Organisation des Unterrichts im Querschnittsfach „Bildgebende Verfahren, Strahlenbehandlung, Strahlenschutz“ (Radiologie-Kurs) Kursteil Radiologie & Nuklearmedizin Kursteil Neuroradiologie & Strahlentherapie Klinik für Diagnostische Radiologie und Nuklearmedizin Institut für Neuroradiologie Klinik für Strahlentherapie Direktor Prof. Dr. J. Barkhausen Direktor: Prof. Dr. P. Schramm Direktor: Prof. Dr. J. Dunst Frau PD Dr. I. Buchmann (Leiterin Sektion Nuklearmedizin) PD Dr. D. Hunold PD Dr. A. Frydrychowicz PD Dr. J.P. Goltz PD Dr. F. Vogt Prof. Dr. D. Rades (Chefarzt) Prof. Dr. G. Kovacs (Leiter Brachytherapie) Kursus Bildgebende Verfahren/Strahlenbehandlung/Strahlenschutz Vorlesung Strahlentherapie Einführung & Allgemeine Grundlagen Beispiel: Brustkrebs Lernzielkatalog Am Ende der Vorlesung und des Kurses sollen Sie folgende 10 Fragen sicher beantworten können: • Was ist Strahlentherapie? • Welche Patienten werden in der Strahlentherapie/Strahlenklinik behandelt bzw. wann kommt eine Strahlentherapie in Betracht? • Welche Geräte und technische Methoden werden eingesetzt? • Wie funktioniert Strahlentherapie (biologische Wirkung)? • Was kann man durch eine Strahlentherapie für den Patienten erreichen? • Wie läuft eine Behandlung für den Patienten ab? • Welche Nebenwirkungen und Risiken sind möglich? • Was muss der Patient beachten? • Was bedeuten die Begriffe „kurative“ und „palliative“ Krebstherapie? • Erläutern Sie einen multimodalen Behandlungsplan am Beispiel des Mammakarzinoms! Radiologische Disziplinen Radiologische Diagnostik Untersuchung mit konv. Röntgen, CT, MR, Ultraschall Interventionelle Radiologie (Punktionen, Stents, Dilatationen, Neurolyse) Weiterbildungszeit: 5 Jahre Teilgebiete: Neuroradiologie, Kinderradiologie Strahlentherapie/Radioonkologie Therapie mit Röntgenstrahlen (Linearbeschleuniger) Therapie mit umschlossenen Nukliden (Brachytherapie, Ir-192) Medikamentöse Tumortherapie, Palliativmedizin Weiterbildungszeit 5 Jahre (4-5 J Strahlentherapie, fakultativ 0,5 Jahre int. Onkologie, 0,5 Jahre Rad. Diagnostik) Nuklearmedizin Diagnostik mit offenen Nukliden (Szintigraphie, PET) Therapie mit offenen Nukliden (z.B. Radiojodtherapie) Weiterbildungszeit 5 Jahre Strahlenbiologie Medizinische Physik Anforderung von Untersuchungen mit ionisierenden Strahlen: nur durch fachkundige Ärzte Anfordern von Röntgenuntersuchungen erfolgt heutzutage immer über die digitale Akte. Die Anforderung muss durch einen fachkundigen Arzt (Fachkunde nach RöV) erfolgen Was haben diese beiden gemeinsam ? AKW Krümmel Genehmigung und Betrieb unterliegen Linearbeschleuniger der Strahlenschutzverordnung (SSV) Klinik für Strahlentherapie Univ. zu Lübeck Tätigkeitsfelder einer typischen radioonkologischen Klinik 1200 Patienten / Jahr (600 – 2500) 1000 neue Patienten mit Tumoren • • • • • • • • 100 Patienten mit Zweitbestrahlung 100 Patienten mit gutartigen Erkrankungen Nachbestrahlung bei Brustkrebs (300) definitive Radiotherapie (RT) bei Prostata-Ca (100) def./postop. RT/Radiochemotherapie (RCT) bei HNO-Tumoren (100) def./postop. RT/RCT bei gyn. und urogenitalen Tumoren (100) Prä-/postoperative Bestrahlung bei Darmkrebs und GI-Tumoren (100) Hirntumoren (50), Lungenkrebs (50), Leukämien/Lymphome (50) Krebs bei Kindern (5) Metastasen (200), andere 70-jähriger Patient mit Prostatakarzinom wurde mit alleiniger externer Strahlentherapie in IMRT- Technik mit 8 Feldern behandelt. Das Bild zeigt einen Isodosenplan (hier in n Colorwash-Darstellung). Das Zielgebiet (PTV, Prostata) wird homogen erfasst (roter Bereich). Außerhalb des Zielgebietes sind die Strahlendosen deutlich niedriger; relevante dauerhafte Folgen der Bestrahlung sind bei diesen Dosen nicht zu erwarten. In den 8 Einstrahlrichtungen werden aber geringe Strahlendosen verabreicht. Die Hautdosis ist aber so niedrig, dass eine Hautreaktion nicht auftritt. (Elektronen-) Linearbeschleuniger (youtube: how a linac works) Primärblendensystem (fokussiert Strahl auf max. 40x40cm² in 100cm Abstand vom Fokus) Multi-Leaf-Kollimator MLC (gibt dem Feld die individuelle Form, 80-120 computergesteuerte Miniblenden) MLC Ionisierende Strahlung (Brems- bzw. Elektronenstrahlung) Prinzip der externen Bestrahlung mit Linearbeschleuniger Fokus Raumlaser Isozentrum • Gerät (bzw. schwenkbarer Teil= Gantry) dreht sich um einen virtuellen Punkt im Raum (Isozentrum). • Isozentrum ist 1000mm vom Fokus (Strahlerzeugung) entfernt • Isozentrum ist durch Lasersysteme im Raum markiert. • Patient wird auf dem Bestrahlungstisch so gelagert, dass der geometrische Mittelpunkt des Zielvolumens im Isozentrum liegt. • Das Gerät (bzw. der Strahl) „schaut“ immer auf den Mittelpunkt des Zielvolumens („Beam´s eye view“), auch wenn Gerät oder Tisch gedreht werden. Tumorbehandlungen an einem Klinikum der Maximalversorgung Chirurgie Gyn HNO Andere Urologie Pädiatrie NC Innere Hämatologie Radioonkologie Uniklinik Halle 2000 Schätzungen anhand Klinischem Krebsregister Fazit: Wenn ein Krankenhaus eine Strahlentherapie-Abteilung hat, werden dort die meisten Krebspatienten behandelt. Normale Zelle Krebsentstehung aus einer normalen Zelle Dysplasie spontan rückbildungsfähig Schwere Dysplasie Bösartige Krebszelle In-situ-Karzinom Invasives Karzinom nicht mehr spontan rückbildungsfähig Verlauf von Krankheiten Verschlechterung schwere Lungenentzündung Krebs Rückenprobleme, Bluthochdruck Zeit Ereignisfreies Überleben (EFS) und Gesamtüberleben (OAS) sind fast identisch: Die Primärtherapie entscheidet über Leben und Tod oder: Das Rezidiv ist meistens tödlich Daten der deutschen Ewing-Sarkom-Studien, Behandlungszeitraum 1981-1999 0.61±0.04 0.57±0.04 PP (no pMet) Wie kann man Krebs mit Strahlentherapie heilen? Technische Voraussetzungen: 1. Der Tumor (das Zielgebiet) kann exakt lokalisiert werden. 2. Die Strahlung (Energiedosis) kann genau im Zielgebiet deponiert werden. Biologische Voraussetzungen: 1. Ionisierende Strahlung kann Krebszellen inaktivieren 2. Es bestehen Unterschiede zwischen malignen und benignen Zellen/ Geweben. Wo wirkt Röntgenstrahlung in der Zelle ? Membranschäden >30Gy Proteinschäden >50Gy DNS-Schäden Zelltod: >1Gy Mutationen: keine Grenze Wirkungsweise der Strahlentherapie subzellulär Target: DNS Direkte Strahlenwirkung & indirekte (über Wechselwirkung mit Wasser und Radikalbildung) Abbildungen aus: Kaufmann/Moser/Sauer: Radiologie Reparatur von DNS-Schäden: schnell und effizient Nach Bestrahlung mit nur 1 Gy entstehen an der DNA in jeder Zelle: • etwa 3000 Basenschäden • 1000 Einzelstrangbrüche • 40 Doppelstrangbrüche und „Bulky lesions“ Abbildung aus: Kaufmann/Moser/Sauer: Radiologie Die Reparatur erfolgt enzymvermittelt innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden (Halbwertszeit der DNAReparatur: ca. 20-30min) und hinterlässt überwiegend eine vollkommen schadenfreie DNA. Auch Doppelstrangbrüche werden entgegen früherer Meinungen überwiegend (in ca. 95%) korrekt repariert. Überlebende Zellen in % (logarithmisch) SF 100% Die zytotoxische Strahlenwirkung ist bei den meisten Zellen/Geweben ähnlich und kann mit mathematischen Formeln gut beschrieben werden. Heute wird meistens das linear-quadratische Modell (LQ-Modell, / -Modell) verwendet. SF = e –(D + D2) =1/Gy; = 1/Gy2 Einheit für / = Gy Der α-β-Wert ist ein mathematisch berechneter Wert (keine Dosis!!), der die Fraktionierungsempfindlichkeit eines Gewebes beschreibt (entspricht mathematisch dem „Krümmungswinkel“ der Schulterkurve) 10% Überlebensfraktion bei 2Gy: ~50% 1% 0 2 4 6 Strahlendosis D in Gray (Gy)(linear) Zusammenfassung: • Alle Zellen lassen sich durch Röntgenbestrahlung inaktivieren/abtöten. Es gibt keine absolute Strahlenresistenz. • Biologische Strahlenwirkung beruht auf Induktion von DNS-Schäden. • Bei kleinen Strahlendosen: vollständige Reparatur • Mit zunehmender Dosis: unvollständige Reparatur, Zelltod Klinische Wirkung einer Strahlentherapie Beispiel: Brustkrebs Brusterhaltende Therapie Wie kann man das örtliche Rückfallrisiko verringern? Annahme: 45-jährige Patientin, Tumor wurde entfernt, aktuell gesund, Stadium pT1 pN1 M0 Rückfallrisiko in der Brust/ an der Brustwand innerhalb von 10 Jahren Keine weitere lokale Therapie ca. 30% Chemo- oder Hormontherapie ca. 25% Brustamputation ca. 10% Nachbestrahlung ca. 4% (+ Systemtherapie) Fazit: nach Tumorentfernung ist Bestrahlung gleichwertig wie Radikal-OP Tumorzellen können wandern und breiten sich mikroskopisch (mit bloßem Auge unsichtbar) in die Umgebung aus: Der „Krebs“ ist immer größer als er mit bloßem Auge oder in der Bildgebung erscheint mikroskopische Ausdehnung sichtbarer Tumor Nach Operation (auch bei mikroskopisch freien Resektionsrändern, sog. R0-Resektion) können mikroskopisch kleine Reste in der Umgebung des ehemaligen Tumors zurück geblieben sein mikroskopische Ausdehnung sichtbarer Tumor R0 = tumorfreier Resektionsrand / R1= Tumorzellen am Resektionsrand R2= sichtbarer makroskopischer Tumor nach OP vorhanden Überlebende Zellen in % (logarithmisch) SF 100% Der Unterschied in der Strahlenwirkung (Zelltod) ist zwischen Normalgewebe (benigne) und Tumoren (maligne) bei etwa 1,5 bis 2Gy relativ am größten. = größte therapeutische Breite Normalgewebe mit niedriger Proliferationsrate z.B. ZNS, Niere, Muskelgewebe. (/-Wert = 2-3Gy) 10% 1% Normalgewebe mit hoher ProliferationsRate, z.B. Knochenmark, Darmmukosa, Hoden. „strahlenempfindliche“ Tumoren, z.B. HNOTumoren, Plattenepithel-Ca. (/-Wert = 10Gy) 0 2 SF = e –(D + D2) =1/Gy; = 1/Gy2 / = Gy 4 6 Strahlendosis D in Gray (Gy)(linear) Überlebende Zellen in % (logarithmisch) 100% 1x 6Gy 3x 2Gy Erholung/Reparatur zwischen 2 Fraktionen Halbwertszeit der Reparatur: ca. 30min Zeitintervall für vollständige Erholung: 6h 60% 22% 10% 1,25% 1% 0 Überlebensfraktion (SF) bei (in diesem fiktiven und übertriebenen Beispiel) 2 1x 2Gy: 60% 3x 2Gy: 22% 1x 6Gy: 1% 4 6 Strahlendosis in Gray (Gy)(linear) Warum Strahlentherapie nach Operation ? • Tumoren breiten sich mikroskopisch in die Umgebung aus. Der Tumor muss deshalb entweder „weit im Gesunden“ reseziert werden oder man muss mikroskopische Tumorreste im gesund erscheinenden Normalgewebe in der Umgebung des ehemaligen Tumors durch anschließende Bestrahlung vernichten. • Gesundes Gewebe kann Strahlenschäden an der DNA besser reparieren als die meisten Tumorzellen. Deshalb Bestrahlung mit niedriger Dosis pro Tag (ca. 1,82,0Gy) an fünf Wochentagen (konventionelle Fraktionierung). • Typische Dosis für Nachbestrahlung bei Brustkrebs: 50Gy in 25-28 Fraktionen (à 1,8 bis 2,0Gy) in 5-6 Wochen, anschl. Boost 5-8x 2Gy auf Tumorbett/OP-Gebiet. • Nachbestrahlung ist beste Methode, um örtlichen Rückfall (Rezidiv) zu verhindern. • Kombination von kleiner Operation und Bestrahlung ermöglicht Organerhalt und gute lokale Tumorkontrolle (z.B.: