© adimas - Fotolia.com Mechanismen der photokatalytischen Wasserspaltung Mit in-situ IR-Spektroskopie dem Katalysator bei der Arbeit zusehen Die Knappheit fossiler Ressourcen und die globale Erwärmung erfordern die Entwicklung nachhaltiger Energietechnologien. Dabei besitzt die Wasserstofferzeugung durch photokatalytische Wasserspaltung ein großes Potenzial. Sonnenenergie wird in den transportfähigen und nutzbaren Energieträger Wasserstoff V. l. n. r: Prof. Dr. Ralf Ludwig, Lehrstuhl für allgemeine Physikalische und Theoretische Chemie; Dipl.-Chem. Steffen Fischer, Doktorand; Dipl.-Chem. Enrico Barsch, Doktorand, Universität Rostock und Leibniz-Institut für Katalyse an der Universität Rostock. Wasserstofferzeugung durch photokatalytische Wasserspaltung Eine sichere und umweltverträgliche Energieversorgung ist Voraussetzung für eine zufriedenstellende Lebensqualität der Menschen und stellt eine der größten globalen Herausforderungen unserer Zeit dar. Noch immer werden fast 90 % der weltweit genutzten Energie aus den fossilen Ressourcen Kohle, Erdöl und Gas gewonnen. Eine weitere Zunahme der Verbrennung fossiler Energieträger ist infolge der beschleunigten Erschöpfung der Brennstofflagerstätten und der klimatischen Auswirkungen der Freisetzung des Treibhausgases Kohlendioxid nur begrenzt möglich und unerwünscht. In Deutschland ist zudem der Ausstieg aus der Kernenergie politisch gewollt. Für die Zukunft werden deshalb neue Energieszenarien unter besonderer Berücksichtigung der Erschließung und Nutzung erneuerbarer umgewandelt. In diesem Beitrag wird gezeigt, dass die in-situ Infrarot-Spektroskopie wesentlich zum Verständnis der Bildung, des Zustandes und des Zerfalls eines Katalysators beiträgt und damit die Entwicklung eines effektiven und umweltverträglichen Katalysatorsystems möglich macht. Energiequellen benötigt. Dabei spielt die nahezu unerschöpfliche Sonnenenergie eine zentrale Rolle. Heutige Photovoltaikanlagen und elektrochemische Solarzellen nutzen jedoch nur einen Bruchteil dieser Energie. Gefragt ist also die Entwicklung neuer Technologien, die fossile Energieträger zeitnah ersetzen und Lichtenergie in speicher- und transportfähige Energieträger umwandeln können. Im Vergleich zu anderen Konzepten weist die direkte photokatalytische Wasserspaltung zu Wasserstoff und Sauerstoff großes Potenzial auf. Dieses Potenzial wurde vor zwei Jahren in den strategisch orientierten, interdisziplinären und ambitionierten Forschungsvorhaben „Light2Hydrogen“ und „Nano4Hydrogen“ in Rostock (KAi und Universität) in Angriff genommen. Das Ziel war und ist die Entwicklung der Grundlagen für eine Technologie auf photokatalytischer Basis, die mittels Sonnenlicht eine direkte Herstellung von Wasserstoff aus Wasser und nachwachsenden Rohstoffen erlaubt sowie deren erste technische Realisierungen ermöglicht. Katalytisches System Leistungsfähige photokatalytische Systeme zur Wasserspaltung basieren heute auf Halbleitern. Es gibt zahlreiche Beispiele für sehr effektive oxidische Photokatalysatoren auf der Basis von Ti, Zr, Nb, Ta oder W [1]. Diese heterogenen Katalysatoren bringen die Herausforderung mit sich, das entstehende Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff effizient zu trennen. Aufgrund der teilweise sehr komplexen Struktur heterogener Katalysatoren, sind homogene Systeme für mechanistische Untersuchungen deutlich besser geeignet. Die Arbeiten im Bereich der Schwingungsspektroskopie am Institut für Chemie der Universität Rostock sollen Antwort auf folgende GIT Labor-Fachzeitschrift 11/2012, S. 