Infektionserreger im Sauenstall Dr. Christoph Sudendey Fachtierarzt für Schweine FGS-Veterinär GmbH 33124 Büren (Westfalen) Gliederung z z z z Über welche Erreger reden wir Begriffserläuterungen Erreger Ferkel Erreger Sau 1 Wichtige Infektionserreger Ferkel 1. 2. 3. 4. 5. 6. Mykoplasmen PRRS APP Influenza Streptokokken / Hämophilus / Pasteurellen / Bordetellen / Staphylokokkus hyicus E. coli u. Clostridium perfringens Wichtige Infektionserreger Sauen 1. 2. 3. 4. PRRS Rotlauf / Parvovirose PCV II Bakterielle Erreger (Streptokokken, Bordetellen, Pasteurellen, Leptospirose, Clamydien, APP) 2 Wichtige Infektionserreger bei Sauen: z PRRS z Rotlauf/Parvovirose z Circo-Virus Typ II z Bakterielle Erreger (Streptokokken, Bordetellen, Pasteurellen, Leptospiren, Clamydien, APP ...) Begriffe z z z z z Immunität / Resistenz Aktive Immunisierung ? Muttertierimpfung ? Idealer Impfzeitpunkt ? Maternale Interferenzen ? 3 Relative Antikörpermenge Maternale Antikörper- schematischer Verlauf 26 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Parvo APP SIV M.hyo Wochen nach Geburt Zeitliches Auftreten relevanter Atemwegserreger Saugphase Aufzuchtphase 1 2 5 3 4 6 7 8 Vormast Endmast 9 10 M.hyo H.parasuis APP Pasteurellen Bordetellen PRRS Circo-Typ 2 Influenza Infektion Auftreten von Krankheitserscheinungen Impfzeitpunkt 4 Infektionserreger beherrschen z Management z Hygienemaßnahmen z Impf- und Prophylaxemaßnahmen Der ideale Impfzeitpunkt z z z z z Impfung spät genug setzen, damit die Ferkel zum Infektionszeitpunkt schon immunkompetent sind Impfung spät genug setzen, damit Impferfolg durch Interferenzen mit maternalen AK nicht gefährdet wird Impfung früh genug vor einer Infektion zu setzen, damit Ferkel durch „protektive“ Antikörper geschützt sind Impfung möglichst spät setzen um zum Zeitpunkt der natürlichen Infektion hohe Antikörpertiter zu haben Impfung zu keinem Zeitpunkt setzen, zu dem die Ferkel andere Infektionen durchmachen 5 Mycoplasma hyopneumoniae z weltweit einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegserkrankungen in der Schweineproduktion (MIRD(MIRD-Komplex) z Wegbereiterfunktion führt zu massiven Infektionen mit Sekundärerregern – schwere Pneumonien sind die Folge z Wirtschaftliche Schäden durch: Verminderte Tageszunahmen Schlechte Futterverwertung Auseinanderwachsen und Kümmern Mycoplasmen z z z Erreger nachweisbar auf der Tonsille ca. ab dem 13. Lebenstag Antikörper erscheinen Ende Flatdeck/Vormast Klinische Krankheitserscheinungen erst in der Vormast 6 Mycoplasmen z Impfung in der: - 1. + 3. Lebenswoche - One-Shot 3. Lebenswoche - USA - Impfung im Flatdeck?? PRRS - Ferkel z Immunkompetenz etwa ab 10. Lebenstag z Maternale Antikörper etwa bis zur 7. Lebenswoche z Erste Feldinfektionen etwa ab dem 30. Lebenstag z Viele Feldinfektionen laufen ohne sichtbare Klinik ab z Klinik vor allem bei gleichzeitig ablaufenden KoInfektionen z Die Lebendimpfstoffe „laufen“ in der Population 7 PRRS - Sauen z Aborte vom 80. – 110. Trächtigkeitstag z Umrauscher bei in der Virämie besamten Sauen z Klinik in geimpften Herden vor allem bei gleichzeitig ablaufenden Ko-Infektionen oder Immunschwäche z.B. durch Mykotoxinbelastung z Überlebensstrategie des Erregers ist, daß er eine schlechte Immunität erzeugt (max. 5 Monate) z Der Totimpfstoff schützt bei vorangegangener Lebendvirus - Infektion PRRS - Sauen z z z z Sauenimpfung als Bestandsimpfung oder terminorientiert 40. – 50. Trächtigkeitstag (Cave Umrauscher !) In empfindlichen Herden Sauen zum Abferkeln/Sauen zum Belegen bei Bestandsimpfung auslassen und nach 14 Tagen nachimpfen Ferkelimpfung am 10. – 14 Lebenstag „späte Flatdeckimpfung bei „Alles rein – Alles raus“ Betrieben im Flatdeck 8 Actinobacillus pleuropneumoniae Ó Erstmals 1964 beschrieben (damalige Bezeichnung Haemophilus pleuropneumonieae) pleuropneumonieae) Ó 12 Serotypen (in EU vorwiegend 2,3,4,7,9 und 