ORIGINALBEITRAG D. Hermes1, K.K. Warnecke 1, S. Kr ger2, P. Sieg1 Gest rte Milchzahneruption durch ein ameloblastisches Fibroodontom Eine vierj hrige Patientin wurde unter den klinischen Symptomen eines fehlenden Zahndurchbruchs und eines korrespondierenden maxill ren Tumors in unsere Klinik berwiesen. Die Geschwulst wurde nach chirurgischer Entfernung als ameloblastisches Fibroodontom (AFO) klassifiziert. Das AFO stellt einen eigenst ndigen, seltenen und langsam wachsenden benignen odontogenen Tumor dar. Rezidive nach chirurgischer Entfernung wurden bislang nicht berichtet. Die Einteilung, Symptomatik, Diagnostik, Histologie und Therapie odontogener Tumoren und insbesondere des AFO als Differentialdiagnose eines fehlenden Zahndurchbruchs werden diskutiert. Schl sselw rter: Kiefertumoren, Odontogene Tumoren, Ameloblastisches Fibroodontom, WHO-Klassifikation Einleitung Innerhalb der benignen odontogenen Neubildungen stellt das ameloblastische Fibroodontom (AFO) eine langsam und lokal verdr ngend wachsende Geschwulst dar, die durch die gleichzeitige Proliferation von epithelialen und mesenchymalen Bestandteilen sowie der Bildung von Dentin und Schmelz charakterisiert ist. Obwohl Symptomatik und klinische Befunde wenig spezifisch sind, unterscheidet sich die Neoplasie bzgl. Tumorbiologie und Verhalten eindeutig von anderen odontogenen Geschw lsten wie dem ameloblastischen Fibrom und den Odontomen. Anhand der klinischen Fallbeschreibung dieser seltenen Neoplasie bei einem Kind soll im Zusammenhang mit der zum Thema vorliegenden Literatur die Symptomatik, Diagnostik, Differentialdiagnose und Therapie odontogener Tumoren allgemein sowie insbesondere des ameloblastischen Fibroodontoms vorgestellt und diskutiert werden. Fallbeschreibung Anamnese 1 2 Sektion Kiefer- und Gesichtschirurgie Universit tsklinikum Schleswig-Holstein / Campus L beck (Komm. Direktor: Prof. Dr. Dr. P. Sieg) Institut f r Pathologie Universit tsklinikum Schleswig-Holstein / Campus L beck (Direktor: Prof. Dr. A. Feller) Zum Zeitpunkt der Erstvorstellung war die Patientin viereinhalb Jahre alt und stellte sich auf Veranlassung ihres Hauszahnarztes in unserer Klinik vor. Den Eltern des allgemein- und familienanamnestisch unauff lligen Kindes war gut ein Jahr zuvor ein fehlender Zahndurchbruch im Bereich des rechten Oberkiefers aufgefallen. Unter klinischer Befundkontrolle durch den Hauszahnarzt fiel zwei Monate vor der Erstvorstellung in unserer Klinik eine Schwellung des rechten Oberkieferalveo- Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 28 (2006) 1 © Deutscher Ärzte-Verlag, Köln larfortsatzes bei weiterhin fehlender Eruption des Zahnes 52 auf. Eine darauf hin angefertigte R ntgenaufnahme erbrachte den Nachweis eines pathologischen Prozesses im Bereich des I. Quadranten. Die insgesamt beschwerdefreie Patientin wurde zu weiterer Diagnostik und Therapie in unsere Klinik berwiesen. Befund Bei der klinischen Untersuchung der Patientin zeigte sich ein altersgerecht entwickeltes, internistisch unauff lliges Kind mit unauff lligem extraoralem Untersu chungsbefund. Bei der intraoralen Inspektion fand sich eine auf den Alveolarfort satz Regio 52 zentrierte, bukkal betonte, knochenharte, nicht verschiebbare und nicht druckschmerzhafte Raumforderung bei allseits intakter und reizloser Mundschleimhaut. Der Zahn 52 war nicht sichtbar oder palpabel (Abb.1). Die ansonsten vollst ndige und in der Okklusionsebene stehende erste Dentition wies keine klinischen Karieszeichen oder