Winterrsemester 2004/2005 Analysis I Gerd Laures, 9. Februar 2005 Ruhr-Universität Bochum Inhaltsverzeichnis Kapitel 1. Die reellen Zahlen 1. Elementare Mengenlehre 2. Körperaxiome 3. Anordnungsaxiome 4. Natürliche Zahlen und vollständige Induktion 5. Binomischer Lehrsatz und elementare Kombinotorik 6. Die rationalen Zahlen 7. Supremum und Infimum 8. Das Vollständigkeitsaxiom 5 5 6 6 7 8 9 10 10 Kapitel 2. Folgen und Reihen 1. Folgen und Konvergenz 2. Konvergenzkriterien für Folgen 3. Reihen 4. Konvergenzkriterien für Reihen 11 11 12 13 13 Kapitel 3. Abbildungen, Mächtigkeit und Umordnungen 1. Abbildungen 2. Mächtigkeit 3. Umordnungssätze 15 15 15 16 Kapitel 4. Stetigkeit 1. Der Begriff der Stetigkeit 2. Eigenschaften stetiger Funktionen 3. Gleichmäßige Konvergenz 4. Winkelfunktionen 19 19 19 21 22 Kapitel 5. Integral- und Differentialrechnung 1. Das Riemann Integral 2. Eigenschaften des Integrals 3. Die Ableitung 4. Kurvendiskussion und Mittelwertsätze 5. Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung 6. Vertauschung von Limetes und Ableitung 7. Uneigentliche Integrale 25 25 26 27 28 29 30 31 Kapitel 6. Approximationen 33 3 1. 2. 3. 4. 5. 6. Polynomiale Approximationen Taylorreihen Trigonometrische Approximation Fourierpolynome Fourierreihen Produktzerlegung des Sinus und Stirlingsche Formel 4 33 33 35 36 37 39 KAPITEL 1 Die reellen Zahlen 1. Elementare Mengenlehre Definition 1.1. (Begriffserklärung) Eine Menge M ist eine Zusammenfassung von bestimmten, wohlunterschiedenen Objekten, den sogenannten Elementen von M , zu einem Ganzen. Schreibweise: a ∈ M , falls a ein Element von M ist. Eine Menge N heißt Teilmenge von M , falls jedes Element von N in M enthalten ist. N ⊂ M :⇐⇒ ((x ∈ N ) =⇒ (x ∈ M )) Das Zeichen ⇐⇒: bedeutet hierbei, dass die Aussage der linken Seite den gleichen Wahrheitswert wie die rechte erhält. Das Zeichen =⇒ ist eine Implikation von Aussagen. Die Wahrheitstafel hierzu ist A B A =⇒ B w w w w f f f w w f f w Zwei Mengen M, N heißen gleich, wenn sie die gleichen Elemente besitzen. M =N :⇐⇒ (M ⊂ N ) ∧ (N ⊂ M ) ⇐⇒ ((x ∈ M ) ⇐⇒ (x ∈ N )) Eine Verknüpfung ∗ auf einer Menge M ist eine Vorschrift, gemäß welcher je zwei Elementen a, b ∈ M ein eindeutig bestimmtes Element c = a ∗ b ∈ M zugeordnet wird. ∗: M × M =⇒ M (a, b) 7−→ c = a ∗ b M × M = {(a, b)| a ∈ M, b ∈ M } 1.2 Die Axiome der reellen Zahlen Axiom (Postulat, Spielregel). Es gibt eine Menge R, zwei Verknüpfungen Addition : M ultiplikation : R × R −→ R, (x, y) 7→ x + y R × R −→ R, (x, y) 7→ x · y und eine Teilmenge R+ ⊂ R (“Positivitätsbereich”, “Anordnung”), die den folgenden Regeln genügen: 5 Körperaxiome: (R, +, ·) bildet einen Körper. Anordnungsaxiome: (A1) für alle x ∈ R gilt genau eine der Aussagen x ∈ R+ , x = 0, (−x) ∈ R+ (A2) x, y ∈ R+ =⇒ x + y ∈ R+ (A3) x, y ∈ R+ =⇒ x · y ∈ R+ Vollständigskeitsaxiom. Jede nicht leere nach oben beschränkte Menge reeller Zahlen hat eine kleinste obere Schranke. 2. Körperaxiome Kommutativgesetze: x + y = y + x, xy = yx Assoziativgesetze: (x + y) + z = x + (y + z), x(yz) = (xy)z Neutrale Elemente: Es gibt 0 ∈ R, 1 ∈ R mit 1 6= 0, so dass x + 0 = x, x · 1 = x ist. Inverse Elemente: zu x ∈ R gibt es ein −x ∈ R, so dass x + (−x) = 0 zu x 6= 0 gibt es x−1 ∈ R, so dass x · x−1 = 1 Distributivgesetz: x · (y + z) = xy + xz Schreibweise: x − y := x + (−y) x : y := x · y −1 = x , y y 6= 0 2 := 1 + 1 3 := 1 + 1 + 1 3. Anordnungsaxiome Schreibweisen: x > 0 :⇐⇒ x ∈ R+ x > y :⇐⇒ x − y > 0 ⇐⇒: y < x x ≥ y :⇐⇒ (x > y) ∨ (x = y) ⇐⇒: y ≤ x Feststellung 3.1. (i) Trichotomie: Für alle x, y ∈ R gilt genau eine der Aussagen: x < y, x = y, x > y (ii) Transitivität: x < y und y < z ⇒ x < z (iii) Verträglichkeit Addition: x < y und z ∈ R → x + z < y + z Multiplikation: x < y und z > 0 ⇒ xz < yz x < y und z < 0 ⇒ xz > yz 6 Bemerkung 3.2. • x 6= 0 =⇒(A1) (x > 0) ∨ (−x > 0) =⇒(A3) x2 > 0 also ist 12 = 1 > 0 und −1 < 0. Die Gleichung x2 = −1 hat also in R keine Lösung (und auch nicht in jedem anderen angeordneten Körper.) • x > 0 | · (x−1 )2 x−1 > 0 • Ist xx0 > 0, so gilt x < x0 |(xx0 )−1 1 1 < x0 x Definition 3.3. Der Betrag einer reellen Zahl x ist definiert als x , falls x ≥ 0 |x| = −x , falls x < 0 Feststellung 3.4. (i) Positive Definitheit: |x| ≥ 0, |x| = 0 ⇐⇒ x = 0 (ii) Verträglichkeit mit Multiplikation: |xy| = |x||y| (iii) Dreiecksungleichung: |x + y| ≤ |x| + |y| 4. Natürliche Zahlen und vollständige Induktion Definition 4.1. Eine Teilmenge von R heißt induktiv, falls • 1∈M • (x ∈ M ⇒ (x + 1) ∈ M ) Die natürlichen Zahlen N sind diejenigen reellen Zahlen, die zu jeder induktiven Teilmenge gehören. N = {x ∈ R| x ∈ M für alle induktiven M } Es ergibt sich das Induktionsprinzip: (M induktiv) =⇒ (N ⊂ M ) P Rekursive Definitionen. Das Symbol nk=1 ak ist definiert durch 1 X ak := a1 k=1 n+1 X k=1 ak := n X k=1 7 ! ak + an+1 . Weil die Menge M := {n ∈ N| das Symbol Menge ist, gilt nach dem Induktionsprinzip Pn k=1 ak ist definiert} somit eine induktive N ⊂ M ⊂ N, bzw. M = N. Also ist n P ak für alle n ∈ N definiert und präzisiert die Gleichung k=1 n X X ak = a1 + a2 + a3 + . . . + an =: k=1 ak . k∈{1,...,n} Ähnlich definiert man rekursiv n Y ak = a1 · a2 · . . . an = k=1 Y ak k∈{1,...,n} n! = 1 · 2 · 3 · · · n , 0! = 1 xn = x | · x{z· · · x} n mal. Aussagen über natürliche Zahlen A(n). Um die Gültigkeit von A(n) für alle n ∈ N zu zeigen, genügt es, die Induktivität der Menge M = {n ∈ N| A(n) ist wahr} zu zeigen und das Induktionsprinzip anzuwenden. Viele Anwendungsbeispiele hierzu finden wir in der Kombinatorik. 