Resonanzen vier mit Jean-Guihen Queyras Sonntag 20. März 2016 gr or w ß u t Liebe Freunde des Ensemble Resonanz, herzlich willkommen zu unserem Resonanzen-Konzert »der Anbetung«! n o i t a n e i z g s a a uss F er ie A d g d n r u e b üb . i n e e r e h h i e c n sg s , e s B de nau e i d n En < hi n n zte iert e e »D , let szin r h e c a n i r a n e p f t n S r r r n a h A i i e k hb r d h e c e a m d n e n m , h i E e c i >ic r s s s u a u n d o a r , w h e e c t a b i t d , a n l , n n e p n We ht hab Schall len ka o n ic . h e e r « r d e g r n d e fe t wie un u h a a l j leer es Wor hrer Be i es t z n t a e l h h t c i r ich m and Ba Rol Ich freue mich riesig, heute Abend unseren ersten Artist in Residence Jean-Guihen Queyras wieder bei uns in den Resonanzen zu sehen und bin mir sicher, dass es Ihnen genauso geht. Wir betreten mit ihm heute Abend den musikalischen Kommunikationsraum einer Sprache »der Anbetung«. Es geht um Ehrfurcht gebietende Meisterschaft, um Musik, die uns zum Niederknien schön erscheint. Allerdings: »Wer vor Vorbildern zu tief in die Knie geht, kommt oft schwer wieder hoch«, warnt unser Programmtexter Patrick Hahn und stellt fest: »In der Kunst ist Beten verboten.« Behalten wir also trotz aller Verehrung einen klaren Blick. So wie Anton Kraft in seinem Cellokonzert, in dem seine Verehrung Haydns ebenso spürbar ist wie ein eigener empfindsamer Melos und sein Hang zu volkstümlicher Derbheit. Zwischen diesen Polen wird der Solopart so außergewöhnlich virtuos, dass nur wenige Cellisten diese Herausforderung annehmen. Wir freuen uns daher um so mehr auf diese gemeinsame Premiere mit Jean-Guihen Queyras! In Dialog tritt Kraft heute sowohl mit dem Wiener Wunderkind Erich Wolfgang Korngold, der in seinem Streichsextett hörbar seiner BrahmsBewunderung freien Lauf lässt, als auch mit Alban Bergs Klaviersonate op. 1 (in einer Bearbeitung für Streichsextett von Heime Müller), bei deren Komposition die Vorstellung seines zufriedenen Lehrers Arnold Schönberg durchaus ab und zu noch durch seinen Kopf gespukt haben mag. Ob Sie aber diesen im Innenleben der Werke verborgenen Verbeugungen folgen mögen oder sich von ihrer ganz eigenen eingeschriebenen Meisterschaft beeindrucken lassen - ich wünsche Ihnen einen schönen Konzertabend! Herzlich, Ihr Tobias Rempe 2 3 z kon e am r g o r tp r m e a nk Alban Berg (1885-1935) Klaviersonate op. 1 Erich Wolfgang Korngold (1897-1957) Streichsextett D-Dur op. 10 Bearbeitung für Streichsextett von Heime Müller Bearbeitung für Streichorchester von Peter Rundel Anton Kraft (1752-1820) Violoncellokonzert C-Dur op. 4 I. II. III. IV. für Violoncello und Orchester I. Allegro aperto II. Romance III. Rondo alla Cosacca ra bo e g n te »Wir werfen Anker in die Musikgeschichte und ins Leben« - mit diesem Credo hat das Ensemble Resonanz fünf Angebote rund um jedes Resonanzen-Konzert entwickelt, die alle Interessierten in neue Erfahrungs- und Erlebnisräume laden. Hierfür gehen die Musiker an neue Orte und öffnen die Türen ihres resonanzraums für Einblicke hinter die Kulissen. Moderato – Allegro Adagio Intermezzo (Moderato con grazia) Finale (Presto) Intro Dienstag 15.03.2016, 18 Uhr resonanzraum St. Pauli Jean-Guihen Queyras, Violoncello und Leitung Ensemble Resonanz Jean-Guihen Queyras im Salon-Gespräch. Der Eintritt ist frei. Pause Werkstatt Mittwoch 16.03.2016, 15:30 Uhr resonanzraum St. Pauli ike s u m In der Werkstatt öffnet das Ensemble die Türen des resonanzraums für eine ungeschminkte Probe. Der Eintritt ist frei. r Violine Barbara Bultmann, Meesun Hong (Konzertmeisterinnen), Tom Glöckner, Corinna Guthmann, Benjamin Spillner, Swantje Tessmann, Lutz Bartberger, Rebecca Beyer, Anna-Kathrin Faber, Hulda Jónsdóttir, Laura Kania Viola Justin Caulley, Tim-Erik Winzer, David Schlage, Michael Falter, Hannah Klein, Lucía Nell, Thomas Rühl Flöte Melina Elbe-Hegenauer, Siiri Alli Sofia Niittymaa Offbeat »der anbetung« Mittwoch 16.03.2016, 19:30 Uhr Nil No.6 Oboe Daniel Bondia, Juan Rivas Ein kulinarisch-musikalisches Experiment mit einem Überraschungsmenü zu Kompositionen von Kraft, Berg und Korngold - im Gespräch mit Jean-Guihen Queyras. Eintritt / Verzehr: 20 Euro, Tickets auf ensembleresonanz.tickets.de Fagott Christian Ganzhorn, Francisco Esteban Horn Elsa Schindler, Victoria Duffin Violoncello Saerom Park, Jörn Kellermann, Andreas Müller, Andreas Voss Trompete Friedemann Schult-Klingner, Valentin Erny Kontrabass Anne Hofmann Pauke Christoph Nünchert HörStunde Freitag 18.03.2016, 18 Uhr resonanzraum St. Pauli Eine Konzerteinführung mit ganzem Ensemble. Vor dem Konzert in der Laeiszhalle erläutern Musiker und Solisten in der HörStunde einzelne Passagen des Programms, erzählen aus der Probenarbeit und stellen musikgeschichtliche Bezüge her. Ein kleines, moderiertes Vorkonzert. Der Eintritt ist frei. Ausflug Mit dem Anker Ausflug möchte das Ensemble die Musik jedes Resonanzen-Konzertes an neue Orte bringen, zu Menschen, die sonst nicht die Möglichkeit haben, ins Konzert zu kommen. In der Saison 15/16 richtet sich der Ausflug an jugendliche Geflüchtete, in Kooperation mit Hajusom. After-Party Nach jedem Resonanzen-Konzert laden wir in den resonanzraum (Feldstraße 66) zu einer kleinen After-Party mit Essen und Getränken an der Bar. Kommen Sie vorbei! Begleitend zu diesen Angeboten finden Sie auf ensembleresonanz.com auch einen Blog (ResoLab) mit Anekdoten, Links und Videos zum Thema. 