Lockerungen auf. Die mitgef hrte R ntgenaufnahme zeigte eine sich von Regio 13 bis zur Mittellinie erstreckende, dorsal nicht eindeutig abgrenzbare kn cherne L sion. Der im radiologisch dargestellten Bereich scharf begrenzte Prozess wurde in seinem Lumen durch multiple, kleinfl chig inhomogene Opazit ten ausgef llt und verdr ngte die angelegten Z hne 52 und 11 (Abb. 2) Eine zur genaueren Lokalisation der Geschwulst angefertigte Orthopantomo graphie erbrachte aufgrund von Bewegungsartefakten keine weiteren Informationen. Auf eine weiterf hrende bildgebende Diagnostik (z.B. Computertomogra- 17 Foto, R ntgenaufnahme: Hermes D. Hermes et al.: Gestörte Milchzahneruption durch ein ameloblastisches Fibroodontom Abbildung 1 Klinischer Befund. Figure 1 Clinical findings. phie) wurde verzichtet, da diese aufgrund der eingeschr nkten Patientencompliance nur in Narkose m glich gewesen w re. Diagnose Nach Anamnese, klinischem und radiologischem Befund wurde die Verdachtsdiagnose einer Odontogenen Neubildung unklarer Dignit t gestellt. Neben einem Odontom kamen differentialdiagnostisch auch seltenere Tumoren odontogenen Ursprungs (ameloblastisches Fibrom, ameloblastisches Fibrodentinom bzw. odontom) in Betracht. Behandlungsplanung Zum Ausschluss einer lokal aggressiven (Ameloblastom) oder malignen Erkrankung sowie zur Therapie der vorliegenden Eruptionsst rung wurde eine chirurgische Revision zur vollst ndigen Entfernung der Geschwulst und einer definitiven histologischen Einordnung derselben indiziert. Die Behandlung erforderte bei altersbedingt nicht ausreichender Compliance eine Intubationsnarkose. Behandlung Bei der chirurgischen Exploration des I. Quadranten zeigte sich der crestale Alveolarfortsatz Regio 52 auf ca. 0,8 x 1,0 cm arrodiert. Der direkt darunter befindliche, gut abgrenzbare Tumor lies sich problemlos von den umgebenden Knochenw nden abpr parieren. Aufgrund einer starken Adh renz zu dem verlagerten und nur locker im Alveolarfortsatz verankerten Zahn 52 18 Abbildung 2 R ntgen Oberkiefer-Aufbiss. Figure 2 X-Ray image of the maxilla. wurden beide Strukturen in toto k rettiert. Weitere Z hne, Zahnwurzeln bzw. Zahnkeime waren anschlie end nicht sichtbar, eine Verbindung zum Nasenboden wurde ausgeschlossen. Das Operationspr parat zeigte einen gekapselten, scharf begrenzten Tumor mit gr ulicher Schnittfl che, in dem makroskopisch kalkhartes, gelblich-griesiges Gewebe nachweisbar war (Abb.3). Mikroskopisch bestand dieses aus faserreichem Stroma mit girlandenartig gewundenen Epithelnestern. Die mehrreihig in Palisadenstellung angeordneten Epithelien wiesen oval re, isomorphe Kerne ohne Mitosen auf (Abb.4). Da sich nach Entkalkung des intratumoralen, kalkharten Gewebes zwischen den odontogenen Epithelverb nden auch reichlich Osteodentin und in geringerem Ausma auch Zahnschmelz nachweisen lies (Abb.5), wurde die Raumforderung als Ameloblastisches Fibroodontom klassifiziert. Verlauf und Recall Nach zweit giger postoperativer berwachung und Nachsorge konnte die Patientin bei zeitgerechter und reizloser intraoraler Wundheilung in die weitere ambulante Nachsorge entlassen werden. Mit den Eltern des Kindes wurden nach Abschluss der Wundheilung zeitlich versetzte kinderzahn rztliche und mund-, kiefer- und gesichtschirurgische Nachuntersuchungen in halbj hrlichen Intervallen vereinbart. Neben der Erhebung des klinischen Befundes sollten diese auch Nativ-R ntgendiagnostik einschlie en. Nicht definitiv auszuschlie ende Durchtrittsanomalien der