten: GdS 30 - 40
mit mittleren sozialen Anpassungsschwierigkeiten (z.B.
Integrationshelfer notwendig): GdS 50 – 70
mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten: GdS 80 - 100
Problem
Die Anwendung in der Verwaltungspraxis ist sehr
uneinheitlich, da die Verordnung keine präzisen Anhaltspunkte enthält.
Sozialgesetzgebung
§ 53 SGB XII Leistungsberechtigte und Aufgabe
(1) Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz
1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der
Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen
wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten Leistungen der
Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des
Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung,
Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt
werden kann………….
(3) Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende
Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu
beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die
Gesellschaft einzugliedern………….
Sozialgesetzgebung
§ 54 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe
(1) Leistungen der Eingliederungshilfe sind neben den Leistungen nach
den §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere
1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im
Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender
Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen
über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen
Schulpflicht bleiben unberührt,
2. Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf
einschließlich des Besuchs einer Hochschule,
3. Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit,
4. ………..
5…………
Sozialgesetzgebung
„insbesondere“…………
Offener Leistungskatalog !
auch Maßnahmen, die nicht ausdrücklich genannt sind, sind von der
Eingliederungshilfe zu finanzieren, solange und soweit Aussicht
besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden
kann.
Sozialgesetzgebung
Rechtsgrundlagen für Autismustherapie, bezogen auf die gesamte
Lebensaltersspanne
• im Vorschulalter als Hilfe zur Teilhabe am Leben in der
Gemeinschaft, § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. i.V.m. §
35 a Abs. 3 SGB VIII
• im Schulalter als Hilfe zur angemessenen Schulbildung, § 54 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 SGB XII bzw. i.V.m. § 35 a Abs. 3 SGB VIII
• als Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf
einschließlich des Besuchs einer Hochschule, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 SGB XII bzw. i.V.m. § 35 a Abs. 3, 41 SGB VIII
• im Erwachsenenalter häufig als Hilfe zur Teilhabe am Leben in der
Gemeinschaft, § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX
• im Erwachsenenalter in bestimmten Fällen auch als Hilfe zur
Teilhabe am Arbeitsleben, § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 33 SGB IX
Rechtliche Grundlagen der Autismustherapie
Dauer und Frequenz einer Autismustherapie ?
§ 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX, § 53 Abs. 1 SGB XII: wesentliche
Teilhabebeeinträchtigung ………….wenn und solange Aussicht
besteht……nach Art und Schwere der Behinderung……..dass die
Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann
§ 35 a Abs. 1 S.1 SGB VIII seelisch behinderte Kinder oder
Jugendliche (bzw. junge Volljährige i.V.m. § 41 SGB VIII) haben
Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ………ihre Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche
Beeinträchtigung zu erwarten ist.
solange und soweit das Ziel der Eingliederung in die Gesellschaft in
Form von konkreten Therapie- und Förderzielen erreicht werden
kann
der Hilfebedarf muss in jedem Einzelfall geprüft werden
also keine schematische Begrenzung der Therapiedauer und
-frequenz
Sozialgesetzgebung
Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.09.2009, Az. S 12 SO
1819/06
„Die gesetzlichen Krankenkassen sind aufgrund der Unheilbarkeit
autistischer Störungen nicht für eine Autismustherapie zuständig.
Selbst wenn sich im Rahmen der Autismustherapie Anteile von
Krankenbehandlung finden lassen würden, sind diese lediglich
untergeordneter Natur und begründen keine Leistungspflicht der
Krankenkassen.“
Sozialgesetzgebung
Von einer Autismustherapie als Leistung der Eingliederungshilfe sind
abzugrenzen:
a) Komplexleistungen in der Frühförderung nach § 56 Abs. 2 i.V.m. §
30 SGB IX (maximal bis zur Einschulung)
medizinische Leistungen zur Frühförderung werden zusammen mit
heilpädagogischen Leistungen von einer Einrichtung erbracht
Interdisziplinäre Frühförderstellen oder Sozialpädiatrische Zentren
Einzelheiten: Frühförderverordnung
Diese Einrichtungen sind i.d.R. nicht spezialisiert auf Kinder mit
Autismus
baldige Überleitung an ein Autismus-Therapie-Zentrum
wünschenswert, sofern in räumlicher Nähe vorhanden
Sozialgesetzgebung
b) nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen für Kinder (§ 43 a
SGB V)
psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen
unter ärztlicher Verantwortung
c) Heilmittel nach dem SGB V, z.B. Logopädie und Ergotherapie
z.T. gute Spezialisierung auf Menschen mit Autismus vorhanden, aber
im Rahmen der Heilmittelerbringung keine Interdisziplinarität und
Multimodalität
Sozialgesetzgebung
d) Heilbehandlungen für sekundäre oder komorbide Störungen, z.B.
Psychotherapie bei einer Depression, vor allem im Erwachsenenalter
e) psychiatrische Leistungen (SGB V): ambulant, teilstationär oder
stationär
ambulante sozialpsychiatrische Leistungen
ambulante Sprechstunden und ambulante Therapien für Menschen
mit Autismus, aber keine flächendeckende Versorgung
teilstationäre und stationäre Aufenthalte in Krisensituationen
Sozialgesetzgebung
Autismustherapie (Eingliederungshilfe) versus Psychotherapie
(SGB V) ?
kein sich ausschließender Gegensatz, es kommt im Übrigen auf die
rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen an
Psychotherapie kann hilfreich sein für Klienten mit Autismus, wenn die
Diagnose bekannt ist und die Bedingungen der Autismus-SpektrumStörung in die Therapieplanung fachlich fundiert einbezogen werden.
Wenn Sekundärsymptome oder komorbide Störungen, die einen
Krankheitswert haben, behandelt werden, z.B. Tics, Zwänge,
Angststörungen, Depressionen, verbessert sich damit auch die
Lebenssituation des Klienten insgesamt.
Sozialgesetzgebung
Psychotherapie als Leistung der Gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) gemäß Psychotherapie-Richtlinie des
Gemeinsamen Bundesausschusses
Psychotherapie kann im Rahmen dieser Richtlinie erbracht werden,
soweit und solange eine seelische Krankheit vorliegt……….(§ 1 Abs. 1)
Sozialgesetzgebung
Psychotherapie ist keine Leistung der GKV und gehört nicht zur
vertragsärztlichen Versorgung, wenn sie nicht dazu dient, eine
Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten
oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dies gilt ebenso für
Maßnahmen, die ausschließlich zur beruflichen Anpassung oder zur
Berufsförderung bestimmt sind, für Erziehungsberatung,
Sexualberatung, körperbezogene Therapieverfahren, darstellende
Gestaltungstherapie sowie heilpädagogische oder ähnliche
Maßnahmen (§ 1 Abs. 2).
Psychotherapie ist als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, wenn sie nicht der Heilung oder
Besserung einer seelischen Krankheit, sondern allein der beruflichen
oder sozialen Anpassung oder der beruflichen oder schulischen
Förderung dient (§ 22 Abs. 3 Nr. 2).
Sozialgesetzgebung
Die spezielle Autismustherapie in einem Autismus-Therapie-Zentrum
i.S.d. Eingliederungshilfe ist eine Leistung zur Eingliederung in die
Gesellschaft
dafür ist die gesetzliche Krankenversicherung nicht zuständig,
sondern demgegenüber für die Krankenbehandlung, § 27 SGB V (u. A.
Psychotherapie).
Nachrang der Eingliederungshilfe, § 2 SGB XII ?
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer …………………..die erforderliche
Leistung von ……………..Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
greift nicht, weil es sich um unterschiedliche Tatbestände handelt.
Sozialgesetzgebung
Menschen mit Autismus haben im Sinne dieser Definitionen bei
Vorliegen der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen also ein Wahlrecht
zwischen Autismustherapie und Psychotherapie !
Sozialgesetzgebung
Ergänzende Schulhilfen
für Schüler mit Autismus sind von der Eingliederungshilfe nach
• § 54 Abs. 1 S.1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EingliederungshilfeVO)
• bzw. § 35 a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 S.1 Nr. 1 SGB XII
zu finanzieren
ambulante Autismustherapie als außerschulische Hilfe
Schulbegleitung
Beide Maßnahmen sind nebeneinander zu gewähren, sofern die
jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.
Es gibt keine gesetzlich normierte quantitative Obergrenze.
Sozialgesetzgebung
§ 12 EingliederungshilfeVO Nr. 1
Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII umfasst auch heilpädagogische sowie sonstige
Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und
Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind,
dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der
allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern
Maßstab für heilpädagogische Maßnahmen ist nicht eine allgemeine
ärztliche oder fachliche Erkenntnis, sondern die individuell zu
bestimmende Aussicht auf Erfolg
das gilt auch für die ambulante
Autismustherapie
Sozialgesetzgebung
Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom
23.10.2013, Az. L 8 SO 241/13 B ER zu „Autismustherapie und
Schule“
• dass der Antragsteller infolge der ambulanten Autismus-Therapie
Erfolge in seiner Entwicklung erzielt hat, die auch dem Schulbesuch
zugutekommen werden
• grundlegende Fähigkeiten der Kommunikation und sozialen
Interaktionen zu entwickeln als Voraussetzung dafür, dass der
Antragsteller sich seiner Umwelt zuwenden könne und somit
schulisches Lernen überhaupt möglich werde
• Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen der Antragsteller ein auf
ihn abgestimmtes Lernangebot erhalte und kognitive Potenziale
erkannt und genutzt werden können.
Sozialgesetzgebung
Autismustherapie als Teilhabe am Arbeitsleben
Landessozialgericht im Saarland, Berufungsurteil vom 15.09.2015, Az.
L 6 AL 8/14; Urteil des Sozialgerichts vom 17. Februar 2014, Az. S 26
AL 173/11
Kostenübernahme für eine ambulante Autismustherapie in einem
Autismus-Therapie-Zentrum nach § 54 Abs.1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 33
SGB IX als Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben
§ 33 SGB IX umfasst Leistungen zur Erhaltung, Verbesserung,
Herstellung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
Sozialgesetzgebung
hier konkret § 33 Abs. 6 SGB IX: medizinische, psychologische und
pädagogische Hilfen, vor allem
-Hilfe bei der Behinderungsverarbeitung
-Aktivierung von Selbsthilfepotentialen
-Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen
Kompetenz
-Training lebenspraktischer Fähigkeiten
Sozialgesetzgebung
Zwischenfazit:
Anspruch:
vollständige Teilhabe von Menschen mit Autismus an der Gesellschaft
durch die Autismustherapie und andere autismusspezifische
Fördermaßnahmen
Sozialgesetzgebung
Wirklichkeit der Sozialgesetzgebung:
Offene Leistungskataloge im SGB XII und SGB IX
(….insbesondere…), die eine weitreichende Subsumtion von
Autismustherapie und anderen autismusspezifischen Fördermaßnahmen ermöglichen
Zum Schließen von Auslegungslücken, zur Konkretisierung
unbestimmter Rechtsbegriffe („angemessen“) bzw. zur
Ausgestaltung des Wunsch- und Wahlrechts (§ 9 SGB IX) kann (und
muss) die UN-Behindertenrechtskonvention herangezogen werden
aber etliche unsystematische Regelungsbereiche, z.B. bei der
Kostenheranziehung im SGB VIII und SGB XII
Sozialgesetzgebung
Wirklichkeit in der Bewilligungspraxis der Träger der
Eingliederungshilfe:
Unterschiedliche Qualität in der Befassung mit der Autismus-SpektrumStörung und dem Erkennen bzw. der Ermittlung des konkreten
Eingliederungshilfebedarfs
einige gut begründete Bescheide
viele oberflächlich begründete Bescheide
Ablehnende Bescheide häufig nicht nachvollziehbar
„Spielen auf Zeit“: Bewilligungen werden hinausgezögert und
vermeintlich „notwendige“ Mitwirkungshandlungen des
Antragstellers erst nach und nach angefordert
Sozialgesetzgebung
Effektivität von Rechtsschutzmaßnahmen:
neben dem Widerspruchs- und Klageverfahren (als
Hauptsacheverfahren recht langwierig) sind als effektive Maßnahmen
zu nennen
Selbstbeschaffung, § 15 Abs.1 Satz 5 i. V. m. § 15 Abs.1 Satz 4 SGB
IX bzw. § 36 a Abs. 3 SGB VIII im Falle einer Unaufschiebbarkeit bzw.
durch Bescheid zu Unrecht abgelehnten Leistung (spezielle
Regelungen für Träger der Sozialhilfe bzw. Jugendhilfe)
Einstweilige Anordnung nach § 86 b SGG
Die gerichtlichen Entscheidungen haben in aller Regel eine gute und
ausführliche Begründung
Erfolgsquote für Menschen mit Autismus
und ihre Angehörigen vor den Verwaltungs- und Sozialgerichten
mind. 2/3
Sozialgesetzgebung
Das geplante Bundesteilhabegesetz (BTHG)
Aktueller Stand: Entwurf der Bundesregierung vom 28.06.2016 ist die
gegenwärtige Diskussionsgrundlage
Neben anderen Verbänden setzt sich
Deutschland e.V. für
Nachbesserungen beim geplanten Bundesteilhabegesetz ein.
am 18. August 2016 in Form einer Online-Petition bei change.org
(über 20.000 Unterzeichner)
Sozialgesetzgebung
Die Online-Petition im Wortlaut:
• Es darf keinesfalls einen Wegfall von Leistungen geben. Auch bei
Vorliegen nur eines ICF-Items muss ein Anspruch auf
Eingliederungshilfe gegeben sein. Eine Leistungsgewährung nur nach
„Ermessen“ reicht nicht aus, wenn in weniger als fünf bzw. drei
Lebensbereichen nach ICF Einschränkungen vorliegen. Die
Eingliederungshilfe muss zwingend das „Auffangnetz“ für alle
Menschen mit Behinderungen sein.
• Das BTHG muss alle Menschen umfassen, die körperliche, seelische,
geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben.
• Nicht nur eine personelle Unterstützung durch eine anwesende
Person, sondern auch eine weitergehende therapeutische
Unterstützung muss eine notwendige Leistung im Sinne der
Eingliederungshilfe sein. Das ist für Menschen mit Autismus
außerordentlich wichtig.
Sozialgesetzgebung
• Das Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung muss
entfallen. Auch Personen mit hohem Unterstützungsbedarf sollen
arbeiten dürfen!
• Der Einsatz von Einkommen und Vermögen muss vollständig
entfallen! Die geplante Anhebung der Heranziehungsgrenzen beseitigt
nicht die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen.
Menschen, die trotz ihrer Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt
Fuß fassen können, müssen motiviert sein, dies auch anzustreben.
• Menschen mit Behinderungen dürfen nicht wegen ihres
Unterstützungsbedarfs auf Pflegeeinrichtungen abgeschoben werden,
wenn sie alleine und mit ambulanter Unterstützung ein freieres Leben
führen können, nur weil ein Heim eventuell kostengünstiger ist.
Sozialgesetzgebung
Weiteres parlamentatarisches Verfahren
• Stellungnahme des Bundesrates vom 23.09.2016 mit insgesamt 96
Änderungsanträgen
• Gegenäußerung der Bundesregierung vom 12.10.2016
-zu 22 Punkten Zustimmung
-zu 23 Punkten Prüfung
-zu 52 Punkten Ablehnung
-zu 3 Punkten Erledigung, da Prüfaufträge
• 30.11. 2016
abschließende Befassung im Bundestagsausschuss
für Arbeit und Soziales
• 01.12.2016
2. und 3. Lesung im Bundestag
• 16.12.2016
Letzter Durchgang im Bundesrat
entweder
Zustimmung oder Anrufung des Vermittlungsausschusses
Sozialgesetzgebung
Fazit:
Es steht zu befürchten, dass das BTHG (neben punktuellen
Verbesserungen) allerdings auch Verschlechterungen für Menschen mit
Autismus beinhalten wird.
Genaueres wissen wir aber erst, wenn das Gesetz in seiner
endgültigen Fassung vorliegt.
Auch bleibt abzuwarten, welche Fragen sich aus dem BTHG für die
künftige Rechtsprechung ergeben werden.
Sozialgesetzgebung
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit !
05.12.2016
Diagnose = Klassifizierung von klinisch
relevanten Symptomen/ Beeinträchtigungen zu
einer Kategorie (z.B. nach ICD oder DSM)
Sinn und Zweck von Diagnosen
Aktueller Forschungsstand (im Hinblick auf
Diagnose, Therapie sowie Prognose) und
Konsequenzen für die Praxis
Prof. Dr. I. Kamp-Becker
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Psychosomatik und Psychotherapie, PhilippsUniversität, Marburg
www.asd-net.de
• deskriptive diagnostische Kategorien schaffen
• klinische Phänomene in ihrer Komplexität zu reduzieren
• Grundlage für die Indikationsstellung und Einleitung von
Behandlungsmaßnahmen sowie Überprüfung des Therapieerfolges
• kurz- wie langfristige Prognosen ermöglichen
• Basis für Kostenabrechnung (!)