4 5 p zum r am og r m Aus einer Zeit, in der die Stadt Köln noch nicht vor allem unter dem Hashtag #koelnhbf oder #Silvester berühmt war, aus einer Zeit, in der die durchreisenden Virtuosen sich noch an der Kunstsinnigkeit und Begeisterungs­ fähigkeit der Rheinländer erfreuten und nicht hämische Bemerkungen über ein durch Minimal-Music ausgelöstes »Harpsichord-Riot«, #whyareyouafraid, durch das soziale Netz geisterten, aus jener Zeit stammt jene Beobachtung des Action-Teachers und PhilosophiePerformers Bazon Brock. »In Köln hatte sich etwas zugetragen, das man für eine Anekdote halten könnte: einmal wöchentlich erschien eine alte Bäuerin aus der Eifel im Wallraffmuseum vor einem Altarbild, kniete dort nieder und verrichtete ihre Gebete. Dies wurde ihr von den Museumswärtern als nicht erlaubt verwiesen; das übrige Publikum reagierte teils spöttisch, teils aggressiv, so daß sich die fromme Frau ihrerseits düpiert fühlte und es zur grundsätzlichen Frage kam: Darf ein bis dahin in der Dorfkirche verehrtes Altarbild, nachdem es als Kunstwerk ins Museum abtransportiert wurde, weiterhin im rituellen Kontext verwendet werden oder nicht? Mit anderen Worten: Darf man im Museum beten?« Bazon Brock macht an dieser Begebenheit eine grundsätzliche Verschiebung fest, die im Umgang mit Kunstwerken zu erleben ist. Im Kunsttempel sei »ein Verhalten den angeblich autonomen Kunstwerken der Moderne­gegenüber gang und gäbe, das man früher in Sakralräumen angemessen fand, obwohl ja die Autonomie der modernen Kunst g ­ erade aus der Fähigkeit des Künstlers begründet wird, der sakralen Aura, der theologischen Kontexte entraten zu k ­ önnen.« Aber auch umgekehrt beobachtet Brock, dass der Gebrauch von Sakral­räumen zunehmend säkularisiert wird. »Das Museum Ludwig hatte sich aber – dies ein Treppenwitz des Welt­geistes – seitlich neben dem Kölner Dom ausge­ breitet. ­Raffinierterweise ermöglichten die A ­ rchitekten in einem Flügel dieses Museums den Blick auf das ­G otteshaus. Sie machten damit die Wechselbeziehung überdeutlich, die zwischen den Leuten besteht, die im Museum beten, indem sie Bilder als Kunstwerke meditierend anschauen, die aber nie als solche gemalt worden sind, sondern um Kirchen zu schmücken, und den Leuten, die sich im Dom zu Köln wie Touristen, d. h. wie säkularisierte Betrachter, verhalten«. Die Frage, die hinter diesen Beobachtungen steht, ist natürlich die Folgende: Verändern sich künstlerische Werke, je nachdem ob man sie in ihrem funktionalen Kontext (z.B. an der Kirchenwand) beobachtet – oder ob man sie als autonome Kunst (im Museum) ansieht? Kann man sie überhaupt begreifen, wenn man sie ihres ursprünglichen Kontextes beraubt? Mancher Kunstliebhaber wird diese Frage hintanstellen und sich daran erfreuen, dass er sieht, dass er sehen darf, dass er wahrnehmen darf. Er wird es bejahen, Paul Klees Hauptweg und Nebenwegen gegenüberzustehen, mit den Augen auf ihnen zugehen. Vielleicht wird er es im Geiste anbeten und wenn er Franzose ist, wird er höchstwahrscheinlich sagen: »j’adore« – »ich bete es an«. Nicht nur Kunstwerke verlassen gelegentlich ihren ursprünglichen Kontext, auch Worte. Und die Anbetung ist in der französischen Sprache längst ihrer Rück­bindung, ihrer re-ligio, an geistliche Kontexte entwachsen. »Angebetet« wird längst nicht mehr nur die Gottheit oder das was sie ausdrückt. Längst betet man in der französischen Alltagssprache das neue Heidelbeer-Karamell-Eis oder Chips mit Zwiebel und Käsegeschmack an. Den Geliebten oder die Geliebte, »je t’adore«, sowieso. Alban Berg Sonate für Klavier op. 1 rhythmische Figuren scheinen dem großen Vorbild entlehnt. Doch gerade darin, wie Schönberg und Berg diese ähnlichen Materialien verwenden, erkennt Theodor Adorno den Unterschied zwischen beiden: »Schönberg hat die Quartenakkorde utopisch erfunden; Berg, mit dem langen, verhüllten Blick der Erinnerung ins Vergangene­eingesenkt, um das zu sorgen seine Musik noch im kühnsten Augenblick nicht vergisst. So ist das Verhältnis von Meister und Schüler geblieben, als längst der Schüler selbst ein Meister war.