zweiten Dentition sollten fr hzeitig erkannt und interdisziplin r (HZA, KFO, MKG) therapiert werden. Diskussion St rungen des Zahndurchbruchs stellen ein klinisches Symptom von spezifisch kinderzahn rztlichem Interesse dar. Im Gegensatz zur Dentitio tarda, bei der eine ganze Zahngeneration in ihrer morphologischen und vertikalen Entwicklung betroffen ist, liegt eine Zahnretention definitionsgem dann vor, wenn die morphologische Entwicklung eines Zahnes fortgeschrittener ist als seine Vertikalentwicklung und er sich zur Zeit seines physiologischen Durchbruchs nicht in den Zahnbogen eingereiht hat [16]. Z hne der ersten Dentition sind insgesamt selten retiniert, Z hne der zweiten Dentition h ufiger im Ober- als im Unterkiefer [1]. Die ˜tiologie einer solchen Symptomatik ist vielf ltig. Fehlende Durchbr che multipler Z hne sind durch generalisierte St rungen der Eruptionsvorg nge bedingt. Demgegen ber k nnen Durchtrittshindernisse f r einzelne oder mehrere Z hne insbesondere der zweiten Dentition [16] z.B. in der Anwesenheit berz hliger Zahnkeime im Durchtrittsbereich, enger oder abnormaler Keimlage, Eruptions- bzw. Follikularzysten sowie in fortgeleiteten Traumata der 1. Dentition mit posttraumatischer Ankylose bzw. Wurzeldilazeration begr ndet sein [1, 9, 16]. Auch alle Arten von Fehl- bzw. Neubildungen der Mundh hle und insbesondere der Kiefer k nnen die beiden Dentitionen Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 28 (2006) 1 D. Hermes et al.: Gestörte Milchzahneruption durch ein ameloblastisches Fibroodontom Abb. 3-5: Stefan Kr ger Abbildung 3 Makroskopischer Aspekt des Operationspr parates. Figure 3 Macroscopic aspect of the surgical preparation. Abbildung 4 Histologisches Pr parat (H matoxilinEosin, Originalvergr erung 25x): Angedeutet lobul r aufgebauter Tumor mit zahlreichen Epithelinseln (Pfeile) innerhalb eines mesenchymalen Stromas. Figure 4 Histological aspect (Hematoxilin-Eosin, original magnification 25x): An insinuatedly lobular tumor with numerous epithelial islands (arrows) lying within a mesenchymal stroma. Abbildung 5 Histologisches Pr parat (H matoxilin-Eosin, Originalvergr erung 100x): Girlandenf rmig angeordnete odontogene Epithelverb nde (Pfeile) werden berwiegend von Osteodentin (Sterne) und teilweise auch zahnschmelzartiger Hartsubstanz (Pfeilk pfe) umgeben. Figure 5 Histological aspect (Hematoxilin-Eosin, original magnification 100x): Nests of odontogeneous epithelia with girland-like arrangement (arrows) are surrounded by osteodentin (asterisks) and partly by enamel matrix (arrowheads). beeinflussen. Derartige Tumore der Kiefer sind selten, bei Kindern und Jugendlichen berwiegend gutartiger Natur [10, 11, 13, 14, 15, 19] und in bis zu 89 % [15] odontogenen Ursprungs. Odontogene Tumore Von den zahnbildenden Geweben ausgehende Fehlbildungen und Tumore repr sentieren St rungen der verschiedenen induktiven Mechanismen der embryonalen Zahnkeimentwicklung. Ihr Verhalten reicht von hamart sen Gewebeproliferationen und benig- nen Neubildungen bis zu hoch malignen, metastasierenden Neoplasmen (Tab.1). Odontogene Neubildungen unterliegen nach neueren Erhebungen bzgl. Inzidenz und Tumorverteilung einer erheblichen demographischen und geographischen Variabilit t. ber 90 % aller odontogenen Tumore werden erst nach dem 5. Lebensjahr manifest bzw. diagnostiziert. Odontome sowie Ameloblastome stellen die insgesamt h ufigsten Vertreter dieser Gruppe dar [2, 4, 5, 8, 10, 11, 13, 14, 15, 19]. Anamnese und Symptomatik