11) und 3 Toxintypen (Apx I bis III) Ó Einschleppung in den Bestand durch subklinisch infizierte Tiere (auch aerogen oder über Vektoren möglich) Ó aerogene Verbreitung im Bestand Ó Solider klinischer Schutz nach Infektion, Tiere können jedoch Keimträger bleiben (Infektionsquellen!) Actinobacillus pleuropneumoniae Ó 4 Verlaufsformen möglich (perakut, perakut, akut, chronisch, subklinisch) Ó Alle Altersklassen klinisch infizierbar Ó Charakteristisches Sektionsbild (dunkelrote meist runde Entzündungsherde mit Verklebung von Rippenfell und Lunge) Ó Diagnostik: Schlachthofcheck Sektion Serologie 9 APP - Impfung z Späte Impfung 2 Wochen vor Ende Flatdeck z Ferkelimpfung nicht vor 5. – 6. Lebenswoche (Maternale Antikörper) z Frühe Ferkelimpfung 2. – 3. Lebenstag, 2./3. Lebenswoche z Sauenimpfung als Bestandsimpfung alle 4 Monate Influenza Subtypen Schwein H1N1 klassisch (New Jersey 76-like) H1N1 avian-like (Duck Bavaria 79) H3N2 klassisch (Port Chalmers-l.) H1N2 (UK, Brown,1994, Deutschland 2000) 10 Auswertung Schweineinfluenza Deutschland (R. Dürrwald, Forschungslabor Virologie, IDT) 3543/98 H1N1 5/95 H1N1 1832/00 909/93 H1N2 H3N2 Blutprobe 2723 71 % 0,22 % 12 % 50 % Bestände 219 92 % 1% 17 % 74 % Anzahl Influenza - Klinik z z z z Klinik vor allem in der Vormast – selten spätes Flatdeck Früher hochakutes hochfieberhaftes schnelles Geschehen (H1N1) Heute teilweise langsam laufende Infektion von Bucht zu Bucht, Abteil zu Abteil (H3N2) Sauen: Fieber und Aborte 11 Influenza - Maßnahmen z z z 3 Subtypen, von denen nur 2 durch Impfung bekämpfbar sind Kreuzimmunität verschiedener Stämme innerhalb eines Subtyps ? Managementmaßnahmen – Mehrwochenrhythmus Altersgruppentrennung (abreißende Infektionsketten) Glässer´sche Krankheit Haemophilus parasuis z z z z z Älteste bekannte Schweinekrankheit (Reisefieber) Polyserositis – Entzündung aller Organoberflächen Macht in kürzester Zeit schwerste Organveränderungen Jahrelang kaum aufgetreten Seit ca. 4 Jahren wieder gehäuft bei Saugferkeln und in vielen Betrieben im Flatdeck bei immungestressten Ferkeln 12 Glässer´sche Krankheit Maßnahmen z Therapie: Cephalosporine Amoxicillin Penicillin z Stallspezifische Subunit Vaccine z Handelsüblicher Impfstoff von Intervet Andere bakterielle Erreger z Streptokokken z Pasteurellen (Handelsüblicher Impfstoff Respiporc, IDT) Bordetellen z Staphylokokkus hyicus - Ferkelruß z 13 Porcine Parvovirose - Sauen z z z Bestandsimpfungen alle 4 Monate (alle 6 Monate mit Intervet-Impfstoff soll möglich sein?) Reproduktionsorientierte Impfung – 2 Wochen nach dem Abferkeln (Eber + Umrauscherproblem) Keine Jungsauenimpfung vor dem 180. Lebenstag wegen lang anhaltender maternalen Immunität! Die Impfung funktioniert nicht ? z z z z z z Immunstatus der Sauen/Ferkel Mykotoxinprobleme Parallel ablaufende Feldinfektionen Circo-Virus-Infektion Milchmangel bei passiver Immunisierung Fehler im Impfmanagement 14 Viel mehr Probleme – WARUM ? z z z Auftauchen des Circo-Virus (Mutation) und anderer neuer Erreger Wegfall von Leistungsförderern Wegnahme tierischen Eiweißes aus der Schweinefütterung z Zunahme von Mykotoxinen in der Schweinefütterung z Konzentration der Schweinehaltung z Genetik der Schweine Porcines Circovirus Typ 2 z z z z nach neuen Untersuchungen seit den 60er Jahren in Deutschland nachgewiesen vermehrt sich nach Immunstimulation explosionsartig befällt viele Organe, Lymphknoten führt zu Organversagen, Magengeschwüren, interstitieller Nephritis, interstitieller Pneumonie, Durchfall, Kleinhirnnekrosen und wahrscheinlich bei Sauen zu Aborten in allen Trächtigkeitsstadien PMWS – PDNS - PNP 15 PCV 2 - Infektionsverhalten Hypothese 1: Ferkel infiziert sich durch Infektion im Mutterleib und scheidet lebenslang Viren aus, erkennt sie nicht als fremd Hypothese 2: Je mehr dauerausscheidende Ferkel desto mehr Circo-Virus kranke Ferkel in Aufzucht und Mast PCV2 - positive