Rezension zum Symposium Affektive Störungen – Störungen der Affektregulation: Neuropsychologische Grundlagen, Diagnostik und Therapie Die schnelllebige und häufig hektische Gesellschaft bestimmt immer mehr das alltägliche Leben der Menschen. Dabei ist es nicht selten der Fall, dass viele von ihnen überfordert sind und sich den Anforderungen der Gesellschaft nicht gewachsen sehen. Immer häufiger entstehen daraus Erkrankungen, die sich auch in affektiven Störungen manifestieren. Laut der ICD-10 F30-F39 findet man unter diesen Störungen folgende: F30.- Manische Episode F31.- Bipolare affektive Störung F32.- Depressive Episode F33.- Rezidivierende depressive Störung F34.- Anhaltende affektive Störungen F38.- Andere affektive Störungen F39 Nicht näher bezeichnete affektive Störung. Auch auf dem DGKJP-Kongress 2013 waren die affektiven Störungen von großer Bedeutung. Unter dem Vorsitz von Martin Holtmann und Dörte Grasmann wurden neuropsychologische Grundlagen dargestellt und therapeutische Maßnahmen näher erläutert. Getting a grip on your feelings: Neuropsychologische Grundlagen und Diagnostik der Affektregulation – Marlies Pinnow Den Einstieg gab Dr. Marlies Pinnow aus Bochum. Sie stellte die neuropsychologischen Grundlagen und die Diagnostik vor. Dabei spielt besonders der Präfrontalkortex eine wichtige Rolle, welcher sich nach aktuellen Studien bis ins frühe Erwachsenenalter durch Erziehung und Sozialisation entwickelt und Funktionen wie Planen, verbale Flüssigkeit oder auch die Unterdrückung von Perseverationen übernimmt. Als Leiterin der Forschungsgruppe Motivation an der Ruhr-Universität Bochum beschäftigt sich Marlies Pinnow vor allem auch mit dem Thema Adipositas und hat in diesem Zusammenhang die Diagnostik des Stroop-Tests dargestellt. Dabei blicken die Probanden auf einen Monitor, welcher nacheinander eine Reihe von Wörtern zeigt. Sie sollen dann per Knopfdruck signalisieren, welche Farbe das Wort aufweist. Die Bedeutung des Wortes gilt dabei als Störreiz, der von der eigentlichen Aufgabe ablenkt. In den Ausführungen wurden Nahrungs-, Körper- und neutrale Reize eingesetzt. Die folgende Darstellung soll dies verdeutlichen: SCHOKOLADE HÜFTE FÜLLER XXXX Durch Messen der Reaktionszeit kann man anschließend bestimmen, in welchem Maße die Probanden in der Lage sind, den Störreiz zu hemmen. Dabei wird davon ausgegangen, dass vor Beginn einer Therapie der Störrzeiz weniger gut gehemmt werden kann, als nach einer Therapie. Dr. Marlies Pinnow stellte im Anschluss an diese Erläuterung die Ergebnisse ihrer Studie dar. Es wurde ersichtlich, dass sich die Störbarkeit der Nahrungswörter im Zuge der Therapie reduzierte und die Probanden in der Lage waren, diese Informationen immer mehr zu hemmen. Als Fazit kristallisierte sich heraus, dass es notwendig ist, entwicklungsbedingte sowie individuelle Unterschiede der Therapieteilnehmer wahrzunehmen und darauf einzugehen, damit eine Therapie erfolgreich durchgeführt werden. Auch als Laie war es möglich, dem Vortrag von Dr. Marlies Pinnow zu folgen. Durch ihre Erfahrung mit dem Thema Motivation gelang es ihr, die Aufmerksamkeit des Publikums stets bei sich zu halten. Sonne für das Nervensystem: Licht- und Wachtherapie zur Affektregulation – Sarah Heiler, Tanja Legenbauer, Thorsten Bogen et al. Stellvertretend für die Referenten übernahm Martin Holtmann den Vortrag über die Licht- und Wachtherapie zur Linderung von depressiven Störungen besonders bei Kindern und Jugendlichen. Zunächst erläuterte er die affektive Dysregulation, die sich in Form von veränderter Stimmung, erhöhter Erregbarkeit, leichter Ablenkbarkeit oder auch innerer Unruhe äußern