Mikroökonomie I Einführung in die Spieltheorie Universität Erfurt Wintersemester 08/09 Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 1 / 28 Spieltheorie Die Spieltheorie modelliert strategisches Verhalten von Agenten (Staaten, Wirtschaftsteilnehmern, Familienmitgliedern, ...), in Situationen, in denen die Entscheidungen der Agenten Auswirkungen auf die anderen Agenten haben. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 2 / 28 Anwendungen der Spieltheorie Wirtschaftliche Entscheidungen I I Oligopole, Kartelle Externalitäten Politische Entscheidungen I Strategische Entscheidungen innerhalb und zwischen Staaten Soziale Interaktionen I Öffentliche Güter Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 3 / 28 Nichtkooperative und kooperative Spiele Kooperative Spiele Die Spieler handeln bindende Verträge aus, auf deren Basis sie gemeinsame Strategien entwickeln können. Beispiel: Käufer und Verkäufer handeln den Preis eines Gutes oder einer Dienstleistung oder ein Joint Venture beider Unternehmen aus (d.h. Microsoft und Apple). Bindende Verträge sind möglich. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 4 / 28 Nichtkooperative und kooperative Spiele Nichtkooperative Spiele Aushandeln und Durchsetzen eines bindenden Vertrages sind nicht möglich Beispiel: Zwei konkurrierende Unternehmen berücksichtigen das wahrscheinliche Verhalten der jeweils anderen Partei, wenn sie den Preis und die Werbestrategie zur Eroberung eines Marktanteils festsetzen. Bindende Verträge sind nicht möglich. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 5 / 28 Normalform-Spiele Normalform-Spiele / Spiele in strategischer Form In einem Normalform-Spiel entscheiden die Agenten (Spieler) simultan. Ein Normalform-Spiel besteht aus: einer Spielermenge einer Strategiemenge für jeden Spieler eine Funktion, die jeder Strategiekombination einen Auszahlungsvektor zuordnet Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 6 / 28 Zwei-Personen-Normalform-Spiele Auszahlungsmatrix Spieler B L R U 3, 9 1, 8 Spieler A D 0, 0 2, 1 Der erste Term bezeichnet jeweils die Auszahlung des Zeilenspielers A; der zweite Term die des Spaltenspielers B. Welche Strategiekombination sollten wir erwarten? Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 7 / 28 Zwei-Personen-Normalform-Spiele Auszahlungsmatrix Spieler B L R U 3, 9 1, 8 Spieler A D 0, 0 2, 1 Beste Antworten: Wenn B L wählt, ist As beste Antwort U. Wenn B R wählt, ist As beste Antwort D. Wenn A U wählt, ist Bs beste Antwort L. Wenn A D wählt, ist Bs beste Antwort R. Welche Strategiekombination sollten wir erwarten? Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 8 / 28 Nash Gleichgewicht Nash Gleichgewicht Ein Nash Gleichgewicht ist eine Strategiekombination, bei der kein Spieler einen Anreiz hat, abzuweichen. Kein Spieler kann durch einseitige Abweichung vom Nash Gleichgewicht eine höhere Auszahlung erreichen. Im Gleichgewicht ist die Strategiewahl des einen Spielers eine beste Antwort auf die gewählte Strategie des anderen Spielers und umgekehrt. Nash Gleichgewichte sind die einzigen “strategisch stabilen” Zustände. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 9 / 28 Zwei-Personen-Normalform-Spiele Auszahlungsmatrix Spieler B L R U 3, 9 1, 8 Spieler A D 0, 0 2, 1 Beste Antworten: Wenn B L wählt, ist As beste Antwort U. Wenn B R wählt, ist As beste Antwort D. Wenn A U wählt, ist Bs beste Antwort L. Wenn A D wählt, ist Bs beste Antwort R. Es gibt zwei Nash Gleichgewichte: (U, L) und (D, R). Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 10 / 28 Zwei-Personen-Normalform-Spiele Auszahlungsmatrix Spieler B L R U 3, 9 1, 8 Spieler A D 0, 0 2, 1 Welches der beiden Gleichgewichte ist “plausibler”? Darüber sagt die Theorie nichts aus! Andere Faktoren können jedoch entscheiden, welches der Gleichgewichte eher zu erwarten ist. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 11 / 28 Das Gefangenendilemma Das Gefangenendilemma (Prinsoner’s Dilemma) ist ein typisches Beispiel für ein Zwei-Personen-Normalform-Spiel. Zwei Gefangene werden unabhängig voneinander und simultan zu einem Verbrechen befragt. Beide können entweder gestehen (“C”) oder schweigen (“S”). Mr. White S C S −5, −5 −30, −1 Mr. Brown C −1, −30 −10, −10 Das einzige Nash-Gleichgewicht ist (C,C). Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 12 / 28 Das Gefangenendilemma Dominante Strategie Strategie, die, unabhängig von den Handlungen des Gegners, immer optimal ist. Mr. Brown Mr. White S C −5, −5 −30, −1 −1, −30 −10, −10 S C Beide Spieler haben C als dominante Strategie. Nash Gleichgewicht: (C,C) Im Gleichgewicht werden die Auszahlungen nicht maximiert! Durch Koordination auf (S,S) könnten beide eine höhere Auszahlung erreichen. Dies ist aber kein Gleichgewicht! Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 13 / 28 Mehr zum Nash-Gleichgewicht Dominante Strategien Ich tue das Beste, unabhängig davon, was Du tust. Du tust das Beste, unabhängig von dem, was ich tue. Nash-Gleichgewicht Ich tue das Beste, was ich kann, unter Berücksichtigung dessen, was du tust. Du tust, unter Berücksichtigung dessen, was ich tue, das Beste, was Du tun kannst. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 14 / 28 Mehr zum Nash-Gleichgewicht Gemischte Strategien Reine Strategie: Der Spieler trifft eine ganz bestimmte Entscheidung. Gemischte Strategie: Der Spieler trifft eine zufällige Entscheidung zwischen zwei oder mehr möglichen Handlungsmöglichkeiten, ausgehend von einer Menge ausgewählter Wahrscheinlichkeiten. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 15 / 28 Matching Pennies Bob Kopf Zahl Jim Kopf Zahl −1, 1 1, −1 1, −1 −1, 1 Kein Nash Gleichgewicht in reinen Strategien. Aber: Ein Nash Gleichgewicht in gemischten Strategien: ({0, 5; 0, 5}; {0, 5; 0, 5}) Jedes (endliche) Normalformspiel besitzt mindestens ein Gleichgewicht (in gemischten Strategien). Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 16 / 28 Battle of the sexes Julia Theater Schwimmbad Theater 2, 1 0, 0 Bob Schwimmbad 0, 0 1, 2 Das Spiel hat zwei Nash Gleichgewichte in reinen Strategien: (Theater,Theater) und (Schwimmbad,Schwimmbad) ...und ein Nash Gleichgewicht in gemischten Strategien: ({2/3; 1/3}; {1/3; 2/3}) I I Mit Wahrscheinlichkeit von je 2/9 gehen beide gemeinsam ins Theater oder ins Schwimmbad, mit Wahrscheinlichkeit 5/9 treffen sie sich nicht. Ihre Auszahlung beträgt: 2/9 × (2; 1) + 2/9 × (1; 2) = (2/3; 2/3) Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 17 / 28 Spiele in extensiver Form Sequentielle Spiele / extensive Form Ein Spiel, bei dem die Spieler nacheinander (sequentiell) entscheiden, wird Spiel in extensiver Form genannt. Die Nash Gleichgewichte eines Spiel in extensiver Form entsprechen den Nash Gleichgewichten der zugehöerigen Normalform. Die Spieler handeln abwechselnd. Die Spieler müssen mögliche Handlungen und rationale Reaktionen jedes Spielers durchdenken. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 18 / 28 Sequentielle Spiele Beispiele Reaktion auf die Werbekampagne eines Wettbewerbers Entscheidung über den Eintritt in einen Markt Reaktion auf neue gesetzliche Regelungen Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 19 / 28 Sequentielle Spiele Szenario: Eine Firma E (Entrant) überlegt, ob sie in einen bestehenden Markt, in dem bereits die Firma I (Incumbent) aktiv ist, eintreten soll oder nicht. Falls E sich für den Markteintritt entscheidet, kann I entweder aggressiv oder kooperativ reagieren. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 20 / 28 Markteintritt-Spiel Die extensive Form des Spiels: E eintreten nicht eintr. I 1;3 koop 3;1 Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) aggr 0;0 Spieltheorie Winter 21 / 28 Markteintritt-Spiel Die Normalform des Spiels: Incumbent kooperativ aggressiv eintreten 3, 1 0, 0 Entrant nicht eintr. 1, 3 1, 3 Das Spiel hat zwei Nash Gleichgewichte: (eintreten,kooperativ) und (nicht eintr., aggressiv) Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 22 / 28 Teilspielperfektes Gleichgewicht Teilspielperfektes Gleichgewicht Ein Gleichgewicht s eines extensiven Spieles T heißt teilspielperfekt, wenn es für jedes echte Teilspiel T’ von T ein Gleichgewicht s’ von T’ induziert. E eintreten nicht eintr. I 1;3 koop 3;1 Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) aggr 0;0 Spieltheorie Winter 23 / 28 Teilspielperfektes Gleichgewicht Das Markteintritt-Spiel hat zwei Nash Gleichgewichte: (eintreten,kooperativ) und (nicht eintr., aggressiv) Das Gleichgewicht (nicht eintr., aggressiv) stützt sich auf die unglaubwürdige Drohung von I bei einem Eintritt von E aggressiv zu reagieren. Dieses Gleichgewicht ist nicht teilspielperfekt. Es ist kein Gleichgewicht in dem Teilspiel, welches nach dem Eintritt folgt. (Eintreten, kooperieren) ist ein teilspielperfektes Gleichgewicht. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 24 / 28 Das Standort-Spiel am Strand Szenario Zwei Konkurrenten, Y und C , verkaufen Erfrischungsgetränke. Der Strand ist 200 Meter lang. Die Sonnenanbeter verteilen sich gleichmäßig über die gesamte Länge des Strandes. Preis von Y = Preis von C . Die Konsumenten kaufen beim nächstgelegenen Verkäufer. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 25 / 28 Das Standort-Spiel am Strand Ozean C Y 0 B Strand A 200 Meter Welchen Standort werden die Konkurrenten wählen (d.h. wo befindet sich das Nash- Gleichgewicht)? Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 26 / 28 Zusammenfassung Ein Spiel ist kooperativ, wenn die Spieler kommunizieren und bindende Verträge schließen können, ansonsten ist es nichtkooperativ. Ein Nash-Gleichgewicht ist eine Menge an Strategien, mit Hilfe derer alle Spieler bei gegebenen Strategien der anderen Spieler ihre Entscheidungen optimieren. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 27 / 28 Zusammenfassung Bei einigen Spielen gibt es kein Nash-Gleichgewicht, wenn nur reine Strategien zum Einsatz kommen. Beim Einsatz gemischter Strategien kann es jedoch ein oder mehrere Gleichgewichte geben. Beim sequentiellen Spiel handeln die Spieler der Reihe nach. Prof. Dr. Dittrich (Universität Erfurt) Spieltheorie Winter 28 / 28