« Oft ist aber die Anbetung auch das Erste, was eine Sprache zunächst einmal erweckt. Schon Platon Berg breitet auf engstem Raum eine Fülle thematischer ­umschreibt in seinem Symposium, wie die Erziehung Charaktere aus mini­malem Motivmaterial aus. Zugleich zum Wahren, Schönen und Guten mit der Erfahrung gelingt es ihm, diese in strenge Einheit zu bringen, was des Eros anhebt – mit einer Liebe, die einem den Adorno mit dem Begriff Zugang zur ästhetischen von der » ­ Tendenz zum Erfahrung erst eröffnet. totalen DurchführungsVermutlich hätte sich charakter« umschreibt. Alban Berg dagegen verNicht mehr die klare wahrt, wenn man seine dialektische ­Haltung Beziehung zu seinem von zwei verschiedenen Lehrer Arnold Schönberg Themen ist bestimmend als erotisch bezeichnen für diese Sonate, sondern würde. Aber wie sehr Berg die ­p ermanente wechsel­ seinen Lehrer Schönberg seitige Verwandlung der bewunderte, dafür genügt Motive. Entsprungen es, sich seine Sonate op. ist diese Arbeitswei1 anzuschauen. »Ich mach se ­kontrapunktischem jetzt so für mich eine ­D enken, wie Berg in Klaviersonate«, schrieb kritischer Abgrenzung er Ende Juli 1907 an eine zur französischen und Freundin in Amerika. zur russischen Schule Aber sie war nicht nur hervorhebt: »Nimm »so für ihn«, sie wurde dem D ­ ebussy und Ravel, sein Gesellenstück in S ­ krjabin und wie sie Schönbergs Klasse, von heißen, die gewisse­verder er seiner Freundin schwommene Harmonie vorschwärmte »Freilich weg, was bleibt? (Bei gewinnt man durch SchönAlban Berg Debussy vielleicht zwei, bergs enormes Können drei Motive von 5 Tönen) einen grandiosen ÜberIn Werken Schönbergs aber, besser an Stellen, wo eine blick über die ganze Musikliteratur und ein gesundes gewisse ähnliche Harmonik vorkommt: Ganztöne und und richtiges Urteilsvermögen. Und das ist gut! Denn Quarten-Akkorde, wird man dann eben immer jene bei dem Vielen, was jetzt zusammenkomponiert wird unerhörte Melodik finden, die sich’s an einer Stimme und auch von Zeitung und Publikum gepriesen wird, nicht genug tut, sondern im ununterbrochenen Kontrawird der G ­ eschmack nur zu leicht korrumpiert. Das punkt vieler gleich schöner Themen fortschreitet.« wirklich Gute erringt ja doch nur spät Anerkennung – Diese kontrapunktische Verdichtung führt dazu, dass und wenn es dennoch früh geschieht, ist’s gewöhnlich man im Grunde jeder Stimme in dieser Sonate mit nur Modesache!« Eine Hommage an Schönberg mag dem Ohr folgen möchte, sie auskosten, sie in ihrem man bereits in der Einsätzigkeit der Sonate erkennen: Wechselspiel mit den anderen Stimmen begreifen will. wie Schönbergs wegweisende Kammer­symphonie, in Und so ist es ein großer Dienst, den der Geiger Heime der Schönberg die ganze Welt einer (üblicherweise Müller den Hörern erwiesen hat, als er Bergs Sonate drei-fünfsätzigen) S ­ infonie in ­einem Satz konzentrierte. für Streichsextett bearbeitete. Müller war sechzehn Zunächst drei­sätzig konzipiert, wollte Berg nach dem Jahre Mitglied im Artemis-Quartett und hat – als sein ersten Satz »lange nichts rechtes einfallen«, wie er Quartett sich einen Ausflug ins Sextett-Repertoire schreibt, worauf ihn Schönberg beruhigte: »Nun, dann gestattete – dieser besonderen Gattung durch seine haben Sie eben alles g ­ esagt, was zu sagen war!« Doch Bearbeitung ein bedeutendes Werk hinzugefügt. Eine ist dies nicht die ­einzige Parallele: die charakteristiBearbeitung die dem Ohr durchsichtiger werden lässt, schen Quarten-Intervalle des Beginns der Kammerwas sich dem studierenden Auge in der Partitur offen symphonie prägen auch das Thema der Sonate, auch In seinen Fragmenten einer Sprache der Liebe hat Roland Barthes daher natürlich auch unter dem Lemma »Anbetungs­würdig« einen kleinen Eintrag verfasst, in dem er über die Anbetungswürdigkeit des Liebes­ subjekts reflektiert. »Mit einer sonderbaren Logik nimmt der Liebende den Anderen als Ganzes wahr, und zugleich scheint ihm dieses Ganze einen Rest zu enthalten, den er nicht aussprechen kann. Es ist der ganze Andere, der ihm eine ästhetische Vision einflößt: er preist ihn als vollkommen, er rühmt sich, eine vollkommene Wahl getroffen zu haben; er stellt sich vor, dass der ganz Andere, ganz wie er selbst, nicht um dieser oder jener Eigenschaft willen geliebt werden möchte, sondern als Ganzes, als dieses Ganze, er gewährt ihm das in Gestalt eines leeren Wortes, denn »Ganz« läßt sich nicht inventarisieren, ohne dass man es verkleinert: in »Anbetungswürdig!« fasst keine bestimmte Eigenschaft Fuß, sondern nur das Ganze des Affekts. Wenn aber anbetungswürdig alles sagt, so sagt es zugleich doch auch, was dem »Alles« fehlt; es will jenen Aspekt des Anderen bezeichnen, dem mein Verlangen speziell gilt, aber dieser Aspekt ist nicht zu bezeichnen; nie werde ich etwas von ihm wissen; meine Sprache stammelt, lallt immer dann, wenn ich ihn auszusprechen versuche, aber ich werde nie etwas anderes hervorbringen können als ein leeres Wort, das gleichsam der Nullpunkt aller Orte ist, an denen sich das ganz besondere Verlangen gebildet hat, das ich diesem Anderen entgegenbringe (und nicht einem anderen).« Roland Barthes umschreibt das Dilemma, das in der Anbetung das Gegenüber zwar in seiner Ganzheit wahrgenommen und aufgehoben ist – und dabei jedoch das Spezifische, das Besondere verfehlt wird. Er schließt daher, »Anbetungswürdig ist die flüchtige Spur einer Müdigkeit, einer Müdigkeit der Sprache.