0 „Pinguine können keinen Käsekuchen backen“ Eine neue Geschichte von Ulrich Hub zu Kurt Schwertsik: Compagnie Masquerade, op. 93 MI 22. Februar 2017, 11 Uhr Freiburg, Konzerthaus Ulrich Hub, Erzähler SWR Symphonieorchester Dirigent: Clark Rundell Empfohlen für die Klassen 1-6 Erstellt von Joachim Westendorf 1 Inhalt 1. Vorwort und Einführung .............................................................................. 1 2. Der Komponist Kurt Schwertsik .................................................................... 2 3. Eine Einführung in die Musik Schwertsiks .................................................... 4 4. Schwertsik über seine Musik ........................................................................ 5 5. Der Autor Ulrich Hub.................................................................................... 7 6. Hubs Theaterstück „Pinguine können keinen Käsekuchen backen“ ........... 11 7. Hörbeispiel zur Musik von Kurt Schwertsik……………………………………………….14 8. Mozart als Harlequin………………………………………………….…………………………….14 9. Schülerarbeitsblatt „Instrumente“………………………………………………………16/17 1. Vorwort und Einführung Liebe Konzertbesucher am 22.02.2017 in Freiburg, es erwartet Euch alle etwas ganz Neues, ihr werdet Premierengäste eines Stückes neuer Musik des Komponisten Kurt Schwertsik und einer Geschichte des Autors Ulrich Hub sein. Beide sind mit ihren Begabungen wieder kreativ gewesen bzw. arbeiten noch daran (Stand Dezember 2016) und möchten Euch mit einer Komposition aus Musik und Literatur erfreuen. Auch das Orchestermanagement, das immer alle Programme des SWR Symphonieorchesters akribisch vorbereitet, tappt noch weitgehend im Dunkeln und wird erst kurz vor dem Konzerttermin beim Lüften des Geheimnisses informiert sein. Damit ihr aber nicht ganz im Ungewissen bleiben müsst, findet ihr hier ein paar Informationen über die beiden Künstler, die im Kreise der Musikexperten und Literaten natürlich keine Unbekannten sind. Eure Lehrerinnen und Lehrer werden euch dies vortragen. Dazu ist es natürlich hilfreich, wenn 2 man sich auch über die Orchesterinstrumente und das Zusammenspiel im großen klassischen Sinfonieorchester informiert. Zum Werk: Compagnie Masquerade, op. 93 (Uraufführung am 2.12.2005 in Wien) Besetzung: 2 Piccoloflöten, 2 Englischhörner, 2 Bassethörner, Horn, Flügelhorn, Posaune, dazu Streichorchester (2 Vl, Va, Vcl, Kb) Aufführungsdauer: 22 Minuten 2. Der Komponist Kurt Schwertsik Aus der Homepage des Verlags Boosey & Hawkes: Kurt Schwertsik studierte an der Wiener Musikakademie Komposition bei Joseph Marx und Karl Schiske sowie Horn. Mit seinem Komponistenkollegen Friedrich Cerha gründete er 1958 das Ensemble „die Reihe“ für Neue Musik. Um 1960 nahm Schwertsik an den Darmstädter Ferienkursen teil, die damals ihre wichtigste Zeit hatten; dort wurde er auch Schüler von Karlheinz Stockhausen, bei dem er anschließend in Köln lernte. Unter dem Einfluss von John Cage und anderen amerikanischen Komponisten sowie seiner Freundschaft mit Cornelius Cardew öffneten sich Schwertsik alternative Schaffensformen, was dazu führte, dass er den Serialismus endgültig ablehnte und sich wieder der Tonalität zuwandte. Im Jahr 1965 gründete er gemeinsam mit dem Komponisten und Pianisten Otto Zykan die Wiener „Salonkonzerte“ und veröffentlichte ein Manifest gegen einige Aspekte der Nachkriegsavantgarde. Über die vergangenen 30 Jahre hat Schwertsik, eine schillernde Figur im Wiener Musikleben, einen Ruf als einer der führenden Komponisten Österreichs erlangt. Seine Werke bildeten einen Schwerpunkt beim Almeida Festival 1987 in London und beim Musica Nova Festival 1990 in Brisbane. Seine Heimatstadt ehrte ihn mit der bisher größten Retrospektive seines Schaffens beim Festival Wien Modern 1992. Schwertsiks Werke waren auch beim Festival Alternative Vienna, im South Bank Centre und in Konzerten des London Philharmonic Orchestra 1995 zu hören. 3 Schwertsiks bedeutendste Kompositionen sind die fantastische Oper Fanferlieschen Schönefüßchen, ein Auftragswerk der Stuttgarter Oper von 1983 für ihr neues Kammertheater, und der fünfteilige Orchesterzyklus Irdische Klänge, der zum ersten Mal beim Festival Wien Modern 1992 erklang. Aus Schwertsiks Feder stammen auch Konzerte für Violine, Pauke, Gitarre, Kontrabass, Alphorn, Posaune sowie Instant Music für Flöte und Bläser. Seine vier Ballette, Macbeth, Frida Kahlo, Nietzsche und Gastmahl der Liebe, sind in Zusammenarbeit mit dem namhaften Choreographen Johann Kresnik entstanden. Auch als Liedkomponist hat sich Schwertsik hervorgetan. Einer seiner Zyklen sind die Starckdeutschen Lieder und Tänze für Bariton und Orchester auf Texte von