5. Binomischer Lehrsatz und elementare Kombinotorik (x + y)0 (x + y)1 (x + y)2 (x + y)3 (x + y)4 = = = = = 1 x+y x2 + 2xy + y 2 x3 + 3x2 y + 3xy 2 + y 3 x4 + 4x3 y + 6x2 y 2 + 4xy 3 + y 4 Wir ordnen die Zahlen in einem Dreieck an: 1 1 1 1 1 Definiere induktiv n k 1 2 3 4 1 3 6 1 4 1 durch die k-te Zahl der n-ten Zeile, d.h. 0 1 k=0 := 0 sonst. k 8 n n n := + k k k+1 Satz 5.1. (Binomischer Lehrsatz) n (x + y) = n X n k=0 k xk y n−k Satz 5.2. (Bernoulische Ungleichung) Für x ≥ −1 und n ∈ N ist 1 + nx ≤ (1 + x)n Feststellung 5.3. n n! = (n − k)! k! k 00 für 0 ≤ k ≤ n Definition 5.4. Eine Ordnung auf einer Menge M ist eine Beziehung (Relation) a < b00 , die die folgenden Bedingungen erfüllt: Trichotomie: Es gilt genau eine der drei Aussagen x < y, x = y, y < x Transivität: a < b, b < c ⇒ a < c Feststellung 5.5. Sei M eine n-elementige Menge. Dann gibt es (i) n! Ordnungen auf M. n! (ii) (n−k))! geordnete Teilmengen von M mit k Elementen. n (iii) k Teilmengen von M mit k Elementen. 6. Die rationalen Zahlen Sei N ⊂ R die Menge der natürlichen Zahlen. Dann heißt Z := {x ∈ R| es gibt m, n ∈ N mit x = m − n} die Menge der ganzen Zahlen, und Q := {x ∈ R| es gibt p, q ∈ Z mit q 6= 0 und x = p/q} die Menge der rationalen Zahlen. Satz 6.1. Archimedisches Prinzip für Q. Zu jeder rationalen Zahl x gibt es eine natürliche Zahl n mit n > x. Satz 6.2. Es gibt keine rationale Zahl x mit x2 = 2. 9 7. Supremum und Infimum Definition 7.1. Sei M ⊂ R eine Teilmenge. Ein t ∈ R heißt obere Schranke für M , falls t ≥ x für alle x ∈ M gilt. (Ähnlich: untere Schranke.) Eine obere Schranke muss nicht existieren. Gibt es eine, so heißt M nach oben beschränkt. (Ähnlich: nach unten beschränkt.) Ist M nach oben durch t beschränkt, so auch durch jedes t0 > t. Es ist also nur interessant, möglichst kleine obere Schranken zu finden. Eine kleinste obere Schranke (oder Supremum) von M ist eine obere Schranke s von M mit s ≤ t für jede obere Schranke t von M . (Ähnlich: größte untere Schranke, Infinum.) Wenn es ein Supremum gibt, so ist dieses eindeutig. Notation: sup(M ). Merke: Es kann sup(M ) 6∈ M gelten. Ist sup(M ) ∈ M , so heißt sup(M ) auch Maximum von M . (Ähnlich: inf(M ), Minimum.) Nicht jede Menge M hat ein Supremum, selbst wenn sie nach oben beschränkt ist: Die leere Menge hat kein Supremum. Das Vollständigkeitsaxiom besagt, dass dieses die einzigen Gründe sind, kein Supremum zu haben. 8. Das Vollständigkeitsaxiom Dieses Axiom stellt sicher, dass es in der Menge der reellen Zahlen kleine “Lücken” gibt. Vollständigkeitsaxiom. Jede nichtleere nach oben beschränkte Menge reeller Zahlen hat ein Supremum. Existenz von Wurzeln. Sei y eine positive reelle Zahl. Dann gibt es genau eine positive reelle Zahl w mit w2 = y. √ Notation: w =: y. Feststellung 8.1. (Archimedisches Prinzip für R.) Zu jeder reellen Zahl x gibt es eine natürliche Zahl n mit n > x. 10 KAPITEL 2 Folgen und Reihen 1. Folgen und Konvergenz Definition 1.1. Sei M eine Menge. Eine Folge von Elementen aus M ist eine Abbildung N −→ M, n 7→ an also eine Vorschrift, gemäß welcher jeder natürlichen Zahl n ein Element an ∈ M zugeordnet wird. Schreibweise: (an )n∈N oder a1 , a2 , a3 , . . . Definition 1.2. Eine Folge reeller Zahlen (an ) heißt konvergent, falls es eine Zahl a gibt mit folgender Eigenschaft: Zu jedem > 0 existiert ein N ∈ N, so dass für alle n > N |an − a| < . a heißt Grenzwert oder Limes der Folge und wir schreiben lim an = a oder (an ) −→ a. Nicht konvergente Folgen heißen divergent. Feststellung 1.3. (i) (an ) konvergent ⇐⇒ für alle > 0 gilt an ∈ U (a) für fast alle n (alle bis auf endlich viele) (ii) (an ) divergent ⇐⇒ für alle a gibt es eine -Umgebung U (a), außerhalb welcher unendlich viele an sind. Quantorenschreibweise: ∀x ∈ M : A(x) :⇐⇒ {x ∈ M |A(x)} = M ∃x ∈ M : A(x) :⇐⇒ {x ∈ M |A(x)} = 6 φ es gilt: ¬(∀x ∈ M : A(x)) ⇐⇒ ∃x ∈ M : ¬A(x) ¬(∃x ∈ M : A(x)) ⇐⇒ ∀x ∈ M : ¬A(x) Konvergenz Divergenz ⇐⇒ ∃a ∈ R : ∀ > 0 : ∃N ∈ N : ∀n > N : |an − a| < ⇐⇒ ∀a ∈ R : ∃ > 0 : ∀N ∈ N : ∃n > N : |an − a| ≥ Hilfssatz 1.4. Für alle x > 0 gilt √ n x ≥ 1 ⇐⇒ x ≥ 1. 