« 6 7 zert C-Dur. Aus ihm spricht nicht nur die Kenntnis, sondern auch die Bewunderung für Haydn – ohne jedoch in Anbetungsstarre zu verfallen. Denn aus dem Melos seines Konzertes spricht von Anfang an der Ton einer neuen, empfindsamen Zeit – viel eher dem romantischen Duktus Carl-Philipp Emmanuel Bachs ähnlich, als dem Klassizismus Haydns. Ja, man meint gar einen Hauch von Symphonie fantastique aus diesem Werk herauszuhören. Dass Krafts Cellokonzert so wenig bekannt ist, könnte auch mit seiner unglaublichen Virtuosität zusammenhängen. Hier werden die höchsten Gipfel erklommen und die tiefsten Anton Kraft Täler durchschritten. Ein abenteuerlicher Ritt, der Violoncellokonzert C-Dur op. 4 vor allem dann seinen Zauber entfaltet, wird er mit Leichtigkeit vollführt: als »Allegro aperto«, als offeDas Cello sei »ein Stück Holz, das oben kreischt und nes Allegro wie die Satzunten brummt«, dachte überschrift verlangt. Der noch Antonìn Dvořák, zweite Satz hebt für verbevor er selbst eines feinerte Ohren vielleicht der schönsten Celloetwas feierlich-gestelzt konzerte schrieb. Ob er an – die unmittelbar dardas gleiche gedacht hätte, auf vom phantasierenden wenn er einmal seinen Cello umschmeichelt Landsmann Anton Kraft werden, das sich erneut spielen gehört hätte? Es in Zwiegesänge mit den existieren selbstverständHörnern begibt. Der lich keine Tonaufnahmen Schlusssatz ist als Rondo von Schloss Esterhazy, geschrieben und hier wo Anton Kraft 20 Jahre lässt Kraft aufscheinen, Jahre seine Hauptwirdass er sein Leben nicht kungsstätte hatte, als nur am Hofe verbracht Solocellist in Haydns behat. Schließlich ist er rühmter Hof kapelle. Die Sohn eines Bierbrauers einzigen »Aufzeichnungewesen! Und schöpft im gen«, die uns bis heute »Kosaken-Rondo« (Ronseine stupenden Fähigdo alla cosacca) aus der keiten ahnen lassen, sind dialektischen Spannung die Kompositionen Joseph zwischen volkstümlicher Haydns, die darauf schlieDerbheit und der Kunst ßen lassen, welch virtuoser Ausschnitt aus der Cellostimme aus dem der entwickelnden VariaCellist ihm zur Verfügung dritten Satz Rondo alla Cosacca tion. gestanden haben muss. »Ungemeine Leichtigkeit und Sicherheit« attestieren ihm die Zeitgenossen ebenso wie sie von seinem »schönen, vollen Ton schwärmten«. In seinen beiden Cello-Konzerten kostet Haydn beides aus. Lange Jahre Erich Wolfgang Korngold gingen nicht wenige Musikologen gar davon aus, dass Streichsextett D-Dur op. 10 Kraft selbst die beiden Haydn-Konzerte verfasst haben müsse, bis schließlich der Fund des Autographs Mitte Mit dem Begriff der »entwickelnden Variation« des 20. Jahrhunderts endlich Aufschluss über Haydns umschrieb Arnold Schönberg die Kunst von Johannes Urheberschaft gab. Das Kraft-Feld dieses AusnahmeBrahms und leitete daraus unmittelbar seine ZwölfCellisten, wenn das Wortspiel gestattet ist, strahlte ton-Technik ab. Brahms ist die gemeinsame Wurzel für jedoch weit darüber hinaus. Kraft war Mitbegründer des zahlreiche Entwicklungen im Wien um 1900 ebenso wie Schuppanzigh-Quartetts, war mit sämtlichen Wiener der Nachhall von Richard Wagners Chromatik. Einen Klassikern – Haydn, Mozart und Beethoven – per Du und gemeinsamen Kristallisationspunkt finden diese beiden Beethoven setzte sich bei Erzherzog Rudolf persönlich wichtigen Einflüsse ausgerechnet im Streichsextett. für den »alten Kraft« ein, um ihn auf den Posten des Diese Gattung, die von Brahms mit zwei bedeutenden ersten Celloprofessors am Konservatorium der MusikWerken geprägt wurde, erhielt durch Arnold Schönfreunde zu hieven. bergs Sextett Verklärte Nacht nach einem Gedicht von Nur wenigen Liebhabern sind die Werke bekannt, die Richard Dehmel eine wichtige Erweiterung: Hier fanden Kraft selbst verfasst hat, darunter sein Cello-KonProgrammmusik und eine bis an ihre Grenzen gedehnte Chromatik im kammermusikalischen Satz zusammen. In dieser Traditionslinie steht auch das Streichsextett op. 10 von Erich Wolfgang Korngold, das Korngold bereits als Siebzehnjähriger komponierte. Korngold war ein »Wunderkind« und hatte vor allem damit zu kämpfen, dass sein Vater Julius Korngold ein einflussreicher Kritiker war, der dem Schönberg-Kreis ablehnend gegenüber stand. Vor seinem Streichsextett hatte er bereits seine zweite Oper, Violante, vollendet. Deren tragische Liebes-Geschichte spielt im Venedig des 16. Jahrhunderts zur Karnevalszeit. Wie stets während der Arbeit an großen Werken, wandte sich Korngold mit dem Sextett »zur Erholung« der Kammermusik zu. Korngold vollendet das Werk im Sommer vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Alt-Aussee. darlegt. Wer dies tut, der entdeckt vielleicht, dass, wie Adorno schreibt, »unter der dünnen erzitternden Hülle der vorgesetzten Form seine ganze dynamische Gewalt liegt, mit all ihren technischen Korrelaten, bereit; wer ihrer Dialektik mit dem Vorgesetzten innezuwerden vermag, den wird sie auch dann nichts ins akustische Chaos reißen, wenn sie später, fessellos, die wahre Form aus sich selber erzeugt.