• Patientengruppen in Therapie- und Verlaufsstudien charakterisieren
• Grundlage für empirischer Untersuchungen von Ätiologie und Verläufen und
für die Entwicklung, Dokumentation und Überprüfung therapeutischer
Interventionen
• Keine Klassifikation von Individuen, sondern von Störungen, die bei Personen
vorliegen!
Tagung LVR 29.11.2016
Historisches zum DSM: Autism
• DSM-I (1952) & DSM-II (1968): Keine Nennung “Autism” oder
“Pervasive Developmental Disorder”, ähnlíchster Begriff:
“Schizophrenic Reaction (Childhood Type)”
• DSM-III (1980): Pervasive Developmental Disorders (PDD):
Childhood Onset PDD, Infantile Autism, Atypical Autism
• DSM-III-R (1987): PDD-NOS, Autistic Disorder
• DSM-IV (1994): Asperger Disorder, Childhood Disintegrative
Disorder, Rett syndrome
• DSM-IV-TR (2000): Text Korrekturen für PDD-NOS
Pervasive Developmental Disorders
Klassifikation DSM-IV
299.0
299.10
299.80
Autistic Disorder
Childhood Disintegrative Disorder
Pervasive Developmental Disorders not other
specified
„category should be used where there is a severe and
pervasive impairment of reciprocal social interaction or
verbal and nonverbal communication skills, or when
stereotyped behavior, interests, and activities are
present” (DSM-IV, p 77).
299.80 Rett´s Disorder
299.80 Asperger´s Disorder
1
05.12.2016
Pervasive Developmental Disorders not
other specified
97% der Probanden mit PDD-NOS zeigen keine repetitiven, stereotypen
Verhaltensweisen Mandy et al. 2011; s.a.Walker et al. 2004
Sehr geringe Interrater-Reliabilität - selbst unter Experten (0.18)!
Mandy et al. 2011
Sensitivität =.98, Sepzifität=. 26
Volkmar et al., 2000
Stabilität der Diagnose insbesondere bei jüngeren Kindern fraglich
Berry 2009; Helt et al. 2008; Lord
et al. 2006 Rondeau et al. 2011; van Daalen et al.,, 2009; Woolfenden et al., 2012; Brennan et al., 2015
Mehr allgemeine Verhaltensprobleme, geringere Intensität der ASDSymptomatik
Greaves-Lord et al., 2013
Diagnostische Validität der Kategorie
PDD-NOS
• Deutliche Zunahme der Prävalenz-Angaben, begründet durch
– Ausweitung der diagnostischen Kriterien, insbesondere PDDNOS siehe auch DSM-5, p. 16
– Deutliche Präsenz von ASD in den Medien und im Bewusstsein
von Klinikern und Wissenschaftlern
– Zugang zu Hilfesystemen
• Deutlich eingeschränkte Validität der Diagnose PDD-NOS oder
anderer „Restkategorien“!
– Vorhandensein von repetitiven, stereotypen Verhaltensweisen
erhöht die Abgrenzbarkeit/Spezifität der Diagnose Kim & Lord,
2010; Le Couteur et al., 2008; McChonachie et al., 2005
→ Ziel DSM-5: Erhöhung der Spezifität der Diagnose ohne
Sensitivität zu gefährden
Unterscheidung der Subtypen
Tiefgreifende Entwicklungsstörungen
Klassifikation ICD 10
F 84.0
Frühkindlicher Autismus
F 84.1
Atypischer Autismus
F 84.2
Rett-Syndrom
F 84.3
Desintegrative Störungen des Kindesalters
F 84.4
überaktive Störung mit Intelligenzminderung und
Bewegungsstereotypien
F 84.5
Asperger-Syndrom
F 84.8
sonstige
F 84.9
nicht näher bezeichnete tiefgreifende
Entwicklungsstörung
Kategorialer Ansatz im ICD-10 und DSM-IV
•
•
•
eng definierte diagnostische Kategorien, hohe Spezifität!
Annahme der Diskontinuität zwischen den einzelnen Störungen
Annahme der diagnostischen Homogenität trotz Überlappung von Symptomen
Frühkindl.
Autismus
AspergerSyndrom
PDD-NOS/Atypischer
Autismus
2
05.12.2016
Unterscheidung der Subtypen
Empirische Daten
• Viele Studien konnten keine qualitativen Unterschiede zwischen den
Subtypen identifizieren
Bennett et al., 2008; Cederlund et al. 2008; Kamp-Becker et al., 2010; Klin & Volkmar 2003; Leekam
et al. 2000; Mayes et al. 2001; Miller & Ozonoff 2000; Sanders 2009; South et al., 2005; WoodburySmith et al., 2005; Szatmari et al. 2009
Unterscheidung der Subtypen
Klinische Daten
Unterscheidung der Subtypen
DSM-5
→ Ziele DSM-5
– DSM-5 entsprechend der empirischen Evidenz
• Aufgabe der Subtypen! Autismus-Spektrum-Störung
(Singular!)
– Erhöhung der „Validität und klinischen Nützlichkeit“ DSM-5, p 17
• Nur geringe Übereinstimmung hinsichtlich der Differenzierung:
Autismus, PDD-NOS oder Asperger Syndrom auch unter Experten
(Kappa 0.31) Lord et al., 2012; Williams et al., 2008
• Kriterien für Diagnose waren: „idiosyncratic and complex“ Lord et al., 2012,
p. 313
Untersuchungen zur taxometrischen
Struktur der ASD
Die taxometrische Struktur der ASD:
Hybrid Modell
•
•
•
Resting-state functional magnetic resonance imaging data sets
90 Jungen mit ASD und 95 “typically developing boys”
Bestätigung des Hybrid-Modells
• 14.744 Geschwister (2 bis 18 Jahre alt) wurden untersucht
– 8.911 ASD (82 % Jungen)
– 5.863 non-ASD (broader autism phenotype, andere Diagnosen)
• Untersuchungsinstrumente: SRS und FSK
• Auswertung: latente Variablen Modell
• Ergebnis: Hybrid Modell, kategoriale Unterscheidung
– Einzelne Symptome in der Allgemeinbevölkerung und auch bei
anderen Störungen
– ASD: Symptomatik variiert in der Intensität
Frazier et al., 2010; 2012
Elton et al., Biological Psychiatry,
2016
3
05.12.2016
Dimensional oder kategorial?
Kategoriale Diagnosen!
Anzahl der definierten Bereiche
→ Ziel: DSM-5 entsprechend der empirischen Evidenz
= zwei Bereiche
→ Ziele DSM-5
– Kategoriale Diagnosen bleiben weiter bestehen, da „es
wissenschaftlich verfrüht ist, derartige alternative Definitionen
für viele Störungen einzuführen“ DSM-5, p 18
– „Neugruppierung von verwandten Störungen innerhalb der
bestehenden kategorialen Ordnung“ DSM-5, p 17
Störung der
sozialen
Kommunikation
• Gemeinsame neuronale Korrelate, familiäre Aggregation, genetische Risikofaktoren,
spezifische umweltbezogene Risikofaktoren, Biomarker, dem Störungsbeginn
vorausgehende Temperamentsmerkmale, Auffälligkeiten der emotionalen und
kognitiven Informationsverarbeitung, Ähnlichkeit des Symptombildes,
Krankheitsverlauf, Komorbiditätsmuster, gemeinsames Ansprechen auf Therapien
Autismus
Begrenzte
Interessen &
stereotype
Verhaltensmuster
auch:
Sprachauffälligkeiten
(Echolalie, stereotyper
Sprachgebrauch,
verbale Rituale)
• „Neurodevelopmental
Disorders / Störungen der neuronalen und
mentalen Entwicklung
Konsequenz für die Praxis
Abgrenzbarkeit zu anderen Störungen möglich und notwendig –
wenngleich manchmal nicht einfach….
Constantino et al., 2004; Frazier et al., 2008, Georgiades et al., 2013;
Gotham et al., 2007; Kamp-Becker, et al., 2009; Lecavalier et al., 2006;
Mandy et al., 2012
Beginn der Störung
Beginn der Störung
(age of onset ≠ age of recognition)
• Kein Zweifel an der empirisch gesicherten Erkenntnis, dass ASD eine
Störung ist, deren Beginn bereits im zweiten Lebensjahr oder früher zu
beobachten ist.
Ellis Weismer et al., 2010; Guthrie et al., 2013; Landa et al., 2006; Messinger et
al., 2013; Mitchell et al., 2006; Lord et al., 2012; Ozonoff et al., 2011, 2014;
Warren & Jones, 2013; Zwaigenbaum et al., 2005; Constantino & Charman,
The Lancet, 2016
• erste Sorge der Eltern von Kindern mit autistischen Störungen
schon im Alter von 12 bis 18 Monaten
Fombonne, 2009; Howlin & Asgharian, 1999; Zwaigenbaum et al., 2009; Chawarska, et al., 2007
• Diagnosestellung kann aus verschiedenen Gründen erst später erfolgen
– Ethnizität und sozioökonomischer Status
– Zugang zu angemessener Versorgung/Diagnosemöglichkeiten
– Sprachhindernisse
– Regionale Versorgung
• Faktoren, die zu einer frühen diagnostischen Untersuchung führen:
•
•
•
•
niedrige Intelligenz
männliches Geschlecht
Rückschritte in der Entwicklung
Sprachentwicklungsverzögerung
Shattuck et al., 2009; Wolf 2013; Lord & Bishop 2015; Richards et al., 2016
4
05.12.2016
Beginn der Störung
• Das Vorliegen von Sprachentwicklungsverzögerungen ist kein spezifisches
Kennzeichen von ASD und differenziert nicht zwischen Subtypen von ASD
• Retrospektive Elterngaben bezüglich Sprachbeginn, sozialer Fertigkeiten
sowie Regression in der Entwicklung nicht valide Hus et al., 2011; Jones et al., 2014;
Ozonoff et al., 2011
• Elternangaben zu sozial-kommunikativen Fertigkeiten werden beeinflusst
durch Sprachniveau, IQ und allgemeine Verhaltensprobleme der Kinder Charman
et al., 2007 Hus et al., 2011, 2013; Hus & Lord 2014; Jones et al., 2014; Ozonoff et al., 2011
Ziele DSM-5:
– Störungsbeginn liegt in der frühen Kindheit, aber age of onset ≠
age of recognition
– Es muss sichergestellt werden, dass Störungsbeginn in der frühen
Kindheit liegt
– Informationen sollten auf mehreren Informationsquellen beruhen,
einschließlich klinischer Beobachtungen
s.a. Nice Guidelines, 2011, S3 Leitlinien Autismus
Hohe Heterogenität von autistischen
Störungen: Prognose
Verlauf/Outcome insgesamt
• Intelligenz, insbesondere Verbal-IQ
• Sprachfähigkeit im Alter von 6 Jahren
• Schwere der Symptomatik
• komorbide Störungen
Kamp-Becker et al., 2009; Taylor et al., 2009; Kjellmer et al., 2012; Gotham et
al. 2012; Fountain et al., 2012;Strauss et al., 2013; Magiati et al., 2014;
Vivanti et al., 2014; Lord et al., 2015; Gillberg et.al., 2016
Konsequenz für die Praxis: Sprachliche Förderung bei jüngeren
Kindern zentral
Hohe Heterogenität von autistischen
Störungen: Symptomatik
• Symptomatik unterscheidet sich hinsichtlich
– Alter
– Entwicklungsstand
• Beispiele
– Keine Reaktion auf Rufen des Namens oder fehlendes oder verringertes
Verfolgen der Blickrichtung einer anderen Person
Sind bei jüngeren Kindern relevante Symptome, nicht jedoch bei älteren
Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen
– Keine Freundschaftlichen Beziehungen
Ist bei Schulkindern und Erwachsenen ein relevantes Symptom, nicht jedoch
bei jüngeren Kindern
• Geschlecht
• kultureller Hintergrund
→ Ziel DSM-5: umfassendere Kriterien definieren
Hohe Heterogenität von autistischen
Störungen: verschiedene Phänotypen
Befunde bei sehr spät diagnostizierter ASD
• Validität der Diagnose „spät diagnostizierte ASD“ unklar, da
Abgrenzbarkeit zu anderen psychiatrischen Störungen (insbesondere
Persönlichkeitsstörungen, Depression, soziale Phobie u.v.a.)
schwierig
• Selbstbeurteilungsinstrumente in der differentialdiagnostischen
Einschätzung nicht geeignet!
Bishop & Seltzer 2012; Brugha et al. 2012; Geurts et al., 2016; Lehnhardt et
al. 2013; ; Matsuo et al., 2015; Nishiyama et al., 2014; Sizoo et al., 2015;
Strunz et al., 2014, 2015
Verschiedene Genotypen /Phänotypen (?) Eapen et al., 2013, Lord et
al., 2015
5
05.12.2016
Hohe Heterogenität von autistischen
Störungen: verschiedene Phänotypen
Hohe Heterogenität von autistischen
Störungen: Schweregrad
• Unterschiede zwischen „früh diagnostizierte“ ASD und „sehr spät
diagnostizierte“ ASD bisher wenig untersucht:
• „sehr spät diagnostizierte“ Personen mit ASD
– Keine „Theory of Mind“ Defizite im höheren Alter Lever & Geurts, 2016
– Keine strukturellen Auffälligkeiten der Gehirne Koolschijn & Geurts, 2016
– Keine Unterschiede im Arbeitsgedächtnis zu Gesunden Lever et al., 2015;
• Deutliche Diskrepanz zwischen IQ
und adapitven Fähigkeiten sowie
auch ASD-Symptomatik
• Ausprägung der ASDSymptomatik nicht linear zu IQ
Charman et al., 2011;Wang et al., 2013; KampBecker et al., 2010
Sander et al., 2012
• Deutliche Unterschiede zwischen Erwachsenen mit „self reported ASD“
(Internetbefragung, 18–71 Jahre, Diagnose überwiegend nach dem 18. LJ) und
früher diagnostizierte Erwachsene mit ASD
– Deutlich höherer Frauenanteil bei „self reported ASD“
– Besseres Outcome als in Studien zu ASD beschrieben (Arbeit,
Partnerschaften, unabhängiges Leben)
– Höhere Rate an Komorbiditäten
Ziel DSM-5:
• Schweregrad der
Ausprägung eines
Symptoms berücksichtigen!
• Genaue Phänotypische
Charakterisierung
Gotham et al., 2015
Kamp-Becker et al., 2010, p.926
Begleitende Erkrankungen
Begleitende Erkrankungen
Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätstörung (ADHS)
• Intellektuelle Beeinträchtigung: IQ<70 bei 65 – 71 % Nice
Guidelines, 2011, S3 Leitlinien Autismus
• Sprachentwicklungsstörung ca. 63% der Fälle Levy et al., 2010
• Zwischen 21- 41% der Patienten mit ASD haben ADHS
Nice Guidelines, 2011; Simonoff et al., 2008, Levy et al., 2010
• Vielzahl von möglichen begleitenden Erkrankungen,
genetischen oder Umweltbedingungen
• Ca. ein Drittel der Patienten mit ADHS haben einige
autistische Symptome van der Meer et al., 2012
– Assoziiert mit geringerer Lebensqualität in den Familien, geringeres
Selbstwirksamkeitserleben der Eltern und weniger Unterstützung durch Partner
Green et al., 2016
Veenstra-VanderWeele & Blakely, 2012
ADHS ist mögliche Komorbidität und mögliche
Differentialdiagnose
6
05.12.2016
Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätstörung (ADHS)
Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätstörung (ADHS)
Gemeinsamkeiten mit ASD
• genetischer Hintergrund
–
Unterschiede im Vergleich zu ASD
Rommelse et al., 2010; Rommelse et al., 2011
Deutliche genetische Gemeinsamkeiten für kommunikative Defizite und ADHS-Symptome,
(genetic correlations = .47-.51), moderate für repetitives Verhalten (.12-.33) und weniger für
soziale Defizite (.05-.11) Taylor et al., 2015
• neuronale Korrelate Brieber et al., 2007; Gargaro et al., 2011
• Defizte in der Inhibitionskontrolle Xiao et al., 2012, Sinzig et al., 2008
• Defizite in den sozialen Kognitionen (Emotionserkennung, Theory of Mind, Empathie)
Buhler et al., 2011; Nyden et al., 2010; Rumpf et al., 2012; Uekermann et al., 2010; Reiersen, 2011; Bons et
al., 2013:
• Defizite in der Fähigkeit zur sozialen Interaktion/sozialen Kompetenz
Ames & White,
2011; Reiersen, 2011; Green et al., 2015, Green et al., 2016
• weniger Defizite in der sozialen Reziprozität, nonverbalen Kommunikation
und repetitive, stereotype Verhaltensweisen Dickerson Mayes et al., 2012
• Defizite der „Theory of mind“ entwickeln sich erst im Verlauf Bühler et al., 2011
• Wenn Autismus+ADHS, dann deutlichere Autismus-Symptomatik und
schlechtere Prognose Yers et al., 2009, Sprenger et al. 2015, Kamp-Becker et al., submitted, Craig
et al., 2015
Konsequenz für die Praxis
• Symptomatik des ADHS leitliniengetreu behandeln
• ASD-Diagnostik erst nach Behandlung der ADHS!