11 Hilfssatz 1.5. Sei (an ) eine Nullfolge und (bn ) eine Folge mit b n ≤ an . So ist auch (bn ) eine Nullfolge. Feststellung 1.6. Der Grenzwert einer konvergenten Folge ist eindeutig. Satz 1.7. Seien (an ) und (bn ) konvergente Folgen mit Grenzwerten a, b. Dann konvergieren (i) (an + bn ) −→ a + b. (ii) (an bn ) −→ a b (insbesondere (c an ) → c a). −1 (iii) (a−1 n ) −→ a , falls an 6= 0, a 6= 0 für alle n. (iv) (|an |) −→ |a|. Hilfssatz 1.8. Jede konvergierte Folge ist beschränkt, d.h. |an | ≤ C für ein C ∈ R. 2. Konvergenzkriterien für Folgen Definition 2.1. Eine Folge (an ) heißt monoton steigend (bzw. fallend), wenn gilt (bzw. an ≤ an+1 an ≥ an+1 für alle n ∈ N für alle n ∈ N) Gilt sogar an < an+1 , so heißt (an ) streng monoton. Satz 2.2. (Monotone Konvergenz) Jede monotone, beschränkte Folge konvergiert. Es gilt sup{an |n ∈ N}, falls (an ) monoton steigend lim an = inf{an |n ∈ N}, falls (an ) monoton fallend. n→∞ Bemerkung 2.3. konvergent =⇒ beschränkt konvergent ⇐= beschränkt und monoton Die Umkehrungen gelten im Allgemeinen nicht. Definition 2.4. Sei (an ) eine Folge und (mn ) eine streng monoton wachsende Folge natürlicher Zahlen. Dann nennt man die Folge (bn ) mit bn = amn eine Teilfolge von (an ). Satz 2.5. (Bolzano-Weierstraß) Jede beschränkte Folge hat eine konvergente Teilfolge. 12 Definition 2.6. Eine Folge (an ) heißt Cauchyfolge, wenn es zu jedem > 0 ein N ∈ N gibt, so daß |an − am | < für alle n, m ≥ N. Satz 2.7. (Cauchykriterium) Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchyfolge ist. Das Chauchykriterium erlaubt es, Konvergenzfragen zu beantworten ohnen einen möglichen Grenzwert zu kennen! P n+1 Hilfssatz 2.8. nk=0 q k = 1−q 1−q Das Chauchykriterium und der Satz von Bolzano-Weierstraß beruhen auf der durch die Existenz des Supremums formulierten Vollständigkeit der reellen Zahlen. Tatsächlich ist jede dieser Aussagen äquivalent zum Vollständigkeitsaxiom. Alle Charakterisierungen der Vollständigkeit führen zu einer Konstruktion von R aus Q, z.B. mit dem Chauchykriterium ist R = {(xn )| xn ∈ Q, (xn ) ist Cauchyfolge }/ ∼ (xn ) ∼ (yn ) :⇐⇒ (xn − yn ) ist Nullfolge . 3. Reihen Definition 3.1. Sei (an ) eine Folge. Dann heißt die Folge (Sn ) der Partialsummen n X Sn = ak k=1 die Reihe mit Gliedern ak . ∞ ∞ P P Schreibweise: ak := (Sn ) und ak := limn→∞ Sn , falls (Sn ) konvergiert. k=1 k=1 Feststellung 3.2. Ist ( ∞ P ak ) konvergent, so ist (an ) eine Nullfolge. Die Umkehrung k=1 gilt nicht immer. P k Definition 3.3. Eine Potenzreihe ist eine Reihe der Form ( ∞ k=0 ak x ). Wir bemerken: Solange wir x nicht durch eine reelle Zahl ersetzt haben, können wir nicht von Konvergenz sprechen. 4. Konvergenzkriterien für Reihen Satz 4.1. (Absolute Konvergenz) P P Eine Reihe ( an ) konvergiert, wenn die Reihe der Absolutbeträge ( |ak |) konvergiert. Letztere konvergiert genau dann, wenn sie eine obere Schranke (Majorante) hat. Die Umkehrung des Satzes ist i.a. nicht richtig: ∞ P k=0 13 (−1)k k konvergiert wegen: Satz 4.2. (Leibnizkriterium) Sei (ak ) eine monoton fallende Nullfolge mit ak ≥ 0. Dann konvergiert die alternierende Reihe ∞ X (−1)k ak . k=0 Folgerung 4.3. (Majorantenkriterium) ∞ ∞ P P Sei 0 ≤ an ≤ bn und ( bk ) konvergent. Dann konvergiert auch ( ak ). k=0 k=0 Folgerung 4.4. (Konvergenz von Potenzreihen) Sei (ak xk ) für jedes x ∈ R eine Nullfolge. Dann konvergiert die Potenzreihe ( ∞ P ak x k ) k=0 absolut für alle x. Folgerung 4.5. (Quotientenkriterium) ∞ P Sei ( ak ) eine Reihe mit ak 6= 0 für alle k und 0 < q < 1 eine Zahl mit k=0 |ak+1 | ≤q |ak | Dann konvergiert ( ∞ P für alle k. ak ) absolut. k=0 Folgerung 4.6. (Wurzelkriterium) P √ Sei ak ≥ 0 und 0 ≤ q < 1 eine Zahl mit k ak ≤ q für alle k. Dann konvergiert ( ak ). Satz 4.7. (l-adische Bruchentwicklung) Sei l ∈ N, l ≥ 2. Dann läßt sich jede reelle Zahl x schreiben in der Form ∞ X x=± ak l−k k=−m für gewisse m ∈ Z, ak ∈ {0, 1, . . . , l − 1}. Die Darstellung ist eindeutig, wenn ak 6= l − 1 für unendlich viele k gilt. 14 KAPITEL 3 Abbildungen, Mächtigkeit und Umordnungen 1. Abbildungen Definition 1.1. Seien M, N Mengen. Eine Abbildung f : M −→ N ist eine Vorschrift, gemäß welcher jedem x ∈ M ein eindeutig bestimmtes Element y ∈ N zugeordnet wird. Schreibweise: y = f (x) oder x 7→ y. Die Menge {(x, y) ∈ M × N )| y = f (x)} heißt der Graph von f . Abbildungen, deren Zielbereich die reellen Zahlen sind, heißen auch Funktionen. Definition 1.2. Eine Abbildung f : M −→ N heißt • injektiv (eindeutig), falls gilt f (x) = f (x0 ) =⇒ x = x0 (bzw. äquivalent x 6= x0 =⇒ f (x) 6= f (x0 )) • surjektiv (Abbildung auf N ), falls gilt y ∈ N =⇒ es gibt eine x ∈ M mit f (x) = y. • bijektiv (umkehrbar eindeutig), falls f injektiv und surjektiv ist. In diesem Fall schreiben wir f −1 : N −→ M für die Umkehrabbildung y 7→ x, wobei f (x) = y. Definition 1.3. Seien X, Y, Z Mengen und f : X −→ Y, g : Y −→ Z Abbildungen. Dann heißt die Abbildung g ◦ f : X −→ Z, x 7→ g(f (x)) die Komposition (Hintereinanderausführung) von f und g. 2. Mächtigkeit Definition 2.1. Zwei Mengen M, N heißen gleichmächtig, wenn es eine bijektive Abbildung f : M −→ N gibt. 15 Schreibweise. M ∼ N :⇐⇒ M, N gleichmächtig. Mengen M mit M ∼ N heissen abzählbar. Mengen ohne diese Eigenschaft heissen überabzählbar. Feststellung 2.2. Eine nichtleere Menge M ist genau dann abzählbar, wenn es eine injektive Abbildung f : M −→ N gibt. Feststellung 2.3. R ist überabzählbar, Q abzählbar. 