Technische Notiz 13 Ersatzschaltbilder in der Halbleiterschaltungstechnik Ch. Diskus 22.10.2015 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 1 2 Großsignalrechnung 2.1 Nichtlineare Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 DC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 2 3 Kleinsignalrechnung 3.1 Linearisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 AC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Temperaturgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 4 4 1 Einführung Diese Notiz soll einen kurzen Überblick über die Ersatzschaltbilder und die dabei angewendeten Näherungen bei der Berechnung von Halbleiterschaltungen geben. 2 2.1 Großsignalrechnung Nichtlineare Bauelemente Die Kennlinie einer Diode und die Transferkennlinie eines Bipolartransistors sind nicht linear und lauten U D nUT ID = IS e −1 (1) 1 und IC = IS e UBE UT −1 , (2) weswegen die Berechnung von Strömen und Spannungen zu transzendenten Gleichungen führen. Es gibt drei Möglichkeiten dieses Problem zu lösen: • Iteration • Grafische Lösung • Unter bestimmten Voraussetzungen1 ist eine Näherung für UD , bzw. UBE mit 0,6 bis 0, 7 V erlaubt. Für die Bestimmung des Arbeitspunktes (AP) ist diese Großsignalrechnung unverzichtbar. Um die Ströme und Spannungen als solche des Arbeitspunktes zu kennzeichnen, wird als Index AP oder 0 hinzugefügt, also beispielsweise IC,0 für den Kollektorstrom. Wenn das Signal in einer Schaltung so groß ist, dass auch dafür die Großsignalrechnung notwendig ist, so ist diese Rechnung „zu Fuß“ in der Regel zu kompliziert. Auch am PC ist dies nicht trivial. Professionelle Programme verwenden oft aus Reichenzeitgründen die Harmonic Balance Methode. Dabei wird die Schaltung in zwei Teile aufgeteilt: In den linearen Teil, welcher im Frequenzbereich berechnet wird (Stichwort komplexe Rechnung) und in den nichtlinearen Teil, welcher im Zeitbereich berechnet werden muss. Dem Ganzen muss dann eine Iteration überlagert werden, in welcher an der Schnittstelle der beiden Teile die Ströme und Spannungen aneinander angeglichen werden müssen. 2.2 DC Im Falle einer Arbeitspunkteinstellung sind die großen Spannungen und Ströme Gleichspannungen und Gleichströme. In diesem Fall gilt für die Schaltungsvereinfachung: • Induktivitäten wirken wie Kurzschlüsse, da |jωL| → 0, 1 | → ∞. • Kapazitäten wirken wie Leerläufe, da | jωC Der Strom durch L im AP wird dann wie bei einer Konstantstromquelle konstant gehalten. Die Spannung an C im AP wird dann wie bei einer Konstantspannungsquelle konstant gehalten. 1 In der Regel darf UD bzw. UBE in keiner Masche vorkommen, in welcher alle anderen Spannungen in der gleichen Größenordnung wie diese 0,6 bis 0, 7 V liegen. Für eine stabile Arbeitspunkteinstellung wird meist schaltungstechnisch eine Rückkopplung vorgesehen, welche die Auswirkungen einer Temperaturdrift von UD bzw. UBE stark reduziert. Auch dann ist oft diese Näherung erlaubt. Anders ausgedrückt: Ergibt sich der Arbeitspunkt durch einen schleifenden Schnitt von Kennlinie und Arbeitsgerade, dann ist diese Näherung nicht erlaubt. 