Brustkrebs, Kehlkopfkrebs, Blasenkrebs). Fraktionierungsschemata: Definitionen Konv. Fraktionierung 5x wöch. 1,8 – 2,0Gy (z.B. 35x 2Gy) Gesamtdosis ca. 50-70Gy für die meisten Karzinome (Dauer ca. 5-8 Wochen) 1 2 3 4 5 6 7 Wochen Typische Strahlendosen (jeweils Gesamtdosis bei konv. Fraktionierung): • Gutartige Erkrankungen (z.B. Fersensporn): bis 10Gy • Ganzkörperbestrahlung vor Knochenmarktransplantation: 12Gy (LD50/30=4,5Gy) • Lymphome: 20-30Gy • Prä-oder postop. Bestrahlung bei Karzinomen und Sarkomen: 50-60Gy • Definitive Bestrahlung bei inop. Tumoren: 60-70Gy • Höchste Strahlendosis: ca. 80Gy bei Prostata-Ca (kleines Zielvolumen) • Strahlenchirurgie: 1x25Gy oder 3x 15Gy, biologisch äquivalent zu >100Gy Nach Operation (auch bei mikroskopisch freien Resektionsrändern, sog. R0-Resektion) können mikroskopisch kleine Reste in der Umgebung des ehemaligen Tumors zurück geblieben sein mikroskopische Ausdehnung sichtbarer Tumor R0 = tumorfreier Resektionsrand / R1= Tumorzellen am Resektionsrand R2= sichtbarer makroskopischer Tumor nach OP vorhanden Mikroskopisch kleine Tumorreste nach OP können weiter wachsen und einen örtlichen Rückfall verursachen (Lokalrezidiv). Das höchste Risiko für verbliebene Tumorzellen ist direkt im OP-Gebiet mikroskopische Ausdehnung Strahlendosis: ca. 50-60Gy in 5-6 Wochen Boost auf Risikogebiet Standard: 1. Ganze Brust: 50Gy in 5 Wochen 2. Narbe/ehem. Tumorregion: zusätzlicher Boost mit 10-16Gy in 1-1,5 Wo., Gesamtdosis ca. 60-66Gy Strahlenbiologische Begründung: die zur dauerhaften Beherrschung der Tumorerkrankung notwendige Strahlendosis hängt von der „Volumenkonzentration“ von Tumorzellen ab. Mehr Tumorzellen erfordern höhere Strahlendosen Strahlentherapie bei Brustkrebs Grundlage Nach der Operation können einzelne mikroskopische Reste in der Umgebung zurück geblieben sein. Diese können durch Nachbestrahlung inaktiviert werden. Zielvolumen • Brust nach brusterhaltender OP: immer • Brustwand nach Mastektomie: bei hohem Rezidivrisko nämlich pN+ oder pT3-4 (nicht bei pT1-2 pN0) • axilläre Lymphknoten: früher praktisch nie. NEU: fast immer bei LK-Befall • supraklavikuläre Lymphknoten: bei >3 pos. axillären LK • parasternale Lymphknoten: nur ausnahmsweise Technik • Tangentialfelder, 3D-CRT • 6MV oder Mix aus 6MV und 10-18MV) • Boost mit Elektronen oder Brachytherapie • Risikoorgane: Lunge, Herz Dosis • 5x 2,0Gy (1,8Gy) pro Woche, Gesamtdosis 50Gy • Bei brusterhaltender OP: Boost auf Tumorbett mit eoder 3D-CRT, Dosis 10-16Gy, oder Brachytherapie • Lymphknoten: 45-50Gy Strahlentherapie beim Mammakarzinom: Einstellung am Linearbeschleuniger Brusterhaltende Therapie (BET) als generelle Strategie für das DCIS und frühe Karzinome Vorstufe Therapie DCIS (Vorstufe) Invasives Ca T1-2 (echter Krebs, Frühstadium) Fortgeschrittener Krebs T3-4 Brusterhaltende OP Bestrahlung mehr Therapie Brusterhaltende OP Bestrahlung Hormontherapie evtl. Chemotherapie Brustentfernung + RT / Chemother., Hormonther. 5-J-Überleben Brusterhalt-Rate 95%* BET: >90% weniger Heilung 85-90% BET: >90% 45% Brusterhaltungs-Rate an Zentren: ca. 85% * identisch mit altersgleicher Normalbevölkerung Behandlungsablauf beim Mammakarzinom Lokalisierte Erkrankung OP und adjuvante Chemo-Hormontherapie und RT Evtl. adjuvante Therapie mit Anti-Her-2-Antikörper für 1 Jahr (bei ca. 5-10%) Verdachtsdiagnose Adjuvante Hormontherapie z.B. Tamoxifen 20mg/Tag für 5 Jahre (ca. 70%) Strahlentherapie Abklärung Biopsie OP Adjuvante Chemotherapie, z.B. 6 Kurse FEC oder 4x EC + 4x Docetaxel Dauer: ca. 4-6 Monate (ca. 50% der Pat.) Hinweis: präoperative Chemotherapie ist obligat bei inflammatorischem Mamma-Ca und ist Option bei großen Tumoren. Strahlentherapie, 50/60Gy in 6-7 Wochen Ambulante Ther. 5 Fraktionen/Woche (ca. 95% aller Pat.) Brustkrebs: Wo kann ein Rückfall auftreten? Annahme: 45-jährige Patientin, Tumor in der linken Brust oben außen (18mm Durchmesser) ist vollständig entfernt, 1 Lymphknoten in der Achselhöhle war befallen. Alle anderen Untersuchungen sind in Ordnung (also keine Metastasen erkennbar). Krankheitsstadium: pT1 pN1 M0 Rückfallrisiko in der Brust ca. 30% in den Lymphknoten in der Achselhöhle ca. irgendwo anders im Körper (als Töchtergeschwülste, Metastasen) ca. 35% 2% Brustkrebs: Wo kann ein Rückfall auftreten? Annahme: 45-jährige Patientin, Tumor in der linken Brust oben außen (18mm Durchmesser) ist vollständig entfernt, 1 Lymphknoten in der Achselhöhle war befallen. Alle anderen Untersuchungen sind in Ordnung (also keine Metastasen erkennbar). Krankheitsstadium: pT1 pN1 M0 Rückfallrisiko Rückfallrisiko ohne Therapie mit Therapie in der Brust ca. 30% ca. 4% (nach Bestrahlung) in den Lymphknoten ca. 2% ca. 2% -- irgendwo anders im Körper (als Metastasen) ca. 35% ca. 20% (nach Chemound/ oder Hormontherapie) Wie entstehen und wachsen Metastasen ? Durchmesser 10 cm Zellzahl Entdeckung des Tumors, Sofortige Zerstörung durch Operation oder Bestrahlung 1011 Ausgangsherd 1 cm 100 Mio 1 mm 300.000 0,1 mm 500 0,01 mm 1 Metastasen Zeit Fazit: bei Diagnose/Erstbehandlung können schon mikroskopische, noch nicht nachweisbare Metastasen vorhanden sein. Diese können, wenn sie später aufgetreten sind, kaum noch behandelt werden. Deshalb versucht man, durch eine prophylaktische medikamentöse Behandlung (Chemotherapie, evtl. Hormontherapie) diese Herde im Mikro-Stadium zu zerstören (sog. adjuvante Chemotherapie nach OP) Therapie bei lokalisiertem Brustkrebs (M0) Lokaltherapie OPERATION • Entfernung des Tumors durch Tumorektomie (brusterhaltende OP) oder Mastektomie (Brustentfernung) • Untersuchung der Achsellymphknoten auf Befall (durch Entfernung des Wächterlymphknotens oder Achselausräumung) • Entfernung von befallenen axillären Lymphknoten (Achelausräumung, Axilladissektion) STRAHLENTHERAPIE (adjuvant) • Nachbestrahlung der Brust oder Brustwand • Prophylaktische Lymphknotenbestrahlung Adjuvante Systemtherapie • Hormontherapie/endokrine Therapie bei hormonrezeptorpositiven Tumoren • Chemotherapie bei hormonrezeptonegativen Tumoren (nur Chemotherapie) oder hormonrezeptorpositiven Tumoren mit hohem Risiko (Chemo+ Hormontherapie) • Antikörpertherapie bei HER-2-neupositiven Tumoren Hinweis: Adjuvante Therapie bedeutet prophylaktische Behandlung bei Patientinnen ohne Tumornachweis Was bringt die adjuvante Therapie bei Brustkrebs? Antihormonelle Therapie Chemotherapie Strahlentherapie Metastasenfreiheit Metastasenfreiheit Lokale Kontrolle Low-risk + 10% -- +15% High risk + 20%* +30%* +30% Überlebensrate Low-risk +5% -- + 2% High-risk +15%* + 15%* +10% Hinweise • Angegeben sind die absoluten Differenzen, also z.B. Verbesserung der Überlebensrate von 70% auf 80% bedeutet +10% • Wenn mehrere medikamentöse Therapieverfahren kombiniert werden (also Chemotherapie + antihormonelle Therapie*), ist der Gesamteffekt kleiner als die Addition der Einzeleffekte Standard-Therapie bei tiefer Beinvenenthrombose: Sofortige Heparin-Therapie, dann Vit-K-Antagonisten (Marcumar) für 6 Monate (INR-Zielwert 2-3) Effektivität: • Senkung des Risikos für Rezidiv (erneute Thrombose) um 50% • Kein Einfluss auf Überleben 6 Wo 6 Mo Sign. Re-Thrombose 20,3% 10,8% p<0,001 Tod 5,0% 2,7% p=0,46 Schwere Blutung 0,2% 1,1% p=0,23 Hormontherapie bei Brustkrebs Grundlage Ein Teil der Tumoren reagiert auf weibliche Hormone (Östrogen, Progesteron) wie normales Brustdrüsengewebe. Gutes Zeichen, da solche Tumoren erstens langsamer wachsen (weniger verwildert) und zweitens bei Hormonentzug absterben oder langsamer wachsen. (sog. „Hormontherapie“= Anti-Hormontherapie) Nachweismethode Immunhistologische Messung der Expression von Östrogenrezeptoren (ER) und Progesteronrezeptoren (PR) in den Zellkernen von Tumorzellen. Macht der Pathologe an der Biopsie. Wert: IRS-Skala (immunreaktiver Score), von 0=keine bis 12=max. Hormonrezeptorexpression. Ab IRS=2 gilt ein Tumor als hormonempfindlich (d.h. dann wirkt eine antihormonelle Therapie). Medikamente • Antiöstrogen Tamoxifen • Aromatasehemmer (Anastrozol=Arimidex, Letzrozol=Femara, Exemestan=Aromasin) • Andere (Gestagene, Faslodex) • Gn-Rh-Analoga (z.B. Zoladex) bei jungen Frauen Einsatz Prophylaktisch für 5 Jahre nach Operation (adjuvante Therapie) oder palliativ bei Metastasen Chemotherapie bei Brustkrebs Grundlage Mikroskopische Absiedlungen in anderen Organen (Mikrometastasen, z.B. in Leber, Lunge, Knochen, Gehirn) sind bei etwa 30% aller Patientinnen bereits bei Diagnose vorhanden, auch im Stadium M0 (also noch nicht nachweisbar). Wenn diese nicht behandelt werden, wachsen sie im Lauf der Zeit zu großen Metastasen heran. Diese sind dann unheilbar. Sie können im Mikro-Stadium aber durch prophylaktische Chemotherapie (oder Hormontherapie) zum Teil zerstört werden . Medikamente Zytostatika (Zellgifte), meistens in Kombination eingesetzt (3 Medikamente), insgesamt 4-6 Kurse alle 3 Wochen Einsatz Prophylaktisch nach der Operation (adjuvante Chemotherapie) oder palliativ bei vorhandenen Metastasen Vor- und Nachteile Verbessert die Heilungsrate (verhindert 1 von 5 Todesfällen durch Brustkrebs). Wirkt auch bei hormonunempfindlichem Brustkrebs Nebenwirkungen: Haarausfall, Übelkeit, Leistungsschwäche, Herzschwäche (Adriamycin), Nagelbettveränderungen (Taxane), Polyneuropathie Antikörpertherapie bei Brustkrebs Grundlage Ein Teil der Tumoren (etwa 20%) hat vermehrt Rezeptoren für Wachstumsfaktoren, vor allem den Her-2-Rezeptor, an der Zelloberfläche. Schlechtes Zeichen, da solche Tumoren erstens schneller wachsen (verwildert) und zweitens kaum auf Hormonentzug reagieren. Nachweismethode Immunhistologische Messung der Expression von HER-2-neu-Rezeptoren an der Oberfläche von Tumorzellen. Macht der Pathologe an der Biopsie. Skala von 0=keine über 1+/2+ bis 3+. Bei der 3+ gilt gilt ein Tumor als her-2positiv (und aggressiv). Beim Wert 2+ wird eine zusätzliche Untersuchung (FISH-Test) gemacht Medikamente Trastuzumab=Antikörper gegen Her-2-Rezeptor (Herceptin) Einsatz Prophylaktisch für 1 Jahr nach der Operation (adjuvante Therapie) oder palliativ bei Metastasen. Voraussetzung: Tumor muss als her-2-positiv getestet sein (her-2-neu: 3+). Vor- und Nachteile Antikörper wird meistens gut vertragen. Nachteil: adjuvante Behandlung dauert lange (1 Jahr) Brusterhaltende Therapie: Was bestrahlt man? 45J, pT1pN1, ER- 55J, pT1pN0, ER- 65J, pT1pN0, ER+ G1-2, L-, EIC- Lokalrezidivrisiko nach 10 Jahren ohne Bestrahlung Rezidivhäufigkeit: 40% Rezidivort: ganze Brust Rezidivhäufigkeit: 40% Rez-ort: überwiegend OP-Gebiet Rezidivhäufigkeit: 40% Rez-ort: fast nur OP-Gebiet Therapieempfehlung früher und heutige Alternativen (abhängig von Rezidivhäufigkeit und –muster) Bestrahlung der ganzen Brust + Boost auf OP-Gebiet Normale oder verkürzte Behandlung (4 statt 7 Wochen) Bestrahlung der ganzen Brust + Boost auf OP-Gebiet Normale oder verkürzte Behandlung (4 statt 7 Wochen) Bestrahlung der ganzen Brust + Boost auf OP-Gebiet Normale oder verkürzte Behandlung oder: Teilbrustbestrahl. (1 Woche) Teilbrustbestrahlung bei sehr kleinen Tumoren Bei sehr kleinen Tumoren bestrahlt man nur die direkte Tumorumgebung und nicht die ganze Brust. Weil nur ein kleines Volumen bestrahlt wird, kann man pro Tag höhere Einzeldosen (StrahlenPortionen) geben und die Behandlungszeit verkürzen. Die Behandlung dauert dann nur etwa Woche (8 Bestrahlungen an 4 Tagen). Die Bestrahlung erfolgt am besten als Brachytherapie („Bestrahlung von innen“). Mamma-Ca: Welche adjuvante Therapie? Alter 75 J Tumorstadium Art der OP Adjuvante Radiotherapie Adjuvante Systemtherapie pT1 pN1 M0 ER=12, PR=6 Her-2-neu: 1+ Tumorektomie, SN-Biopsie 45 J pT1 pN1 M0 ER=4, PR=5 Her-2-neu: 1+ Tumorektomie, SN-Biopsie Brust 50Gy + Boost + LK-Bestr. Chemotherapie, Tamoxifen 75 J pT1 pN1 M0 ER=0, PR=0 Her-2-neu: 0 Tumorektomie, SN-Biopsie Brust 50Gy + Boost + LK-Bestr. Chemo ? 