der Geschw lste sind unspezifisch. Schmerzen, Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 28 (2006) 1 St rungen des Zahndurchbruchs bzw. der Zahnstellung, Sensibilit tsverlust im Versorgungsgebiet eines Trigeminusastes, Zahnlockerungen und Kieferauftreibungen stellen klassische, aber unspezifische Symptome dar, die in unterschiedlicher Kombination und Intensit t auftreten k nnen [5]. Radiologisch lassen sich meist Aufhellungen, manchmal auch gefleckte bzw. diffuse Radioopazit ten erkennen [4, 5]. Wesentliche Hinweise auf eine aggressive Tumorentit t geben Resorptionserscheinungen benachbarter Strukturen wie z.B. Zahnwurzeln. Trotz verfeinerter diagnostischer Verfahren (CT, MRT, Aspirationszytologie) bestehen aufgrund eines in aller Regel uncharakteristischen klinischen und radiologischen Befundes nach wie vor erhebliche Schwierigkeiten bei der Abgrenzung odontogener Tumore. Die bioptische Gewin nung von ausreichend Tumormaterial [4] durch eine vollst ndige K rettage bzw. Exzisionsbiopsie der Neoplasie ist somit weiterhin diagnostische Methode der Wahl. Ein prim r konservativ chirurgisches Vorgehen bei der Therapie odontogener Tumoren ist heute allgemein akzeptiert. Durch eine erst im verz gerten postoperativen Verlauf m gliche Tumortypisierung kann allerdings ein Zweiteingriff unter erweiterter chirurgischer Radikalit t not wendig werden [3]. Prinzipiell ist bei nicht rezidivierenden Neubildungen (z.B. Odontom, odontogenes Fibrom) die einfache Aussch lung derselben ausreichend. Rezidivfreudige (z.B. ameloblastisches Fibrom) bzw. lokal aggressive Tumoren (z.B. Ameloblastom) bed rfen einer lokalen Resektion mit abgestuften Sicherheitszonen. Maligne Tumoren (odontogene Karzinome bzw. Sarkome) erfordern radikale Tumorresektionen, die bei einem Ausgang vom epithelialen Gewebe mit Ausr umungen der lokoregion ren Halslymphknoten (Neck dissection) kombiniert werden m ssen [5, 7]. Zumindest bei Tumoren, die nach gegenw rtigem Kenntnisstand nicht oder nur in geringen Prozents tzen rezidivieren, wird die Belassung eines durch die Geschwulst retinierten Zahns bef rwortet. Die Prognose bzgl. eines nachfolgenden Durchtritts des Zahnes ist gut [13]. Die Rezidivwahrscheinlichkeit odontogener Tumore h ngt prim r von der Tumorentit t, sekund r auch von einer ad quaten Invasivit t der chirurgischen Behandlung ab [5, 13, 17]. Da ein erneutes Auf- 19 D. Hermes et al.: Gestörte Milchzahneruption durch ein ameloblastisches Fibroodontom 1. Neoplasmen und andere Tumoren des odontogenen Apparates 1.1. Gutartige Läsionen 1.1.1. Odontogene epitheliale Tumoren ohne odontogenes Ektomesenchym 1.1.1.1. Ameloblastom 1.1.1.2. Plattenepithelialer odontogener Tumor 1.1.1.3. Kalzifizierender epithelialer odontogener Tumor (Pindborg-Tumor) 1.1.1.4. Klarzelliger odontogener Tumor 1.1.2. Odontogene epitheliale Tumoren mit odontogenen Ektomesenchym, mit oder ohne Hartsubstanzbildung 1.1.2.1. Ameloblastisches Fibrom 1.1.2.2. Ameloblastisches Fibrodentinom oder ameloblastisches Fibroodontom 1.1.2.3. Odontoameloblastom 1.1.2.4. Adenomatoider odontogener Tumor 1.1.2.5. Kalzifiziernde odontogene Zyste 1.1.2.6. Komplexes Odontom 1.1.2.7. Verbundodontom 1.1.3. Odontogene ektomesenchymale Tumoren mit oder ohne inkorporiertes odontogenes Epithel 1.1.3.1. Odontogenes Fibrom 1.1.3.2. Myxom (Odontogenes Myxom, Myxofibrom) 1.1.3.3. Benignes Zementoblastom 1.2. Bösartige Läsionen 1.2.1. Odontogene Karzinome 1.2.2. Odontogene Sarkome 1.2.3. Odontogenes Karzinosarkom 2. Tumoren