• ADHS: 21% über ADOS cut-off, 30% über ADI cut-off
– Nur ADOS-Items „Qualität der sozialen Annäherungen, Blickkontakt, mimischer
Ausdruck und Ausmaß der wechselseitigen sozialen Kommunikation des ADOS
differenzieren zu ASD Gradzinski et al., 2016
Störungen der neuronalen und mentalen
Entwicklung
• Intellektuelle Beeinträchtigungen
– Intellektuelle Beeinträchtigung
– Allgemeine Entwicklungsverzögerung (nur bei Kindern unter 5 Jahren)
– Intellektuelle Entwicklungsstörung (nur bei Kindern über 5 Jahre, die akutell
nicht testbar sind)
• Kommunikationsstörung
– Sprachstörung
– Artikulationsstörung
– Redeflussstörung
– Soziale (Pragmatische) Kommunikationsstörung
– Nicht näher bezeichnete Kommunikationsstörung
• Autismus-Spektrum-Störung
• Aufmkersamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
– ADHS
– Andere Näher Bezeichnete ADHS
– Nicht Näher bezeichnetet ADHS
• Spezifische Lernstörung
• Motorische Störungen
– Entwicklungsbezogene Koordinationsstörung
– Stereotype Bewegungsstörung
– Tic-Störungen
Störungen der neuronalen und mentalen
Entwicklung
• Diagnose darf nur vergeben werden, wenn
– Kriterien aufgrund lebensgeschichtlicher Informationen erfüllt
sind, in der aktuellen Erscheinung können einige Symptome
durch die Entwicklung verändert sein und durch
„kompensatorische Mechanismen“ verdeckt sein
– aktuelles Erscheinungsbild muss jedoch bedeutsame
Beeinträchtigung aufweisen DSM-5, p 40
• subklinische Symptomatik rechtfertigt keine Diagnose
• Diagnose dient nicht dem besseren Verständnis der eigenen
Person
→ Störungsbeginn in der frühen Kindheit muss gesichert sein
→ detaillierte Entwicklungsgeschichte, die darlegt, dass
Symptomatik im Sinne einer klinisch relevanten Beeinträchtigung
bereits in der frühen Kindheit vorlag DSM-5, p 73
7
05.12.2016
Klassifikation nach DSM-5
Autismus-Spektrum-Störung
F84.0
Defizite in der Fähigkeit Emotionen in
Gesichtern zu erkennen
In Studien belegte Defizite bei
A
Anhaltende Defizite in der sozialen Kommunikation
und sozialen Interaktion über verschiedene Kontexte
hinweg:
1. Defizite in der sozial-emotionalen Gegenseitigkeit, z.B.
• Abnorme soziale Kontaktaufnahme
•
Fehlen von normaler wechselseitiger Konversation
•
Verminderter Austausch von Interessen, Gefühlen und Affekten
•
Unvermögen, auf soziale Interaktionen zu reagieren bzw. diese zu
initiieren
Defizite in den Bereichen:
Emotionserkennung, Theory of Mind, Empathie
Defizite in der Fähigkeit zur Theory of
Mind und Empathie
–
–
–
–
ADHS
Störungen des Sozialverhaltens
Depressionen
Emotionalstörungen, Angststörungen
Buitelaar et al. 1999; Pine et al., 2008; Sinzig et al., 2008; Bühler et al. 2011; van der Meer
et al. 2012; Stroth et al., in prep.
– Lese- und Rechtschreibstörungen
Clark et al. 2008; Grossman & Tager-Flusberg 2008
– Sprachentwicklungsstörungen
Homer & Rutherford 2008; Gross, 2004
– sozialer Phobie
Wong et al. 2012
– Essstörungen
Caglar-Nazali et al., 2014
→ Konsequenz für die Praxis: Defizite in der Fähigkeit Emotionen
zuzuordnen, können sehr verschiedene Hintergründe haben
Klassifikation nach DSM-5
Autismus-Spektrum-Störung
F84.0
– Sprachstörungen Andres-Roqueta et al. 2013; Dyck & Piek 2010; Farrar et al.
2009; Wisdom et al. 2007
Ueckermann et al., 2010; Bühler et al. 2011; Rumpf et al. 2012; Miranda et
la. 2013
Sozial-pragmatische Kommunikationsstörung Burkner-Wertman et al., 2016
– ADHS
–
– Schizophrenie Übersicht in: Bora et al.,2006, 2008
– Störung des Sozialverhaltens O'Nions et al., 2014; Pasalich et al., 2014;
Schwenck et al., 2014; Sebastian et al., 2012
– Essstörungen Caglar-Nazali et al., 2014
– Persönlichkeitsstörungen Shamay-Tsoory et al. 2010; Strunz et al. 2014
• Psychopathie, antisoziale PS Jones et al., 2010; Blair 2008
• Borderline PS Dziobek etal. 2011; Harari et al., 2010
• Narzisstische PS Wiehe, 2003
– neurologische Störungen vgl. Freedman & Stuss 2011; Siegal & Varley 2002;
Stone & Gerrans 2006
– Sinnesbeeinträchtigungen Fazzi et al., 2007; Williams et al., 2013; Dammeyer
et al., 2014; Hobson & Bishop 2003
A
Anhaltende Defizite in der sozialen Kommunikation
und sozialen Interaktion über verschiedene Kontexte
hinweg:
2. Defizite im nonverbalen Kommunikationsverhalten, das
in sozialen Interaktionen eingesetzt wird
z.B. Ebenfalls auffällig bei
• schlecht aufeinander abgestimmten verbalen und nonverbalen
• Depression
Kommunikation
• emotionale
Störungen,
soziale
Phobie, Mutismus
• abnormer
Blickkontakt
und abnormer
Körpersprache
• Defizite
im Verständnis und Gebrauch von Gestik
• Schizophrenie
• vollständiges Fehlen von Mimik und nonverbaler Kommunikation
• Aufmerksamkeitsstörungen
Tyson & Cruess 2012
s.a. Decety & Moriguchi, 2007; Korkmaz, 2011; Thoma et al., 2013; Nuske et al., 2013
8
05.12.2016
Klassifikation nach DSM-5
Autismus-Spektrum-Störung
F84.0
A
Anhaltende Defizite in der sozialen Kommunikation
und sozialen Interaktion über verschiedene Kontexte
hinweg:
3. Defizite in der Aufnahme, Aufrechterhaltung und dem
Verständnis von Beziehungen
z.B.Keine Spezifität für ASD, kommt bei nahezu allen
• psychiatrischen
Schwierigkeiten das
eigene Verhaltenvor
an verschiedene soziale
Störungsbildern
Kontexte anzupassen
•
•
Meyer-Lindenberg & Tost, 2012
Schwierigkeiten sich in Rollenspielen auszutauschen oder
Freundschaften zu schließen
Fehlen von Interesse an Gleichaltrigen
Klassifikation nach DSM-5
Autismus-Spektrum-Störung
F84.0
B
Eingeschränkte, repetitive Verhaltensmuster,
Interessen oder Aktivitäten, die sich in mindestens zwei
der folgenden aktuell oder in der Vergangenheit erfüllten
Merkmalen manifestieren:
1. Stereotype oder repetitive motorische Bewegungsabläufe, stereotyper oder repetitiver Gebrauch von
Objekten oder der Sprache, z.B.
• einfache motorische Stereotypien
Kommen ebenfalls vor bei: Intelligenzminderung,
• Aufreihen von Spielzeug
Sprachstörungen
•Sinnesbeeinträchtigungen;
Hin- und Herbewegen von Objekten
• Echolalie
• idiosynkratrischer Sprachgebrauch
Carcani-Rathwell et al. 2006; Ventola et al. 2007; Wilkins and Matson 2009; Muthugovindan
and Singer 2009; Matson et al. 1997, 2010; Guttmann-Steinmetz et al. 2010; Renno & Wood
2013; van Steensel et al., 2013; Bejerot et al., 2014; Green et al., 2016
Klassifikation nach DSM-5
Autismus-Spektrum-Störung
F84.0
B
Eingeschränkte, repetitive Verhaltensmuster,
Interessen oder Aktivitäten, die sich in mindestens zwei
der folgenden aktuell oder in der Vergangenheit erfüllten
Merkmalen manifestieren:
2. Festhalten an Gleichbleibendem, unflexibles Festhalten
an Routinen oder an ritualisierten Mustern verbalen oder
nonverbalen Verhaltens, z.B.
•Kommen
Extremes
Unbehagen
beiNormalität,
kleinen Veränderungen
ebenfalls
vor bei:
emotionale Störungen,
•Zwangsstörungen,
Schwierigkeiten oppositionelle
bei Übergängen
Störungen,
•Intelligenzminderung;
Rigide DenkmusterADHS
oder Begrüßungsrituale
• Bedürfnis täglich den gleichen Weg zu gehen oder das gleiche
Essen zu sich zu nehmen
Carcani-Rathwell et al. 2006; Ventola et al. 2007; Wilkins and Matson 2009; Muthugovindan
and Singer 2009; Matson et al. 1997, 2010; Guttmann-Steinmetz et al. 2010; Renno & Wood
2013; van Steensel et al., 2013; Bejerot et al., 2014; Green et al., 2016
Klassifikation nach DSM-5
Autismus-Spektrum-Störung
F84.0
B
Eingeschränkte, repetitive Verhaltensmuster,
Interessen oder Aktivitäten, die sich in mindestens zwei
der folgenden aktuell oder in der Vergangenheit erfüllten
Merkmalen manifestieren:
3. Hochgradig begrenzte, fixierte Interessen, die in ihrer
Intensität oder ihrem Inhalt abnorm sind, z.B.
• Starke Binding
anvor
oder
Beschäftigung
mit ungewöhnlichen
Objekten
Kommen
ebenfalls
bei:
Normalität, AHDS,
emotionale Störungen
• Extrem umschriebene und perseverierende Interessen
Carcani-Rathwell et al. 2006; Ventola et al. 2007; Wilkins and Matson 2009; Muthugovindan
and Singer 2009; Matson et al. 1997, 2010; Guttmann-Steinmetz et al. 2010; Renno & Wood
2013; van Steensel et al., 2013; Bejerot et al., 2014
9
05.12.2016
Klassifikation nach DSM-5:
Autismus-Spektrum-Störung
Klassifikation nach DSM-5:
Schweregrade
A. Anhaltende Defizite in der sozialen Kommunikation und sozialen
Interaktion über verschiedene Kontexte hinweg (alle drei)
1. Defizite in der sozio-emotionalen Gegenseitigkeit
2. Defizite im nonverbalen Kommunikationsverhalten
3. Defizite in der Aufnahme, Aufrechterhaltung und dem Verständnis von
Beziehungen
B. Eingeschränkte, repetitive Verhaltensmuster, Interessen oder
Aktivitäten, mindestens zwei
1. Stereotype motorische Bewegungsabläufe, stereotyper oder repetititver
Gebrauch von Objekten oder von Sprache
2. Festhalten von Gleichbleibendem, unflexibles Festhalten an Routinen
oder an ritualisierten Mustern verbalen und nonverblaen Verhalten
3. Hochgradig begrenzte, fixierte Interessen, die in ihrer Intensität
oder ihrem Inhalt abnorm sind
4. Hyper- oder Hporeaktivität auf sensorische Reize oder
ungewöhnliches Interesse an Umweltreizen
Klassifikation nach DSM-5:
Autismus-Spektrum-Störung
C. Die Symptome müssen bereits in der frühen Entwicklungsphase vorliegen
Sie manifestieren sich möglicherweise aber erst dann, wenn die sozialen Anforderungen die
begrenzten Möglichkeiten überschreiten. In späteren Lebensjahren können sie auch durch erlernte
Strategien überdeckt werden.
D. Die Symptome verursachen in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder
Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen
Funktionsbereichen
Klassifikation nach DSM-5:
Autismus-Spektrum-Störung
E. Diese Störungen können nicht besser durch eine intellektuelle
Beeinträchtigung…. oder eine allgemeine Entwicklungsverzögerung
erklärt werden. Intellektuelle Beeinträchtigungen und ASD treten
häufig gemein auf. Um die Diagnosen ASD und intellektuelle
Beeinträchtigung gemeinsam stellen zu können, sollte die soziale
Kommunikationsfertigkeit unter dem aufgrund der allgemeinen
Entwicklung erwarteten Niveau liegen
Informationen sollten auf mehreren Informationsquellen beruhen,
einschließlich klinischen Beobachtungen, Schilderungen von
Bezugspersonen und, wenn möglich, Selbsteinschätzungen.
Standardisierte Instrumente zur Verhaltensdiagnostik mit guten
psychometrischen Eigenschaften, wie Interviews mit Bezugspersonen,
Fragebögen und klinische Beobachtungsverfahren liegen vor und können die
Reliabilität der Diagnose im Verlauf und zwischen Untersuchern verbessern.
10
05.12.2016
Sozial (pragmatische)
Kommunikationsstörung
F80.89
Weitere Differentialdiagnosen der
Autismus-Spektrum-Störung
• Intellektuelle Beeinträchtigung ohne ASD
• Rett Syndrom
• Selektiver Mutismus
• Stereotype Bewegungsstörung
• ADHS
• Schizophrenie
• Sprachstörungen und sozial (pragmatische)
Kommunikationsstörung
Personen, die deutliche Defizite in der sozialen Kommunikation
haben, jedoch nicht die Kriterien für ASD erfüllen, sollte die
Diagnose Soziale (Pragmatische) Kommunikationsstörung
erwogen werden
Klassifikation nach DSM-5:
Autismus-Spektrum-Störung
Zusätzliche Spezifizierungen:
• Bestimme, ob
– Mit oder ohne Begleitende Intellektuelle Beeinträchtigung
• z.B. F71 mittelgradige Intelligenzminderung
• DSM-5 betont die Notwendigkeit einer differenzierten Einschätzung der verbalen und
nonverbalen Fähigkeiten (auch ohne Zeitmessung)
A Anhaltende Schwierigkeiten im sozialen Gebrauch verbaler und
nonverbaler Kommunikation, die sich in den folgenden Merkmalen
zeigen:
1.
2.
Defizite im Gebrauch von Kommunikation für soziale Zwecke
Beeinträchtigung der Fähigkeit, den Kommunikationsstil an den
Kontext oder die Bedürfnisse des Zuhörers anzupassen
3. Schwierigkeiten, Regeln für Konversationen und beim Erzählen zu
beachten
4. Schwierigkeiten im Verständnis von nichtexpliziten Botschaften und
von nicht wörtlicher oder mehrdeutiger Sprache
B Schwierigkeiten führen zu funktionellen Beeinträchtigungen
C Beginn der Störung liegt in der frühen Entwicklungsphase
D Symptome können nicht durch ASD, intellektuelle Beeinträchtigung,
allgemeines Entwicklungsstörung oder andere psychische Störung erklärt
werden.
Konsequenzen der DSM-5-Diagnose
ASD
• Geringere Sensitivität ↓ Prävalenz (insbesondere PDD-NOS)
Kulage et al., 2014
• Höhere Spezifität ↑ bessere Abgrenzbarkeit zu anderen Störungen
Gibbs et al.2012; McPartland et al. 2012; Worley and Matson 2012
• keine ASD-Diagnose nach DSM-5
insbesondere für Personen mit PDD-NOS,
Asperger-Syndrom, IQ> 70
– Mit oder ohne Begleitende Sprachliche Beeinträchtigung
• z.B. F80.2 Sprachstörung
• Mit spezifischer Beschreibung, z.B. keine verständliche Sprache, Ein-WortÄußerungen, sowohl rezeptiv als auch expressive Aspekte
– In Verbindung mit einer Bekannten Körperlichen Erkrankung,
Genetischen oder Umweltbedingung
• z.B. Trisomie 21, Epilepsie, Frühgeburt
– In Verbindung mit einer Anderen Störung der Neuronalen und
Mentalen Entwicklung oder einer Anderen Psychischen oder
Verhaltensstörung
• Rückgang bis zu 70%
Smith, Reichow & Volkmar 2015, p 2547
• Prävalenz der Autismus-Spektrum-Störung: 50-70 auf 10.000
Williams et al. 2014
• z.B.F90.2 ADHS gemischtes Erscheinungsbild
11
05.12.2016
Zusammenfassung
Diagnostische Kriterien
und ihre Spezifität
Grundlegende, früh beginnende und
situationsübergreifende Beeinträchtigung
– in der gegenseitigen Interaktion und Kommunikation,
in Kombination mit deutlichen
– Eingeschränkten, repetitiven Verhaltensmustern,
Interessen oder Aktivitäten
→ Die einzelnen Symptome sind nicht spezifisch, sondern
lediglich die Symptomkonstellation!