3. Umordnungssätze Satz 3.1. (Kleiner Umordnungssatz) Gegeben sei eine Bijektion (Umordnung) k 7→ nk der natürlichen Zahlen in sich. Sei ∞ P ( ak ) eine absolut konvergente Reihe. Dann konvergiert die umgeordnete Reihe k=1 ∞ X ank k=1 ebenfalls absolut und gegen denselben Grenzwert. P Bemerkung 3.2. Falls ( an ) konvergiert, aber nicht absolut konvergiert, so kann man zeigen, dass es zu x ∈ R eine Umordnung gibt, so dass ∞ X ank = x. k=1 Definition 3.3. Sei S eine abzählbare Menge und a : S −→ R s 7→ as eine Abbildung. In Analogie zu Folgen schreibt man a = (as )s∈S und nennt a eine Schar von reellen Zahlen parametrisiert durch S. Definition 3.4. Eine Schar (as )s∈S heißt summierbar, wenn S endlich ist, oder es ∞ P eine Bijektion σ : N −→ S gibt, so dass die Reihe ( aσk ) absolut konvergiert. Man k=1 P schreibt dann as für den Grenzwert. s∈S Bemerke: Wenn (as ) summierbar ist, so konvergiert nach dem kleinen Umordnungssatz die Reihe für alle Anordnungen von S gegen denselben Wert. Satz 3.5. (großer Umordnungssatz) Sei (Sn )n∈N eine Zerlegung von S, d.h. S = S1 ∪ S2 ∪ S 3 ∪ . . . = [ n∈N 16 Sn und Si ∩ Sj = ∅ für i 6= j. Sei (as )s∈S summierbar. Dann ist (i) (as )s∈Sn für jedes n summierbar. ∞ P P (ii) ( ( as )) absolut konvergent k=1 s∈Sk ∞ P P P (iii) ( as ) = as . Umgekehrt folgt aus den Summierbarkeiten von (as )s∈Sn s∈S k=1 s∈SP k und ( ) die Summierbarkeit von (as )s∈S . s∈Sn Folgerung 3.6. Sind (as )s∈S , (bt )t∈T summierbar, so auch (as · bt )(s,t)∈S×T und X X X ( as )( bt ) = as bt s∈S t∈T (s,t)∈S×T P P Folgerung 3.7. Sind ( a ) und ( bk ) absolut konvergente Reihe, so ist k P ( ai bj )n∈N absolut konvergent und i+j=n ∞ ∞ X X X X ( an )( bn ) = ( ai b j ) k=1 k=n k i+j=k Anwendung: Exponentialgleichung ∞ X X xi y j exp(x)exp(y) = i! j! k=0 i+j=k ∞ X k X xi y k−i = i! k − i! k=0 i=0 | {z } (ki) xi yk−i k! = ∞ X (x + y)k k=0 17 k! = exp(x + y). KAPITEL 4 Stetigkeit 1. Der Begriff der Stetigkeit Definition 1.1. Sei D ⊂ R und f : D −→ R eine Funktion. Dann heißt f stetig in a ∈ D, falls für jede Folge (an ) mit an ∈ D und an → a gilt: lim f (an ) = f (a). n→∞ Man schreibt in diesem Fall auch lim f (x) = f (a). x→a f heißt stetig, falls f stetig in allen a ∈ D ist. Feststellung 1.2. f ist genau dann stetig in a ∈ D, falls gilt: Zu jedem > 0 gibt es ein δ > 0, so dass für alle x ∈ D mit |x − a| < δ gilt |f (x) − f (a)| < . Satz 1.3. Sind f, g : D −→ R stetig in a ∈ D, so auch f +g : f ·g : λ·f : 1/f : |f | : D D D D D −→ R −→ R −→ R −→ R −→ R , , , , , x 7→ f (x) + g(x) x 7→ f (x) · g(x) x 7→ λf (x) , λ ∈ R x 7→ f (x)−1 , falls f (x) 6= 0 x 7→ |f (x)|. Folgerung 1.4. Jede rationale Funktion, d.h. Funktion der Form f /g : D −→ R x 7→ f (x)/g(x) mit Polynomen f, g und D = {x| g(x) 6= 0} ist stetig. Satz 1.5. Seien f : D −→ R, g : D0 −→ R stetig und f (D) ⊂ D0 . Dann ist auch g ◦ f : D −→ R stetig. 2. Eigenschaften stetiger Funktionen Es bezeichne [a, b] := {x ∈ R | a ≤ x ≤ b} ein abgeschlossenes beschränktes Intervall. 19 Satz 2.1. (Zwischenwertsatz) Sei f : [a, b] −→ R stetig. Dann nimmt f jeden Wert zwischen f (a) und f (b) an. Bemerkung 2.2. Wenden wir den Zwischenwertsatz auf die stetige Funktion f : [0, 1 + a] −→ R x 7−→ xn − a für ein a ≥ 0 an, so finden wir zu jedem Wert y zwischen f (0) = −a und f (1 + a) = (1 + a)n − a ≥ 1 + (n − 1)a ≥ 1 ein Urbild, insbesondere also für y = 0. Es gibt also eine Zahl w ∈ [0, 1 + a] mit wn = a, d.h. eine n-te Wurzel von a. Folgerung 2.3. Sei f : [0, 1] −→ [0, 1] eine stetige Selbstabbildung des Einheitsintervalls. Dann gibt es ein c ∈ [0, 1] mit f (c) = c (Fixpunkt). Folgerung 2.4. Jedes relle Polynom ungeraden Grades hat eine reelle Nullstelle. Definition 2.5. Wir schreiben die folgenden Symbole für Intervalle: (a, b) (a, b] (a, ∞) [a, ∞) entsprechend: := := := := {x ∈ R|a < x < b} offenes Intervall {x ∈ R|a < x ≤ b} halboffenes Intervall {x ∈ R|a < x} uneigentliches, offenes Intervall {x ∈ R|a ≤ x} uneigentliches, abgeschl. Intervall (−∞, b), (−∞, b), [a, b], [a, b], (−∞, ∞) Folgerung 2.6. Das Bild eines Intervalls unter einer stetigen Funktion ist ein Intervall. Satz 2.7. f : [a, b] −→ R stetig. Dann ist f beschränkt und nimmt auf [a, b] ein Maximum und Minimum an, d.h. f [a, b] = [inf(f [a, b]), sup(f [a, b])] Feststellung 2.8. Eine stetige Funktion auf einem Intervall ist genau dann injektiv, wenn sie streng monoton ist. Feststellung 2.9. Ist f : I −→ R eine streng monotone Funktion auf dem Intervall I, so ist f stetig, wenn das Bild J = f (I) ein Intervall ist. Folgerung 2.10. Ist f : I −→ R stetig und injektiv, so ist die Umkehrfunktion f −1 : J = f (I) −→ I ⊂ R stetig. Wir betrachten die Funktion f : R −→ R x 7−→ xn 20 Fall 1: n ungerade. f (R) = R, denn ist y ∈ R und y ≥ 0, so gibt es ein x = √ f (x) = y. Ist y < 0, so erfüllt x = − n −y √ f (x) = (− n −y)n = −(−y) = y. √ n y mit Weil f streng monoton ist, ist f bijektiv und f −1 : R −→ R √ x 7−→ n x ist stetig . Fall 2: n gerade: xn = (−x)n für alle x also ist f nicht injektiv. Die eingeschränkte Funktion f : [0, ∞) −→ [0, ∞) x 7−→ xn ist streng monoton und stetig. Also ist auch die Umkehrfunktion f −1 : [0, ∞) −→ [0, ∞) √ x 7→ n x stetig. 