2 3 Kleinsignalrechnung 3.1 Linearisierung Ist die Amplitude des Signales klein genug, so können die krummen Kennlinien linearisiert werden, d.h. durch die Tangenten an diese Kennlinien ersetzt werden. Dies ist möglich für: • den dynamischen Widerstand rD einer Diode: 1 ID,0 dID = ≈ , dUD AP rD UT (3) • den Basis-Emitter-Kleinsignalwiderstand rBE eines Bipolartransistors: B ∂UBE = r , BE ≈ ∂IB AP S (4) • die Kleinsignalstromverstärkung β eines Bipolartransistors: ∂IC = β ≈ B, ∂IB AP (5) • und die Steilheit eines Bipolartransistors ∂IC IC,0 = S ≈ . ∂UBE AP UT (6) Die mit diesen Kleinsignalnäherungen berechneten Kleinsignalgrößen von Strom und Spannung sind in der Realität den Großsignalgrößen des Arbeitspunktes überlagert. Für die Berechnung der Kleinsignalgrößen ist es vorteilhaft, ein KleinsignalErsatzschaltbild zu zeichnen, in welchem nur mehr die kleinen Änderungen der Ströme und Spannungen, also die Abweichungen vom Arbeitspunkt fließen bzw. anliegen. Die Maschen und Knoten ergeben dann ein lineares Gleichungssystem für die Spannungen und Ströme, das geschlossen lösbar ist. Im Kleinsignal-Ersatzschaltbild gilt für ungesteuerte Quellen: • Konstantspannungsquelle: ∆U = 0 ⇒ Kurzschluss • Konstantstromquelle: ∆I = 0 ⇒ Leerlauf Dies gilt auch für die Spannungsversorgung. Vorsicht bei gesteuerten Quellen: Wenn sich die steuernde Größe ändert (z.B. bei der Kollektorstromquelle), dann darf diese Quelle natürlich nicht durch Kurzschluss oder Leerlauf ersetzt werden. 3 3.2 AC Die Kleinsignalnäherung ist nicht auf Wechselstrom (AC) beschränkt (siehe 3.3), sie wird aber in der Regel damit kombiniert. Wie Induktivitäten und Kapazitäten in der Wechselstromrechnung zu behandeln sind, hängt davon ab, ob die entsprechenden Impedanzen oder Admittanzen im Vergleich zu den übrigen Bauelementen der Schaltung wichtig sind oder eventuell vernachlässigt werden können. Für Abblockinduktivitäten und Koppelkondenstoren gilt dann: • |jωL| restliche Impedanzen in der Masche → Leerlauf 1 | restliche Impedanzen in der Masche → Kurzschluss • | jωC Wenn die Wechselspannungen und Wechselströme so klein sind, dass die Kleinsignalnäherung zu keinen großen Fehlern führt, dann ist diese Rechnung auf Basis eines Wechselstrom-Kleinsignal-Ersatzschaltbildes möglich. 3.3 Temperaturgang Die Kleinsignalnäherung ist für alle krummen Kennlinien sinnvoll, so. z.B auch für die Berechnung des Temperatureinflusses. Als Beispiel sei die Basis-EmitterSpannung eines Bipolartransistors betrachtet. Die Taylorreihe für die Basis-EmitterSpannung als Funktion der beiden Parameter Kollektorstrom und Temperatur lautet für eine Entwicklung im Arbeitspunkt UBE (IC , T ) = UBE |IC,0 ,T0 + ∂UBE ∂UBE ∆I ∆T C + ∂IC IC,0 ,T0 ∂T IC,0 ,T0 + 1 ∂ 2 UBE 1 ∂ 2 UBE 1 ∂ 2 UBE 2 ∆I + ∆I ∆T + ∆T 2 C C 2 ∂IC 2 IC,0 ,T0 2 ∂IC ∂T IC,0 ,T0 2 ∂T 2 IC,0 ,T0 + ···. (7) Die lineare Näherung ist dann UBE (IC , T ) ≈ UBE |IC,0 ,T0 ∂UBE ∂UBE + ∆I + ∆T C ∂IC IC,0 ,T0 ∂T IC,0 ,T0 = UBE |IC,0 ,T0 wobei ∂UBE ∂T IC,0 ,T0 1 ∂UBE + ∆IC + ∆T, S ∂T IC,0 ,T0 (8) ungefähr −2 mV beträgt. Berücksichtigt man noch, dass im K Kleinsignal-Ersatzschaltbild nur der Basisstrom iB = 4 iC β durch den Eingangswi- derstand rinnt, dann ergibt sich für die Kleinsignal-Basis-Emitter-Spannung mV β = iB + −2 ∆T. S K uBE (9) Das zugehörige Kleinsignal-Ersatzschaltbild ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Basis-Emitter-Spannung setzt sich zusammen aus dem Spannungsabfall am rBE = β und der Spannung ∂U∂TBE ∆T . S 𝐵 𝑢𝐵𝐵 ≈ 𝑆 𝑖𝐵 + 𝜕𝑈𝐵𝐵 𝜕𝜕 Δ𝑇 𝜕𝑈𝐵𝐵 Δ𝑇 𝜕𝜕 B 𝑖𝐵 𝑢𝐵𝐵 𝛽 𝑆 β 𝑖𝐵 C E Abbildung 1: Kleinsignal-Ersatzschaltbild eines Bipolartransistors mit Linearisie β rung der Eingangskennlinie S und des Temperaturganges der Basis-EmitterSpannung ∂UBE ∆T ∂T . 5