Matthias Koeppel. Auf vielen großen Musikfestivals hat er erfolgreiche Liederabende mit seiner Frau Christa veranstaltet. Unter Schwertsiks neueren Werken sind die Sinfonia-Sinfonietta für den Wiener Musikverein zu nennen; Roald Dahl’s Goldilocks, vom Scottish Chamber Orchestra uraufgeführt; die von Roger Norrington am Abend der Jahrtausendwende am Salzburger Mozarteum uraufgeführte SchrumpfSymphonie; das Violinkonzert Nr. 2 für Christian Altenberger; und ein Posaunenkonzert mit dem Titel Mixed Feelings, das seine Premiere 2002 durch das Minnesota Orchestra erlebte. Adieu Satie für Streichquartett und Bandoneon kam im April 2003 erstmals zur Aufführung, und das Wuppertaler Opernhaus brachte im Juni desselben Jahres seine auf Fassbinders gleichnamigem Film und Theaterstück basierende jüngste Oper Katzelmacher auf die Bühne. Das Divertimento Macchiato war seit seiner Uraufführung 2007 vielfach in Konzerten des Trompeters Håkan Hardenberger zu hören. Schlaglicht Kurt Schwertsiks Musik ist quecksilbrig und eigentümlich mit einem erfrischend leichten Sinn * Obwohl Schüler Stockhausens, wandte der Komponist sich vom Serialismus ab zugunsten neuer Formen der Tonalität * Seine Suche nach einer ‘alternativen’ modernen Kultur bezieht Anregungen auf dem Werk Saties und der Dada-Bewegung * Sein Schaffen umfasst Opern, den Orchesterzyklus Irdische Klänge (1980–92), Solokonzerte für Violine, Alphorn, Gitarre, Kontrabaß, Pauken und Flöte sowie zahlreiche Liederzyklen * Arbeitete bei vier vielerorts aufgeführten Tanztheaterstücken mit dem Choreographen Johann Kresnik zusammen * Erhielt Programmschwerpunkte bei den führenden Festivals, darunter Almeida, Adelaide, Wien Modern und der Londoner Reihe „Alternative Vienna“ Zu Kurt Schwertsiks Werken zählen: Vienna Chronicles (1976–77) Ballettsuiten für Orchester 4 Das Märchen von Fanferlieschen Schönefüßchen (1982–83) Oper in zehn Szenen nach Brentano Nachtmusiken (2009) für Orchester Aktuell: DEA seines Posaunenkonzerts Mixed Feelings mit Mike Svoboda als Solist in Stuttgart (Jan. 2017) „Schwertsiks Musik ist schlicht, geistreich, nostalgisch, ökologisch, politisch liberal, intelligent, antiautoritär, weitverbreitet sowie der Tradition in tiefer Liebe verbunden“ — Financial Times 3. Eine Einführung in die Musik Schwertsiks Von David Drew Kurt Schwertsik, 1935 in Wien geboren, unternahm 1959 als erster österreichischer Komponist der jüngeren Generation die Pilgerfahrt nach Darmstadt und Köln, und zwar mit dem erklärten Ziel, bei Stockhausen zu studieren. Dreißig Jahre später strahlten seine Achtungsbezeigungen zum 60. Geburtstag Stockhausens und die ausdrücklich für dessen Unterhaltung gedachten "3 Sonaten und 2 Fugen" wie aus weiter Ferne kommend Dankbarkeit, Respekt und Zuneigung aus. Die Erinnerungen an Köln und Darmstadt, die Schwertsik besonders am Herzen liegen (das bezeugen ergreifend seine 5 Naturstücke), betreffen seine Freundschaft mit Stockhausens englischem Schüler und Assistenten, dem Komponisten Cornelius Cardew. Ebenso prägend und in mancher Hinsicht ausschlaggebend waren seine Begegnungen mit John Cage. Die "Experimente" mit Dreiklangsharmonien in den Liebesträumen von 1962 sind Cages Musik zwar nichts schuldig – sie sind vielmehr bereits typisch Schwertsik –, doch stellen sie einen ebenso klaren Bruch mit Darmstädter Orthodoxien dar wie die eher an Cage orientierten Zufallsoperationen, die Schwertsik auf Liszts eigene leidgeprüfte Liebesträume angewandt hat. Mit Sicherheit war es Cage, von dem aus Schwertsik anschließend den Weg zu Erik Satie zurückfand, und auf dem Weg über Satie begann er auch bald einen Chansonstil zu entwickeln, der Elemente der amerikanischen und europäischen Unterhaltungsmusik der 60er und 70er Jahre enthalten sollte. Seit 1962 scheinen Schwertsiks Arbeiten jeglichem Heiligenschein zu trotzen. Gewiss kein "Oeuvre" im Sinne des 19.Jahrhunderts, gehen sie auf lokale, ja nachbarliche Verhältnisse in einer Weise ein, dass man einen früher als Bohemien bewunderten (oder belächelten) Komponisten vermutet, der jedoch zur Zeit in Europa ständig Gefahr läuft, wegen kultureller Land-Streicherei belangt zu werden. Schwertsik, in der Selbstverteidigung geübt, würde dergleichen Anschuldigungen bestimmt willkommen heißen und einen Pflichtverteidiger ablehnen. Auch auf Experten und Profi-Gutachter 5 kann er leicht verzichten, solange er noch für die Ohren der vielen unterschiedlichen Nicht-ProfiHörer schreiben kann, die sich an seiner Musik erfreuen und sie schätzen. Einige Bereiche seines Schaffens – beispielsweise der außerordentliche Jandl-Zyklus ich sein blumenbein – könnten den Vermerk "privat" tragen. Viele