Pro f it für die Umwelt Seit der Finanzkrise ver­trauen immer mehr Menschen ihr Geld öko-sozialen Banken an. Wir besuchten die GLS Bank in Bochum – die weltweit älteste ihrer Art Greenpeace Magazin 3.15 38 Illustration: Christoph Niemann von Andrea Hösch Thorsten Holstein war ein Junkie in Anzug und Krawatte. Tag für Tag jagte er Zahlen nach. 2000 Euro musste der Banker bis Feierabend einspielen, egal wie. Wenn er sein Soll zu verpassen drohte, jubelte er auch mal einer Rentnerin einen riskanten Ak­tienfonds unter. Holstein graut es, wenn er daran zurückdenkt, an seine Zeiten bei der Dresdner Bank. Vor sechs Jahren wagte es der Essener, gerade Vater geworden, aus dem Hamsterrad auszusteigen. Er verzichtete auf ein Drittel seines Gehalts und wechselte zur GLS Bank. „Da musst du bestimmt deinen Namen tanzen“, spotteten die Kollegen in Anspielung auf die anthroposophischen Wurzeln der Bank. Inzwischen trifft er einige von ihnen bei Mitarbeiterversammlungen wieder. Holsteins Reich liegt keine 500 Meter vom rot gestrichenen Hauptsitz seines Arbeitgebers entfernt. Der Mittvierziger leitet die Bochumer GLS-Filiale. Erfolgsquoten muss er nicht mehr hinterherhecheln, die Geldgeber kommen von alleine. Seit einigen Jahren vertrauen mehr als 2000 Neukunden im Monat der genossenschaftlich organisierten „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“ ihr Erspartes oder ihr Vermögen an. Seit der Finanzkrise erfreut sich ihr Geschäftsmodell großer Beliebtheit. Die GLS Bank fördert ausschließlich soziale und ökologische Projekte in Deutschland. Spekulationsgeschäfte sind tabu. „Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen, nicht umgekehrt.“ Dieser Leitspruch begleitet die weltweit erste ethische Bank von Anfang an. Im vergangenen Jahr feierte sie mit 4000 Gäs­ ten ihr 40-jähriges Bestehen. Ex-Bundespräsident Horst Köhler ließ bankenkritische Töne verlauten, der Kabarettist Georg Schramm beschwor den Krieg „Reich gegen Arm“ (siehe Greenpeace Magazin 1.15) und einige der Pioniere ließen die Geschichte Revue passieren. Meilensteine waren der erste Windkraftfonds ein Jahr nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl, das erste Carsharing-Projekt Anfang der 90er-Jahre, wenig später die Starthilfe für die Stromrebellen der Elektrizitätswerke Schönau sowie die Übernahme der Ökobank im Jahr 2003. Damals wie heute ist für das Bochumer Bankhaus Geld dazu da, die Gesellschaft zu gestalten. Die vier Bankgründer Wilhelm Ernst Barkhoff, Gisela Reuther, Rolf Kerler und Albert Fink brachten als erste Projekte Waldorfschulen und gemeinschaftlich bewirtschaftete Demeter-Höfe auf den Weg. Als Bürgen­­ge­ meinschaft sicherten Eltern und Hofbetreiber die Kredite 39 40 was“, sagt er, und versucht dagegenzuhalten, denn „wir müssen den Bioanbau im Land stärken und dürfen uns nicht auf Importe verlassen.“ Hof sucht Bauer. Diese Lücke soll die in diesen Tagen gegrün­ de­te Bio­bodengenossenschaft füllen. Greff kennt eine Reihe jun­ ger Ökolandwirte. Sie stammen meist aus nichtbäuerlichen Fa­mi­ lien und haben keinen Hof geerbt. Vielen fehle das nötige Klein­ geld für eine Übernahme. „Deshalb kaufen wir sterbende Höfe und suchen die passenden Biolandwirte dafür“, erklärt der Bran­ chen­­ex­per­te. So macht er nicht nur Jungbauern, sondern auch Verkäufer glücklich, weil ihre Anwesen weiter bewirtschaftet werden. Noch dazu vergrößert das jüngste GLS-Projekt die Bio­an­­bau­­ fläche, ermöglicht gemeinschaftliches Wirtschaften und be­lebt die dörfliche Region. Ein Anfang ist gemacht: Drei Hö­fe in Meck­ lenburg-Vorpommern und Brandenburg sind bereits gerettet. Mit wem sie es zu tun haben, wollen die GLS-Banker genau wissen. „Betrüger gibt es überall, auch unter unseren Kun­den“, sagt der Hamburger Energieberater Christian Marcks. Wohin das Geld flieSSt „Ein Geschäft, das nichts als Geld verdient, ist kein gutes Geschäft.