« Korngolds Handschrift unverkennbar. Abgesehen von Richard Strauss kann keiner der Komponisten unserer Zeit so persönlich und individuell schreiben wie er.« Gewidmet hat Korngold das Sextett Dr. Carl Ritter von Wiener – jenem Arzt, der ihn mit einem Attest davor bewahrte, als Soldat in den Krieg ziehen zu müssen. Nicht nur der Kontext verwandelt die Lesbarkeit eines Kunstwerks. Es ist auch der Blick, den wir auf das Werk werfen, der es verändert. Ist es ein kritischer Blick? Ist es ein liebender Blick? Sucht er das Detail zu fassen, oder das Ganze? Die Anbetung oder die Faszination sind so etwas wie das letzte Mittel. »Denn die Beschreibung der Faszination kann, letzten Endes, nie über die Aussage »ich bin fasziniert« hinausgehen. Wenn ich das Ende der Sprache erreicht habe, da wo sie, nach Art einer leerlaufenden Schallplatte, nur immer ihr letztes Wort wiederholen kann, berausche ich mich an ihrer Bejahung.« Setzen wir sie ein. Verschwenderisch. Er begann die Komposition mit dem Adagio, das später der zweite Satz des viersätzigen Werkes werden soll. Dieses Adagio ist nicht nur Ausgangspunkt, sondern auch emotionales Zentrum des Werkes. Es beginnt mit einer Dissonanz, mit einem Riss: Die Bratsche lässt die Tonalität schon mit dem zweiten Achtel von D-Dur nach d-Moll rutschen, die größtmögliche Reibung, eine kleine Sekunde, hängt für einen Augenblick in der Luft. Eine Vorahnung oder gar eine Reaktion auf die politischen Ereignisse in Europa? Der ganze Satz schwankt zwischen HoffErich Wolfgang Korngold nung und Verzweiflung und nimmt damit bereits die Stimmung seiner Oper »Die tote Stadt« vorweg. Das sich anschließende Intermezzo steckt voller Wiener Schmäh, mit Ländlern, die man sonst nur so von Gustav Mahler kennt. Doch auch hier meint man in den Glissandi der Streicher nicht nur Übermut zu vernehmen, sondern dabei zuzuhören, wie der Halt für Augenblicke abhanden kommt. Solche Unsicherheiten fegt das Finale hinweg. Kunstvoll verbindet Korngold hier noch einmal Elemente der vorangegangenen Sätze und führt das Sextett an ein »glückliches Ende«. Mit einem wuchtigen, von Fuge und Kontrapunkt geprägten Sonatensatz hat Korngold einen eindrucksvollen Anfang für das Sextett geschrieben. So eigenwillig wie er hier die Harmonik einsetzt, beweist er, dass er zwar den traditionellen Techniken verpflichtet ist, diese jedoch im Dienste des Ausdrucks bis an neue Grenzen zu führen vermag. Der Rezensent der Uraufführung, Josef Reitler, pries denn auch das Talent des Nachwuchsstars: »Schon vom ersten Takt an ist Erich Wolfgang 8 9 Patrick Hahn ist seit dieser Saison Künstlerischer Programmplaner beim Gürzenich- Orchester Köln. 2011-15 Dramaturg an der Oper Stuttgart, 2003-08 intensive Tätigkeit für WDR3. Lehraufträge an den Musikhochschulen von Stuttgart und Luzern. 2012 erhielt er den Reinhard Schulz Preis für Musikpublizistik. Lieber Jean-Guihen, neben und trotz Deiner internationalen Solo-Karriere trifft man Dich vor allem in kammermusikalischen Formationen. Gerade probst du in Berlin mit dem Arcanto-Quartett, auch mit internationalen Kammerorchestern arbeitest Du häufig und intensiv. Was fasziniert Dich daran? Das ging schon als Kind in einem kleinen französischen Dorf in Frankreich los. Meine Cellolehrerin hatte bemerkt, dass ich etwas anders talentiert bin als die anderen Kinder, trotzdem wollte sie, dass ich sozial integriert bin und so habe ich nach jeder Dreiviertelstunde Einzelunterricht vier Stunden Kammermusik mit der ganzen Klasse gemacht. Dieses Geben und Nehmen beim Musikmachen mit anderen, bei dem man sich ständig in Frage stellen muss, ist für mich seitdem absolut essenziell. Was man auch nicht vergessen darf, ist dass wir als Musiker mit all dem Üben ohnehin sehr viel alleine sind - und ich bin jemand, der einerseits das Solitäre genießt, aber auf keinen Fall ausschließlich. Als Student habe ich dann sehr viel Quartett gespielt. Und eine sehr besondere kammermusikalische Begegnung ist die mit dem Ensemble Resonanz. Ich arbeite viel mit internationalen Kammerorchestern, aber dieses intime, persönliche Kammermusizieren, das sich anfühlt wie mit einem Quartett aus 15 oder 20 Personen zu spielen, das gibt es nur hier. Das ist so eine zerbrechliche Struktur und Alchemie, ich finde das ein Wunder, wie das funktioniert. Das macht das Stück sehr unterhaltsam, da hört man Sachen, die man sonst nie hört. Die Frage ist ja, warum brauchen wir Anbetung in der Kunst. Ich persönlich schaue sehr viel nach oben, das ist wahrscheinlich ein essenzieller Teil meines Daseins als Musiker. Ich bete Kollegen an, natürlich Meisterwerke von früher, für mich ist die Anbetung wichtig für den kreativen Prozess. Aber sie kann auch eine Gefahr sein: ihre Kehrseite ist natürlich, dass man ein Ideal hat und dabei feststecken bleibt, das ist dann der Tod für die Kunst. Denn die Magie im Konzert entsteht ja durch das Unbekannte, die Improvisation, das, was man jedes Mal neu hereingibt und riskiert. Wir setzen ja bei jedem Konzert alles aufs Spiel. Da spielt auch eine