Eye Movement Desensitization and Reprocessing EMDR Balsthal, 09.&10.11.2006 Die Signa tur Michael Hase Facharzt f. Psychiatrie -Psychotherapie- wurde Spezielle Psychotraumatherapie (DeGPT)nicht EMDR Institut Senior Trainer überp EMDR Trainer (EMDREA) D-21335 Lüneburg rüft. © EMDR-Institut Deutschland Michae l Hase Digital signiert von: Michael Hase Name: CN = Michael Hase C = DE Datum: 2006.11. 13 20:26: 16 +01'00' Grund: Ich bin der Verfasser dieses Dokument s Ort: Lüneburg Rede der Lady Percy (W. Shakespeare ) O mein Gemahl, ... Was heftest du die Augen auf die Erde Und fährst so oft, wenn du allein bist auf? Warum verlorst du deiner Wangen Frische? Gabst meine Schätze und mein Recht an dich Starrseh´nden Grübeln und verhasster Schwermut ... Dein Geist in dir ist so im Krieg gewesen Und hat im Schlaf dich aufgeregt, Dass Perlen Schweißes auf der Stirn dir standen ... (Heinrich IV., 1. Teil ) www.michaelhase.eu PTBS – eine Mode? Homer und Shakespeare Charcot und Janet (1887 - 1907) Shellshock (Mott 1919) Kardiner (1941) “Physioneurose” Geschichte der Vietnamveteranen PTSD DSM-IV / ICD-10 www.michaelhase.eu Phasen nach einem traumatischen Ereignis Schockphase Phase der hohen Vulnerabilität Erste Stunden bzw. Tage nach dem Ereignis Überleben - Sozialer Bruch Wochen bis Monate Erschöpfung, Intrusionen Spontanverarbeitung Konsolidierungsphase Erholungsphase oder Chronifizierung der Traumaphysiologie www.michaelhase.eu Owen´s story „ Das Treppenhaus stand unter Wasser, und als ich in die Lobby kam, sah ich draußen Menschen aufschlagen, brennende Gebäudeteile niedersegeln und eine Schwangere, die von einer Mauer begraben wurde. Die Eindrücke waren so unwirklich – irgendwie nicht Teil des Lebens.“ Owen Hearty „Dann war ich wie in einem Tunnel, ich bin nur noch um mein Leben gerannt. Ich war im Schock, in den Tagen danach defensiv und in mich gekehrt.“ Zum Zeitpunkt des Einschlags „Später kamen Albträume und Bilder. im 25. Stock des Nordturms Tags tauchten die Bilder der Toten vor meinen Augen auf.“ www.michaelhase.eu Traumatypen Akzidentell Intendiert Typ-1 Trauma einmalig, Kurzdauernd Unfall Überfall Typ-2 Trauma: wiederholt, Tsunami CSA Langdauernd Krieg Folter www.michaelhase.eu Definition des Psychotrauma nach Fischer und Riedesser 1998 Ein Psychotrauma ist ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglichkeiten das mit mit Gefühlen von Hilf- u. Schutzlosigkeit einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt. www.michaelhase.eu ACE Studie – Felitti 1989 Untersuchung an Erwachsenen am Zentrum für präventive Medizin des Kaiser Permanente Department, San Diego www.michaelhase.eu Kategorien des Missbrauchs und der elterlichen Belastungsfaktoren Gewalterfahrung und Missbrauch Wiederholte körperliche Gewalt Wiederholte sexuelle Gewalt Emotionaler Missbrauch Familiär-elterliche Belastung Ein Haushaltsmitglied war im Gefängnis Die Mutter erfuhr körperliche Gewalt Ein Familienmitglied war alkohol- oder drogenkrank Ein Familienmitglied war seelisch krank oder suizidal www.michaelhase.eu Drogenabusus www.michaelhase.eu Selbstmordversuche www.michaelhase.eu Neurobiologie der PTBS Funktionelle Gehirnveränderungen Limbische Strukturen