und andere Läsionen des Knochens 2.1. Osteogene Tumoren 2.2. Nicht neoplastische Läsionen des Knochens 2.3. Andere Tumoren 3. Epitheliale Zysten 3.1. Entwicklungsbedingte Zysten 3.2. Entzündlich bedingte Zysten Tabelle 1 WHO-Klassifikation odontogener L sionen [18]. Table 1 WHO classification of odontogenic lesions[18]. treten rezidivfreudigerer Tumore durchaus mit einer postoperativen Latenz von 5-10 Jahren einhergehen kann, sind in jedem Fall Langzeitkontrollen unerl sslich [17]. Ameloblastisches Fibroodontom Ameloblastisches Fibrom (AMF), ameloblastisches Fibrodentinom (AFD) und ameloblastisches Fibroodontom (AFO) werden nach der WHO-Klassifikation [18] als Gruppe zusammengefasst (vergl. Tab. 1). Definitionsgem handelt es sich um Neoplasien, die aus proliferierendem odontogenem Epithel bestehen, welches in ein zellreiches ektomesenchymales Stroma eingebettet ist und in unterschiedlichem Ausma harte Zahnstrukturen ausbilden kann [18]. W hrend das ameloblastische Fibrom keine Hartsubstanzbildung aufweist und das Odontom als vollst ndig kalzifizierte bzw. mineralisierte L sion [11] keine Fibromanteile beinhaltet, lassen sich das ameloblastische Fibrodentinom und das ameloblastische Fibroodontom durch Dentin- bzw. Schmelz- und Dentin- 20 bildungszentren wiederum eindeutig abgrenzen [13]. Makroskopisch pr sentiert sich das ameloblastische Fibrom als heller bis br unlicher, recht weicher Tumor mit scharfer Umrandung, w hrend das ameloblastische Fibroodontom bedingt durch die Dentin- und Zahnschmelzproduktion meist eine buntere Schnittfl che mit variabler Konsistenz aufweist. Histologisch zeigt das ameloblastische Fibrom gleichzeitig eine epitheliale und eine mesenchymale neoplastische Komponente [13, 18]. Erstere besteht aus Nestern polygonaler Epithelien, die charakteristischerweise am Rande eine hochzylindrische Gestalt aufweisen. Die zellreiche mesenchymale Komponente weist teils spindelige, teils gewinkelte Stromazellen auf, die an Stromazellen im Bindegewebe von Zahnpapillen erinnern. Interstitiell ist in den meisten F llen nur wenig Kollagen vorhanden, es werden gelegentlich aber auch F lle mit starker Hyalinisierung beobachtet. Das ameloblastische Fibroodontom ist eine dem ameloblastischen Fi - brom hnliche Neoplasie, die aber auch induktive Ver nderungen aufweist, welche zur Ausbildung von sowohl Dentin als auch Schmelz f hren [18]. Der mit bislang weniger als 100 publizierten F llen [13] au erordentlich seltene Tumor wird wie andere benigne odontogene Neoplasien zumeist ber eine schmerzlose Schwellung manifest oder stellt einen Zufallsbefund im Rahmen einer zahn rztlichen oder kieferorthop dischen Untersuchung dar. Ameloblastische Fibroodontome machen in nicht altersdifferenzierten Studien zwischen 0,3 % [8] und 3,4 % [2] aller odontogenen Tumoren aus. Sato et al. wiesen eine relative H ufigkeit von 1,3 % bei japanischen Kindern und Heranwachsenden bis zu 14 Jahren nach [14]. Mothes und Mitarbeiter errechneten demgegenber einen mit 7 % deutlich h heren Anteil der Geschwulst bei deutschen Kindern und Heranwachsenden bis zu 16 Jahren. [10]. Ameloblastische Fibroodontome werden zu 98,9 % [13] innerhalb der ersten zwei Lebensdekaden diagnostiziert [11], wobei das m nnliche Geschlecht [11, 13] sowie bez glich der Lokalisation der Unterkiefer h ufiger betroffen sind [4, 14]. Nativradiologische Diagnostik bei ameloblastischen Fibroodontomen zeigt meist scharf begrenzte Aufhellungen, in denen h ufig radioopake und in Gr e, Form und