andere, einschließlich der verlorenen Wienbilder der Wiener Chronik 1848 und des Altenberg-Zyklus, der wiedergefundenen (oder erfundenen) Wienbilder des Artmann- und Nöstlinger-Zyklus und des Ubuesken Märchens vom Fanferlieschen Schönefüßchen, haben sich längst als allgemein zugänglich erwiesen. Mit der Zeit dürfte dies auch für die Zeitreise-Phantasien der Tag- und Nachtweisen, das Alphorn Konzert und Ein empfindsames Konzert gelten. Die endgültige Herausforderung für Hörer im 21.Jahrhundert werden jedoch mit Sicherheit der Zyklus Irdische Klänge und dessen Nachfolger sein. In diesen in der Nachfolge Mahlers stehenden Liedern von der Erde und intergalaktischen Missionen wird Schwertsiks Orchester eins mit seinem innigen Empfinden für die Natur und seiner tiefen Sorge um die Zukunft der Umwelt. Was die Nachwelt davon halten wird – was „in aller Welt", könnte man sagen –, ist eine andere Frage; und zwar nicht nur für den Komponisten. (David Drew, 1996) 4. Schwertsik über seine Musik Kühn und ohne Umschweife haben die Meister ihre Musik formuliert, und wir sind noch immer damit beschäftigt, in den Geist ihrer Werke einzudringen. Für jeden lebenden Tonsetzer sollte das Ermutigung und Ansporn sein, sich ohne Scheu das Eigene abzuverlangen. Dieses Eigene mag lächerlich einfach klingen oder übertrieben komplex, also nicht ausreichen, um neben den Meistern zu bestehen, und doch ist es die einzige Chance heranzureichen. Deshalb sagte ich: keine Scheu! Unterhaltungsmuslk, usw., usw. Zwei Einsichten sind für den Komponisten ernsten Bekenntnisses grundlegend. 1 Er ist nicht mehr alleiniger Hüter der heiligen Flamme und 2 Er sollte alles dransetzen, die brennenden Fragen zu erfassen und zu artikulieren. Nun geht es auch nicht an zu sagen: „Siehe, so ist die Welt! Unsere Musik ist nur der Spiegel, den wir den Menschen vorhalten." Das ist zu wenig, erhebt sich nicht wirklich über das Niveau des Biertisches. Meiner Ansicht nach muss die Kunst nachweisen, dass es möglich ist, sich zu erheben, entschlossene Schritte zu tun und vielleicht sogar zu schweben. 6 Alphornkonzert Nach langer Zeit rücksichtsloser Wissenschaftsgläubigkeit sucht unsere Kultur wieder alte Lebensformen zu verstehen, nicht um in eine scheinbar heile Welt zurückzukehren, sondern eher um die unserem Denken zugrunde liegenden Axiome zu überprüfen. Nur auf Naturtöne beschränkt, von deren einige nicht in unsere Tonleitern passen, verbindet uns das Alphorn mit den ältesten Schichten unserer Kultur. Der Versuch, dieses Instrument mit unserem Orchesterklang zu konfrontieren, macht dessen Fremdheit auch dort deutlich, wo der archaische Klang dem ästhetischen Empfinden unserer Zeit nahekommt. 11. Mai 1979 Ich kann den alltäglichen Klängen besser zuhören! Ich nehme eine größere Vielfalt von lauten und leisen, einfachen und komplexen, natürlichen und künstlichen, wirklichen und eingebildeten Klängen wahr. Ich höre ihnen genauer zu und merke einen Reichtum an Veränderungen der Grund- und Obertöne. Auf diese Art wird der Alltag eine dauernde Ausstellung, ein dauerndes Konzert. Uns genügen fürs alltägliche Leben die alltäglichen Beobachtungen. Aber gegen chronische Bewusstseinsverengung gibt’s keine und keine gegen Gefühllosigkeit und Totalschaden der Phantasie! Musik, die so tief aus unserer inneren Bilderwelt aufsteigt und so tief in sie eindringt, kann nicht harmlos sein! Sie gehört zu den geheimnisvollsten Ausdrucksmitteln unserer Situation hier auf der Erde. Sommer 1983 Bevor ich mich als junger Mensch voll Begeisterung in all diese Verwirrungen stürzte, lebte ich in dem Wahn, in gelehrten Büchern Erwachsener die Antwort auf meine Fragen zu finden. Im Züricher Dadaismus fand ich dann viel wonach ich suchte: Ausgelassenheit, Respektlosigkeit vor aufgeklebten Bärten, Selbstironie durch Experiment. Heute weiß ich, dass ich im Grunde Künstler suchte, die Satie, Ives, Schwitters, Wittgenstein und Gandhi in einer Person sind. Ich suchte die Einheit von Leben und Werk, den Künstler dessen Arbeit nicht nur Teil der Arbeit ist. Deswegen bin ich auch froh, dass Cornelius Cardew mein Freund war, erschrocken aber ruhig ist er seinen Weg gegangen. Komponieren hat mit der Fähigkeit zu tun, Menschen zu bewegen. Die Frage, ob ein Komponist diese Kraft zum Guten oder zum Bösen nützt, ist nicht ganz nebensächlich. 