3. Gleichmäßige Konvergenz Definition 3.1. Eine Folge von Funktionen (fn : D −→ R)n∈N konvergiert punktweise gegen f : D −→ R, wenn für jedes x ∈ D gilt (fn (x)) → f (x). Die Folge (fn ) konvergiert gleichmäßig gegen f , wenn sie punktweise konvergiert und die Zahl N unabhängig von x gewählt werden kann, d.h. zu jedem > 0 gibt es ein N ∈ N mit |fn (x) − f (x)| < für alle n ≥ N, x ∈ D. Satz 3.2. Jeder gleichmäßige Limes stetiger Funktionen sind stetig. Folgerung 3.3. Die Exponentialfunktion exp : R −→ R ist stetig, streng monoton steigend und exp(R) = (0, ∞). Definition 3.4. Die Umkehrfunktion von exp : R −→ (0, ∞) heißt Logarithmus log : (0, ∞) −→ R. Folgerung 3.5. log ist stetig, streng monoton steigend und es gilt log(xy) = log(x) + log(y). Definition 3.6. Für a > 0 heißt die Funktion f : R −→ R x 7−→ ax := exp(x · log(a)) Exponentialfunktion zur Basis a. 21 Feststellung 3.7. (Exponentialgesetze) ax+y = ax · ay ax bx = (a · b)x (ax )y = ax·y Satz 3.8. Setze r = sup{x ∈ R| (an xn )n∈N beschränkt }, P wobei der Wert ∞ zugelassen sei. Dann konvergiert die Potenzreihe ak xk absolut für |x| < r, divergiert für |x| > r und konvergiert gleichmäßig auf [−r + , r − ] für jedes > 0. Die Zahl r heißt Konvergenzradius. 4. Winkelfunktionen Definition 4.1. Eine Folge (an )n∈N komplexer Zahlen konvergiert gegen a ∈ C, falls für jedes > 0 gilt |an − a| < für fast alle n. P Eine Folge von Partialsummen ( nk=1 ak )n∈N mit ak ∈ C heißt Reihe komplexer Zahlen. ∞ P Falls sie konvergiert, schreibt man ak für den Grenzwert. k=0 Feststellung 4.2. Eine Folge in C konvergiert genau dann, wenn die reellen Folgen (Re(an ))n∈N und (Im(an ))n∈N konvergieren. In diesem Fall ist lim an = lim Re(an ) + i lim Im(an ) n n P P Folgerung 4.3. Konvergiert |an | so auch an . n→∞ Satz 4.4. exp(z + w) = exp(z) · exp(w) für alle z, w ∈ C. Für z = x + iy ist ez = |{z} ex · reell eiy |{z} im Einheitskreis denn |eiy | = eiy · eiy = eiy e−iy = e0 = 1 Definition 4.5. ∞ k k ∞ X X i x (−1)k x2k cos(x) : = Re(e ) = Re( )= k! (2k)! k=0 k=0 ix ∞ k k ∞ X X i x (−1)k x2k+1 sin(x) : = Im(e ) = Im( )= k! (2k + 1)! k=0 k=0 ix Es gilt die Eulergleichung: eix = cos(x) + i sin(x) 22 Feststellung 4.6. (Additionstheoreme) cos(x + y) = cos(x) cos(y) − sin(x) sin(y) sin(x + y) = sin(x) cos(y) + cos(x) sin(y) Feststellung 4.7. (Die Zahl π) Die Menge N = {x ∈ (0, ∞)| cos(x) = 0} ist nicht leer. Für π := 2 inf(N ), ist cos( π2 ) = 0. Elementare Eigenschaften. • 0 < π < 4, denn cos(2) < 0. • cos(x) > 0 für 0 ≤ x < π2 . cos(−x) = cos(x) • wegen e−ix = eix sin(−x) = − sin(x) • sin(x) > 0 für x > 0 genügend klein denn 2 4 limx→0 sin(x) = limx→0 (1 − x3! + x5! + . . .) = 1 x p • sin( π2 ) = 1, denn | sin( π2 )| = 1 − cos( π2 )2 = 1 und aus π π 0 < cos( − x) = − sin( ) sin(−x) = sin(x) 2 2 • • • • • • für kleine, positve x, folgt somit sin( π2 ) = 1. cos( π2 − x) = sin(x) cos(π − x) = − cos(x) cos(2π + x) = cos(x) sin(2π + x) = sin(x) cos ist streng monoton fallend im Intervall [0, π2 ] sin(x) tan : (− π2 , π2 ) −→ R, x 7→ cos(x) ist streng monoton steigend und surjektiv. Die Umkehrfunktion heisst arc tan : R −→ (− π2 , π2 ) 23 KAPITEL 5 Integral- und Differentialrechnung 1. Das Riemann Integral Definition 1.1. Eine Abbildung f : [a, b] −→ R heißt Treppenfunktion, wenn es eine Zerlegung des Intervalls a = a0 < a1 < . . . < an = b gibt, so dass f auf Ik = (ak−1 , ak ) für k = 1, . . . , n konstant ist. Für solche f setzen wir Zb f (x)dx := n X ck (ak − ak−1 ) k=1 a falls f (x) = ck für x ∈ Ik . Hilfssatz 1.2. (Wohldefiniertheit) Die obige Definition hängt nicht von der Wahl der Zerlegung von [a, b] ab. Definition 1.3. Eine beschränkte Funktion f : [a, b] −→ R heißt (Riemann)integrierbar, falls das Oberintegral Zb Zb ϕ(x)dx| ϕ ≥ f, ϕ Treppenfunktion } f (x)dx = inf{ a a gleich dem Unterintegral Zb Zb f (x)dx = sup{ ϕ(x)dx| ϕ ≤ f, ϕ Treppenfunktion } a a ist. In diesem Fall schreiben wir hierfür Ra f (x)dx. a Satz 1.4. Jede stetige Funktion ist integrierbar. Hilfssatz 1.5. Stetige f sind auf [a, b] gleichmäßig stetig, d.h. ∀ > 0 : ∃δ > 0 : ∀x, y ∈ [a, b] : |x − y| < δ =⇒ |f (x) − f (y)| < (d.h. δ ist nicht von x abhängig). 25 Feststellung 1.6. Zu jeder stetigen Funktion f : [a, b] −→ R gibt es eine Folge von Treppenfunktionen ϕn : [a, b] −→ R, die gleichmäßig gegen f konvergiert. Feststellung 1.7. Konvergiert (fn ) auf [a, b] gleichmäßig gegen f und sind alle fn integrierbar, so auch f . Satz 1.8. Monotone Funktionen sind integrierbar. 2. Eigenschaften des Integrals Satz 2.1. Sind f, g : [a, b] −→ R integrierbar, so sind auch f + g, f · g, (f ), f|[a,c] für a ≤ c ≤ b integrierbar und es gelten die folgenden Aussagen: • Linearität: Zb Zb Zb (f + g)(x)dx = f (x)dx + f (x)dx a a a Zb Zb C · f (x) = C · a f (x) a • Intervalladditivität: a ≤ c < b Zb Zc Zb f (x)dx = f (x)dx + f (x)dx. a a c Umgekehrt folgt aus der Integrierbarkeit auf [a, c] und [c, b] die Integrierbarkeit auf [a, b]. • Montonie: Für f ≤ g ist Zb Zb f (x)dx ≤ g(x)dx. a a Zb Zb • Dreiecksungleichung: | f (x)dx| ≤ a |f (x)|dx a 26 • Stetigkeit: Ist (fn ) −→ f gleichmäßig, fn integrierbar, so ist Zb lim Zb fn (x)dx = n a f (x)dx. a Merke: Auf gleichmäßige Konvergenz darf bei der Stetigkeit nicht verzichtet werden. 