→ „autistisch anmutende Züge/Traits“ bei vielen anderen
Störungen
Störungskonzept:
Implikationen für die Diagnostik
Störungskonzept
Abnormale genetische Codes für die
Hirnentwicklung / Umweltfaktoren („Second hits“)
Abnormale Mechanismen für die Hirnentwicklung
Strukturelle und funktionale Abnormalitäten im
Gehirn
Neuropsychologische Auffälligkeiten
Symptome
Zusammenfassung
Diagnostik
durch spezialisierte Stelle
Beginn in der frühen Kindheit
in allen Situationen
persistieren über die Lebensspanne
Symptomatik ist nicht durch das Vorliegen anderer
Störungen ausreichend erklärbar
• Verhaltensbeobachtung
– ADOS
– Home-Videos
• Vorbefunde aus anderen Institutionen
– KJP, Ergotherapie, Logopädie
– Sämtliche Schulzeugnisse
– Kindergartenberichte, Frühförderung
• Anamnese mit den Bezugspersonen
– ADI-R
• Intelligenzdiagnostik
• Körperlich-neurologische Untersuchung
• Differentialdiagnostische Abklärung
Constantino & Charman,
The Lancet, 2016
12
05.12.2016
Störungskonzept:
Implikationen für die Therapie
Störungskonzept:
Implikationen für die Therapie
• früher Behandlungsbeginn Dawson et al., 2012;Green et al, Lancet, 2015
• Indiziert sind verhaltenstherapeutische Interventionen Smith et al.,
2000; Rogers & Vismara, 2008; Eldenik et al., 2009; Howlin et al., 2009, Reichow & Wolery,
2009; Kamp-Becker et al. , 2010; Poustka et al., 2012; Strauss et al., 2013; Poustka & KampBecker, 2015
•
•
Überlegenheit gegenüber eklektischen Ansätzen Howard et al., 2014
Effekte über einen Follow-up-Zeitraum von 2 Jahren stabil Estes et al.,
2015
• früher Behandlungsbeginn
Dawson et al., 2012Green et al, Lancet, 2015
• Indiziert sind verhaltenstherapeutische Interventionen Smith et al.,
2000; Rogers & Vismara, 2008; Eldenik et al., 2009; Howlin et al., 2009, Reichow & Wolery,
2009; Kamp-Becker et al. , 2010; Poustka et al., 2012; Strauss et al., 2013; Poustka & KampBecker, 2015
• individuelles Entwicklungsprofil
• verhaltenstherapeutisches Gesamtkonzept mit übergeordnetem
Therapieziel:
• größtmögliche Selbstständigkeit und Autonomie
• angemessenes Verhalten
• sehr strukturiertes Vorgehen mit vielen Wiederholungen in
verschiedenen situativen Kontexten
• enger Einbezug der Eltern / Umfeld
Störungskonzept:
Implikationen für die Therapie
Diagnostik
Zusammenfassung /
Wunschliste
– Eltern-Faktoren: Ressourcen, Erwartungen, Belastungen
– Abstimmung der Therapieziele und Vorgehen mit allen
Beteiligten (weitere Therapeuten, Erzieher/Lehrer, Schulbegleitung
…..)
• Medikamentöse Behandlung kann die Effekte verbessern!
• Frühe und valide Diagnose wichtig, Differentialdiagnostik hat hohen Stellenwert
– Erfahrung mit dem gesamten Spektrum von Autismus erforderlich, Erfahrung mit
sämtlichen Differentialdiagnosen erforderlich
• Autismus-Spektrum-Störung ist eine kategoriale Diagnose
• falsch negative, ebenso wie falsch positive Diagnose ist problematisch, aktuell eher
„Gefahr“ von falsch positiven Diagnosen; langfristige Folge: Diagnose wird
unglaubwürdig!
• den „Autisten“ gibt es nicht, nur Menschen mit sehr verschiedenen Problemen
– was ist keine Autismus-Spektrum-Störung?
Aman et al., 2009; Frazier et al., 2010
Therapie
• Regelmäßige Verlaufsuntersuchungen in KJP/Psychiatrie notwendig!
• verhaltenstherapeutische Interventionen sind indiziert
– mehr verhaltenstherapeutische Qualifikation notwendig
• wirksame Interventionen anwenden und „umstrittene“ bzw. Methoden ohne
Wirksamkeitsnachweis vermeiden
• Eltern-Einbezug in die Therapie erhöht die Wirkung der Behandlung
Strauss et al., 2013
Prognose
• durch wirksame Interventionen verbessern
• wissenschaftlich fundierte individualisierte Therapien
13
„Was war hilfreich - Was war
hinderlich“
Inhaltsverzeichnis
• Persönliche Einleitung Seite 3
• Was war hilfreich Seiten 4 - 15
Ein (Lebens-) Erfahrungsbericht
von
Konstantin Pieper
• Therapie als Jugendlicher Seite 16
• Die Zeit beim Bildungsträger Seite 17
• Was war hinderlich Seiten 18 - 28
• Abschließendes Fazit Seiten 29 - 33
• Weiterführende Informationsquellen Seite 34
2
1
Persönliche Einleitung
Was war hilfreich - Erläuterung
• Alter: 28 Jahre
• Diagnose: Bekannt, im Alter von 10 Jahren gestellt
Autismus-Spektrumsstörung
(Asperger-Syndrom)
• Anerkannte Schwerbehinderung: GdB 50
• Ausbildung: Bachelor of Arts Geschichte, anerkannte
IHK-Ausbildung zum Bürokaufmann Ö heute Kaufmann
für Büromanagement
• Beruf: Bürokraft in der Personalabteilung der Cölner
Hofbräu P. Josef Früh KG, Vertragsstatus: unbefristet
• „Hilfreich“ ist kontext- bzw. ergebnisabhängig.
• Was bei mir hilfreich war, muss bei anderen nicht
zwingend ebenfalls hilfreich sein!
• Es könnte sogar unter Umständen hinderlich sein!
• Zum Teil Gradwanderung zwischen hilfreicher
Herausforderung und Überforderung/ Reizüberflutung
• Letzten Endes eine rein subjektive Einstellung!
• Kann durch objektive Erfolge untermauert werden,
sofern es keine „Pyrrhussiege“ sind!
3
4
Was war hilfreich
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Elternhaus
• Konservativ (gut zu meiner Arbeitsstelle passend)
Elternhaus
Eigene Motivation
Wille zur Integration/ Inklusion
Wunsch nach gleichberechtigter
Jugend
Eigene, stetige Weiterarbeit
Kennenlernen anderer
Autistinnen und Autisten
Auseinandersetzung
mit der Fachliteratur
Selbstfindung
rüh KG
Alltag bei der Cölner Hofbräu P. Josef Früh
• Lieferte mir die wichtigsten Grundlagen für die
Inklusion!
• finanzielle Unterstützung in der Schule, im Studium
und während der Umschulung
6
5
Wille zur Integration/ Inklusion
Eigene Motivation
Alltag
Schule/
Uni/ Beruf
Wunsch nach
Normalität
Positive
Reaktionen bei
Erfolg
Jugend
Negative
Reaktionen bei
Misserfolg
Ruhe
7
8
Wunsch nach gleichberechtigter
Jugend
Erwachsenwerden
wie bei anderen
Eigene, stetige Weiterarbeit
Wahrnehmung, die
sich von anderen
unterscheidet
Alternative
Wahrnehmung
Simultane
Übersetzung
Schutz vor
Überforderung
9
Kennenlernen anderer
Autistinnen und Autisten
10
Auseinandersetzung mit der
Fachliteratur
• Therapie (als Kind und Jugendlicher) – bis dato nur
Jungen mit Autismus
• Meetings und Seminare im Autismus Therapiezentrum
– erstmals mit Autistinnen
• Treffen von Leuten in Foren
• Kennenlernen von Autistinnen und Autisten bei der
Berufsfindung/ Umschulung
• Fazit: 100 verschiedene Autistinnen und Autisten SIND
100 verschiedene Autistinnen und Autisten!
11
• Begann bei mir erst mit Anfang 20
• Lieferte eine Reihe von Antworten
• Ermöglichte eine tiefergehende Selbstreflektion
• Zugleich: Erschreckende Beispiele, mit denen ich mich
weder identifizieren kann, noch will!
12
Alltag bei der Cölner Hofbräu P.
Josef Früh KG
Selbstfindung
Ausgangslage
• Erkenntnis und Akzeptanz der Andersartigkeit
• Versuch, dennoch möglichst „normal“ zu leben
Kontinuierliches
Erkenntnis
Fazit
• Anpassung ja, aber nur mit den gegebenen
Möglichkeiten
• Permanente Arbeit an sich selbst erforderlich
Entwicklung der
Aufgabenbereiche
Training
• Alltag definitiv anstrengender als für andere
Personen
• Dennoch: Selbstaufgabe ist keine Alternative!
Praktikum
befristete
unbefristete
Anstellung
Verlängerung
13
Alltag bei der Cölner Hofbräu P.
Josef Früh
h KG
14
Therapie als Jugendlicher
Heute findet Zusammenarbeit im Alltag
beruflich statt und bildet somit die ideale
Grundlage für ein geregeltes Leben, weitere
Fortschritte im Soft-Skill-Bereich und somit
ansteigende Akzeptanz auch im privaten Leben!
15
• Folge der Probleme auf
dem Gymnasium
• unter Klassenkameraden
getarnt als
„Jugendgruppe“
• Gleichwohl Unterschiede
zu einer „gewöhnlichen
Jugendgruppe“
• Erste Kontaktaufnahme
zu anderen AspergerAutisten
• Mit der Zeit extrem
nervlich belastend
• Abschluss als Erster
während der 10. Klasse
• Danach ein Gefühl der
„Befreiung“
Lösung der
Probleme
Anstieg der
Belastung
16
Die Zeit beim Bildungsträger
•
•
•
•
•
Berufsorientierung
nicht wirklich produktiv
Dennoch lehrreich
aufgrund der
verschiedenen Kollegen
mit Autismus!
Deutliche Erkenntnis,
dass ich ins Berufsleben
kommen muss
Kennenlernen vieler
Gesichter der
sogenannten
„Reizüberflutung“
Hat den Weg in die
Umschulung geebnet
•
•
•
•
•
•
Was war hinderlich - Erläuterung
Umschulung
von Beginn an verkürzt
Wunsch nach Praktikum
Praktika bei der Cölner
Hofbräu P. Josef Früh KG
Ausbau bis zum
Anstellungsangebot
Problem: Prüfungstermin
IHK
Guter Abschluss (90
Punkte)
direkter Übergang in die
Anstellung einen Tag
später. (insofern ein
positiver Abschluss)
• „Hinderlich“ ist abhängig von Kontext und Ergebnis.
• Bei mir war nichts und niemand in dem Sinne
hinderlich, dass er, sie oder es meine Entwicklung
hätte nachhaltig negativ beeinflussen können.
• Gleichwohl existieren einige „hinderliche“ Aspekte, die
einem den Weg in Richtung Inklusion – geregeltem
Alltag zumindest erschweren!
• Gradwanderung zwischen hilfreicher Herausforderung
und Überforderung/ Reizüberflutung lässt sich
umgekehrt auf den Terminus „hinderlich“ projizieren.
• Letzten Endes eine rein subjektive Einstellung!
• Kann durch objektive Misserfolge untermauert
werden, sofern sie nicht am Ende doch die
Voraussetzung kommender, ungeahnter Erfolge sind!
17
18
Was war hinderlich
Gesellschaftlicher Umgang
Auseinandersetzungen
• Gesellschaftlicher Umgang
• Zwischen Alltag und
entspannter Jugend
• Probleme in Gruppen
• Zwischen Klischee und Realität
• Auseinandersetzung mit
anderen Autisten
• Standards an der Universität
• „Inklusion in Arbeit“ (2malige kurzfristige
stig
Beschäftigung)
• Auseinandersetzung mit der Bürokratie
• Widerstände im Alltag
Klischees
AspergerProbleme
Syndrom
Unverständnis
19
20
Zwischen Alltag und entspannter
Jugend
• Trotz Schwierigkeiten Aufbau & Wandel
von Freundeskreisen
• Beginn von Beziehungen wie unter
Nichtautisten üblich
hleben der Pubertät
• Durchleben
bei jedoch gleichzeitige Absolvierung
• Dabei
der Therapie
• Mit der Zeit enorme Belastung
ige Anstrengung im Alltag
• Stetige
• Nach
ch außen möglichst die Fassade wahren
• Versuch
uch des „Pokerfaces“
Probleme in Gruppen
Normen
Zwänge
Druck
Eventuelle Negativerfahrungen!!!
Negativerfahrungen sind bedingt hinderlich, denn sie
führen unter Umständen dazu, dass sich jemand
zeitweise oder sogar dauerhaft von Gruppen
jedweder Art und Weise distanziert!
21
22
Auseinandersetzung mit anderen
Autisten
Zwischen Klischee und Realität
• Regelmäßiges Ärgernis: Die Presseberichterstattung
über Autismus und speziell das Asperger-Syndrom
• Folge dessen: Klischeebildung und Vorverurteilung
• Gleichwohl: (unangenehme Realität) – das Syndrom ist
(Achtung: umstrittene Formulierung) „unheilbar“!
• Dadurch regelmäßige Auseinandersetzung irgendwo im
Grenzbereich zwischen vermeintlichen und
tatsächlichen Realitäten
• Vergleich mit anderen betroffenen kommt hinzu:
• Einordnung wie als Mensch zwischen zwei Welten
23
• Zu unterteilen in „normale Auseinandersetzungen“
unter Jugendlichen und solche, die auf
krankheitsbedingte Missverständnisse zurückzuführen
sind
• Letztere ein regelmäßiges Ärgernis, führen zu
Abgrenzung
• Motivation zur Annäherung an Nichautisten/
Neurotypiker
• Später: Auseinandersetzung bezüglich der Begriffe
Nichtautist vs. Neurotypiker
• Zugleich: Hilfe zur Selbsthilfe mit meinen
bescheidenen Mitteln!
24
„Inklusion in Arbeit“ (2malige
kurzfristige Beschäftigung)
Standards an der Universität
• Begrenzte Freiheit (erkennbare und nicht erkennbare
Zwänge)
• Schwierig: Modulauswahl und Zusammenstellung des
Stundenplanes
• Kurs- und Prüfungsvorbereitung
• Erstellung von wissenschaftlichen Arbeiten
• Frage: Nachteilsausgleich und Betreuung der
Abschlussarbeit
• Ergebnis: Wunsch nach praktischer Tätigkeit!
Geringe Berufliche
Erfahrung vor meinen
Praktika bei der Cölner
Hofbräu P. Josef Früh
KG
Auch für Nichtautisten
keine angenehme
Situation, aber für
Autisten erst Recht
nicht
Unangenehme
Erfahrungen in den
Bereichen der
geringfügen bzw.
kurzfristigen
Beschäftigung sowie
der Zeitarbeit
Keine wirkliche
Inklusion, da sofortige
Austauschbarkeit
gegeben und
gewünscht ist!
26
25
Widerstände im Alltag
Auseinandersetzung mit
Folgen:
der Bürokratie– demotiviert
alle
• Regelmäßiges Ärgernis
• Für Autisten
verallgemeinernd
besonders belastend!
• Äußert sich in
Wartezeiten,
verweigerten Hilfen
usw.
• Erschwert uns den Weg
in das geregelte Leben
zusätzlich!
Beteiligten
– Schadet der
Inklusion
– Läuft dem
eigentlichen
Zweck der
Hilfen zuwider
– Verschärft aus
meiner Sicht
den möglichen
Konflikt
zwischen
Autisten und
Nichtautisten!
27
Standard
Erwartung
Folge
• Abweichung
• Auffälligkeit
• Nichterfüllung
• Enttäuschung
• Kritik
• Verbesserungsdruck
28
Abschließendes Fazit
Abschließendes Fazit
Was war hilfreich – was war hinderlich hält sich
ungefähr die Waage!
Steigende
Integration
Steigende
Erwartung
29
Abschließendes Fazit
30
Abschließendes Fazit
• Man erfährt viel Unterstützung, stößt aber
zugleich auch auf viele Widerstände
• Für das Überstehen des Alltags ist
kontinuierliche Anstrengung und für eine
Verbesserung der eigenen Situation
kontinuierliches Training erforderlich
• Ja, es kann einen Menschen überfordern
• Aufgeben ist keine Alternative!
Das Leben als Asperger-Autist ist sicherlich
anstrengender als das eines Nichtautisten.
Neben den hinderlichen Aspekten werden dem Autisten
daher zurecht viele hilfreiche Maßnahmen zuteil.
31
32
Weiterführende
Informationsquellen
Abschließendes Fazit
Aus diesem Grunde hält man möglicherweise einem
Druck stand, der viele Nichtautisten, welche diesen
Druck nicht gewöhnt sind, nicht aushalten würden.
Trotzdem wäre unser Leben komplett anders, wenn
unsere Wahrnehmung der Standard statt die Abweichung
wäre!
33
Für eventuelle Rückfragen stehe ich
Ihnen jetzt noch gerne zur
Verfügung!