7 5. Der Autor Ulrich Hub Alle folgenden Texte bei Abschnitt 5 und 6 aus: www.ulrichhub.de Ulrich Hub wurde 1963 in Tübingen geboren und studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Fünf Jahre war er Schauspieler an verschiedenen Theatern. Seit 1993 arbeitet er als Regisseur und schreibt Theaterstücke und Kinderbücher. Der vielfach ausgezeichnete Autor lebt in Berlin. Ulrich Hub erhielt ein Stipendium des Deutschen Literaturfonds e.V. Weitere Auszeichnungen waren: 1997: Preis des Heidelberger Stückemarkts für Die Beleidigten 2000: Kaas und Kappes (für Pinguine können keinen Käsekuchen backen) 2006: Kaas und Kappes (für An der Arche um Acht) 2006: Deutscher Kindertheaterpreis (für An der Arche um Acht) 2006: Deutscher Kinderhörspielpreis (für An der Arche um Acht) 2006: Kinderhörspielpreis der Stadt Karlsruhe (für An der Arche um Acht) 2008: KinderLITERAturpreis (für An der Arche um Acht) 2010: Mülheimer KinderStückePreis für Nathans Kinder 2012: Jan-Dorman-Ehrenpreis des Polnischen Zentrums ASSITEJ 2013: National Jewish Book Award in der Kategorie Children’s and Young Adults für Meet at the ark at eight 2014: White Ravens für Füchse lügen nicht 2015: Auszeichnung der Jugend-Jury des Mülheimer KinderStückePreises für Ein Känguru wie Du Gespräch mit Sebastian Richter bei der Frankfurter Buchmesse 2015 ARBEITEN SIE NOCH ALS SCHAUSPIELER? 8 Schon lange nicht mehr. Schauspieler ist ein wunderbarer Beruf, aber andere können das besser als ich. Auf der Bühne war ich eher der verinnerlichte, intelligent-verspannte Typ. Am peinlichsten waren meine Auftritte im Fernsehen. Sobald eine Filmkamera auf mich gerichtet war, wurde ich so locker und durchlässig wie ein Sack Zement. Nur wenn ich in meinen eigenen Inszenierungen aufgetreten bin, war ich frei. Vermutlich weil ich mich nicht um die Motive meiner Figur gekümmert habe – also den ganzen Kram, den man auf Schauspielschulen lernt – sondern nur um die Handlung. WIE SIND SIE ZUM SCHREIBEN GEKOMMEN? Ich wollte unbedingt Regie führen und konnte diesen Wunsch nur durchsetzen, indem ich eigene Stücke geschrieben habe. Dabei hat mir meine Erfahrung als Schauspieler natürlich genutzt. GIBT ES UNTERSCHIEDE BEIM SCHREIBEN FÜR KINDER UND FÜR ERWACHSENE? Weniger als man denkt. Natürlich dürfen Sex und Gewalt nicht vorkommen – oder in sehr modifizierter Form. Gewalt gehört auf jeden Fall dazu. Aber bei Kindern sollte immer eine Utopie dabei sein – aber das erwarte ich übrigens auch bei Texten für Erwachsene. Selbst wenn die Utopie am Ende scheitert wie zum Beispiel bei Schiller. Übrigens hat man beim Schreiben für Kinder viel mehr Freiheiten – da ist offenbar alles erlaubt. Theaterstücke für ein erwachsenes Publikum werden sofort in Kategorien eingeteilt. Das heißt: Wenn man lachen kann, kann es sich nur um ein BoulevardStück handeln, sobald auf der Bühne ein Lied gesungen, muss es wohl ein Musical sein. Obwohl es in Deutschland eine beeindruckende Vielfalt von Theaterformen gibt, haben wir nur wenig wirklich gute Komödien. Das hat sogar Tradition. HABEN WIR HIER ETWA KEINEN HUMOR? Doch, aber die Unterscheidung zwischen Hochkultur und Unterhaltung gibt es in keinem anderen Land der Welt, diese merkwürdige Neigung, das Ernste höher einzuschätzen als das Vergnügliche. Dabei steckt in jeder Komödie eine Tragödie und umgekehrt. Es muss irgendwie an einen Punkt kommen, wo Witz zu Ernst wird und alles Ernste ein Witz. Der magische Punkt, an dem jede Idee und ihr Gegenteil gleichermaßen wahr ist. WARUM TRETEN IN IHREN GESCHICHTEN OFT TIERFIGUREN AUF? Das hat zunächst damit zu tun, dass alle drei Bücher auf Theaterstücken für Kinder basieren. Wenn erwachsene Menschen auf der Bühne Kinder spielen, deprimiert mich das immer unendlich – erwachsene Männer in kurzen Hosen und so weiter. Das ist natürlich nur meine persönliche Ansicht, Kinder haben damit offenbar null Problem. Außerdem ist man bei Tierfiguren in den Besetzungen völlig frei. Die drei Pinguine in »An der Arche um Acht« können in allen Geschlechterkombinationen 9 gespielt werden – und jedes Mal erzählt man eine völlig andere Geschichte. Nicht zuletzt mache ich in den Proben meiner Kinderstücke immer wieder eine lustige Erfahrung: Sobald Tierfiguren zu spielen sind, kommt es nie zu ermüdenden Diskussionen mit den Schauspieler über »ihre Figur«. Wer zum Beispiel einen Fuchs spielen soll, stellt keine Fragen sondern fängt sofort zu spielen an. WAS MÜSSEN SIE BEI DER UMSETZUNG VOM THEATERTEXT ZUR PROSA BEACHTEN? Ein Theatertext ist nur die Basis für eine Aufführung, an der viele Leute mit ihrer Fantasie mitarbeiten. Jede Inszenierung ist logischerweise anders. Bei der Prosa muss man alles dazuschreiben, was sonst das Bühnenbild leistet, die Schauspieler, die Regie und so weiter. Anfangs dachte ich, ach, das ist leicht. Ich beschreibe einfach die Umgebung und die Figuren, dann kommen noch ein paar innere Gedanken dazu – fertig. Großer Irrtum. Beim ersten Buch war ich wirklich überrascht, wie viele Entscheidungen