3. Die Ableitung Definition 3.1. Sei I ein nicht ausgeartetes Intervall (|I| 6= 1) und a ∈ I. Eine Abbildung f : I −→ R heißt differenzierbar in a ∈ I, falls f (a + h) − f (a) lim existiert h−→0 h h6=0 (d.h. der Limes des Differenzenquotienten soll für alle Nullfolgen (hn ) −→ 0 mit hn 6= 0, hn ∈ I existieren. Er nimmt dann für alle den gleichen Wert an und diesen nennen wir f 0 (a).) Die Zahl f 0 (a) heißt die Ableitung von f in a. Ist f in jedem a ∈ I differenzierbar, so heißt f differenzierbar und die Ableitung definiert eine Funktion f0 : I −→ R a 7−→ f 0 (a) Feststellung 3.2. Ist f differenzierbar in a, so ist f auch stetig in a. Satz 3.3. Sind f, g : I −→ R differnzierbar in a ∈ I, so sind auch f + g, f − g, und 1/f (letzteres falls 1/f (a) 6= 0) differenzierbar in a und es gelten: • Linearität (f + g)0 (a) = f 0 (a) + g 0 (a) (cf )0 (a) = cf 0 (a) • Produktregel (f · g)0 (a) = f 0 (a) · g(a) + f (a) · g 0 (a) • Quotientenregel 0 1 f 0 (a) (a) = − f f (a)2 0 g f (a)g 0 (a) − g(a)f 0 (a) bzw. (a) = f f (a)2 Satz 3.4. (Kettenregel) Sind f : I −→ R differenzierbar in a und g : I 0 −→ R differenzierbar in a0 = f (a), so ist g ◦ f differenzierbar in a und es gilt (g ◦ f )0 (a) = g 0 (f (a))f 0 (a). 27 Hilfssatz 3.5. Ist f differenzierbar in a ∈ I, so ist die Funktion f (a+h)−f (a) , h 6= 0 h ϕ(h) = 0 f (a) , h=0 stetig in 0. Satz 3.6. (Satz über die Umkehrfunktion) Sei f : I −→ R injektiv, stetig, differenzierbar in a ∈ I, f 0 (a) 6= 0. Dann ist die Umkehrfunktion g : f (I) −→ R in a0 = f (a) differenzierbar und es gilt 1 1 0 0 0 g (a ) = 0 bzw. g (x) = 0 f (a) f (g(x)) 4. Kurvendiskussion und Mittelwertsätze Definition 4.1. Sei I ein Intervall und f : I −→ R gegeben. f hat in a ∈ I • ein lokales Maximum, wenn es eine -Umgebung U = (a − , a + ) von a gibt, so dass f (x) ≤ f (a) für alle x ∈ U ∩ I. • ein lokales Minimum, wenn f (x) ≥ f (a) für alle x ∈ U ∩ I. Satz 4.2. Sei a ∈ I kein Randpunkt des Intervalls, f differenzierbar in a und a ein Extrempunkt (lokales Maximum oder Minimum), so gilt f 0 (a) = 0. Satz 4.3. (Monotonie und Ableitung) Sei f : [a, b] −→ R stetig und differenzierbar in (a, b). • f steigt genau dann monoton, wenn f0 ≥ 0 auf (a, b) • die Monotonie ist strikt, wenn f 0 > 0 • f ist genau dann konstant, wenn f 0 = 0. Satz 4.4. (Satz von Rolle) Unter den obigen Voraussetzungen an f und der Annahme f (a) = f (b) = 0 folgt: es gibt ein c ∈ (a, b) mit f 0 (c) = 0. Folgerung 4.5. (Mittelwertsatz der Differentialrechnung) Seien f, g : [a, b] −→ R stetig, differenzierbar in (a, b). Dann gibt es ein c ∈ (a, b) mit f 0 (c) (g(b) − g(a)) = g 0 (c) (f (b) − f (a)). Insbesondere für g(x) = x f 0 (c) (b − a) = f (b) − f (a) Folgerung 4.6. (Existenz von Extremwerten) Sei f : (a, b) −→ R zweimal differenzierbar (d.h. f, f 0 seien differnzierbar) und sei c ∈ (a, b) mit f 0 (c) = 0. Dann hat f ein lokales Minimum, falls f 00 (c) > 0. Die Abbildung f hat ein lokales Maximum, falls f 00 (0) < 0. 28 Folgerung 4.7. (Regel von de l’Hospital) Seien f, g : I −→ R differnzierbar in a ∈ I und es gelte f (a) = g(a) = 0 und g 0 (x) 6= 0 für x 6= a. Existiert f 0 (x) lim , x→a g 0 (x) x6=a so auch f (x) lim x→a g(x) x6=a und beide stimmen überein. 5. Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung Definition 5.1. Eine Stammfunktion von f : I −→ R ist eine differenzierbare Funktion F : I −→ R mit F 0 = f. Feststellung 5.2. Falls f eine Stammfunktion hat, so ist sie eindeutig bis auf eine Konstante. Satz 5.3. (Hauptsatz Differential- und Integralrechnung) (i) Ist f : I −→ R stetig, so ist für jedes a ∈ I die Funktion Zx F (x) = f (t)dt a eine Stammfunktion von f . (ii) Jede Stammfunktion F erfüllt: Zb f (x)dx = F (b) − F (a). a Schreibweise: für b < a sei hierbei Zb Za f (x)dx = − f (x)dx. a Wir setzen ausserdem: F |ba b = F (b) − F (a). Satz 5.4. (Mittelwertsatz der Integralrechnung) Ist a < b und f : [a, b] −→ R stetig. Dann gibt es ein c ∈ [a, b] mit Zb f (x)dx = f (c)(b − a) a 29 Folgerung 5.5. Ist f differenzierbar mit stetiger Ableitung f 0 (stetig differenzierbar), so gilt Zb f 0 (x)dx = f (b) − f (a) a Folgerung 5.6. (Partielle Integration) Sind u, v : [a, b] −→ R stetig differenzierbat, so gilt Zb u0 (x)v(x)dx = u · v|ba − a Zb u(x)v 0 (x)dx a Folgerung 5.7. (Substitutionsregel) Seien f : I −→ R stetig und ϕ : [a, b] −→ I differenzierbar. Dann gilt Zb Zϕ(b) f (ϕ(u))ϕ0 (u)du = f (x)dx. a ϕ(a) Folgerung 5.8. (Integral der Umkehrfunktion) Ist f : [a, b] −→ [f (a), f (b)] streng monoton steigend und differenzierbar, dann gilt für die Umkehrfunktion Zf (b) Zb f −1 (x)dx = bf (b) − af (a) − f (x) a f (a) 6. Vertauschung von Limetes und Ableitung Satz 6.1. Sei (fn ) eine Folge stetig differenzierbarer Funktionen auf I mit (i) (fn0 ) gleichmäßig konvergent (ii) fn (a) konvergent für ein a ∈ I. Dann konvergiert (fn ) gegen eine differenzierbare Funktion f und f 0 = lim fn0 . Folgerung 6.2. Potenzreihen f (x) = ∞ P ak xk sind im Inneren ihres Konvegenzradius k=0 (d.h. für |x| < r) differenzierbar und es gilt ∞ X 0 ak k xk−1 f (x) = k=1 30 7. Uneigentliche Integrale Wir möchten Reihen als Integrale auffassen, um hierdurch neue Konvergenzkriterien zu entwickeln. Beispielsweise werden wir hiermit zeigen: ∞ X k −s konvergiert für s > 1 k=1 Die Idee hierbei ist, dass man Partialsummen als Integrale über Treppenfunktionen auffassen kann: N Z +1 N X −s k = f (x)dx mit f (x) = k −s k ≤ x < k + 1. k=1 1 Also gilt für x ≥ 2, s > 1 N N N Z +1 Z +1 Z +1 ZN −s −s (x − 1) dx = x−s dx f (x)dx ≤ x dx ≤ 2 2 2 und 1 N (N + 1)−s+1 − 2−s+1 X −s N −s+1 − 2−s+1 ≤ n ≤ −s + 1 −s + 1 k=1 ∞ P Wir schliessen hieraus, dass k −s beschränkt und also konvergent ist. Ausserdem sehen k=1 wir lim (s − 1) s→1 ∞ X s>1 k −s = 1 k=1 Die Funktion ρ(s) := ∞ X k −s k=1 heißt Riemannsche ρ-Funktion. Wir zeigen später teilweise: 4 2 π6 (i) ρ(2) = π6 , ρ(4) = π90 , ρ(6) = 945 (ii) ρ(s)(s − 1) hat eine Entwicklung als Potenzreihe, die in ganz C konvergiert. Man würde gerne zeigen: (Riemannsche Vermutung) 1 ρ(s)(s − 1) 6= 0 für alle s ∈ C mit Re(s) > . 2 Definition 7.1. Sei [a, b) ein halboffenes Intervall (b = ∞ zugelassen), sei f : [a, b) −→ R so, dass f |[a,x] für alle x < b integrierbar ist. Dann ist das uneigentliche Integral von f definiert als Zb Zx f (x)dx := lim f (t)dt x−→b a a 31 falls der Limes über die ”Partialintegrale” existiert. Für f : (a, b) −→ R, wobei a = −∞ zugelassen ist, setzt man analog Zb Zc Zx f (x)dx = lim f (t)dt + lim f (t)dt x→a a x→b x c nach einer Wahl von c ∈ (a, b), falls beide Limiten existieren. (Beachte, dass diese Definition nicht von c abhängt.) f : I −→ R heißt absolut integrierbar, falls f auf jedem abgeschlossenen, beschränkten Teilintervall integrierbar ist und |f | uneigentlich integrierbar ist. Satz 7.2. (Majorantenkriterium) Ist 0 ≤ |f | ≤ g für ein uneigentlich integrierbares g, so ist auch f uneigentlich integrierbar. Folgerung 7.3. (Integralkriterium) ∞ P Sei ak eine Reihe und g : [a, ∞) −→ R eine Funktion mit k=1 (i) |an | ≤ g(x) für n ≤ x < n + 1 (ii) g uneigentlich integrierbar. Dann konvergiert die Reihe. Beispiel 7.4. Für x > 0 ist das uneigentliche Integral Z ∞ Γ(x) := e−t tx−1 dt 0 definiert. Feststellung 7.5. (Funktionalgleichung für Γ) Für x > 0 gilt Γ(x + 1) = xΓ(x) insbesondere für n ∈ N gilt wegen Γ(1) = 1 Γ(n) = (n − 1)! 32 KAPITEL 6 Approximationen 1. Polynomiale Approximationen Satz 1.1. (Approximationssatz von Weierstraß) Sei f : [a, b] −→ R stetig. Zu jedem > 0 gibt es ein Polynom p, so dass |f (x) − p(x)| < für alle x ∈ [a, b]. Mit anderen Worten, jede stetige Funktion auf einem kompakten Intervall ist gleichmäßiger Limes von Polynomen. Definition 1.2. Eine Dirac-Folge ist eine Folge von stetigen Funktionen δn : R −→ R mit (i) δn ≥ 0 R∞ (ii) δn (t)dt = 1 für jedes n −∞ (iii) Für jedes > 0 und δ > 0 gilt für fast alle n Zδ δn (t)dt > 1 − . −δ Satz 1.3. (Diracapproximation) Sei f : R −→ R beschränkt, integrierbar auf jedem kompakten Intervall und auf [a, b] stetig. Sei (δn ) eine Dirac-Folge. Dann konvergiert die Funktionenfolge Z∞ fn (x) = f (x)δn (x − t)dt −∞ gleichmäßig auf [a, b] gegen f . 2. Taylorreihen Sei f : I −→ R eine Funktion und a ∈ I. Unter welchen Voraussetzungen ist f darstellbar in der Nähe von a durch eine Potenzreihe, d.h. X f (x) = ak (x − a)k . Ist f in ganz I darstellbar, so nennt man f reell analytisch. 33 Feststellung 2.1. Ist f (x) = ∞ P ak (x − a)k für |x − a| < r, so ist k=0 Hierbei bezeichnet f (k) (a) = ak = d k f (k) (a) für k = 0, 1, 2, . . . k! f die k-te Ableitung von f in a. P P Folgerung 2.2. Stellen zwei Potenzreihen ak (x − a)k , bk (x − a)k die gleiche Funktion in einer Umgebung von a dar, so ist an = bn für alle n. dx |a Definition 2.3. Ist f in einer Umgebung von a n-mal differenzierbar, so heißt n X f (k) (a) k Tn (x) = x k! k=0 das n-te Taylorpolynom von f in a. Für n = ∞ spricht man von der Taylorreihe. Satz 2.4. (Taylorformel) Ist f : I −→ R (n + 1)-mal stetig ableitbar in a ∈ I, so gilt Zx 1 f (x) = Tn (x − a) + (x − t)n f (n+1) (t)dt. n! a Folgerung 2.5. Für das Restglied 1 Rn (x) = n! Zx (x − t)n f (n+1) (t)dt a gilt lim Rn (x) = 0 ⇐⇒ f (x) = n−→∞ ∞ X an (x − a)n n=0 Satz 2.6. (Binomische Reihe) Für alle α ∈ R, |x| < 1 gilt α (1 + x) = ∞ X α n=0 n xn . mit α α(α − 1) . . . (α − k + 1) = k k! α = 1. 0 Merke: Taylorreihen müssen im allgemeinen nicht konvergieren. Selbst wenn sie konvergieren, müssen sie nicht gegen f konvergieren. 