35
• Buntschatten und Fledermäuse: Mein Leben in einer
anderen Welt von Axel Brauns
• Ein guter Tag ist ein Tag mit Wirsing von Nicole
Schuster
• Colines Welt hat tausend Rätsel sowie
• Colines Welt hat neue Rätsel von Nicole Schuster ( beide
eher für Jugendliche und junge Erwachsene gedacht und
in deren Sicht geschrieben)
• Überlebensstrategien für Menschen mit Asperger
Syndrom von Marc Segar
(http://www.autismusundcomputer.de/marc2.de.html)
• zudem bin ich vor einiger Zeit auf einen sehr
interessanten Blog von einer Autistin namens Marlies
Hübner hingewiesen worden, die auch Literatur
herausgebracht hat. Ein entsprechendes Interview ist
bei Stern.de erschienen inklusiver Verlinkung zum Blog:
http://www.stern.de/kultur/buecher/welt-autismus-tag--marlies-huebner-verstoerungstheorien-6757854.html
34
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Therapeutische Hilfen für Kinder und
Jugendliche mit autistischen
Störungen
Claus Lechmann
Dipl.-Psych., PP, KJP
AutismusTherapieZentren KölnBonn
Autismus-Spektrum-Störungen
• Autismus ist keine einheitliche Störung
(Symptomatik/Ätiologie/Verlauf)
1
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Schematischer Zusammenhang von Symptomen,
Pathogenese und Ätiologie
Phänomenologie
Pathogenese
Ätiologie
DSM-5 (2013)
•
Die bisher abgegrenzten Autismus-Störungen werden alle zusammengefaßt als
“Autismus-Spektrum-Störung”. Darin sind enthalten:
–
–
–
–
Frühkindlicher Autismus
Asperger-Syndrom
Desintegrative Störung
Tiefgreifende Entwicklungsstörung NNB
•
Das Asperger-Syndrom entfällt somit als eigenständige Störung
•
Aus drei Domänen werden zwei:
– Sozial-kommunikative Defizite
– Begrenzte Interessen und repetitives Verhalten
•
Einteilung nach Schweregraden:
– Level 1: Benötigt Unterstützung
– Level 2: Benötigt umfangreiche Unterstützung
– Level 3: Benötigt sehr umfanfgreiche Unterstützung
•
Es wird eine neue Störung konzipiert: Social Communication Disorder (SCD)
•
Und: Doppeldiagnose: ASD und ADHS zulässig
2
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Funktion der Diagnose
für die Eltern
• Entlastung
• Erklärung
• Orientierung
• Schlüssel für Hilfen
ICD-11 Entwurf
6A20 Autism spectrum disorder
•
6A20.1
•
6A20.2
•
6A20.3
•
6A20.4
•
6A20.5
•
6A20.6
•
•
6A20.Y
6A20.Z
Autism spectrum disorder without disorder of intellectual
development and with mild or no impairment of functional language
Autism spectrum disorder with disorder of intellectual development
and with mild or no impairment of functional language
Autism spectrum disorder without disorder of intellectual
development and with impaired functional language
Autism spectrum disorder with disorder of intellectual development
and with impaired functional language
Autism spectrum disorder without disorder of intellectual
development and with absence of functional language
Autism spectrum disorder with disorder of intellectual development
and with absence of functional language
Other specified autism spectrum disorder
Autism spectrum disorder, unspecified
3
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
ICD-11 Entwurf
6A20 Autism spectrum disorder
GB
6A20.1
6A20.2
6A20.3
6A20.4
6A20.5
6A20.6
Sprachliche Defizite
Keine Sprache
X
X
X
X
X
X
X
Hypothesen zur Förderung und Therapie
bei frühkindlichem Autismus
• Autismus ist keine einheitliche Störung
(Symptomatik/Ätiologie/Verlauf)
• Eltern haben sehr unterschiedliche
Ressourcen/Erwartungen/Copingstrategien
• Kein Setting ist für alle gleich geeignet
• Aber: Eltern und Kindergarten müssen immer einbezogen
werden
• Einmal in der Woche eine (isolierte) Einzeltherapie hat kaum
/ keinen Effekt
• Die Intensität muss eine kritische Masse erreichen
• Die bisherigen Evidenz deckt nur einen sehr kleinen Teil der
Fragestellungen in einem solch komplexen Therapiekontext
ab
4
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
NICE - Guidelines
INTERVENTIONS AIMED AT THE CORE FEATURES OF AUTISM
• 5.1 Introduction .......................................................................... 191
• 5.2 Psychosocial interventions – core features of autism ........... 202
• 5.3 Pharmacological interventions – core features of autism ..... 289
• 5.4 Biomedical interventions – core features of autism ............. 307
• 5.5 From evidence to recommendations .................................... 373
• 5.6 Recommendations ................................................................ 375
NICE Guidelines
Recommendations: Psychosocial interventions
• Consider a specific social-communication intervention for the core features of autism
in children and young people that includes play-based strategies with parents, carers
and teachers to increase joint attention, engagement and reciprocal communication
in the child or young person. Strategies should:
• be adjusted to the child or young person's developmental level
• aim to increase the parents', carers', teachers' or peers' understanding of, and
sensitivity and responsiveness to, the child or young person's patterns of
communication and interaction
• include techniques of therapist modelling and video-interaction feedback
• include techniques to expand the child or young person's communication, interactive
play and social routines.
The intervention should be delivered by a trained professional. For pre-school
children consider parent, carer or teacher mediation. For school-aged children
consider peer mediation.
5
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Therapeutische Variablen
• Wo?
• ATZ, Zu Hause, Kindergarten/Schule
• Wer?
• Einzeltherapeut vs. Interdisz. Team
• Rolle der Eltern?
• Reine Elternrolle vs. Co-Therapeut
• Wie?
• Natürliches Rahmen vs. hochstrukturiert
• Wie oft?
• Nieder- vs. Hochfrequent
• Wie lange?
• 3 Jahre, 5 Jahre, begleitend
• Was?
• Funktionale Fähigkeiten
Therapiesetting im ATZ
Wo?
Wer?
Wie oft?
Wie
lange?
TAU
ABA
ATZ / Zu Hause /Kiga
Zu Hause / Kiga /ATZ
1–2
Therapeuten
1 ABA-Therapeut
1 „Elterntherapeut“
2 Co-Therapeuten
Bis zu 4h / Woche
10 – 20 h / Woche
3 Jahre
(ggf. spätere Wiederaufn.)
3 - 4 Jahre
6
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Was?
Frühkindlicher Autismus
• Interaktion:
– Erhöhung der „joint attention“
– Imitation
• Kommunikation:
– Expr.:
– Rez.:
Einen Weg lernen, Wünsche auszudrücken
Einfachen Aufforderungen folgen
• Selbstständigkeit / Motorik / Sensorik
• Erweiterung der Spielinteressen
Abbau von Verhaltensproblemen
Therapiesetting
• Kind / Jugendlicher
• Eltern
• Institution
– Kindergarten
– Schule
7
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Elternberatung
• Prognose und Behinderungsverarbeitung
• Entlastungsmöglichkeiten
• Aufklärung über Autismus und
Therapiemöglichkeiten
• Anleitung zur Förderung im Alltag
• Verhaltensprobleme lösen helfen
Elternberatung
• Prognose und Behinderungsverarbeitung
• Entlastungsmöglichkeiten
• Aufklärung über Autismus und
Therapiemöglichkeiten
• Anleitung zur Förderung im Alltag
• Verhaltensprobleme lösen helfen
8
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Prognose
und Behinderungsverarbeitung
• Häufige Frage der Eltern:
„Wird er gesund werden können?“
• Antwort:
–
–
–
–
–
Wunsch nach einem gesunden Kind validieren
Den Entwicklungsstand des Kindes deutlich machen
Die kleinen und kleinsten Schritte betonen
Den Einfluß von Förderung benennen
Und gleichzeitig die Grenzen nicht verschweigen
„Behinderungsverarbeitung“
Ziel: Von Anfang an sollte auch immer Raum
für die Auseinandersetzung mit der
Behinderung gegeben werden und eine
Balance zwischen Förderaktivitäten und
Akzeptanz angestrebt werden
Akzeptanz
Veränderung
9
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Elternberatung
• Prognose und Behinderungsverarbeitung
• Entlastungsmöglichkeiten
• Aufklärung über Autismus und
Therapiemöglichkeiten
• Anleitung zur Förderung im Alltag
• Verhaltensprobleme lösen helfen
Entlastungsmöglichkeiten
• Erfassung der Belastungsfaktoren
–
–
–
–
Wie belastet ist Ihre Frau/Mann?
Was belastet sie/ihn am meisten?
Was hat in der Vergangenheit schon geholfen?
Was bräuchte sie/er?
• Entlastung von Schuldgefühlen
• Finanzielle Entlastung (z. B. Beratung bzgl. Pflegeversicherung)
• Zeitliche Entlastung (Z.B. Familienentlastender Dienst,
Kurzzeitunterbringung)
• Durchbrechung der (möglichen) Isolation (z.B. Selbsthilfegruppe)
• Ggf. medikamentöse Hilfe bei massiven Verhaltensproblemen
(z.B. Schlafstörungen, aggressives/impulsives Verhalten etc.)
10
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Was?
HFA / Asperger-Syndrom
– Stimulierung der sozialen Orientierung
•
•
•
•
•
–
–
–
–
–
Erhöhung der sozialen Aufmerksamkeit
Milderung der Eigenorientiertheit
Gemeinsames Spielen anregen
Wechselseitige Kommunikation anregen
Perspektivwechsel, Emotionserkennung …
Flexibilisierung
Begrenzen und Utilisieren der Spezialinteressen
Abbau der Verhaltensprobleme
Selbstständigkeit, Motorik, Sensorik …
Entwicklung eines passenden Selbst- und Störungsbildes
Mißverständnis
Asperger ist per se ein leichter Autismus
• Fakt:
– Das Asperger-Syndrom reicht von
Normvarianten bis hin zu Menschen, die eine
umfassende Betreuung benötigen, um ein
Mindestmaß an Autonomie leben zu können
– Ob und welcher Grad der Behinderung vorliegt,
muss in jedem Einzelfall festgestellt werden.
11
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Therapiebereiche
• Selbst- und Störungsbild
Soziale Interaktion
Kommunikation
Stereotype und ritualisierte Verhaltensmuster
Motorik, Sensorik, Selbständigkeit
Verhaltensprobleme / Begleitsymptomatik (ADHS,
Depression, Zwänge etc.)
• Schulische und Berufliche Integration
•
•
•
•
•
Erarbeitung eines stimmigen
Störungs- bzw. Selbstbildes
als Grundlage für alle weiteren Interventionen
als Grundlage für die Kommunikation
als fortlaufender Prozess
Auf allen 3 Ebenen:
Kind / Jugendlicher
Eltern
Schule
12
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
Ausgangspunkt
• Gefühl, anders zu sein
„Etwas stimmt nicht mit mir“
• Gefühl, Verhalten anderer als fremd zu
erleben, nicht zu verstehen
„Etwas stimmt nicht mit den anderen“
Therapiezielkatalog des ATZ für
Jugendliche (TACH)
(in Anlehnung an das BIT-C)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Gleichaltrige
Selbstbezogene Ziele
Schule
Gespräche
Veränderungen
Emotionen
Sensorische und motorische Erfahrungen
Familie
Selbständigkeit
13
Lechmann: Therapeutische Hilfen bei ASS
TACH - Therapiezielkatalog des ATZ für
Jugendliche
Lena Egert & Claus Lechmann
Was möchten Jugendliche mit ASS mit Hilfe einer Therapie
lernen und erreichen
Methode:
Der TACH beinhaltet 44 nominalskalierte Items folgenden 9 Subskalen :
Gleichaltrige
Selbstbezogene Ziele
Schule
Gespräche
Veränderungen
Emotionen
Sensorische und motorische Erfahrungen
Familie
Selbstständigkeit
Bisher wurden in verschiedenen Autismus-Therapie-Zentren Deutschlands insgesamt 73
Jugendliche mit ASS zwischen 10 und 19 Jahren (davon 75% männlich) mit Hilfe des TACH
befragt.
TACH -
Therapiezielkatalog des
ATZ für Jugendliche
14
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Vermittlung von
Rehabilitanden
auf den allg.
Arbeitsmarkt
Einzelfallunabhängige
betriebliche
Beratung
Sicherung
vorhandener
Arbeitsverhältnisse
Begleitung
schwerbehinderter
SchülerInnen
von der Schule
ins Erwerbsleben.
Vermittlung von
WfbMBeschäftigen in den
allgemeinen
Arbeitsmarkt
Berufsorientierungsprozess
Interessen/
Fähigkeiten
Anforderungen
des allgemeinen
Arbeitsmarktes
Abgleich
Auseinandersetzung
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Auswirkungen der eigenen
Behinderung, bezogen auf
den Beruf
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Querdenker mit System
… ist ein IT-Dienstleistungsunternehmen.
… ist ein Sozialunternehmen und das erste deutsche Unternehmen, das ausschließlich
Menschen im Autismus-Spektrum als Consultants einstellt und bei Kunden im
IT-Bereich einsetzt.
Querdenker mit System
2
Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung haben es nicht
leicht
Schwierigkeiten von Betroffenen im Berufsalltag
- können nicht gut für sich sprechen
- haben oft keine typische Erwerbsbiographie
- Arbeitsplätze sind meist zu unruhig
- zu viel sozialer Stress am Arbeitsplatz
- werden oft missverstanden
- sequenzielles arbeiten, statt „Multi-Tasking“
- keine Lust auf Smalltalk
- Einzelgänger
Querdenker mit System
3
Wir sagen
„Autismus ist kein Systemfehler, sondern ein anderes Betriebssystem“
Querdenker mit System
4
Autisten haben besondere Stärken – unser Alleinstellungsmerkmal
Querdenker mit System
Que
5
Wenn Spezialinteresse und Projekte zueinander passen
§ Test und Analyse hochkomplexer Systeme
§ IT-Optimierung und Automatisierung
§ Optimieren von Programmen in C, C++, Java und
weiteren Sprachen
§ Strukturieren und Bereinigen großer
Datenmengen
§ Erstellen von statistischen Prognosen
§ Ableiten und Implementieren von Algorithmen
§ Verfassen technischer Manuale und
Dokumentationen
§ Konsistenzprüfung von IT-Konzepten,
Spezifikationen und Prozessen
§ Qualitätssicherung im Rahmen von IT-Projekten,
Migrationen & Audits
Querdenker mit System
6
I
Detailorientierte Wahrnehmung
Datenanalysedienste
• Analyse großer Datenmengen von Verbindungsdaten aus E-Mail-Verkehr, Standortdaten von
Mobilt
Mob
iltele
ilt
elefon
ele
fonen
fon
en
Mobiltelefonen
• Internet-Benutzerdaten
• Validierung und Dokumentation
Datenanalysedienste
• Analyse großer Datenmengen von Verbindungsdaten aus
E-Mail-Verkehr, Standortdaten von Mobiltelefonen
• Internet-Benutzerdaten
• Validierung und Dokumentation
Querdenker mit System
7
II
Visuelle Mustererkennung
Data Fusion / Data Mining
• Datenveränderungen
• Computersabotage
• Betrug mit Zugangsberechtigungen
• Ausspähen und Abfangen von Daten
Querdenker mit System
8
III
Kognitive Mustererkennung
Data Intelligence
Ableiten von Bedrohungsszenarien und Erzeugen von Trend
Analysen aufgrund von erkennbaren Mustern im Kontext zu
z. B. Cybercrime
• Entwicklung von Analysesoftware
Querdenker mit System
9
IV
Genuides Qualitätsbewusstsein
Information-Retrieval
Inhalte aus Gesamtdatenbestand filtern und abgleichen
Bsp.: Zeige mir alle VPN-Verbindungen
oder Analyse von Kontobewegungen/Geschäftsbeziehungen zur
Entdeckung von Betrugsfällen
Querdenker mit System
10
V
Querdenken mit System
Predictive Policing
Algorithmen, maschinelles Lernen (ML), Code Reviews
• Analyse von aktueller Forschung sowie aktuellen und historischen
Fällen
Daraus folgend
• Entwicklung neuer Methoden sowie
• Implementierung eines besseren Frühwarnsystems
Einsatzgebiete:
• Phishing
• Social Engineering
• DDoS Attacks
• Hackerangriffe
Querdenker
Querde
Que
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rde
nker mit
nke
it System
System
11
Wie wir unsere Kollegen unterstützen
Bild im Internet nicht erwünscht
Job Coach
Consultant
Projektmanager
Querdenker mit System
12
Wie wir unsere Kollegen unterstützen
Die auticon Job Coaches…
- agieren als Vermittler im Hintergrund
- gestalten den Arbeitsplatz
- sind immer Ansprechpartner
Die auticon Projektmanager
- begleiten und unterstützen fachlich in den Projekten
Job Coach
Coach
Projekt
ManagerC
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Bild im
Internet
nicht
erwünscht
KundeCoach
Querdenker mit System
ConsultantC
oach
Wie wir unsere Kollegen unterstützen
- PM begleiten kontinuierlich die Projekte um zu unterstützen, wenn nötig und sind zuständig für die
Übergabe am Ende des Projektes.