man treffen muss. Welche Zeitform, welche Perspektive, wie organisiert man mehrere Figuren in einer Szene – ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte. WIE HABEN SIE DAS PROBLEM GELÖST? Indem ich viel andere Autoren gelesen habe. In dem Theaterstück »Füchse lügen nicht« sind fast immer sieben Figuren gleichzeitig auf der Bühne. Das ist kein Problem. Selbst wenn der dicke Pandabär die meiste Zeit nur pennt – schließlich ist er die ganze Zeit sichtbar anwesend. Aber im Buch vergisst man schnell diese Figur, wenn nicht auf jeder dritten Seite der Panda irgendwas macht – selbst wenn er nur gähnt oder einen ziehen lässt. WELCHE AUTOREN HABEN SIE DA ZU RATE GEZOGEN? Zum Beispiel den Zauberberg von Thomas Mann und die Romane von Dostojewski. Beide Autoren haben mehrere Kapitel geschrieben, in denen über zehn Personen gleichzeitig anwesend sind. Ich habe einfach geguckt, wie machen die denn das? Achten Sie mal bei Gelegenheit darauf, wie selten in Romanen mehr als drei Leute über längere Zeit anwesend sind. Kein Wunder – es ist nämlich verdammt schwer zu organisieren. Viel habe ich übrigens auch bei Astrid Lindgren gelernt. Die Geschichten sind großartig, darüber sind sich alle einig, aber sie ist auch eine verdammt gute Stilistin. Mir ist das aufgefallen, als ich Kindern aus ihren Büchern vorgelesen habe. Man kann nichts überspringen. Jeder Satz macht Sinn und hat seine Funktion. VIELE IHRER THEATERSTÜCKE GIBT ES AUCH ALS HÖRSPIEL. WIE SETZEN SIE DAS UM? Das ist verhältnismäßig leicht. Man muss einfach zusätzliche Worte finden, um Vorgänge zu beschreiben, die nicht zu sehen sind. Aber nicht jede Geschichte eignet sich für jedes Medium – oder man muss gewaltige Veränderungen vornehmen. Bei dem Theaterstück »An der Arche um Acht« hat 10 es einen ganz einfachen Grund, dass die drei Pinguine als letzte und fast zu spät die Arche betreten und auch wieder verlassen – sonst würden sie nämlich den anderen Tieren begegnen und man hätte ein Theaterstück mit mehr als tausend Rollen. Bei der Umsetzung in Prosa wäre das natürlich gegangen, aber erst einmal war ich zu faul dazu, mir so viele andere Figuren auszudenken, und außerdem gefiel mir der leicht düstere Gedanke, dass die drei Pinguine allein ganz unten im dunklen Bauch der Arche hocken müssen und nichts von dieser spektakulären Reisegruppe mitbekommen. Als ich das Drehbuch für den Film schrieb, wollte ich natürlich diese bequeme Lösung gerne beibehalten, aber die Produzentinnen waren nicht dazu bereit und erklärten kategorisch, ein bunter Animationsfilm über die Arche Noah, in der man vier kleine Tiere in einem dunklen Keller erlebt, wie sie über Gott diskutieren, mache null Sinn. Natürlich hatten sie Recht. Also lernen jetzt die Pinguine im Film alle anderen Tiere kennen – die Hauptelemente der Handlung wurden zwar beibehalten, trotzdem ist es eine komplett andere Geschichte. WIE KOMMEN SIE EIGENTLICH AUF IDEEN? Das weiß ich auch nie so genau. Man hat eigentlich immer viele Ideen – aber die meisten taugen bei näherem Hinsehen nichts, jedenfalls nicht für mehr als ein paar Seiten. Oft schlagen mir Personen oder Theater ein Thema vor. Bei der Arche war es zum Beispiel so, dabei hatte ich zuerst abgelehnt, weil ich mit dem Thema Gott nicht so viel zu tun habe. Bei »Füchse lügen nicht« wurde mir vorgeschlagen, eine moderne Version von Reinecke Fuchs zu schreiben. Und jetzt beim »Ein Känguru wie du« habe ich bei einer Lesung in Berlin gemerkt, wie verstört die Kinder waren, als sich am Ende eine Taube und ein Pinguin küssen. UND WENN SIE NICHT WEITERKOMMEN? Ich erzähle allen Leuten von der Geschichte, an der ich gerade arbeite, da kommen wir gemeinsam immer weiter. Es gibt natürlich schon verschiedene Tricks – oder sagen wir mal Handwerkszeug. Ich denke mir verschiedene Figuren aus, die sich unter keinen Umständen begegnen dürfen – und lasse sie sich so schnell wie möglich begegnen. Dann passiert schon etwas. Oder ich überlege mir, wovor die Figuren am allermeisten Angst haben, und genau dieser Situation setze ich sie aus. Aber vieles ist auch Zufall oder Glück, und ich weiß hinterher nie, wie ich darauf gekommen bin. WIE SIEHT IHR ARBEITSALLTAG AUS? Ärzte fragen ja gerne nach dem Beruf ihrer Patienten, und wenn ich sage, dass ich Autor bin, jubeln sie regelmäßig: »Kein Wunder, dass Sie Rückenbeschwerden haben! Sie sitzen ja den ganzen Tag am Schreibtisch.« Dabei laufe ich rum, drinnen und draußen, räume auf, spiele Klavier und mache Sport, telefoniere in der Gegend herum, was man eben so macht – hinter dem Schreibtisch bin ich 11 allerdings kaum zu finden. Als mein kleiner Neffe einmal mehrere Tage bei mir in Berlin zu Besuch war, sagte er hinterher: »Wenn ich groß bin, will ich genau dasselbe machen, was du machst.