796–798, WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, GIT VERLAG, Weinheim www.gitverlag.com www.git-labor.de Abb. 1: Photokatalytische Wasserspaltung Frage geben: Welche molekularen Strukturen müssen zu Grunde liegen, damit die Erzeugung von Wasserstoff aus Wasser mittels Sonnenlicht gelingen kann? Die photokatalytische Wasserspaltung lässt sich in zwei Teilreaktionen, die Wasseroxidation und die Wasserreduktion (bei der Wasserstoff freigesetzt wird) unterteilen. Ein effektives homogenes System zur Wasserreduktion wurde von Gärtner et. al. entwickelt [2,3]. Wegen der definierten molekularen Struktur dieser homogenen Katalysatoren ist dies ein geeignetes Modellsystem für mechanistische Untersuchungen. In Abbildung 1 sind die Komponenten dieser katalytischen Kaskade dargestellt. Der Photosensibilisator (PS) basiert auf Iridium und wird durch ein Photon des eingestrahlten Sonnenlichts angeregt. Dieser angeregte Komplex reagiert mit einem Elektronendonor (SR) (z. B. Triethylamin) zu einer reduzierten Spezies des Photosensibilisators. Der Wasserstoff entsteht erst nach der Elektronenübertragung auf einen Wasserreduktionskatalysator (WCR), für den sich eine Reihe unterschiedlicher Eisencarbonyle einsetzen lassen. Die Rolle dieser Eisencarbonyle war Hauptgegenstand der IR-spektroskopischen Untersuchungen. In-situ-Infrarot-Spektroskopie und Ergebnisse Für die in-situ-IR-Spektroskopie wird eine Gerätekonfiguration eingesetzt, die aus einem konventionellen IR-Spektrometer der Firma Bruker (Matrix, Tensor) ausgestattet mit einem MCT-Detektor besteht (Abb. 2). Mithilfe einer Mikrozahnringpumpe der Firma HNP (Parchim, Mecklenburg-Vorpommern) wird die Reaktionslösung durch eine zerlegbare IR-Zelle gepumpt. Das Fenstermaterial besteht aus Zinksulfid und die optische Weglänge beträgt 0,1 mm. Der Weg zwischen Reaktionsgefäß und Messzelle wurde kurz gehalten und über den gesamten Bereich temperiert, um so nahezu in-situ-Bedingungen herzustellen. Für die Experimente wurde bewusst auf den Einsatz einer IR-Sonde verzichtet. Neben Kostengründen spielte besonders die zu geringe Empfindlichkeit eine entscheidende Rolle. Mechanistisches Verständnis In einem typischen Experiment wird während der gesamten Reaktionszeit eine Reihe von IRSpektren aufgenommen und simultan die Wasserstoffentwicklung verfolgt. Durch Zerlegung der Absorptionsmatrix mit Hilfe eines mathematischen Algorithmus (PCD – pure component deconvolution), der in Kooperation mit Prof. Neymeyer von der Universität Rostock entwickelt wurde, erhält man die Reinspektren und den Konzentrationsverlauf aller in Lösung befindlichen Eisencarbonyle (Abb. 3) [4,5]. Als Wasserreduktionskatalysatoren wurden verschiedene Eisen-Vorläuferverbindungen getestet. Eine Übersicht dieser Verbindungen zeigt Abbildung 4. Unabhängig vom eingesetzten Komplex wird die Vorläuferverbindung unmittelbar nach Start der Reaktion in das solvatisierte Anion [HFe(CO)4]- umgewandelt. Dies ist die dominante Abb. 2: Experimenteller Aufbau der in-situ Infrarot-Spektroskopie Abb. 3: Aus der Absorptionsmatrix erhält man (a) die Reinspektren und (b) die Konzentrationsprofile der beteiligten Eisencarbonyle. Zusätzlich ist die Wasserstoffentwicklung aufgetragen [2]. Spezies während der gesamten Wasserreduktion. Abhängig von Eisenkonzentration und Wassergehalt tritt beim Einsatz von Eisencarbonyl-Clustern als Vorläuferverbindung [HFe3(CO11)]- in einem photoinduzierten Gleichgewicht mit dem monomeren [HFe(CO)4]- auf. Anionische Eisencarbonyle, sowohl Monomere als auch Dimere oder Trimere, spielen die zentrale Rolle im Zyklus der