Gebaeudesanierung und Artenschutz Stadt

Werbung
Gebäudesanierung und Artenschutz
Gebäude bieten vielen verschiedenen Tieren Lebensräume, wie Vögeln, Fledermäusen und
Wildbienen. Unterschiedlichste Teile eines Gebäudes eignen sich als Nistplätze oder
Quartiere, z.B. Mauern, Dächer oder Vorsprünge. Grundsätzlich stehen alle wildlebenden
Tiere unter gesetzlichen Schutzvorschriften. Dieses Informationsblatt soll über die Rechtslage
und betroffene Tierarten informieren, um Verstößen gegen das Artenschutzgesetz vorzubeugen.
§
Die Rechtslage
§ 44 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes verbietet es, wild lebende Tiere der
besonders (und streng) geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Wild lebende Tiere
der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten dürfen während der
Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterung-, und Wanderungszeiten nicht erheblich
gestört werden. Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der
Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Fortpflanzungs- oder
Ruhestätten dürfen nicht der Natur entnommen, beschädigt oder zerstört werden, wobei das
Unzugänglich machen dem Zerstören gleichkommt.
Eine Bauausführung ist zulässig, wenn geschützte Arten nicht beeinträchtigt werden. Sollte es
nach einer Abklärung im Vorfeld nachweislich keine zumutbaren Alternativen zu einer
Beeinträchtigung der Tiere geben, so kann die zuständige Naturschutzbehörde im Einzelfall nach § 45 Ausnahmen zulassen. Zur Klärung der Zuständigkeit und bei Fragen zur
Antragsstellung, sollte man sich an die nächste Naturschutzbehörde wenden (siehe Adressen
auf S. 5)
Der Verstoß gegen diese Verbote ist bußgeldbewehrt (bis 50.000 €) und kann sogar eine
Straftat (Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren) darstellen.
Konkreter bedeutet dies:
(1) Grundsätzlich dürfen im Rahmen des Sanierungsvorhabens keine Eier und Tiere zu
Schaden kommen.
(2) Brütende Vögel dürfen durch die Arbeiten nicht in der Weise gestört werden, dass die
Brut behindert oder aufgegeben wird und die Jungen bzw. die Eier absterben oder dass
der Brutplatz dauerhaft aufgegeben wird
(3) Vogelnester dürfen weder während der Brutzeit noch außerhalb der Brutzeit beschädigt,
zerstört, entfernt oder unzugänglich gemacht werden.
(4) Fledermausquartiere dürfen weder während der Nutzung durch Fledermäuse noch
außerhalb der Nutzungszeiten zerstört, beschädigt, entfernt oder unzugänglich gemacht
werden.
(5) Fledermäuse dürfen in ihren Winterquartieren nicht in solcher Weise gestört werden,
dass sie wiederholt aus ihrer Winterruhe aufwachen und so durch den damit
verbundenen Energieverlust später zu Tode kommen. In den Wochenstuben dürfen die
Tiere nicht derart beeinträchtigt, dass sie das Quartier aufgeben.
(6) Nestbauten und Brutzellen von Wildbienen aller Art dürfen nicht unzugänglich gemacht
oder zerstört werden, solange sie bewohnt sind. Eine Entfernung ist erst im Winter
möglich, wenn die Tiere das Quartier verlassen haben
1
Um welche Tiere geht es?
Tiere, die sich in Häusern einnisten, werden auch „Gebäudebrüter“ genannt. Die meisten
dieser Gebäudebrüter sind ursprünglich Felsen- und Höhlenbrüter und haben als
„Kulturfolger“ erst nach und nach Häuser und Kirchen als künstliche Felsen und Höhlen für
sich entdeckt.
Unter den Vögeln sind einige Singvögel wie zum Beispiel
Mauersegler, Spatz und Schwalbe häufige Gebäudebrüter. Auch
Dohlen, Eulen und Falken sind sehr bekannt dafür hohe
Gebäude, wie z.B. Kirchen, zu beziehen. Geradezu ein
klassischer Gebäudebrüter ist der Storch. Es gibt jedoch auch
viele weiteren Arten, die an Gebäuden vorkommen können.
Rechts: WeißstorchHorst auf einem Dach
Links: Nest einer
Rauchschwalbe mit
Jungvögeln
Rechts: verlassenes
Vogelnest
Da sie erneut genutzt
werden können,
dürfen Nester nie
zerstört werden.
Gerade in der Brutzeit brauchen Vögel besondere
Ruhe und sollten nicht gestört werden. Die Brutzeit
variiert dabei von Art zu Art (siehe Brut- und
Baukalender unten) und kann sich auch von Jahr zu
Jahr unterscheiden. Dies ist abhängig von
Außentemperatur
und
Futtervorkommen.
Zwischen März und September ist daher generell
Vorsicht geboten. Bauvorhaben gelten von Oktober
bis Februar aber normalerweise als unbedenklich.