« »Und was mache ich denn?«, wollte ich wissen. Da strahlte er mich an: »Nichts!« 6. Hubs Theaterstück „Pinguine können keinen Käsekuchen backen“ Handlung: Zwei Pinguine, ein kurzsichtiger Maulwurf und ein Huhn mit Staubsauger? Was das gibt? Ein riesiges Durcheinander. Der kurzsichtige Maulwurf hat sich zum Geburtstag einen Käsekuchen bestellt. Die beiden Pinguine haben den Kuchen jedoch bereits bis zur letzten Rosine verputzt. An Ersatz ist nicht zu denken, denn Pinguine können keinen Käsekuchen backen! Dann taucht auch noch ein Huhn auf, mit einem Staubsauger, der Öl verliert und ein Eigenleben zu besitzen scheint. Das Chaos ist perfekt. Ein absurdes Theaterstück voller merkwürdiger Situationen und komischer Bilder über doch sehr ernste menschliche Schwächen: Sich der Verlockung hinzugeben, Grenzen nicht wahrzunehmen, Verbote zu ignorieren und sich schließlich nicht der Verantwortung stellen zu wollen. Das gilt nicht nur für Kinder ab 6 Jahren, sondern für alle Leichtverführbaren, die das Leben nicht ganz so ernst nehmen. Interview Heidi Lehnert vom Theater Chapeau Claque anlässlich der Premiere: HERR HUB, MÖGEN SIE KÄSEKUCHEN? Ich mag lieber Obstkuchen, aber Käsekuchen gefällt mir einfach als Wort. Käse und Kuchen – das passt eigentlich nicht richtig zusammen & klingt schon mal komisch. Als Kind habe ich eine gruselige Käsekuchen-Backmischung von Doktor Oetker geliebt – das war aber bestimmt kein Käse drinnen sondern nur leckere Chemie, und ich habe darauf bestanden, dass der Kuchen genauso aussah wie auf der Verpackung – mit Büchsenmandarinen auf der Oberfläche. WIE KAMEN SIE AUF DIE IDEE ZUM STÜCK „PINGUINE KÖNNEN KEINEN KÄSEKUCHEN BACKEN“ UND WIE HABEN SIE DIE GESCHICHTE ENTWICKELT? Davor hatte ich ein Stück geschrieben, das ich ganz großartig fand – als einziger. Dann war ich beleidigt und habe etwas geschrieben, das niemand gefallen sollte – nur mir. Tatsächlich hatte ich beim Schreiben viel Vergnügen, was nicht immer der Fall ist. Meine Grundidee war, Figuren zu 12 schreiben, die sich unter keinen Umständen begegnen sollten, um sie sich dann so schnell wie möglich begegnen zu lassen. PINGUINE, MAULWURF, HUHN – WARUM HABEN SIE GENAU DIESE TIERE FÜR DAS STÜCK AUSGEWÄHLT? In meinem ersten Kinderstück trat ein einziger Pinguin auf – da war es naheliegend, im zweiten Kinderstück zwei Pinguine auftreten zu lassen. Bei Pinguinen denke ich – natürlich darf sich jeder seine eigenen Vorstellungen machen – nicht an die eleganten Königs- oder gar Kaiserpinguine, sondern an ein paar Exemplare, die ich einmal in Südafrika gesehen hatte: Klein, struppig, unelegant, streitsüchtig, laut und einen enormen Gestank verbreitend. Wie ich auf die anderen Tiere gekommen bin, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Vermutlich weil sie sich in der Natur eigentlich gar nicht begegnen. WENN SIE EIN TIER WÄREN, WELCHES WÄRE DAS? Es gibt ein lustiges (halbpsychologisches) Spiel. Man fordert jemanden auf, ein Lieblingstier zu nennen und drei Eigenschaftswörter als Begründung anzugeben. Dann muss man ein zweites Lieblingstier nennen und ebenso begründen. Zum Schluss ein drittes. Die Lösung: Das erste Tier ist: wie man gerne wäre. Das zweite Tier ist: wie man wirklich ist. Das dritte Tier: So sehen einen die anderen. Bei mir war das erste Lieblingstier: Eisbär (unabhängig, stark, majestätisch). Das zweite Tier: Hund (treu, häuslich und ein bisschen doof). Das dritte … jetzt muss ich wirklich überlegen, das ist schon so lange her. Vielleicht fällt es mir ein. Aber an das dritte Tier meiner Schwester erinnere ich mich noch gut: Heuschrecke (hässlich, springt in der Gegend rum und niemand kann es leiden). Aber kurz gesagt: Eisbären mag ich gern und einen Hund hätte ich gern. SIE ARBEITEN ALS SCHAUSPIELER, REGISSEUR UND AUTOR. WAS GEFÄLLT IHNEN AN DIESEN DREI ARBEITSGEBIETEN JEWEILS AM BESTEN? Als Schauspieler arbeite ich schon lange nicht mehr, aber ich bemühe mich darum, gute Rollen für Schauspieler zu schreiben – selbst wenn sie nicht stücktragend sind. Als Autor arbeitet man allein und muss sich selbst motivieren, als Regisseur arbeitet man mit anderen zusammen, muss/darf sie motivieren und reagiert auf die Vorschläge von anderen. Beides mag ich und bin froh, dass ich abwechselnd das eine und das andere machen kann. Wenn ich meine eigenen Stücke inszeniere, ändere ich auf den Proben oft den Text, streiche oder schreibe etwas dazu – das Stück ist erst fertig am Tag der Generalprobe. DENKEN SIE, DASS KINDER ABSURDE THEATERSTÜCKE VERSTEHEN? 