55 J pT1 pN0 M0 ER=12, PR=6 Her-2-neu: 1+ Tumorektomie, SN-Biopsie Brust 50Gy + Boost oder Teilbrust-RT Antihormonelle Therapie 55 J pT1 pN1 M0 ER=4, PR=5 Her-2-neu: 3+ Tumorektomie, SN-Biopsie Brust 50Gy + Boost + LK-Bestr. Chemotherapie, antihorm. Ther., Trastuzumab für 1 Jahr Brust 50Gy + Boost + LKBestr. oder Antihormonelle Therapie Teilbrust-RT Therapieentwicklungen bei Krebs am Beispiel Brustkrebs Halsted USA): radikale Mastektomie 1880 Pursey: 1.Nachbestrahlung Rotter (D): radikale Mastektomie 1900 1920 1940 Ultraradikale LK-Chirurgie 1960 Zunehmende Radikalität am Primärtumor und den regionalen Lymphknoten „Karzinomchirurgie ist radikale Lymphknotenchirurgie“ 1980 2000 Aber: keine besseren Erfolge 2020 Abnehmende Radikalität, zunächst am Brusttumor (Brusterhaltung), seit ca. 1990 auch an den Lymphknoten Mindestens gleiche Heilungsraten Weniger Nebenwirkungen Hirsch (Berlin): Tumorektomie + Radium Patey: mod. radikale Mastektomie Frankreich: Tumorektomie + Bestrahlung (organerhaltende Behandlung*) Fisher (USA, NSABP): „Systemerkrankung“ adjuvante Chemo*-/Hormontherapie Mailand/NSABP (USA): brusterh.OP+ RT Teilbrustbestrahlung SN-Biopsie *,Verzicht auf Axillaausräumung Prophylaktische Lymphknotenbestrahlung? *Brustkrebs als „Vorreiter“-Erkrankung Renaissance der Lymphknotenbestrahlung? Meta-Analyse aller drei randomisierten Studien Meta-Analyse, Budach W et al., Radiat Oncol 2013 Kontrollfragen zum Lernzielkatalog • Warum kann eine Strahlentherapie nach einer Krebsoperation sinnvoll sein? • Was ist eine R0-Resektion (bzw. R1 und R2)? • Erläutern Sie den Begriff „adjuvante Therapie“ • Erläutern Sie die Begriffe „lokale Therapie“ und „Systemtherapie“ • Warum ist Fraktionierung in der Strahlentherapie sinnvoll? • Was bedeutet „konventionelle Fraktionierung“? • Welche Strahlendosis (Gesamtdosis bei konventioneller Fraktionierung) wird bei einer typischen postoperativen Strahlentherapie bei Karzinomen im Regelfall verordnet? • Was ist ein Boost? Multimodale Tumortherapie • • OP plus Radiotherapie (+ Chemotherapie) • Postoperative Strahlen(chemo)therapie • Präoperative Strahlen(chemo)therapie Simultane Radiochemotherapie Indikationen zur prä-/postop. Radiotherapie nach Leitlinien Frühfall Aggress. Hirntumoren HNO-Tumoren Brustkrebs, brusterh. Brustkrebs, Mastektomie Lungenkrebs Ösophaguskarzinom Rektumkarzinom Analkarzinom Blasenkarzinom Gebärmutterkörper (Endometrium) Gebärmutterhals (Zervix) Prostatakarzinom Weichteiltumoren (Sarkome) Fortg. Fall Präoperative Radio (chemo) therapie alleinige Radio (chemo) therapie Effektivität der postoperativen Strahlentherapie (RT) bei verschiedenen Tumorerkrankungen Entität Lokalrez. ohne RT Lokalrez. mit RT HR Lokale Kontrolle mit RT Low-risk DCIS (Brust) 10% 1% 0,10 99% Inv. Mamma-Ca, BET 25% <5% 0,25 95% Rektum-Ca 25% 5-10% 0,30 95% Weichteilsarkome 30% <5% 0,20 >95% Oropharynx-Ca 50% 15% 0,30 85% Fazit: • bei den meisten Erkrankungen wird das Risiko für ein Lokalrezidiv signifikant gesenkt. • Als Faustregel kann gelten: Die Rezidivrate mit Bestrahlung ist nur etwa ein Drittel der Rezidivrate ohne RT (Hazard-Ratio HR ca. 30%) • Ein Verzicht auf eine postoperative RT ist sinnvoll, wenn das Rezidivrisiko niedrig ist und/oder die Komplikationsquote der RT relativ hoch (>10% Langzeitrisiko) ist. Postoperative Bestrahlung nach kompletter Tumorresektion (adjuvante Radiotherapie, Beispiele) Tumorart Nachbestrahlung indiziert bei Zielvolumen für Nachbestrahlung Dosis (konv. Fraktionierung, 5x 1,8-2Gy) Glioblastom immer Tumorregion (Tumorbett) und Umgebung 60Gy (+ Chemotherapie) Oropharynx-Ca ab pT2/3 und bei pN2-3 Tumorregion und regionale LK 50Gy plus 10-16Gy Boost (+ Chemotherapie) Mamma-Ca bei Brusterhalt immer; nach Mastektomie bei pT3-4 oder pN1 Brust mit Tumorregion bzw. Brustwand, bei LKBefall auch reg. LK 50Gy plus 10-16Gy Boost (+ antihormonelle Therapie und/oder Chemotherapie) Nichtkleinzelliges Bronchial-Ca bei pN2-3 Nur mediastinale Lymphknoten 50Gy (+ Chemotherapie) Zervix-Ca ab pT1b2 und bei pN+ Tumorregion und regionale LK 50Gy (+ Chemotherapie) Prostata-Ca bei pT3-4 nur Tumorregion (Prostataloge) 66Gy Prä-oder postoperative Radiotherapie? Vorteile der postoperativen Bestrahlung: • Optimale Voraussetzungen für OP • Schnelle (definitive) Sanierung des Primärtumors • Histologisches Ergebnis ist bekannt, dadurch optimale Selektion der Patienten: • • • • Exakte Histologie des ganzen (unbehandelten) Tumors, nicht nur Biopsie Weite der Resektionsränder ist bekannt, Nachresektion kann beurteilt werden Bewertung des LK-Befalls (adjuvante Chemotherapie?) Staging-Error wird vermieden (z.B. cT3 N1, aber nur pT2 N0) Vorteile der präoperativen Bestrahlung: • Unbehandelter Tumor ist vermutlich besser strahlenempfindlich • Kleinere Bestrahlungsfelder, weniger Langzeit-Toxizität • Höhere Chance auf R0-Resektion durch Devitalisierung des Tumors (vor allem mikroskopischer Reste) • Bei großer OP (z.B. plastische Rekonstruktion): bessere Erholung des Patienten von OP, keine lokale Nachbehandlung Weichteilsarkom an der Schulter Prä- vs. postoperative RT bei resektablen Weichteilsarkomen Toronto-Studie O´Sullivan et al., Lancet 2002 Prä- vs. postop. Radiotherapie bei Weichteilsarkomen Rand. Studie, Toronto, nach Zwischenanalyse bei 190/266 Pat. abgebrochen Präop. RT Postop. RT N auswertbar 94 88 96 94 Therapie 50Gy OP 16-20Gy bei R1 (N=14) OP 66-70Gy Mediane Feldgröße 333 cm² 416 cm², p=0,01 Wundkomplikationen 35% 17%, p=0,01 Akute RT-Hautreaktion II° 36% 68%, p=0,01 Langzeit-Funktion besser bei präop. RT* O´Sullivan et al., Lancet 359, 2235-2241, 2002 und ESTRO 2002* Patient E.W., 73 Jahre, Rektumkarzinom in 3-6cm Höhe ab ano, cT3 (Darmwand komplett durchwachsen), präop. Radiochemotherapie Multimodale Krebsbehandlung: Rektumkarzinom OP Abklärung RadiochemoTherapie (55Gy) Chemotherapie Früher üblich: Postoperative Radiochemotherapie OP zuerst, dann adjuvante Therapie abhängig von OP-Ergebnis Biopsie/ Staging Standard ab 2004: Präoperative Radiochemotherapie ab cT3 bessere Tumorkontrolle (trotz 10% weniger Strahlendosis), mehr Sphinktererhalt, weniger Spätkomplikationen RadiochemoTherapie (50Gy) OP Chemotherapie Kontrollfragen zum Lernzielkatalog • Was ist eine Tumorkonferenz? • Was bedeutet „adjuvante Therapie“? • Wie effektiv ist eine typische Nachbestrahlung (postoperative Radiotherapie)? • Bei welchen Erkrankungen ist eine postoperative Radiotherapie indiziert? • Nennen Sie Argumente für eine präoperative Radiotherapie? • Bei welchen Erkrankungen ist eine präoperative Radiotherapie indiziert? Kursus Bildgebende Verfahren/Strahlenbehandlung/Strahlenschutz Vorlesung Strahlentherapie Radiochemotherapie Organerhaltende Krebsbehandlung, Beispiel Brustkrebs: Tumorentfernung + Bestrahlung (mit Brusterhalt) = Radikaloperation Erste Publikation (im New England Journal of Medicine), die die Gleichwertigkeit von brusterhaltender Behandlung (L+XRT, L=lumpectomy, Tumorektomie; XRT=Strahlentherapie) und radikaler Mastektomie (TM = total mastectomy) belegte. Die brusterhaltende Therapie war in allen Kriterien gleichgut (linke Kurve = krankheitsfreies Überleben; Mitte = Überleben ohne Fernmetastasen; rechts = Gesamtüberleben). Die rate von Patientinnen, die nach 8 Jahren noch lebten, war nach brusterhaltender Therapie sogar etwas größer (aber nicht signifikant) als nach Radikal-OP. Synergismus von Strahlen- und Chemo- oder antihormoneller Therapie Beispiel Brustkrebs Therapie Patientinnen mit pN0-Status Patientinnen mit pN+-Status Brusterhaltende Operation Brusterhaltende Operation Radiotherapie der Brust Rezidivrate in der Brust + Brusterhaltende OP + Chemother. oder antihormonelle Therapie Brusterhaltende OP + Chemother. oder antihormonelle Therapie + Radiotherapie der Brust 30% 8% 40% 2% Daten der NSABP-B06-Studie, Fisher et al., N Engl J Med 1989 Fazit: Bei Patientinnen, die eine Chemotherapie oder Hormontherapie bekommen hatten, wirkte die Radiotherapie besser als bei Patientinnen, die nach der OP nur Bestrahlung bekamen. Adjuvante RT verbessert lokale Kontrolle: rand. NCI-Studie Lokalrezidive bei Hochmaligne WS + adj. Chemo nur OP 22% (9/47) OP + RT 0% (0/44) Niedrig-maligne WS keine Chemo 33% (6/19) 4% (1/22) p=0,0028 p=0,016 EBRT: ED 1,8 Gy bis 45 Gy; Boost 18 GyCTx: 5xAdria+Cycloph. Design: OP (+Chemo bei G3) und Randomisation + EBRT RT senkt Lokalrezidivrate, hat aber keinen signifikanten Einfluß auf OS und Fernmetastasierung (Salvage OP meist erfolgreich, Amputation in 5% der Pat. ohne RT) schlechtere Gelenkfunktion nach RT (Technik !) Empfehlung zur RT. Ausnahmen: Niedriges LR-Risiko Rand. Studie, Yang et al., JCO 1998 Strahlenbiologische Modelle zum Synergismus von Radio- und Chemotherapie Räumliche Kooperation XRT CTX Lokale Wirkungsverstärkung (Radiosensibilisierung) („1 + 1 = 2,5“ ) XRT CTX „Systemische“ Tumoren: Lokalisierte solide Tumoren: NHL, SCLC, adj. Mamma-Ca H&N, Zervix, Harnblase, Anus NSCLC Stadium III: Strahlentherapie + Chemotherapie Mediane ÜLZ (Monate/Jahre): 50% der Pat. sind verstorben 5-J-Überlebensrate: Anteil (%) von Pat, der nach 5 Jahren noch lebt Wang et al, 2009 Fazit: Beim inoperablen nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) wird die mediane Überlebenszeit bestrahlter Patienten durch Chemotherapie verlängert, unabhängig davon , ob Chemotherapie vor („sequential“) oder während („concurrent“) der Bestrahlung erfolgt. Die Heilungsrate nach 3-5 Jahren wird aber nur dann relevant verbessert, wenn die Chemotherapie gleichzeitig mit der Bestrahlung erfolgt (simultane Radiochemotherapie, „concurrent chemoradiation“). BC2001-Studie: Radiotherapie oder simultane Radiotchemoherapie bei Blasenkrebs James et al., N Engl J Med 2012; 366: 1477-1488 Fazit: Beim Harnblasenkarzinom kann eine relativ niedrig dosierte Chemotherapie, wenn