Dichte sehr variable Strukturen nachweisbar sind [5]. Begleitende Zahnretentionen sind h ufig, eine Ausd nnung bzw. Arrosion der bedeckenden Kortikalis ist nicht ungew hnlich [13]. Das ameloblastische Fibroodontom mu differentialdiagnostisch insbesondere gegen das deutlich aggressivere Odontoameloblastom abgegrenzt werden [5]. Auch der bergang in eine maligne Form, das ameloblastische Odontosarkom, wurde beschrieben [6]. Epikrise und Prognose Eine kinderzahn rztlich diagnostizierte St rung der prim ren wie der sekund ren Dentition kann neben vielf ltigen anderen Ursachen auch klinisches Symptom einer intraoss ren Neubildung sein. Solche, in der berwiegenden Mehrzahl odontogene Tumore stellen eine seltene und sehr heterogene Gruppe von Fehlbildungen bzw. Neoplasien der Mundh hle dar. Zur Abkl rung eines entspre- Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 28 (2006) 1 D. Hermes et al.: Gestörte Milchzahneruption SUMMARY Disturbance of primary dental eruption caused by ameloblastic fibroodontoma. A 4-year-old female patient was referred to our department under the clinical symptoms of dental eruption disturbance and corresponding maxillary tumor. After surgical removal of the mass, histological examination classified the tumor as ameloblastic fibroodontoma (AFO). AFO is a unique, rare and slow-growing benign odontogenic tumor. Recurrence after surgical removal has not yet been reported in the literature. The classification, symptoms, diagnostics, histological features and surgical treatment of odontogenic tumors in general and AFO in particular as a cause for dental eruption disturbance are discussed. Key words: jaw tumors, odontogenic tumors, ameloblastic fibroodontoma, WHO classification Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. chenden klinischen Verdachtes ist zun chst eine Nativ-R ntgendiagnostik sinnvoll. Bei radiologischen Hinweisen auf ein intraoss res Geschehen muss der Befund mittels chirurgischer K rettage abgekl rt werden. Da Rezidive der in unserer Kasuistik vorliegenden Neoplasie in der bis heute publizierten Literatur nicht beschrieben wurden, gilt eine konservative chirurgische Enukleation als ad quate Therapie. Allein zur weiteren Beurteilung des kn chernen Alveolarfortsatzdefektes sowie des Durchtrittsverhaltens evtl. retinierter Z hne sind aber l ngerfristige klinische und radiologische Kontrolluntersuchungen notwendig. Nach einer chirurgischen Therapie benigner odontogener Geschw lste sind individuell abgestimmte klinische und radiologische Verlaufskontrollen notwendig. Patienten mit lokal aggressiven oder malignen odontogenen Tumoren ben tigen eine engmaschige und langfristige onkologische Nachsorge. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. Becker J, Schmidt-Westhausen A: Chirurgie. In: Einwag J, Pieper K (Hrsg.) Kinderzahnheilkunde. Urban & Schwarzenberg, M nchen - Wien - Balti more 1997, 393-407 Daley TD, Wysocki GP, Pringle GA: Relative incidence of odontogenic tumors in oral and jaw cysts in a Canadian population. Oral Surg Oral Med Oral Pathol 77, 276-280 (1994) Ehrenfeld M, Donath K, Riediger D, Mast G, G rtner HV: Ameloblastome im Wachstumsalter - dif ferentialdiagnostische und therapeutische Aspek te. Dtsch Zahn rztl Z 46, 77-79 (1991) Freyschmidt J, Ostertag H, Jundt G: Knochentu moren. Klinik, Radiologie, Pathologie. 2. Aufl., Springer Verlag Berlin - Heidelberg - New York 1998, 875-959 Gundlach KKH: Odontogene Tumoren. 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