Kunde
Consultant
Projektmanager
PM besprechen mit
dem Kunden
Projektdetails und
Anforderungen.
PM bereiten die
Consultants fachlich
auf Ihren Einsatz beim
Kunden vor.
Querdenker mit System
14
Wie wir unsere Kollegen unterstützen
- Job Coaches agieren stets im Hintergrund, bieten jedoch kontinuierliche, individuell angepasste Beratung.
Kunde
Consultant
Job Coach
Job Coaches bereiten den
Kunden auf den Umgang mit
den Consultants vor.
Job Coaches bereiten die
Consultants auf Ihren Einsatz
beim Kunden vor.
Querdenker mit System
15
Im Arbeitsalltag
Herausforderungen
Lösung durch auticon und Kunden
-
bedingungslose Ehrlichkeit
Strukturierung der Arbeitspakete notwendig
Arbeitsergebnisse liegen sehr schnell vor
Lautstärke im Großraumbüro
-
kreatives Arbeiten ohne feste Sitzplätze
mangelnde Orientierung
Bedürfnisse hinsichtlich Arbeitszeiten
Unruhe am Arbeitsplatz
- > Vorbereitung des Teams
- > Aufgabenpakete erstellen
- > enge Abstimmung, hoher Arbeitsvorrat
- > separater Sitzplatz, Headset,
Trennwand
- > fester Sitzplatz mit Namensschild
- > Büro-Plan mit Namen
- > Anpassung Arbeits- und Pausenzeiten
- > Rückzugsraum
Querdenker mit System
16
Erfolgsfaktoren
Querdenker mit System
Que
17
Fazit
Eine echte Win-Win-Win-Situation (IT-Consultant)
- feste Arbeitsplätze mit Unterstützung für Autisten
- Steuerung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Stärken
- Stärkung des Selbstbewusstseins
- Unabhängigkeit durch marktübliches Einkommen
Bild im
Internet
nicht
erwünscht
Querdenker mit System
18
Fazit
Eine echte Win-Win-Win-Situation (Firmen)
- erstklassige Qualitätsarbeit
- schnelle Ergebnisse
- unbestechliche Bewertung
- wasserdichte Dokumentation
- kreative Lösungen für scheinbar unlösbare Aufgaben
Querdenker mit System
19
Fazit
Eine echte Win-Win-Win-Situation (Gesellschaft)
- äußerst qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte
- Abbau von Vorurteilen gegenüber Menschen mit Einschränkungen
- Sozialhilfeempfänger werden zu Steuerzahlern
- gegenseitiges Lernen durch Perspektivenwechsel
Querdenker mit System
20
Querdenker mit System
21
Kontakt
Klaus Meckel
Sabine Koch
Niederlassungsleiter Düsseldorf
Job Coach
auticon GmbH
Bonner Str. 61
40589 Düsseldorf
auticon GmbH
Bonner Str. 61
40589 Düsseldorf
Mobil: 0170 3820391
[email protected]
www.auticon.de
Lukasz Styra
Projektmanager
Mobil: 0176 34564958
[email protected]
www.auticon.de
auticon GmbH
Bonner Str. 61
40589 Düsseldorf
Mobil: 0176 473 166 20
[email protected]
www.auticon.de
Querdenker mit System
22
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
„Ambulant Betreutes Wohnen bei Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA:
Überlegungen, Ein- und Ausblicke über den gesamten Lebenslauf“
„Ich habe einiges durchgezogen. Es ist im
Nachhinein so als hätte es mich nie gegeben.
Keine Kontakte. Keine Folgen.“
(40-jährige Frau mit der Diagnose „Hochfunktionaler Autismus“ (ICD-10: F84.0), die sie erst mit 39 bekommen hat mit
Wunsch nach fachlicher autismusspezifischer Unterstützung, die sie nicht erhält.)
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
1
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Fachtagung 29.11.2016 LVR-Dezernat Soziales
AUTISMUS Was gibt es – Was braucht es?
„Ambulant Betreutes Wohnen bei Menschen mit
Asperger-Syndrom/HFA: Überlegungen, Ein- und
Ausblicke über den gesamten Lebenslauf“
Harald Matoni
Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut
Leiter der
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
2
Die
bietet in ihrem Einzugsgebiet (siehe rechts)
•
zu großen Teilen mobil aufsuchende individuelle
autismusspezifische Therapie und Förderung autistischer
Menschen
•
autismusspezifische Gruppentherapien in unseren Räumen
•
enge Zusammenarbeit mit den Einrichtungen und
Kontaktstellen unserer Klienten
− Kindergärten, Schulen, Heimen, WfBM, …
− mit psychiatrischen Einrichtungen, Kliniken oder
niedergelassenen Ärzten
− und vielen anderen Institutionen
•
therapiebegleitende Eltern- bzw. Bezugspersonenberatung
•
Kontaktvermittlung zu anderen autistischen Menschen
•
Hilfe bei der Antragsstellung zur Therapiekostenübernahme
•
Informationen zum Thema Autismus
•
Fortbildungsmaßnahmen (in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern)
•
eine umfangreiche Homepage (www.autismus-online.de)
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
3
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Was gibt es, was braucht es? Überlegungen
Fast alle Menschen mit Autismus und geistiger Behinderung leben und arbeiten in einem mehr
oder weniger „geschützten“ Raum (Elternhaus, Wohnheim, organisierte Freizeit, Werkstatt für
Menschen mit Behinderung usw.).
Man kann sich über den Umfang, die Notwendigkeit und/oder Sinnhaftigkeit dieses „Schutzes“
streiten, aber der „Schutz“ ist vorhanden, sowohl in räumlicher Form als auch in Form von
Personen, die sich mehr oder weniger gut mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) auskennen.
Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA (HFA = High-Functioning-Autismus) bewegen sich im „normalen“
Alltag und sind somit allen Anforderungen und Problemen des Alltags ausgesetzt.
Viele Betroffene berichten von den Belastungen und häufig auch Überforderungen, formulieren
einen Unterstützungsbedarf, finden ihn aber häufig nicht in adäquater Weise.
Bei einem Teil der Betroffenen kann die fehlende Unterstützung zur (fast völligen) Isolation,
Arbeitslosigkeit, Verwahrlosung und/oder Entwicklung einer depressiven Symptomatik führen.
Angebote wie ein Wohnheim für Menschen mit Autismus und geistiger Behinderung oder
Wohnangebote für psychisch Kranke stellen eher eine „Notlösung“ dar, da sie den besonderen
Bedürfnissen und Fähigkeiten von Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA in der Regel nicht
gerecht werden.
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
4
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Beispiele für Fragen bzw. Unterstützungsbedarf:
§ Wie finde ich eine Wohnung?
§ Wie regele ich Probleme mit der Telekom?
§ Wie schaffe ich es, meinen Pflichten im einem Haus mit Mietwohnungen (z.B. regelmäßiges
Putzen des Treppenhauses) nachzukommen?
§ Muss ich mit meinen Nachbarn Smalltalk machen? Und wenn, worüber soll ich reden?
§ Was mache ich, wenn der Strom ausfällt oder ein Wasserrohr bricht?
§ Wie oft muss ich Staub wischen/saugen, meine Wäsche waschen, das Bettzeug wechseln,
den Müll raustragen …?
§ Wie schaffe ich es, morgens so fertig zu werden, dass ich pünktlich meine Arbeit erreiche?
§ Wann ist eine Krankheit (z.B. Erkältung) so schlimm, dass ich nicht zur Arbeit gehen kann
bzw. zum Arzt gehen muss?
§ Woran erkenne ich, dass sich jemand in mich verliebt hat?
§ Welche Versicherungen brauche ich, wie finde ich die richtige, wie schließe ich sie ab, was
muss ich alles mitteilen?
§ Wie lange halten sich Lebensmittel, wie muss ich sie lagern? Wie kocht man? Was gehört zu
einer gesunden Ernährung? Wie viel muss ich am Tag trinken?
§ Wie verhalte ich mich, wenn ich zu einer Geburtstagsfeier eingeladen worden bin, wie teuer
muss das Geschenk sein, das ich mitbringe, was soll ich schenken?
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
5
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Was gibt es (noch) zu wenig?
Selbstbestimmtes Leben in Form von
§ eigenständigem Wohnen,
§ beruflicher Integration im ersten Arbeitsmarkt,
§ aktiver Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben,
§ Aufbau eines Freundeskreises,
§ der Wahl von Lebens- und Ehepartnern
§ usw.
sind keine Selbstverständlichkeit für Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA, obwohl sie es sich
häufig wünschen.
Je nach individuellen Stärken und Schwächen sowie in der Abhängigkeit der Lebenserfahrung
ergibt sich ein unterschiedlicher Unterstützungsbedarf.
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
6
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Schon vor über 10 Jahren sind konzeptionelle Entwürfe für betreutes Wohnen für Menschen mit
Asperger-Syndrom/HFA entwickelt worden
(z.B. Musterkonzeption Ambulant Betreutes Wohnen der Arbeitsgruppe Betreutes Wohnen NRW: Doris Deckers, Sozialwerk St. Georg/Autea, Harald Matoni, Autismus-TherapieAmbulanz Niederrhein, Walter Prim, Verbundsystem Haus Agathaberg, Stiftung Die Gute Hand, Rositta Symalla, v. Bodelschwinghsche Anstalten, Bethel/Autea, Klaus Wollny,
Regionalverband Ostwestfalen-Lippe e. V.).
Die nachstehende Auflistung beinhaltet beispielhaft in der Regel tägliche Themen und Aktivitäten. Teilweise beschreibt sie auch
nicht konkret planbaren zusätzlichen Hilfebedarf (aus: Musterkonzeption Ambulant Betreutes Wohnen):
§ Beratung bei der Erstellung der Tages- und Wochenplanung,
§ Unterstützung bei der Umsetzung im Alltag und entsprechende Reflektion
§ Regelmäßige Hilfe bei der Entwicklung und Umsetzung von Ordnungs-, Sauberkeits- und Reinigungsstrukturen, z. B:
Auffrischen der Putzstrukturen und Wäschepflege
§ Regelmäßige Hilfe bei der Entwicklung und Umsetzung von Finanzplanung, Assistenz bei der Ausgestaltung von Antrags- und
Vertragswesen
§ Regelmäßige Hilfe bei der Entwicklung und Umsetzung von gesundheitlicher Versorgung, z. B. Arztbesuche vorbereiten, aber
auch begleiten; Achten auf gesunde Ernährung
§ Reflektieren der Erfahrungen, Fragestellungen und (oft in die Krise führenden) Verunsicherungen aus Freizeit,
Arbeit/Beschäftigung, Beziehungen, Wohn- und Lebensumfeld,
§ zeitnahes Entwickeln und Training von Verhaltensmustern in den genannten sozialen Situationen
§ Reflektieren der Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Behinderung und der Entwicklung eines individuellen
Lebenskonzeptes einschließlich Akzeptanz der Beeinträchtigungen.
§ Unterstützung des Lernprozesses über die individuellen Auswirkungen der Behinderung.
§ Reflektion der individuellen Tagesprotokolle
§ Regelmäßige Hilfe bei der Entwicklung und Umsetzung von sozialintegrativen Aktivitäten wie Vereinstermine/Kursbesuche
vorbereiten/trainieren/begleiten, weitere Freizeitgestaltung
§ Einkäufe aller Art vorbereiten/trainieren/begleiten
§ Reflektion der Kontakte des Bewohners zur Arbeits- oder Beschäftigungsstelle / Information über Autismus und die vorliegende
persönlichen Ausprägung mit dem individuellen Hilfebedarf vermitteln
§ Kontakte zur Nachbarschaft begleiten etc.
§ Kontakte zur Familie begleiten, Unterstützung der Entwicklung altersgerechter Beziehungen innerhalb des Ablösungsprozesses
§ Training von Selbstkontrollmechanismen insbesondere bei Fixierungen, Training von Entspannungstechniken
§ Krisenmanagement
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
7
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Wie ist es? Einblicke
Personen, die Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA unterstützen (z.B. BeWo-Personal),
stehen vor einer besonderen Herausforderungen:
Eine ASS ist für Nicht-Betroffene nur schwer zu verstehen, erst recht wenn die Betroffenen
intelligent sind.
Asperger-Syndrom/HFA ist eine unsichtbare Störung – man sieht sie einer Person nicht an.
Hinzu kommt, die Betroffenen sind intelligent.
Für „Neurotypische“ ist es nur schwer zu verstehen, wie ein intelligenter Mensch solche
Probleme haben kann.
Häufig fallen Aussagen wie „Der ist doch intelligent, dann muss der das doch verstehen /
können!“ oder „Das haben wir doch schon erarbeitet bzw. durchgesprochen, dass muss doch
jetzt klappen!“
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
8
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Ein konkretes Beispiel aus dem gelebten Alltag:
Ein autistischer Mieter will den Bereich vor seiner Wohnung fegen, für den er zuständig ist.
Auch andere Nachbarn sind mit Reinigungsarbeiten im Treppenhaus beschäftigt. Beim Fegen
zerbricht sein Besen. Er schaut sich um, sieht zwei Wohnungen weiter neben einer Wohnungstür einen Besen stehen, geht hin und nimmt ihn sich.
Die Nachbarin, der der Besen gehört, schaut ihn böse an und sagt „ÄHHH!“
Der autistische Mieter geht mit dem Besen zu seinem Bereich zurück, ohne auf den Ausruf und
den Gesichtsausdruck seiner Nachbarin zu reagieren.
(Mindestens) 5 Probleme:
1. Der autistische Mieter hat nicht erkannt, dass der Besen nicht frei verfügbar ist (schwache
zentrale Kohärenz; fehlendes/vergessenes Regelwissen).
2. Der autistische Mieter kann den Ausruf und den Gesichtsausdruck seiner Nachbarin nicht
interpretieren (Probleme mit der „Theory of Mind“ / mangelnde Empathiefähigkeit)
3. Nachbarin (und weitere Nachbarn) erkennen nicht, dass der autistische Mieter sich keiner
Schuld bewusst ist und den Ausruf und den Gesichtsausdruck nicht interpretieren kann
(„Unsichtbarkeit“ der ASS, man sieht es den Betroffenen nicht an).
4. Die Nachbarn können sich nicht vorstellen, dass jemand, der intelligent ist, nicht den Ausruf
und den Gesichtsausdruck interpretieren kann („Unsichtbarkeit“ – Störung für NichtBetroffene schwer bis gar nicht verstehbar/vorstellbar/begreifbar).
5. Der autistische Mieter kann auf sein Problem nicht aufmerksam machen, da er (in dem
Augenblick) nicht merkt, dass er ein Problem hat („Unsichtbarkeit“ – Betroffene informieren
nicht über ihre Probleme).
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
9
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Auch Krämer, Gawronski, Falter, Vogeley (2015) sprechen metaphorisch von einer „doppelten
Unsichtbarkeit“ autistischer Störungen:
Erste „Unsichtbarkeit“: (Nicht sichtbare) Veränderung des inneren Erlebens der betroffenen
Person (wie bei allen psychischen Störungen), die „Veränderung“ liegt allerdings von Anfang an
vor und entsteht nicht erst im Laufe des Lebens.
Anders ausgedrückt: Menschen mit ASS nehmen die Welt anders wahr und begreifen sie
anders.
Zweite „Unsichtbarkeit“: Im Alltag wird automatisch vorausgesetzt, dass alle Menschen über
ein intuitives Verständnis sozialer Signale verfügen, Menschen mit ASS haben aber einen
eingeschränkten oder fehlenden Zugang dazu („Merkst Du denn gar nicht …!“ „Woran soll ich
das denn merken?“).
Anders ausgedrückt: Menschen mit ASS haben Probleme, fremdes Verhalten und
Erleben (z. B. Gefühle, Gedanken, Absichten) zu erkennen, zu verstehen, zu erklären,
vorherzusagen + danach entsprechend zu handeln.
„Normale Menschen sind von ihren intuitiven Fähigkeiten so verwöhnt, dass sie gar nicht
wissen, wie schwer ein Leben ohne Theory of Mind und mit eingeschränkten kognitiven
Fähigkeiten sein kann.“ Schuster (2007), S. 144
Man könnte auch noch von einer dritten „Unsichtbarkeit“ sprechen: Menschen mit ASS
können auf dieses Problem selbst nicht aufmerksam machen, da ihnen diese Fähigkeit zur
nonverbalen Kommunikation eben kaum oder nicht bekannt ist.