sie gleichzeitig mit der Bestrahlung erfolgt (simultane Radiochemotherapie, „concurrent chemoradiation“), die Überlebensrate wesentlich verbessern. Zum Vergleich: eine intensive adjuvante Chemotherapie bei Brustkrebs (Dauer 4-6 Monate) hat etwa ähnliche Auswirkungen auf die Überlebensrate. Erkrankungen, bei denen die simultane Radiochemotherapie die Therapie der 1.Wahl ist Obligate Indikationen (primäre Radiotherapie ohne OP, postoperative Therapie) • Analkarzinome • Plattenepithelkarzinome im HNO-Bereich (z.B. Oropharynx) • Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom • Harnblasenkarzinom (Urothel-Ca) • Ösophaguskarzinome (Plattenepithel-Ca und Adeno-Ca, v.a. präop. Therapie) • Rektumkarzinom • Zervixkarzinom • (Magenkarzinom, posttop.) Fakultative Indikationen: • Endometrium-Ca, postoperativ bei high-risk • Glioblastom • Inoperable Weichteilsarkome Strahlensensibilisierung durch Chemotherapie Medikament Radiosensibilisierung bei Typische Behandlungsregime Cisplatin Gabe kurz vor oder während der Bestrahlung Kurzinfusion täglich vor RT in Woche 1 und 5 5-Fluoruoracil (5-FU) bei mehrstündiger Exposition nach Bestrahlung Dauerinfusion für 2x1 Woche oder über 6 Wochen Paclitaxel (Taxol®) Langanhaltende Wirkungsverstärkung nach Infusion Kurzinfusion 2x wöchentlich während Bestrahlung Cetuximab (Anti-EGF-R-AK) Gabe während der Bestrahlung Kurzinfusion einmal wöchentlich (Erbitux®) Präoperative Radiochemotherapie bei Rektum-Ca Bestrahlung: 5x wö. 1,8Gy bis 45/50,4Gy Simultane Chemotherapie: Dauerinfusion von 5-FU über 120h in der 1. und 5. Woche Hinweise: • Strahlentherapie ambulant (10min/Tag) • Chemotherapie meist stationär (jeweils ca. 1 Woche) • identisches Regime auch bei postoperativer Radiochemotherapie Simultane Radiochemotherapie von HNO-Tumoren Phase-I/II-Studie, MLU Halle + Uni Rostock 1999-2002 Paclitaxel 25mg/m² Cisplatin 20mg/m² RT 2Gy 2x 1,4Gy Woche 1 2 3 4 5 6 Kuhnt et al., Strahlenther Onkol 2006 5-FU-Dauerinfusion mit portablen Pumpen via Port-System PORT: subcutaner venöser Zugang für Dauerinfusionen oder längerfristige Infusionsbehandlung (z.B. Chemotherapie) Radiotherapie + simultane Chemotherapie Prinzip: • Chemotherapie verstärkt Strahlenwirkung im Tumor (nur bei simultaner Gabe) • Wirkungsverstärkung (geschätzt aus Zellkulturexperimenten): ca. 10-20% • Geringere Wirkungsverstärkung auch am gesunden Gewebe (mehr akute Nebenwirkungen), klinisch vernachlässigbar • Insgesamt deutliche Steigerung der lokalen Tumorkontrolle Therapieprotokolle: • Normale Strahlentherapie • Zusätzlich Medikamente während der Bestrahlung (meistens stationäre Behandlung) • Wichtigste Substanzen: Cisplatin, 5-FU, Paclitaxel, Mitomycion C • Spezielle Zeitintervalle/Dosierungsregime (anders als bei alleiniger Chemotherapie) // 114/14 Wichtige Medikamente bei Radiochemotherapie Medikament Tumorart Nebenwirkungen Cisplatin Plattenepithelkarzinome (HNO, Zervix, Bronchial-Ca, Ösophagus) Urothelkarzinome Erbrechen, Nierenfunktionsstörung, in hohen Dosen Oto- und Neurotoxizität 5-FU v.a. bei gastrointest. Tumoren (Rektum, Magen, Anus) Mukositis, Kardiotoxizität Paclitaxel fast alle Tumorarten Allergien, Neurotoxizität Sarkome Herzschädigung Adriamycin Kontrollfragen zum Lernzielkatalog • Warum setzt man Chemotherapie simultan zur Radiotherapie ein? • Nennen Sie mindestens drei Erkrankungen, bei denen die simultane Radiochemotherapie die Therapie der 1.Wahl ist (definitiv ohne OP oder adjuvant nach OP) • Welche Medikamente werden häufig eingesetzt? • Wie unterscheiden sich die Dosierungen der Zytostatika bei alleiniger (adjuvanter, palliativer) Chemotherapie und Radiochemotherapie? • Wie ändert sich das Nebenwirkungsspektrum der Radiotherapie durch simultane Chemotherapie? Kontrollfragen zum Lernzielkatalog • Warum setzt man Chemotherapie simultan zur Radiotherapie ein? (überadditive) Wirkungsverstärkung der Bestrahlung in Tumorzellen • Nennen Sie mindestens drei Erkrankungen, bei denen die simultane Radiochemotherapie die Therapie der 1.Wahl ist (definitiv ohne OP oder adjuvant nach OP) Anal-Ca, HNO-Tumoren, Bronchial-Ca, gastrointestinale Tu, Zervix-Ca • Welche Medikamente werden häufig eingesetzt? Cisplatin, 5-FU, Paclitaxel, Mitomycin C, Cetuximab, Vinorelbin • Wie unterscheiden sich die Dosierungen der Zytostatika bei alleiniger (adjuvanter, palliativer) Chemotherapie und Radiochemotherapie? Öfter, niedrigere Einzeldosis • Wie ändert sich das Nebenwirkungsspektrum der Radiotherapie durch simultane Chemotherapie? Mehr (z.T. versärkte) akute Nebenwirkungen, keine Änderung der Spätfolgen Kursus Bildgebende Verfahren/Strahlenbehandlung/Strahlenschutz Vorlesung Strahlentherapie Akute Nebenwirkungen & chronische Strahlenfolgen Verlauf von akuten und chronischen Strahlenreaktionen während/nach Strahlentherapie Schweregrad der Strahlenreaktion akute Strahlenreaktion (oft unvermeidlich) Radiotherapie Dauer ca. 6 Wochen chronische Strahlenreaktion (möglichst verhindern) Zeit Verlauf einer akuten Strahlenreaktion Nachbestrahlung bei Brustkrebs wird problemlos vertragen 769 Patientinnen mit kleinem Mamma-Ca, Z.n. brusterhaltender OP low-risk-Gruppe: >50Jahre, pT1 N0 M0, ER-pos Randomisation Adjuvante Therapie nur Tamoxifen Adjuvante Therapie Tamoxifen + Brustbestrahlung Ergebnisse: • hochsignifikanter Effekt der Bestrahlung auf die Rückfallrate in der • • • Brust. Konsequenz: Bestrahlung auch bei diesen Patientinnen sinnvoll, um Brust zu erhalten. Kein Effekt auf Überlebensrate weniger axilläre Rezidive nach RT (0,5% vs. 2,55, p<0,05) keine signifikanten Unterschiede in den Nebenwirkungen Hauptnebenwirkung: Hitzewallungen durch Tam (53/69 Grad 3-NW) Fyles et al., N Engl J Med 351: 963-970, 2004 ARO-2010-01, Studienleitung Lübeck: Hypofraktionierte Nachbestrahlung bei Mamma-Ca N Unerwünschte Ereignisse (UE) Anzahl UE davon schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (SUE) Anzahl Patienten mit UE kein UE 1 UE 2 UE Art der UE Hitzewallungen unter gleichzeitiger endokriner Therapie orthostatische Dysregulation stat. Aufnahme wegen pektanginöser Beschwerden Schwellung im OP-Gebiet Durchschlafstörung Fatigue Pflasterallergie 11 0 144 (93,5%) 9 ( 6,0%) 1 ( 0,5%) 5 1 1 1 1 1 1 Fazit: Gute Verträglichkeit der RT, keine schwerwiegenden UE, UE weit überwiegend durch antihormonelle Therapie Nebenwirkungen während und kurz nach Strahlentherapie Akute Nebenwirkungen (während oder kurz nach Strahlentherapie), z.B. Erythem und Dermatitis im Bestrahlungsfeld Mukositis (Schleimhautentzündung) im Mund und Rachen bei Bestrahlung im HNO-Bereich, Schluckbeschwerden Ösophagitis mit Schluckbeschwerden bei Thoraxbestrahlungen Übelkeit bei Oberbauchbestrahlung radiogene Enteritis/Proktitis/Zystitis bei Beckenbestrahlungen Hirnödem bei Bestrahlung großer Hirnvolumina (selten) hämatologische Nebenwirkungen selten (nur bei großvolumiger Bestrahlung des Knochenmarks) Subakute Nebenwirkungen (wenige Wochen nach der Strahlentherapie) L´hermitte-Syndrom bei Rückenmarkbestrahlung (Kribbelparästhesien bei Kopfbeugung nach vorn und Dehnung des RM; bildet sich innerhalb von Wochen spontan zurück) Pneumonitis (geht langsam in Fibrose über, sympt. Therapie mit Cortison) Einstufung von akuten Nebenwirkungen bei einer Strahlentherapie Schweregrad Definition* Beispiele Grad 1 Keine Beschwerden, aber erkennbare Veränderungen Leichtes Erythem der Haut, Unwohlsein Grad 2 Leichte Beschwerden, aber Starkes Erythem, Mukositis im keine Behandlung erforderlich Mund mit Geschmackstörungen Grad 3 Stärkere Beschwerden, einfache Behandlung erforderlich Ausgeprägte Hautreaktion, Wundpflege erforderlich. Schwere Mukositis, PEG erforderlich Grad 4 Bedrohliche Beschwerden, intensive (z.B. stat.) Behandlung erforderlich Schwere Mukositis, Schmerztherapie mit Opiaten. Massiver Durchfall, Infusionsbehandlung erforderlich Grad 5 Letale Komplikation Gefäßperforation * Definition (modifiziert) nach NCI (National Cancer Institute der USA) oder RTOG – Studiengruppe (Radiotherapy Oncology Group) Häufigkeit von akuten Nebenwirkungen bei einer typischen Strahlentherapie Art der Radiotherapie Grad 0 Grad 1 Grad 2 Grad 3 Grad 4 Grad 5 Adjuvante Radiotherapie (z.B. Brustkrebs) 20% 60% 20% 1% 0% 0% (neo) adjuvante Radiochemotherapie (z.B. präoperativ bei Rektum-Ca) 0% 10% 65% 20% 5% 0% Primäre intensive Radiochemothearpie (z.B. Orpharynx-Ca) 0% 10% 40% 30% 20% 1% Radiochirurgie 90% 5% 5% 0% 0% 0% Palliative Radiotherapie 50% 30% 15% 5% 0% 0% Häufigkeit von akuten Nebenwirkungen bei einer typischen Strahlentherapie Art der Radiotherapie Grad 0 Grad 1 Grad 2 Grad 3 Grad 4 Grad 5 Adjuvante Radiotherapie (z.B. Brustkrebs) 20% 60% 20% 1% 0% 0% (neo) adjuvante Radiochemotherapie (z.B. präoperativ bei Rektum-Ca) 0% 10% 65% 20% 5% 0% Primäre intensive Radiochemothearpie (z.B. Orpharynx-Ca) 0% 10% 40% 30% 20% 1% Radiochirurgie 90% 5% 5% 0% 0% 0% Palliative Radiotherapie 50% 30% 15% 5% 0% 0% Häufigkeit von akuten Nebenwirkungen: Strahlentherapie versus OP Art der Radiotherapie Grad 0 Grad 1 Grad 2 Grad 3 Grad 4 Grad 5 Adjuvante Radiotherapie (z.B. Brustkrebs) 20% 60% 20% 1% 0% 0% (neo) adjuvante Radiochemotherapie (z.B. präoperativ bei Rektum-Ca) 0% 10% 65% 20% 5% 0% Primäre intensive Radiochemothearpie (z.B. Orpharynx-Ca) 0% 10% 40% 30% 20% Grad 5 1% Radiochirurgie 90% 5% 5% 0% 0% 0% Palliative Radiotherapie 50% 30% 15% 5% 0% 0% Vergleich mit OP Appendektomie 0% 0% 80% 20% 0% 0% Rektumresektion 0% 0% 0% 80% 20% 1% Ösophagusresektion 0% 0% 0% 10% 85% 5% Oropharynx-Ca cT3 N2 M0 Bei der kurativen Strahlenbehandlung dieser Erkrankung sind schwere akute Nebenwirkungen oft unvermeidlich. Dennoch ist die Bestrahlung eine sehr gute Methode, da der Funktions- und Organerhalt (Sprechen, Schlucken) besser gelingt als bei Operation. Therapieoptionen: •OP (Resektion, mod. ND) + adj. Radiochemotherapie (66Gy + Cispl.) • primäre Radiochemotherapie (70Gy + Cisplatin) + ggf. selektive ND Gelegentlich sind Nebenwirkungen unvermeidlich: Korrelation von akuter Toxizität (Mukositis) und Überleben bei HNO-Tumoren Mukositis Grad 3-4 (PEG nötig) 60% 40% RT / RCT in rand. ARO-Studien Wendt, JCO 1998 (3J) 20% Budach, DEGRO 2001 (2J) Staar, IJROBP 2001 (2J.) Halle, Cis/Taxol (3J.) 0% 20% 40% 60% 3J-ÜLR REUTERS Der an Kehlkopfkrebs erkrankte US-Schauspieler Michael Douglas ist offenbar genesen. In einem Fernsehinterview erklärte er, dass der Tumor verschwunden sei. Die Freude in der Familie ist groß, das Fazit nüchtern: "Es war kein Spaß. Ist es bis heute nicht." New York - "Nach allem, was ich über diese besondere Krebsart weiß, habe ich den Tumor besiegt", sagte Michael Douglas dem Moderator Matt Lauer in einem Gespräch, ….. Im August 2010 hatte Douglas, der mit der Schauspielerin Catherine Zeta-Jones verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekanntgegeben, dass