kann. Dabei machte er besonders auf das Problem der fehlenden Klassifikation dieser Gruppe aufmerksam. Zwar gibt es Überschneidungen zum Aufmerksamkeits-Defizit/Hyperaktivitätssyndrom, zu emotional-instabilen Persönlichkeitsstörungen sowie zu Störungen des Sozialverhaltens, allerdings reichen die gängigen Klassifikationssysteme für die Betroffenen nicht aus, weshalb sie auch als „Diagnostische Waisen“ bezeichnet werden. Aus diesem Grund wurden 2003 durch eine amerikanische Arbeitsgruppe Kriterien entwickelt, welche diese Gruppe nun im DSM-V unter dem Punkt Disruptive Mood Dysregulation Disorder einordnen. Zwar sprechen neuere Daten bereits dafür, dass die Lichttherapie bei allen Formen der Depression wirksam ist, jedoch ist sie bisher bei Kindern und Jugendlichen kaum erforscht. Das Projektteam der LWL-Universitätskliniks Hamm hat hierzu eine 2-wöchige, morgendliche Lichttherapie bei Patienten durchgeführt, bei der depressive Symptome, Schlaf und zusätzliche Symptome der affektiven Dysregulation untersucht werden sollten. Dazu erfolgte eine zufällige Einteilung der aktiven Lichttherapie (Licht mit ca. 10.000 Lux, therapeutisch wirksam) und der inaktiven Lichttherapie (Licht mit ca. 100 Lux, therapeutisch unwirksam). Die Beteiligten sollten jeweils 45 Minuten an der morgendlichen Lichttherapie teilnehmen. Um die Wirksamkeit festzustellen, wurden jeweils vor und nach der Lichttherapie sowie nach weiteren drei Wochen Fragebögen an die Teilnehmer ausgeteilt. In diesen wurden Beurteilungen zu depressiven Symptomen, zum allgemeinen Schweregrad der Erkrankung, zur Aufmerksamkeit sowie zum Schlaf und zum Verhalten erfasst. Darüber hinaus war es möglich, mittels Speichelproben auch die biologischen Veränderungen zu erfassen, indem das Schlafhormon Melatonin gemessen wurde. Erste Ergebnisse konnten verdeutlichen, dass es eine Verbesserung bei der aktiven Lichttherapie hinsichtlich Durchschlafstörungen, Einschlafschwierigkeiten und dem Gefühl des Erholtseins nach dem Schlaf gab. Bei der Depression und der allgemeinen Psychopathologie gab es hingegen keine signifikanten Unterschiede. Es zeigte sich jedoch auch, dass die Lichttherapie in diesem Zusammenhang besonders auch bei anderen Störungen Anwendung finden könnte, bei denen die Betroffenen unter einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus leiden, wie z.B. bei ADHS oder der affektiven Dysregulation. Martin Holtmann machte neben der Studie zur Lichttherapie auch auf die Lücken in der Wissenschaft aufmerksam und konnte so den Fokus auf bisher nicht eingeteilte Krankheitsbilder lenken, was häufig aus dem Blick der Forscher gerät. Fazit Der DGKJP-Kongress 2013 war nicht nur Sammelpunkt vieler Wissenschaftler aus der ganzen Welt, die sich im Rahmen von zahlreichen Vorträgen austauschen konnten, sondern bot auch für Laien, Interessierte und auch Studenten einen guten Einblick in aktuelle Forschungsthemen und laufende Studien. Auch die zahlreichen Aussteller standen mit Rat und Tat zur Verfügung. Leider bietet das straffe Rahmenprogramm nur begrenzte Möglichkeiten an vielen Symposien oder anderen Vorträgen teilzunehmen, da sie sich zum Teil auch überschnitten. Die Zeitspanne der Vorträge war ebenfalls begrenzt, was dazu führte, dass einige wichtige Informationen verloren gingen. Jedoch besteht für dieses Problem die Möglichkeit, die einzelnen Themen auf den entsprechenden Internetseiten zu recherchieren. Zusammenfassend stelle ich für mich fest, dass der DGKJP-Kongress 2013 eine gute Möglichkeit war, direkt mit aktuellen Studien konfrontiert zu werden und bei weiterem Interesse die Gelegenheit bestand, sich mit den Referenten auszutauschen.