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
10
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
„Wenn andere Leute gestikulieren, weiß ich meistens gar nicht was sie wollen, wenn sie das
Gesicht verziehen, ja - kann ich nicht viel mit anfangen, muss ich überlegen, was soll das jetzt
heißen, meistens weiß ich es nicht, und das nimmt man alles sehr bewusst wahr, das wird nicht
intuitiv erfasst und verarbeitet, wie es eigentlich üblich wäre, es ist immer Kopfarbeit gefordert.“
Tobias Rockstroh, ARD Mittagsmagazin, Jan. 2013
„Für meine Kinder kann ich quasi auf normalem Wege offensichtlich keine Gefühle empfinden,
d.h. wenn z.B. meine Kinder … auf mich zugelaufen gekommen sind, weil sie vor irgendetwas
Angst haben, dann habe ich das früher nicht erkannt, d.h. das erkenne ich eigentlich auch
heute nicht. Man muss mir das ganz klar sagen ‚ich habe Angst vor dem Gewitter‘ oder was
auch immer oder vor dem großen Hund oder was ganz früher alles so mal dagewesen ist. …
(Meine Frau) muss ganz klar sagen, was ihre Emotion ist, um die von mir erkennbar zu haben
und dann auch dass ich darauf ansprechend angemessen reagieren kann. Es ist oft genug die
Situation dagewesen ‚Sage mal merkst du denn gar nicht dass …‘ und ich fragte mich dann
immer ‚ja woran soll ich das bitte merken, wenn das keiner sagt‘.“
„Autismus: Grenzgang zwischen zwei Welten“, TV-Beitrag mit Dr. Peter Schmidt und seiner Frau Martina live als Studiogäste beim NDR im
Format von „Menschen und Schlagzeilen“ vom 9.03.2011
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
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Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Was braucht es?
Verständnis: Ohne das Verständnis für die autismusspezifische Problematik wird eine
entsprechende Unterstützung nicht effektiv sein.
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
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Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Autistische („normal intelligente“) Erwachsene haben im Laufe ihres Lebens manche
Kompensationsstrategien entwickelt, mit deren Hilfe sie viele soziale Situationen korrekt
bewältigen können.
„Das Alltagsverhalten vieler Menschen mit Autismus kann im Erwachsenenalter zum großen
Teil von einstudierten Verhaltensweisen bestimmt sein. Einige von ihnen können sich spontane,
eigene Reaktionen völlig abgewöhnt haben, da diese zu oft zu Misserfolgen und Frustrationen
geführt haben.“ Schuster (2007), S. 144
Speziell die intuitive Verarbeitung nonverbaler Signale bleibt meist dauernd erschwert.
Auch die Probleme im Bereich der Exekutivfunktionen (z.B. die Fähigkeiten wie die Planung
und Überwachung (Planungsprozesse) eigener Handlungen, die Impulshemmung, die
Fokussierung der Aufmerksamkeit und das flexible, vorausschauende und zielgerichtete
Suchen von Lösungsstrategien) bleiben in der Regel ein Leben lang bestehen.
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
13
Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Verändert sich der Unterstützungsbedarf mit zunehmendem Alter?
„Ein Leben Lang anders: Menschen mit Autismus werden oft über einen Kamm geschoren.
Dabei kann sich die Störung in verschiedenen Lebensphasen ganz unterschiedlich manifestieren.“ Stroth, Kamp-Becker, 2016
Der Unterstützungsbedarf ändert sich im Laufe des Lebens (Betroffene lernen z.B. hinzu),
wird aber höchstwahrscheinlich bei den meisten Betroffenen permanent vorhanden bleiben und
bei elementaren Ereignissen (z.B. Job- oder Wohnungswechsel, Rente, Partnerschaft)
zeitweilig wieder deutlich ansteigen:
Das Leben / der Alltag ist so komplex, dass Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA immer
wieder vor neuen Herausforderungen stehen, für die sie kein „Rezept“, „Programm“, Plan usw.
haben.
Es geht also nicht nur um Weiterentwicklung (Förderziele), sondern auch um die Erhaltung des
Bestehenden.
Aber, das „Ältersein“ kann aus der Sicht von Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA auch
Vorteile haben:
Auf dem XI. Autism-Europe International Congress (16.-18. September 2016 in Edinburgh) bezeichnete ein
älterer Betroffener das „höhere“ Alter als das „goldene Alter“:
Probleme, wie z.B. verzögerte Reaktion auf Fragen, werden jetzt dem Alter geschuldet und
nicht mehr so irritierend von „Neurotypischen“ erlebt wie früher.
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
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Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Was gibt es, was braucht es? Ausblick / Überlegungen / Empfehlungen / zur Diskussion:
Auch wenn Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA für Außenstehende/Unerfahrene nicht
„behindert“ wirken (Unsichtbarkeit der ASS), ist in der Regel ein deutlicher Unterstützungsbedarf vorhanden.
Viele Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA benötigen längerfristig individuelle Unterstützung
durch pädagogisch/therapeutisch ausgebildete Fachpersonen, die sich mit ASS auskennen und
in der Lage sind, auf die individuellen Stärken und Schwächen der Betroffenen einzugehen.
Hilfen, die Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA benötigen, dürfen nicht in den „Pflegebereich“
abgeschoben werden (Gefahr durch aktuell geplante neue Gesetzgebung).
Unterstützungsbedarf sollte ohne großen Aufwand für die Hilfesuchende und ohne Kostenträgerstreitigkeiten finanziert werden.
Gerade Menschen mit Asperger-Syndrom/HFA, die auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt
sind (und bleiben sollen), bedürfen häufig bestimmter arbeitsbezogene Leistungen, die nur
begrenzt oder gar nicht durch BeWo abgedeckt werden können. Hier kann eine Zusammenarbeit mit z.B. Integrationsfachdiensten (IFD) und/oder örtlichen Fürsorgestellen (in NRW)
sinnvoll sein.
Auch autismusspezifische Therapien (wie sie z.B. durch Autismus-Therapie-Zentren angeboten
werden und autismusspezifische Psychotherapien auf Basis autismusspezifischer
Verhaltenstherapie) stellen eine sinnvolle Ergänzung zum alltäglichen Unterstützungsbedarf
dar.
(Moderierte) Selbsthilfegruppen sind für viele Betroffen hilfreich.
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
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Regionalverband zur Förderung autistischer Menschen
Adresse: Vorster Str. 8, 47906 Kempen
Tel.: 02152/8925911
Fax: 02152/8925912
E-Mail: [email protected]
Internet: autismus-online.de
Mitgliedschaften:
unterstützt durch:
29.11.2016
LVR-Autismus-Fachtagung „Autismus: Was gibt es – Was braucht es?“
16
Autismus
Was gibt es? Was braucht es?
Ein Erfahrungsbericht über die Arbeit mit Herausforderndem Verhalten von
Menschen mit Autismus in einer Wohneinrichtung.
… und ein Plädoyer für die Bedeutung von spezialisierten vollstationären
Angeboten
Bei dem Blick auf die letzten Jahre, die Entwicklungen im ambulant betreuten Wohnen, die
inhaltlichen Schwerpunkte auf Fortbildungen und Autismus-Fachtagungen, kann man den Eindruck
bekommen, dass der Fokus der Wissenschaft sich mit den Menschen des Autismus Spektrum
beschäftigt hat, die nicht in unserer Einrichtung wohnen. Ich freue mich hier die Gelegenheit zu
bekommen über Herausforderndes Verhalten in einer stationären Wohneinrichtung zu berichten.
Haus Combüchen liegt in Bergisch Gladbach auf den ersten Hügeln des Bergischen Landes, Blick auf
den Kölner Dom und ländlich gelegen. Es ist eine vollstationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe für
sechzehn erwachsene Menschen mit Autismus, Diagnose Frühkindlicher Autismus F. 84.0 mit
Intelligenzminderung. Die Bewohner sind im Alter zwischen 23 und 39 Jahre
Die Bewohner unserer Einrichtung weisen alle, in fast allen Teilbereichen erheblich ausgeprägte bis
vollständig ausgeprägte Beeinträchtigungen der Teilhabe auf. Dies betrifft das Lernen und
Wissensanwendung, den Bereich der allgemeinen Aufgaben und Anforderungen, die Kommunikation
die Selbstversorgung und weitere Teilbereichen.
Vor allem aus der eingeschränkten Fähigkeit der betroffenen Menschen mit ASS komplexe Situationen
umfassend wahrnehmen und realitätsbezogen verarbeiten zu können, leiten sich die grundlegenden
Rahmenbedingungen unserer pädagogischen Arbeit ab:
Überschaubare Gruppen, strukturierte Tagesabläufe und ein ausreichendes Raumangebot reduzieren
die Reizmenge und vereinfachen die Wahrnehmungsverarbeitung für unsere Bewohner.
Kurz zur Begriffsbestimmung: Herausforderndes Verhalten verstehe ich im Sinne eines Verhaltens das
in seiner Intensität, Häufigkeit und Dauer die Unversehrtheit des Menschen selber, oder Anderer
gefährdet. Hierzu zählen vor allem auto- und fremdaggressive Impulsdurchbrüche.
Betrachten wir die Entwicklung von Haus Combüchen können wir festhalten, dass alle unserer
Bewohner im Laufe der Zeit bereits herausforderndes Verhalten gezeigt haben. Diese
Impulsdurchbrüche zeigten und zeigen sich in Form von Schlagen, Treten, Beißen, Kratzen, Spucken,
Kotschmieren, den eigenen Kopf wiederholend gegen Wände schlagen, usw.
Im Rückblick über die letzten elf Jahre haben wir viel erreicht. Verhaltensmuster gehen zurück,
verschwinden für ganze Zeiten und treten gelegentlich in Phasen wieder zu Tage. Auf die lange Sicht
gehen die Verhaltensausprägungen in Qualität und Quantität sukzessive zurück.
Es wird aber dauerhaft ein Thema bleiben.
Fallbeispiel:
Pflegesituation – Herr A., zu dem Zeitpunkt einunddreißig Jahre alt, ist 183 cm groß und um die einhundert Kilo
schwer, Epileptiker, keine aktive Sprache, doppelt inkontinent.
Vor sieben Jahren kam es immer häufiger zur Eskalation in der Morgenpflege. Er schlug nach Mitarbeitern,
schlug sich selber, riss im Bad den Duschschlauch regelmäßig aus der Wand, und versuchte mit dem Duschkopf
die Mitarbeiter zu schlagen, schmiss mit allem was er in Reichweite zur Verfügung hatte, auch mit benutztem
Inkontinenzmaterial. Höchst agitiert, schreiend, nicht erreichbar in der Situation für die MA und das schon vor
Beginn der Pflege. Es kam zu mehreren erheblichen Verletzungen bei den Mitarbeitern. In den
Teambesprechungen sind die Grenzen für Mitarbeiter in der Pflege immer wieder thematisiert worden, es gab
interne Überlegungen, ob ggf. der Wohnvertrag gekündigt werden muss, da die Leistung einer adäquaten Pflege
nicht immer von uns sichergestellt werden konnte.
Die Unversehrtheit der Mitarbeiter muss natürlich gewährleistet werden. Wer will und kann so arbeiten? Drei
Duschköpfe pro Woche, zwei Toilettenbrillen pro Woche sind auf Dauer ein Kostenfaktor. Hier hatten wir einen
Grenzbereich, der Entscheidungen notwendig machte.
Es gab Überlegungen, ob eine Pflege mit Teilfixierung für den Übergang erfolgen muss. Wir haben uns dagegen
entschieden, da dies die konzeptionelle Ausrichtung und die Rahmenbedingungen des Hauses gesprengt hätten.
Der Dienstplan wurde ausgerichtet auf drei Mitarbeiter, die sich weiterhin bereiterklärten in die Pflege zu gehen.
Wir haben uns alle Teilbereiche des Pflegeablaufs angeschaut, Temperatur im Bad, ggf. Störungen durch
Kollegen, die zur Unterstützung und Sicherung hinter der angelehnten Türe standen, Blutzuckerspiegel von Herrn
A. zu dieser Uhrzeit - erstes Frühstück vorher, etc.
Die Schlüssel für eine funktionierende Pflege waren letztendlich das stark reduzierte Tempo in der Durchführung,
die gleichartige Kommunikation und positive Verhaltensunterstützung. Lag der Fokus der Mitarbeiter vorher
vorrangig auf einer zügigen Pflege – „Sauber und wieder raus“, zeigte sich, dass Herr A. so die Pflege nur passiv
erdulden konnte, ohne wirkliche Chance sich eigeninitiativ zu beteiligen. Herr A. benötigte im Schnitt fünf bis
sechs Sekunden, um allein zu registrieren, was als nächstes kommen sollte. Hielt man ihm z.B. den Rasierschaum
hin, kam mit dieser Verzögerung ein Aufhellen des Blickes. Er nahm den Pflegeschaum in die Hand, strich in auf
seine Wange und kam nach weiteren langen Sekunden mit Blick auf den Rasierer mit der Wange entgegen, … .
Herr A. konnte aktiv an der Pflege teilnehmen. Er bestimmte das Tempo, war nicht mehr passiv erduldend,
sondern konnte für seine auch noch so kleine Teilnahme immer wieder gelobt werden.
Die Situation entspannte sich innerhalb von ca. eineinhalb Jahren wieder.
Was war hilfreich für diese Veränderung? Kurz:
Aktive Beteiligung
Positive Verhaltensunterstützung und Bedürfnisorientierung
Klare und reduzierte Kommunikation
Vorhersehbarkeit für den Menschen mit ASS, Aufbau und Erfüllung von Erwartungen an den
betreuenden Mitarbeiter
Natürlich dauerte es bis sich die Erwartungen an die Situation und die aufgebauten Verhaltensmuster
wieder veränderten. Die Pflege wurde mit der Zeit wieder für alle Kollegen möglich. Gemeinsame
positive Erfahrungen konnten wieder gemacht werden. Es gibt zwar immer noch angespannte
Situationen, aber Herr W. ist erheblich kooperativer. Er lässt sich schneller auf neue Situationen ein.
Dies ist meines Erachtens ein sehr gutes Beispiel dafür, dass es sich bei Herausforderndem Verhalten
um die Störung des Menschen zu seiner Umwelt handelt und nicht um eine dem Menschen
innewohnende Eigenschaft. Es verdeutlicht, dass es erlernbar aber auch veränderbar ist. Wir verfolgen
in unserer Einrichtung das Konzept der Positiven Verhaltensunterstützung. Aversive
Verhaltensmethoden lehnen wir strikt ab. Sie sind auch für unser Klientel vollkommen ungeeignet.
Es lohnt sich besonders die Zeiten und Situationen abseits der Konflikte anzuschauen. Da wo etwas
funktioniert hat, wo etwas gelungen ist. Wir sollten immer überprüfen, was man davon auf die
„schwierigen Situationen“ übertragen kann. Leitende Fragen in diesem Zusammenhang sind:
Was tat dem Bewohner gerade gut?
Was hat entspannt ihn?
Welche Angebote führen zu einer Beruhigung – zu einem adäquaten körperlichen ausagieren?
Gibt es Highlights?
Was gibt ihm Sicherheit (Thema Struktur und Vorhersehbarkeit)
etc.
Grundsätzlich gilt auch für Herausforderndes Verhalten:
a. Ein Verhalten, was sich lohnt, wird wiederholt.
b. Ein Verhalten, was oft wiederholt wird verfestigt sich.
c. Verhalten, was sich verfestigt, wird übertragen und verdrängt alternatives Verhalten.
(Hier kann es zu Kippeffekte im Krisenverlauf kommen)
Das Gute ist, ein Verhalten ohne Effekt löst sich auch wieder auf. Diese Veränderungen brauchen aber
Zeit. Hier ist ein langer Atem für die betreuenden Menschen erforderlich.
Auszug aus einem Hilfeplan, „Was ich ohne Hilfe gut machen kann“ (Ergänzende fachliche Sicht):
„ …Herr xy kann sich sich selber einen physischen Stimulus geben (z.B. Schlag mit der flachen Hand auf die
Wange) initiiert damit eine folgende Handlung, sodaß er z.B. in der Folge eigenständig das Essen beginnen kann.“
Der Bewohner, der dieses Verhalten zeigt, hat eine ausgeprägte Störung der Impulssteuerung, kommt
schwer in Handlung und benötigt oft Außenimpulse, die ihn unterstützen. Er hat die Diagnose
Epilepsie und bekommt mehrfach monatlich generalisierte Anfälle.
Was ist das für ein Verhalten? Es ist ein herausforderndes Verhalten, dass in seiner Intensität sehr
unterschiedlich, teils sehr massiv bis selbstverletzend sein kann, aber es ist auch ein Verhalten das ihm
autonom ermöglicht in Handlung zu kommen. Das Verhalten, teils mit hoher Intensität ausgeführt
zeigt, dass er einen großen Stimmulus zur Handlungsaktivierung benötigt.
Dieses Beispiel verdeutlicht meiner Meinung nach, dass man immer genau hinschauen muss, wofür
ein bestimmtes Verhalten notwendig ist, wie man es bewertet und worauf eine Intervention abzielen
sollte. Das Verhalten hat für ihn einen bedeutsamen Effekt.
Wir müssen für den Betroffenen schauen welches alternative Verhalten einen mindestens ebenso
guten Effekt zur Handlungsaktivierung hat.