photokatalytischen Wasserspaltung. Diese anionischen Komplexe und ihre durch den Photosensibilisator reduzierten Spezies, lassen sich durch den Einsatz von „elektronenziehenden“ Phosphorliganden stabilisieren. Phenylphosphinliganden mit Substituenten, die einen starken induktiven Effekt ausüben, erwiesen sich als außerordentlich gut geeignet. Die Arbeitsgruppe Beller am Leibniz-Institut für Katalyse hat eine Reihe unterschiedlicher Liganden im Hinblick auf eine Steigerung der Aktivität in der Wasserspaltung getestet. Die Turn-Over-Frequencies (TOF) konnten signifikant gesteigert werden. Die höchste Aktivitätssteigerung konnte erzielt werden, wenn Phosphor und Eisen im Verhältnis 1 zu 3 eingesetzt wird. In diesem Fall lassen sich als aktive Katalysatorspezies Dimere und Trimere eines Ligand-modifizierten Eisencarbonyls beobachten. Bei Ligandüberschuss wurde eine Hemmung der Wasserspaltung beobachtet. Mit Hilfe der in-situ-IR-Spektroskopie konnten dieses Phänomen erklärt werden. Dimere und Trimere werden durch hohe Ligandkonzentrationen zerstört und durch Mehrfachsubstitution am monomeren Eisencarbonyl kommt es unter Reaktionsbedingungen zur Bildung eines gesättigten und katalytisch inaktiven Fe(CO)3L2. Fazit Vor fünf Jahren begannen am Institut die ersten verstärkten Aktivitäten im Hinblick auf die Anwendung der Schwingungsspektroskopie in der Katalyse. Dies war wesentlich durch die Arbeiten von Marc Garland motiviert [6]. Er konnte die Leistungsfähigkeit der Kombination einer empfindlichen in-situ-Spektroskopie und eines Algorithmus für die Zerlegung der spektroskopischen Daten eindrucksvoll zeigen. Mit Hilfe des Abb. 4: Sämtliche untersuchten Eisencarbonyle werden unter Reaktionsbedigungen zum Hydridmonomer [HFe(CO)4] umgesetzt. Programms BTEM ist ihm auf dem Gebiet der unmodifizierten Rhodium-katalysierten Hydroformylierung der Nachweis einer Reihe bis dahin unbekannter Metallkomplexe unter den Standardbedingungen der Hydroformylierung gelungen. In enger Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wurden daraufhin im Institut umfassende mechanistische Untersuchungen zur Ligand-modifizierten Hydroformylierung durchgeführt [5,7,8]. Neben der Hydroformylierung und dem hier näher erläuterten Beispiel der photokatalytischen Wasserspaltung, werden außerdem Untersuchungen zur asymmetrischen Hydrierung, Aminierung und Decarboxylierung durchgeführt. Danksagung Diese Arbeiten wären nicht möglich gewesen ohne die Finanzierung durch das BMBF für das Vorhaben „Light2Hydrogen“ im Rahmen der Initiative „Spitzenforschung und Innovation in den Neuen Ländern“ und durch den Europäische Fonds ESF der Europäischen Union für das Vorhaben „Nano4Hydrogen“. Besonderer Dank gilt den Kooperationspartnern Angelika Brückner, Matthias Beller und Henrik Junge am Leibniz-Institut für Katalyse. Dank gebührt auch Armin Börner für die Anregung der schwingungsspektroskopischen Aktivitäten in der Arbeitsgruppe im Bereich der Katalyse. Literatur [1]Kudo A. & Miseki Y.: Chem. Soc. Rev. 38, 253–278 (2009) [2]Gärtner F. et al.: Chem. Eur. J. 17, 6425–6436 (2011) [3]Hollmann D. et al.: Angew. Chem. 123, 10429– 10433 (2011) [4]Neymeyr K. et al.: J. Chemometrics 24, 67–74 (2010) [5]Sawall M. et al.: J. Chemometrics DOI: 10.1002/ cem.2463 (2012) [6] Kubis C. et al.: ChemCatChem 2, 287–295 (2010) [7] Kubis C. et al.: Chem. Eur. J. 18, 8780–8794 (2012) [8] Li C. et al.: Angew. Chem. 114 3939–3943 (2002) ▶ ▶K o n takt Prof. Dr. Ralf Ludwig Institut für Chemie Abteilung Physikalische Chemie Universität Rostock Tel.: 0381/498-6517 Fax: 0381/498-6524 [email protected]