13 Ist dieses Theaterstück absurd? Für mich ist das eine ganz konkrete Situation. Man hat etwas geklaut und versucht, es wieder gut zu machen – so gut man eben kann. Und lustig kann es dadurch werden, weil die Pinguine nicht richtig nachdenken (vielleicht aus Zeitmangel) und auf andere Leute hören – anstatt selbst ihren eigenen Kopf zu benutzen. Eine Grundschullehrerin hat die „Pinguine“ nach Lektüre des Stücktextes als „gewaltverherrlichend“ empfunden. Was würden Sie so jemandem entgegnen? Dieses Argument habe ich schon mal gehört. Ich will niemanden eines Besseren belehren, aber erst einmal ist Gewalt ein Bestandteil des Lebens und der Welt – man kann das übrigens gut auf Kinderspielplätzen beobachten – und muss natürlich kanalisiert werden. Gewalt geht in diesem Stück immer nur von Autoritäten aus – oder Figuren, die sich diese Funktion anmaßen. In fast allen meinen Stücken geht es darum, dass man Autoritäten nicht unbedingt glauben soll. IN IHREN KINDERSTÜCKEN SIND HÄUFIG TIERE DIE PROTAGONISTEN. SEHEN SIE SICH DA ALS AUTOR IN DER TRADITION DER FABEL BZW. WORIN SEHEN SIE DEN UNTERSCHIED IN IHRER DRAMATIK? Fabeln haben mich schon als Kind nicht interessiert. Da muss man schließlich immer was lernen oder eine „Lehre daraus ziehen“ und dann gibt immer nur eine einzig richtige. Das finde ich immer noch sehr unangenehm. Tiere nehme ich gerne als Protagonisten in Theaterstücken, weil man besetzungstechnisch unabhängiger ist. Jede Figur kann von einer Schauspielerin gespielt werden oder von einem Schauspieler. Ist bei Ihnen das Huhn ein Männchen? NACH LESSING SOLL DIE FABEL JA IMMER AUCH MORALISCH-BELEHREND SEIN. WAS KÖNNEN KINDER AUS DEN „PINGUINEN“ MITNEHMEN? In erster Linie möchte ich im Theater unterhalten werden – aber auf eine halbwegs intelligente Art. Das heißt: Ich möchte etwas erfahren, was ich vorher noch nicht gewusst habe. Aber ohne Humor geht es gar nicht. Ich lese kein Buch, das nicht irgendwie komisch ist. Auch Dostojewski ist übrigens sehr komisch. Außerdem sollte bei Kinderstücken immer eine Utopie sein – aber das erwarte ich übrigens auch bei Stücken/Büchern für Erwachsene. Das heißt nicht, dass immer ein Happy End geben muss. Bei Schiller sterben oft die falschen Leute, aber die Utopie lebt weiter. So kapiere ich das jedenfalls. „PINGUINE KÖNNEN KEINEN KÄSEKUCHEN BACKEN“ IST EIN THEATERSTÜCK FÜR DIE GANZE FAMILIE. WAS GEFÄLLT KLEINEN UND GROßEN KINDERN SOWIE ERWACHSENEN AN IHREM STÜCK? Das kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber ich habe beobachtet, dass Erwachsene bei anderen Stellen lachen als die Kinder und umgekehrt. Niemand soll sich im Theater langweilen. 14 UND EINE LETZTE FRAGE: WIE OFT MÜSSEN SIE EIGENTLICH DEN STAUBBEUTEL IHRES STAUBSAUGERS WECHSELN? Lange Zeit hatte ich einen Staubsauger ohne Staubbeutel, bis ich mich fragte, warum ich beim Entleeren des Behälters immer in einer riesigen Staubwolke stehen muss. Jetzt habe ich wieder ein klassisches Modell und leere den Staubbeutel immer ein bisschen zu spät – aber bin jedes Mal aufs Neue überrascht, wie sehr sich die Leistung des Staubsaugers dadurch steigern lässt. 7. Hörbeispiel zur Musik von Kurt Schwertsik Hier der Verweis auf die Aufnahme der Wiener Mozartisten (Hörprobe und Download unter http://www.prestoclassical.co.uk/w/200352), wo einzelne Sätze der Compagnie Masquerade op.93 angehört und gegen Gebühr heruntergeladen werden können. Als Beispiel Satz IV „Pas de Trois“, Dauer 1 Minute: eine kurze Bewegungsmusik. Idee: Wir bewegen uns wie Marionetten- oder Pantomimefiguren. A: Deutlich gegliederter Anfang von zwei mal vier kurzen Melodienteilen: die Figuren kommen nach einander auf die Tanzfläche B: Alle bewegen sich marionettenartig bewegungsimprovisierend durcheinander zum mittleren Musikabschnitt C: zweimal die musikalische Abfolge von Solo-Tutti-Musik: entsprechend spielen 1-2 Tänzer Bewegungsfiguren vor, die dann von der ganzen Gruppe imitiert werden. Ein schöner Schluss wäre, wenn alle Tänzer mit einer dem Publikum zugewandten Körperposition ihre Aktion beenden würden. 8. Mozart als Harlequin Aus: www.mdr.de vom 11.11.2016 Es ist mal wieder soweit: Die Narren sind los. Auch Mozart liebte es, sich zu verkleiden und komponierte – passend zur Karnevalszeit – die Musik zu einer Faschingspantomime. 1783 schrieb Wolfgang Amadeus Mozart an seinen Vater: „Sie wissen ohne Zweifel, daß izt Fasching ist, und dass hier so gut wie in Salzburg getanzt wird; und da möchte ich gerne (aber dass es kein Mensch weis) als Harlequin gehen, folglich möchte ich sie bitten mir ihr Harlequin Kleid zukommen zu lassen.