Eine Frage, die man sich stellen muss, ist Frage, wer unter solchen Bedingungen arbeiten will und das
dauerhaft leisten kann. Für diese Arbeit braucht man Kontinuität und die ist nur über eine gute
Teamentwicklung leistbar. Es gibt eine eindeutige Korrelation von Betreuungskontinuität und
Rückgang von Herausforderndem Verhalten. Zu Zeiten mit hoher Fluktuation bei den Mitarbeitern
traten häufig wieder alte „schwierige Verhaltensmuster“ zu Tage.
Das zentrale Element in der Arbeit mit Herausforderndem Verhalten ist das Team. Die Menschen die
in der Praxis damit zu tun haben wird diese Aussage nicht wundern. Gute kontinuierliche
Teamentwicklung ist die einzige Lösung – Herausforderndes Verhalten kann ein komplettes Team
sprengen und diverse Probleme auf dieser Ebene zutage treten lassen.
Credo: Aufbau einer gemeinsamen wertschätzenden, akzeptierenden Haltung. Gemeinsame Sprache,
gemeinsame Ziele … . Immer wieder einen kontrovers geführten Diskurs ermöglichen und dann
verbindliche Regeln aufstellen. Aufeinander achten und in Krisenzeiten entlasten.
Nur dann können die gefunden Lösungen ungesetzt werden. Maßnahmen müssen von allen
mitgetragen werden, ohne dass alle Mitarbeiter alles können müssen. Das ist in der Praxis nicht
realistisch, aber immer wieder ein Thema.
Die Mitarbeiter haben ein Recht auf Unversehrtheit. Ohne Kratzer und blaue Flecken nach der Arbeit
nach Hause zu gehen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein, ist aber in unserem Alltag leider nur ein
relatives Gut und bleibt immer unsere Zielsetzung.
Was gibt es?
Eine gute Zusammenarbeit mit der Heimaufsicht des Rheinisch-Bergischen Kreises, die nicht
nur zur Kontrolle, sondern auch für viele offene Fragen der Einrichtung zur Verfügung steht
Unterstützung durch die Berufsgenossenschaft BGW - kostenfreie Beratungsgespräche und
Vermittlung an kompetente Therapeuten für die Hilfe nach Extremerlebnissen und
psychischer Belastung durch Fremdaggression
Konzepte zur Prävention und zum Umgang mit Aggression und Freiheitsentziehenden
Maßnahmen.
Notfallpläne
Einen pädagogisch-therapeutischen Behandlungsplan für Herausforderndes Verhalten
Schulung der Mitarbeiter, Aufbau von Handlungskompetenzen in Stresssituationen,
Supervision, Programm körperlicher Schutztechniken
Eine kontinuierliche, sehr intensive Betreuung und kurze Wege in der Kommunikation – die in
einer vollstationären Einrichtung gut gewährleistet werden kann.
… ausreichende interne Regelungen
Was braucht es?
Fachkräfte – Das ist eine politische Aufgabe!
Die Versäumnisse der letzten Jahre, mit dem Fachkräftemangel sind in den Bereichen, wo mit
Menschen mit Herausforderndem Verhalten gearbeitet wird, jetzt schon besonders zu spüren.
Flankierende Maßnahmen bei Krisenintervention zum Erhalt eines Wohnplatzes – schnell und
unbürokratisch
Es gibt das Kriseninterventionsteam Kompass vom LVR, eine gute Einrichtung, leider mit zu
langen Wartelisten, sodass Unterstützung sehr spät kommt. In unserem Fall haben wir ein
halbes Jahr auf ein Erstgespräch warten müssen. Ein Ausbau der Leistungen ist ausdrücklich
gewünscht. Schnelle Hilfe spart Geld, besonders, wenn dies den Erhalt des Wohnplatzes
sichern kann.
Eine flächendeckende gute psychiatrische Versorgung. Postleitzahlenlotterie!!!
Die LVR-Klinik Langenfeld mit der Station 41 bietet ein spezielles psychiatrisches Angebot für
psychisch erkrankte Erwachsene mit geistiger Behinderung an. Sie sind aber regional nicht für
alle zuständig, obwohl es die einzige Station ist, die fachlich für uns in Frage kommt. Das für
uns zuständige EVK in Bergisch Gladbach zeigte sich mit seiner Akutstation als ungeeignet und
fachlich auf das Klientel nicht vorbereitet. In einem Fall kam es im Laufe der Klinikaufenthalte
zu einer Verschlimmerung der Symptomatik und zu regressivem Verhalten. Es war eine reine
Schutzmaßnahme um ad hoc für Sicherheit zu sorgen, aber als Intervention kontraproduktiv.
Bedarfsdeckend passende, spezialisierte Wohnplätze/ -einrichtungen für Menschen mit
frühkindlichem Autismus und Intelligenzminderung – wöchentliche Anfragen, die bei uns
eingehen, lassen diesen Schluss zu.
Finanzielle Planungssicherheit in der Zukunft, auch bei personenzentrierten
Leistungsentgelten im stationären Bereich.
Studien über Veränderungen über die Lebensspanne (dementielle Veränderungen und
psychische Störungen bei Menschen mit ASS) Wir erleben bereits jetzt das kognitive
Fähigkeiten, trotz Förderung nachlassen. Erhaltungsziele treten immer weiter in den
Vordergrund
Studien zu Herausforderndem Verhalten in Wohneinrichtungen. An einer ersten Studie zum
Thema Selbstverletzendes Verhalten bei Menschen mit Autismus in Wohneinrichtungen, die
in Zusammenarbeit mit der Universität Köln geführt wird, nehmen wir aktuell teil.
Kostenübernahme bei notwendiger Begleitung von Krankenhausaufenthalten.
Das ist ein enormer Aufwand für kleine Wohneinrichtungen.
… Rahmenbedingungen im Umfeld – Einbettung in ein unterstützendes System für
Einrichtungen, auf das man in Krisen schnell zurückgreifen kann.
Vielen Dank
Michael Laforce
Einrichtungsleitung
Grundlagen des TEACCHAnsatzes
TEACCH
Treatment and
Education of
Autistic and related
Communication handicapped
CHildren
„Therapie und pädagogische
Förderung für autistische und in
ähnlicher Weise kommunikations-
Ein Fallbeispiel aus dem
stationären Setting
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
behinderter Kinder, Jugendlicher und
Erwachsener“
Folie 1
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 2
Stimmt, aber: Hinter dem Begriff
Ach, das ist das mit den viele Sachen?
TEACCH steht eine Philosophie * :
• Autismus und dessen Auswirkungen verstehen
• Individuelle Förderdiagnostik & -planung
• Orientierung an den Stärken
• Strukturierung und Visualisierung
• Eltern als Partner
• Langfristig angelegte Hilfen; kein
Heilungsversprechen
(*Schulungsunterlagen Team Autismus)
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 3
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 4
TEACCH setzt also voraus: Autismus und
Fallbeispiel:
dessen Auswirkung zu verstehen.
•
•
•
•
•
•
•
TEACCH ist:
Eine spezifische Art zu denken und in der
Begegnung mit betroffenen Personen die
TEACCH-Brille aufzusetzen.
ASS
TEACC H
TEACCH fragt:
Nach der spezifischen Wahrnehmungs- und
Verarbeitungslogik der betroffenen Person
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 5
Entwicklung
Kategorie 0
Herr P.
geb. 1993
frühkindlicher Autismus
Epilepsie
Einzug im März 2013 aus dem Elternhaus
WfbM
Bei Aufnahme sind zwei erhebliche körperl.
Übergriffe bekannt
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 6
Oktober 2015 „Herr P. muss weg!“
Kategorie I
Kategorie II
Kategorie III
2013
3
5
0
1
2014
5
3
4
1
2015
15
10
27
7
4‘16
3
5
10
2
Kategorie
Beschreibung
0
deutliche Unruhe, hohe Anspannung über Stunden,
Drohen
I
Schlagen, Beißen, Pietschen, Spucken, Treten
II
Erhebliche, wiederholte körperliche Übergriffe über
mindestens 15‘
III
Verletzung durch Autoaggression (Beißen)
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
-Herr P. nutzt sein Zimmer nicht mehr
-Lehnt Anforderungen wie Körperpflege ab
-Verlust an Lieblingsbeschäftigungen
-Vier Einweisungen über PsychKG
Ø Weiterbeschäftigung in Werkstatt ist
fraglich.
Ø Besuche bei den Eltern werden kritisch.
Ø Nach erheblichen Verletzungen stellt sich die
Frage nach dem passenden Wohnort.
Folie 7
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 8
TEACCH: Zwei Wege Ansatz
Betreuende stärken
Anpassen von Umwelt & Anforderung
• Fallbesprechungen mit externer & interner
Beratung
• Stationäre Umstellung Medikation
• Betreuende stärken
•
•
•
•
• Selbstschutz externes & internes Coaching
• Kollegiale Beratung
• Personal ergänzt & zeitlich befristete
Umsetzungen ermöglicht
Anpassen Arbeitsplatz in WfbM
Absprachen mit Eltern
Umzug in das Erdgeschoß
Einsatz von „Krisen-Tasche“
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 9
Analyse Verhalten Herr P.
22.12.2016
Folie 10
Auswirkung Autismus bei Herrn P.
•
•
•
•
•
Verhalten
Besonderheiten in der
Wahrnehmung und Verarbeitung von
Informationen
Typische Probleme in der
Kommunikation
Verhalten satt Kommunikation
Geringe Orientierung zeitlicher Abläufe
Geringe Anpassungsleistung an Veränderung
Fordert stark Verlässlichkeit der Struktur
Vermeidet Anforderung
Typische Probleme im
Sozialverhalten
Besonderheiten in Bezug auf
Interessen und Beschäftigung
Hirnorganische Besonderheiten
Belastete Biografie
Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 11
22.12.2016
Folie 12
Verhalten satt Kommunikation
Anspannungsverlauf
Anspannungsstufen definieren und dokumentieren
Beziehung anbieten
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 13
Geringe Orientierung in zeitlichen Abläufen
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 14
Anpassungsanforderung: Was, wann, wo?
Sicherheit
Wo bin ich wann, was findet satt?
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 15
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 16
Anpassungsanforderung: Was, wann, wo?
Verlässlichkeit von Strukturen
Flexibilität
Personenunabhängige Abläufe
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 17
22.12.2016
Folie 18
Krisen
Strukturen anpassen
November 2016
Herr P. ist krank – die Werkstatt fällt aus –
und die Eltern werden bald in Urlaub fahren…
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 19
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 20
„…Und ich dachte es hätte
aufgehört…“
„Er wusste doch wann er nach Hause
fährt …“
Vorsicht
Ja, aber nur wenn die Routine stimmt!
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 21
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 22
Und nochmal: Flexibilität !!!!!
„…Und was machen wir nun?“
Vorhersehbarkeit schaffen
ASS
TEACCH
Social Stories
Wir erinnern uns an die Brille und betrachten die
Auswirkung des Autismus bei Herrn P.
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 23
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 24
„…Und was braucht es aus unserer Sicht?“
Kooperation
1.
Erhalt von Tagesstruktur für Menschen mit stark
herausfordernden Verhaltensweisen auch in Krisen
2.
WfbM die sich auf diese Klientel ausrichten
3.
Überleitung in die Tagesstruktur der WfbM mittels HPZ
4.
Wohnangebote die personell und fachlich auf die hoch
anspruchsvolle Arbeit ausgerichtet sind
5.
Stationäre klinische Versorgung die in Krisen auch
pädagogisch kooperiert
Es geht weiter …
Für Herrn P. mit dem Thema: Anforderung
Für Sie mit dem nächsten Vortrag
Vielen Dank!
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 25
22.12.2016 Fachtagung Autismus 29.11.2016 Köln, Andrea Betzel
Folie 26
Multimodale AutismusBehandlung in Vernetzung und
Übergang
Symptomatik Autismus Spektrum
Störungen (ASS)
• Qualitative Beeinträchtigung der reziproken sozialen
Interaktion
• Qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation
• Eingeschränktes, stereotypes, repetitives Interessen
Prof. Dr. med. Judith Sinzig
Roswitha Nass
und Aktivitätsrepertoire
Autismus-Spektrum
Frühkindlicher
Autismus
Atypischer
Autismus
Geistige Behinderung,
Keine Sprache
„Low-Functioning“
High-FunctioningAutismus
AspergerSyndrom
TES nnb.
Kinder- und Jugendhilfe – Sozialrechtliche Zuordnung
Hohes Funktionsniveau
(Intelligenz)
Jugendamt
SBG VIII
§35A
Sozialamt
SGB XII
AutismusSpektrum-Störung
Überdurchschnittliche Intelligenz,
Gute Sprache
„High-Functioning“
Niedriges Funktionsniveau
(Intelligenz)
Kinder
und
Jugend
Sozial
hilfe
psychiatri
Kinder
und
Jugend
hilfe
Sozial
Schule
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Kinder
und Jugend
hilfe
Alter
Selbs
thilfe
Kinder
und
Jugend
hilfe
psychiatrie
Selbst
hilfe
bild
ung
Sozial
hilfe
Aus
Psychiatrie
System
Komorbiditäten
bei 70% der Kinder und Jugendlichen liegt eine
weitere psychiatrische Diagnose vor
vgl. Sinzig, 2014
Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörungen
50-60%
Schlafstörungen
44-83%
Zwangsstörungen
35%
Angststörungen
- Spezifische Phobie
- Trennungsangst
-Soziale Phobie
10-40%
44%
10%
10%
Depressive Störungen
10-25%
Störung des Sozialverhaltens
10%
(nach Leyfer et al., 2008)
Kinder
und
Jugend
Sozial
hilfe
psychiatri
Kinder
und
Jugend
hilfe
Sozial
Schule
Kinder
und Jugend
hilfe
Alter
Selbs
thilfe
Kinder
und
Jugend
hilfe
psychiatrie
Selbst
hilfe
Kinder- und Jugendhilfe/ Sozialhilfe
bild
ung
Sozial
hilfe
Aus
Psychiatrie
System
Kinder- und Jugendhilfe / Sozialhilfe
Kinder- und Jugendhilfe
steigender Schweregrad
Schweregrad der
der Alltagseinschränkungen
Alltagseinschränkungen
steigender
Was umfasst die Hilfe konkret?
§ ambulante Hilfen
Ambulante Hilfen
Teilstationäre Hilfen
Stationäre Hilfen
§ Hilfen in teilstationären Einrichtungen
§ Hilfen in stationären Einrichtungen (Wohnformen über Tag und Nacht)
§ Schulbegleiter
§ Autismus-Therapie in einem Autismus-Therapie-Zentrum (ATZ)
§ Frühförderung in einer Frühförderstelle
Ambulante sozialpädagogische
Familienhilfe:
Tagesgruppe:
unterstützen Familien im
häuslichen Umfeld
Kinder/ Jugendliche wohnen
bei Eltern
Hilfe bei der Erziehung und
Alltagsbewältigung
meist bis 13 Jahre
Kinder-/ Jugendwohngruppe,
(therapeutische)
Intensivwohngruppen,
Heilpädagogische Wohngruppen:
Spezialisierung auf Kinder/
Jugendliche mit einer Beeinträchtigung
im Sinne der autistischen Störung ist
wichtig
Warum Jugendhilfe bei ASS?
• Frühe Behandlung
• Umfassendes Betreuungs- und
Behandlungsangebot
• Betreuung und Behandlung in einer Hand
• Langfristige Perspektive
Teil 2:
Wohnen im Erwachsenenalter
• Hohe Stabilität der Diagnose (Nordin & Gillberg, 1998; Howlin et
al.,2004; Billstedt et al., 2005)
Komorbiditäten im
Erwachsenenalter
Verlauf und Prognose
Die langfristige psychosoziale Prognose von Menschen mit ASS ist sehr variabel.
15 % gewinnen eine als „gut“ zu bezeichnende Selbständigkeit
Depressive Störungen
57%
§
Angststörungen
53%
§
Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörungen
35%
§
§
Arbeitsplatz auf dem 1. oder 2. Arbeitsmarkt
Selbstständiges Wohnen (event. mit wenig Unterstützung)
soziale Kontakte zu Mitmenschen, mit denen sie gemeinsame Interessen
verfolgen, sind vorhanden
häufig liegt der ausgeübte Beruf unter dem, was man auf Grund der
kognitiven Fähigkeit und der Ausbildung erwartet würde.
(nach Lever and Geurts, 2016)
Verlauf und Prognose
Etwa 25% erreichen einen Status (…) mit einem geschützten
Arbeitsplatz, einer geschützten Wohnsituation und Kontakten zu
Gleichaltrigen, die aber lose sind.
Etwa 60 % brauchen als Erwachsene sehr viel Hilfe im Alltag, leben
in spezifischen Einrichtungen und haben keine Kontakte mit
gleichaltrigen außerhalb der Einrichtung.
(aus: N.Noterdaeme, Autismus-Spektrum-Störung – ein Überblick zum aktuellen
Forschungsstand, Pädiatrietage 2011)
Prognose abhängig von:
• Sprache
• Intellektuelle Leistungsfähigkeit
• Grad des repetitiven und stereotypen Verhaltens
Vielen Dank
für Ihre
Aufmerksamkeit!
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