man bei ihm Kehlkopfkrebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert habe. Er unterzog sich einer Strahlen- und Chemotherapie und nahm fast 15 Kilogramm ab. Noch nicht einmal seine Kinder habe man rausgehalten. Die nahmen dem Schauspieler zufolge regen Anteil an seiner Krebsbehandlung. Manchmal habe er sie mit zur Strahlentherapie genommen. "In diesem Alter war das gut für sie. Sie fanden das cool. Und es hat sie ein bisschen für die Zeit entschädigt, in der ihr Vater immer auf dem Sofa lag und nicht aufstehen konnte." Nachdem klar war, dass der Tumor weg sei, sei die Erleichterung groß gewesen. "Wir haben in den letzten Tagen eine große Aus: Spiegel online Party gefeiert." Fazit: bei einigen Erkrankungen lassen sich schwere akute Nebenwirkungen nicht vermeiden. Sie klingen aber (Beispiel Michael Douglas, verweigerte Kehlkopfentfernung und entscheid sich für intensive Radiochemotherapie) ab und hinterlassen keine Spätfolgen Verlauf von akuten und chronischen Strahlenreaktionen während/nach Strahlentherapie Schweregrad der Strahlenreaktion akute Strahlenreaktion Radiotherapie Dauer ca. 6 Wochen Idealer OP-Zeitpunkt etwa 6 Wochen nach Ende der Radiotherapie, wenn nach Bestrahlung eine OP geplant ist chronische Strahlenreaktion Zeit Kursus Bildgebende Verfahren/Strahlenbehandlung/Strahlenschutz Vorlesung Strahlentherapie Akute Nebenwirkungen & chronische Strahlenfolgen Bisigmoidale DosisEffekt-Kurven für Tumorkontrolle und Spätfolgen nach Holthusen 1936 Fazit: 0% Nebenwirkungen bei 100% Heilung ist praktisch unmöglich. Die optimale Strahlendosis ist die Dosis mit der höchsten Rate an komplikationslosen Heilungen (aus empirischen Untersuchungen und klinischen Studien meistens gut bekannt) Chronische Nebenwirkungen nach Strahlentherapie (Spätfolgen) Spätfolgen (>90d nach Strahlentherapie), z.B. Haut: Unterhautfibrose, Teleangiektasien HNO-Bereich: Xerostomie, Osteoradionekrose der Mandibula Becken: Darmstenose, radiogene Proktitis, Schrumpfblase Gehirn: Hirnnekrose, HVL-Insuffizienz, Querschnittslähmung Risiko: leichte Formen (Grad 1) rel. häufig (5-20%), schwere Nebenwirkungen (Grad 3-4) sollen je nach Situation 0-1% bis maximal 5-10% betragen Spätfolgen (v.a. schwere) immer vermeiden, da oft nicht behandelbar! Sekundärmalignom-Risiko: Krebsentstehung durch Strahlen- (oder Chemo)therapie: ca. 2% nach 20 Jahren (höher bei Kindern) Sonderfall: Bestrahlung bei Kindern Wachstumsstörungen (Knochen, Brustdrüse) Sekundärmalignomrisiko besonders hoch, deshalb strenge Indikationsstellung Chronische Nebenwirkungen nach Strahlentherapie Klinik: Treten spät nach der Bestrahlung auf (>90 Tage) betreffen langsam proliferierende Gewebe (ZNS, Knochen, Unterhaut) strahlenbiologisch: Gewebe mit niedrigem α/β-Wert meistens langsam progredient, kaum spontane Besserung medizinisch nicht relevant, falls Schweregrad 1 medizinisch relevant, falls Schweregrad 2/3 - 4 Strahlenbiologisch relevante Parameter: Gesamtdosis !! (Toleranzdosis beachten) Einzeldosis (bestrahltes Volumen) Therapie: Kaum möglich (keine medikamentöse Therapie) deshalb Prophylaxe durch optimale physikalische und biologische Bestrahlungsplanung in Einzelfällen: OP, HBO, Physiotherapie Organerhaltende Krebsbehandlung: kleine Operation + Bestrahlung ersetzt Radikal-OP Beispiel Brustkrebs, Spätfolgen sehr selten (Aufnahme 2 Jahre nach Therapie) Strahlenspätfolge: Hautreaktion Grad 1, Teleangiektasien submammär nach Brust-RT Chronische Strahlenfolge an der Haut nach Röntgentherapie in Siebtechnik Chronische Strahlenreaktion 9 Monate nach Bestrahlung ausgedehnte OP, Lymphödem von Arm (OP) und Brust (OP+RT), geringe Brustfibrose Pressemitteilung der American Society of Breast Surgeons anlässlich des Jahreskongresses im Mai 2014 Chronische Strahlenreaktion 12 Monate nach Bestrahlung (Unterhautfibrose am OS, schlecht heilende Wunde nach Bagatellverletzung) Einstufung von chronischen Strahlenfolgen nach einer Strahlentherapie Schweregrad Definition* Beispiele Grad 1 Keine Beschwerden, aber erkennbare Veränderungen Teleangiektasien der Haut Grad 2 Leichte Beschwerden, aber Chronische Proktitits nach keine Behandlung erforderlich Beckenbestrahlung, intermittierend Blut im Stuhl Grad 3 Stärkere Beschwerden, einfache Behandlung erforderlich Chronische Proktitits mit Beschwerden trotz Dauermedikation Grad 4 Bedrohliche Beschwerden, intensive (z.B. stat.) Behandlung erforderlich Darmperforation, OP erforderlich Grad 5 Letale Komplikation Gefäßperforation * Definition der RTOG –Studiengruppe (Radiotherapy Oncology Group) Häufigkeit von chronischen Strahlenfolgen nach einer typischen Strahlentherapie Art der Radiotherapie Grad 0 Grad 1 Grad 2 Grad 3 Grad 4 Grad 5 Adjuvante Radiotherapie (z.B. Brustkrebs) 85% 10% 5% 1% 0% 0% (neo) adjuvante Radiochemotherapie (z.B. präoperativ bei Rektum-Ca) 80% 10% 5% 5% 0% 0% Primäre intensive Radiochemothearpie (z.B. Orpharynx-Ca) 50% 25% 10% 10% 5% 1% Radiochirurgie 95% 5% 0% 0% 0% 0% Palliative Radiotherapie 90% 5% 5% 0% 0% 0% Nebenwirkungen während und kurz nach Strahlentherapie Akute Nebenwirkungen (während der Strahlentherapie), z.B. Dermatitis im Bestrahlungsfeld Mukositis (Schleimhautentzündung) im Mund und Rachen bei Bestrahlung im HNO-Bereich, Schluckbeschwerden Ösophagitis mit Schluckbeschwerden bei Thoraxbestrahlungen Übelkeit bei Oberbauchbestrahlung radiogene Enteritis/Proktitis/Zystitis bei Beckenbestrahlungen hämatologische Nebenwirkungen selten (nur bei großvolumiger Bestrahlung des Knochenmarks) Subakute Nebenwirkungen (wenige Wochen nach der Strahlentherapie) L´hermitte-Syndrom bei Rückenmarkbestrahlung Pneumonitis Verlauf von akuten und chronischen Strahlenreaktionen während/nach Strahlentherapie Schweregrad der Strahlenreaktion akute Strahlenreaktion Sonderfall: Pneumonitis (subakut) chronische Strahlenreaktion Radiotherapie Dauer ca. 6 Wochen Zeit Sponderfall: Wachstumsstörungen bei Kindern Spätfolgen nach perkutaner Strahlentherapie im Halsbereich im frühen Kindesalter wegen Schilddrüsenkarzinom: verkürzter Hals, Atrophie der Muskulatur, Fibrose, Teleangiektasien. Patient klinisch beschwerdefrei Spätfolgen nach perkutaner Strahlentherapie (craniospinale Bestrahlung) wegen Medulloblastom: der 1 Jahr ältere Bruder wurde 6 Jahre zuvor bestrahlt und ist jetzt kleiner als sein jüngerer Bruder; Folge von Hormondefizit (Hypophysenbestrahlung) und vermindertem Wachstum speziell der Wirbelsäule. Außerdem verminderter Haarwuchs nach Schädelbestrahlung. Patient geheilt und klinisch beschwerdefrei. Heilung dieser Erkrankung ist ohne Strahlentherapie praktisch nie möglich. Sonderfall: Sekundärmalignome Stochastische und deterministische Strahlenwirkung Stochastische (zufällige) Prozesse: • keine Schwellendosis • Mutationen (Krebssentstehung, Erbschäden) Strahlenschutz Deterministische Prozesse (mit Schwellendosis) • akute Strahlenfolgen • chronische Strahlenfolgen Strahlentherapie Abbildung aus: Kaufmann/Moser/Sauer: Radiologie Strahlenbelastung & Strahlenschutz: Patienten Fazit: unkritische Anwendung von Röntgenstrahlung bei gesunden Personen (z.B. Ausschluss-Diagnostik) ist zu vermeiden !! Sekundärmalignome nach Strahlentherapie Beispiel: Lungenkrebs nach Brustbestrahlung Lungenkrebs nach 20 Jahren: mit Bestrahlung: 2,0% ohne Bestrahlung: 0,5% (Deutsch et al., Cancer 2003) Daten der US-amerikanischen NSABP-B04- und B06-Studien Patientinnen wurden nach Operation wegen Brustkrebs bestrahlt oder nicht. Nach 20 Jahren betrug die Rate von Lungenkrebs etwa 0,5% ohne Bestrahlung und 2,0% nach Bestrahlung. Das Risiko für Lungenkrebs wurde also durch die Bestrahlung (und die damit verbundene Strahlenbelastung der Lunge) mehr als verdoppelt, war aber absolut gering (ca. 1,5%). Hinweis: Die Studien wurden in den 1970er Jahren (überwiegend mit TelekobaltRadiotherapie) durchgeführt (Rekrutierungsstopp 1984) NEU Sekundärmalignome nach pelviner Radiotherapie Daten der TME- und PORTEC-Studien Cumulative probability of developing second cancer in (A) all, (B) TME (Total Mesorectal Excision), (C) PORTEC-1 (Post Operative Radiation Therapy in Endometrial Carcinoma 1), and (D) PORTEC-2 trials. EBRT = externe RT VBT = vaginale Brachyther. Wiltink L M et al. JCO doi:10.1200/JCO.2014.58.6693 ©2014 by American Society of Clinical Oncology Wiltink et al., JCO 2014 Frauen, die früher wegen M.Hodgkin behandelt wurden, erkranken besonders häufig an Brustkrebs Swati K. Basu et al. IJR0BP 2008 Daten aus fünf US-amerikanischen Instituten (1960-1990) Alle Patientinnen waren wegen Morbus Hodgkin vor ihren 19. Lebensjahr mit Chemotherapie u./o. Strahlentherapie behandelt geworden. 30 Jahre nach der Diagnose bzw. Therapie lag die kumulative Inzidenz von Brustkrebs bei 25%, also ca. 37 fach höher als in der normalen Bevölkerung. 3 Faktoren sind signifikant mit Brustkrebsrisiko assoziiert: - Mantelfeldbestrahlung (wegen Streustrahlung an der Brust) - Höhe der damaligen Bestrahlungsdosis - Alter der Patientinnen bei Behandlung 3D-CRT IMRT (RapidArc) Protonen (IMPT) N. P. Brodin et al. Acta Oncol, 2011 Sagittale und transversale Dosisverteilung bei der Behandlung eines Kindes mit craniospinaler Bestrahlung bei Medulloblastom. Vergleich von 3D-CRT, Rapid Arc-IMRT oder Protonen-IMRT (IMPT) Fazit: die Strahlenbelastung des gesunden Gewebes lässt sich durch Einsatz von Protonentherapie (PT) verringern. Daher ist PT Methode der 1.Wahl bei Kindern (verfügbar aktuell an Unis in Heidelberg, Essen, Dresden) Massive Strahlenreaktionen Patientin mit RT wegen Mamma-Ca, massive akute Hautreaktion bei 50Gy, V.a. genetisch bedingte Überempfindlichkeit (z.B. Nijmegen-Breakage-Syndrom), genetische Testung von der Patientin abgelehnt Massive Strahlenreaktionen massive (z.T. lebensbedrohliche akute Nebenwirkungen) sind sehr selten Ursache: vermutlich überwiegend durch genetisch bedingte Überempfindlichkeit, z.B. seltene Syndrome wie Ataxia telangiectatica, Nijmegen-Breakage-Syndrom (NBS), andere (multiple Gene beteiligt) ca. 1% bis 0,1% aller Patienten zuverlässige prätherapeutische Testung bisher nicht möglich Manchmal ausgelöst durch Zytostatika (Recall-Phänomen) Klinische Bedeutung: Meistens auch verstärkte Strahlenreaktion am Tumor bei klinischen Verdacht ggf. Dosis etwas (10% ?) absenken Strahlenchirurgie Prinzip der externen Bestrahlung mit Linearbeschleuniger Verifikation am Therapiegerät • mit dem Therapiestrahl („MV-Imaging“) • digitale Bildrekonstruktion („Portal imaging“, „Beam view“) • Nachteil: gelegentlich schlechte Bildqualität Bildgeführte Strahlentherapie (IGRT = image-guided radiotherapy“) Präzise Lagerungskontrolle vor einer Bestrahlung durch CT am Beschleuniger Verifikation am Therapiegerät mit zusätzlicher (ausklappbarer) Röntgenröhre • Bessere Bildqualität durch KV-Bildgebung (statt MV, also