Einige Arten bauen nicht jedes Jahr neu, sondern beziehen bereits vorhandene Nester. Daher
sind alle Vogelnester ganzjährig geschützt. Gerade Schwalbennester werden leider immer
wieder aus ästhetischen Gründen und Unwissen von Gebäuden entfernt. Beliebte Nistplätze
verschiedener Vogelgruppen sind in der Tabelle auf Seite 3 aufgelistet.
Brut- und Baukalender für häufige Gebäudebrüter
2
Alle Arten der Fledermäuse sind geschützt. Viele gelten sogar als bedrohte Arten.
Fledermäuse sind bekannt dafür in Kolonien in Dächern zu hausen. Weniger bekannt ist
allerdings die Tatsache, dass es auch solitär lebende Fledermäuse – meist Männchen – gibt,
die kleine Nischen, z. B. an Fenstern oder der Dachtraufe als Schlafquartiere benutzen.
Besonders empfindlich sind auch die als „Wochenstuben“ bezeichneten Kleingruppen von
Weibchen mit säugenden Jungen. Diese suchen sich Hohlräume aller Art als Unterkunft.
Unter den vielen in Deutschland vorkommenden Arten, wie z. B. den Großen Abendsegler
oder der Zwergfledermaus, existieren sowohl welche, die hier den Sommer verbringen und
anschließend nach Süden fliegen, als auch welche, die überwintern. Daher wird zwischen
Winter- und Sommerquartieren unterschieden.
Von links nach rechts: Wimperfledermaus-Wochenstube, Zweifarbfledermaus, Kleiner Abendsegler
Fledermäusen sind harmlose, nachtaktive und recht leise Gebäudebrüter, die sich von
Insekten ernähren. Ihre Anwesenheit wird oft nur durch Kotfunde und in der aktiven Sommerzeit auch am Ein- und Ausfliegen in der Dämmerung festgestellt. Auch Fraßstellen, das
heißt Plätze an denen die Beute nach der Jagd gefressen wird und die sich an
runtergefallenen Insektenflügeln u. Ä. erkennen lassen, deuten auf ein vorhandenes Fledermausquartier hin. Weder während dem Winterschlaf noch in der Zeit der Aufzucht der
Jungen dürfen Fledermäuse gestört werden, womit die beste Zeit für Bauvorhaben von der
Art des Quartiers abhängt.
Beliebte Nistplätze
Nester in Scheunen und Kirchtürmen im
Dachraum, der Abseite oder im
Kniestock
Weitere Hinweise
Bis zu 3 Jahresbruten
Nester in Nischen jeglicher Art in und an
Gebäuden, Bäumen, Hecken
Nester in Nischen, unter Fensterläden
oder Dächern, auch hinter Regenrinnen
Brüten in hohen Gebäuden und Türmen
in Nischen, Spalten und verlassenen
Nestern
Oft standorttreu
Störche
Offener Horst auf Dächern, Masten,
Vorsprüngen
Horst wird über mehrere Jahre ausgebaut
(mehrere Meter groß, bis zu 2t Gewicht)
Fledermäuse
Gruppen in Dachstühlen und größeren
Hohlräumen, Einzelgänger in kleinen
Nischen in Mauen und an Fenstern
Als Einzelgänger, in Kleingruppen oder
Kolonien
Nachtaktiv, Ausflug bei Dämmerung
Wildbienen
In Hohlräumen ab 2mm, gerne in
Mauerlücken und Dächern und auch
unterirdisch
Einzelgänger und soziale Kolonien
Teils schwer zu unterscheiden von Honigbienen oder ungeschützten Wespenarten
Eulen
Singvögel
Seglervögel
Falken
Nester oft unscheinbar, aber stets mit freiem
Ausflug in über 5m Höhe
Besonders bedroht
Bauen keine eigenen Nester
3
In Deutschland gibt es über 500 verschiedene Arten von Wildbienen, zu denen außer
Bienenarten auch Hummeln, Hornissen und Wespen zählen. Sie sind meist friedlich und
stechen nur, wenn sie bedroht werden. Wenn man sie jedoch in Ruhe gewähren lässt, so sind
sie als unersetzliche Bestäuber äußerst nützlich.
Ungeschützte Art
Deutsche Wespe
Geschützte Art
Gallische Feldwespe
Bis auf die Honigbiene, der Deutschen Wespe und
der Gemeinen Wespe sind alle Wildbienenarten
geschützt. Dabei ist es jedoch für Laien sehr schwer
diese Ausnahmen von geschützten Arten, wie z. B.
Feldwespen oder Mauerbienen, zu unterscheiden.
Große, frei hängende Nester mit weit über 100
Tieren gehören meist zu den ungeschützten Arten.
Da diese Nester jedoch auch von fremden Arten
besiedelt werden können, ist generelle Vorsicht
geboten und im Zweifel sollten rechtzeitig Experten
hinzugezogen werden.
Links: Geschützte Wildbienen sind schwer zu unterscheiden
von ungeschützten Bienenarten. Bei Verdacht auf Wildbienen sollten sofort Experten hinzu gezogen werden.