Rolle, mit welcher Haltung man auf die Bühne geht. Ich sage mir oft, ich werde mich nicht übertreffen müssen, sondern das tun, was ich kann. Und wenn es gut ist, ist es gut. Indem man Druck rausnimmt, loslässt, atmet, hat man mehr Chancen, kreativ zu sein. Wenn Du in Berlin bist, übernachtest Du bei Tabea Zimmermann, spielst mit ihr im Quartett und teilst mit ihr die Erfahrung der Residency beim Ensemble. Habt ihr Euch da eigentlich auch ausgetauscht? Ich werde Dir von einer Erfahrung berichten, die ich vor zwei Jahren gemacht habe. Ich hatte meine erste China-Tournee mit der Rotterdamer Philharmonie und Yannik Nézet-Séguin. Das erste Konzert war in einer für China kleineren Stadt mit 16 Millionen Leuten, wir kommen an, die Leute kommen 15 Minuten vorm Konzert, es war nicht besonders still, aber unglaublich lebendig. Da ist etwas ganz besonderes passiert. Am nächsten Tag haben wir in Beijing gespielt, da waren Angestellte vom Saal, sie sahen aus wie Polizistinnen, und die sind während des Spiels im Kostüm mit riesigen Tableaus herumgelaufen, auf denen mit Leuchttext stand: »Handys aus, nicht rauchen, nicht reden, nicht laut sein« etc. In diesem Konzert ist nichts passiert. Gar nichts. Ich war wütend! Wir sind dorthin gekommen mit einer Reihe von Konventionen, klassische Musik ist dies und das, und jenes darf man auf gar keinen Fall. Aber das Problem ist, wenn es zu viele Rituale gibt, killen sie die eigentliche Anbetung. Sowie manche steife Regeln dem Verhältnis zu Gott im Weg stehen können. Dann kannst du gar nicht mehr frei nach oben schwingen. Ich glaube manche Musiker haben die schönsten musikalischen Erlebnisse in kleinen Sälen, vielleicht auf dem Land. Aber ja! Die Resonanz-Phasen sind sehr berühmt in ihrer Intensität… Ich war auch nicht erstaunt, dass Tabea die Erfahrung ähnlich besonders empfunden hat wie ich, denn wir sind uns sehr nah. Wir kennen uns seit inzwischen 30 Jahren und ich erinnere mich ganz genau an das Gefühl, als ich das erste Mal mit ihr Kammermusik gespielt habe. Da ist eine Substanz im Klang, ein Charisma, das sie sofort an alle um sie weiterleitet. Deshalb habe ich Euch damals gegenseitig empfohlen, ich wusste, dass das gut passen würde. Das heutige Programm dreht sich um das Thema »der Anbetung«. Es geht um Werke, zum Niederknien schön, um Meisterschaft in der Kunst - und Bewunderung. Patrick Hahn schreibt dazu: »In der Kunst ist Beten verboten.« Wie viel Kniefall steckt denn für Dich drin? Oh einiges. Alban Berg befindet sich sehr viel auf den Knien, aus Leidenschaft, Verlangen, einem Gefühl von Unerreichbarkeit. Aus Liebe natürlich. Dabei hat er eine ganz eigene, unabhängige Sprache, sehr weit weg von Bruckners Spätromantik oder Schönbergs Zwölftonmusik. Diese Unabhängigkeit verbindet ihn für mich mit Korngold. Und Krafts Cellowerk ist einfach unheimlich virtuos und wurde aus diesem Grund auch sehr wenig gespielt. Man spürt bei ihm seine Verehrung für die alten Meister, zum Beispiel in der Struktur, aber er bringt unheimlich viele neue Ideen rein. 10 11 Geht das manchmal in unbekannten Räumen besser als im klassischen Konzertsaal mit seinen bekannten Ritualen? Betest du? Nein, ich bete nicht, aber ich habe das Bedürfnis, zu mir zu kommen, zu meinem Zentrum. Diese Bewegung (nach innen) geht mit dieser Bewegung (nach oben) zusammen – man muss zu sich kommen um nach oben reichen zu können. Ich glaube fromme Menschen suchen das im Beten. Ich meditiere eher. Vertrauen müssen wir in irgendeiner Weise finden, sonst kannst Du nicht schaffen, keine Kunst machen. Das Interview führte Elisa Erkelenz je u an g u q n ihe s ey r a für Kammermusik ein. Er ist ein bis heute aktives Gründungsmitglied des Arcanto Quartetts; mit Isabelle Faust und Alexander Melnikov bildet er ein festes Trio; Letzterer und Alexandre Tharaud sind häufige Klavierpartner. Darüberhinaus erarbeitete er zusammen mit den ZarbSpezialitisten Bijan und Keyvan Chemirani ein mediterranes Programm. Jean-Guihen Queyras ist regelmäßiger Gast bei renommierten Orchestern wie dem Philadelphia Orchestra, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Philharmonia Orchestra, Orchestre de Paris, NHK Symphony, Orchestre de Paris sowie am Leipziger Gewandhaus und an der Tonhalle Zürich. Er arbeitet dabei mit Dirigenten wie Iván Fischer, Philippe Herreweghe, Yannick Nezet-Séguin, Jiři Bělohlávek, Olivier Knussen und Sir Roger Norrington. Die Diskographie von Jean-Guihen Queyras ist beeindruckend: Seine Aufnahmen der Cellokonzerte von Edward Elgar, Antonìn Dvořák, Philippe Schoeller und Gilbert Amy wurden von der Fachkritik begeistert aufgenommen. Im Rahmen eines Schumann gewidmeten Projektes von harmonia mundi spielt er derzeit gemeinsam mit Isabelle Faust und Alexander Melnikov alle Klaviertrios ein, während das Freiburger Barockorchester unter der Leitung von Pablo Heras-Casado mit dem jeweiligen Solisten alle Konzerte Schumanns aufnimmt. Die Einspielung des Cellokonzertes wird mit dem Klaviertrio Nr. 1 gemeinsam