“ Obwohl diese Er­­­kenn­tnis Industriehallen oder Supermärkten dem US-Unternehmer und Fließband­erfinder werden Solar­anlagen montiert, die Henry Ford zugeschrieben wird, ziert es die zum Beispiel umliegende Haushalte Außenwand der GLS Bank in Bochum. Die Mit­ direkt mit um­weltfreundlichem Strom arbeiter drinnen handeln danach: Im vergan­ versorgen. Biogasanlagen haben da­­ genen Jahr vergab die Bank 1,9 Milliarden Euro, gegen bei der GLS Bank keine Chance das entspricht 63 Prozent des Eigen­kapitals, mehr, da sie zur „Vermaisung“ der an soziale oder ökologische Projekte und Landschaft führen. In Zukunft will Unternehmen. ­Die Prozentzahlen geben an, die Bank in die Entwicklung diverser mit welchem Kreditvolumen Projekte in den Energiespeichertechniken und in fünf Bereichen unterstützt werden. Wo ihr intelligente Stromnetze investieren. Geld hinfließen soll, können die Sparer selbst entscheiden. Ein Überblick: sOziales 17,3 Prozent Im vielfältigsten Bereich finden sich Hospize, Gesund­ heits­­häuser, Lebens- und Arbeitsgemeinschaften für suchtkranke Menschen, Cafés und Ernährung Hostels, selbstverwaltete Fahrrad­ 14,6 Prozent sozialtherapeutische Werkstätten, Will ein Biolandwirt einen neuen Stall bauen, einen Hof­ Yogazentren, sozialpädagogische laden einrichten oder einen Traktor kaufen, kann er Projekte sowie Geburtshäuser. dafür bei der GLS Bank einen Kredit bekommen. Unter­ Eines der jüngsten Förderprojekte stützt werden aber auch innovative Geschäfts­ideen ist „kleinerdrei“ im Hamburger werkstätten, Nachbarschaftszentren, wie vegane Eisdielen, die Entwicklung von Holzmodulen Schanzenviertel. Schwangere und für den Anbau von Kräutern und Gemüse oder das junge Eltern können dort von Augsburger Start-up-Projekt „littlelunch“ – Daniel und Hebammen geleitete Geburtsvor­ Denis Gibisch (Foto) liefern selbst gekochte Biosuppen bereits- oder Babykurse (Foto) in Gläsern nach Hause oder ins Büro. besuchen und sich über schadstoff­ freies Spielzeug beraten lassen. „Wir sind nicht Prokon“ bildung Weil viele Kleinanleger bei der Pleite des Windkraftunter­ nehmens Prokon Geld verloren haben, sollen künftig alle Ansinnen, sollte man meinen. Doch viele selbstverwaltete Wohnprojekte, freie Schulen, Energiegenossenschaften und Dorfläden laufen Sturm. Wie die GLS Bank befürchten sie das Aus von zivilgesellschaftlichem Engagement, denn das geplante Kleinanlegerschutzgesetz sieht nicht nur für Großinvestoren, sondern auch für „Schwarm­finanzierungen“ vieler Bürger hohe Auflagen vor: Jeder Anbieter von Geld­ anlagen muss demnach Verkaufsprospekte erstellen, die pro Jahr rund 50.000 Euro kosten. Außerdem soll Werbung mit Flyern oder Broschüren im öffentlichen Raum verboten werden. Nun hat die Bundesregierung zwar Genossen­ schaften und gemeinwohlorientierte Projekte von der Prospekt­pflicht befreit, doch dem Aktionsbündnis „Wir sind nicht Prokon“ reicht das nicht. Neben weiteren Ausnahme­ rege­lun­gen fordert es vor allem, das Werbeverbot für soziale Initiativen aufzuheben. Damit wäre der Koalitions­vertrag erfüllt. Darin steht, die Bundesregierung wolle „die Gründung unternehmerischer Initiativen aus dem bürger­­lichen Engagement erleichtern“ und „unangemessenen Aufwand und Bürokratie vermeiden“. syndikat.org Fotos: Yasemin A.d.Kahmen; Little Lunch; Kleinerdrei; Oliver Helbig Anlagengeschäfte stärker reguliert werden. Ein lobenswertes Greenpeace Magazin 3.15 ab, die etablierte Geldinstitute