Bestände Faktoren, die eine stärkere Klinik begünstigen z z z z z z z z z z Schweinedichte Region PRRS-Infektion Kontinuierliche Belegung von Abteilen Absatzalter >21 Tage Wurfausgleich auch von älteren Ferkeln Zurücksetzen von Ferkeln Mischen von Ferkeln verschiedener Herkünfte keine Jungsaueneingliederung Überbelegung Bestandsaufstockung Dewey et al., IPVS 2000, Progranichnyy et al., AASV 2001 16 Circovirus -Was kann der Ferkelerzeuger tun: z Optimierung des Managements: – Optimierung der Jungsaueneingliederung (nicht häufiger als 6 x pro Jahr, mindestens 6 Wochen Eingliederungszeit, optimierte Immunprophylaxe) – Impfmaßnahmen konsequent und termingerecht durchführen – Eindeutiger Abferkelrhythmus - Mehrwochenrhythmus – Sauen vor Abferkelung waschen – Konsequente Ekto - Endoparasitenbekämpfung – Wurfausgleich auf notwendiges Minimum reduzieren, wenn in den ersten 24 Stunden – Möglichst wenig Würfe vermischen (1-2 pro Bucht) Circovirus -Was kann der Ferkelerzeuger tun: – Injektionsnadeln pro Wurf/Bucht/Abteil wechseln – Kastrationsbesteck pro Wurf desinfizieren (evtl Antibiose zum Kastrieren) – Nabelschnüre nach der Geburt kürzen – Schwänze abbrennen, Zähne abschleifen – Bei Würfen mit Milchmangel die Karpalgelenke abkleben – konsequente Rein-Raus Belegung der Abferkelabteile – Leerstehen lassen der Abteile - Abferkelabteile mind. 3 Tage (Austrocknen) – dann erst Desinfektion 17 Circovirus -Was kann der Ferkelerzeuger tun: – Effektive Schadnager- und Ungezieferbekämpfung – Prestarter ab 10. – 14. Lebenstag zufüttern – Enzymtraining – Ausreichend Tränkewasser von guter Qualität anbieten Circovirus -Was kann der Ferkelaufzüchter tun: z Sorgfältige Beobachtung klinischer Anzeichen mit anschließender sorgfältiger Diagnostik (in welchen Tier-/Altersgruppen laufen Infektionen ab Fieber messen – Dokumentation!) z Keine Impfungen oder andere Stressauslöser in Tiergruppen mit klinischen Symptomen aber: z z Konsequente und rechtzeitige Bekämpfung von anderen Infektionen (Impfungen bzw. Medikation) Infektionen zu Beginn der Aufzucht ablaufen lassen 18 Circovirus -Was kann der Ferkelaufzüchter tun: – – – – – Optimales Stallklima - Wärme Gute Bodenstruktur KEIN Zurückstallen von Tieren in jüngere Gruppen Umstallen in separaten Krankenstall/Krankenbucht kranke Ferkel sofort absondern und antibiotisch (übers Futter) behandeln, bzw. rechtzeitig merzen Leerstehen lassen der Abteile - Aufzucht/Mast mind. 7 Tage – Keine Überbelegung in den Buchten (mind. 0,33 qm im Flatdeck, 0,8 qm in der Mast) – Keine geteilte Aufzucht – Hochwertiges Futter – Ausreichend Tränkewasser von guter Qualität anbieten – Ausreichend Tränkestellen/-nippel in der richtigen Höhe anbieten – gleiche Tränkesysteme wie der Ferkelerzeuger Circovirus -Was kann der Ferkelaufzüchter tun: z Optimierung des Managements: – Effektive Reinigung und Desinfektion – Angepaßtes Futtermanagement/Optimale Futterhygiene – Schädlingsbekämpfung (Ratten, Mäuse, Fliegen) Stetige Klimakontrolle, Aufheizen der Abteile vor dem Belegen, Temperatursenkung zum Ausstallen Bei Umstallung Futter mitnehmen (Prestarter in das Flatdeck, Ferkelfutter 3 in die Mast) Haben alle Babyferkel 24 Stunden nach Einstallung Futter aufgenommen? Futterumstellungen durch Verschneiden abmildern Regelmäßige Bestandsbetreuung durch den Hoftierarzt – – – – – 19 Zusammenfassung Integrierte Tierärztliche Bestandsbetreuung leistet: 1. 2. 3. Umfassende Untersuchungen Klare Diagnose Maßnahmenkatalog Umfassende Diagnostik 1. 2. 3. 4. 5. Klinische Untersuchung des Bestandes im Rahmen regelmäßiger Besuche Gezielte Sektionen unbehandelter Tiere Schlachthofcheck Weiterführende Labordiagnostik / blutserologische Untersuchungen Lungenspülproben (BALF) 20 Zusammenfassung Aus der Diagnose werden abgeleitet: 1. Behandlungen 2. Prophylaxemaßnahmen 3. Managementmaßnahmen Probleme können nur gemeinsam gelöst werden ! 21