Diagnostik- statt Therapiestrahl) • Möglichkeit des Cone-Beam-CT (CT vor Bestrahlung, optimale Positionierungskontrolle) Tumorausbreitung und Bestrahlungsvolumen Tumorvolumen (GTV, gross tumor volume): Sichtbarer Tumor Klinisches Zielvolumen (CTV, clinical target volume): Sichtbarer Tumor plus mikroskopische Umgebungsinfiltration (oder z.B. OP-Gebiet nach Tumorresektion). Die mikroskopische Infiltration beträgt, abhängig von Tumorart und anatomischen Grenzen, ca. 5 bis 30mm. In diesem Volumen werden Tumorzellen vermutet und das CTV soll mit der verordneten Dosis bestrahlt werden. Planungszielvolumen (PTV, planning target volume): ist CTV mit Sicherheitsabstand, der Lagevariabilität von Organen (Zwerchfellbewegung, Blasenfüllung) und Reproduzierbarkeit der täglichen Bestrahlung berücksichtigt. Meistens beträgt der „Sicherheitssaum“ um das CTV ca. 1cm. Präzision bei der täglichen Bestrahlung: Vermeidung von systematischen Fehlern ist wichtig! tägliche Bestrahlung, Idealsituation Zufälliger Fehler innerhalb der bei der Planung berücksichtigten Sicherheitsabstände (CTV wird gut bestrahlt): dieser Fehler darf (braucht) nicht korrigiert werden! Systematischer Fehler (CTV wird un vollständig bestrahlt): dieser Fehler muss korrigiert werden! Strahlentherapie: Hochpräzisionsbestrahlung Stereotaktische Bestrahlung Präzision bei der täglichen Bestrahlung: Vermeidung von systematischen Fehlern ist wichtig! Typische Bestrahlung PTV= planning target volume CTV= clinical target volume Man bestrahlt auch ein relativ großes Volumen von gesundem Gewebe, weil 1. dort mikroskopische Tumoranteile sind, z.B. postoperativ (GTV → CTV) und 2. die Positionierungsungenauigkeit ausgeglichen werden muss (CTV → PTV) Folge: fraktionierte Bestrahlung erforderlich (da gesundes Gewebe geschont werden muss) Hochpräzisionsbestrahlung: 1. Zielvolumen: nur der Tumor (CTV = GTV +1mm) Voraussetzung: Keine relevante Umgebungsinfiltration 2. Minimaler Sicherheitssaum (CTV ≈ PTV) Voraussetzung: optimale Technik • Dadurch besonders geringes Risiko für Strahlenfolgen • Folge: Bestrahlung mit wenigen Fraktionen möglich Die Entwicklung der Radiochirurgie ca. 1985: der schwedische Neurochirurg Lars Leksell führt Strahlentherapie als Ersatz für Operation bei unzugänglichen Hirntumoren ein. Sein dafür entwickeltes Kobaltgerät nennt er Gamma-Knife. ca. 1990: stereotaktische Strahlenchirurgie am Linearbeschleuniger am DKFZ (Kimmig), Mini-Multi-Leaf-Kollimator von Brainlab, Lars Leksell (1907-1986) ab 1993 kommerziell verfügbar. • ca. 1998: Cyberknife, Roboter für Strahlenchirurgie • ca. 2005: bildgeführte Strahlentherapie am Linac Gamma-Knife • erstes Gerät für Strahlenchirurgie • 201 fokussierte Cobalt-Quellen • für Einzeitbestrahlung konzipiert • ideal für kugelförmige Zielvolumina Patientenlagerung früher (bis ca. 2000) invasiv („blutig“) mit Rahmen wie bei OP heute non-invasiv mit Spezialmaske Radiochirurgie: Bildfusion (CT – MR) und Zielvolumendefinition Strahlenchirurgie bei singulärer Hirnmetastase Zeit 1.Tag 2.Tag ca. 8.00h ca. 15.00h Maßnahme Dauer Beratung, Untersuchung, Aufklärung ca. 1h MRT ca. 1h Ankunft (nüchtern), Maske Planungs-CT mit KM 45min 30min Berechnung, Programmierung des Geräts, QA („Quality assurance“) ca. 3 Stunden Bestrahlung Abschlussgespräch, Entlassung ca. 45min ca. 20 min Hochpräzisionsbestrahlung („Strahlenchirurgie“) ist besser als OP bei Hirnmetastasen OP RS Rezidive an behandelter Stelle treten nach Strahlenchirurgie (RS) nur halb so oft auf wie nach OP EORTC 22952-Studie, Kocher et al., J Clin Oncol 2011 Fraktionierungs-Regime extrem hohe biologische Wirkung einer Einzeitbestrahlung /=3Gy /=2Gy 1x 25Gy 140Gy 168Gy 3x 10Gy 78Gy 90Gy 5x 2x5Gy 80Gy 87Gy 37x 2Gy 74Gy 74Gy Hochpräzisionsbestrahlung mit ExacTrac-Positionierungssystem (500 T€, 3 Systeme in Norddeutschland, eines an der Uni Lübeck) • Infrarot-Positionierungssystem an der Decke plus • stereotaktische Röntgenröhren am Boden erlaubt Kontrolle der Position und Bewegung des Patienten vor und während der Bestrahlung Fallvorstellung: 91-jährige Dame, rüstig, früher Lehrerin, gibt 2x wöchentlich Sprachunterricht (Engl., Franz.), vor 2 Jahren unauffälliges SchädelCT, seit 1 Jahr Hörverlust links und progredienter Schwindel. MR: Akustikusneurinom (gutartig) Therapieoptionen: Radiochirurgie oder fraktionierte stereotaktische Bestrahlung. Ziel: kein weiters Tumorwachstum, Hörerhalt. Vermeiden von Komplikationen (Hirnstammkompression) Erfolgsquote: wie OP Hörerhalt: gleich wie oder besser als OP Andere Komplikationen: keine Radiochirurgie von inoperablen Augentumoren Fundoskopie, MRT Beams, Isodosen Paulsen et al., DEGRO 2006 Bestrahlung Lokale Tumorkontrolle 2J. nach Radiochirurgie: 85% Neue Methoden bei inoperablen Patienten: Strahlenchirurgie Hochpräzisionsbestrahlung von kleinen Tumoren mit wenigen hochpräzisen Bestrahlungen erreicht Heilungsraten wie eine OP, aber fast ohne Risiko Vor Strahlentherapie Nach 2 Monaten Nach 52 Monaten Patient mit einem kleinen Lungenkrebs (der mit rotem Kreis markierte weiße Fleck im CT-Bild) . Der Tumor war zwar technisch operierbar, der Patient war aber wegen schlechter Lungenfunktion nicht OP-fähig. Aufnahme des ersten in Deutschland mit Hochpräzisionsbestrahlung (Strahlenchirurgie) behandelten Patienten . Die Behandlung erfolgte vor 15 Jahren an der Uniklinik Heidelberg und der Patient wurde dadurch dauerhaft geheilt; die Aufnahme wurde freundlicherweise von Prof. P. Fritz (Heidelberg/Siegen) zur Verfügung gestellt. Mittlerweile gilt diese Form der Strahlentherapie als Standardverfahren für Patienten mit Lungentumoren, die ein hohes OP-Risiko haben. Radiochirurgie vs. OP bei operablen Lungentumoren (NSCLC Stadium I) Chang et al., Lancet Oncol 2015 Radiochirurgie vs. OP bei operablen Lungentumoren Gesamtüberleben • Signifikanter Vorteil für Radiochirurgie im Gesamtüberleben: • 3-Jahres-Überleben 95% versus 79%, p=0,037 • Kein Unterschied im rezidivfreien Überleben Rezidivfreies Überleben Chang et al., Lancet Oncol 2015 Radiochirurgie bei atembeweglichen Tumoren: Technische Möglichkeiten • Bestrahlung in Atemstillstand (Narkose mit Jet-Ventilation, ab ca. 2000) • Bestrahlung des gesamten von der Atemexkursion betroffenen Volumens (4D-CT) • Gating: Bestrahlung nur in einer bestimmten Atemphase (Gerät wird durch Atemzyklus des Patienten an- und abgeschaltet) • Tracking: aktive Nachführung des Strahls (aktuell am CyberKnife) CyberKnife (Linearbeschleuniger am Roboterarm Roboter von KuKa aus Augsburg, Linac aus USA,, Software für Tracking von Prof. Achim Schweikard, Institut für Robotik, Uni Lübeck) Lungenmetastase Vol: 2,4cc Patient inoperable und mit Atemgerät CyberKnife Behandlung Jun 2011 3 Fraktionen Dauer < 30 Minuten pro Sitzung Stereotaktische Bestrahlung von Leber- und Lungenmetastasen: multizentrischePhase-II-Studie Stereotactic body radiation therapy plan for a patient with three metastases from ovarian cancer. Rusthoven, K. E. et al. J Clin Oncol; 27:1572-1578 2009 Images from a right lower lobe (RLL) lesion before and after stereotactic body radiation therapy (SBRT). Rusthoven, K. E. et al. J Clin Oncol; 27:1579-1584 2009 Kontrollfragen • Was ist „Radiochirurgie“? • Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit man Radiochirurgie sinnvoll einsetzen kann? • tumorbiologisch • technisch • Wie hoch ist die Strahlendosis bei Einzeitbestrahlung? • Nennen Sie mindestens 2 Erkrankungssituationen, in denen Radiochirurgie eine gute bzw. die beste Option ist! Neue Entwicklungen in der Strahlentherapie beim Prostatakarzinom • • • • Krankheitsverlauf und allgemeine Informationen Behandeln oder nicht ? Strahlentherapie als Erstbehandlung (und als Alternative zur OP) Neue Behandlungsmöglichkeiten Früherkennung von Prostatakrebs Tastuntersuchung der Prostata (über den Darm) • • • • billig erkennt meistens erst größere Tumoren oft „falsch-positiv“ oder „falsch-negativ“ Vorteil: wird von den Krankenkassen bezahlt Ultraschall, Röntgen, CT, MRT, PET-CT PSA-Messung (Bluttest) • teuer (je genauer, desto teurer) • erkennen meistens erst größere Tumoren • manchmal / oft „falsch-positiv“ • • • • relativ preiswert (ca. 30 Eur) sehr sensitiv (erkennt auch sehr kleine Tumoren) manchmal „falsch-positiv“ Nachteil: erkennt auch harmlose Tumoren (Übertherapie) ABER: Beweisend ist nur die Gewebeprobe. Biopsie ist immer nötig! Normal große Prostata, Volumen 25 cm³ produziert ca. 0,5 bis 1,0 ng/ml PSA (Blutkonzentration) Kleiner Prostatakrebs, Volumen ca. 1cm³ produziert ca. 2ng/ml PSA Hohe oder schnell ansteigende PSA-Werte: Verdacht auf Prostatakrebs Krebs muss aber durch Gewebeprobe (Biopsie) bewiesen werden !! Besonderheiten des Prostatakarzinoms Zunahme in den letzten Jahren (wegen Alterung der Bevölkerung) Meistens langsamer und günstiger Verlauf Über 50% der über 80-jährigen haben ein Prostata-Ca bei Autopsie Oftmals kein Voranschreiten der Erkrankung über Jahre Selbst bei Metastasen sind lange Überlebenszeiten möglich Screening und Verlaufsbeobachtung durch PSA möglich PSA-Wert zeigt relativ exakt die Tumormenge an Vielfältige Therapiemöglichkeiten Operation, Strahlentherapie, Hormontherapie, Kombinationen Komplizierte, individuelle Behandlungsentscheidung Prostatakarzinom: Soll man überhaupt behandeln Bisherige Meinung (bis ca. 2012): eher ja Grund: Skandinavische Studie, die nach 10 Jahren einen zunehmenden Vorteil durch OP zeigte. Aber: Studie wurde in den 80er und 90er Jahren durchgeführt. Damals gab es noch keine systematischen PSA-Untersuchungen „Watchful waiting“ vs. Prostatektomie Bill-Axelson et al., N Engl J Med 2005 Abwarten oder sofortige Operation beim Prostatakarzinom: Daten der PIVOT-Studie Ergebnisse: • kein Vorteil durch OP • identische Überlebenszeit (zumindest für 15 Jahre) • minimaler Vorteil Daten der PIVOT-Studie, Wilt et al., New Engl J Med 2012 Abwarten oder sofortige Operation beim Prostatakarzinom: Daten der aktuellen PIVOT-Studie Ergebnisse: • • Selbst wenn man einzelne Untergruppen (z.B. nur junge Männer unter 65 Jahre) analysiert, ergibt sich meistens kein Vorteil durch OP Vorteile nur bei PSA>10ng/ml oder mittlerem/hohen Risiko Daten der PIVOT-Studie, Wilt et al., New Engl J Med 2012 Abwarten oder sofortige Operation beim Prostatakarzinom: Daten der aktuellen PIVOT-Studie Radikale OP (287 Pat.) Beobachtung (284 Pat.) p-Wert Harninkontinenz 17,1% 6,3% <0.001 Erektionsstörungen 81,1% 44,1% <0.001 Fazit: Therapie macht Nebenwirkungen (vor allem Harninkontinenz und Potenzverlust) Daten der PIVOT-Studie, Wilt et al., New Engl J Med 2012 Prostatakarzinom: Soll man überhaupt behandeln Bisherige Meinung: eher ja Grund: Skandinavische Studie, die nach 10 Jahren einen zunehmenden Vorteil durch OP zeigte. Aber: Studie wurde in den 80er und 90er Jahren durchgeführt. Damals gab es noch keine systematischen PSA-Untersuchungen Aktuelle Meinung (seit 2012): eher nein Grund: PIVOT-Studie, die über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren keinen Vorteil durch OP zeigte. Diese Studie wurde unter „modernen“ Bedingungen durchgeführt, und der Tumor war bei den meisten Patienten durch PSA-Untersuchungen entdeckt worden. Fazit: Behandlung für viele Fälle (zunächst) nicht nötig. Prostatakarzinom: Therapiemethoden Anerkannte kurative Verfahren (Chance auf dauerhafte Heilung) 1. Bestrahlung (Brachytherapie oder externe Bestrahlung mit Linearbeschleuniger oder Kombination) 2. Operation (radikale Prostatektomie, eventuell minimal-invasiv oder roboterassistiert 3. ergänzende Hormontherapie (nicht allein) 4. Kryotherapie, HiFu (weniger anerkannt) Anerkannte palliative Verfahren (drängen die Krankheit zurück und verlängern Überleben, aber keine dauerhafte Heilung) 1. 