nicht bewilligen wollten. Seither hat die GLS Bank viele Ableger bekommen: Der Treuhand-Verein – er berät Menschen, die ihr Vermögen schenken, stiften oder anlegen wollen – gehört ebenso dazu wie einige Tochterfirmen und Stiftungen sowie die Filialen in Berlin, Frankfurt, Hamburg, München, Stuttgart, Freiburg und Bochum. Das Alltagsgeschäft wird online abgewickelt. Wer sein Erspartes der GLS Bank überlässt, kann entscheiden, in welchen Bereich es investiert werden soll: Ernährung, Bildung, Wohnen, Soziales und Energie. Gefördert werden beispielsweise alternative Schulen, Kindergärten, Behinderteneinrichtungen, Wohnprojekte, Hospize, Bioläden, Ökohöfe und Klimaschutzprojekte (siehe Seite 41). Geld geben darf jeder. Weitergegeben wird es von der GLS Bank aber nur unter bestimmten Bedingungen. Zu den wichtigsten Ausschlusskriterien für Kredite und Geld­ an­ lagen zählen Kinderarbeit, Atomindustrie, Rüstung, Gen­ technik, Agrarchemie, Tierversuche und Massentierhaltung. Trotz dieser klar definierten Negativliste sehen sich die Berater im Alltagsgeschäft immer wieder mit Grenzfällen kon­ frontiert. Muss eine Waldorfschule Ökostrom beziehen? Darf sich ein landwirtschaftlicher Großbetrieb mithilfe von GLSKrediten eine effizientere Bewässerungsanlage anschaffen? Christian Marcks, zuständig für den Bereich Energie im Raum Hamburg, musste gerade einem Schweinemäster absagen, der sein Stalldach mit Solaranlagen bestücken wollte. Hätte ein nachhaltiges Unternehmen auf genau demselben Stall die Insta­llation der Module geplant, hätte die Bank wahrscheinlich anders ent­schie­den. „Weil dann der Gewinn aus der Solar­anlage nicht in die Massentierhaltung fließt“, sagt Marcks. Dass die Bank von ihren ursprünglichen Werten abdriften könnte, befürchtet der Hamburger Berater nicht. Er verlässt sich auf zwei Wächter: zum einen auf den Anlagenausschuss, dem auch externe Experten angehören. Das Gremium diskutiert grenzwertige Einzelfälle und gibt für die Finanzierung nur grünes Licht, wenn alle Ausschussmitglied überzeugt sind. Die zweite Kontrollinstanz sind die Kunden. „Sobald unsere Kundenzeitschrift ‚Bankspiegel‘ erscheint, in der wir die geför­ derten Projekte offenlegen, gibt es immer wieder kritische Nach­fragen“, sagt Marcks. „Dann müssen wir gute Argumente haben.“ Heikle Anfragen grundsätzlich abzulehnen, wäre für ihn keine Lösung: „Wenn wir erst warten, bis unsere Kreditnehmer dunkelgrün sind, werden wir nichts ändern, sondern in Schönheit sterben.“ Doch die Bank wächst. Auch mit eigenen Projekten will sie gesellschaftliche Veränderungen anschieben. Zum Beispiel mit dem Geldgipfel, einem Kongress, auf dem vergangenes Jahr eine „Geldwende“ gefordert wurde. Mit der politischen Ein­ flussnahme gegen das geplante Kleinanlegerschutzgesetz (siehe Kas­ten). Und mit der Biobodengesellschaft. Sie wurde ins Leben gerufen, weil sich mit dem Biogasboom Energiepflanzen auf den Feldern ausbreiten und Ackerland knapp und immer teurer wird. Viele Biobauern können sich die steigenden Bodenpreise kaum mehr leisten. Deshalb kauft die Bio­bodengesellschaft Agrarflächen und verpachtet diese langfristig zu erschwinglichen Preisen an Ökolandwirte. Uwe Greff, der diesen GLSAbleger verantwortet, besucht regelmäßig Bio­höfe und kennt die Nöte der Bauern. In jüngster Zeit hat er einen neuen Trend beobachtet: Weil sich kein Nachfolger findet, werden immer öfter ganze Höfe verscherbelt, die der Landwirtschaft verloren gehen. Diese Entwicklung macht Greff große Sorgen: „Da kippt 16,4 Prozent wohnen Die Hauptkreditnehmer im Bereich Bildung sind freie 18,2 Prozent Kindergärten und Schulen. Finanziert werden Immo­­­­ Ob drei