“ Der 15 Vater des Komponisten schickte seinem Sohn natürlich die gewünschten Sachen. Zu diesem Anlass ist auch Mozarts Faschingspantomime überliefert – allerdings nur als Fragment. Die Musik hat in zwei leicht unterschiedlichen Stimmen für die erste Violine überlebt. Die Aufführung war mehr Pantomime als Tanz, aber die Musik ist voll von den lebhaft anschaulichen Ideen Mozarts, die eine Bewegung hier, eine Geste oder Grimasse dort heraufbeschwören. Anschließend berichtete Mozart seinem Vater, wie das Ganze gelaufen war: „Wir haben am fasching Montag unsere Compagnie Masquerade auf der Redoute aufgeführt – sie bestand in einer Pantomime, welche eben die halbe stunde, da ausgesetzt wird, ausfüllte. Meine Schwägerin war die Columbine, ich der Harlequin.“ Die Musik ist unter der Nummer KV 446 als „Musik zu einer Faschingspantomime“ bekannt geworden. 16 9. Schülerarbeitsblatt „Instrumente“ Wir besuchen das SWR-Sinfonieorchester am Mittwoch, 22.02.2017 im Freiburger Konzerthaus: „Es erwartet euch alle etwas ganz Neues, ihr werdet Premierengäste eines Stückes neuer Musik des Komponisten Kurt Schwertsik und einer Geschichte des Autors Ulrich Hub sein. Beide sind mit ihren Begabungen wieder kreativ gewesen bzw. arbeiten noch daran (Stand Dezember 2016) und möchten euch mit einer Komposition aus Musik und Literatur erfreuen. Auch das Orchestermanagement, das immer alle Programme des SWR Symphonieorchesters akribisch vorbereitet, tappt noch im Dunkeln und wird erst kurz vor dem Konzerttermin beim Lüften des Geheimnisses informiert sein. Damit ihr aber nicht ganz im Ungewissen bleiben müsst, findet ihr hier ein paar Informationen über die beiden Künstler, die im Kreise der Musikexperten und Literaten natürlich keine Unbekannten sind. Eure Lehrerinnen und Lehrer werden euch dies vortragen. Dazu ist es natürlich hilfreich, wenn man sich auch über die Orchesterinstrumente und das Zusammenspiel im großen klassischen Sinfonieorchester informiert.“ Die Musik heißt „Compagnie Masquerade“, op. 93, sie wurde schon 2005 komponiert. Dabei spielen die folgenden Musikinstrumente mit (das nennt man Besetzung): 2 Piccoloflöten, 2 Englischhörner, 2 Bassethörner, Horn, Flügelhorn, Posaune, dazu mehrere Streicher mit Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabass. Hier kann ich noch etwas zum Komponisten und dem Autor aufschreiben: ________________________________________________________ ________________________________________________________ ________________________________________________________ ________________________________________________________ ________________________________________________________ ________________________________________________________ 17 Diese Blasinstrumente spielen mit: Die Piccoloflöte (auch: das Piccolo) ist eine kleinere Bauform der Querflöte. Sie ist eine Oktave höher gestimmt und ist das höchste klassische Holzblasinstrument und zählt auch im Sinfonieorchester zu den höchsten Instrumenten. Das Piccolo ist ca. 32 cm lang, etwa halb so groß wie die Querflöte und hat einen Durchmesser von 1 cm. Das Piccolo kann aus Holz oder Metall sein, manchmal finden sich auch Piccolos aus Kunststoff. Die Klappen sind meist aus Neusilber gefertigt und werden versilbert oder auch vernickelt. Das Englischhorn (oder Englisch-Horn) ist ein Holzblasinstrument, das Alt-Instrument aus der Familie der Oboeninstrumente, das einen festen Platz im romantischen und modernen Sinfonieorchester hat. Im 19. Jahrhundert wurde das Instrument auch als Alt-Hoboe bzw. Altoboe bezeichnet. Das Bassetthorn ist der Vertreter der Tenorlage in der Klarinettenfamilie. Es transponiert in F, klingt also eine Quinte tiefer als notiert (insofern besteht eine gewisse Verwandtschaft mit dem Waldhorn in F und dem Englischhorn in F). Das Horn, veraltet Waldhorn und in der Orchesterliteratur auch corno genannt, ist ein Blechblasinstrument aus Messing oder Goldmessing. Charakteristisch für das Horn ist die Bauform mit Trichtermundstück, enger konischer Mensur, großer Rohrlänge und weit auslaufendem Schallbecher (Stürze), sowie die historische Handhaltung mit der rechten Hand im Schallbecher und der linken an den Ventilen. Das Flügelhorn ist das Sopraninstrument aus der Blechblasinstrumentenfamilie der Bügelhörner. In Bauform und Stimmung ist es der Trompete vergleichbar, allerdings hat es abweichend von dieser ein überwiegend konisches Rohr, eine weite Mensur und ein Mundstück mit einem tiefen Kessel.[1] Es wird in B (selten in C) notiert. Die Posaune ist ein tiefes Blechblasinstrument, das wegen seiner weitgehend zylindrischen Bohrung (enge Mensur) zu den Trompeteninstrumenten zählt. Der Ton wird mittels Anregung der natürlichen Resonanzen des Instruments durch Lippenschwingungen des Bläsers erzeugt.