2. 3. 4. 5. Hormontherapie zusätzliche Bestrahlung (oder Operation) Chemotherapie Radionuklidtherapie Biphosphonate oder ähnlich wirkende Medikamente Therapie des Prostatakarzinoms T1 T2 PSA 10 20 Gleason 4-6 T3-4 40 7 8 N+ 60 9-10 M+ Nur Kontrolle („aktive Überwachung“, v.a. ab ca. 70 Jahre) Radikale Prostatektomie (bis ca. 70 Jahre) J-125-Implantation („Seeds“) Externe Bestrahlung + HDR-Brachytherapie + Hormontherapie Hormontherapie Prostatakarzinom: Methoden der Strahlentherapie 1. Externe Bestrahlung mit Linearbeschleuniger 2. Brachytherapie mit Seeds (LDR-Brachytherapie) 3. Kombinierte Strahlentherapie (Bestrahlung mit Linbearbeschleuniger plus 2x HDR-Brachytherapie) 4. (Protonenbestrahlung) 5. Strahlenchirurgie (in Deutschland noch nicht genehmigt) 70-jähriger Patient mit Prostatakarzinom wurde mit alleiniger externer Strahlentherapie in IMRT- Technik mit 8 Feldern behandelt. Das Bild zeigt einen Isodosenplan (hier in n Colorwash-Darstellung). Das Zielgebiet (PTV, Prostata) wird homogen erfasst (roter Bereich). Außerhalb des Zielgebietes sind die Strahlendosen deutlich niedriger; relevante dauerhafte Folgen der Bestrahlung sind bei diesen Dosen nicht zu erwarten. In den 8 Einstrahlrichtungen werden aber geringe Strahlendosen verabreicht. Die Hautdosis ist aber so niedrig, dass eine Hautreaktion nicht auftritt. Prostatakarzinom: externe Bestrahlung mit Linearbeschleuniger Allgemeine Prinzipien: Standardverfahren, überall verfügbar, hohe Qualitätsstandards Dauer: täglich 1 Behandlung, 10 Minuten Dauer, insgesamt ca. 40 Bestrahlungen, Gesamtdauer also etwa 8 Wochen Erfolg bei Risikofällen stark abhängig von Bestrahlungsdosis Vorteile und Nachteile/Risiken: keine Einschränkungen (Alter, Risikofaktoren, Prostatagröße, Begleiterkrankungen), wesentlicher Vorteil Kein Schwerstrisiko (z.B. Tod durch Behandlung, kein Narkoserisiko) Akute Darm- und/oder Blasenentzündung für 3-4 Wochen: ca. 50% der Pat. Dauerhafte Langzeitfolgen am Darm ca. 5%, an der Harnröhre ca. 1% Langsamer Potenzverlust über Jahre Zukünftige Entwicklungen/Forschung: Verkürzung der Behandlungszeit auf 5 Wochen (vielleicht sogar auf 1 Wo.) Stärkere Dosiskonzentration (höhere Erfolgsquote) durch IMRT oder bildgeführte Strahlentherapie Prostatakarzinom: Brachytherapie mit Seeds Allgemeine Prinzipien: Spezialverfahren, an ca. 50 Einrichtungen in D verfügbar Erfordert spezielle Qualifikation ca. 60 reiskorngroße Jod-Seeds werden unter Ultraschallkontrolle dauerhaft in die Prostata eingebracht und geben dort langsam (Halbwertszeit 2 Monate) die Strahlung ab, effektive Bestrahlungszeit 1 Jahr Einschränkungen: Tumor muss langsam wachsen (Gleason-Wert maximal 6-7), Prostata <60cm³, PSA <10, operativer Eingriff Dauer: einmalig, 1-2 Tage stat. Aufenthalt Vorteile und Nachteile/Risiken: sehr hohe Erfolgsquote (wenn Patienten richtig ausgewählt werden) Akute Darm- und/oder Blasenentzündung für 1-2 Wochen: ca. 20% der Pat. Dauerhafte Langzeitfolgen am Darm ca. 1%, an der Harnröhre ca. 1% Langsamer Potenzverlust über Jahre Zukünftige Entwicklungen/Forschung: Keine weitere Forschung Brachytherapie bei Prostata-Ca: Prinzip • • • • Jod-Seed Ultraschallkopf im Enddarm Darstellung der Prostata Hohlnadeln werden unter Ultraschallkontrolle von perineal in die Prostata eingeführt Über Hohlnadeln werden nach Dosisberechnung Seeds (dauerhaft) oder Iridiumquelle (temporär) eingebracht Patient mit Seed-Implantation wegen Prostata-Ca Prostatakarzinom: externe Bestrahlung plus HDR-Brachytherapie Allgemeine Prinzipien: Spezialverfahren, an ca. 50 Einrichtungen in D verfügbar Erfordert spezielle Qualifikation HDR-Brachytherapie: winzige Strahlenquelle mit Iridium-191 wird unter Ultraschallkontrolle kurzfristig in die Prostata eingebracht (wie bei Seeds), aber nach Bestrahlung entfernt. Folge: hochdosierte Bestrahlung in 10 Minuten Einschränkungen: Prostata <60cm³, operativer Eingriff Dauer: zweimalig, jeweils 1-2 Tage stat. Aufenthalt, plus 5 Wochen externe Bestrahlung Vorteile und Nachteile/Risiken: sehr hohe Erfolgsquote auch bei Risikofällen (dann bestes Verfahren) Akute Darm- und/oder Blasenentzündung für 1-2 Wochen: ca. 20% der Pat. Dauerhafte Langzeitfolgen am Darm ca. 3%, an der Harnröhre ca. 2% Langsamer Potenzverlust über Jahre Zukünftige Entwicklungen/Forschung: Bessere Kombination mit externer Bestrahlung Alleinige HDR-Brachytherapie (wie bei Seeds) Brachytherapie: typisches Bestrahlungsgerät Strahlentherapie: Behandlungsablauf Alleinige externe Bestrahlung mit Linearbeschleuniger 1 2 3 4 5 6 7 8 Wochen Behandlungszeit Kombinierte Tele-Brachytherapie (externe Bestrahlung plus Brachytherapie („Kieler Methode“) 1 2 3 4 5 6 Wochen Behandlungszeit Externe Bestrahlung mit Linearbeschleuniger, 1x täglich, 5x pro Woche HDR-Brachytherapie 15/8Gy Prostatakarzinom: welche Therapie ist die beste? • Beim lokalisierten Prostatakarzinom ist eine Therapie nicht immer nötig; aktive Überwachung kommt für viele Patienten als beste Option in Frage • Wenn eine lokale Therapie indiziert ist, stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung (radikale Prostatektomie, Strahlentherapie als Brachytherapie oder EBRT oder Kombination, Kryotherapie, HIFU, ggf. kombiniert mit endokriner Therapie) • Operation und Strahlentherapie gelten als gleichwertig (S3-Leitlinie). Randomisierte Studien mit Vergleich der Verfahren untereinander gibt es nicht (und Ergebnisse sind auch mittelfristig nicht zu erwarten). • Vergleich der Therapieverfahren schwierig (unterschiedliche Klassifikation, unterschiedliche Endpunkte) • Ziel der Untersuchung: systematische Analyse von Behandlungsserien nach einheitlichen und definierten Kriterien • Endpunkt: PSA-Rezidivfreiheit (bester Endpunkt zur Bewertung der Therapieeffektivität, da Überleben von anderen Faktoren wie z.B. Komorbidität stark beeinflusst wird) Grimm P et al. Comparative analysis of prostate-specific antigen free survival outcomes for patients with low, intermediate and high risk prostate cancer treatment by radical therapy. Results from the Prostate Cancer Results Study Group. BJUI 2012 Therapieverfahren Low risk Intermediate risk High risk Summe Radikale Prostatektomie (RP) 6.467 (6) 3.696 (4) 5.149 (11) 15.312 (21) 706 (1) 479 (1) 200 (1) 1.385 (3) 8.133 (17) 5.808 (15) 295 (1) 14.236 (33) 726 (1) 1.554 (6) 2.865 (15) 5.145 (22) - - 1.231 (6) 1.231 (6) HDR (+ EBRT) 226 (2) 607 (4) 869 (5) 1.702 (11) Protonentherapie 388 (2) 162 (1) - 550 (3) EBRT 4.735 (9) 2.969 (10) 3.828 (11) 11.532 (30) HIFU 227 (1) - - 227 (1) Kryotherapie - 175 (1) 357 (2) 532 (3) Seeds + ADT - 165 (1) - 165 (1) 21.608 (39) 15.615 (43) 14.794 (52) 52.017 (134) Roboterassistierte RP Seeds Seeds + EBRT EBRT + Seeds + ADT Summe Angegeben sind die Patientenzahlen für jedes Therapieverfahren sowie (in Klammern) die Zahl der jeweils analysierten Studien Grimm P et al. , BJUI 2012 Therapieergebnisse (PSA-Progressionsfreiheit) bei Patienten mit low-risk-Prostatakarzinom nach verschiedenen Therapieverfahren abhängig vom Follow-up. Die Ellipsen (SDE= standard deviational ellipse) stellen den gewichteten Mittelwert der Studien + 1SD dar; SDEs wurden nur für Therapieverfahren mit mindestens vier Datenpunkten berechnet. Grimm P et al. Comparative analysis of prostate-specific antigen free survival outcomes for patients with low, intermediate and high risk prostate cancer treatment by radical therapy. Results from the Prostate Cancer Results Study Group. BJUI 2012 Therapieergebnisse (PSA-Progressionsfreiheit) bei Patienten mit medium-risk-Prostatakarzinom nach verschiedenen Therapieverfahren abhängig vom Follow-up. Die Ellipsen (SDE= standard deviational ellipse) stellen den gewichteten Mittelwert der Studien + 1SD dar; SDEs wurden nur für Therapieverfahren mit mindestens vier Datenpunkten berechnet. Grimm P et al. Comparative analysis of prostate-specific antigen free survival outcomes for patients with low, intermediate and high risk prostate cancer treatment by radical therapy. Results from the Prostate Cancer Results Study Group. BJUI 2012 Therapieergebnisse (PSA-Progressionsfreiheit) bei Patienten mit high-risk-Prostatakarzinom nach verschiedenen Therapieverfahren abhängig vom Follow-up. Die Ellipsen (SDE= standard deviational ellipse) stellen den gewichteten Mittelwert der Studien + 1SD dar; SDEs wurden nur für Therapieverfahren mit mindestens vier Datenpunkten berechnet. Grimm P et al. Comparative analysis of prostate-specific antigen free survival outcomes for patients with low, intermediate and high risk prostate cancer treatment by radical therapy. Results from the Prostate Cancer Results Study Group. BJUI 2012 Schlussfolgerungen Allgemein • Größte systematische Analyse zur Bewertung von lokalen Therapieverfahren • Interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftlern Einschränkungen: • Keine randomisierten Daten, Bias also möglich Ergebnisse • Radiotherapie ist in allen Prognosegruppen die jeweils beste Therapie. • Bei low-risk: alleinige Brachytherapie • Bei high-risk: Brachytherapie + externe Bestrahlung plus Hormontherapie • PSA-Rezidivfreiheit nimmt im Follow-up bei OP und EBRT stärker ab als bei Brachytherapie Bewertung: • Beste verfügbare Evidenz, relevante neue Daten aus randomisierten Studien sind mittelfristig nicht zu erwarten • bietet eine gute und evidenz-basierte Entscheidungsgrundlage für Ärzte und Patienten Deutsches Ärzteblatt vom 06.04.2012 (Information für alle Ärzte in Deutschland) Resnick MJ, Koyama T, Fan KH et al.. Long-term functional outcomes after treatment for localized prostate cancer. N Engl J Med. 2013 Jan 31;368(5): 436-445 Material & Methodik • PCOS (Prostate Cancer Outcomes Study): Prospektive Studie in 6 US-Regionen, die Daten an die SEER-Datenbank liefern • Ziel: krankheitsspezifische Lebensqualität im Langzeitverlauf beobachten • Zielgruppe: Patienten, die zwischen 1.10.1994 und 31.10.1995 wegen