34 Satz 2.7. (Lagrange Restglied) Rn (x) = f (n+1) (c) (x − a)n+1 (n + 1)! für ein c zwischen a, x. 3. Trigonometrische Approximation Definition 3.1. Eine Funktion f : R −→ R heißt 2π-periodisch, falls f (x + 2π) = f (x) gilt für alle x. Beispiel 3.2. Trigonometrische Polynome sind Funktionen der Form ∞ a0 X f (t) = + ak cos(kt) + bk sin(kt) 2 k=1 bzw. in komplexer Schreibweise f (x) = n X ck eikx . k=−n Feststellung 3.3. Sind f und g trigonometrische Polynome, so auch f + g und f · g. Satz 3.4. (Trigonometrische Approximation) Zu > 0 und jeder stetigen 2π-periodischen Funktion f gibt es ein trigonometrisches Polynom g, so dass |f (x) − g(x)| < für alle x ∈ R. Mit anderen Worten: f ist gleichmäßiger Limes von trigonometrischen Polynomen. Hilfssatz 3.5. (Weierstraß Approximation in 2 Variablen) Zu > 0 und zu jeder stetigen Funktion f : [a, b] × [c, d] −→ R P gibt es ein Polynom in 2 Variablen p(x, y) = nk,l=1 akl xk y l mit |f (x, y) − p(x, y)| < . Hilfssatz 3.6. Jedes stetige f : [a, b] × [c, d] −→ R ist (i) beschränkt (ii) gleichmäßig stetig, d.h. zu > 0 gibt es δ > 0 mit |f (x, y) − f (x0 , y 0 )| < für |x − x0 | < δ und |y − y 0 | < δ. 35 4. Fourierpolynome Wie findet man zu einer stetigen, 2π-periodischen Funktion ein gut approximierendes trigonometrisches Polynom? P Feststellung 4.1. Ist f (x) = a20 + nk=1 ak cos(kx) + bk sin(kx) ein trigonometrisches Polynom, so gilt Z2π 1 ak = f (x) cos(kx)dx π 0 1 bk = π Z2π f (x) sin(kx)dx 0 Ist f (x) in der Form P ikx ck e gegeben, so gilt Z2π 1 ck = f (x)e−ikx dx 2π 0 Insbesondere sind die Koeffizienten eindeutig durch die Funktion bestimmt. Definition 4.2. Ist f eine 2π-periodische, integrierbare Funktion, so definiert man den k-ten Fourierkoeffizient durch Z2π 1 fˆ(k) = f (x)e−ikx dx. 2π 0 Das n-te Fourierpolynom von f ist das trigonometrische Polynom n X Fn f (x) := fˆ(k)eikx . k=−n Für n = ∞ spricht man von der Fourierreihe. Definition 4.3. Sei V der Vektorraum aller komplexen, integrierbaren, 2πperiodischen Funktionen. In Anlehnung an das euklidische Skalarprodukt setze für f, g ∈ V Z2π 1 f (x)g(x)dx hf, gi := 2π 0 f und g heißen orthogonal zueinander, wenn hf, gi = 0. 36 Rechenregeln: • Symmetrie: hf, gi = g, f • Linearität: haf + bg, hi = a hf, hi + b hg, hi hh, af + bgi = ā hh, f i + b̄ hh, gi • Positive Definitheit: hf, f i ≥ 0 hf, f i = 0, f stetig =⇒ f = 0. Setze v u Z2π u p u1 kf k := hf, f i = t |f (x)|2 dx 2π 0 Rechenregeln. • Homogenität: ka · f k = |a| · kf k • positive Definitheit: kf k ≥ 0 kf k = 0, f stetig =⇒ f = 0 • Schwarzsche Ungleichung: | hf, gi | ≤ kf | kgk • Dreiecksungleichung: kf + gk ≤ kf k + kgk Satz 4.4. (Minimalitätseigenschaft der Fourierpolynome) Ist f ∈ V , so gilt für jedes trigonometrische Polynom T vom Grad ≤ n (i) kf − Fn f k ≤ kf − T k n P (ii) kf − Fn f k2 = kf 2 k − kfˆ(k)|2 k=−n Folgerung 4.5. (Besselsche Ungleichung) ∞ X 2 kf k ≥ |fˆ(k)|2 . k=−∞ Insbesondere ist (fˆ(k)) eine Nullfolge.. 5. Fourierreihen Definition 5.1. Sei (fn ) ∈ V eine Folge (von integrierbaren 2π-periodischen Funktionen). Wir sagen (fn ) konvergiert im quadratischen Mittel gegen f , falls kfn − f k −→ 0 explizit: R2π |f − fn |2 dx −→ 0. 0 37 Bemerke: Konvergiert fn gleichmäßig gegen f , so auch im quadratischen Mittel,denn Z2π |f − fn |2 dx ≤ sup |f (x) − fn (x)|2 · 2π. x∈[0,2π] 0 Andererseits folgt aus der Konvergenz im quadratischen Mittel nicht einmal die punktweise Konvergenz, denn f kann ohne Änderung des Integrals an endlich vielen Stellen abgeändert werden. Satz 5.2. (Konvergenz im quadratischen Mittel) Die Fourierreihe ∞ X F∞ f (x) = fˆ(k)eikx k=−∞ einer Funktion f ∈ V konvergiert im quadratischen Mittel gegen f . Hilfssatz 5.3. Zu jedem > 0 gibt es eine stetige Funktion g ∈ V mit kf − gk < . Hilfssatz 5.4. Für alle f ∈ V gilt kFn f k ≤ 2kf k Folgerung 5.5. (Parsevalsche Gleichung) 2 kf k = ∞ X |fˆ(k)|2 , k=−∞ Die Folgerung besagt, dass das Orthogonalsystem (eikx ) vollständig ist, d.h. nicht durch eine stetige Funktion f erweitert werden kann. Ist nämlich fˆ(k) =< f, eikx >= 0 für alle k, so folgt kf k2 = 0 und somit f = 0. Insbesondere sind stetige Funktionen mit gleichen Fourierkoeffizienten identisch. Definition 5.6. f ∈ V heißt stückweise stetig differenzierbar, wenn es eine Zerlegung von [0, 2π] gibt t0 = 0 < . . . < tn = 2π und stetig differenzierbare Funktionen fk : [ak−1 , ak ] −→ C, die auf (tk−1 , tk ) mit f übereinstimmen. Wir bezeichnen mit W ⊂ V den Untervektorraum der stückweise stetig differenzierbaren Funktionen. Satz 5.7. (Gleichmässige Konvergenz der Fourierreihe) Die Fourierreihe einer Funktion f ∈ W konvergiert auf jedem abgeschlossenen Intevall [a, b], das keine Unstetigkeitsstelle von f enthält, gleichmäßig gegen f . 38 Hilfssatz 5.8. (Fourierkoeffizienten der Ableitung) Sei f ∈ W stetig und f+0 := fk0 auf [tk−1 , tk ]. Dann ist fˆ+0 (k) = ik fˆ(k) Hilfssatz 5.9. Ist f ∈ W stetig, so konvergiert F∞ f gleichmäßig gegen f . Hilfssatz 5.10. Es gilt ∞ X sin(2kπx) k=1 1 = −π(x − ). 2 k Die Konvergenz ist gleichmässig auf jeden abgeschlossenen Teilintervall [a, b] ⊂ (0, 1). Feststellung 5.11. (Partialbruchzerlegung des Cotangens) Für alle x ∈ R − Z ist ∞ 1 X 1 1 πcotan(πx) = + ( + ) x k=1 x + k x − k 6. Produktzerlegung des Sinus und Stirlingsche Formel Satz 6.1. (Euler’s Sinusprodukt) sin(πx) = πx ∞ Y k=1 x2 1− 2 k Folgerung 6.2. (Wallisches Produkt) 2n2n π 2·2 4·4 lim = n 1 · 3 3 · 5 (2n − 1)(2n + 1) 2 Folgerung 6.3. (Stirlingsche Formel) Die Folge n! nnn e−n √ konvergiert gegen 2π. Man sagt hierfür auch: √ √ n! ∼ 2π n nn e−n an = √ n! verhält sich asymptotisch wie die rechts angegebene Folge. Bemerkung 6.4. Für x > 0 gilt Γ(x) = für ein µ(x) mit 0 < µ(x) < √ 1 2πxx− 2 e−x+µ(x) 1 . 12x 39