Familien oder dutzende Menschen, in der Stadt bilienkauf, Gebäudesanierungen, Umbauten sowie die oder auf dem Land: Alternative Wohnformen sind im An­­schaffung von Tischen, Stühlen und Spielzeug. Die Trend. Auf dem Schreibtisch des zuständigen GLS-Kredit­ GLS Bank fördert außerdem kulturelle Projekte wie beraters Benedikt Altrogge landen immer mehr Anträge Film­dokumentationen, Künstlerkollektive, Theater­pro­ von Wohn- und Hausgemeinschaften. Sie werden duk­tionen oder die Bayerische Philharmonie, die mit ebenso gefördert wie gemeinschaftliche Lebensformen ihren Orchestern und Chören Zugang zu musikalischer im Alter oder Behinderteneinrichtungen wie auf dem Bio­ Bildung gewährt und die soziale Kompetenz stärkt. bauernhof Bauckhof (Foto). Darüber hinaus finanziert die Bochumer Bank Passivhäuser, Holz- und Lehmbauten energie sowie die Restaurierung denkmalgeschützter Gebäude. 33,5 Prozent Die meisten GLS-Kredite fließen in die er­­neuer­baren Energien. Bundesweit fördert die Bank die An­schaf­fung und Installation von Fotovoltaik- und Windkraft­anlagen wie jene in Freiamt bei Freiburg (Foto oben). Sie finan­ ziert aber auch Wasserkraft- und Blockheiz­kraft­werke sowie Solarthermieanlagen. Relativ neu im Förder­ katalog sind sogenannte Dachpachtmodelle. Auf Ställen, 41 Ethische banken im Vergleich GLS BANK eG Gründung der Genossenschaftsbank:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1974 Hauptsitz: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bochum Bilanzsumme: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,6 Milliarden Euro Kreditvolumen 2014:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,9 Milliarden Euro Zinssatz Tagesgeld:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,1 % Zinssatz Sparbrief für 3 Jahre/mind. 1000 Euro: . . . . . . . . . . . . 0,4 % TRIODOS BANK AG Gründung der Aktiengesellschaft in den Niederlanden: . . . . . . 1980 Hauptsitz: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeist (Provinz Utrecht) Bilanzsumme (2013): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6,4 Milliarden Euro Kreditvolumen 2013:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,5 Milliarden Euro Zinssatz Tagesgeld:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,4 % Zinssatz Sparplan für 1 Jahr/mind. 25 Euro mtl.: . . . . . . . . . . . 0,35 % UMWELTBANK AG Gründung der Direktbank: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1997 Hauptsitz: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nürnberg Bilanzsumme: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,6 Milliarden Euro Kreditvolumen 2014:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,2 Milliarden Euro Zinssatz Tagesgeld/mind. 500 Euro:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,2 % Zinssatz Umweltzertifikat für 1 Jahr/mind. 2500 Euro: . . . . . 0,55 % ETHIKBANK eG Gründung als Zweigniederlassung der Volksbank Eisenberg: . . 2002 Hauptsitz: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eisenberg in Thüringen Kreditvolumen 2014:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Millionen Euro Bilanzsumme:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Millionen Euro Zinssatz Tagesgeld: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,25 % Zinssatz Festgeld für 30 bis max. 180 Tage/mind. 5000 Euro:. . 