hyperaktiv (z.B. Amygdala) Höhere cortikale Strukturen unterdrückt (z.B. Broca-Areal) Informationsverarbeitung beeinträchtigt Hormonelle Veränderungen (Cortisol) www.michaelhase.eu Zwei Formen der Erinnerung Explizites Gedächtnis Erzählen eines Erlebnisses Dem Alltagsbewusstsein zugänglich Implizites Gedächtnis (dissoziiert) Meist affektiv belastend Schlagartig auslösbar (Trigger) Dem Bewusstsein nicht zugänglich www.michaelhase.eu Selbstheilungstendenz von PTBS 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 % PTBS 1 Woche 2 Monate 6 Monate Rothbaum, 1992 www.michaelhase.eu Lernen Stress heisst Glucocorticoid (GC) sekretion GC führt zu Beeinträchtigung des deklarativen Gedächtnisses - Zuerst Abruf und dann auch Konsolidierung ( Wolkowitz, Reuss & Weingartner 1990; Born und Fehm 1999 ) Über die Beeinträchtigung der LTP und der neuronalen Plastizität im Hippocampus ( Diamond et.al. 1989; Scheff & DeKosky 1983; Gould & Cross 2002 ) www.michaelhase.eu Lernen Amygdala fördert die Konsolidierung vorwiegend impliziter Erinnerung ( Goddard 1964; Cahill et.al. 1996) Stress sensiblisiert die Amygdala Der Focus des Lernes wird massiv verändert www.michaelhase.eu Zwei Formen der Erinnerung Explizites Gedächtnis Erzählen eines Erlebnisses Dem Alltagsbewusstsein zugänglich Implizites Gedächtnis Dissoziiert Meist affektiv belastend Schlagartig auslösbar (Trigger) Dem Bewusstsein nicht zugänglich Fragmentiert www.michaelhase.eu DESNOS Disorder of Extreme Stress Not Otherwise Specified A Störung der Affektregulation B Störung von Aufmerksamkeit und Bewusstsein C Somatisierung D Chronische Persönlichkeitsveränderung E Veränderung in Bedeutungssystemen ( Hermann 1996, 2003 ) www.michaelhase.eu Traumafolgestörungen ICD-10 F Posttraumatische Belastungsstörung Akute Belastungsstörung Anpassungsstörung Andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung Dissoziative Störungen Komorbidität www.michaelhase.eu 43.1 43.0 43.2 62.0 44.x Diagnostik der PTBS Nach traumatisierender Erfahrung fragen! Selbstbeurteilungsskalen -Impact of Events Scale -Posttraumatic Stress Disorder Scale Horowitz et.al. 1979 Maerker & Schützwohl 2003 Foa et.al. 1997 Ehlers et.al. 1999 Strukturierte klinische Interviews - Clinician Administered PTSD Scale www.michaelhase.eu Blake & Weathers 1994 Nyberg & Frommberger 2001 Diagnostik dissoziativer Störungen Dissoziationsscreening - Fragebogen dissoziativer Symptome (Freyberger et al, 1999) - Dissociative Experiences Scale (Putnam, 1996) - Somatoform Dissociation Questionaire (Nijenhuis, 1996, 1997) Strukturierte klinische Interviews - SKID-D (Steinberg, 1994) (Gast et.al., 2000) www.michaelhase.eu Behandlung der PTBS Grundlagen Techniken Psychopharmaka www.michaelhase.eu Epidemiologie der PTBS Westliche Gesamtbevölkerung Höher in Risiko-Populationen 2,3 % Inzidenz (der Vollbilder - konservativ) * 9% Lebenszeitprävalenz (Kessler 1996). Jugendliche in Städten (USA) (23%), Flüchtlinge aus Kriegsgebieten (bis ca. 50 %) Psychiatrische Populationen (ca. 25 %) Krebspatienten (ca. 20 %) Hohe Komorbidität – schwierige Diagnostik * Perkonning mdl. Mitteilung www.michaelhase.eu Grundlagen der Behandlung Sicherheit Kontrolle Verantwortung