auf einer CD Anfang 2016 veröffentlicht. In der Saison 2015/16 wird Jean-Guihen Queyras Artist in Residence der Wigmore Hall sein. Zu den weiteren Höhepunkten zählen Engagements mit dem GürzenichOrchester Köln unter François-Xavier Roth, Orquesta Nacional de España unter Vladimir Ashkenazy, Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Sir Roger Norrington und Yomiuri Symphony Orchestra unter Sylvain Cambreling. Im Frühjahr 2016 spielt er zusammen mit der Amsterdam Sinfonietta die Uraufführung von Thomas Larchers Cellokonzert »Cerha«. Jean-Guihen Queyras hat eine Professur an der Musikhochschule Freiburg inne und ist künstlerischer Leiter des Festivals »Rencontres Musicales de Haute-Provence« in Forcalquier. Er spielt ein Cello von Gioffredo Cappa von 1696, das ihm das Mécénat Musical Société Générale zur Verfügung stellt. 12 re z Mit seiner einzigartigen Programmatik, Spielfreude und künstlerischen Qualität zählt das Ensemble Resonanz zu den führenden Kammerorchestern weltweit. In innovativen Programmen spannen die Musiker den Bogen von der Tradition zur Gegenwart. Die alte wie die zeitgenössische Musik gleichermaßen lebendig zu präsentieren ist dabei Leitgedanke und Motor. Enge künstlerische Partner des Ensembles sind Tabea Zimmermann und Jean-Guihen Queyras, die das Ensemble als Artist in Residence begleiteten, sowie Emilio Pomàrico, der ihnen in dieser Funktion zur Saison 16/17 folgen wird. Neben weiteren namhaften Solisten und Dirigenten arbeiten auch zahlreiche Komponisten wie Enno in re ve Neugier und Vielfalt prägen das künstlerische Wirken von Jean-Guihen Queyras, und stets bleibt das Wesentliche die Musik. Auf der Bühne und bei Aufnahmen erlebt man einen Künstler, der sich mit ganzer Leidenschaft der Musik widmet, sich dabei aber vollkommen unprätentiös und demütig den Werken gegenüber verhält, um das Wesen der Musik unverfälscht und klar wiederzugeben. Diese Ethik der Interpretation lernte Jean-Guihen Queyras bei Pierre Boulez, mit dem ihn eine lange künstlerische Zusammenarbeit verbindet. Die Erfahrungen im Umgang mit Komponisten bestärken ihn, Emotionen aus sich selbst, aus der Musik heraus entstehen zu lassen, nicht durch Aspekte der Interpreten außerhalb der Musik. Nur wenn alle drei Komponenten auf derselben Wellenlänge liegen – die innere Motivation von Komponisten, Interpret und Publikum – entsteht ein gelungenes Konzert. Mit diesem Ansatz geht Jean- Guihen Queyras in jede Aufführung, stets mit makelloser Technik und klarem und verbindlichem Ton, um sich ganz der Musik hinzugeben. So nimmt er sich mit gleicher Intensität sowohl Alter Musik – wie bei seiner Zusammenarbeit mit dem Freiburger Barockorchester, der Akademie für Alte Musik Berlin und dem Concerto Köln, mit denen er 2004 in der Carnegie Hall New York debütierte – als auch zeitgenössischen Werke an. U.a. hat er Kompositionen von Ivan Fedele, Gilbert Amy, Bruno Mantovani, Michael Jarrell und Johannes-Maria Staud zur Uraufführung gebracht. Im November 2014 spielte er das Cellokonzert von Peter Eötvös anlässich seines 70. Geburtstags unter der Leitung des Komponisten ein, zum 100. Geburtstag von Dutilleux trat er mit dessen Cellokonzert auf. Diese Vielfältigkeit hat viele Konzerthäuser, Festivals und Orchester dazu bewegt, Jean-Guihen als Artist in Residence einzuladen, wie das Concertgebouw Amsterdam, Festival d’Aix-en-Provence, Vredenburg Utrecht und De Bijloke Gent. Mit dem Ensemble Resonanz tourte er als Leiter und Solist in den Saisons 2010-13 durch Europa. Mit großem Engagement setzt sich Jean-Guihen Queyras mit weiteren herausragenden Musikerinnen und Musikern e ns le b m e an n o s res on an z Lassen Sie uns Freunde werden! Um die hohe Qualität seiner Konzerte und Musik-vermittlungsprogramme weiter anbieten zu können, ist die Unterstützung durch musikbegeisterte Menschen unverzichtbar für das Ensemble Resonanz. Ob als Musikerpate, als Fördermitglied oder als Freund: Im Verein Resonanz nehmen Sie aktiv am Konzertleben 13 Poppe, Beat Furrer, Rebecca Saunders, Georg Friedrich Haas, Isabelle Mundry oder Georges Aperghis eng mit dem Ensemble zusammen. Konzerte und Produktionen führen die Musiker weltweit an die führenden Konzerthäuser und Festivals. In Hamburg hat das Musikerkollektiv als Ensemble in Residence der Laeiszhalle mit großem Erfolg die Konzertreihe »Resonanzen« etabliert, die als Katalysator des Musiklebens nun in der 14. Saison Furore macht. Ab Januar 2017 wird die Residency in der Elbphilharmonie fortgeführt, während die Heimat des Ensemble Resonanz mitten in St. Pauli, im frisch eröffneten resonanzraum im Bunker, bleibt. Innovative Musikvermittlungsprojekte und alternative Konzertformen wie die »Ankerangebote« und die Konzertreihe urban string sorgen für direkten Dialog mit dem Publikum und weisen den Weg in die Zukunft. des Ensembles teil, werden zu exklusiven Veranstaltungen geladen und erfahren, was hinter den Kulissen des Ensembles passiert. Natürlich freut sich das Ensemble als freies Orchester auch über einmalige Spenden — wir beraten Sie gerne, welche Projekte aktuell besonders in Frage kommen und sind auch offen für Ihre Ideen der Unterstützung. Als Freund des Ensembles füllen Sie Ihr Leben mit Musik. Seien Sie dabei! Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf! Hans Ufer: +49 40 467 733 90, [email protected] Elisa Erkelenz: +49 40 357 041 765, [email protected] Bankverbindung Verein Resonanz: Hamburger Sparkasse IBAN: DE06200505501280341239 BIC: HASPDEHHXXX dank und impressum Das Ensemble Resonanz dankt seinen Förderern und Partnern: Förderer: Musiker-Paten: Hildegard Blum-Lüning, Nikolaus Broschek und Ingeborg Prinzessin zu Schleswig-Holstein, Dr. Diedrich Haesen, Roswitha und Konstantin Kleffel, Klaus Luka, Johanna Münchmeyer, Dr. Lutz und Christiane Peters, Peter Steder, Rudolf Stilcken und Angelika ­ Jahr-Stilcken, Matthias Tödtmann, Gerhard D. Wempe KG, Gabriele Wilde sowie weitere anonyme Musiker-Paten Außerdem danken wir noch folgenden Personen und Institutionen: Hans Ufer und Angela Schäffer, Fritz Bultmann und dem gründerboard resonanzraum Herausgeber: Ensemble Resonanz gGmbH, Handelsregister HRB 87782. Der Text von Patrick Hahn ist ein Originalbeitrag für dieses Programmheft. Unterstützer der Resonanzen: Fotonachweise: Tobias Rempe (Jonas Lindstroem), Ankerangebote (Jann Wilken), Jean-Guihen Queyras Interview (Jann Wilken), Biografie (Franc˛ois Sechet), Ensemble Resonanz (Tobias Schult), Berg und Korngold gemeinfrei, Kraft Partitur public domain Interview: Elisa Erkelenz Redaktion: Elisa Erkelenz, Anna Gundelach Geschäftsführung: Tobias Rempe Development und Kommunikation: Elisa Erkelenz Projektmanagement und interne Planung: Jakob Kotzerke K.S. Fischer-Stiftung Projektmanagement und Konzertplanung: Heike Ressel Buchhaltung und Sekretariat: Christine Bremer Veranstaltungsmanagement resonanzraum: Marten Lange Medienpartner der Resonanzen: Assistenz Development und Kommunikation, Assistenz der Geschäftsführung: Anna Gundelach Assistenz Projektmanagement: Bianca Cantelli Gestaltung: B-99 Druck: Druckerei Siepmann, Hamburg 21. APRI L BIS 22. MAI 2016 »F R EIH EIT« „ Das ist immer der Publikum ein Teil Musik. “ ALICE SARA OTT BOSTON SYMPHONY ORCHESTRA • KENT NAGANO • THOMAS HENGELBROCK ÜB E R L E BENSMU SI K • PATRIC IA KOPATC HIN SKAJA • PAAVO JÄRVI E N S E M B L E R E S O N A N Z • J E F F R E Y TAT E • PAV E L H A A S Q UA RT E T JA MI E WOON • J OH AN N A WOKALEK • FELIX KUBIN u .v.a. WW W. MU SIKFEST-HAMBURG.D E KULTURPARTNER DES ENSEMBLE RESONANZ Ermöglicht durch UKW-Frequenzen unter ndr.de/ndrkultur, im Digitalradio über DAB+ Hören und genießen Foto: Paul Schirnhofer | NDR Papier: Everprint Premium, Geese Papier, Henstedt-Ulzburg Vorschau Resonanzen fünf »der utopie« Donnerstag 28. April 2016 Laeiszhalle, Kleiner Saal, 20 Uhr Freiheit. Gleichheit. Brüderlichkeit. Die Ideale der französischen Revolution waren die Ideale Beethovens. Mit Napoleons Selbsterhebung zum Kaiser war Beethovens Hoffnung auf eine baldige Veränderung der Verhältnisse gebrochen – nicht jedoch sein Geist der Utopie. Schönberg nahm mit seiner Ode an Napoleon unmittelbar Bezug auf Beethovens Fünfte und die Marseillaise. Ein Lobgedicht auf Napoleon wird darin zum beißenden Kommentar auf das weltpolitische Geschehen während des zweiten Weltkriegs, eine Brandrede zur Beendigung der Barbarei. Jahrzehnte später verarbeitet -teris Vasks die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts in einem hochvirtuosen Pe Violinkonzert. Er lässt eine bessere Welt im »fernen Licht« aufscheinen. Tobias Schwencke kommentiert mit seiner Bearbeitung den Umstand, dass Hanns Eisler gleich zweimal eine »deutsche Hymne« vertont hat. Sieg der Freiheit? Konzertprogramm Hanns Eisler (1898-1962) / Tobias Schwencke (*1974) Zwei Deutsche Hymnen Für Streichquartett, Klavier und Sprecher Arnold Schönberg (1874-1951) Ode to Napoleon Buonaparte op. 41 Für Streichquartett, Klavier und Sprecher Ludwig van Beethoven (1770-1827) Streichquartett f-Moll op. 95 Fassung für Streichorchester von Gustav Mahler Pēteris Vasks (*1946) Violinkonzert »Distant light« Alina Ibragimova (Violine und Leitung) Stefan Litwin (Klavier) David Moss (Sprecher) Ensemble Resonanz Das Konzert findet im Rahmen des Internationalen Musikfests Hamburg statt. Ankerangebote Intro Stefan Litwin und Tobias Schwencke im Salon-Gespräch. Sa 16.04.2016, 18 Uhr, resonanzraum St. Pauli. Der Eintritt ist frei. Werkstatt Ungeschminkte Ensemble-Probe. Mo 25.04.2016, 15:30 Uhr, resonanzraum St. Pauli. Der Eintritt ist frei. Offbeat Eine Lesung mit Musik zu untergegangenen und utopischen Gesellschaften, mit dem Autor Carsten Brandau und dem Komponisten Tobias Schwencke am Klavier. Sa 16.04.2016, 19:30 Uhr, resonanzraum St. Pauli. Eintritt 10 Euro, Tickets auf ensembleresonanz.tickets.de und an der Abendkasse HörStunde Programmeinführung mit ganzem Orchester. Di 26.04.2016, 18 Uhr, resonanzraum St. Pauli. Der Eintritt ist frei. Tickets: 040 357 666 66