0,01 % der­ne We­ge­­­la­ge­rei“ des computergesteuerten Hochfrequenzhandels mit Wertpapieren verbieten, fordert der Bankchef, das würde wirklich helfen. Ein anderes Beispiel sind die Niedrigzinsen. Weil viel zu viel Geld im Umlauf ist, reagiert der Markt wie üblich bei Überangebot mit sinkenden Preisen. Doch die GLS Bank lebt wie jedes andere Geldinstitut von der Zinsmarge, der Differenz zwischen Anlage- und Kreditzinsen. Je mehr diese schrumpft, umso weniger bleibt, um die Kosten zu decken. Andererseits belebt der niedrige Zins das Geschäft: Wenn wir schon so gut wie keine Zinsen bekommen, sagen sich viele, soll das Geld wenigstens sinnvoll wirken. Razzien bei Großbanken, der Steuerskandal bei der Schweizer Großbank HSBC, die Leaks-Affäre in Luxemburg – die Schlagzeilen reißen nicht ab. Die Finanzbranche hat bei vielen Kunden ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Sie lassen ihr Tagesoder Festgeld lieber von Alternativbanken verwalten, die ausschließlich die Realwirtschaft fördern, also keine Spekula­tions­ geschäfte treiben. 190.000 Menschen haben ihr Konto inzwischen bei der GLS Bank. Im Vergleich mit konventionellen Fi­nan­z­instituten ist sie aber ein Zwerg: Die Commerzbank etwa betreut elf Millionen Kunden. Laut einer Potenzial­studie der Be­ ra­­tungsgesellschaft Zeb aus dem Jahr 2012 könnte die GLS Bank aber eines Tages in die­ se Liga aufsteigen: Bis zu 16 Millionen Deut­ sche können sich einen Wechsel zu einer ethischen Bank vorstellen. Parallel zur Kundschaft wächst die Beleg­ schaft. 553 Mitarbeiter beschäftigt die GLS Bank derzeit, darunter Sozialarbeiter, Polito­ lo­gen, Landwirte, Philosophen und andere Quer­einsteiger. Die Mitarbeiter der oberen Ge­halts­klassen verdienen im Vergleich zu an­de­ren Banken weniger, die der unteren Stu­fen mehr. Neulinge lernen alle Abteilun­ gen der GLS-Welt kennen. Freie Fahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr gehört ebenso zum Angebot wie Massagen, Rückengym­ nas­tik und die Biokantine in der Zentrale. Wer möchte, darf auf dem Dottenfelderhof, einem GLS-Pionierprojekt, oder bei Hilfs­­ pro­ jekten der hauseigenen „Zukunftsstiftung Entwicklung“ mitarbeiten. Wie in den Projekten steht die Pflege des gemeinschaft­ li­chen Miteinanders hoch im Kurs. Thorsten Holstein hat seinen Wechsel noch keinen Tag bereut. Guten Gewissens fährt er mit Bahn und Rad zur Arbeit. Anzug und Krawatte bleiben im Schrank. Wie viele Kollegen hat auch er Genossenschaftsanteile erworben. Sie bilden das Eigenkapital der GLS Bank und reichen aus, um fast alle Kreditprojekte zu finanzieren. Seit Ende 2011 bekommen die insgesamt 37.000 Mitglieder für ihre Anteile eine Dividende von vier Prozent. Der Bochumer Filialleiter freut sich über den kleinen Bonus, aber mehr noch über „das schöne Gefühl, dass ein kleines Stück der Bank mir gehört“. gls.de, bioboden.de 42 Greenpeace Magazin 3.15 Deshalb gehe kein Kredit ohne ein persönliches Gespräch raus, sagt er. Zudem schaut sich Marcks den Betrieb immer per­ sönlich an, verlangt technische und wirtschaftliche Gutachten und will auch noch wissen, wer diese verfasst hat. Der Rest bleibt Vertrauenssache. Die wenigen Kreditausfälle sprechen dafür, dass die Experten ein gutes Gespür für verlässliche Geschäftspartner haben. Vorstandssprecher Jorberg könnte zufrieden sein. Der Mann an der Unternehmensspitze kennt die Bank wie kaum ein an­derer: In jungen Jahren war er ihr erster Lehrling. Ein Foto aus den 70er-Jahren hängt im Foyer, darauf trägt Jorberg einen flau­ schigem Oberlippenbart. Doch der inzwischen ergraute Mana­ger macht sich Sorgen. Denn die Bank ist keine Insel der Seligen, die Folgen der Finanzkrise wirken sich auch auf den GLS-Kosmos aus. Zum Beispiel die Bankenregulierung. Wie die Großen muss nun auch jede kleine Bank ein „bürokratisches Monster“ bezwingen, klagt Jorberg. Höhere Eigenkapital- und Liquiditätsgrenzen hält er durchaus für sinnvoll. Statt darüber hinaus aber jedes Detail zu regeln, sollte die Politik die „mo­