www.michaelhase.eu Behandlung der PTBS Grundlagen Phasenorientierte Behandlung Diagnosestellung Stabilisierung Körperliche Stabilisierung Soziale Stabilisierung Psychische Stabilisierung Trauma-Verarbeitung Integration und Neuorientierung www.michaelhase.eu Initiale Behandlung der PTBS Sichere therapeutische Beziehung ist Grundlage einer Traumabehandlung Normalisierung der Symptome („Ich bin nicht verrückt“) Rückgewinnung von Kontrolle (im sozialen und medizinischen System) Distanzierungstechniken www.michaelhase.eu Frühinterventionen Keine gesicherte Wirksamkeit Psychoedukation Debriefing isoliert scheint nicht hilfreich ( Rose et.al. 2002 ) Differentialindikation der Intervention www.michaelhase.eu Stabilisierung Körperliche Stabilisierung Soziale Stabilisierung Psychische Stabilisierung Depression, somatische Erkrankung Äußere Sicherheit, Wohnen, Alltagsfunktionen, Soziale Kontakte, Einkommen, Stabilisierung der therapeutischen Beziehung Introspektionsfähigkeit, Aufbau von Selbstfürsorge und Affekttoleranz www.michaelhase.eu Stabilisierung Kognitive Techniken (Ehlers 1999) Imaginative Techniken (Reddemann 2001) Dialektisch Behaviorale Therapie (Cloitre et.al. 2002, Linehan 1996) www.michaelhase.eu Bei PTSD effektive Therapien Meta-Analyse: 61 Studienbedingungen aus 39 kontrollierten Studien Psychotherapie ist Medikamenten überlegen 4 Methoden , in denen eine strukturierte Wiederbegegnung mit der Erinnerung angestrebt wird sind effektiv. Auch die Komorbidität bessert sich signifikant van Etten & Taylor, Clinical Psychology and Psychotherapy (1998) 5: 126-144 www.michaelhase.eu Bei PTSD effektive Therapien Meta-Analyse: 61 Studienbedingungen aus 39 kontrollierten Studien 4 Methoden sind effektiv: Verhaltenstherapie Reizüberflutung (Foa) Stressimpfung (Meichenbaum) (Kognitive Therapie - Marks, Resick) EMDR Hypno-/ Imaginative Therapie (PITT) Modifizierte dynamische Psychotherapie van Etten & Taylor, Clinical Psychology and Psychotherapy (1998) 5: 126-144 www.michaelhase.eu Diskussion – die Bradley MetaAnalyse Psychotherapie ist hochwirksam EMDR wird hier mit geringerer Effektstärke als VT genannt In die Metaanalyse von 26 Studien wurde die größte EMDR Studie (Power) nicht einbezogen Das Studiendesign wurde nicht geratet Die Improvement-Rate liegt für EMDR höher als für alle anderen Therapien (s. 223) Bradley, R. et.al. (2005): A Multidimensional Meta-Analysis of Psychotherapy for PTSD. Am J Psychiatry 162:2; 214-227 www.michaelhase.eu EMDR in Leitlinien zur Behandlung von PTBS American Psychological Association – APA (1998) International Society for Traumatic Stress Studies ISTSS (2000) Deutsche AWMF Leitlinie PTBS (2001) UK Department of Health (2001) Schwedisches Council for Technology Assessment in Healthcare (für Jugendliche; 2001) Israeli Council for Mental Health (2002) Veterans Administration (2004) www.michaelhase.eu EMDR bei Kindern mit PTBS Explosionsopfer von Enschede (De Roos et.al. In press) Flugzeugunglück in Mailand (Fernandez et.al. 2004) Sexuelle Gewalt an iranischen Mädchen (Jaberhari et.al. 2004) Kinder nach Orkan „Inki“ auf Hawai (Chemtob et.al. 2002) www.michaelhase.eu Chemtob Studie Kinder nach Orkan „Inki“ Erstintervention Kurztherapie im Vorjahr 1 Jahr post: 32 Kinder PTSD (CRI) 3 Stunden EMDR mit Wartelistendesign Sign. Reduktion CRI (p < 0,0009) Stabil nach 6 Monaten Chemtob et al. (2002), Brief treatment for elementary school children with disaster related PTSD. J. Clinical Psychology www.michaelhase.eu Indikationen für EMDR PTBS und Teilsyndrome nach Einzelereignis Komplexe Traumastörungen nach chronischen Traumatisierungen Akute Traumatisierungen Traumatische Trauer (Anpassungsstörung) Dissoziative Störungen Gedächtnispathologie/ experimentelle Protokolle www.michaelhase.eu Kontraindikationen für EMDR Floride Psychosen Schwere Depressionen Mangelnde Stabilität Komplexes Trauma ohne Stabilisierung ! Somatische Komplikationen Sekundärer Krankheitsgewinn Cave: Erfahrung mit Patientengruppe www.michaelhase.eu Geschichte des EMDR 1987 Entdeckung durch Francine Shapiro 1989 Erste Publikation (EMD) 1991 "EMDR" als Methode entwickelt 1995 Konzept der 8 Phasen des EMDR Qualitätskontrolle durch Fachgesellschaft 1991 – 1997 Publikation von 17 Studien 1997-1999 Anerkennung (APA, ISTSS) Seit 2000 Studien über PTBS hinaus www.michaelhase.eu Informationsverarbeitungs Modell der EMDR-Methode Traumatische Erlebnisse überfluten den Reizschutz des Menschen. Die Information bleibt isoliert, gleichsam "eingefroren„. Im ZNS existiert ein Informationsverarbeitungssystem, daß traumatische Information unter anderem durch neue Assoziationen verarbeitet. Die Augenbewegungen ( oder alternative Stimuli ) von EMDR stimulieren das Nervensystem und scheinen das Informationssystem anzustossen und die Verarbeitung in Gang zu setzen. www.michaelhase.eu Anamnese Alle Dimensionen erfassen: Vergangenheit (Erinnerungen, Intrusionen) Gegenwart (Auslöser, Dissoziation) Zukunft (Behandlungsauftrag, Hoffnung) Weitere Probleme erfassen (Komorbidität) Ressourcen erfassen (Erfolge) Symptomatik (Testen: IES, DES, BDI) Geschichte der Symptomatik www.michaelhase.eu Anamnese Resourcen z.B. 5-10 positivste Erlebnisse Belastende Erlebnisse: 5-10 belastendste Erlebnisse (evtl. Gruppierungen = CLUSTER) Erinnerungslücken Angestrebter Zustand, Ziele www.michaelhase.eu EMDR Sitzung (1) Vorbereitung Auswahl einer Erinnerung (Trigger, Fragment etc.) Auswahl eines Bildes (sensorischen Fragments) Erarbeiten der Kognitionen (negativ/positiv) Prüfen der Stimmigkeit der PK Ansprechen der Gefühle Erarbeitung des SUD Erarbeitung der Körperlokalisation „ In order for a memory to appear in consciousness, the associative network has to reach a certain level of activation, which occurs as a function of the number of components that are activated“ www.michaelhase.eu Joseph LeDoux, The Emotional Brain, S.218 Kognitionen Kognitionen sind die Schienen des therapeutischen Prozesses Negative Kognition - ein negativer, irrealer, generalisierbarer Glaubensatz mit Selbstbezug - mit Bezug zum Thema und affektiver Resonanz Positive Kognition - positiver, realistischer, generalisierbarer Glaubensatz mit Selbstbezug - beinhaltet die gewünschte Veränderung www.michaelhase.eu EMDR Sitzung (2) Desensibilisierung / Reprozessierung Stimuli Verankerung der positiven Kognition Stimuli Körpertest Abschluss www.michaelhase.eu