eines inzidentellen PCA an den Referenzinstitutionen diagnostiziert/vorgestellt wurden • 5672 Patienten eingebracht, endgültige Kohorte umfasste 3533 Männer, für die Verlaufsdaten nach 6 und 12 Monaten vorlagen • In die aktuelle Analyse und Publikation gingen 1655 Patienten ein mit folgenden Kriterien: • Alter 55 bis 74 Jahre • Behandlung innerhalb eines Jahres nach Diagnose • Prostatektomie (N=1164, medianes Alter 64 Jahre ) oder Radiotherapie (N=491, medianes Alter 69 Jahre) • mit und ohne antiandrogene Therapie • Verlaufsfdaten (Survey) 2 und 5 Jahre nach Therapie vorhanden Resnick MJ, Koyama T, Fan KH et al.. Long-term functional outcomes after treatment for localized prostate cancer. N Engl J Med. 2013 Jan 31;368(5): 436-445 Harninkontinenz („no control or frequent urinary leakage“) Prostatektomie Radiotherapie nach 2 Jahren 9,6% 3,2% nach 5 Jahren 13,4% 4,4% nach 15 Jahren 18,3% 9,4% Patienten mit Beeinträchtigungen („bothered“) nach 2 Jahren 10,6% 2,4% nach 5 Jahren 12,9% 2,9% nach 15 Jahren 17,1% 18,4% Fazit: Signifikant (Zahlen in rot) weniger starke Harninkontinenz nach 2 und 5 Jahren bei RT-Patienten im Vergleich zur OP. Daten nach 15 Jahren sind nicht mehr signifikant Resnick MJ, Koyama T, Fan KH et al.. Long-term functional outcomes after treatment for localized prostate cancer. N Engl J Med. 2013 Jan 31;368(5): 436-445 Störung der Darmfunktion („bowel urgency“) Prostatektomie Radiotherapie nach 2 Jahren 13,6% 34,0% nach 5 Jahren 16,3% 31,3% nach 15 Jahren 21,9% 35,8% Patienten mit Beeinträchtigungen („bothered“) nach 2 Jahren 2,9% 7,9% nach 5 Jahren 4,4% 5,8% nach 15 Jahren 5,2% 16,0% Fazit: Signifikant mehr Darmsymptome nach 2 und 5 Jahren bei RTPatienten im Vergleich zur OP. Daten nach 15 Jahren sind nicht mehr signifikant. Die dadurch verursachten Beeinträchtigungen nehmen aber im VerlaufResnick ab und sindT, Fan nach nicht mehr signifikant stärker als bei MJ, Koyama KH et5 al..Jahren Long-term functional outcomes…. N Engl J Med. 2013 Jan 31;368(5): 436-445 Sexualfunktion („erection insufficient for intercourse“) Prostatektomie Radiotherapie nach 2 Jahren 78,8% 60,8% nach 5 Jahren 75,7% 71,9% nach 15 Jahren 87,0% 93,0% Patienten mit Beeinträchtigungen („bothered“) nach 2 Jahren 55,5% 48,2% nach 5 Jahren 46,7% 39,7% nach 15 Jahren 43,5% 37,7% Fazit: leichter, vorübergehender Vorteil in den ersten Jahren nach RT im Vergleich zur OP Resnick MJ, Koyama T, Fan KH et al.. Long-term functional outcomes after treatment for localized prostate cancer. N Engl J Med. 2013 Jan 31;368(5): 436-445 Schlussfolgerungen • Nach lokaler Therapie eines PCA gibt es persistierende Einschränkungen (stärker als in der Kontrollgruppe). • Am stärksten sind Patienten durch Harninkontinenz beeinträchtigt. Dies betrifft vor allem operierte Patienten. • Nach RT sind Störungen der Darmfunktion häufig. Allerdings sind Patienten dadurch weniger beeinträchtigt als durch Harninkontinenz, und es gibt Besserungen nach Jahren (im Gegensatz zur Inkontinenz!). • Bezüglich der Sexualfunktion gibt es nur geringe Vorteile nach Bestrahlung. Im Verlauf nehmen diese Störungen (v.a. altersbedingt) zu, aber für die Patienten nimmt die Bedeutung ab. Fazit für die Radioonkologie: • vorübergehende Vorteile nach RT • langfristig keine Nachteile durch RT Resnick MJ, Koyama T, Fan KH et al.. Long-term functional outcomes after treatment for localized prostate cancer. N Engl J Med. 2013 Jan 31;368(5): 436-445 Prostatektomie versus Brachytherapie: Lebensqualität • SPIRIT: randomisierte Studie des American College of Surgeons Oncology Group mit Vergleich von Prostatektomie (RP) versus Brachytherapie (BT); Patienten konnten Therapie auch wählen (wie bei PREFERE-Studie) • Nach 2 Jahren wegen Rekrutierungsproblemen geschlossen • Jetzt: Auswertung der Lebensqualität bei 190 Männern nach 5 Jahren, 88,4% Teilnehmerquote (Fragebogen-Rücklauf) Ergebnisse: • 168 Patienten, 61% BT, 39% RP • Darmprobleme und hormonelle Nebenwirkungen gleich • Signifikant besserer Score bei BT-Patienten bei urologischen (91.8 v 88.1; p=0,02) and sexuellen Beschwerden (52,5 v 39,2; p= 0,001) und allgemeiner Zufriedenheit (93,6 v 76,9; p<0,001). Crook et al, J Clin Oncol 2011 Was gibt es Neues zur Strahlentherapie 1. PREFERE-Studie • größte Therapiestudie der deutschen Krebsgesellschaft • startet aktuell (in SH Teilnahme ab 2013 möglich) 2. Kurzzeitbestrahlung (nur fünf Bestrahlungen in Hochpräzisionstechnik) • Pressemitteilung der amerikanischen Fachgesellschaft • Hochpräzisionsbestrahlung als Alternative zur normalen Bestrahlung oder zur OP • in Schleswig-Holstein (Lübeck) ab Frühjahr 2013 PREFERE-Studie Teilnahmevoraussetzungen: • • • Alter bis 75 Jahre PSA maximal 10ng/ml Gleason-Grad maximal 7 Zuteilung zu einer der nachfolgenden vier Behandlungsmethoden per Zufallsentscheid („Randomisation“); der Patient kann aber 1-2 Methoden ausschließen. Aktive Überwachung Brachytherapie mit Jod-Seeds Externe Strahlenther. (72Gy) • PSA-Kontrolle alle 3 Monate • Therapie erst bei PSAAnstieg Nachbeobachtung aller Patienten über 15 Jahre Messen von Nebenwirkungen und Lebensqualität Radikale Operation Überlebende Zellen in % (logarithmisch) SF 100% Hypothese: Es gibt sehr langsam wachsende Tumoren, deren /-Werte niedriger sind als diejenigen von Normalgeweben (also umgekehrt zur üblichen Situation). Bei diesen Tumoren könnte eine Bestrahlung mit wenigen hochdosierten Fraktionen sinnvoll sein. Sehr langsam wachsende „strahlenunempfindliche“ Tumoren, z.B. Prostatakarzinom (/-Wert = <2Gy) 10% Normalgewebe mit Normalgewebe mit niedriger Proliferationsrate hoher Proliferationsz.B. ZNS, Niere, Muskelgewebe. Rate, z.B. Knochenmark, (/-Wert = 2-3Gy) Darmmukosa, Hoden. 2) –(D + D Schnell wachsende „strahlenempfindliche“ =1/Gy; = 1/Gy2 Tumoren, z.B. HNO/ = Gy Tumoren, Plattenepithel-Ca. (/-Wert = 10Gy) SF = e 1% 0 2 4 6 Strahlendosis D in Gray (Gy)(linear) Strahlentherapie beim Prostata-Ca: Behandlungsablauf Alleinige externe Bestrahlung mit Linearbeschleuniger Kombinierte TeleBrachytherapie Radiochirurgie (in klinischer Erprobung) 1 2 3 4 5 6 Wochen Behandlungszeit Externe Bestrahlung mit Linearbeschleuniger, 1x täglich, 5x pro Woche HDR-Brachytherapie 15/8Gy Radiochirurgie, Einzeldosis 7Gy Hochpräzisionsbestrahlung bei Prostatakrebs • • • • Neue Form der externen Bestrahlung Nur fünf Behandlungssitzungen (Fraktionen) statt ca. 40 dadurch nur 1,5 - 2 Wochen Behandlungszeit (statt 2 Monaten) Bisher sind weltweit ca. 1800 Patienten behandelt (Stand Oktober 2012), fast alle in USA • Erfolgsquote vermutlich wie bei „normaler“ hochdosierter Strahlentherapie • Nebenwirkungen und Langzeitfolgen wahrscheinlich gleich niedrig wie bei normaler Strahlentherapie • ANFORDERUNGEN: besonders präzise Bestrahlungstechnik Hochpräzisions-Radiotherapie CyberKnife (Bestrahlungsroboter) (Linearbeschleuniger am Roboterarm,Softwareentwicklung bei Prof. Schweikard, Institut für Robotik der Uni Lübeck) ExacTrac-System (Fa. Brainlab): Positionierungssystem mit stereotaktischen Röntgenröhren und Infraroterkennung Sondersituationen 1. Bestrahlung nach OP bzw. bei PSA-Anstieg 2. Kann eine Hormontherapie die Bestrahlung oder OP ersetzen? Prostatakarzinom: externe Bestrahlung nach Operation? PSA (ng/ml) 8,0 PSA steigt an, Biopsie, Tumornachweis Prostatektomie PSA bei Kontrollen jahrelang im Normalbereich PSA-Anstieg nach OP: Ursachen • Krebszellen sind in der „Prostataloge“ zurück gebleiben und wachsen dort weiter (80% der Fälle) oder bzw. und/oder • Metastasen wachsen irgendwo im Körper, sind aber so klein, dass sie noch nicht entdeckt werden können Bis zu diesem Wert ist eine Bestrahlung sehr erfolgreich 4,0 Nach OP: PSA fällt auf 0 0 Fazit: Ab diesem Wert ist das Rezidiv erkennbar • Bei PSA-Anstieg nach radikaler Prostatektomie liegt in 80% der Fälle ein (in der Bildgebung noch nicht erkennbares) Lokalrezidiv vor. Beste Therapie: „Salvage“Strahlentherapie der Prostataloge, so früh wie möglich (PSA <0,5ng/ml) • Bei PSA-Anstieg nach Bestrahlung liegt in 80% ein extraprostatisches Rezidiv vor. Hormontherapie ist keine Alternative zur aktiven Überwachung (oder lokalen Therapie) bei low-risk-Patienten Daten des Bicalutamide-Trial 24, Patientengruppe mit aktiver Überwachung (keine lokale Therapie wie OP oder RT) PSA-Progressionsfreiheit Überleben Wirth et al., Prostate Cancer Prostatic Dis 2005 Radionuklidtherapie bei Knochenmetastasen Prinzip: ein „knochensuchender“ radioaktiver Strahler wird in die Blutbahn injiziert und sammelt sich vorwiegend in den aktiven Metastasen, die dadurch zerstört werden. Nuklid Strahlenart bisherige Ergebnisse Samarium 153 Beta-Strahler häufiger Einsatz bei Knochenmetastasen, bisher vor allem zur Schmerzlinderung Rhenium 188 Beta-Strahler ähnliche Wirkung wie Samarium. Längere Überlebenszeit bei Pat. mit Knochenmetastasen eines Prostata-Ca in einer rand. Studie (Palmedo et al. J Clin Oncol 2003), aber kaum verwendet Strontium 89 Beta-Strahler ähnliche Wirkung wie Samarium, kaum verwendet Radium 223 Alpha-Strahler Nachgewiesener Überlebensvorteil, seit kurzem als Medikament verfügbar Therapie des Prostatakarzinoms T1 T2 PSA 10 20 Gleason 4-6 T3-4 40 7 8 N+ 60 9-10 M+ Nur Kontrolle („aktive Überwachung“, v.a. ab ca. 70 Jahre) Radikale Prostatektomie (bis ca. 70 Jahre) J-125-Implantation („Seeds“) Externe Bestrahlung + HDR-Brachytherapie + Hormontherapie Hormontherapie Prostatakarzinom: Wann welche Therapie ?? 3 Beispiele 75-jähriger Herr, beim Urologen wegen Blasenentzündung, Zufallsdiagnose eines Prostata-Ca, PSA 4, Gewebeprobe: Gleason 6 55-jähriger Herr, beim Urologen wegen Blasenentzündung, Zufallsdiagnose eines Prostata-Ca, PSA 4, Gewebeprobe: Gleason 6 65-jähr. Herr, beim Urologen wegen Blasenentleerungsstörung, stark vergrößert, PSA 65, Gewebeprobe: Gleason 8 Prostata Prostatakarzinom: Wann welche Therapie ?? 3 Beispiele 75-jähriger Herr, beim Urologen wegen Blasenentzündung, Zufallsdiagnose eines Prostata-Ca, PSA 4, Gewebeprobe: Gleason 6 1. Abwarten („aktive Überwachung“) 2. Strahlentherapie (Seeds. externe Bestrahlung, zukünftig evtl. Strahlenchirurgie) 3. (Operation) 55-jähriger Herr, beim Urologen wegen Blasenentzündung, Zufallsdiagnose eines Prostata-Ca, PSA 4, Gewebeprobe: Gleason 6 1. Strahlentherapie (Brachytherapie mit Seeds, zukünftig evtl. Strahlenchirurgie) 2. Radikaloperation 3. Strahlentherapie (externe Bestrahlung) 4. (Abwarten ,„aktive Überwachung“) 65-jähr. Herr, beim Urologen wegen Blasenentleerungsstörung, Prostata stark vergrößert, PSA 65, Gewebeprobe: Gleason 8 1. Hormonbehandlung (Spritze alle 4/12 Wochen und/oder Tabletten) + Bestrahlung (extern + HDR-Brachytherapie) 3 ähnliche Fälle, sehr unterschiedliche Optionen Die schönste Insel Deutschlands: Trave-Insel mit Lübecker Altstadt (UNESCO-Welterbe) Stadt der Wissenschaft 2012