Honigbiene
Gehörnte Mauerbiene
Einige Wildbienenarten bilden soziale Staaten und bauen größere Nester, die typischerweise
in Dächern oder an Balken gefunden werden können. Die meisten leben jedoch als
Einzelgänger und nutzen kleine Hohlräume (ab 2 mm) aller Art, wie Mauerlücken oder
Erdlöcher, als Brut- und Schlafplätze. Manche Wildbienen schaffen sich ihre Brutzellen auch
selbst, indem sie in morschem Holz nagen oder Röhren in den Boden graben.
Nestbauten der Wildbienen können sehr unterschiedlich aussehen. Schwarze Mörtelbienen (links) mauern
zum Beispiel mit Steinen und Erde, während die Sächsische Wespe kleine freihängende Nester aus Waben
(Mitte) baut. Sehr große Nestbauten gehören meist zu den ungeschützten Wespenarten (rechts). Wenn
Zweifel bestehen, sollte jedoch stets ein Experte entscheiden.
Um die Tiere zu schützen, ist der Einsatz von Insektenschutzmitteln grundsätzlich unzulässig.
Die meisten Wildbienen sterben im Herbst, nur einige Königinnen überwintern um im
Frühjahr neue Kolonien zu gründen. Wer die Möglichkeit hat, sollte Nester erst im Frühjahr
entfernen, um den Königinnen und anderen Insekten einen Ort zum Überwintern zu bieten.
Allerdings können die meisten Bauvorhaben auch bereits ab Oktober/November
durchgeführt werden, ohne Wildbienen zu schädigen.
4
Generelle Maßnahmen für den Artenschutz
• Bauarbeiten außerhalb der Fortpflanzungszeiten durchführen
• Rechtzeitig etwaige Vorkommen geschützter Arten erkunden
• Arbeiten sind sofort zu unterbrechen, wenn ein Nest einer geschützten Tierart gefunden
wird oder ein geschütztes Tier erheblich gestört werden könnte. Die Naturschutzbehörde
ist zu informieren und deren Entscheidung abzuwarten.
• Traditionelle Hangplätze und Nistmöglichkeiten erhalten
• Ersatznistquartiere zu schaffen ist notwendig um einen Ausnahme zu erwirken. Sie sollten
frühzeitig bei der Planung mit bedacht werden. Weitere Informationen dazu gibt es in den
unten genannten Broschüren.
• Störungen durch Licht, Lärm und Anwesenheit von Menschen vermeiden
• Traditionelle Ein- und Ausflugöffnungen nicht verschließen oder verändern; d.h. auch
darauf achten, dass der Einflug nicht durch die Sicherheitsnetze am Gerüst behindert wird
und keine zu engmaschigen Taubenabwehrgitter angebracht werden
• Nachteilige Klimaveränderungen vermeiden; beispielsweise durch Veränderung der
Belüftung oder der Isolierung des Dachstuhles, Einziehen von Unterspannbahnen oder
durch Schattenwirkung von Photovoltaikanlagen
• Veränderungen der Lichtsituation nur in Absprache mit Experten vornehmen, etwa bei
Einbau von Glasziegeln oder Fenstern und Einbau neuer Innenbeleuchtungen
• Keine schädlichen Holzschutzmittel verwenden und Innenraumbegasungen nur mit
Absauganlage durchführen
• Probleme durch technische Anlagen mit Ultraschallemissionen vermeiden
Das Wichtigste nochmal in Kürze:
Geschützte Tiere die am Haus brüten dürfen nicht zu Schaden kommen
Vogelnester dürfen ganzjährig nicht zerstört werden
Wer gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstößt, macht sich strafbar
Auf der sicheren Seite steht, wer frühzeitig plant und dabei die Experten
der Naturschutzbehörden und-verbände rechtzeitig mit einbezieht
Ansprechpartner und weitere Informationen
Stadt Mannheim Fachbereich Grünflächen und Umwelt
Untere Naturschutzbehörde Mannheim
Collinistraße 1; 68161 Mannheim
Tel: 0621/293-7445
E-Mail: [email protected]
Regierungspräsidium Karlsruhe
76247 Karlsruhe
Tel: 0721/926-0
E-Mail: [email protected]
Naturschutzbeauftragte
Sachverständige für Wespen und Hornissen,
Beratung zu Fledermaus- und Vogelschutz:
Paul Hennze
Tel: 0621/472961
E-Mail: [email protected]
Dr. Gerhard Rietschel
Tel: 0621/891989
E-Mail: [email protected]
Umweltforum Mannheimer Agenda 21 e.V.
Käfertalerstraße 162; 68167 Mannheim
Tel: 0621/331774
E-Mail: [email protected]
Broschürenserie „Gemeinsam unter einem Dach“, LBV München
als PDF: www.lbv-muenchen.de/unsere-themen-lbv-muenchen/artenschutz-an-gebaeuden-lbv-muenchen/
download-broschueren
Broschüre „Nistquartiere an Gebäuden“, NABU Baden-Württemberg e.V.
als PDF: http://baden-wuerttemberg.nabu.de/info/broschueren
Informationsblatt Gebäudesanierung und Artenschutz, Stand Oktober 2013,
Stadt Mannheim, Fachbereich Grünflächen und Umwelt, Untere Naturschutzbehörde
5
Herunterladen